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SITZUNGSBERICHTE
DEE KAISERLICHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
PHILOSOPHLSCH-HLSTOmSCHE CLASSE.
NEUNUNDACHTZIGSTER BAND.
WIEN, 1878.
IN COMMISSION BEI KARL GEROLD'S SOHN
BUCUHÄNOLBU DEB KAIS. AKADEMIE DEK WISSENSCHAFT KN.
SITZUNGSBERICHTE
DEE
PHILOSOPHISCH-HISTORISCHEN CLASSE
DER KAISERLICHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
NEUNUNDACHTZIGSTER BAND.
JAHRGANG 1878. — HEFT I— IL
WIEN, 1878.
IN COxMMISSrON BEI KARL GEROLDS SOHN
BDCHHÄNDLEK DER KAIS. AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
As
Prnt'k' von Adnlf Hnlzhaiiscn in Wipn
k. k. I'niTrr)iitKti>'Biichdrnrkerei.
INHALT.
Seite
I. Sitzung: vom 2. Jänner 1878 1
Müller, Fr.: Die Gutturallaute der indogermanischen Sprachen. .3
Lorenz: Ueber den Unterschied von Reichsstädten und Land-
städten mit besonderer Berücksichtigung von Wien 17
II. Sitzung" vom 9. Jänner 1878 93
Horawitz: Analecten zur Geschichte der Reformation und des
Humanismus in Schwaben 95
III. Sitzung vom 16. Jänner 1878 187
Bisch off: Dritter Bericht über Weisthümer-Forschungen in Steier-
mark 189
IV. Sitzung vom 30. Jänner 1878 235
Pfiz maier: Die philosophischen Werke Chiua's in dem Zeitalter
der Thang 237
Gebauer: Ueber die weichen e-Silben im Altböhmischen . . . 317
Bauer: Herodot's Biographie 391
Goehlert: Keltische Arbeiterbezeichnungen und Arbeitzeichen . 421
V. Sitzung vom 6. Februar 1«78 427
Rzach: Grammatische Studien zu ApoUonios Rhodios .... 429
Tl. Sitzung vom 13. Februar 1878 600
Thaner: Untersuchungen und Mittheilungen zur Quellenkunde
des canonischen Rechtes 601
Muth: Ueber eine Schichte älterer, im Epos nachweisbarer Nibe-
lungenlieder 633
VII. SitzuniT vom 27. Februar 1878 673
SITZUNGSBERICHTE
DER
KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
PHILOSOPHISCH-HISTORISCHE CLASSE.
LXXXIX. BAND. I. HEFT.
JAHRGANG 1878. — JANNER.
Ausgegeben am 30. Juli 1878.
I. SITZUNG VOM 2. JANNER 1878.
Die Direction des Realgymnasiums zu Raudnitz in Böhmen
erstattet den Dank für die Ueberlassung akademischer Publi-
cationeu.
Von Herrn Gymnasial - Professor Edwart Hermann in
Wien wird die sechste Auflage seines , Lehrbuches der deutschen
Sprache', von dem c. M. Herrn geh. Justizrath Dr. von Ihering
in Göttingen der erste Band seines Werkes: ,Der Zweck im
Recht', der Classe mit Begleitschreiben überreicht.
Das w. M. Herr Professor Dr. Friedrich Müller legt
eine für die Sitzungsberichte bestimmte Abhandlung unter dem
Titel: ,Die Guttural-Laute der indogermanischen Sprache' vor.
Das w. M. Herr Ottokar Lorenz legt eine für die
Sitzungsberichte bestimmte Abhandlung: ,Ueber den Unter-
schied von Reichsstädten und Landstädten mit besonderer Be-
rücksichtigung von Wien' vor.
An Druckschriften wurden vorgelegt:
Academie Royale de Sciences, des Lettres et des Beaux-Arts de Belgique:
Bulletin. XLVI'= Annee, 2« Serie, Tome 44, N"^ 9 et 10. Bruxelles,
■ 1877; 8«.
Akademie der Wissenschaften, Königliche zu Berlin: Abhandlungen aus dem
Jahre 1876. Berlin, 1877; gr. 4». — Beitrag zur griechisclien Gewichts-
kunde; XXVII. Programm zum Winckelmannsfcste der archäologischen
Sitzungsber. d. phil -hist. Ol. LXXXIX. Bd. I. Hft. 1
Gesellschaft zu Berlin von Dr. Scli illbach. Berlin, 1877; 4". — lieber
die Benützung der aristotelischen Metaphysik in den Schriften der älteren
Peripatetikcr von Eduard Zell er. Berlin, 1877; 4".
Alterthums-Ver ein zu Wien: Bericiite und Mittheilungen. Band XVII.
(1. Hälfte.) Wien, 1877; gr. 4».
Central-Comm ission, k. k., zur Erforschung und Erhaltung der Kunst-
und historisclion Denkmale: Mittheilungen. III. Band. 4. (Schluss) Heft.
Wien, 1877; 4«.
Gesellschaft für Salzburger Lande.skunde : Mittheilungen. XVII. Vercinsjahr
1877. 1. Heft. Salzburg; 8«.
Hermann, Edwart: Lehrbuch der deutschen Sprache. Wien, 1878; 8^
Ihering, Rudolph von: Der Zweck im Recht. I. Band. Leipzig, 1877; gr. 8".
Mainwaring, G. B. Colonel: A Grammar of the Rong (Lepcha) Language.
Calcutta, 187G; 4".
jRevue politique et litteraire' et ,Revue scientifiquc de la France et de
l'Etranger'. VIP Annee, '2* Serie, N°» 25 et 26. Paris, 1877; 4».
Verein, historischer der fünf Orte Luzern, Uri, Schwyz, Untervvalden und
Zug: Mittheilungen. Der Geschichtsfreund. Einsiedeln, New York, Cin-
cinnati und St. Louis, 1877; 80. — Register oder Verzeiclinisse zu Band XXI
bis und mit XXX des Geschichtsfreundes von Josef Leopold Brandstetter.
Einsiedeln, New York, Cincinnati und .St. Louis, 1877; 8'\
— für Hamburgische Geschichte: Mittheilungen. Nr. 1 — .3. Hamburg; 12".
— für Meklenburgische Geschichte und Alterthumskunde: Jahrbücher und
Jahresbericht. XLII. Jahrgang. Schwerin, 1877; 8",
Müller. Die Gntlural-Ijautc der iDclogerraanisclien Sprachen
Die Guttural-Laute der iudogermanisclien Spracheu.
Von
Dr. Friedrich Müller,
Professor an iler Wiener Universität.
I
Den Gegenstand der vorlieg-euden Abhandlung bildet die
Unterscheidung einer doppelten Guttural-Reihe in den indo-
germanischen Sprachen, eine Entdeckung, die zuerst von Ascoli
in seinen bekannten Vorlesungen veröffentlicht und später von
Fick und anderen Forschern weiter ausgeführt worden ist.
Wir behandeln diese Frage in dem vorliegenden Aufsatze
deswegen, weil wir einerseits in manchen wesentlichen Punkten
von diesen Gelehrten abweichen und andererseits eine zusammen-
fassende Darstellung der ganzen Frage uns wünschenswerth
erscheint.
Wir nehmen an, ' die indogermanische Grundsprache habe
zwei Reihen von Guttural-Lauten besessen, die wir kurzweg
' In Betreft' des Verhältnisses von Je, g, r/'h zu k, (j, r/h sind zwei An-
nahmen möglich. Entweder hat sich die eine Reihe k, g, gh in jenen
Spraclien, die beide Reihen unterscheiden, zu k, g, gh und Ic, g, gh
gespalten, oder beide Reihen sind schon in der Grundsprache bereits
vorhanden gewesen. Die erste Annahme schliesst als zweite Annahme
in sicli, dass Arisch und Letto-Slavisch vor ihrer Spaltung eine engere
Einheit gebildet haben müssen, aus welcher sie die Keime für die Spaltung
der einen Reihe in zwei mitgebraclit haben. Damit bleibt aber das Ver-
halten der übrigen Sprachen gegenüber den beiden Guttural-Reihen
schlechtei'dings unerklärt. Dagegen erledigen sich mit der zweiten An-
nahme alle Schwierigkeiten auf eine natürliche Weise. Uebrigens müssen
diejenigen, welche blos eine Reihe annehmen und diese später in zwei
Reihen sich spalten lassen, folgerichtig auch zur Annahme sich bequemen,
dass die indogermanische Grundsprache blos die Reihe der tönenden
Momentan-Laute besessen habe und die Entwicklung derselben zu Aspiraten
fgh, dh, hlt) in jenen Sprachen, welche diese Laute besitzen oder einmal
besessen haben (Altindiscli, Armenisch, Griechisch, Lateinisch, Germanisch)
durch Spaltung sich vollzogen habe.
1*
Müller.
vordere und hintere Gutturale nennen. Das Verhältniss beider
zu einander war ein ähnliches wie in den semitischen Sprachen
zwischen 2, r\, N und p, n, v- Im Sprachbewusstsein war k
(hinterer Guttural) von A' (vorderer Guttural), g von g nicht
minder scharf geschieden wie g von gli, d von dh und
h von hh.
Wir nehmen also für die indog-ei-manische Grundsprache an:
k g gk
U g gh.
Gleichwie die Laute gh, dh, hh, deren Existenz in die
Periode der Grundsprache unzweifelhaft fällt, nicht von allen
indogermanischen Sprachen festgehalten wurden (sie kommen
nur vor im Indischen , Griechischen und lassen sich noch
herausfühlen im Germanischen und Lateinischen, dagegen fehlen
sie ganz im Eranischen, Keltischen, Slavo-Lettischen), ebenso
wurde auch der Unterschied zwischen vorderem und hinterem
Guttural nicht in allen indogermanischen Sprachen unversehrt
bewahrt. Es behielten ihn bei das Indische, Eranische und
Letto-Slavische, während die übrigen Sprachen ihn verloren,
jedoch nicht so ganz spurlos, dass alle Anzeichen seines ehe-
maligen Vorhandenseins verwischt worden wären. •
Das hauptsächlichste Merkmal, wodurch die beiden Guttural-
Reihen von einander sich unterscheiden, ist der Umstand, dass
dort, wo der Unterschied beider Reihen existirt, der vordere
Guttural frühzeitig der Quetschung (Palatalisirung) anheimfällt,
während der hintere Guttural entweder der Quetschung länger
widersteht oder ganz unversehrt bleibt. Dort wo der Unterschied
beider Reihen nicht mehr existirt, zeigt der hintere Guttural
dem vorderen, gegenüber in der Regel eine kräftigere Articulation
durch ein hinter dem Laute auftretendes parasitisches v.
Nach dieser Bemerkung hätten wir aus den Lauten
k g gh
' Gleichwie aus dorn Uinstaude, dass bloss Altindiscli und Griecliisch die
tönenden Asjjiraten ///*, dh, hh bewahren, wäJu'end die übrigen indo-
germanisclien Sprachen sie aufgegeben liaben, kein Beweis für die engere
Verwandtschaft zwischen Altindisch und Griechisch hergeholt wird, darf
auch daraus, dass Indiscli, Eraniscli und Letto-Slaviscli an dem Unter-
schiede von vorderem .und liintereni Guttural festhalten, nicht auf eine
engere Zusaimneugehörigkeit beider Sprachzweige geschlossen werden.
Die Guttnral-Lante der indogermanischen Sprachen. O
durch den Process der Palatalisirung die Laute
f^ dz dzli '
zu erwarten. Auf diesen Tliatbestand deutet wirklich auch das
xlltindische hin mit seinen diesen aug-enommenen Lauten parallelen
Lautentsprechuug-en.
Das altiudische ^ welches das g-rundsprachlichc />: rcflectirt,
ist wohl nicht mehr ts sondern blosses s (mit Aufgebung des
explosiven Bestandtheiles des Consonanten-Diphthongs ts), aber
es sind Spuren vorhanden dass "^ ehemals ts gelautet haben
muss. Der Stamm |c(i^| {ins — ) , Niederlassung, Wohnung' dann
auch , Gemeinde, Stamm', identisch mit der Wurzel vis , eingehen'
(davon ves-a — = gi-iech. Hv/,-o-q), zeigt im Local des Plural
vikm (vik-su) noch das alte Je, während der Nominativ Sing.
\d{^ {vif) nur aus vits-s, der Instrumental Plur. \c\ ^\^',
(vid-hliis) nur aus vits-hliis erklärt werden können, also noth-
wendig neben dem ursprünglichen vili, ein daraus entsprungenes
i-its voraussetzen. Ebenso ist T^S'^T?x {yit-mdra — ) aus vits-
sädra — hervorgegangen. Die Erhaltung des explosiven Bestand-
theiles des Consonanteu-Diphthonges ts (im Indischen richtiger ts)
ist aber im Indischen selten und die Lautgruppe ts ist frühzeitig
durch Aufgeben des explosiven Bestandtheiles in den Zischlaut s
(indisch ^) übergegangen. 2
' Ich halte die Palatalen für Consonanten-Diphthouge (Doppellaute), dereu
Ansatz ein Dental, deren Aiislauf ein Zischlaut bildet. Das zweite Element
(.V, z) ist einfach, nicht zusammengesetzt, wie man oft irrthümlich glaubt.
Die beste Probe über den einfachen oder zusammengesetzten Charakter
eines Lautes gibt die Aussprache selbst. Wären c, y momentane Laute
gleich 2^ und b (Ascoli, Vorlesungen 164), so könnte man sie unmöglich
verlängern; tliut man dies aber, so sieht man bald, dass nach Aussi)rache
des ersten momentanen Bestandtheils blos der zweite ßestandtheil (der
Dauerlaut) einer Verlängerung fähig ist. Man spricht dann t-sss, d-xzz u. s.w.
Wäre andererseits f zusammengesetzt (= s + h), so könnte man blos
den zweiten ßestandtheil h, nicht aber das ganze v verlängern, was, wie
Jedermann weiss, der Fall ist.
- Die Aussprache dieses s (s) schmolz mit der späteren Aussprache des .y
(Cf) zusammen, so dass nicht nur C| das I^ ersetzte (z. B. tlr.ffn- = dri-tu),
sondern auch Cf durch ^J und den hinter diesem steckenden älteren
Laut vcrtretexi wurde. Die Form dveksi =r dvc-s-si lässt sich nur durch
das Uebergreifen des i^ in das Gebiet des Gf genügend erklären, ebenso
geht dvit-su (Loc. plur. von dviy) auf dvüs-nu zurück, welches nur von
dvii (dvitS) aus begrifl'en werden kann, dadhr« ,fest' (von dln/it = &ap<s — )
6 M alle r.
In den eninischen Sprachen ist eine Assimilation des
zweiten Bestandtheiles i an den ersten Bestandtheil t eingetreten,
wodurch aus ts = ts entstand, ' Nach der gleichwie im Indi-
schen vor sich geg-angenen Vertlüchtigung des explosiven Ele-
mentes t, ging aus dem Doppellaute ts der einfache Laut s
(altbaktr. *>) hervor. Darnach ist eränisches •" nicht direct auf
altindisches ![]" zu beziehen; beide erklären sich nur, wenn man
auf den beiden zu Grunde liegenden, ursprünglichen Laut ts
zurückgeht.
In demselben Verlmltniss wie altiudisches "^J zu altbaktri-
scliem ■" steht litauisches .sz (.y) zu altslavischem s, deren Ent-
stehung mithin auf ganz gleiche Weise zu deuten ist.
Gleichwie nun aus Je successive ts und 5 sich entwickelt
haben, muss aus () zunächst dz, dann endlich z hervor-,
gegangen sein.
Dabei zeigt aich ein wesentlicher Unterschied der Ent-
wicklung des ij von jener des U auf altindischem Gebiete.
Wir haben gesehen, dass bei /J neben A; der Laut s den
regelmässigen Vertreter desselben bildet und von der Mittel-
stufe ts sich blos einzelne Spuren nachweisen lassen. Bei (j
dagegen können wir neben ij blos dz nachweisen, dagegen gar
keinen Beweis für die Existenz des durch s als dessen Tönende
geforderten z erbringen. "^ — Anzunehmen dass in jj zwei Laute
stecken, nämlich dz und z blos zu dem Zwecke, um die Existenz
des durch das s geforderten z zu retten, scheint uns sehr
misslich, da die Sprache, wenn sie ein i besessen hätte, es
gewiss in der Schrift unterschieden haben würde und auch
den Grammatikern die Zusammengehörigkeit dieses z mit s
gewiss nicht entgangen wäi'e.
Vergleicht man altind. 1^ mit jf, so sieht man, dass ^
vor allen vocalischen, halbvocalischen und nasalen Sufüxeu
bildet Nom. siiijj. dadhrlc, Itistruiu. plur. dadhryhlds, Loeat. plur. dadhrhm,
welihc Formen blos von dadhr.si (:^ dadhrlc) aus erklärt werden können.
' Vyl. weiter unten das über das armenische a Bemerkte.
'* oisva-srij ,das All crscbart'eud' von srg {mry part. pfcti. pass. ursla - , altbaktr.
harez) lautet im Nom. singul. neben cUca-syk auch visva-sH (— cisoa-srdz-.s),
Instriim. plur. vi-wa-ard-bkii (^ viifva-urdz-bhh), Locat. plur. vi<ua-.'<r/-xic
(= vifvu-.srilz-sii), welche Formen nur von vi<va-.\rd.z — aus, nicht aber
von lisva-sj-z- aus bcgritieu werden können.
Die Guttural-Laute der indogermanischen Sprachen. 7
immer s bleibt, während bei ^ manchmal ein (j an dessen Stelle
tritt. Dies führt zu dem Schlüsse, dass bei Tc der Palatalisi-
rung-s-Process früher um sich griff als bei </', dass es also ganz
natürlich ist, wenn wir gegenüber U, wo die Phase U blos in
einzelnen Spuren existirt, bei <j die Phase dz, noch in voller
Blüte antreffen.
Merkwürdig ist es, dass die übrigen indogermanischen
Sprachen, welche <j von (j scheiden, von ß bereits die dritte
Phase darbieten, nämlich altbaktr. z (Tönende zu s), litauisch z
(Tönende zu sz), altslavisch z (Tönende zu s).
Wir gelangen nun zu (jli. Gleichwie für </ = jj, müssen
wir im Indischen für (jh = ^ (dzh) erwarten. Und so ist auch
der Sachverhalt.
Freilich erscheint dieses dzh nicht als bestimmter Laut
gleich dem s und dz, da dort, wo er sich hätte halten können,
durch Umsichgreifen der Aspiration (wie bei gh, dh, bh) der
ganze explosive Bestandtheil verloren ging, wir also an seiner
Stelle ein h antreffen. ^ Es ward also aus lijh durch lidzh hin-
durch Uli (altind. Tc^T^)- Es gibt aber Fälle, durch welche die
Pjxistenz von lidzh im Altindischen verbürgt ist. Ein solcher
Fall ist das Participium perfecti pass., g-ebildet mittelst des
Suffixes — ta. Gleichwie aus dugh-ta — durch retrograde Assimila-
tion (in den indogermanischen Sprachen einer der seltenen Fälle)
dii(jh-dha — und dann dug-dha — ward, ebenso ward aus lidzh-
ta — zunächst lidzh-dha — , dann lid-dha — , daraus endlich durch
Aufhebung der Consonanten- Verdoppelung und vocalische Er-
^atzdehnung lidha — . Dass wir hier die Mittelform lidzh noth-
wendig annehmen müssen und mit lizh nicht auskommen, wenn
auch letzteres durch ^ und litauisches i, altbaktr. z postulirt
wird, beweisen neben lldha — auch noch Tc^lyT (Uf) = lidzh-a,
Tc^T3PT' {lid-hhis) u. s. w. in denen überall der explosive Be-
standtheil d der Lautgruppe dzh steckt, abgesehen davon, dass
aus lizh-ta— im Altindischen nicht l'edha — , sondern listu — (Tc^T^)
hätte werden müssfeu.
Gleichwie bei g im Altbaktrischen, Litauischen und Sla-.
vischen bereits die dritte Phase .S, z uns entgegengetreten ist.
' Altiiidisclies ^ vertritt also yh, gh, dh (ijudh, riidh), dh [nadh), bh {(jrhh),
d. 1). sämmtliche fünf tönende Aspiraten.
8
Müller.
ebenso müssen wir auch bei {jh ein Gleiches erwarten. Da aber
diese Sprachen durch Aufgeben der tönenden Aspiraten (<//?, dh,
bh) diese von den Momentan-Lauten (g, d, h) nicht scheiden,
ist auch ein Unterschied zwischen zh, zh und 2, z nicht vor-
handen, mithin beide in den letzteren {z, z) zusammengefallen.
Nach diesen Bemerkungen stellt sich die Entwicklung der
vorderen Gutturalen in jenen Sprachen, welche den Unterschied
der beiden Reihen festgehalten haben, folgendermassen heraus:
Grundsprache U g gh
tS dz dzli
^ (^) ^?^) ^ {dzh) ^ {h)
" (.) ^ (z)
sz z
Altindisch
Altbaktrisch
Litauisch
Altslavisch
Beispiele:
Grundsprache
Uanta — ,ht
daJcan —
dalcan-ti —
Ulu , hören'
a1i,va — , Pferd' aioa-
tc
le
Altind.
Altbaktr.
Litamsch
Altslavisch
mdert'
sata —
sata —
szimta-s
süto
,zchn'
damn —
dasan —
deszim-ti-s
dese-tt
sru
sru
slu
sloves —
Nom. slovo
aspa
— aszva-
Grundsprache Altiud.
gna , erkennen' gnä
marg , streichen' marg
Gruudspraclie Altiud.
vogli , führen' vah
i'jhima — -
ghaiina —
inigh , Wasser lassen' )nih
ligh , lecken* Uli
V
Altbaktr.
zan, zna
marez
fjh
Altbaktr.
vaz
, Winter' hima — zima —
Litauisch
zin-oti
melz-u
milz-ti
Litauisch
*
vez-u
zema
Altslavisch
zna-ti
mlüz-o
Altslavisch.
vez-ö
zima
miz mtjz-ti —
armen. Uz lez-ti liz-ati
Die Gnttoral-Lante der indogermanischen Sprachen. 9
Wir haben oben den Palatalisirungs - Process als den
wesentlichsten Unterschied zwischen den vorderen und hinteren
Gutturalen bezeichnet, auf dessen frühzeitigem Umsichgreifen
in den ersteren die Entwicklung derselben in jenen Sprachen,
die den Unterschied beider Reihen kennen, beruht. — Dieser
Palatalisirungs - Process ist aber diesen Lauten nicht derart
eigen thümlich, dass die hinteren Gutturalen von ihm ganz
ausgeschlossen wären; im Gegentheile, er findet sich in ein-
zelnen der hierhergehörenden Sprachen auch bei diesen, er ist
aber dort viel später und durch Analogie mit den vorderen
Gutturalen gebildet. Er fällt in die Periode des Sonder-Lebens
der einzelnen Sprachzweige.
Von den Sprachen, welche die beiden Guttural-Reihen
scheiden, haben die slavo-lettischen k, g, gh gegenüber /c, g, gh
als reine Gutturale bewahrt (erst später hat das Slavische
aus k, g, gh die Palatalen ts, z u. s. w. entwickelt), während
das Indisch-Eränische k^ g, gh in die Analogie von Je, g, gh
hinübergeführt hat, mit dem bemerkenswerthen Unterschiede,
dass es bei k' über die zweite Phase ts (mit Ausnahme einzelner
Fälle) nicht hinausgekommen ist und auch bei g, gh (im Eräni-
schen) die Entwicklung nicht bis zu z, sondern blos bis zu dz,
z foi'tsetzen konnte.
Daher entspricht im Letto - Slavischen altem k durch-
gehends k (Litauisch k, Slavisch Ä;, ts, ts), altem g und gh
durchgehends g (Litauisch g, Slavisch g, z).
i Im Altindischen tritt altes k uns als k, kh, ts (^) ent-
gegen, altes // als g, dz (jj) und altes gh als gh, h (I^). Der
Palatalisirungs-Process hat also hier blos k und g ergriö'en,
und gh unberührt gelassen. Dnss nun die Palatalisirung in ^
viel jünger ist als in *^J, ersieht man, abgesehen von den
Lauten ts und s selbst, von denen der zweite sich nur als
Entwicklung des ersten, nicht aber umgekehrt begreifen lässt,
aus dem Umstände, dass vor gewissen Lauten, z. B. den Den-
talen, bei ^ noch das hinter demselben steckende k erscheint
z. B. pac — bildet iJak-tar — , ijuk-ti — , pak-tavya — u. s. w.,
während bei I^ von diesem k keine Spur mehr vorhanden ist
z. B, dars — bildet drs-ta — (= drs-fa — ), drastum (= dras-
tum) u. b. w.
10 Müller.
In Betreff des g und 7 ist zwar zwischen ^ = 7 und
5J = ^ liiutlich kein Unterscliicd wahrzunehmen, indem beide
= dz sind, aber vor folgenden Dentalen tritt eben dasselbe
Verhältniss hervor, welches wir oben zwischen is und s wahr-
genommen haben, d. h. jj = (/ erscheint als <j, jj = {j da-
i>-egcn als dz, respective nach nothwendigem Ausfall des d als z.
Es bildet also ymj das Participium perfecti passivi mittelst des
Suffixes -~ta = yuk-ta — (= yiuj-ta — ), dagegen ycnj == is-ta —
(= yadz-ta — ), sri'i = srii-ta — (= sardz-ta — ), mrg = mrs-ta —
(=: mardz-ta — ).
Ganz dasselbe Verhältniss wie zwischen g und g waltet
auch ob zwischen gh und gh, nur dass hier vor den Dentalen
in Folge einer anderen Analogie-Bildung (die auf der retro-
graden Assimilation beruht) eine andere Behandlung der Laute
Platz gegriffen hat. Von duh — (= dugh) bildet man dug-dha —
(=: dugh-dka =^ dugli-fa), nicht dhuJc-ta — (= dhugh-ta, da duh
ursprünglich dhugh gelautet hat), ebenso von lih (= lig/i) =
lldha — (= liddha ;= lid{zh)-ta) nicht lista (= lidzh-ta). Wäre
nicht, um den Charakter der Aspirata am Ende der Wurzel zu
retten, die auf retrograder Assimilation beruhende Verwandlung
der Laute eingetreten, so hätte man von ligh unfehlbar lista —
[= lidzh-ta — -) bilden müssen, in derselben Weise, wie man
von yag — = ista — (= yadz-ta) gebildet hat.
Das Altbaktrische stellt sich in der Behandlung der Laute
k, g., gh dem Altindischen vielfach zur Seite. Gleich demselben
bietet es für k neben k, y auch ts (altbaktr. (« =^ altind. ^),
für g, gh neben g, 7 auch dz (altbaktr. ö^= altind. J[), und
für g und gh = z («^). Es ward also im Altbaktrischen auch gh
von dem Processe der Palatalisirung ergriffen, während gh im
Altindischeu unversehrt geblieben ist. Dass aber dieser Process
in gh bedeutend jünger ist als in gh, dies beweisen, abgesehen
von der Behandlung der beiden Laute vor Dentalen (yaz — =
altind. yag bildet: yasfa — , dagegen druz = altind. drnh bildet:
drur/Ja ) diese Laute selbst, indem z = gh auf dz beruht,
das sich erst aus dz entwickelt hat, während z = gh auf dz
unmittelbar zurückgeht. Das Altpersische (die Sprache der
achänuinidischen Keilinschriften) scheidet g von gh nicht und
lässt beide Laute in. dz zusammenfallen (vgl. altpers. durndz —
= altbaktr. druz — , davon dunr/la — = altbaktr. dru/Ja — ).
Die Guttural-Laute der indogermanischen Sprachen.
11
Nach diesen Bemerkungen stellt sich die Entwicklung der
hinteren Gutturalen in jenen indogermanischen Sprachen, welche
an dem Unterschiede der beiden Lautreihen festgehalten haben,
folgendermassen heraus:
k
k
k
fCy ZSj ts
k, ts
k, kh, ts
Grundsprache
I.
IL
Letto-Slavisch
a) Litauisch
b) Slavisch
Indo-Eränisch
a) Indisch
b) Eranisch
k, X, ts
1. West-Eranisch Ä;^ ■/, ts
2. Ost-Eränisch k, /, ts
9_
0
9
9>
z
</;
dz
ü^
dz
0,
'{,
dz
0>
T»
dz
gh
gh, h
fj> T,
dz
Beispiele:
I
k
Grundsprache
Altind.
Altbaktr.
Litauisch Altslavisch
katvar — ,vier'
catvar —
cathioar —
kettiri — cetyri —
pak , kochen'
jycic
■pac
— pek-Ö
iak ,laufen'
tac
tac
tek-u tek-ö
pankan — ,fünf'
Ijcmcan —
pancan —
penki — peti (=^ penkti)
varka — ,Wolf'
vrka —
velirka —
9
vilka-s vlukü
Grundsprache
Altind.
Altbaktr.
Litauisch Altslavisch
giv , leben'
glv
giv
gyva-s zivü ■ — givü
Kg , kräftig sein'
,
aöganh-
aug-as ,Kraft'
ögas —
- aug-u —
gara— ' ^
giri
gairi —
gire gora
(Wald)
gug , verbinden'
y^'9
yug
gh
junga-s igo—jügo
Grundsprache
Altind.
Altbaktr.
Tiitauisch Altslavisch
anghi — ,Schlang
e' ahi —
azi —
angi-s *dgrt
ungurgs ögoristi '
' ogoriM, ein Deminutiv von dem im Altslavischen nicht belegjten, aber in
den neueren slavischen Sprachen vorkommenden Worte, gebildet mittelst
des Suftixes — inli/a.
12 Müller.
Grundsprache Altiiid. Altbaktr. LitauiscL Altslavisch
raghu — , leicht' laglnt — arm. erafj lengvas Itguku
dargha — ,lang' dirgha — daregha — ilgas= dlügü
dilgas
sn/^/i, zerschmolzen, unih sniz sn'dga-s snegü
schneien'
dagh , verbrennen' dah daz deg-ti —
Was nun die übrigen indogermanischen Sprachen anbelangt,
welche den Unterschied zwischen den beiden Reihen U, g, <jh
und k, g, gh eiugebüsst haben, so bewahren sie ihn dennoch
in einzelnen Fällen, welche in der verschiedenen Behandlung
eines Lautes sich offenbaren. Dahin ist besonders das para-
sitische Hervortreten des Lautes u nach k, g, gh zu rechnen,
der dem vorangehenden Laute sich assimilirt und ihn nach und
nach ganz verdrängt, so dass für k dann p (=: kp = kv), für
gh = V (= ghv) erscheinen. In höchst seltenen Fällen (blos
im Griechischen) erscheint k von der Palatalisirung ergriffen
und als erstes Element des lingualen Produktes dann lixirt.
So wird die indogermanische Wurzel ki auf griechischem
Boden zu t^i, woraus durch die Mittelformeu tsi, tti (vgl. \}£K<.xxy.
= [j.£A'.TCÄ = \).i'kr.m) die griechische Wurzel ■:'. hervorgeht.
Von allen diesen Afiectionen bleiben k, g, gh unberührt
und erscheinen als k, g, gh oder als deren in den einzelnen
Sprachen zu erwartende Entwicklungen wieder.
Es gestaltet sich demnach die Entsprechung der beiden
Reihen im Griechischen, Lateinischen, Keltischen und Gotischen
folgendermassen :
L Grundsprache Je g gh
a) Griechisch y- T X
b) Lateinisch k (c, qn) g g, h
c) Keltisch c, ch g
d) Gotisch h (d. i. y) k g
IL Grundsprache Ä; g gh
a) Griechisch •/., ■::, t y» h /, ? (s. seit.) ,9^ (s. seit.)
b) Lateinisch k,(c,qti) g g, f
Umbiiöch, Oskisch auch p
c) Keltisch c, ch q
Bretonisch auch jj
d) Gotisch h, f k g, u
Die Guttaral-Tiante der indogermanischen Sprachen.
13
Beispiele;
U
Grundsprache Altind. Griechisch Lateinisch Gotisch
Uanta — jhunderf sata — s-y.axöv centiim. htmda— (in Comp.)
'hiJian — ^zehn' dasan — oiy.a decem tailiun —
lihi jliüren'
sru
y.A'j
du hin
idlva — ,Pferd'
asva —
ITTKO-q
equus alts. ehu
dili jzeigen'
di§
Bix
9
g
die teihan
Grundsprache
Altind.
Griechisch
Lateinisch Gotisch
gna ,kennen'
gnä
Yvo)
gno kan
i-arg , arbeiten' altb.t-arfe FepY-ov
vaurkjan
g'h
Grundsprache
vaäh .führen, in ,
Bewegung setzen'
rifjh , lecken' lih
Altind. Griechisch Lateinisch Gotiscli
fiyoq veho ga-vag-jan
Xetytö lingo hi-laig-on
k
Grundspraclie Altind. Griechisch
hatvar — ,vier' caivar- TST-capec xccjapec
r.ii-aptz (höof.)
TJ.G-jpzq (aeol.)
jianknn — ,fünf ' pancan- tsvt£
vdvka — jWolf vrka — Au7.o??
Lateinisch Gotiscli
quatuor ßdvor
Grundsprache Altind.
giv , leben' glv
yug ^verbinden' yng
garii , schwer' giirii-
garhha , Leibesfrucht* garhlia ßpesot;
quinque fimf
— vulfs
g
Griechisch
Lateinisch
Gotisch
ß(oc
vivus
quius
Cuyov
jugum
juk
ßap'j?
gravis
kaurs
ßpeoot;
kalbü
ffJl
Grundsprache Altind.
snigh , zerschmelzen,
seh
neien'
snih
Griechisch Lateiniscli Gotisch
snaiv-s
V'.O
mg—
niv-is
14
sr alle r.
Grundspraclie Altind. Griechisch Lateinisch Gotiscli
gliar — ,warm sein, fjhar-mo — d-ep-\j.6q formus varm-s
glühen' altb. garema — fervere
anglii— ,Schlange' ald — li)\.-<;,lyj.-c, anguis —
Gleich dem Griechischen, Lateinischen, Keltischen und
Gotischen, welche den Unterschied der beiden Guttural-Reihen
li,, g, gh und k^ g, gli aufgegeben haben, zeigt auch manchmal
das Letto-Slavisehe das Zusammenfallen beider Reihen; der
Umstand jedoch, dass Slavisch und Litauisch hierin selten zu-
sammenstimmen, belehrt uns, dass diese Erscheinung, in welcher
Gi'iechisch, Lateinisch, Keltisch und Gotisch zusammentreffen,
auf dem Gebiete jeder einzelnen der beiden Sprachen unab-
hängig sich entwickelt haben muss.
Die betreffenden (von Fick gesammelten) Fälle sind:
Grundspraclie Altind.
aUman — , Stein' asman-
Unlcrtis , gehorchen' suirüs
svalcura — ,Schwiegervater' svasnra
paliu — ,Vieh'
gan , geboren werden'
gan
Litauisch Altslavisch
ahmen — kamen —
klansyti sImcIiü
svasnra- szeszuras svekru
altpr. pekn — pisü
gim-ti
jgeboren werden'
gen-tis , Verwandter'
zen-tas , Schwiegersohn' zett
migla migla
(dem Slav.
entlehnt)
liäsa zqsis gosi
Merkwürdig sind auch lit. geJtas ,gelb' und zalias ,grün'
= altslav. zltttü und zelenn, insofern ghai- darin als ghar und ghar
erscheint. '
migh ,Wasser lassen'
gliansa ,Gans'
mih
• Gleichwie Litauisch und Slavisch wegen dieser sporadischen Nicht-Uebcr-
einstimmnng in Betreff von Ic, 7, f/h nicht von einander gerissen werden
dürfen, ebenso darf man wegen f/tn'i f henl) =: aWmiWm-h (jiv, altbaktr. i/iv
(ncup. r.!v), f-r^'^f (erek) = altind. raljnft, /•/'t/m'i/f'i^ (helcane.l) .— altind.
Iihaiifj das Armonische nicht von den eränischcn Spraclien losreissen.
Belcanel kann ül)rigens ein denominatives Verbum sein, das sich an altind.
Iihahfja ansciilie.sst; für seine Beziehung auf cranisches Sprachgut ist
ül)erdicss das Fehlen des v nach hh (1>li<i<i = hhrag) massgebend. Alle
diesQ Fälle betroffen altes«;, ^nchilcm i^'"'i'l- L, 4!'"'', ./»'"^""^ etymologiscli
Die Guttural-LaTite iler imlogeniiani^clien Sprachen. lo
Nach diesen Ausführung-en müssen wir für die indoger-
manische Ur- (Grund-) Sprache folgendes Consonanten-System
;iufstellen (vgl. Schleicher Compendium §. 1), d. h. jenes Con-
sonanten-System, ,aus welchem die Laute der verschiedenen
indogermanischen Sprachen nach den Gesetzen der Lautver-
änderungen, welche im Leben der Sprachen eintreten, hervor-
p-eo-ano-en sind, und auf welches sie demnach als auf ihre
gemeinsame Quelle hinführen/
Momentane Laute. Dauerlaute.
Nicht-Aspir. Aspiratae Spirasten Nasale Zitterl.
stumra tönend tönend stumm tönend
^ , f hintere k q all — — — —
Gutturale \ , ,, ', ',,
I vordere k g gii — — — —
Palatale — — — — j — —
Linguale — — — — — — r
Dentale t d dh s — n —
Labiale p h hh — v m —
Wir müssen zum Schlüsse noch einen Blick auf das Ar-
menische werfen, insofern dieses, wie uns dünkt, manches
Alterthümliche in dieser Beziehung darbietet. Die den beiden
Gutturalreihen entsprechenden Laute des Armenischen sind
folgende:
Grundsprache Armenisch Altbaktr.
Je tsh (^) s (") S (ij
9 ts (Ä-) _S
noch zweifelhaft sind (wir werden nächstens einen Versuch darüber ver-
öffentlichen), so bleibt bloss 4^^'?- fhingj = altbaktr. pancan übrig, das
in der That sehr auffallend ist, wenn nicht etwa die Oi-dinalzahl *pan-/fa-
(nacli dem altbaktr. inr/Za zu schliessen) den Cardinalausdruck verdrängt
hat; ->/'^'V- würde sich dann z\\panr/ta ebenso verhalten, wie "»"y-zu *zanha —
= altind. Iicisa. Uebrigens wollen wir einige der altes g betreffenden Fälle
hierher setzen, in denen Altbaktrisch und Altindisch, an deren Auseinander-
reissen noch Niemand gedacht hat, mit einander niclit übereinstimmen.
Altbaktr. (jaiw-i — (neben (jafya — ) = altind. gahh-ira — , altbaktr. gad
— altind. gad, altbaktr. yam, gim (neben gam) = altind. gam, altbaktr.
gaü — altind. gacv.h, altbaktr. yaügeh (von yiuj) = altind. yöyat, altl)aktr.
fra-va ynü/-maide \g\. aUixid. 2}>'a-yuncj-mahe. — Während Altind. und Alt-
baktr. gaya — bieten, lautet das Wort im Neupersischen [jLa». Qü'^J ^^
gayan. Man kann noch auf altbaktr. caiti — , 6vant — (neben kva, Icutha,
ht'Ja) hinweisen =^ altind. kati (=: kvatij, altbaktr. et — =: altind. ki —
(ki-vi). Von altbaktr. ci stammt kaena — von kari = väl — , lauter Bei-
spiele, welche die späte Entstehung der Palatale aus /.;, </, gh bestätigen.
Altbaktr.
s
^,
t«
(£>
1-,
ö^^
«S.;
t-;
ö^^
16 Müller. Die Guttural-Laute der indogcrmanisclien Sprachen.
Grundspraolie Armenisch
gh dz (i) z (?)
k k {it) X (^) a\7S) ah {t) tsh (j)
9^ 9 it) z («'-)
Dem o-rundsprachlichen U = altbaktr. " entspricht im
Armenischen einerseits jj, andererseits "-^. Davon müssen wir
namentlich ^ näher ins Auge fassen, für welches wir hier nach-
folgende Belege hersetzen:
Grundsprache Altbaktr. Armenisch
jiarlc pares ^ui/yui'i,£ri (hartshanel)
Uarta — sarefa — gn>.put (tshurt)
liaina — saena — ^/r^/ (tshin)
Hier repräsentirt armen. ^ gegenüber altind. s, altbaktr. s
den volleren Laut (tv), den wir oben hinter dem altindischen 1^
steckend gefunden haben, ts für tS stimmt vollkommen mit dem
Charakter der eränischen Sprachen überein.
Armenisches ts (ä-) ist aus dz verschoben und lehnt sich
völlig an altind, dz (jf), während das altbaktrische z ( ^), die
jüngere Phase des eränischen Lautes dz darbietet.
Armenisches dz (^) steht für dzh = altind. dzh (^), jenem
Laute, der hinter h (^) = gh steckt. Es steht gegenüber alt-
baktr. z ( ^) = zh auf einer älteren Lautstufe.
Die neben ,y, ^, i vorkommenden Varianten », i entsprechen
vollkommen altbaktr. •»», ^ und es wäre noch genauer zu unter-
suchen, ob diese beiden I^aute nicht durch den Einfluss der
persischen Dialekte im Armenischen sich entwickelt haben.
Der Laut z {^) = altbaktr. ^ für altes g, gh ist specifisch
eränisch ' und findet sich für denselben, wenn man von dem
spät entstandenen altslavischen z absieht, in den letto-slavischen
Sprachen keine Parallele.
Darnach bietet das Armenische, was die Guttural-Reihe
anbelangt, eine Entwicklung, die sich an das Altindische und
Altbaktrische enge anschliesst, folglich entschieden auf Asien
hinweist.
' Man erwartet, wie ITübsclimann richtifj: bemerkt, im Armenischen gh = z,
über g ■= S (nach gh = t, g = i)
Lorenz. Uebcr den Unterschied von Reichsstädten und Landstädten. 17
lieber den Unterseliied von Eeiclisstädten und Land-
städten mit besonderer Berücksichtigung von Wien.
I
Von
Ottokar Lorenz,
wirkl. Mitgliede der k. Akademie der Wissenschaften.
I.
■ feo gründliche und genaue Forschungen über das Städte-
wesen seit einer Reihe von Jahren zu Tage gefördert worden
sind, so Aveniger Uebereinstimmung vermag sich die heutige
Wissenschaft in Bezug auf die Ansichten über den Ursprung
der städtischen Verfassungen und über die charakteristischen
Merkmale ihrer Entwicklung zu rühmen. Die vorwiegend rechts-
geschichtliche Behandlung des Gegenstandes hat ohne Zweifel
ehedem dazu beigetragen, dass man der politischen Seite des
städtischen Lebens ein vielleicht allzu geringes Gewicht bei-
legte. Selbst in der äusserlichen Darstellung der Geschichte
des Städtewesens zeigte sich die überhandnehmende Gewohnheit
den gesammten Werth des Städtewesens in den von einer Stadt
zur andern übertragenen Satzungen und Rechtseinrichtungen
zu erblicken. So ausserordentlich die Gelehrsamkeit war, welche
in dem grossen Werke von Maurer's zusammengetragen wurde,
so wenig Belehrung vermöchte dasselbe doch demjenigen zu
gewähren, welcher die Stellung der Städte nach ihrer verschie-
denen Entwicklung, nach ihrem Range und nach den zeitlichen
Fortschritten kennen zu lernen wünscht. Dass jede Stadt Mauern
hatte und allmählich auf die eine oder die andere Weise zu irgend
einer bürgerlichen Behörde kam, welche die öffentlichen Geschäfte
und eine gewisse Gerichtsbarkeit besorgte sind keine Kriterien,
aus welchen sich für den Ungeheuern Unterschied etwas ergeben
Sitznngfher. d. phil.-hist. Ol. LXXXLX. Bd. I. Hft. 2
18 Lorenz.
könnte, der zwischen Stadt und Stadt bestand. Man kann daher
das Verdienst des Herrn Professors A. Heusler nicht hoch genug
anschlagen, dass er in einer energischen Weise die Aufrecht-
lialtung jener fundamentalen Unterscheidungen der deutschen
Städte forderte, welche in jedem Handbuche des deutschen
Staatsrechtes früher deutlich hervorgehoben Avurden, wie sie
auch in dem Bewusstsein der Bürger Deutschlands thatsächlich
so lange lebendig waren, bis die französische Revolution diese
wie so viele andere Ungleichheiten bei Seite schob. Verkehrt
wäre es aber sicherlich, wollte man das Nivellement der fran-
zösischen Revolution in die mittelalterliche Geschichte des
städtischen Wesens zurückverlegen und etwa aus dem Um-
stände, dass dem Stadtgerichte überall ein anderes Gericht
vorherging; die Einheitlichkeit des Städtewesens erschliessen.
Trefflich hat daher Heusler (Ursprung der deutschen Stadt-
verfassung, S. 153) bemerkt, dass mit der blossen Existenz
eines beliebigen Communalrathes noch nicht die Stadtverfassung
mit den besonderen Kriterien, die sie im Mittelalter gegenüber
der Landgemeindeverfassung aufweist, gegeben ist, und wir
möchten hinzufügen, dass auch nach dem Hervortreten eines
beliebigen Stadtraths noch keineswegs eine Stadt im Sinne
der Stadtfreiheit geschaffen war, sondern dass es eben ganz
und gar auf den Grad der Freiheit oder vielmehr der Berech-
tigung ankam, was die Stadt zur Stadt machte. Weil der
Rath von Leobschütz jemanden nach derselben Rechtssatzung
henken Hess, nach welcher derselbe auch in Magdeburg gehenkt
worden wäre, beweist uns wenig für die Vergleichbarkeit von
Leobschütz mit Magdeburg, und dass die Schildburger und
Lalenburger Stadtgeschichten einen wohlbegründeten Ruf der
Lächerlichkeit genossen, würde eben niemals erklärt werden
können , wenn man das Wesen der mittelalterlichen Stadt-
verfassung nur aus den Gesichtspunkten des Ursprungs ihrer
Gerichtsbarkeit betrachten wollte. Heusler verlangt deshalb
mit Recht, dass man selbst den Ausdruck Stadtrath, der nur
verwirrend sein könne, in der gewöhnlichen Allgemeinheit ver-
meiden müssto und bemerkt hiezu: ,Wenn man sieht, wie
beinahe alle Schriftsteller über Städte Verfassung;, von Hesel
bis auf Nitzsch und von Maurer, indem sie diesen Ausdruck
gebrauchen, die Bedeutung des Raths verkehrt würdigen, so
»
Ueber den Unterschied von Reichsstädten und Landstädten. 19
weiss man freilich nicht; ob sie den schiefen Ausdruck Stadt-
rath gewählt haben, weil sie das Wesen der Rathsverfassung
falsch auffassteu, oder ob sie den Rath falsch bcurtheilten,
weil sie durch den Ausdruck Ötadtrath von vorneherein irre
geführt waren. Aber das weiss man, dass jetzt die ,Stadträthe'
selbst in der preussischen Städteordnuug keine Regierungs-
behörden sind, dass man heut zu Tage unwillkürlich mit dem
Wort Stadtrath den Begriff eines blossen Gemeinderathes ver-
bindet, dass dagegen den Räthen der freien und Reichsstädte
des Mittelalters die landesherrlichen Rechte zustanden , also
eine souveräne Staatsgewalt zukam, soweit eine solche damals
überhaupt in Deutschland ausgebildet war, und dass es daher
verkehrt ist, sie Stadträthe zu nennen, um so verkehrter, als
sie selber sich nie so betitelt haben, und es uns nicht ansteht,
sie anders als mit ihrem ofliciell geführten Namen zu betitelnd
Was hier vom Rath und seiner Bedeutung im Mittelalter
gesagt ist, gilt aber auch von der Stadt und ihrem Charakter
überhaupt^ und es ist klar, dass die Macht, Eigenartigkeit und
Bedeutung einer grossen Gruppe von Städten nicht zu vergleichen
ist mit der Entwicklung anderer Städte, deren äusserer Umfang
keineswegs geringer zu sein brauchte, als jener der ersteren
Gattung, deren innere Selbständigkeit aber gar keinen Vergleich
zulässt mit den Städten der ersten Ordnung, selbst wenn diese
äusserlich klein und gering an Bevölkerung waren. Je unsicherer
im Allgemeinen der Begriff dessen was man unter einer Stadt
, verstehen will, erscheint, desto nothwendiger ist es, eine strenge
Unterscheidung der Arten aufrechtzuhalten, in welche der
ziemlicli vage Gattungsbegriff zerfällt. Auch im Alterthum findet
man Städte im persischen Reiche, wie in Griechenland, aber
es hätte wenig Nutzen für die Erkenntniss ihres Wesens, wollte
man sie alle auf eine Linie stellen, und wenn der oft gemachte
Versuch die römischen Municipien mit dem deutschen Städte-
wesen in Zusammenhang zu setzen, etwas unläugbar verlockendes
hat, so wurde schon von anderer Seite die richtige Bemerkung-
gemacht, dass diese Betrachtungsweise nur dadurch erklärbar
' ist, dass eben die äussere Aehnlichkeit von alledem, was sich
jemals Stadt nannte, zu allen Zeiten sehr gross war. Eben
diese Zusammenstellungen und Vergleichungen der äusseren
Erscheinungen des Städtewesens können aber niemals einen
2*
20 Lorenz.
Maassstab für die wahre Bedeutung und den wahren geschicht-
lichen Wcrth eines städtischen Gemeinwesens darbieten, und die
Forschung auf diesem Gebiete muss nach anderen Kriterien
suchen, welche die inneren Unterschiede zwischen Stadt und
Stadt zu erklären vermögen.
Nun ist die Entwicklung des Städtewesens von der Art,
dass sich das Bild davon sehr verschieden gestaltet, je nachdem
man vom Ursprung desselben ausgeht oder von der vollendeten
Blüthe nach rückwärts schreitet und die Anfänge dessen fest-
zustellen sucht, was für das Resultat maassgebend war. Aus
dieser verschiedenen Anschauung des Gegenstandes bald in der
Richtung von dem Ursprung zu der Vollendung, bald umgekehrt
von den Resultaten auf den zurückgelegten Weg, erklärt sich
vielleicht einigermaassen das verschiedene Gewicht, welches die
Geschichtsschreiber der Städte auf die verschiedenen Momente
des städtischen Lebens legen. Wer von den primitiven Staats-
verhältnissen ausgeht, aus welchen sich das Stadtrecht ausschälte,
dem erscheint in weiter Perspective die politische Macht und
Stellung, welche eine Gruppe von Städten erlangte, vielleicht
nicht als das wesentlichste Merkmal der Entwickelung ; wer
aber umgekehrt sich lebhaft die Zielpunkte der städtischen
Verfassung vergegenwärtigt und von dem ausgeht, was das
städtische Gemeinwesen im Laufe der Zeit geworden war, der
wird die entscheidenden Wendungen vor allem aufzusuchen
bestrebt sein, durch welche die Gegensätze unter den Städten
entstanden, die von der Wissenschaft erklärt zu werden ver-
dienen. Deshalb hebt auch Heusler in seiner angeführten
Schrift in Bezug auf die Einrichtung des Raths in den Städten
hervor, dass das Schwergewicht der Untersuchung sicherlich
nicht auf die rein äusserliche Herkunft desselben gelegt werden
darf, ,denn', sagt der scharfsinnige Verfasser, ,das Entscheidende
ist schliesslich nicht, ob er von dem bischöflichen Rathe oder
von den Stadtgemeindevorstehern , oder von einem dritten Colle-
giuin abstammt, sondern was für Machtbefugnisse er in
sich aufgenommen hat, um als Repräsentant der Stadt-
verfassung und der Stadt freiheit zu erscheinend
Wiewohl nun im Grossen und Ganzen die Unterschiede,
welche zwischen den verschiedenen Städtegruppen sich ins-
besondere in Deutschland zeigen, seit Hegel's grundlegenden
Ueber den ünti^rschied von Reichsstädton und Landstädten. 21
Untersuchungen von niemanden verkannt werden konnten, so
ist doch insbesondere durch das Bestreben alles Städtewesen
auf eine gemeinsame Wurzel zurückzuführen, wie dies von
Nitzsch und Maurer angestrebt worden ist , das Wesen der
Sache allerdings etwas verdunkelt worden. Nitzsch hatte jedoch
weislich die Untersuchung über die Entstehung des Städtewesens
auf einen Zeitraum beschränkt, in welchem die B'ragen über
Stadtfreiheit erst in ihren Fundameuten vorliegen konnten; von
Maurer dagegen hat die gesammte mittelalterliche Stadtent-
wickelung ins Auge gefasst, und in Bezug auf die wichtigsten
Fi-agen alle Gruppen von Städten zusammengeworfen. Er führt
zur Stütze seiner Ansichten frühe und späte, bischöfliche und
kaiserliche, landesfürstliche und freie Städte gleichwerthig in
ihren Einrichtungen neben einander auf. Es erscheint fast wie
ein nur zufälliges Zugeständniss, wenn er im dritten Bande
seines umfassenden Werkes die öffentliche Gewalt in den
Stadtmarken doch nicht anders zu schildern im Stande ist, als
dadurch, dass er zwischen den verschiedenen Städtegruppen
unterscheidet. Indem er hiebei wieder auf den eigentlichen
Ursprung der Städte zurückgreift, theilt er dieselben in drei
Arten oder Gruppen ein : die Königsstädte, die Immunitätsstädte
und die Teri'itorialstädte. Die von Arnold und Heusler nach
älterer wissenschaftlicher Auffassung wieder hervorgesuchte
Gruppe der sogenannten freien Städte wird hiebei nicht be-
sonders behandelt, sondern den Immunitätsstädten beigezählt.
Wiewohl nun hierin, wie Heusler bemerkt, einer offenbaren
Besonderheit einiger Städte nicht völlige Gerechtigkeit zu Theil
werden kann, so ist doch ohne Zweifel der Hauptunterschied
zwischen den deutschen Städten von allen Forschern auf diesem
Gebiete darin festgehalten worden, dass die in ihrer späteren
Entwicklunff als Reichsstädte bezeichneten Stadtmarken nicht
zu vergleichen sind mit den landesherrlichen, oder Territorial-
städten, selbst dann wenn sie etwa aus gleichen Wui-zeln her-
vorgegangen wären. Denn dies ist ja ganz richtig, dass selbst
die ausgebildetsten Reichsstädte Zeiten hatten, wo sie zu der
landesherrlichen Gewalt in einem ganz ähnlichen Verhältnisse
standen, wie die Landstädte in den späteren Zeiten, und dass
die Landstädte in vielen Dingen und Beziehungen ähnliche, ja
gleiche Rechte hatten wie die Reichsstädte. Mit andern Worten
22 Tj 0 r 0 n 7..
darf man sagen, dass der in seinen Folgen so weitgreifende
Unterschied zwischen Landstädten und Reichsstädten keineswegs
leicht zu definiren ist. Gerade jene Städte, für welche Arnold
und Heusler, wie es scheinen möchte mit vollem Recht, die
Bezeichnung als freie Städte des Reiches aufrecht hielten, zeigen
selbst in ihrer spätem Entwicklung noch so viele Beziehungen
zu den in denselben wohnenden geistlichen Landesfürsten, dass
man es erklären könnte, wenn ein Auge, welches nur gewohnt
ist dick gezeichnete äussere Rechtsverhältnisse zu betrachten,
von den innern fundamentalen Unterschieden zwischen einer
solchen Reichsstadt und mancher J^andstadt nicht viel wahr-
zunehmen vermöchte. Wenn von Maurer selbst einen Anlauf
nahm, die Unterschiede in den städtischen Entwickelungen der
angeführten Gruppen zu bezeichnen, so hebt er aber die Wir-
kung seiner Darstellung wieder auf, wenn er schliesslich
behauptet, dass die öffentliche Gewalt in den landesherrlichen
Städten eine volle Analogie zur öffentlichen Gewalt in den
Reichsstädten darbiete. Doch mag es gestattet sein, von Mau-
rer's Worte hier anzufügen, weil von denselben der Ausgangs-
punkt weiterer Erörterung zu nehmen sein wird: ,Die meisten
Landstädte', heisst es IIL, 544, , waren demnach ebenso unabhängig
von ihrem Landesherrn, wie die Reichsstädte vom Kaiser und
Reich. Denn auch dem Landesherrn war hinsichtlich der öffent-
lichen Aemter in der Stadt nur noch das Recht der Bestätigung (?)
der von dem Stadtrath oder von der Bürgerschaft ernannten
Beamten oder die Amtsinvestitur und die Bclehuung mit dem
Blutbann, dann das Recht auf die nicht erlassenen Hof- und
anderen Dienste, auf die nicht veräusserten Steuern, Zölle und
Münzen und auf die Huldigung geblieben; in manchen Städten
sogar nichts weiter, als der Titel der Oberherrlichkeit und als
ein schwaches Zeichen derselben tlie Huldigung, z. B. in Höxter.
Neue Steuern und neue Zölle durften die Landesherren nur
in jenen Städten erheben, welche der landesherrlichen Vogtei
unterwürfen waren. Denn in den übrigen Landstädten war zu
dem Ende die Zustimmung der Bürgerschaft oder der Land-
stände nothwendig (! !). Und wenn der Landesherr die her-
gebrachten Freiheiten und Rechte nicht bestätigen wollte, oder
sie sogar verletzte, so durftun auch die Landstädte die Huldi-
gung verweigern und sieh, wenn sie wollten, einem andern
Ueber den ünterseliiod von Reichsstädten und Ijiindstiidten. 23
Landeslierrn unterwerfen. Die Freiheit und Unabliüugiykeit
der Landstädte war daher von jener der Reichsstädte nicht sehr
verschieden, der Werth der Reichsnnmittelbarkeit demnach noch
nicht so gTOss als in spätem Zeiten, seitdem die fester be-
gründete Landeshoheit mehr und mehr auf die Landstädte
drückte. Entscheidend hiebei war auch bei den Ijandstädten das
Besatzune;srecht. Mit der Pflicht die Stadt selbst zu vertheidigen
hatten nämlich auch die Landstädte das eigene Besatzungsrecht
erworben (?). Auch sie duldeten daher kein fremdes Heer und
keine fremde Burg- mehr innerhalb der Stadtmauern, und auch
keine fremde Burg^ in der Nähe der Stadt. Sogar die landes-
herrliche Burg in der Stadt wurde von der Bürgerschaft erworben
oder zerstört und dem Landesherrn selbst nur noch unter
gewissen Bedingung-en der Zutritt gestattet. Die freien, der
landesherrlichen Vog'tei nicht unterworfenen Ijandstädte waren
demnach eben so frei und eben so unabhängig, wie die freien
Reichsstädte. Dieser Zustand der Dinge hatte bereits im
13. Jahrhundert begonnen. Ln 14. und 15. Jahrhundert hatte
die Freiheit der Landstädte und mit dieser der Wohlstand und
die Blüthe iener Städte ihre höchste Höhe erreicht. Die Hen--
Schaft in der Stadt, die Landeshoheit war factisch auf die
Landstädte selbst übergegangen (? !). Die freien Landstädte
hatten demnach ihrem Landesherrn gegenüber etwa die selbe
Stellung, welche die Reichsstädte dem Kaiser und dem Reiche
gegenüber gehabt haben. Erst seitdem das Besatzungsrecht
wieder auf die Landesherren übergegangen war, und seit dem
Steigen der landesherrlichen Gewalt im 15. und IG. Jahrhundert
ward auch die Macht der Landstände wieder gebrochen, damit
aber auch der Grund gelegt zum Untergang aller städtischen
Freiheit und zur völligen Abhängigkeit der Landstädte'.
In der That sieht man in dieser Darstellung von Maurer's
so ziemlich alle Gesichtspunkte berührt, welche bei der Fest-
stellung des Unterschiedes von Reichs- und Landstädten in
Betracht kommen müssen. Indem man aber eine erneuerte
Erörterung an die hier richtig hervorgehobenen Punkte an-
zuschliessen wünscht, kann man gleich im allgemeinen die
Bemerkung nicht unterdrücken, dass Maurer stets mit der einen
Hand gibt, was er mit der andern nimmt, und dass seine
wiederholte Versicherung, er habe eigentlich keinen Untei-schied
24 lioronz.
zwischen den Reichsstädten und Landstädten gefunden, die
Verwunderung darüber erregt, warum er sich dann trotz alle-
dem zu dieser Eintheilung oder wenigstens zur Aufrechthaltung
derselben gezwungen sah. Ausserdem ist es auffallend, dass
in der Reihe der Landstädte immer nur jene hervorgehoben
werden, welche grössere Erwerbungen in Bezug auf ihre Rechte
nachzuweisen hatten, während die grosse Zahl jener, bei denen
es niemals zu einer Unabhängigkeit der Aemter, und häufig
nicht einmal zu einer vollen Unabhängigkeit der Justiz ge-
kommen ist, verschwiegen werden. Bei einzelnen Kriterien der
landstädtischen P"'reiheit durfte man überdies ein grosses Frage-
zeichen hinzufügen. Wenn von Maurer bemerkt, dass Landstädte
die Huldigung verweigern konnten, so wissen wir nicht, ob er
dies eigentlich als ein ihnen gewährtes Recht aufzufassen
wünscht. Denn eine ausdrückliche Satzung findet man hierüber
nur in den braunschweigisch-lüneburgischen Städten, denjenigen
wo allerdings die Frage offen ist, ob man dieselben noch als
eigentliche Landstädte zu betrachten haben wird, während die
Fälle, welche von Maurer aus der Geschichte anderer Orte
(IIL, S. 535) anführt, entweder Gewaltsamkeit voraussetzen,
oder mit dem allgemeinen Resistenzrecht zusammenhängen,
welches die Stände überhaupt gegen den die Verfassung ver-
letzenden Landesherrn besonders seit dem 14. Jahrhundert in
Anspruch nahmen. Die letztere Erscheinung liegt insbesondere
in dem Beispiel von Soest vor, welches im Jahre 1444 sich
gegen den Erzbischof Dietrich erhoben hatte. Wenn endlich
von Maurer selbst eingesteht, dass die fester begründete Landes-
hoheit , später mehr und mehr auf die Landstädte drückte', so
wird der Satz umgekehrt auch richtig sein, dass die Landes-
hoheit eben deshalb fester begründet werden konnte, weil die
Landstädte keineswegs jene Unabhängigkeit genossen, welche
die Reichsstädte besassen, oder weil die Reichsstädte die Landes-
hoheit selbst hatten, während die Landstädte unter derjenigen
der Landesherren standen. Dieser Unterschied ist aber gerade
hinreichend, um die Stellung der Landstädte mit derjenigen der
Reichsstildte völlig unvergleichbar zu finden. Der springende
Punkt ist auch von Maurer hiebei richtig ins Auge gefasst,
aber nicht hinreichend gewürdigt worden. Indem er auf das
Besatzungsrecht der Städte hinweist und bemerkt, dass die
Ueber ilen UntorseUicd von Reichsstädten uiul Landstädten. !25
Landstädte ebeufnlls die Pflicht auf sich g-enommen, sich zu
vertheidigeii und keine Burg innerhalb der Stadtmauern dul-
deten, so streift er allerdings das wesentlichste Kriterium einer
selbständigen Regierungsgewalt, aber wie viele Fälle wüsste
man denn anzuführen, wo .sogar die landesherrliche Burg in
der Stadt von der Bürgerschaft erworben oder zerstört wurde
und dem Landesherrn selbst nur noch unter gewissen Bedin-
gungen der Zutritt gestattet wurde'. Liegt es aber nicht viel
näher, den umgekehrten Schluss zu machen, dass in Fällen,
wo der Landesherr sich seiner Stadt gegenüber zu einem
Zugeständniss dieser Art verfassungsmässig bereit fand, die
Landstadt eben aufgehört hat Landstadt zu sein, wie ja auch
in den bischöflichen Städten die Landesherrlichkeit der Bischöfe
dadurch am tiefsten getroffen worden war, dass die Besatzungs-
rechte den Händen der bischöflichen Regierung verloren gingen.
Wenn also Landstädte sich der Landesherrlichkeit in dem
Maasse entzogen, wie in dem von Maurer angeführten Falle sich
zeigen würde, so wäre aller Grrund zu sagen, dass die Landstadt
aufgehört hat Landstadt zu sein; denn der Begriff der Landstadt
kann doch kein anderer sein als der, dass die Regierungsrechte
nicht der Gesaramtheit einer verfassungsmässig gegliederten
Gemeinde, sondern dem Landesherrn zustanden, was man kürzer
ausdrückt, wenn man mit Heusler sagt: , Städte, welche selbst
die landeshoheitlichen Rechte besasseu, waren Reichsstädte
oder freie Städte'. Dass aber die ganze Existenz einer solchen
Reichs- oder freien Stadt mit dem Zustand einer unter fremder
Landeshoheit stehenden Stadt in socialer und politischer Be-
ziehung gar nichts gemein hat, scheint offen zu Tage zu liegen,
und es besagt dem gegenüber wenig, dass auch die Landstadt
nach denselben privat- und strafrechtlichen Satzungen urtheilt,
welche in Reichs- oder freien Städten Gewohnheit waren. Dass
aber die Herrschaft, die Landeshoheit ,factisch', wie von Maurer
sagt, auch auf die Landstädte selbst übergegangen wäre, ist
durch kein einziges Beispiel belegt und wird sich im allgemeinen
gar nicht, im besondern nur in jenen wenigen Fällen behaupten
lassen, wo ein Verfall der landesherrlichen Gewalt vorüber-
gehend oder dauernd eingetreten und einzelne Städte ausnahms-
weise in die Lage gekommen waren, die Regierungsrechte an
sich zu reissen. ^^'o aber die Landeshoheit in festen Bahnen
2ß I, orenz.
einlierscliritt oder ,in spätei-en Zeiten mehr und mehr auf die
Landstädte drückte^, da traten jene Versuchnngen, welche von
Maurer als ein Kriterium ihrer Kechtsentwickhmg hinstellen
möchte, gar niemals oder nur sehr vorübergehend an die Land-
städte heran. Will man also nicht überhaupt alle Begriffe und
festen Bestimmungen in Bezug auf städtisches Wesen verwirren,
so wird man genöthigt sein, an gewissen Kriterien festzuhalten,
welche möglich machen zu sagen : dies ist eine Landstadt,
jenes eine Reichsstadt — eine freie Stadt ; findet man aber
einen Unterschied zwischen denselben nicht, dann verzichte
man auf die Aufstellung von Gruppen, welche nichts als ein
leeres Spiel mit Worten zu bedeuten hätten. Freilich würde
man durch eine solche Verallgemeinerung endlich zu einer Defi-
nition von dem was eine Stadt war, gelangen müssen, welche
im Sinne von Maurer's schwerlich etwas anderes besagen könnte
als dies, dass es eine Markgenossenschaft sei, die ihre neben
einander gebauten Häuser mit einer gemeinsamen Mauer und
einem Graben umgab. Sodann muss man sich aber wundern,
dass es nöthig war, vier inhaltsreiche Bände zu füllen, um die
ausserordentlichen Varietäten, die verwickelten und mannigfal-
tigen Einrichtungen, Machtbefugnisse und Competenzen, die
gegen einander streitenden Rechtsansprüche und Entwickelungen
des städtischen Wesens erklärlich zu machen.
11.
Erst durch die genauere Darlegung der Verfassungsver-
hältnisse, welche an der Hand der Chroniken von Karl Hegel
für eine Reihe der hervorragendsten Städte gegeben oder ver-
anUisst wurde, gewinnt man einen vollkommeneren Einblick in
die Unterschiede, die zwischen Stadt und Stadt im deutschen
Mittelalter bestanden. Das einseitig gesammelte rechtshistorische
Material ist nun wenigstens für eine Anzahl von hervorragen-
den Reichsstädten in erwünschter Weise ergänzt und es wird
daher berechtigt erscheinen, wenn man sich an diejenigen Stadt-
gescliichten hält, welche in möglichster Vollständigkeit vor-
liegen, um zu einem allseitig anerkannten Begriti'e der zwischen
Landstädten und Reichsstädten bestehenden Unterschiede zu
Uelior ilcn Unterschied von Reichsstädten uml Landstädten. 27
gelangten. Eben auf eine möglichst scharfe Distinction soll es
hier ankoaimen. das erwünschteste müsste sein, wenn es mög-ljch
wäre, eine Formel aufzustellen, durch welche ein- für allemal die
Städtegruppen g-esondert zu werden vermöchten, und welche
weitere Verwirruug'en in dieser Beziehung bestimmt zu be-
seitigen geeignet wäre, üass es nach den sonst so lehrreichen
und umfassenden Ausführungen von Maurer's nachgerade ein
Bedürfniss ist, ein strengeres analytisches Verfahren eintreten
zu lassen, und die gerade für die Blüthezeit des städtischen
Wesens bezeichnenden Kriterien schärfer zu fassen, als es nach
der oben gegebenen Probe jetzt der P^all wäre, wenn die For-
schung auf der schiefen Ebene der Darstellung von Maurer's
Fortschritte machte, wird nicht geläugnet werden können.
Will man nun die Untersuchung nicht von vorneherein
auf eine bestreitbare Grundlage bauen, so wird es gut sein von
einem möglichst sichern Punkte auszugehen, und die Unter-
schiede zwischen den Städten in einer Zeit zu beobachten, wo
ihr Chai'akter vollends ausgebildet war. Vergegenwärtigt man
sich demnach die Zustände des 14. Jahrhunderts, so wird es
keine Einwendung erfahren, wenn man fürs erste festhält,
dass sich die Städte unterschieden durch die Stand-
schaft. p]iue gewisse Ordnung von Städten erscheint auf den
Reichstagen durch ihre Boten vertreten, eine andere nicht. Als
die elementarste Grundlage des Begriffs der Stadt wäre demnach
ohne Zweifel die Standschaft zu betrachten und es fragt sich
nur, wann und durch welche Umstände die Reichsunmittelbar-
keit in vollem Sinne erworben wurde, oder was der Ursprung
der Keichsstaudschaft der Städte war. Zu diesem Zwecke wird
mau unter allen Umständen zur Geschichte jener Städte zu
greifen haben, deren Reichsstandschaft nie einem Zweifel unter-
worfen war. Es liegt aber in dieser Beziehung um nächsten,
die Geschichte der bischöflichen Städte zu beachten , Aveil sie in
Bezug auf ihr besonderes Verhältuiss zu den Bischöfen mancherlei
Analügieen zu den Landstädten bieten.
Wenn in Strassburg dem Bischof mit der Immunität die
Stadtherrschaft zufiel, so mag die Frage hier uubesprochen
bleiben, welche die ausgezeichnetsten Forscher nun seit so
langer Zeit in Athem hält, ob Freie, oder Ministerialen dem
sich bildenden Umstand, Gericht, Rath der Stadt als Basis
2f<
Lorenz.
dienten ; für unsere Absicht die Reiclisstandschaft der Bürger
zu entwickeln, haben ohne Zweifel die früheren Classen der
Bevölkerung- nur einen untergeordneten Werth, und es ist für
den Unterschied der spätem Reichsstädte und der spätem
Landstädte gewiss ganz gleichgiltig , ob sich das städtische
Recht auf den Grundlagen des Hofrechts und Grafschaftsrechts,
oder nur auf denen des Hofrechts auferbaut hat. Auch in den
spätem Landstädten war nicht die ursprüngliche Standschaft
der Bewohner für die Frage maassgebend, ob die Stadt unter
die Landeshoheit oder unter die des Reichs gelangte, vielmehr
gibt es Beispiele, dass die Bevölkerung von vielen Landstädten
ursprünglich vorherrschend aus freien Leuten bestand und doch
niemals zur Reichsunmittelbarkeit oder zur Reichsstandschaft
gelangte. Die Reichsstandschaft als solche entwickelte sich nicht
aus den ursprünglichen Standesverhältnissen, sondern aus dem
kaiserlichen Pi'ivilegienrecht. Die Standschaft, von welcher in
Bezug auf die verschiedenen Arten von Städten zu reden sein
wird, beruht daher ausschliesslich auf der Privilegirung, auf
Acten, welche in der kaiserlichen Machtvollkommenheit ihren
einzigen und ausschliesslichen Grund hatten. Ja es möchte ge-
stattet sein zu behaupten, dass man gemeiniglich eine viel zu
grosse HoÖnung darauf setzt aus dem innern Rechtsleben der
Städte den Act ihrer Standeserhöhung zu erklären, während in
den meisten Fällen für die alten deutschen Kaiserregierungen
hauptsächlich strategische und finanzielle Gründe maassgebend
waren, die grössern Emporien des Verkehrs und die ver-
theidigungsfähigen Plätze besonders an der Westgrenze des
Reiches in ein unmittelbares Verhältniss zur Reich sregieri>ng
zu setzen oder in einem solchen zu erhalten. Dieser Tendenz
kamen die geistlichen Städte entgegen, aber sie brachten sie
nicht hervor. Die Zustände in den Bischofsstädten gaben den
Kaisern bequemere Handhabe, dieselben an das Reich zu ziehen,
als sie solche in den weltlichen Fürstenthümern fanden, aber
der Act der Standeserhöhung einer Stadt war immer ein Act
der Privilegirung, welcher dadurch von seiner Wesenheit nichts
verlor, dass er eine Gesammtheit und nicht eine einzelne
Person betraf.
Wenn man nun die Frage erhebt, wann jene Standes-
erhöhung von Strassburg vor sich ging, so wird man nicht etwa
Ueber den Unterschied Ton Reichsstädten und Landstädten. 29
auf solche Privileg-ien Rücksicht nehmen dürfen, welche ein-
zelne Rechte vollends in Uebereinkunft mit der bischöflichen
Regierung oi-dneten, sondern nur von solchen kann die Rede sein,
welche die Reichsuumittelba.rkeit im Ganzen aussprachen. Es
liegt nun nahe, an die Urkunde König Philipps von 1205 zu
denken, von welcher aber Hegel (Städtechr. VIII. S. 23) meint:
,Es ist sicher zu viel gesagt, wenn man hierin schon die Ver-
leihung der Reichsunmittelbarkeit an die Stadt erkennen will,
denn sie hörte darum nicht auf bischöfliche Stadt zu sein, aber
eine Unterscheidung der Stadt und der bischöflichen Herrschaft
und ein unmittelbares Verhältniss des Königs zu jener ist
immerhin damit ausgedrückt^. Nun ist aber auffallend, dass
Hegel den Beginn der Reichsunmittelbarkeit nicht weiters in
seiner gründlichen Darstellung zu fixiren im Stande war. Wir
wollen daher hier einstweilen die Bemerkung machen, dass die
Formel, unter welcher von König Philipp die Stadt privilegirt
wird, ausdrücklich von Standeserhöhung (utilitatem pariterque
honorem civium promovendum) spricht. Wie man aber auch
hierüber denken mag, als wichtigstes Moment der Stadtfreiheit
erscheint ohne Zweifel in der von Hegel als zweites Stadtrecht
bezeichneten Urkunde der Umstand, dass die Rathmeister,
Stadtrichter gewählt sind. (Inter quos unus magister vel duo si
necesse fuerit, eligantur.) Indem nun die Entwickelung des
Raths maassgebend wurde für die Stellung der Stadt nach aussen
und innen, bleibt das Verhältniss zum Bischof auch nach dem
Waltherianischen Kriege immer ein Bestandtheil der Verfassung,
doch ist dasselbe im Wege des Vertrags geordnet (Hegel a. a. O.
S. 31) und hiemit ohne Zweifel die Anerkennung der Stadt als
Reichsstand zum rechtlichen Ausdruck gebracht.
Ein Moment aber findet sich gewöhnlich zu wenig berück-
sichtigt und hierin möchte man wohl das wichtigste Kriterium
der Rathsgewalt erblicken dürfen : die Leitung und P^utscheidung
über die bewaffnete j\Iacht. Hegel meint, dass die im zweiten
Stadtrecht vorkommenden letzten Bestimmungen spätere Zusätze
sein könnten. Immerhin ist aber darin die Voraussetzung ge-
macht, dass die Stadt eine selbstständig bewaffnete iSIacht unter-
hält. Ob sie zunächst nur, wie Hegel meint, in Verwendung
kommt, wenn der Bischof einverstanden ist, muss dahingestellt
bleiben, im Waltherianischen Kriege trat die bewaffnete Macht
30 I-orenz.
Strassburgs gegeu den Bischof selbst mit Erfolg auf und
seit 1262 war das Watfenrecht im Sinne eines dem Rath zu-
kommenden Regierungsattiibuts nicht zweifelhaft. Von einem
andern Rechte des Raths ist die Zeit des Anfangs iu Strass-
burg kaum in scharfer Weise beobachtet worden; doch braucht
nur erinnert zu werden, dass Strassburg bereits im Städtebund
vom Juli 1254 einbegriffen war, um sicher zu stellen, dass das
Recht, Bündnisse und Frieden zu schliesseu, der Reichsstadt
seit Mitte des 13. Jahrhunderts zukam.
Man sieht also, dass der Rath in Strassburg eine Ver-
einigung von höchsten Regierungsgewalten besass, welche sich
aus der von den Kaisern auf dem Wege des Privilegiums er-
langten Reichsstandschaft entwickelten und die weder mit dem
Ursprung des städtischen Wesens, noch auch mit der Gerichts-
barkeit und Gerichtshoheit irgend zusammenhängen, sondern
einen lediglich politischen Charakter an sich tragen.
Betrachten wir nun die Stellung von Köln, so lässt sich
zunächst an dasjenige anknüpfen, was soeben von dem Waffen-
rechte der Reichsstädte gesagt worden ist, und in diesem Punkte
führt die Verfassungsgeschichte sogar in eine bedeutend ältere
Zeit zurück als die von Strassburg. ,Wir datirten', sagt Hegel
in der Einleitung zu den kölnischen Chroniken III, S. I, ,den
Anfang der selbständigen Politik der Stadt nach aussen, also
auch ihrer Autonomie im Innern, schon vom Beginn des 12. Jahr-
hunderts an, als die wehrhaften Bürger von Köln dem schwer
bedrängten Kaiser Pleinrich IV. zu Hilfe kamen, und ohne
ihren Erzbischof die Stadt gegen Heinrich V. vertheidigen
halfen, ja den Widerstand selbst nach dem Tode des Kaisers
fortsetzten'. (Vgl. köln. Chron. I, S. XXVII.) Wenn ausserdem
von der conjuratio pro libertate im Jahre 1112 als Zeichen der
Stadtfreiheit bereits geredet wird, so bietet zwar die Geschichte
Kölns die Schwierigkeit, dass man mehr durch Schriftsteller
als durch Urkunden über das 12. Jahrhundert unterrichtet ist,
um so gewisser aber kann man behaupten^ dass den grossen
Reichsprivilegien, welche die Stadt im K>. Jahrhundert erwarb,
das Verfügungsrecht des Raths über die bewaffnete Macht stets
zur Seite ging. Gerade in Köln zeigt sich der Parallelismus,
welcher zwischen der Reichsstandschaft und dem Waffenrechte
einer freien Stadt bestand, in voHkommenster Weise. Wenn
Ueber den Unterschied von Keichsstädten und Landstädten. 31
uns aber jenes erwähnte frühe Beispiel von der Antheilnahme
der Bürgerschaft an den Reichskricgerij kein besonders charak-
teristisches Merkmal der ReichstVeiheit zu sein scheint, so liegt
der Grund darin, dass nicht der Rath der Stadt im Besitze
einer legalen Kriegsgewalt sein konnte, weil der letztere im
eigentlichen Sinne des Wortes überhaupt erst im 13. Jahrhundert
auttritt und wie jetzt Hegel klar genug nachweist, als eine
neue Institution ins Leben tritt. Indem der neue Rath (ut de
consilio non juratorum civitas ipsa rcgatur) die Bestimmung
hatte, in Vertretung der Gesammtbürgerschaft die Stadtregierung
zu bilden, ist das Organ auch in Köln geschaffen, um die
Rechte der Reichsstandschaft auszuüben, diese selbst aber ist
auch hier als ein Ausfluss der kaiserlichen Privilegien zu be-
trachten. Ueber die letzteren braucht hier nur erinnert zu
werden, dass diejenigen Wilhelms und Richards eine weiter-
gehende Freiheit der Stadt auch gegenüber dem Kaiserthurae,
diejenigen Rudolfs, Adolfs und Albrechts aber Schutz- und Frei-
heitsbriefe sind, welche den Vorbehalt machen, dass die Stadt
vor seiner Majestät selbst zu Recht zu stehen bereit sein würde.
,Die Hoheitsrechte des Erzbischofs', sagt Hegel, , waren durch
Antheilnahme der Bürger an ihrer Ausübung beschränkt, im
übrigen wurde das beiderseitige Verhältniss, wie zwischen
selbständigen Mächten durch besondere Verträge festgestellt'.
Wollte man endlich noch bezweifeln, dass die Ertheilung der
Reichsunmittelbarkeit als eine Standeserhöhung aufzufassen ist,
so liegt der Beweis davon nicht allein darin, dass die Bürger
vom Kaiser Friedrich II. und von Rudolf I. als nobiles bur-
genses Colonienses bezeichnet werden, sondern auch in dem von
Hegel (a. a. O., S. XCII) hervorgehobenen Umstände, dass
reichsunmittelbare Herren ohne Minderunir ihres Standes von
der Stadt Lehen nehmen konnten.
So erscheint demnach in Köln die Reichsstandschaft der
Bürger ganz besonders scharf ausgeprägt, und man ist hier in
der angenehmen Lage, alle Momente, welche sich auf die Ge-
richtsgewalt der Stadt, oder auf den Ursprung ihres Gerichts-
wesens beziehen, ganz ausser Acht lassen zu können, um zu
erkennen, dass der Schwerpunkt der ganzen kölnischen Freiheit
ausschliesslich in der politischen Stellung der Stadt gesucht
werden muss.
32 Lorenz.
Geht man nun auf die Entwickelung von Worms über,
so findet man zwar wie bei Köln ein frühzeitiges Beispiel vom
Gebrauch der bewaffneten Macht im Gegensatze zum Stadtherrn,
indem auch die Wormser Bürger für Heinrich IV. Partei
nehmen, aber die politische Macht des Raths, auf deren Nach-
weisung hier im Gegensatze zu den Erscheinungen, die wir in
Landstädten zu beobachten haben, alles ankommt, war auch in
Worms erst in Folge ausdrücklicher Privilegirung und Er-
hebung in den Reichsstand zu Tage getreten.
Leider ist die Geschichte von Worms in den älteren
Zeiten ungleich kümmerlicher überliefert als diejenige von
Strassburg und Köln, und es ist daher erklärlich, dass sich
über Arnolds eingreifende Forschungen über die Ausbildung
und Entstehung des Raths und der Rathverfassung der mannig-
faltigste Streit und die grössten Meinungsverschiedenheiten er-
gaben. Hiebei ist die Frage über die Echtheit der Urkunde
Kaiser Friedrichs I. von 1156 für unsere Untersuchung nur
von geringer Bedeutung. Auch wenn sie echt w'äre, könnte man
schwerlich aus derselben beweisen, dass Worms durch dieses
Privilegium Friedrichs I. die Reichsunmittelbarkeit, die volle
Reichsstandschaft ei-langt habe. Dagegen wird man Arnold unter
allen Umständen beistimmen müssen, dass der Rath von Worms
ein frühzeitiges Beispiel einer auf autonome Entwickelung be-
ruhenden Unabhängigkeit aufstellt. Was auch der Ursprung der
Wormser Rathsverfassung gewesen sein möchte, dieselbe machte
sich, wie man aus den Urkunden Kaiser Friedrichs II. und
Heinrichs VII. ersieht, in einer Ausdehnung geltend, die zum
Widerspruche von Seite der Stadtherren herausforderte. Die
letztere Erscheinung ist zwar auch in Köln und Strassburg zu
bemerken, aber wohl nirgends fanden die Bischöfe in ihrem
Widerstände gegen die Rathsfreiheiten eine so rücksichtslose
Unterstützung, wie die von Worms durch Kaiser Friedrich 11.
und seinen Sohn Heinrich VII. Es ist ja nun richtig, dass für
den Verlauf der inneren Verfassungsgeschichte einer Stadt jene
Momente das grösste Interesse darbieten, welche die Eigen-
ständigkeit der Rechtsbildung am deutlichsten erkennen lassen,
andererseits wird aber sicherlich gerade bei Worms nicht ge-
läugnet werden können, dass die Sicherheit und Stetigkeit der
Entwickelung der Rathsgewalt gerade so lange mangelt, als die
Ueber dpn Unterschied von Beichsstfidten mn\ LandsUiUen. ÖD
Privilcs>iruug der Stadt durch die Reichsg-ewalt auf unsicherer
und unnachweislicher Basis beruhte. Arnold beklagt das wech-
selnde und willküilich erscheinende Auftreten Friedrichs II.
gegen die vStädte, gegen Cambray, Verdun^ Basel und andere
Städte, wie gegen Worms, allein alle diese Vorgänge beweisen
nur, dass eine wirkliche Unabhängigkeit des Kaths von den
alten Stadtgewalten mit Zuverlässigkeit auf gar keinem andern
Grunde, auf gar keiner andern Institution beruhte, als auf
der durch das kaiserliche Privilegienrecht sichergestellten Reichs-
standschaft, welche, wenn wir nicht irren, bei der Betrachtung
der Städteentwickelung gar nie genug hoch angeschlagen werden
kann. Erst durch die volle Erklärung des Kaisers, dass ejue
Stadt unmittelbar dem Reiche zugehöre, konnte diese in einen
ebenbürtigen politischen Verkehr mit andern reichsunmittel-
baren Ständen treten, und nur aus dieser Staudesebenbürtigkeit
floss die spätere wahrhaft politisch bedeutende Stellung der
Reichsstädte. Dass es aber wirklich bei der städtischen Ent-
wickelung schliesslich immer auf diese Standesfrage hinauslief,
dafür ü'ibt wieder Worms ein schon von Arnold in seiner Be-
deutung nicht verkanntes Beispiel. Es mag gestattet sein, Ar-
nold's Worte selbst (Verfg. d. d. Frei Städte II. 106) über die
Vorgänge unter König Rudolf hier anzuführen : ,Bischof Eber-
hard sprach die Worte der Eidesformel vor, und die Büi-ger
wiederholten sie: Dass wir Bürger von Worms unserm Herrn,
dem römischen König Rudolf, der hier gegenwärtig ist, also hold
und also getreu seien, also zu Recht eine freie Stadt dem Reiche
von Rom sein soll, die da ist gefürstet von dem Reich,
sein Reich zu wahren, seinen Schaden zu warnen wider männig-
lich ohne alle arge List, so uns Gott helfe und die Heiligen'.
, Einige Tage darauf bestätigte Rudolf seinen lieben Bürgern
in Anbetracht der Treue, welche sie gegen seine Vorfahren am
Reich bewiesen haben und zu Erweiterung ihrer Freiheit alle
Privilegien sammt und sonders, die ihnen von Kaiser Friedrich IL
und dessen Vorfahren verliehen sind. Die Eidesformel ist des-
halb merkwürdig, w^eil die Stadt darin eine freie und gefürstete
genannt wird: sie steht also den Fürsten des Reichs gleich
und soll dieselben Rechte haben wie diese^ Sie ist hiedurch
berechtigt und in die Lage gesetzt im Innern eine Regierung
einzurichten , welche den landeshoheitlichen Rechten der Fürsten
SitzuDgsber. d. phil.-hist. Cl. LXXXIX. Bd. I. Hft. 3
34: Lorenz.
entspi'icht, sie wird nach aussen übei- ihre eigene bewaffnete
Macht frei verfügen, Verträge und Frieden schliessen dürfen. Wie
alle diese Attribute eben im innigsten Zusamoaenhange mit der
Standschaft stehen, welche ihrerseits doch sicherlich aus dem
kaiserlichen Privilegienrecht abstammt, zeigt mithin gerade die
Verfassung von Worms bis zur vollen Evidenz, und es ist
vielleicht nunmehr Zeit, sich zu erinnern, wie jenes honormi
civium 'promovendum, auf das man in Strassburg aufmerksam
wurde und die ,nobiles von Köln' und die ,gefürstete Stadt
von Worms' in unzweifelhaftem Zusammenhange zu stehen
scheinen.
Auch in Basel begegnet der Ausdruck nobilis civitas in
derselben Zeit, wo die Stadt die volle Unabhängigkeit von der
bischöflichen Herrschaft in Anspruch nimmt, nachdem die Reichs-
standschaft durch ein leider verlorenes Privileg, in welchem die
Regierungsrechte des Raths anerkannt wurden, von Friedrich II.
ertheilt worden ist. Arnold (II. 10) fasst den Inhalt des Frideri-
cianischen Privilegs in dem Sinne auf, dass es sich um die
ausdrückliche Bewilligung eines unabhängigen Raths gehandelt
hätte, und dass die drei Jahre später erfolgten Beschlüsse der
Fürsten die volle Zurücknahme der gewährten Freiheit zu be-
deuten gehabt hätten. Heusler dagegen will (Verfassungsgesch.
von Basel. S. 109) in dem Urtheil der Fürsten ,keineswegs
eine totale Vernichtung der städtischen Unabhängigkeit' er-
blicken und bezieht die Neuerung, welche durch das Privileg
Friedrichs II. geschaffen worden wäre, auf das Recht des Raths,
in autonomer Weise Steuern zu erheben. Dem entsprechend
darf denn auch mit Heusler (S. 162) angenommen werden,
dass die Stadt fortfuhr, dem König und dem Reiche unmittel-
bare Dienste zu leisten, wie ja auch Heinrich VII. die Dienste
belobt, welche seine und des Reichs getreue Bürger von Basel
geleistet hatten, weshalb er ihnen das Recht ertheilte, Ritter-
lehen zu erwerben. Im Zusammenhange mit der reichsunmittel-
baren Stellung ist die selbständige Ausübung des Waffenrechts
seitens der Stadt, die selbständige Betheiligung derselben an
den Reichskriegen , ferner ihr Antheil an den Städtebünd-
nissen und Friedenseinungcn seit Mitte des 13. Jahrhunderts
aufzufassen. Als entscheidend in letzterer Beziehung darf man
bezeichnen, dass das Bündniss Basels mit Strassburg vom
üeber den Unterschied von Keichsstädten und Landstädten. öö
Jahre 1261 von Bürg-ermeister und Rath ohne jede Erwähnunj>-
des Vogts abgeschlossen werden durfte. (Heusler a. a. O. 154.)
Man sieht daher, dass auch in Basel die höchsten Attri-
bute der politischen Gewalt im Zusammenhange mit der Reichs-
standschaft erworben sind und dass sie in dem Maasse zur
Geltung und Anerkennung kommen, in welchem die Stadt in
ein unmittelbares Verhältniss zu Kaiser und Reich gelangt
war. ,Honestas civitatis Basilieyisis' heisst es, als Titulatur
der freien Stadt, in dem Privilegium König Richards vom
5. November 12G2, wobei man dahingestellt sein lassen kann,
ob hierin gegenüber dem Ausdruck uobilis civitas, welchen
Friedrich II. gebraucht hatte, ein Fortschritt oder Rückschritt
zu erblicken wäre, sicher ist nur, dass auch in Basel die er-
langte Reichsstandschaft durch die Einführung eines auszeich-
nenden Titels von Seite der kaiserlichen Gewalt anerkannt
wird. Hiemit mag man sogleich die folgende Stelle aus einer
Urkunde des Kaisers Friedrich II. für den Bischof von Regens-
burg vergleichen, worin auch die Stellung der Stadt Regensburg
dem Kaiserthume und Reich gegenüber genauer detinii-t wird
und wo es heisst: honestas consuetudines, quas cives ejusdem
civitatis eventu qualicunque ad nostram potestatem retorserant
recognovimus et pleno restituimus, volentes eandem civitatem
universaliter sub antiquo jure ipsum respicere imperio conser-
vandam. (Ried 323, wozu Arnold I. 381 ff. zu vergleichen.)
Am 10. November 1245 bestätigte Friedrich den Bürgern — ad
honorem nostrum et imperii et utilitatem civitatis magistros
seu rectores civium vel quoslibet ofliciales alios libere ordinäre —
die freie Wahl ihrer Obrigkeit. Damit war die Reichsstand-
schaft von Regensburg sicher gestellt und die politischen Rechte
des Raths zeigten sich in der Theilnahme Regensburgs an den
Landfriedensverträgen unter Rudolf I. Dass der Rath auch über
die bewaffnete Macht selbständig verfügte, erwiesen die Vor-
gänge während des Interregnums und während des Krieges
zwischen Böhmen und Baiern.
Viel später dagegen ist die Reichsstandschaft von Augs-
burg nachweisbar, denn die Landeshoheit war zwischen dem
Bischof und den Herzogen von Schwaben getheilt, ähnlich wie
auch in Regensburg früher die Herzoge von Baiei-n auf die
Einsetzung des Vogts Einfluss nahmen. Die Vogtei in Augsburg
•
H
3
*
36 Lorenz.
übertrug Konrad von Schwaben auf seinen Oheim, Herzog
Ludwiy, der an derselben festzuhalten entschlossen war.
Hieraus erklärt sich wahrscheinlich auch, dass König Rudolf
bei seinem Aufenthalte zu Augsburg im Frühjahre 1276 es
nicht wagte, die Reichsstandschaft der Stadt ohne weiters an-
zuerkennen. Alles was er den Bürgern gewährte, war die Er-
laubniss, ein Statutenbuch anlegen zu dürfen ; aus dem letzteren
ist zwar zu ersehen, dass ein Rath unter dem Namen der con-
sules bereits bestand, aber die Existenz desselben glaubt auch
Frensdorff (Städtechr. IV., XXVni) nicht vor dem Jahre 1266
annehmen zu sollen. Was die für unsere Frage überhaupt ent-
scheidende Stellung Augsburgs zum Reiche anlangt, so mag
es gestattet sein, die Worte Frensdorff's folgen zu lassen: ,Unter
den königlichen Privilegien kehrt keines so häufig wieder als
die Befreiung der Bürger von auswärtigen Gerichten. Zuerst
von König Adolf im Jahre 1294 ertheilt, wird sie dann fast
von jedem der nachfolgenden Herrscher aufs neue ausgesprochen.
Besonders freigebig in der Verleihung von Privilegien bewies
sich König Ludwig der Baier gegen die Stadt, der er aber
auch grossen Dank schuldig war; hatte sie doch von Anfang
an in dem Streit mit Friedrich von Oesterreich zu ihm gehalten,
nicht nur im Gegensatz zu ihrem eigenen Bischof, sondern
auch fast allein von allen schwäbischen Städten. Hervorhebens-
werth ist besonders eine Urkunde vom 9. Januar 1316, welche
die Stadt, da sie ,uua de lionorahilioribtis et principalioribus
imperii civitatibus esse dinoscatur', für ewig unveräusserlich
vom Reiche erklärt, ihre Bürger den Reichsministerialen gleich-
stellt, so dass sie gleich diesen mit Edeln und Vasallen zu Ge-
richt sitzen und Urtheil finden können, ihre Habe und Gut
unter Androhung der Acht gegen das Recht der Gruntrur schützt,
endlich allgemein nicht bloss die ihr früher ertheilten Privilegien,
sondern auch ihre löblichen Gewohnheiten bestätigt'.
Halten wir das hier besprochene Privileg insbesondere
mit den die Standeserhöhung der Bürgerschaft von Köln so
deutlich darthuenden Privilegien und Verhältnissen zusammen,
so sollte man denken, dass über das eigentliche Wesen der
Reichsstädte kein Zweifel bestehen kann. Die auf dem Wege
der Privilegien ihnen zugekommene Reichsstandschaft erhebt
sie in die Reihe jener unmittelbaren Glieder des Reiches,
üeber den unterschied vnn Reichsstfidteii >ind Landstädten. 37
welche unter einander Verträge schliessen, gegen einander Fehde
erheben und Entscheidungen nur noch vom Reiche und von
den in den Reichsversammhingen vertretenen Ständen als Pares
entgegennehmen. Es versteht sich nun von selbst, dass diese
Reichsstandschaft von manchen Städten erworben wurde, bei
denen der Nachweis bis jetzt nicht so gründlich geliefert werden
konnte, wie bei den bis jetzt betrachteten Städten. Auch zeigt
sich bei manchen ein gewisses Schwanken, welches sich aber
nicht von jener Unsicherheit unterscheidet, die auch bei Dynasten
in Betreff ihrer Reichsunmittelbarkeit zuweilen bestanden hatte.
In Speier, dessen Reichsstandschaft wohl nicht zu bezweifeln
ist, hält es ohne Frage schwerer, das entscheidende Privilegium
zu bezeichnen, welches dieselbe ein- für allemal sichergestellt
hatte. Wollen wir uns mit der einfacheren Anerkennung der
Reichsunmittelbarkeit begnügen , so ist zwar in Speier seit
König Philipp zu sehen, dass die Bürger unzähligemale als
fideles nostri et imperii benannt wurden, aber eine recht deut-
liche Hinweisung auf ihre Nobilität, wie dies in allen den an-
geführten Fällen vorkommt, steht uns augenblicklich nicht zu
Gebote. Die Ebenbürtigkeit Speiers und der genannten Städte
kann nur aus den Bündnissen erkannt werden, zu welchen sie
von andern reichsunmittelbaren Ständen als vollberechtigt an-
gesehen und zugelassen wurden. Aehnlich verhält es sich auch
mit Mainz , dessen schwankende Reichsfreiheit wenigstens
im 13. Jahrhundert durch die harten Schicksale der Stadt
unter Friedrich I. erklärt werden kann, allein die Bündniss-
fähigkeit von Mainz steht seit dem rheinischen Städtebund fest.
Man muss überhaupt in den Kriterien für die Erkenntniss der
Reichsstandschaft nicht allzu ängstlich sein. Jahre lang aner-
kannte El)enbürtigkeit von Seite anderer Reichsstädte oder
anderer reichsunmittelbarer Herrschaften vermochte nicht selten
die Mängel zu ersetzen, welche eine und die andere Reichsstadt
in dem Bestände ihrer Kaiserprivilegien zu empfinden hatte.
Wie auch reichsunmittelbare, unzweifelhaft freiherrliche Familien
den Privilegienbestand ihrer Reichsstandschaft oft nur auf Um-
wegen nachzuweisen im Stande waren, so ergänzte bei manchen
Reichsstädten die lange anerkannte Ebenbürtigkeit, das lange
Zeit geübte Verfügungsrecht des Raths über die bewaffnete
Macht, die unbestrittene Vertragsfähigkeit derselben Mängel in
38 Lorenz.
Bezug- auf die ausdrückliche Anerkennung- ihrer Nobilität. Ent-
scheidend in den Bischofsstädten war in dieser Beziehung nicht
selten das Verhalten der Bischöfe als früherer Stadtherren unter
allen Umständen, und es gab kein günstigeres Vorurtheil für
eine Stadtbehörde als die Thatsache, dass sich der Bischof selbst
auf den Vertragsstandpunkt mit seiner Stadt eingelassen hatte.
Lag ein solches Präjudiz vor, so fand natürlich auch das Be-
kehren der Stadtbehörden in dei- kaiserlichen Kanzlei, als
reichsunmittelbar anerkannt zu werden, bei weitem leichteren
Eingang, und bei der Bereitwilligkeit des Kaiserthums, von
seinem Privilegienrecht ausgedehntesten Gebrauch zu machen,
bedurfte es untei- solchen Umständen oft genug nur einer sehr
unvollkommenen Vorlage von Seite der Stadt, um eine Bestätigung
der Reichsstandschaft zu erwirken. So erklärt es sich, dass der
thatsächliche Gebrauch gewisser reichsständischer Rechte der
Privilegirung zuweilen vorausging. Ohne eine jede solche
Privilegirung von Seite der kaiserlichen Gewalt hätte indessen
auf die Länge keine Stadt ihre Reichsstandschaft aufrecht zu
halten vermocht, und es werden sich sicher auch wenige reichs-
unmittelbare Städte finden, welche nicht in irgend einer Form
als unmittelbare Glieder des Reichs anerkannt worden wären.
Am gewöhnlichsten geschah dies von Seite der Kaiser mit den
Ausdrücken cives nosti-i, fideles nostri, fideles imperii. Auch
wo der Nobilität besonders gedacht ist, wie in Rudolfs Privileg
1278, If). November für Köln, fehlt der Ausdruck dilectorum
nostrorum et imperii tidelium neben nobilium civiura Colonien-
sium nicht, während es für die schwankenden Verhältnisse von
Mainz bezeichnend ist, dass Rudolf I. 1275, 28. März, gewisse
Abgabenfreiheit nur civibus Maguntinis schlechtweg bestätigt.
Es ist schon Eingangs bemerkt worden, dass wir bei
dieser Erörterung auf den speciellen Unterschied, den Arnold
und Heusler für die sogenannten sieben freien Städte gegenüber
den Reichsstädten besonders für das 14. und 15. Jahrhundert
aufrecht erhalten wissen wollen, nicht weiter eingehen. Es ist
gewiss zu billigen, wenn die Erscheinung, dass sich sieben
bischöfliche Städte zuweilen ganz absichtlich als freie Städte
im Gegensatze zu den Reichsstädten genannt haben, und an-
dererseits auch in Diplomen kaiserlicher Kanzleien so bezeich-
net wurden, neuerdings in die Specialuutersuchungen über das
Ueber den UnterBchied von Reichsstädten und Landstädten. 39
Stildtewesen bezogen worden ist, allein unter dem Gesichts-
punkte der Reichsstaudschaft, der hier für die Betrachtung
maassgebend ist, kommt dieser Unterschied weniger in Betracht,
weil er eine ständische Verschiedenheit nicht begründete.
Man braucht heute nur in die Acten der Städtetage, wie sie
"Weizsäcker in den Reichstagsacten vorlegte, einen Blick zu
werfen, um sich zu überzeugen, dass die freien Städte als
solche keinen Anspruch erheben durften, Sie haben sich
nicht, wie die Kurfürsten zu einer besonderen Kammer des
Fürstenstandes, als eine besondere Städtecurie zu gruppiren
vermocht und fielen daher mit der Zeit in ihre ursprüngliche
Stellung zurück. Ständisch betrachtet existirte nur das, was
politische Anerkennung, politische Geltung erwarb. Es lässt
sich nicht läugnen, dass die freien Städte ihre besondere und
eigenthümliche Stellung in Bezug auf Lasten und Leistungen
der kaiserlichen Kammer gegenüber mit Erfolg vertraten, wobei
wir hier ganz unbeachtet lassen, aus welchen ursprünglichen
Verhältnissen diese Ansprüche abgeleitet werden wollten, allein
unter den Reichsständen, als Glieder des Reiches, in der Reichs-
versammlung stand ihnen keine besondere Bank zur Verfügung.
Es ist daher auch gerechtfertigt, dass man auf den Unterschied
zwischen Reichsstädten und freien Städten, die sich ja dann
wohl auch gelegentlich des Reichs freie Städte und mit ähn-
lichen Variationen zu bezeichnen liebten, in Ansehung ihres
Gegensatzes zu den Landstädten kein weiteres Gewicht legen
wird. Dass es übrigens dabei auf den bischöflichen Charakter
dieser Städte s-ar nicht ankommt, wenn man die im 14. Jahr-
hundert aufgekommene Bezeichnung der freien Städte erklären
wollte, könnte, was wir nebenher gegen Arnold und Heusler
bemerken möchten, am besten aus den niederländischen Stadt-
geschichten bewiesen werden.
Unter diesen Umständen wird es nicht nur gestattet, son-
dern geradezu nothwendig und erfordert sein, nunmehr einen
Blick auf die eigentlich sogenannten Reichsstädte oder Königs-
städte zu werfen, und deren Charakter neben dem der Bischofs-
städte zu entwickeln, um schliesslich den wesentlichen Unter-
schied festzustellen, der zwischen allen diesen Städten einerseits
und den Landstädten andererseits besteht. Bei der ungemein
grossen Auswahl, die aber hier zu Gebote stünde, halten wir
40 Lorenz.
uns begreiflicher Weise wieder zunächst an dasjenige Material,
welches jetzt von Hegel am wohlgeordnetsten vorgelegt wurde,
an die Verfassungsgescliichte von Nürnberg.
So lange dieser verhältnissmässig junge Ort überhaupt
bestand, war er ein königlicher oder kaiserlicher Ort und als
solcher in den Urkunden (castrum regale) bezeichnet worden.
Es gilt hier von Nürnberg genau dasselbe , was von allen
Palatialstädten gilt, ein Beispiel reicht vollkommen für alle
aus. Nun könnte aber der Umstand, dass die königlichen und
kaiserlichen Städte seit den ältesten Zeiten vorkommen, leicht
zu dem Irrthume Veranlassung geben, als wenn schon an und
für sich in diesem Grundherrlichkeitsverhältniss das Kriterium
für den Bestand der Reichsstadt zu suchen wäre. Wer den
Ursprung des Stadtwesens in dem Sinne verfolgt, wie dies von
Eichhorn, Wilda, Arnold und Nitzsch beabsichtigt wurde, für
den stellt sich selbstverständlich die Frage des Grundbesitzes
als sehr wesentlich dar, aber welches auch die Bestandtheile
der Bevölkerung, aus denen die Stadt zusammengesetzt war,
gewesen sein möchten, so viel ist doch klar, dass diese Bevöl-
kerung unmittelbar mit dem Reiche nichts zu thun hatte. Der
König setzte auf dem Königsboden seine Richter und Beamte
ein, und diese Beamten konnten unter Umständen eine Stellung
im Reiche besitzen, aber die von ihnen regierten und gerich-
teten Stadtbewohner nahmen deshalb doch keinerlei Beziehung
zum Reiche und waren für das Reich überhaupt nur insofern
vorhanden, als sie durch den König oder dessen Beamte ver-
treten waren. Eine selbständige staatliche Existenz hatten sie
nicht, mochten sie nun als Stadtmark eine frühzeitige Eigen-
gerichtsbarkeit üben, mochten sie im Vogtsding als Genannte
erscheinen, mochten sie auf was immer für eine Art ihr Recht
finden und liegen. Wenn wir nicht sehr irren, wird hiebei auch
auf die Qualität der königlichen Beamten, die diesem Stadt-
wesen vorstanden, eine für die spätere Entwickelung und
Stellung allzugrosse Bedeutung gelegt. Weiss man doch, dass
die verrottetsten Burgflecken und die gewaltigsten Städte später
gleichberechtigte Mitglieder des Reiches waren, ohne dass je-
mals gefrjigt worden wäre, wer ursprünglich der vom König
beauftragte Gerichtsherr der Stadt eigentlich gewesen wäre.
Audi auldif l'rii(0)t<Mi, welche die auf Königsboden eutstaudeiion
üeber den Unterschioil von Reichsstfiriten uml liatidstädten. 41
Städte hatten, kommt wenig an. Dass sie dem König unmittel-
bar steuerten, besagt ebenso wenig, als dass sie unter ihrem
Pfalzgrafen, unter ihrem Scliultheiss dem königlichen Banner
folgten. Solche Pflichten hatten sie mit den höchsten und nie-
dersten mit dem unmittelbarsten und mittelbarsten, mit dem
Freien und Dienstmannen gemein; man vermag in diesen Mo-
menten nichts zu erblicken, was ein besonderes Kriterium ihrer
Stellung gewesen wäre. Wo sie immer in Beziehung zum
Reiche erschienen, waren sie durch ihre vom König gesetzten
Vorsteher repräsentirt. Eine eigenständige Bedeutung im Reiche
hatte in den älteren Zeiten die Königsstadt als solche ebenso
wenig wie die Bischofsstadt oder die Landstadt.
Wollen wir nun die Frage beantworten, wodurch denn
eine auf Königsboden entstandene Stadt Reichsstadt geworden
ist, so ist es klar, dass der Eintritt in das neue Verhältniss
an bestimmte äussere Ereignisse geknüpft sein muss. Nicht in
den inneren Vorgängen, sondern nur in der äussern Anerkennung
der Stadt als solcher wird mithin die Quelle der Reichsstand-
schaft gesucht Averden müssen, und diese Anerkennung von
Seite des Reiches kann daher auch den königlichen Städten
nur auf dem Wege der Privilegirung zugekommen sein, d. h. )
auch die Reichsstandschaft der Königsstädte wurzelte in ihren j
Reichsprivilegien.
Durch diese Ueberlegung will nun dasjenige, was man
die innere Geschichte der Städte nennen kann, durchaus nicht
zu Gunsten rein äusserlicher Thatsachen in seiner Bedeutuns:
für das Städtewesen als solchem, herabgesetzt werden. Es mag
im Gegentheil darauf hingewiesen werden, dass die äussere
Privilegirung, wie bei den Bischofsstädten häufig nur eine
Folge der inneren Entwickelung gewesen sein möchte, ja dass
nicht selten die Privilegiumsertheilung bei den Königsstädten
wie etwas bloss accessnrisches erscheinen konnte, aber dass
die Bürger einer Stadt als ebenbürtige Glieder des Reiches zu
erscheinen das Recht hatten, ist in ihrer Privilegirung durch
das Reich begründet.
Erinnern wir uns nun an die Einzelnheiten der Geschichte
von Nürnberg. In dem Sinne der voranstehenden Erörterung
glauben wir es auffassen zu dürfen, wenn Hegel von Nürnbergs
Entwickelung im allgemeinen bemerkt, ,dass erst unter den
42 Loren?,.
staufisclien Königen und Kaisern neben der Burg auch die
Stadt heranwuchs, weiche bald ein für sich bestehendes Gemein-
wesen ausbildete und später auch die Anerkennung ihrer poli-
tischen Selbständigkeit durch königlichen Freibrief erhielt^
Zwar ist der Ausdruck ,politische Selbständigkeit' etwas viel-
deutig, doch ist aus der folgenden Darstellung Hegel's der Sinn
desselben nicht wohl misszuverstehen. Ob nun zwar der den
Bürgern von Nürnberg von Kaiser Friedrich II. 1219, S.November
ertheilteFreilieitsbrief ihre unmittelbare Reichsstandschaft sicher-
stellte, möchte keineswegs ganz sicher behauptet werden dürfen,
weil darin nichts auf eine selbständige Ausübung von Hoheits-
rechten durch den Rath hindeutet, wohl aber wird man Hegel
allgemein darin beipflichten, dass durch das Verhältniss Nürn-
berg's zum Städtebund 1254 der Beweis erbracht werden kann,
dass die höchsten politischen Rechte während des sogenannten
Interregnums vom Rathe ohne Weiters in Anspruch genommen
werden. Denn das merkwürdige Schreiben, in welchem Schul-
theiss, Rath (consules) und die Gesammtheit der Bürger Regens-
burg als eine Schwesterstadt bezeichnen, zur Aufnahme in den
Städtebund Glück wünschen und jegliche Hilfe versprechen,
beweist, dass die Stadt thatsächlich die Verfügung über die
bewaffnete Macht besass und in der Bundesgenossenschaft mit
Städten stand, deren Reichsstandschaft unzweifelhaft war. Schul-
theiss und Rath wurden mithin als ebenbürtige Glieder im
Reiche vun den Reichsstädten anerkannt. Dass das Privilegium
Friedrichs II. zu dieser Entwickelung die Grundlage schuf,
ist nicht zu zweifeln ; es ist also gewiss richtig den Aiisgangs-
punkt von demselben zu nehmen, aber die eigentliche Reichs-
standschaft ist denn doch erst durch Rudolf I. anerkannt,
indem dieser die der Stadt von Alters zustehenden Rechte und
Freiheiten, also auch den factischen Besitz der unmittelbaren
Reichsstandschaft genehm hält. Für das wichtigste Privileg
Nürnbergs hält Hegel eben dasjenige des Kaisers Heinrich VII.,
von 1313, 11. Juni, in welchem ohne allen- Zweifel der Rath
als die oberste Regierungsbehörde erscheint, der gegenüber
auch der königliche Schultheiss untergeordnet wird, wenn er
auch das Stadtrichteramt noch in seinen Händen hält. Auch
die Kaiserburg ist nicht mehr von der Stadt getrennt und der
Burgvogt dem Rathe gleich dem Schultheissen subordinirt.
Ueber den Unterschied von Keiclisstädten und Landstädten. 43
Beide Beamte werden nach Hegel's Ansicht ohne Zweifel auf
Vorschlag- des Eaths in der Regel aus der Mitte der Bürger
selbst vom Kaiser ernannt worden sein. Für den wichtigsten
Umstand darf man jedoch in Ansehung der Standschaft die
ausdrücklich anerkannte Ebenbürtigkeit der Vollbürger mit den
Ritterbürtigen bezeichnen. Im übrigen enthält das Privileg
Heinrichs VII. eine ganze Reihe von Bestimmungen, die auf
Gericht und Polizei bezüglich, gewiss keinen Unterschied Nürn-
bergs und der gleichzeitigen Landstädte erkennen lassen. Nicht
in der Gerichts- und Friedenspflege liegt die hoheitliche Stellung
des Raths, sondern in seiner politischen Gewalt. Der Rath,
welcher Bündnisse und Frieden mit andern Reichsstädten schliesst
und das Fehderecht in selbständiger Weise besitzt, kann seiner
Innern Entwickelung nach sich mannigfaltig verändern, aber es
gibt keine executive Gewalt über ihm, ausser derjenigen des
Reichs und Kaisers. Die Stadt selbst hat ihren eigenen Kriegs-
hauptmann und hält ihre eigenen Soldaten ; dies ist offenbar
der Punkt, welcher für Nürnberg, wie für jede Stadt des Reichs
charakteristisch ist und dem gegenüber alle übrigen Momente
sogenannter Stadtfreiheit von untergeordnetem Werth waren.
In Nürnberg zeigt sich in der spätem Verfassung ein Umstand,
aus welchem der politische Charakter des Raths mit ganz
besonderer Deutlichkeit hei'^'Orgeht : ,In dem kleinen Rath
bildeten die sieben Eiteren Herren den Geheimen Rath, bei
welchem die Vorberathung aller wichtigen Angelegenheiten war,
unter diesen die drei Obristhauptleute die höchste ausführende
Behörde : und zwar hatten die zwei ersten als Losunger die
Aufsicht über die Schatzkammer und die Finauzverwaltune-,
der dritte war gewöhnlich Kriegshauptmann der Stadt'. Wer
sich eine deutliche Vorstellung davon zu machen wünscht, was
der Unterschied zwischen einer Reichsstadt und einer Landstadt
war, muss die Acten des Markgrafenkriegs von 1449 und die
Berichte des Erhard Schürstab, Losungers und Kriegshaupt-
manns, selbst lesen, um die volle Nichtigkeit der Behauptung
von Maurei-'s zu erkennen, dass ,die freien, der landesherrlichen
Vogtei nicht unterworfenen Landstädte demnach eben so frei,
und eben so unabhängig waren, wie die freien Reichsstädte'.
Wenn man freilich unter Freiheit nichts anderes verstehen
will, als die persönliche Freiheit des Bürgers in Bezug auf
4r4 Lorenz.
seinen Gerichtsstand, so maa^ dies ja begründet sein, und die
Geschichte, als solche, hätte gegen diese Auffassung wenig
einzuwenden; es hiesse sich aber doch die Augen für den wahren
Charakter des Städtewesens geradezu verbinden, wenn man die
erwähnten politischen Merkmale der Stadtverfassung von Nürn-
berg für das rechtliche Verhältniss der Stadt als irrelevant
bezeichnen würde. Denn nicht darin, dass Nürnberg seit
Heinrichs VII. Privileg das Besatzungsrecht der Burg — auch
dieses nur für den Fall des Todes des Kaisers besass, lag das
Charakteristische seiner Reichsstandschaft, sondern darin, dass
der Rath der Stadt schon bevor er das Besatzungsrecht auf der
Burg hatte, sich mit andern Reichsstädten verband und gegen
andere Reichsstände in ehrlicher Fehde zu Felde zog und
hierauf auch mit denselben Frieden schliessen konnte: das
nennen wir die Reichsstandschaft von Nürnberg, Dem gegen-
über wäre es wohl nur eine ungenaue Analogie, wenn von
Maurer Werth darauf legt, dass auch die Bürger der Landstädte
,das eigene Besatzungsrecht mit der Pflicht die Stadt selbst zu
vertheidigen' erlangt hätten. Dass auch das letztere Verhältniss
— ein selbständiges Vertheidigungsrecht — nur in beschränktem
Maasse in den meisten Landstädten vorhanden war und dass
auch in diesem Punkte die landesherrliche Macht in den Land-
städten immer entscheidend blieb, wird später besprochen. Nur
einige wenige norddeutsche Länder zeigen die besondere Eigen-
thüinlichkeit, dass sie Städte hervorgebracht haben, welche eine
den Reichsstädten nicht ganz unvergleichbare politische Stellung
besassen, und von diesen wird als von einer besondern Art
zunächst zu reden sein. Vorerst sei nur noch gestattet, auf
gewisse Analogien, welche zwischen Nürnberg und den schwäbi-
schen Städten bestanden, gerade in den Punkten hinzuweisen,
die wir als die entscheidenden Kriterien der Reichsstandschaft
verstanden wissen wollten.
Wie in Nürnberg der Kriegshauptmann Mitglied des
Raths war, so hatte auch in vielen schwäbischen Reichsstädten
der Bürgermeister den Ileerbefehl verfassungsmässig und hatte
davon den Namen capitaneus. Dass das Amt des Schultheissen,
des Bürgermeisters oder wie es sonst genannt wurde, den
Cupitaneat in sich schloss, beweist mehr als Statuten für die
Reichsiinmittelbarkeit einer Stadt. Capitanei dieser Art kommen
I
Ueber den Unterschied von Reichsstädten und Liindstädten. 45
aber schon am Ende des 13. Jahrhunderts in Uhn, Esslingen
Reutlingen und noch an anderen Orten vor. Stalin findet sich
an den capitano del popolo dabei erinnert; wir lassen es unserer-
seits dahingestellt sein , woher die Bezeichnung der Würde
stammt; der Sache nach darf man jedenfalls sagen, dass die
politische Macht der Reichsstädte derjenigen der italienischen
Städte seit dem Beginne des 14. Jahrhunderts ebenbürtig zur
Seite steht und dass alle jene Städte des Reichs, in welchen
die bürgerliche und militärische Gewalt in der dargelegten
Weise im Rath zusammenfällt, eine besondere Classe von
Gemeinwesen bilden, die sich untereinander für bündnissfähig
und bündnissberechtigt betrachten und dem entsprechend nicht
ebenbürtige Städte ausschliessen. Dass auch in den schwäbi-
schen Reichsstädten diese Machtvollkommenheit des Raths auf
dem Wege der Privilegiruug erlangt worden ist, wird wohl
nicht erst im einzelnen nachgewiesen werden müssen. Die
schwäbische Städtebank auf den Reichstagen der späteren Zeit
wachte über der nachgewiesenen Reichsstandschaft mit grosser
Strenge, und je grösser die Anzahl der nach dem Aufhören
des schwäbischen Herzogthums reichsfrei gewordenen Städte
war, desto genauer wurde die Sicherstellung der Reichsstand-
schaft gefordert. Dass in diesen Dingen gewissermaassen Buch
geführt wurde, lehrt keine Stadtgeschichte deutlicher, als die-
jenige von Freiburg, denn es verlor seine Reichsstandschaft
vollkommen, nachdem es der österreichischen Herrschaft unter-
than wurde, und bot in dieser Beziehung ein sehr frühes
Beispiel von dem Ausscheiden jener Städte aus dem unmittel-
baren Reichsverbande, welche seit dem 16. Jahrhundert in
grösserer Anzahl von den Landesgewalten unterworfen worden
waren.
Blicken wir aber nun umgekehrt auf solche Städte, welche
entweder auf landesherrlichem Grund erbaut, oder unter fürst-
licher Gerichts- und Landeshoheit enstanden waren, so empfiehlt
sich die Betrachtung der Verfassungsverhältnisse von Braun-
schweig, weil in diesem grossen und ansehnlichen Gemeinwesen,
welches gleichwohl nie von einem Kaiser gefreit und standes-
erhöht worden ist, sich sogleich eine merkwürdige Erscheinung
zeigt, die uns mitten in die Frage über die charakteristischen
Merkmale der Landstädte hinein führt. Im Jahre 1345 wurde
46 li 0 r e n z.
in Braunschweig ,die Weise der Huldigung' festgestellt, welche
die Stadt der Landesherrschaft zu leisten verpflichtet war.
Auch der Eid ist vorgeschrieben, welcher geschworen Avurde,
und der auf voller Gegenseitigkeit der Rechte und Pflichten
beruht. ,'J'iuit ferner die Hei-rschaft dem Rath und den Bürgern
gütlich und vertaidingt sie wohl zu ihrem Rechte, des dankt
man ihnen billig, thäte sie aber nicht also, dann wäre man ihr
in ihren Nöten und zu ihrem Rechte beizustehen nicht ver-
pflichtet'. ,Denn durch die Güte Gottes ist Braunschweig
eine freie Stadt: dies sollen wissen, die nach uns kommen
werden'.
Braunschweig eine freie Stadt ! etwa wie Basel, Strassburg,
Köln? die sich ja auch freie Städte genannt haben. Wer diese
Zusammenstellung überlegt, wird sogleich erkennen, in welche
abenteuerlichen Verwirrungen man in der Reichsgeschichte
käme, wenn man die Grundpfeiler des Unterschiedes von Land-
stadt und Reichsstadt nicht mit aller Entschiedenheit und allem
Ernste aufrechthalten würde. Und in der That, wenn man die
Geschichte von Braunschweig ins Auge fasst, so muss man
gestehen, dass die Stadt, indem sie sich aus mannigfach gefreiten
Marken und aus sehr verschiedenen Bevölkerungsclassen zu
einem einheitlichen Stadtverband emporgerungeu, ein reiches
Maass von Freiheiten erworben hat und der Rath derselben in
Bezug auf autonome Verwaltung und Justiz hinter gar keinem
Stadtwesen zurückstand. Aber eben dieser Umstand beweist,
dass die innere Freiheit einer Stadt nicht alles bedeutet, sondern
ihre Bedeutung durchaus in ihrer Standschaft zu suchen ist.
Indessen bietet das Braunschweiger Stadtwesen eine Reihe
besonderer Eigenthümlichkeiten. Durch Heinrich den Löwen
und seine Söhne mit Privilegien ausgestattet und in ihrem
Umfang erweitert, bot die Stadt dem landesherrlichen Geschlecht
Schutz in dessen Kämpfen mit den Staufern. Die Bürger
leisteten wiederholt bewaffnete Hilfe den Herzogen und genossen
seit Kaiser Ottos IV. Privileg von 1199, Januar, die ausgedehn-
teste Autonomie. Dennoch fehlte es an dem Bestreben auch
in diesen) landesfürstlichen Gemeinwesen nicht, die Rechte einer
reichöfreien Stadt in Anspruch zu nehmen, und Hänselmann
erklärt (in den Städtechrouiken VI., XXIX) die Aufnahme
schwäbischer und bairischer Gäste im Jahre 1227 zu Gunsten
Ueber tlen Unterschied von Eeichsstildten und Landstädten. 4-7
des König's Heinrichs VII. im Einverständniss mit ungetreuen
Dienstmannen daraus, dass eine Partei durch die Aussicht auf
Reichst'reiheit verlockt wurde, der deutlichste Beweis, dass auch
in jenen weifischen Gebieten bei aller Pflege landstädtischer
Vorrechte von Seite der Territorialherren die Vorstelluno; von
der Reichsstandschaft einer Stadt als ein begehrenswertlies Ziel
ins Auge gefasst wurde. Allein dieser Versuch wurde nicht
wieder unternommen. Seit die Rechte des herzoglichen Vogts
mehr und mehr in die Hände des Raths übergegangen waren, und
die fünf Weichbilder zu einem einheitlichen Verfassungswesen
verbunden wurden, an dessen Spitze der Rath dem Herzoge
den grössten Theil der Regierungsrechte abgekauft hatte, stellte
sich jener Begriff der freien Stadt ein, von dem wir bei unserer
Betrachtung auszugehen hatten. Folge davon war, dass eine
gewisse Selbständigkeit des Raths auch in Erwerbung von Pri-
vilegien für Kaufmannschaft von Seite anderer Füi'sten und
Herren gestattet war, und dass Braunschweig dem Bunde der
Hansestädte beizutreten vermochte.
Jedoch zeigen die erwähnten Handelsbündnisse allerdings,
dass die Rechte des Landesherrn von Seite der Stadt in jedem
Vertrage mit auswärtigen Städten ausdrücklich wahrgenommen
werden. Wenn die Grafen von Holstein der Stadt Zollerleich-
terungen gewähren, 1254, so wird der Fall vertragsmässig
vorgesehen, wie es zu halten sei, wenn die Holsteiner mit den
Braunschweiger Landesherren in Fehde verwickelt wären. Lan-
deshoheitliche Rechte bleiben den Herzogen noch immer in
ansehnlicher j\Ienge vorbehalten. Noch im Jahre 1325 verpfändet
Herzog Otto Theile der Stadt; 1345 gewährt Herzog Magnus
dem Juden Jordan von Helmstädt und seinen Erben befriedeten
Aufenthalt in der Stadt Braunschweig, ohne dass des Raths
dabei Erwähnung geschieht, und dergleichen mehr.
Andererseits aber übt der Rath bereits um die Mitte des
14. Jahrhunderts ein Verfügungsrecht über die bewaffnete Macht
und führt auf seine eigene Hand den Krieg. Diese Stellung als
fehdeberechtigte Landstadt gewinnt der Rath hauptsächlich in
den Kriegen zwischen den Bischöfen von Hildesheim und den
Braunschweiger Herzogen, wobei besonders zu beachten ist, dass
nach dem Fehdebuch (Häusel mann, S. 70) 1381 der Rath selbst
es war, der dem Bischof und Capitel von Hildesheiui den
4ö IjOrenz.
Absagebrief sandte. Obue Zweifel big- iu dieser That der höchste
Grad städtischer Reg;ieningsan spräche, und wenn man von der
Reielisstaudscbaft absiebt, so darf man allerdings sagen, dass
Städte, welche sich in dem Falle von Braunschweig befanden,
eine besondere Stellung im Reiche einnahmen, auch wenn sie
unter der landesherrlichen Gewalt im übrigen geblieben waren.
Indessen zeigt sich das landesfürstliche Vorrecht in Braun-
schweig doch noch dadurch gewahrt, dass die Sühne, welche
der I^andesherr mit den Bischöfen vereinbart, auch für die
Stadt Braunschweig gelten muss, und dass der Bischof von
Tlildesheim als Reichsfürst keinen directen Frieden mit der
Stadt schliesst. Dagegen gestattet König Ruprecht auch von
Reichswegen den Bürgern von Braunschweig, dass sie durch
zwei Räthe jederzeit in ihren Rechtshändeln auch vor dem
kaiserlichen Hofgericht unmittelbar vertreten sein dürfen. 1402,
25. September. Ebenso tritt Braunschweigs Rath in den Ver-
handlungen der Hansestädte mit allen Rechten einer obersten
Regierungsbehörde bekleidet hervor, er nimmt au den Friedens-
vermittlungen und an den Kriegsunternehmungen des Bundes
den eifrigsten Antheil ; schlägt man dagegen die Reichstagsacten
nach, so findet man niemals städtische Boten von Braunschweig
bei den Reichsversammlungen, keinen Verkehr zwischen den
Reichsstädten und den zahlreichen Landstädten, welche gleich
Braunschweig unter landesherrlicher GcAvalt, und wäre es auch
nur noch dem Namen nach, sich befanden. Hieraus zeigt sich,
dass auch bei den freien Landstädten der Unterschied in der
Standschaft scharf aufrecht erhalten wird, und dass eine volle
Gleichheit zwischen Reichsstadt und Landstadt niemals an-
erkannt wurde, auch wenn der Rath der letzteren eine selbst
das Kriegs- und Friedensrecht in sich begreifende Stellung
einnahm. In Betreff der Standschaft der Braunschweio-er Büro^er
scheint uns aber eine Urkunde Herzog Albrechts vom Jahre
1304. 22. November (U.-B. d. St. B., Nr. 18) sehr erwünschte
Aufklärung zu geben. Darnach konnten Bürger von Braun-
schweig von herzoglichen Lehnsleuten Lehen nehmen; da
aber Fälle vorkamen, dass Bürger, welche von Vasallen des
Herzogs Lehen besassen, an Afterlehnsherren geringeren Standes
überlassen wurden,, so entschied der herzogliche Lehnshof für
Gegenwart und Zukunft darüber, dass dieser Vorgang unstatt-
Ueber den Unterschieii von Reichsstädten und Landstädten. 49
haft sein solle; die unmittelbare Lehnsnahme braunschweiger
Bürger von herzoglichen Ministerialen aber wird als keine Min-
derung der Standesrechte angesehen.
Ganz ähnliche Verhältnisse, wie sie sich in Braunschweig
darstellten, wird man in Lüneburg und fast in allen jenen
Landstädten nachweisen können, welche im 14. und 15. Jahr-
hundert der Hanse angehörten. Ihre bevorzugte Stellung lag
darin, dass sie mit den Keichsstädten wie Bremen, Lübeck,
Köln u. s. w. im Bunde waren und die Rechte und Ehren freier
Städte im Verkehr mit ihren Bundesgenossen beanspruchten,
während sie zu Hause ihrem Landesherrn zu gehorchen und
dessen Vortheil wahrzunehmen hatten, wenn es sich um Conflicte
zwischen diesem und andern Reichsgliedern handelte. Man sieht
demnach, dass auch in diesen Städten eine durch die Landes-
herrschaft bedingte Freiheit besteht, dennoch aber eine gewisse
Gleichstellung mit den Reichsstädten auf dem Wege der Städte-
und Handelsbündnisse erreicht wurde.
Bei weitem nicht alle Landstädte erlangten nun eine
solche Stellung wie Braunschweig, und um den Gradunterschied
der Freiheit, beziehungsweise der städtischen Regierungsrechte
zu ermessen, wird es immer am gerathensten sein, sogleich
nach der bewaffneten Macht zu fragen, welche eine Stadt besass
und deren Verwendung meist das sicherste Kriterium für die
Hoheitsrechte des Raths an die Hand gibt. Hier bietet nun
München ein nicht uninteressantes Beispiel dar. Während es
bis ans Ende des 13. Jahrhunderts in der tiefsten Abhängigkeit
von der landesherrlichen Gewalt geblieben war, hatte es seit
Kaiser Ludwig dem Baier begonnen, eine eigentliche Raths-
verfassung auszubilden. Die Rechte der von den Landesherren
eingesetzten Vögte waren zugleich durch Kauf von dem Rath
erworben worden; indem das Vogtsding aufhörte, wurde nach
und nach die .Gerichtsgewalt im Rathe concentrirt; alles Er-
scheinungen , die sich auch bei freien Reichsstädten und
gewöhnlichen Reichsstädten wiederholen, und welche die Er-
werbung der Gerichtshoheit von Seite der Stadträthe überall
gleichmässig begleiten.
Aber auch durch Kaiser Ludwig wurde München der
landesherrlichen Gewalt nicht entzogen ; indem er seinen Sitz
daselbst in dauernder Weise nahm, war vielmehr eine weitere
Sitxnngsber. d. phil -bist. Gl. LXXXIX Bd. I. Hft. 4
50 Lorenz.
hoheitliche Entwickhing des Raths auf das bestimmteste aus-
geschlossen. Sehr merkwürdig ist unter diesen Umständen das
Privilegium Kaiser Ludwigs vom Jahre 1315, \Yorin er den
Bürgern von München das Recht gewährt, schädliche Leute im
ganzen Lande von Baiern durch die Bewaffneten der Stadt
fangen und nach München bringen zu lassen. Im Anschlüsse
an dasselbe Privilegium ersieht man nun aber aus einer ähnlich
lautenden Urkunde des Pfalzgrafen Johann, dass im Jahre 1393
die Stadtsoldaten keinen andern Beruf hatten, als in dem schon
von Ludwig dem Baiern vorgezeichneten Sinne, Polizei und
Gerichtsdienste im Lande zu üben. Es wird dem Rath das Recht
zugestanden, seine Gerichtsgewalt auch über das Weichbild der
Stadt hinaus gegen schädliche Leute mittelst der Stadtsoldaten
auszudehnen; doch behält sich auch für diesen Fall der Landes-
herr vor, dass die Bürger nichts , wider unsere Gnade gethan
haben' oder thun, selbstverständlich ist ihnen kein eigentliches
Fehderecht gewährt, und vollends ausgeschlossen ist die Ver-
wendung der bewaffneten Macht zu andern als rein gerichtlichen
Zwecken. Es ist eine haarscharf gezogene Grenze, welche in
den eigentlichen Landstädten zwischen gerichtshoheitlichen und
politischen Rechten gezogen ist; die ersteren können in aus-
gedehntester Weise bis zum Gebrauche bewaffneter Macht
erworben werden, aber die letzteren sind ausschliesslich dem
Landesherrn vorbehalten und werden nicht einen Augenblick
dem Rath einer Landstadt überlassen bleiben.
Noch einfacher und deutlicher stellt sich der erw'ähnte
Gegensatz zwischen den Rechten der Städte und den Rechten
der Landesherren in jenen Gegenden Deutschlands dar, wo die
Stadtrechte in Folge von Uebertragungen und Bewidmungen
durch Landesgewalten gleichsam fertig gewissen ummauerten
Orten ertheilt wurden und wo daher der landesherrliche Cha-
rakter der mit Statuten bewidmeten Stadt auch schon in den
elementarsten Verhältnissen hervortritt. Es versteht sich von
selbst, dass auch diese Schöpfungen bürgerlichen Wesens von
grösster Wichtigkeit waren, und der ganze Osten des heutigen
Deutschlands dankt seine Cultur diesen Uebertragungen statu-
tarischer Rechte durch landesfürstliche Anordnungen, aber es
ist eben eine andere für sich bestehende mit besonderen Eigen-
thümlichkeiten ausgerüstete Gruppe von Städten^ die auf diese
[
Ueber den Unterschied von Geichsstädten und Landstädten. Ö 1
Weise entstanden und die nun gar nicht mit den Reichsstädten
des Westens verglichen werden wollen. Denn es sind sehr
verschiedene Resultate, welche die verschiedene Entwicklung und
Geschichte dieser Städte zu Tage gefördert haben. Als hervor-
ragendstes Beispiel für diese Gruppe wird ohne Zweifel das
Stadtwesen von Breslau angesehen werden können, dem wir
hier noch unsere Aufmerksamkeit zuzuwenden haben werden.
Wie bei allen Städten, die durch einen landesfürstlicheu
Act ins Leben gerufen wurden, zeigt sich auch in Breslau eine
auffallend rasche und in gewissem Sinne grossartige Entwick-
lung. Indem die neu begründete Stadt sich gleichsam auf den
Schultern eines statutarischen Rechts erhebt, welches anderwärts
ausgebildet worden ist, erlangt dieselbe in verhältnissmässig
viel kürzerer Zeit als bei den Reichsstädten der Fall ist, einen
gewissen Höhestand, der durch den grossen Zuwachs der
Bevölkerung auf dem Wege der Colonisation auch äusserlich
sichtbar wird. Allein die innere Entwicklung der Macht-
verhältnisse der Stadtbehörden hält mit dem äusseren Wachsthum
nicht gleichen Schritt und das politische Leben lässt sich daher
in diesen landesherrlichen Gemeinwesen mit demjenigen der
Reichsstädte nicht vergleichen.
Das Magdeburgische Recht wurde in Breslau erst in den
Sechziger Jahren des 13, Jahrhunderts einheimisch. Darauf
wird von Herzog Heinrich IV. dem Rath im Jahre 1281 eine
Reihe von Satzungen bestätigt, durch welche die Gerechtsame
des Erbvogts in der Stadt beschränkt und theilweise auf den
Rath übertragen Averden, Aber alle diese Anordnungen nehmen
einzig und allein auf die Gerichtsverfassung Bezug, Schon aus
dem Jahre 1290 besitzen wir jedoch einen Rathserlass (Grünhagen
Heuricus pauper, S. 150), welcher die Vertheidigung der Stadt
zum Zwecke hat, und aus welchem zu ersehen ist, dass das
Besatzungsrecht bei den Bürgern selbst steht ; dabei hat es aber
sein Bewenden. Obwohl der Rath 1324 die Rechte der Erb-
vogtei durch Kauf an sich bringt, bleibt das Verhältniss zum
Landesherrn doch unbeirrt, und der Herzog bestätigt den er-
wähnten Kaufvertrag zwischen Rath und Erbvogt, sowie auch
die Veränderungen in der Verfassung des Raths selbst jedesmal
der landesherrlichen Genehmigung unterliegen. Während in den
Reichsstädten die Zusammensetzung des Raths ein Gegenstand
4*
02 Lorenz.
autonomer Entwicklungen g-eworden war, gibt es in einem so
ausgedehnten Gemeinwesen wie Breslau kein Ereigniss in der
Verfassungsgeschichte, auf welches nicht der Landesherr zu-
stimmend oder abweisend Einfluss zu nehmen hätte. Noch König
Wenzel vermochte im Jahre 1406 die freie Rathwahl den
Bürgern strafweise abzusprechen und dieselbe im Jahre 1409
denselben von ,besundern unsern Gnaden' wieder zu gestatten.
Stärker als in der Entwicklung Breslaus vermag man
die Abhängigkeit einer Stadt von der landesherrlichen Gewalt
nicht zur Anschauung zu bringen. Und wenn es noch eines
Beweises dafür bedürfte, dass der Charakter einer Stadt nicht
durch ihre Gerichtsfreiheiten und polizeilichen Rechte, sondern
lediglich durch die Standschaft und die damit verbundenen
politischen Qualitäten des Raths bestimmt wird, so wüi'de man
dies aus jeder einzelnen landeshei-rlichen Anordnung gerade bei
einem so grossen und für Rechts- und Handelsverhältnisse so
eingreifenden Gemeinwesen wie Breslau sich klar machen können.
Doch schliesst die Abhängigkeit einer Landstadt von ihrer
Herrschaft nicht aus, dass in gewissen Momenten nicht auch
eine politische Macht von derselben ausgehen konnte. In
Schlesien führten die Wirren der Hussitenzeit einen Zustand
herbei, welcher leicht die Entwicklung politischer Rechte des
Raths hätte zur Folge haben können. Denn das unzweifelhafte
Besatzungs- und Vertheidigungsrecht ihrer Stadt machte es den
Bürgern zur Pflicht, auch mit andern Städten in gemeinschaft-
liche Verabredungen und Verhandlungen zur Sicherheit des
Landes gegen die Einfälle der Hussiten zu treten. Dadurch
wurde auf dem Wege der Thatsachen in einer Zeit des gänz-
lichen Verfalles der Landeshoheit vorübergehend die Leitung
der Kriegsmacht in die Hände des Raths gelegt, ähnlich wie
man in den nordischen Landstädten Bündnisse und Kriegs-
anstalten wahrnimmt, welche von den Räthen der Städte be-
schlossen worden waren. Allein es liegt nahe den Grund zu finden,
aus welchem sich eine solche politische Thätigkeit der Bürger-
schaft nicht zu behaupten vermochte. Durch die zufälligen
Umstände der Zeiten, war in den) rechtlichen Verhältnisse der
Standschaft dieser Bürger nichts geändert worden, und ihre
Selbständigkeit in Bezug auf die politische Gewalt konnte nur
so lauge Geltung haben, als es an der nöthigen Landesregierung
Ueber den Unterschied von Reichsstädten und Landstädten. 53
fehlte, welche ihre Rechte und Pflichten wahrzunehmen ver-
mochte. Sobald der Ausnahmszustand aufhörte, blieb die Stadt
immer wieder nur das, was sie früher war, denn eine zur
Ausübung politischer Gewalt berechtigende Standschaft war
eben auf dem ang-edeuteten Weg-e nicht zu erlangen, sondern
staatsrechtlich immer nur eine Folge kaiserlicher Privilegirung.
Wie genau und ernst es aber in allen Jahrhunderten mit der
Unterscheidung der Reichsstandschaft und Landstandschaft ge-
nommen worden ist, wird man leicht ersehen, wenn man sich
die Mühe nehmen will, Privilegien für Landstädte zu prüfen,
welche von römischen Kaisern ausgingen, die zugleich Landes-
herren waren, wie Kaiser Ludwig, Karl IV., Sigismund u. a.
Wo diese Kaiser für Landstädte Urkunden, unterläuft nicht ein
einzigesmal die Hinweisung auf eine condicio imperii oder die
Bezeichnung lideles imperii, sondern der landständische Cha-
rakter der Stadt gegenüber der Landesgewalt des zufällig auch
das Reich regierenden Kaisers ist überall sorgfältig ausgedrückt.
Indem wir die voranstehende Skizze in den Hauptresul-
taten unserer Ueberlegung kurz zu resumiren uns erlauben,
dürfen wir es als sicher ansehen, dass der Hauptunterschied
der deutschen Städte des Mittelalters auf der Standschaft
beruhte. Jedoch ergaben sich innerhalb der beiden grossen
Gruppen von Reichsstädten und Landstädten noch gewisse Ab-
stufungen in Betreff der Stellung des Raths, so dass man
eigentlich fünf Classen oder Ordnungen innerhalb der zwei
Gruppen zu unterscheiden vermag:
a) Reichsstädte, deren Räthe ausser der vollen Gerichtshoheit
die politischen Rechte reichsunmittelbarer Stände, volle
Landeshoheit im Laufe der Zeit entwickelt haben und
als Reichsstände privilegirt sind, zerfallen:
1. in freie Städte des Reichs mit nobilitirter Bürger-
schaft und vollständiger Landeshoheit des Raths neben
verfassungsmässig beschränkten Pflichten gegen das Reichs-
oberhaupt;
2. in königliche Städte mit Bürgerschaften im Range
von fideles imperii, mit politisch qualiticirten Rechten des
Ö4 L 0 r e u i.
Raths und ausschliesslichen Dieustespflichten gegen das
Reich,
b) Landstädte, deren Rath nur in Bezug auf Justiz und
Polizei zu voller Autonomie gelangt, deren politische
Rechte ganz oder theilweise vom Landesherrn abhängig
sind. Sie lassen, sich unterscheiden als:
1. freie Landstädte mit voller Gerichtsgewalt und
beschränkten politischen Rechten bei voller Anerkennung
der landeshoheitlichen Rechte der Fürsten und einfacher
Landstandschaft;
2. gemeine Landstädte mit blosser Autonomie des
Raths in Betreff von Justiz und Polizei, entwickeltem
Besatzungs- und Vertheidigungsrecht und einfacher Land-
standschaft ;
3. gemeine Landstädte mit ausschliesslich auf die
Gerichtsgewalt und Polizei bezüglicher Autonomie des Raths
ohne alle politischen Rechte mit Ausnahme der erst all-
mählig eintretenden Landstandschaft.
Wir haben für die vier ersten Classen oder Ordnungen
von Städten die Beispiele besprochen, die fünfte Classe wurde
sogleich hinzugefügt, ohne dass wir dieselbe schon im einzelnen
kennen gelernt hätten. Allein es ist unsere Absicht, eben dieser
letzten Ordnung von Städten unsere Aufmerksamkeit in grösserem
Maasse zuzuwenden und wir beschäftigen uns daher für diesmal
mit den österreichischen Städten etwas eingehender. Hoffentlich
gelingt es aber auf diesem Wege nicht nur den Charakter der
letztgenannten Ordnung genauer zu bezeichnen, sondern auch
durch weitere Vergleichungen auf die politischen Qualitäten
der beiden ersten Ordnungen noch einige neue Streiflichter
zu werfen.
lieber den Unterscliicfl von Keichsstiidton und Latidetädten. 00
III.
Den Ursprung des österreichischen Städtewesens vermag
man hauptsächlich deshalb niclit vollständig aufzudecken, weil
die Besitz- und Grundverhältnisse nach der Wiedererrichtung
der Ostmark ziemlich unsicher erscheinen und selbst die locale
Anknüpfung der neuen Städte an die alten römischen Befesti-
gungen überall ganz unklar ist. Sicher sind aber auch hier
städtische Anlagen auf kirchlichem Grund und Boden verhält-
nissmässig früh vorhanden. Insbesondere war der ausgedehnte
passauische Grundbesitz hiefür entscheidend, und unter Wah-
rung der passauischen Vogteirechte entwickelten sich Eferding
und St. Polten frühzeitig mit Vorrechten des Markts und des
Handels. Enns, welches schon von dem Markgrafen Luitbold
befestigt wurde, kam in den Besitz von St. Florian und unter-
stand dessen grundherrschaftlichem Gericht bis in das 13. Jahr-
hundert. Dass in Tuln noch im 13. Jahrhundert ein Vogtding
vorkommt, lässt ebenfalls auf ursprünglichen kirchlichen Grund-
besitz schliessen ; und man kann im Allgemeinen wohl annehmen,
dass der grösste Theil der Bewohner dieser Orte Eigenleute
der Kirchen waren, durch welche das Land colonisirt wurde.
Von freien Leuten ist jedenfalls bei allen städtischen Verhält-
nissen Oesterreichs wenig zu entdecken, man müsste denn die
im 13. Jahrhundert in Neustadt neben den cives als honorabiles
milites (vgl. Winter, Urkdl. Beitr., XIII, Vorw.) bezeichneten
Bürger auf eine Classe von ursprünglich Freien zurückführen
wollen. Im Uebrigen erscheint die Mark überhaupt vorherr-
schend von dinglich unfreien Grundholden bevölkert und die
grösseren zusammenhängenden Orte werden zunächst nach Hof-
recht behandelt worden sein. Maurer (a. a. O., I. 1*6) rechnet
Enns gleich Freiburg im Uechtlande und Hamburg zu jenen
Orten , welche auf dem Grunde verschiedener Herrschaften
angelegt wurden und als gemischte Städte anzusehen wären. '
Ob aber innerhalb der Stadtmark auch freie Leute neben
den Gotteshausleuten und den herzoglichen Burgmannen hier
wohnten, lässt sich keineswegs feststellen.
' Die Stadt Enns erhielten die Traungauer nachher von Passau zu Lehn,
d. h. doch wohl nur den Antheil Passaus an der Stadtniai'k.
56 Loreliz.
Ganz älmlicli wie in Enns wird man sich nun die Grund-
verluiltnisse in Bezug- auf Wien vorstellen können, obwohl
leider auch hier die Quellen der ältesten Geschichte äusserst
dürftig und ungenügend sind. Nur ist man jetzt wenigstens
durch die Annales Altahenses versichert, dass der Ort bereits,
oder wenn niail will noch bestand, bevor die babenbergische
Herrschaft die Grenzen Noricums überschreitend, unterhalb des
Wiener Waldes in g-esicherter Weise ausgebreitet war. Die
Katastrophe, welcher das Heer Kaiser Konrads II. geg-en die
, Ungarn lOoO unterlag, ereignete sich nach den Altaicher
' Annalen zu Wien. Wie es scheint, hatten die Deutschen unter
1 den alten Befestigungen von Vindobona Schutz gesucht, wurden
' daselbst ausgehungert und von den Ungarn gefangen g-enonimen.
Die Fortexistenz des alten römischen Standlagers wäre damit
jedenfalls bewiesen, und dass man um die Mitte des 12. Jahr-
hunderts sehr bestimmt die Ueberzeugung- heg-te der neue Ort
sei die Fortsetzung' einer römischen Ansiedlung, bcAveist der
bekannte Umstand, dass man auch in Urkunden selten vergass
der römischen Abstammung Wiens zu gedenken, wobei es
natürlich nebensächlich war, dass man dem römischen Ort
unrichtig den Namen Favianae beilegte, ' eine Verwechslung,
welche gegen die wirkliche Fortdauer der römischen Befesti-
gungen im Zusammenhange mit der Stelle der Annales Alta-
henses wohl nichts beweist. Die Frage ist nun aber, wer hatte
die Grundherrschaft in dem alten Orte, als sich die Grenz-
grafschaften bis an die Leitha ausdehnten?
Da hat man nun die älteste und zugleich wichtigste
Verleihung im Viertel unter dem Wiener Walde in Betracht
zu ziehen, welche vom Kaiser Heinrich II. herrührt und welche
wenigstens beweist, dass im Jahre 1002 das Stück von Niedei*-
österreich, in welchem Wien liegt, bereits in festem Besitz
sich befand. Denn die Schenkung des Kaisers an den Mark-
grafen umfasste das Land zwischen der dürren Liesing und
Triesting, ein sehr ausgedehntes Gebiet, welches auch später
den wichtigsten Theil des babenbergischeu Allodialbesitzes
bildete. Da nun in der Schenkungsurkunde zur Vergrösserung
des Besitzstandes des Markgrafen noch ein Gebiet zwischen
' Doch ist zu bemerken, dass die urkuiidliclien Datirungen mit Favie oder
Faviane erst nach der bekannten Notiz Ottos von Freising erscheinen.
Ueter den Unterschied von Reichsstädten und Landstädten. Ö7
dem Kamp und der Marcli angewiesen ist, welches sich dieser
nach Belieben aussuchen durfte, so ist wohl klar, dass das
rechte Donauufer bis zur Einmündung- der Schwechat nicht
mehr als verfügbares Königslaud frei war. ' Dennoch lässt
sich der Beweis herstellen, dass die Babenberger aber auch an
der Wien einigen Allodialbesitz hatten, da Herzog Heinrich H.
anderthalb Jahrhunderte später dem neu errichteten Schotten-
kloster das in der Urkunde von 1158 bezeichnete Praedium in
territorio scilicet Favie ertheilte. Aber die Schenkung erstreckte
sich von dem Burggraben bis zur Einmündung der Als in die
Donau, und bezieht sich also nicht auf die Grundherrlichkeit
innerhalb der Stadtmauern. ^ Wohl aber ist die Erwähnung
eines in der Stadt liegenden Hofes nicht zu übersehen. Aus
diesen Umständen ergibt sich also, dass ein zusammenhängender
Grundbesitz zwischen der Schwechat und der Als nicht vor-
handen war. Die Stadt wurde demnach nicht auf babenber-
gischem Grund und Boden erbaut, sondern die Grundherrschaft
war innerhalb der Stadt wie in den umliegenden Gebieten
getheilt. Zunächst concurrirte mit dem babenbergischen Hof
der Grundbesitz der Kirchen, unter welchen in erster Linie
Passau in Betracht kommt.
Indem man nun aber an die Frage des Passauer Besitzes
in Wien herantritt, sieht man sich auf eine Quelle hingewiesen,
welche nicht ohne einige Zweifel an ihrer Echtheit genannt zu
werden vermag. Im Jahre 1856 veröÖ'entlichte Zappert in den
Sitzungsberichten der Akademie (Bd. 21, S. 399) eine Auf-
zeichnung eines Passauer Hofmeisters, welche von dem Auf-
finder und Herausgeber , Wiens ältester Plan^ genannt wird,
und die ohne Zweifel in der angedeuteten Richtung das grösste
Interesse beansprucht. Wiewohl nun allerdings von keiner Seite
ein ausdrücklicher Zweifel öffentlich ausgesprochen wurde, so
ist es doch auffallend, dass die höchst merkwürdige Aufzeich-
nung, welche dem Anscheine nach vor das Jahr 1156 gesetzt
werden müsste, durchaus unbeachtet gelassen wurde. Eine
endliche Entscheidung thut hier wahrlich noth, und unter allen
' Stumpf, Reichskauzier, II. 1, p. 3!).
2 Hauswirth, Urkbch. Nr. I, wobei die Frage der Echtheit um so mehr ausser
Betracht bleiben kann, als Nr. 11 ebenfalls voraussetzt, dass das predium
ausserhalb der Stadt liegt.
öö Lorenz.
Umständen darf die merkwürdige Quelle für die stadtrechtliche
Seite der Entwicklung- Wiens nicht läng^er unbeachtet bleiben.
Ehe wir in letzterer Hinsicht die sich darbietenden Folgerungen
ziehen werden, mag- es gestattet sein Momente zu berühren,
die sowohl für die Echtheit, wie für die Unechtheit des Plans
sprechen.
Die Herkunft des Zappert'schen Findlings ist nicht so
klar und unbefangen mitgetheilt, als man wünschen müsste.
Das Pergamentblatt, auf welchem sich die merkwürdige Auf-
zeichnung findet, soll als Vorblatt eines dem 15. Jahrhundert
angehörenden Sammelbandes in Quart gedient haben. Die
Bibliothek, aus welcher jener Sammelband stammte, wurde
vom Herausgeber nicht genannt, und über den Codex selbst
fehlen auch sonst alle genauen Nachrichten. Der glückliche
Entdecker war dieselbe Person, welche ohngefähr in derselben
Zeit jenes berüchtigte althochdeutsche Sprachdenkmal auf-
gefunden hatte, das unter dem Namen Schlummerlied bekannt
und von Jafi'e als Fälschung entlarvt wurde. Auf dem Perga-
mentstreifen, welcher das Schlummerlied enthält, sieht man
hebräische Zeichen unter denen erstaunlicher Weise auch ein
Wort vorkommt, Avelches, wenn man will, auch Zappert gelesen
werden kann, und also beweist, dass dem Fälscher eine schalk-
hafte Ader nicht gefehlt hat. An diese fatale Unterschrift des
Schlummerliedes erinnert es, wenn man in dem , ältesten Plan
Wiens' von einer angeblichen Hand des 15. Jahrhunderts die
Bemerkung findet, scatet erroribus. Der Herausgeber will diese
Glosse nur als einen Beweis gelten lassen, dass Dinge dieser
Art in späteren Zeiten wenig geschätzt worden seien und daher
vom Buchbinder verwüstet werden konnten. Wer dagegen miss-
trauisch sein wollte, könnte sich leicht veranlasst sehen, bei
dem scatet erroribus an denselben schalkhaften Fälscher zu
denken, der die Stirne hatte unter das Schlummerlied ein
hebräisches Wort zu schreiben, dessen Zeichen auch Zappert
gelesen werden können.
Gehen wir zu dem Inhalte des ältesten Plans über, so
müssen die nach Gewerben benannten Strassen einigermaassen
Erstaunen erregen. Allerdings liegt der Gedanke sehr nahe, dass
es Schuster und Bogner in früher Zeit in Städten gegeben
habe, und nichts ist natürlicher als die darnach genannten
Ueber den Unteriiehied von Reichsstädten und Landstädten. 09
Strassen als uralt zu denken. Gleichwohl fehlt es an irgend
einem Orte Deutschlands an einem Beispiel, dass es im 11. Jahr-
hundert bereits nach Handwerkern g^enannte Strassen gab. Denn
die Bezeichnung der Strassen nach Handwerkern setzt eine
grosse Entwicklung des Gildenwesens voraus. Und wenn auch
(vgl. V. Maurer, H., 31 ff.) das Zusammenwohnen derselben
Handwerker in einem Stadttheile an vielen Orten und auch in
Wien nachweisbar ist, so scheint doch die Strassenbezeichuung
häufiger an den Bestand von Zunfthäusern zur Voraussetzung
zu haben. Vor allem aber fällt in dem , ältesten Plan' das Vor-
kommen der Goldschmiedgasse auf, Avovon noch im 13. und
14. Jahrhundert sonst wenig Nachweis geliefert werden könnte.
Der Herausgeber des Plans macht geltend, dass die Gold-
schmiedekunst in Wien frühzeitig und in ausgedehntem Maasse
betrieben worden sei, und er scheint geneigt in der Strasse der
Goldschmiede ein früheres Stadium in der Entwicklung der
Hausgenossen zu erblicken.
So sehr nun aber die erwähnten Umstände geeignet sein
mögen, manche Bedenken an der Echtheit des , Plans' wach zu
rufen, so wenig könnte man dieselben für ausreichend ansehen,
um einen wirklichen Nachweis einer Fälschung zu liefern. Denn
das Document als solches liegt nun einmal vor und auf seine
Autorität hin muss man die Goldschmiedgasse für beglaubigt
erklären , da sich ein sicherer Gegenbeweis nicht erbringen
lässt, und mit Gründen blosser Unwahrscheinlichkeit hier selbst-
verständlich nicht gedient sein kann. Ja man darf noch mehr
sagen: Heute ist uns durch die Altaicher Annalen bezeugt,
dass Wien wirklich im 11. Jahrhundert als ansehnlicher Ort
bestand, aber als der , älteste Plan' entdeckt wurde, erregte es
den grössten Verdacht, dass derselbe Umrisse einer Stadt darbot,
welche man höchstens für das Ende des 12. Jahrhunderts für
annehmbar hielt. Sollte ein Fälscher wirklich die Verwegenheit
gehabt haben aus eigener Willkür einen Plan des 11. Jahr-
hunderts zu ersinnen, so war es wenigstens das wunderbarste
Spiel des Zufalls, dass er nachträglich durch die Auffindung
der Altaicher Annalen in seiner Vermuthung so sehr begünstigt
worden ist. Wie die Sache heute liegt, so wird sich schwerlich
ein triftiger innerer Grund gegen die Echtheit des Plans an-
führen lassen, und es ist in der That höchst wahrscheinlich.
bO Lorenz.
dass wir in demselben ein Document aus dem Anfang des 12.
oder aus dem Ende des 11. Jahrhunderts zu erblicken haben.
So lange man nicht positive und beachtenswerthe Gründe gegen
dasselbe beizubringen im Stande ist, muss man dasselbe als
eine Hauptquelle unserer Kenntniss von dem alten Wien im
Auge behalten, und man muss sich wundern, dass es nicht
eifriger commentirt wurde als bisher geschehen ist, und dass
die für die rechtsgeschichtliche Entwicklung Wiens wichtigen
Folgerungen aus dem ältesten Plan bis heute noch von nie-
manden gezogen worden sind.
Der , älteste Plan' beweist, wenn er echt ist, nichts gerin-
geres, als dass es in dem alten Orte getheilte Grundherrlichkeit
gab, und dass sowohl das Bisthum Passau, wie auch der Mark-
graf in Wien Hofrecht besassen. Die alte Markgenossenschaft
war mithin aus einer gemischten Bevölkerung zusammengesetzt,
theils aus Kirchenleuten, theils aus markgräflichen Ministerialen.
Unter dem Schutze des alten römischen Castells hatte sich
ohne Zweifel auch eine Anzahl von freien Leuten erhalten, die
innerhalb der Stadtmauern eigenen Grund besassen und deren
Häuser in dem ältesten Plan unbezeichnet erscheinen. Will
man aus dem Situationskärtchen gewissermaassen einen Rück-
schluss auf das Zahlverhältniss zwischen passauischen Zins-
häusern und freiem Eigenthum gestatten, so lässt sich sagen,
dass sich dasselbe fast das Gleichgewicht hält. Man hat also
in dem Wien des 11. Jahrhunderts ganz und gar dieselben
Elemente vor sich, die man in Basel und Worms in der
ältesten Zeit findet. Gotteshausleute, Freie und Grafschafts-
unterthanen. Aber auch die Verhältnisse des näher gelegenen
Enns lassen sich durchaus mit denjenigen Wiens vergleichen.
Es wird sich daher später sehr leicht erklären lassen, warum
auch in der Ausbildung des Stadtwesens und in der Ent-
wicklung des Stadtrechts ein gewisser Parallelismus zwischen
Enns und Wien eintrat, aber freilich erst in der Zeit wo die
landesherrliche Gewalt zu voller Geltung gelangt war und der
Herzog alle Gerichtsbarkeit in seiner Hand vereinigen durfte. In
der Zeit, in welcher der Plan verfasst sein will, ist von letzterer
Eigenschaft landesherrlicher Gewalt noch nicht entfernt die Rede.
Dagegen war der Markgraf, wie man aus der Uebergabs-
urkunde der Kirche St. Peter an das Bisthum Passau 1137
Ueber den Unterschied von Reichsstädten und Landstädten. 61
ersieht (Meiller, Reg, 3, S. 25), Kirchenpatron, und er verfügte
die Aufrechthaltung- dei" einheitliehen Jurisdiction unter dem
Wiener Kirchenvorsteher (Wiennensis plebani sint regimine),
trotzdem dass St. Peter eine selbständige Pfarre bildete. Für
das passauische Situation skärtchen sehr bezeichnend ist es,
dass die Kirche von St. Peter noch nicht erwähnt erscheint
und die Aufzeichnung daher vor die Zeit der Errichtung und
Uebergabe von St. Peter gehört. Aus dem ausgedehnten Patro-
natsrecht des Landesherrn erklärt sich auch das frühzeitige
Bestreben desselben ein besonderes Bisthum in Wien zu gründen
und von der Diöcesangewalt Passaus unabhängig zu werden.
Aus den im Anfang des 13. Jahrhunderts bekannten Verhand-
lungen hierüber bei dem päpstlichen Stuhle ist uns auch die
Nachricht erhalten, dass das Gemeinwesen von Wien als eines
der hervorragendsten in Deutschland neben Köln beim päpst-
lichen Stuhle bezeichnet werden konnte.
Wie aber die Dinge um die Mitte des 12. Jahrhunderts
zunächst noch standen, so setzte sich die Gewalt des Mark-
grafen aus sehr verschiedenen Factoren zusammen, und war
keineswegs noch eine allumfassende Stadtherrschaft. Nur zum
Theil besass er Hofrechte soweit sein Grundeigenthum in der
Stadt reichte, ausserdem hatte er das Grafschaftsgericht und
den Kirchenpatronat. Wenn, wie im Jahre 1137 der Fall, ein
Bruder des Markgrafen auch Vogt der passauischen Besitzungen
war, so vereinigte sich allei-dings der grösste Theil der Stadt-
gewalten in den Händen des regierenden Hauses. Doch ist ohne
Zweifel auch für Wien der Beginn einer eigentlich landesherr-
lichen Regierung erst von dem Jahre 1156 und von dem
Piivilegium minus zu datiren. Die Uebertragung aller Gerichts-
hoheit auf den österreichischen Herzog veränderte die Stellung
desselben, wie sich von selbst versteht, gerade an solchen Orten
am meisten, wo gemischte Verhältnisse, eine gemischte Bevöl-
kerung, gemischte Gerichtsgewalten bestanden. Indem der
Gerichtsbann nach dem Privilegium minus für jeden Richter
im ganzen Lande vom Herzoge ausging, war ein Fortschreiten
der richterlichen Gewalt innerhalb der Städte von nun an
nur auf dem Wege der Privilegirung dui-ch den Landesherrn
möglich, d. h. alle städtische Gerichtsbarkeit wurde von dem
österreichischen Herzog abhängig. Man kann daher sagen, dass
02 Lorenz.
hauptsüclilich schon durch das FriviIeo;ium minus die land-
städtische Entwickhing der ummauerten Orte in Oesterreich
bedingt und vorgezeichnet worden war. Hiedurch wird es nun
auch erkhirlich , dass die Bürgerschaft der österreichischen
Städte erst zu einem besondern Gerichtsstand gelangen konnten,
nachdem die volle Gerichtshoheit in der Hand des Plerzogs als
Landesherrn vereinigt war.
Die Grundlagen des städtischen Wesens waren durch die
Landeshoheit gegeben aber durch dieselbe auch haarscharf
begrenzt. Für die Entwicklung des bürgerlichen Gerichtsstandes
wäre es aber als das wichtigste Moment zu betrachten, wenn
man die Zeit sicher zu bestimmen vermöchte, in welcher zuerst
die Ausscheidung der cives, burgenses, urbani, die als solche
schon im 12. Jahrhundert genannt werden, aus der Jurisdiction
der Landrichter stattgefunden. Johann Tomaschek hat in seinem
hochverdienstlichen Urkundenbuch der Stadt Wien in der Ein-
leitung, S. IX ff., nicht unwahrscheinlich zu machen gesucht,
dass die Einsetzung von Stadtrichtern an manchen Orten und
besonders in Wien selbst schon vor der Verleihung umfassen-
derer Stadtrechte möglich wäre. Und ebenso muss man es für
eine ansprechende und sehr wahrscheinliche Annahme Toma-
schek's erklären, dass schon vor dem Ennser Stadtrecht Wien
im Besitze einer ausgedehnteren Aufzeichnung seiner Rechts-
satzungen gewesen sei. Darnach konnte Tomaschek es auch
fast als gewiss hinstellen, dass nicht das Ennser Stadtrecht
Quelle des Wiener geworden sei, sondern dass ein Theil der
Wiener Statuten von 1221 in ihrer früheren aus älterer Zeit
stammenden Fassung dem Ennser Privilegium von 1212 zu
Grunde gelegen hätte. Tomaschek konnte dabei auf eine bisher
geringgeschätzte Notiz des W. Lazius hinweisen, nach welcher
Wien im Jahre 1198 mit einem Stadtrecht bewidmet worden wäre,
welches sich theilweise mit demjenigen von Enns vom Jahre
1212 berühren würde. Auf alle Fälle hat die Schlussfolgerung
Tomaschek's in der Hauptsache sehr viel einleuchtendes, wenn
man auch in der Mittheilung der Statuten durch Lazius schwer-
lich eine haltbare Grundlage für den wirklichen Inhalt des
ältesten Stadtprivilegiums erblicken wollte.
Gehen wir nun an die Betrachtung des Leopoldinischen
Stadtrechtes selbst, so können wir uns nach der von Tomaschek
Ueber den Unterschied von Ueichsstidten und Landstädten. 63
S. XVIT g-egebenen Analyse darüber ganz kurz fassen, denn
alle Hauptmomente der iu der Urkunde zu Tage tretenden
Gerichtsverfassung der Stadt sind hier auf das trefflichste
hervorgehoben worden. Doch wollen wir auch für den Gang
unserer Erörterungen besonders im Auge behalten, wenn es bei
Tomaschek heisst: ,Das Bürgerthum ist daher noch weit entfernt
die Staudesunterschiedc auszugleichen, die persönliche Freiheit
der Bürger, geschweige denn ihi'e Rechtsgleichheit herbeizu-
führend Beachtenswerth scheint ferner zu sein, dass das Privi-
legium Standesunterschiede voraussetzt, welche sicli nur aus
den älteren Verhältnissen einer grundherrschaftlich durchaus
gemischten Bevökerung erklären werden. Die Einsetzung eines
landesfürstlichen Stadtrichters war gegenüber den Freien und
gegenüber den Kirchenleuten der alten Stadt zugleich ein
Moment der zunehmenden Landeshoheit des Herzogs und ein
Resultat seiner aus dem Privilegium minus gewonnenen ein-
heitlichen Gerichtsgewalt. Denn der von dem Herzog mit
absoluter* Selbständigkeit eingesetzte Judex hat alle Merkmale
eines reinen Beamten an sich und behielt auch in späterer Zeit
diesen Charakter bei, wie sich noch zeigen wird.
Für die politische Seite der städtischen Entwicklung steht
die Frage über die Ausbildung und Bedeutung des Raths im
Vordergrund. Aber von einem solchen Eath ist eigentlich im
Leopoldinischen Stadtrecht überall nicht die Rede, und mit
einer grossen Aengstlichkeit ist auch jener Ausdruck vermieden,
welcher für den Bestand von Räthen sonst maassgebend ist.
Keine Consules, auch nicht scabini erscheinen im Leopoldini-
schen Stadtrecht; es ist vielmehr eine sehr Avohlwollende Auf-
fassung der Sache, wenn Tomaschek im Art. 28 die ersten
Ansätze einer Theilnahme der Bürger an der Regierung (!) der
Stadt erblicken will. In der Urkunde heisst es: ut civium,
qui prudentiores in civitate inveniri poterunt, juramento con-
firment, quod disponant de mercatu et de universis, que ad
honorem et utilitatem civitatis pertiuent. Es handelt sich also
lediglich um Marktaufsicht und Ortspolizei; auch die Ver-
gohungen gegen die Anordnungen dieser Geschwornen richten
nicht die Bürger selbst, 'sondern der landesherrliche Richter.
Dies ist also ein sehr dürftiger Anfang zu jenen Rechten,
welche überall im , Reiche' der Rath bereits im 13. Jahrhundert
64 Lorenz.
erlangt hatte. Sollte man die Stellung des Richters der Stadt
charakterisiren, so wäre es vielleicht nicht unzutreffend^ wenn
man denselben als einen vom Herzog für die Stadtmark beson-
ders delegirten Landrichter bezeichnen würde. Auch bei den
Bussgeldern bleibt die herzogliche Kammer nach wie vor dem
Stadtrecht betheiligt und die Bürgerschaft leistet dem Landes-
herrn Kriegsdienste. Die städtische Entwicklung, wie sie sich
durch das Leopoldinische Stadtrecht darstellt, bietet in poli-
tischer Beziehung nicht etwa einen Gegensatz gegen die Aus-
bildung der Landeshoheit, wie dies in den Bischofsstädten
besonders scharf zu Tage kommt, sondern das österreichische
Bürgerthum dient als Stütze der landesfürstlichen Gewalt und
vermehrt und befördert dieselbe.
In diesem natürlichen Gang der Dinge trat jedoch eine
Unterbrechung ein, als Herzog Friedrich H. gegen den Kaiser
Friedrich IL sich auflehnte und der letztere zu der denkwür-
digen Besetzung Oesterreichs im Jahre 1237 geschritten war.
Seine Politik gegenüber den österreichischen Städten kann wohl
keinen Augenblick missverstandeu werden. Indem er dieselben
der Botmässigkeit der landesfürstlichen Gewalt zu entziehen
suchte, schuf Kaiser Friedrich IL einen Zustand, der dem-
jenigen der Reichs- oder Königsstädte der gleichen Zeit auf
das genaueste entsprach. Er erklärte die Bürger für reichs-
unmittelbare Leute, fideles imperii, nahm sie in den Schutz und
unter die Hoheit des Reichs, nobis et imperio iudissolubiliter
alligarunt, machte den Stadtrichter zu einem Reichsbeamten,
und wählte denselben mit Beirath der Bürger jahrweise. Hier
wird zuerst das consilium civium erwähnt, der Kaiser ist es,
welcher alle Einwohner der Stadt als Freie erklärt, und
die Kriegsverpflichtuugen derselben lediglich auf das Reich
bezieht, welchem sie nur soweit zu dienen gehalten sind, dass
sie innerhalb eines Tages ausziehen und zurückkehren können.
Die ersten Elemente einer freien Rathsverfassung waren somit
gelegt. Auch wurde der Bestand des Raths (consilium), wie
es scheint, nicht wieder ganz aufgehoben. Nur die Reichsfreiheit
vermochte sich weder jetzt noch später zu behaupten.
Schon Herzog Friedrich H. berfutzte die Entfernung des
Kaisers, um das Privilegium von 1237 trotz aller Strafsanctionen,
die sich direct auch gegen die herzogliche und markgräfliche
Ueber den Unterschied von Reichsstädten und Landstädten. 60
Gewalt ricliteteii, zu durchbrechen. Das Stadtrecht von 1244
drückt den Rath in die Stelhmg herab, die er unter Leopold VI.
erhalten, und kennt bloss 24 g-eschworne Bürg-er, welche für
Markt- und Ortspolizei sorgen, wie dies in dem landesherrlichen
Privileg von 1221 auch bestimmt Avar. Aber die Erneuerung
der Reichsfreiheit und der Rathsrechte durch den Kaiser im
Jahre 1247 und die Anerkennung der gleichen Freiheiten durch
Ottokar von Böhmen machten es möglich, dass der von dem
Kaiser eingesetzte Rath eine gewisse Entwicklung zu nehmen
vermochte.
Es scheint hier überflüssig zu sein, nach dem, was schon
anderer Orten über die Stellung Wiens unter der Regierung-
Ottokars bemerkt wurde, nochmals auf die Ursachen zurück-
zukommen, welche bewirkten, dass die Städte in Oesterreich
der böhmischen Herrschaft besonders zugethan blieben, auch
nachdem die Reichsgewalt durch König Rudolf wiederhergestellt
wurde. Doch mag es gestattet sein, einiges davon zu wieder-
holen.
Dr. Winter (Urk. Beitr., S. XII) berührt zwar nicht mit
Rücksicht auf Wien, aber in Bezug auf den ganz analogen
Fall der Neustädter Privilegien den Umstand, dass durch
Ottokar von Böhmen in derselben Urkunde, in deren Prooemium
die Unterwerfung unter die Landeshoheit ausdrücklich consta-
tirt ist, ein kaiserliches Privileg vollinhaltlich inserirt und
bestätigt wird, in welchem gleichzeitig die Reichsfreiheit zu-
gesichert wurde. Winter meint, dass eine solche Erscheinung
wohl nur aus einer Nachlässigkeit der Kanzlei erklärt werden
könne. In der That lässt sich aber auch noch ein anderer
Grund dafür anführen. Die wesentlichen Punkte in dem kaisei'-
lichen Pj-ivilegium Friedrichs IL waren die Stellung des Raths
und der Antheil der Bürger an der Einsetzung des Richters.
In dieser Beziehung konnte auch der König von Böhmen oder
der Landesherzog den Wünschen der Bürgerschaft entgegen-
kommen, wenn er sich auf den Standpunkt des kaiserlichen Ver-
leihers des Privilegiums stellte und auf diejenigen Rechte als
Landesherr verzichtete, welche aus den babenbergischen Stadt-
rechten der Landeshoheit zufielen. Gewiss ist Dr. Winter in vollem
Rechte, wenn er auf den Widerspruch zwischen der Landes-
hoheit und der Reichsunmittelbarkeit aufmerksam macht, der
Sitzungsber. d. phil.-hist. Cl. LXXXIX. Bd. I. Hft. 5
66 Lorenz.
in den Ottokarischen Privilegien theoretisch unvermittelt vor-
liegt. Aber im praktischen Leben wurde dieser Gegensatz
durch die Stellung des Kaths ausgeglichen. Wie in den Reichs-
städten und besonders in den bischöflichen der Rath eine
selbständige Stellung in der Mitte des 13. Jahrhunderts that-
sächlich inne hatte, während das rechtliche Verhältniss zur
Landesherrschaft die mannichfaltigsten Deutungen zuliess, wie
ferner auch noch in spätem Zeiten die volle Freiheit der Stadt
und die alte übliche Landeshuldigung in den meisten Bischofs-
städten neben einander fortbestanden, so war es unter den
ausserordentlichen Verhältnissen der Ottokarischen Zeit möglich,
dass die Bürger der österreichischen Städte einerseits huldigten
und andererseits die durch das kaiserliche Privileg von 1237
gewährte Freiheit genossen. Es war also unter König Ottokar
ein Zustand wie er später in Braunschweig bestand, und ist
das thatsächliche Verhältniss nach unserem oben aufgestellten
Schema b, 1. zu beurtheilen. Die Reichsstandschaft war den
Bürgern durch die thatsächlich erfolgte Huldigung genommen,
aber die Rathsfreiheit, welche das Fridericianum geschaffen, war
ihnen geblieben. Es ist klar, dass sich unter diesen Umständen
das Bewusstsein der Büi-gerschaft auch schon ziemlich rasch
entwickeln konnte, zumal der ständige Aufenthaltsort Ottokars
von Böhmen nicht in Wien war und die Eingriffe der Landes-
gewalt, welche aus der sattgehabten Huldigung jederzeit statt-
finden konnten, nicht gerade so unmittelbar drohten, und wie
es scheint in der That nur selten oder gar nicht empfunden
wurden.
Leider sind die Nachrichten über die innern Zustände der
Städte in der Zeit König Ottokars nicht umfassend genug, um
ein vollffenüo-endes Bild der Wirksamkeit des Raths aufzustellen.
Aber eines ist gewiss: wenn es dem Rathe einmal gelang seine
thatsächlich geübte Stellung dadurch zu befestigen, dass ihm
die Reichsstandschaft zu Theil wurde, so war nach der Epoche
des Literregnums in Deutschland eine Entwicklung eines freien
Stadtwesens möglich, welches sodann eine vollkommene Ana-
logie zu den im obigen Schema unter a, 1. bezeichneten Städten
gebildet haben würde.
Die Frage, welche sich daher nach der sogenannten
Wiederherstellung des Reichs durch Rudolf I. für die Städte
Ueber den Uiiterscliied von Reichsstädten und Landstädten. O (
und insbesondere für Wien erhob, gipfelte ausschliesslich
darin, ob Reichsunmittelbarkeit und Reichsstaudschaft oder
Landstandschaft und herrschaftliche Abhängigkeit eintreten
würde. Gegenüber diesem Lebensprincipe des Städtewesens
steht jede andere Betrachtung zurück, und das Vorhandensein
einer starken reichsstädtischen Rathspartie unter Paltram gehört
daher zu den allereingreifendsten und wichtigsten Erscheinungen
der gesammten Stadtgeschichte von Wien. Wer diesen Umstand
auch nur einen Augenblick vergessen oder verkennen würde,
von dem müsste man sagen, dass ihm das Wesen der städti-
schen Entwicklung und der städtischen Kämpfe im letzten
Viertel des 13. Jahrhunderts nicht ganz deutlich wäre.
Bekanntlich ist nun der Umstand, dass wir keine volle
Klarheit über das urkundliche Material besitzen, welches mit
der Geschichte Rudolfs I. und seines Sohnes Albrecht in Wien
zusammenhängt, einigermaassen störend für die richtige und
leichte Erkenntniss der Entwicklung, indessen liegen doch
gewisse feststehende Thatsachen vor, aus denen der Ernst und
die Hartnäckigkeit der Situation vollkommen deutlich hervor-
geht und welche man sich gegenwärtig halten muss: 1. Die
Unterwerfung Wiens durch Rudolf I. im Winter von 1276/77;
2. der Widerstand und Aufruhr gegen denselben im Sommer
1278; 3. der Widerstand gegen Albrecht von 1283—1288;
4. die erzwungene Huldigung des Raths von 1288 ; ä. der grosse
Aufruhr der e-anzen Stadt, welchen die Reimchronik beschreibt
und dessen chronologische Einreihung nicht leicht möglich ist ;
6. die Unterwerfunc^ unter die Landeshoheit im Jahre 1296.
Alle diese Thatsachen, welche so sicher stehen, dass man sie
bei einer blossen Untersuchung auf das urkundliche Material
hin, als selbstverständlich voraussetzen konnte, beweisen klar,
welche gewaltige Bewegung durch zwanzig Jahre hindurch die
Frage der Rathsfreiheit und Reichsstandschaft in Wien ver-
ursacht hatte. Es wird später unsere Aufgabe sein, das Resultat
dieser Kämpfe zu charakterisiren. Vorläufig sei es gestattet,
auf jene urkundlichen Zeugnisse hier nochmals zurück zu
kommen, welche für die Beziehungen Wiens zum König
Rudolf I. maassgebend sind.
68 Lorenz.
IV.
Die beiden Urkunden, welclie vom König- Rudolf der
Stadt Wien ertheilt worden sind, wurden in frühem Jahren
zum Theil für unecht erklärt. Kamhafte Forscher, wie Böhmer,
konnten sich mit dem Gedanken nicht vertraut machen, dass
Rudolf I. eine die Reichsstandschaft gewährende Urkunde der
Stadt Wien in einem Augenblicke ausgestellt haben sollte, wo
er mit dem Gedanken umging, seinen Söhnen Oesterreich zu
verleihen. Allein die Umstände waren stärker als der Wunsch
des Königs, und dass Rudolf der Stadt Wien wirklich die
Reichsstandschaft gewährte, kann als ein Resultat der Forschung
betrachtet werden, welches heute allgemein anerkannt und
angenommen ist. Die thatsächlichen und urkundliclien Zeug-
nisse für die Privilegirung Wiens als Reichsstadt durch König
Rudolf sind so überwältigend, dass wir es immer als etwas
auffallendes angesehen haben, wie man an der einfachen That-
sache in der angeführten Richtung zweifeln könnte. Wohl aber
musste man es Böhmer zugestehen, dass die Form, in welcher
uns die angebliche Urkunde Rudolfs I, überliefert ist, durchaus
nicht mit dem verloren gegangenen echten Original gleichlautend
sein kann, und es scheint auch heute noch nichts stichhältiges
zur Rettung dieser Form beigebracht worden zu sein, ja wenn
man genauer zusieht, so müsste erst die Frage entschieden
werden, welche Ueberlieferung als die echte zu betrachten sei,
da die handschriftliche P'orschung das Resultat ergibt, dass
das, was als Rudolfinisches Privilegium sich ausgibt, in ver-
schiedenen Formen vorliegt, ja einen sehr verschiedenen
Inhalt zeigt.
Hier ist nun in erster Linie auf den Unterschied auf-
merksam zu machen, welcher sich in der Fassung des Wiener
Stadtbuchs darin zeigt, dass einer der wichtigsten Artikel, näm-
lich der über die Verurtheilung Paltram's in dieser Ueberlieferung
weggelassen ist, wodurch allerdings gewisse Schwierigkeiten
behoben werden könnten, welche sich durch die in andern
Abschriften vorkommenden Zeugenunterschriften ergeben. Es
ist aber klar, dass der Artikel über Paltram gewiss nicht will-
kürlich in eine Anzahl anderer Abschriften aufgenommen
sein kann, und es mnss daher sein Bewenden dabei haben,
Ueber den Unterschied von Reichsstädten und Landstädten. 69
dass die Abschriften, welche den Artikel mittheilen, vorzuziehen
sein werden. Wie soll man nun aber den Widerspruch er-
klären, der zwischen den Zeugenunterschriften und dem Vor-
kommen des Artikels über Paltram besteht? Tomaschek und
Ficker (Urkundenlehre I, S. 252, und 11, S. 490) suchen die
Schwierigkeit dadurch zu beseitigen, dass sie zwischen Actum
und Datum der vorliegenden Urkunde einen Unterschied con-
stituiren, der zwar in den Abschriften nicht ausgedrückt ist,
dessen Möglichkeit aber von einem formalen diplomatischen
Standpunkt aus, gewiss leicht zuzugeben wäre. Das Datum
der angeblichen Urkunde ist in allen Abschriften auf den
24. Juni gesetzt. Das Actum müsste allerdings erheblich früher
erfolgt sein, da der Bischof Leo 24. Juni 1278 längst todt
war. Man konnte aber nicht verkennen, dass das actum der
Urkunde das actum der Verurtheilung Paltram's voraussetzte
und da diese Verurtheilung erst nach dem Tode Leos erfolgte,
so ist es klar, dass Leo weder bei dem actum noch bei dem
datum anwesend war. Aber wer einmal nach Auskunfts-
mittelchen sucht, findet sie überall ; man glaubte also bemerken
zu können, zur Zeit der Ertheilung des reichsstädtischen Pri-
vilegiums, wo Leo anwesend war, actum, wusste man von der
später erfolgten Verurtheilung Paltram's noch nichts, und daher
war auch damals noch nicht von dem Artikel die Pede ; als
man aber die Urkunde hinausgab, benutzte man die Zeugen
des Actum und fügte die Verurtheilungsformel bei. Allein eine
solche Vorstellung von dem Hergange der Sache enthält einen
noch grösseren Widerspruch als alles übrige. Denn bekanntlich
empörten sich Paltram und seine Söhne, weil Rudolf die Reichs-
freiheit und Rathsrechte nicht bestätigt hatte ; weil sie sich
empörten, wurden sie verurtheilt und weil ihre Verurtheilung
zu einer Bedingung der Ertheilung des reichsstädtischen Privi-
legiums gemacht wurde, darum konnte auch das Privilegium
nicht vor der Zeit der Verurtheilung ertheilt sein. Wäre das
actum zur Zeit als Leo von Regensburg lebte bereits vollzogen
gewesen, so brauchten sich offenbar die AVieuer nicht zu
empören und Paltram nicht verurtheilt zu werden. Es ist wohl
klar , dass unter diesen Umständen der rasch aufgegriffene
Schlüssel der neuesten diplomatischen Forschungen auf den
vorliegenden Fall in keiner \A'eise passt. Das reichsstädtische
70 Lorenz.
Privilegiuni Rudolfs I. ist weder actum noch datum vor dem
24. Juni 1278, und es ist daher niemals von Leo von Regens-
burg" bezeugt worden.
Auch mit der Zeugenschaft eines andern Mannes, des
Stephan von Meissau, der als Marschall von Oesterreich unter-
zeichnet ist, hat man sich viel gequält, weil er zur Zeit als
Leo lebte noch nicht Marschall war, aber in diesem Punkte
hätte man sich die Arbeit leicht ersparen können, wenn man
alle Abschriften der angeblichen Urkunde sorgfältig verglichen
hätte, denn Stephan von Meissau wird in dem Lübecker Codex,
von welchem gleich nachher zu sprechen sein wird, gar nicht
genannt; die Schwierigkeit, die er den Vertheidigern der vor-
liegenden Form der Urkunde gemacht hat, behebt sich demnach
von selbst und es ist vielleicht gar nicht nöthig über diesen
Fall diplomatische Conjecturen anzustellen, ob die Kanzlei ein
nachträgliches Zeugenavancement auch in ihrer Schlussredaction
berücksichtigt haben dürfte oder nicht. Wir können unserer-
seits nur bemerken: es ist zwar richtig, dass die bei der
angeblichen Urkunde Rudolfs genannten Zeugen sowohl im
einzelnen, wie zusammen sehr häufig genannt werden, aber nur
im Jahre 1277 und nicht 1278 ; keineswegs ist es aber gestattet
dieser Zeugen wegen die Ertheiluug der Reichsfreiheit um ein
Jahr vorzuschieben, weil das Actum gerade der Urkunde nur
in der zweiten Hälfte Juni möglich ist, datum und actum also
nach der richtigen Ueberlieferung aller Codices zusammenfallen
und wirklich zum 24. Juni gehören.
Gegenüber der Thatsache nun, dass König Rudolf I. am
24. Juni 1278 den Wienern ihr altes reichsstädtisches Privi-
legium bestätigt und wesentlich gemehrt hat, ist die Frage ob
die Form, in welcher wir es überliefert erhalten haben echt
sei, von der ausserordentlichsten Geringfügigkeit, dennoch aber
erfordert die Genauigkeit auch diese Frage zur Entscheidung
zu bringen. Wo man aber von einer Urkunde kein Original
mehr besitzt, dort wird man vor allen Dingen nach den Ab-
schriften zu sehen haben. Wir stellen das uns hierüber zu
Gebote stehende Material jetzt kurz zusammen.
1. Handschriftlich un])ekannt ist heute die Ueberlieferung,
welche Lambacher seiner Zeit einem W^iener-Neustädter Codex
entnahm.
I
üeber den Unterschied von Reichsstädten und Landstädten. 71
2. Der Wiener Hof bibliotheks-Codex Nr. 352 zuerst von
Böhmer schon in den Regesten Friedrichs II. Nr. 890, S. 173,
auch mit der richtigen Nummer (Salisb. 416) ganz genau an-
geführt, jetzt von Tomaschek, Geschq. I. 51, abgedruckt.
3. Abschrift des Eiseubuchs der Stadt Wien, von Toma-
schek a. a. O. benützt.
4. Papierhandschrift der Lübecker Stadtbibliothek aus
dem 15. Jahrhundert, von Tomaschek a. a. O. erwähnt, aber
nicht mitgetheilt, weshalb wir die Varianten nach der gütigen
Mittheilung des Herrn Dr. Mantels' in Lübeck, dem w^ir die-
selben verdanken, in die Anmerkung verweisen. -
' Die folgende Collation bezieht sich auf den Text von Tomaschek, Geschq. I.
51 — 57. Universis imperii Eomani, ■ — ad «ituicionem — condit; ex dis-
pensatione — humih'a;! ac factuosas. — Nach subditorum folgt als Art. 1
bereits Rubrum : Ut cives et civitas sint sub perpetua defensione prin-
cipum — indissolubiliter aZ^igarunt — nos,tri interest priuilegiis decoratum
— muniautur. Ruhr. : Ut singulis annis iudex constituatur communicato
consilio eciam ciuium — reges imperatores — communicat — consih"«7)i
— vel alicuius successoris nostri vel sua — voluntate. Ruhr.: Ut nuUus
ciuium cogatur ad aliquod seruicium bellicum nisi ut infra — solis i?igredi
permittantur. Ruhr. : Ut nuUus judeus habeat officium — ac pristinis tem-
poribus inc?!/xerit. — Rubr. : Ut tantum ciuis contra ciuem habeat testificare
nisi in causis ut patebit — Jura et prodente ciuitatis ■ — ciues et extra-
neos. — Das nächste Rubr. ist durchstrichen — si septima — se poterit
subjecto. — Rubr. : Hec est potestas ad scolarum regimen Wienne ad
sanctum Stephanum — Volumus et comode — per quid — ut alios
doctores — militaris vel alterius ut prtia,cl\ixn est — pro ciuibus a con-
ciuibus Äabiti fuerint. — Rubr. 7 und 8 fehlen ad imperii torrentis.
Rubr. 9 fehlt, sublimium vel humilium fehlt, vel criminalibus bis mixtis
fehlt. Wiennensis fehlt, et feodis de quibus feodi dominus judicabit
(richtiger) — salutis. — Rubr. 10 und 1 1 fehlt: conservare stricte strictius —
Bei Teneantur eciam beginnt das Rubr. 12 ohne Ueberschrift.
Art. 13. Rubr. fehlt accio et tractatus — coram ipsis — honori pro-
fectui — Visum erit — prestabunt in futuro — contentu nostre gracie
teneant. — Rubr. 16 und 17 fehlen. Mandamus eciam, quod — rebus
astare debeant et persona — Rubr, ohne Aufschrift. — Rubr. 19 und alle
folgenden fehlen.
Art. 24: MuncÄrmanschaft. — Art. 27: predictis nostris civibus.
Art. 28 fehlt. Art. 29: T-Terhardimi statt Eberh. bonis ipsorum fisco nostro
addiclis — exherec^jtatis — Wiennensem uel ad bona —
Art. 35 : attemptare non presumpserit —
Testes huius rei sunt Hertnidus de Wildonia marachalciis
Stirie, Heirandus de Wildonia, dagegen fehlt Otto de Haselowe judex
Austrie generalis; ferner fehlt Stephanus de Meissawe, marschalcus Austrie
i2 Lorenz.
5. Endlich ist, wenn auch nicht als eigentliche Abschrift,
so doch von grösster Wichtigkeit die P'ormel anzuführen, welche
sich im Baumgartenberger Formelbuch, Baerwald Fontes rer.
austr. XXV., S. 83., vg-1. meine deutsche Gesch. II., 670, 671,
findet, und deren Bedeutung- besonders darin liegt, dass sie
einige Anhaltspunkte zur Aufklärung- der in der Ueberlieferung
vorhandenen Verwirrung zu geben vermag-.
Charakteristische Unterscheidungen der handschriftlichen
Ueberlieferung sind : Eintheilung in Rubriken, Ueberschrit'ten
derselben, Auslassung von Artikeln, Auslassung aller Zeugen,
Auslassung einiger Zeugen. Ohne Rubriken und Ueberschriften
scheint die Handschrift Lambacher's gewesen zu sein, und
würde also dem Original am nächsten gestanden haben. Alle
andern Ueberlieferungen haben rubricirte Ueberschriften, welche
bei Lübeck und Wien 352 sehr wesentlich von einander ab-
weichen. Da nun aber nicht sicher ist, ob Lambacher die
Rubriken nicht aus eigener EntSchliessung fortgelassen, so kann
man nur sagen, dass es überhaupt keine Abschrift gibt, welche
das Original sicher und unverändert wiedergeben würde. Unter
allen Umständen ist mau mithin darauf angewiesen , den
ursprünglichen wörtlichen Inhalt der Urkunde zu reconstruiren,
beziehungsweise den Text des Originals erst auf dem Wege
kritischer Methode festzustellen. Von einfacher Reproduction
des angeblichen Originals ist heute nach dem Stande des vor-
liegenden Materials überhaupt nicht die Rede. Am wenigsten
maister Chuur(at) predilectus fidelis noster. Die Schreibiuig der Orts-
und Personennamen zeigt übrigens einen wesentlich veischiedenen Dialekt.
Im übrigen bemerkt Herr Dr. W. Mantels, dem wir die sorgföltige Colla-
tioii zu verdanken haben, dass von den kleineren Varianten abgesehen
wurde. Verglichen mit dem Abdruck von Lambacher zeigt der Lübecker
Codex einen engereu Anschluss an die Abschrift des Codex der Wiener
Hofbibliothek und den darauf basirten Text von Tomaschek, von dem
er sich aber doch noch so sehr entfernt, dass eine gemeinsame Vorlage
nicht vorauszusetzen ist. Gewisse Verwandtschaft zeigt sich auch mit
dem Eisenbuch der Stadt Wien, und es wäre überdies möglich, dass die
Rubriken-Ueberschriften des Lübecker Codex von einem Bearbeiter her-
stammen, welcher die kurzem und gedrungenen Ueberschriften des Cod.
Vind. noch nicht kannte, und mithin stammte die Lübecker Abschrift
aus einer altern Familie der Handschriften als das Eisenbuch und der
Cod. Vind. Da.«,"« eine kritische Reconstruction des Textes der Urkunde
auch heute nicht überflüssig sein würde, ist wohl klar.
Ueher den Unterschied von Reiehsslädten und Landstädten. 73
wäre raan im Stande der Ueberlieferung' des Wiener Eisen-
buchs zu folg-en, welches den Artikel über Paltram und die
Zeugen, sowie das Datum gänzlich fallen Hess. Desgleichen
vermag- die deutsche Uebersetzung des Eisenbuchs, welche
dieselben Älängel hat, gewiss nicht als Grundlage des wahren
Textes angesehen zu werden, und auch Tomaschek glaubte bei
der neuesten Publication der Urkunde, wenigstens- von dem
lateinischen Texte des Eisenbuchs absehen zu sollen. Wie es
scheint hält er den Text des Wiener Codex 352 als den
authentischen, ohne jedoch die Gründe dafür anzugeben, denn
dass die Abschrift noch dem 13. Jahrhundert angehört, ist
durchaus unsicher und könnte auch nicht als entscheidendes
Moment dafür gelten, dass ihr Text der richtigste und sicherste
sein müsste. Vielmehr wird der Schluss gestattet sein, dass
alle jene Abschriften, welche rubricirt und mit mannigfachen
Ueberschriften versehen sind, bereits eine abgeleitete Quelle
voraussetzen lassen. Keiner von den Abschreibern, die uns die
angebliche Urkunde Rudolfs überliefern, hat das Original vor
sich gehabt, sondern sie setzen alle eine Arbeit voraus, bei
welcher das Original schon eine mannigfaltige Umgestaltung
erfahren hatte. Dadurch erklärt sich nun auch, dass die Form
der vorliegenden Urkunde mehr als mangelhaft erscheint und
in einigen Punkten Zweifel erregt, welche zur Zeit keines-
wegs als behoben betrachtet werden dürften.
Das von dem Könige Rudolf angeblich gegebene Ver-
sprechen, er wolle nach stattgehabter Kaiserkrönung die Urkunde
neu und unter kaiserlichem Insiegel ausfertigen lassen, hat in
den diplomatischen Gebräuchen der Rudolfinischen Kanzlei kein
Beispiel für sich ; denn wenn zur Rechtfertigung der Formel
auf jenes Schreiben Rudolfs I. vom 25. April 1278 hingewiesen
wurde, worin der König sagt, er wolle seinen Sohn Hartmann
zum römischen Könige wählen lassen, wenn er selbst werde
mit dem kaiserlichen Diadem geschmückt sein, so kann man
hierin . wohl nur scherzweise eine Analogie erblicken. Dass
hingegen von Rudolfs Kanzlei auch ohne Kaiserkrönung Gold-
bullen ausgegeben wurden, ist nicht nur durch einen Fall wie
etwa (Böhmer, Reg. 109), sondern mehrfach sicher zu stellen.
Wie die Zeugenunterschriften auf eine bis jetzt nicht ermittelte
Weise fälschlich unter die Urkunde vom 24. Juni 1278 gerathen
74 Lorenz.
sind, so ist auch die erwähnte Sanctionsformel einem Vor-
gang zu verdanken, welcher eine Umarbeitung des Originals
voraussetzt.
Wie nun aber die schwankende handschriftliche Ueber-
lieferuug den Beweis gibt, dass das Original der Urkunde in
der uns vorliegenden Form nicht treu wiedergegeben ist, so
besitzen wir jetzt auch einen positiven Beweis dafür, dass in
der echten Urkunde Rudolfs Artikel enthalten waren, die sich
in der Ueberlieferung nicht vorfinden, denn Schuster hat in
seiner trefflichen Ausgabe des Wiener Weichbildrechtes, Art. 90,
S. 94, die in der That schöne Entdeckung gemacht, dass der
dort aus dem Original- Privilegium angezogene Text über
, Ebenteuer', in den uns bekannten Ueberlieferungen gänzlich
mangelt.
Bei einer so vollständig unzureichenden Ueberlieferung
des Originaltextes des reichsstädtischen Privilegiums wii'd man
nun nicht wohl geneigt sein, den Mangel einer entsprechenden
Eingangsformel in dem Rudolfinum als gerechtfertigt anzusehen,
und wenn wir in einer früheren Abhandlung schon darauf hin-
gewiesen haben, dass die Bestätigungsformel der zweiten Ru-
dolfinischen Stadtrechtsurkunde schlechterdings nur auf eine
Urkunde passt, welche von einem Kaiser als Vorgänger Rudolfs
ausgestellt worden ist, so glauben wir nicht, dass etwas begrün-
detes dagegen bemerkt wurde. Wohl aber regt die in dem
Baumgartenberger Formelbuch enthaltene schon erwähnte Ueber-
lieferung noch zu mancherlei Beobachtungen an. Wie man
leicht sieht, beweist die Baumgartenberger Formel, dass man
die Urkunde Friedrichs II. in wörtlicher Fassung dem König
Rudolf zugeschrieben hat. Daraus geht also hervor, dass die
Aneignung der Friedericianischen Arenga in der Rudolfinischen
Kanzlei in der Weise erfolgt ist, dass man bei der Ausstellung
des Briefes für die Wiener auch im Wortlaute sich viel enger
an das Friedericianum angeschlossen habe , als es sonst in
den uns vorliegenden Abschriften der Fall ist, und es wäre
dann der Beweis geliefert, dass die Bearbeiter des Rudolfi-
nischen Privilegiums auch in diesen Artikeln ganz absichtlich
den Wortlaut des Friedericianums veränderten; ja die Baum-
gartenberger Formel zeigt ohne allen Zweifel, dass sich der
echte Originalbrief Rudolfs I. wirklich verbotenus an das
Ueber den Unterschied von Reichsstädten und Ijandstädten. 75
Privilegium Friedrichs II. ang-esclilossen habe, wie wir dies
vermutliungsweise in einer frühern Abhandkmg ausgesprochen
haben, ohne dass wir zu jener Zeit mit dem Baumgartenberger
Formelbuch Bekanntschaft gehabt haben : eine Bestätigung
einer rein kritisch festgestellten Hypothese, die uns bei dem
Erscheinen des Formelbuchs zu nicht geringer Genugthuung
gereichen konnte.
Einen gleichen Werth dürfte man dagegen kaum dem
Umstände beilegen, dass in mehreren Handschriften, wie dies
von Schuster, S. 3 und 8, nachgewiesen worden ist, das Privi-
legium Albrechts I. mit einer auf König Rudolf bezüglichen
Ueberschrift mitgetheilt wird. Nur wird man freilich noch
weniger behcxupten können, dass die Lübecker oder Berliner
Handschrift mit dieser Ueberschrift irgend eine Tendenz gehabt
hätte, den König Rudolf gleichsam als Schöpfer des Wiener
Rechts zu promulgiren. Gegen diese Ansicht erhebt sich ein-
fach der Umstand, dass der Schreiber der Vorlage das Datum
der Urkunde, um welches es sich handelte, ganz ordnungs-
mässig beisetzte ; und wenn man näher zusieht, so beweist die
Ueberschrift nur, dass der Compilator die Urkunden Rudolfs
abzuschreiben vor hatte und dass er sie nachher wegliess und
gleich mit ^der Urkunde Albrechts fortfuhr. Die Abschreiber
des Lübecker und Berliner Codex scheinen den Mangel nicht
bemerkt und ruhig nachgeschrieben zu haben. Dass aber der
erste Compilator die Urkunden Rudolfs in irgend einer Ueber-
lieferungsform nicht aber diejenige Albrechts I. vor sich hatte
und anzudeuten meinte, geht aus dem Umstände hervor, dass
er das für das Privilegium maassgebende Regierungsjahr
Rudolfs richtig bezeichnete, und bei der darauf folgenden Ur-
kunde ganz richtig den Namen Albrechts I. anführte. Es ist
daher klar, dass die betreffenden Notizen des Lübecker und
des Berliner Codex für die handschriftliche Kritik der Rudol-
finischen Privilegien kaum verwerthet werden könnten. Der
Lübecker Codex bringt ausserdem, wie schon bemerkt wurde,
das Privilegium selbst noch an einer spätem Stelle, und wenn
man auch allenfalls aus den bezüglichen Notizen den Schluss
machen wollte, dass man im 14. Jahrhundert den hauptsäch-
lichsten Theil der Wiener Stadtrechte überhaupt und im All-
gemeinen gerne auf die Person und den Namen des Königs
^ b Lorenz.
Rudolf zurückführte, so kann aus solchen vag-en Ang-aben doch
in keiner Richtung für den Inhalt der Originale und für die
Geschichte der Ueberlieferung der Urkunden selbst etwas
gefolgert werden. Fasst man alles das, was sich aus sicherer
handschriftlicher Grundlage ergibt zusammen, so lässt sich nur
sagen, dass eine getreue wörtliche Abschrift des Originals nicht
mehr besteht, dass die kritische Feststellung des Textes des
echten Rudolfinischen reiclisstädtischen Privilegiums immerhin
etwas unsicheres bleiben wird und dass man über Vermuthungen
in dieser Richtung nicht hinaus kommt, so dass auch die Be-
rechtigung einer Hypothese hier nicht in Abrede gestellt
werden kann.
Noch verwickelter gestaltet sich die Frage über den
Wortlaut des reichsstädtischen Privilegiums Rudolfs I., wenn
man die Beziehungen desselben zu der zweiten der Stadt Wien
ertheilten Urkunde desselben Königs wahrnimmt, welche be-
kanntlich in der Hauptsache eine Wiederholung der Leopol-
dinischen Statuten von 1221 enthält. Dass zwischen den beiden
Beurkundungen ein gewisser innerer Zusammenhang besteht,
zeigt besonders der Umstand, dass die auf den Rath bezüg-
lichen Bestimmungen des Leopoldinums deshalb fortgelassen
sind, weil sie durch das Fridericianum, wie wir wissen, eine
wesentliche Veränderung erfahren haben, und weil das Fride-
ricianum eben Grundlage der zweiten Rudollinischen Bestä-
tigungsurkunde war. Nun ist aber auch dieses Leopoldinum
in manchen Bestimmungen von Rudolf I. verändert worden
und wir sind auch diesem Privilegium Rudolfs gegenüber in
der ungünstigen Lage den Wortlaut des Originals nicht mehr
zu besitzen. Ja in gewisser Hinsicht ist die Ueberlieferung
dieser Urkunde entschieden noch schlechter als diejenige des
reichsstädtischen Privilegs. Denn in den Abschriften, die wir
davon haben, ist bekanntlich das Prooemium in vollem Wider-
spruche mit dem Inhalte der Urkunde und bezieht sich auf die
Bestätigung und Transsumption eines kaiserlichen Briefes, wäh-
rend das Leopoldinum nachfolgt, und am Schlüsse fehlen die
üblichen Formeln und Zeugen. Die Ueberlieferung der Urkunde
als solche ist demnach auch in diesem Falle höchst mangelhaft
und unsicher. Man kann zwar allerdings in Dingen dieser Art
jede auch die grösste Unregelmässigkeit dadurch erklären, dass
Ueber den Unterschied von Reichsstädten und Landstädten. 77
man sich vorstellt, die Urheber derselben wären eben von
einem Irrthum befangen gewesen, aber da es sich bei aller
Kritik historischer Ueberlieferungen immer nur um ein gewisses
Maass von grösseren oder kleineren Wahrscheinlichkeiten han-
delt, so möchte man in dem vorliegenden Falle kaum die
Voraussetzung machen dürfen, dass in der königlichen Kanzlei
Herzog- Leopold VI. oder Herzog Friedrich IL für Vorgänger
König Rudolfs und für deutsche Kaiser gehalten worden seien,
deren Urkunden irrthümlich als Verleihungen von römischen
Kaisern aufgefasst worden wären. Es ist eben viel wahrschein-
licher, dass das fragliche Prooemium von Abschreibern oder
Bearbeitern dieses urkundlichen Materials an falscher Stelle
eingesetzt worden und solchergestalt ein offenbarer Irrthum ent-
standen ist. Während nun aber dieser Umstand die Richtigkeit
der Ueberlieferung schon früher sehr zweifelhaft erscheinen
Hess, zeigt sich gegenwärtig durch eine schöne und dankens-
werthe Entdeckung von J, A. Tomaschek der Gegenstand noch
erheblich verwickelter.
Es ist ein grosses Verdienst des genannten Herausgebers
der Wiener Stadtrechtsurkunden zuerst auf den Zusammenhang
der Wiener und Kremser Stadtrechte aufmerksam geworden
zu sein und die Kremser Privilegien Herzog Rudolfs IH. vom
24. Juni 1305 stehen in der That in so inniger Verwebung
mit den Privilegien von Wien, dass es sehr zu billigen war,
wenn Tomaschek den Wortlaut der umfangreichen Kremser
Privilegien seinem schönen Werke einverleibt hat. ' Wie nun
^ Die beiden mir von der Krem,ser Gemeindevorsteliung freundlichst
zur Einsicht überlassenen Urkunden sind höchst sorgfältig geschrieben
und lassen keinerlei spätere Hinzufügungen erkennen. Da es für die
Untersuchung auf beide Urkunden ankommt, und die Fortsetzung der
einen, wie Tomaschek gewiss sehr richtig hervorhebt, wegen Eaum-
mangels in der andern zu erblicken sein wird, so kann man sagen, dass
alles das, was sich auf die Rechte der Handwerker bezieht, zwischen
beiden Urkunden vertheilt win-de. Um so wünschenswerther wäre es
daher aber gewesen, dass Tomaschek auch für die zweite in der Haupt-
sache das Albrechtinische Stadtrecht von 1296 transsumirende Urkunde
in seinem Prachtwerke Raum geschafft hätte. Manches tritt bei dem
jetzigen und theilweisen Abdruck doch nicht ganz genau liervor; so ist
es z. B. nicht richtig, dass der Artikel 3"2 des Albrechtinums I. nicht
vollständig enthalten sei. Er ist in der Urkunde wörtlich vorhanden, nur
ist er an eine falsche Stelle gesetzt und folgt erst nach dem Artikel 33
78 Lorenz.
aber auf diesem Wege Tomaschek zu dem nun durchaus
anzuerkennenden und feststehenden Resultate gelaugte, dass
die von Rudolf bestätigten und erweiterten Bestimmungen des
Leopoldinvuns in der That keinen leisesten Zweifel an ihrer
Echtheit mehr zulassen, so kann man andererseits die Bemer-
kung nicht unterdrücken , wie gerade die Kremser Urkunden
beweisen, dass die Abschriften des bezüglichen Rudolfinischen
Privilegiums auch nicht vollständig und auch nicht genügend
sein können. Grerade die beiden Kremser Urkunden Herzog;
Rudolfs, Avelche sich wörtlich auf das Bestätigungsprivileg des
Königs vom Juni 1278 gründen, lassen es fast unzweifelhaft
ei-scheinen, dass unsere jetzt uns vorliegenden Abschriften auch
dieses letzteren Privilegs mangelhaft sind. Der Beweis hiefür
lässt sich aus folgenden Umständen gewinnen, welche auch
schon aus dem sorgfältig vergleichenden Abdruck bei Toma-
schek S. 84 und 86 leicht zu entnehmen sein werden. Die
Rudoliinische Urkunde von 1278 liegt nicht nur den beiden
Kremser Urkunden, sondern auch dem Stadtbrief Albrechts IL
vom 24. Juli 1340 (Tomaschek, S. 104 ff.) zu Grunde. Die
letztere Urkunde enthält aber erheblich mehr Bestimmungen
als die erste Rudolfinische von 1278. Nun erscheinen aber die
Bestimmungen der Urkunde Albrechts IL, welche in derjenigen
König Rudolfs I. fehlen, bereits 1305 in den Kremser Urkunden.
So haben die letzteren nicht weniger als sieben sehr erhebliche
und umfangreiche, meist gewerbsgenossenschaftliche Artikel
des Stadtrechts Albrechts IL, und zwar 64, 65, 66, 67, 68,
71, 72, zu einer Zeit, wo dieselben in Wiener Aufzeichnungen
des Stadtrechts nach unseren Ueberlieferungen überhaupt noch
gar nicht vorkommen, während die Kremser Urkunden doch
versichern, dass ihr Inhalt eine einfache Uebertragung der
Wiener Statuten auf die kleinere Stadt wären. Hier müsste
man also den ausserordentlichen Fall annehmen, das Albrecht IL
sein Stadtrecht für Wien nicht aus Wiener Vorlagen, sondern
von Krems bezogen habe, wenn die Voraussetzung richtig wäre,
dass die Kremser Vermehrungen durch wirkliche originale
Amendirung der Rudolfinischen Briefe entstanden seien. Denn
an eine etwa nach der Zeit Albrechts IL stattgefundene Ilin-
des Albrochtiimnis, gleiclisani iincliliinkend — vielleicht Verselien des
Sclireibera.
Uetier den Unterschied von Reichsstädten und Landstädten. 79
zafügung der fraglichen Artikel lässt sich bei den Kremser
uns vorliegenden Originalurkunden , wie man sich auf den
ersten Blick überzeugen muss, durchaus nicht denken. Dazu
kommt aber ein anderes. Das Stadtrecht Albrechts II. schliesst
sich der Hauptsache nach viel enger an das angebliche Rudol-
finische Privileg von 1278, als an die Kremser Urkunden. Eine
Entlehnung aus diesen ist also undenkbar, vielmehr müssen
sowohl die Kremser wie die Urkunde Albrechts IL eine ge-
meinschaftliche Vorlage gehabt haben, welche eben in ihrer
Totalität nicht mehr existirt.
Hieraus ist also zu schliessen, dass die Ueberlieferung,
die wir von der Urkunde Rudolfs I. in Betreff der Bestätigung
des Leopoldinums besitzen, mangelhaft ist, oder es hat ausser
der uns vorliegenden angeblichen Bestätigungsurkunde von
1278 noch irgend eine andere Aufzeichnung von Stadtrechten
Wiens unter dem Namen des Königs Rudolf gegeben, welche
die Kremser sich zu verschaffen wussten, die sie dem Herzog
Rudolf 1305 vorlegten und die dann auch für Albrecht IL
1340 als Grundlage gedient hat. Es ist nicht unsere Absicht eine
Entscheidung dieses Dilemmas hervorzurufen, da wir uns für
den Gang dieser Untersuchung vollständig mit dem negativen
Resultat begnügen können, dass die Ueberlieferung der Rudol-
linischeu Urkunden sammt und sonders mangelhaft sei. Wollte
man sich aber auf eine Hypothese einlassen, so würde der
Inhalt jener Bestimmungen, welche in den Kremser Urkunden
so gut wie in dem Stadtrecht Albrechts IL vorkommen, in
dem angeblichen Bestätigungsbriefe • des Königs aber fehlen,
einen sehr deutlichen Fingerzeig geben können. Es handelt
sich dabei um Rechte , Avelche die Gewerbsgenossenschaften
erhalten, und aus denen zwar keine eigentliche Zunfteinrichtung,
aber doch eine das Zunftwesen begünstigende Tendenz zu
erkennen sein dürfte.
Warum sind nun solche Artikel in der Ueberlieferung
der angeblichen Privilegien Rudolfs I. nicht zu finden? Die
Antwort ergibt sich aus der Geschichte der städtischen Bewe-
gung im letzten Viertel des 13. Jahrhunderts : Der Kampf um
die Rechte des Rathes war — wenn wir das Wort in Wien
anwenden dürften — ein patricisches Unternehmen. Auf alle
Fälle waren es die Geschlechter, welche erst mit Rudolf und
80 Lorenz. *
dann mit Albreclit I. haderten. Ist es da nicht sehr natürlich,
dass Aufzeichnungen, welche von dieser Seite ausgingen keine
oder sehr wenige Artikel enthielten, die sich auf die ,Gewerke',
wie der Reinichronist sagt, bezogen? Erwägt man dies in
seinem ursächlichen Zusammenhange, so wird man sich eben
in der Anschauung bestätigt finden , dass das , was uns als
Ueberliefernng königlicher Urkunden Eudolfs I. vorliegt, Ent-
würfe sind, welche die Rathspartei für ihre Zwecke zusammen-
gestellt und unter einigen Formeln der königlichen Kanzlei
Rudolfs I. vorgelegt hatte. Dass aber dadurch nicht aus-
geschlossen war, dass der allergrösste Theil der in diesen
Entwürfen enthaltenen Bestimmungen wirklich echtes Rudolfi-
nisches Material war, versteht sich von selbst, und ist auch
niemals von jemand bestritten worden. Ja die Entwürfe lehnten
sich der Mehrzahl der Handschriften nach zu schliessen, so
genau wie möglich an die echten Rudoltinischen Urkunden an,
was daraus mit Evidenz hervorgeht, dass man auch solche
Artikel, wie die Verurtheilung Paltram's und andere Be-
stimmungen nicht unterdrückte, welche, wie Tomaschek ganz
richtig nachgewiesen hat, nicht einmal sehr günstig für die
Bürgerschaft lauteten. Niemals aber wird man nach dem Stande
dieser Ueberliefernng zu der Behauptung bemüssigt sein, dass
wir in der handschriftlich unsicheren Grundlage die diplo-
matisch treu und richtig wiedergegebenen Originale König
Rudolfs I. zu erblicken haben. Wir sagen: , bemüssigt sein';
denn eine Bemüssigung ist dazu nöthig, wenn Abschriften uns
unter allen Umständen Vertrauen einflössen sollen; wo sie aber
in so unvollkommener Art auftreten, da scheint es wohl das
logischere zu sein, dass die Abschrift ihre gute Beglaubigung
erst nachweise, nicht aber, dass der Empfänger der Abschrift
verhalten sei ohne weiters zu glauben und von selbst sich
ergebende Zweifel als unstatthaft abzuschütteln. Die Legali-
sirung, wenn wir an amtliche Formen erinnern sollen, ist es,
die diesen Abschriften fehlt und die nur dann für die histo-
rische Kritik vorhanden wäre, wenn sich innere und äussere
Merkmale vereinigteu, um über der Abschrift die fehlenden
Originale vergessen zu machen.
Dies also ist der wahre diplomatische Stand der Sache,
dass man es mit unsicher überlieferten und ungleichförmigen
Ueber den Unterschied von Reichsstädten nnd Landstädten. ol
Abschriften zu tliun hat, die in der Rubricirung- und Trans-
scribirung auch äusserlich die Hand des Bearbeiters , des
Codificators, des Privatmannes erkennen lassen, und wodurch
eine Ueberlieferung- g-eschaffen wurde, welche jedenfalls nicht
unmittelbar aus der königlichen Kanzlei heraus aiif die
Nachwelt übergegangen ist.
y.
In einer früheren Arbeit über die Wiener Stadtrechts-
privilegien König Rudolfs I. ist unsererseits Anlass zu einem i
Missverständnisse gegeben worden, welches wir sehr bedauern.
Indem es uns dort darauf ankam die Geschichte der Privilegien
zu erörtern, glaubten wir den Nachweis führen zu sollen, dass
die Erzählung der steirischen Reimchronik über die Vorfälle
in Wien unter Herzog Albrecht I. keine Erklärung der Ur-
kunden zu geben vermöchte und dass man keineswegs, Avie
ältere Forscher gethan hatten, den Reimchronisten herbeiziehen
dürfte, um die Frage der Echtheit der Urkunden Rudolfs I.
nach der einen oder der andern Richtung zu entscheiden. Nun
ist ohne alle Frage unsere Kritik der Erzählung des Reim-
chronisten sehr scharf ausgefallen, und man konnte nicht läugnen,
dass die betreffende Darstellung fast unbrauchbar sei. Unsicherheit
über die Vorgänge in Wien, Unklarheit selbst über die Jahreszeit,
in welcher der Aufstand gegen Albrecht I. stattfand und meh-
reres dieser Art wurden als Resultat der Prüfung festgestellt.
Dass man mithin bei einer urkundlichen Untersuchung, bei
der es auf ganz specielle Fragen ankam , dem Reimchro-
nisten, der offenbar nur vom Hörensagen die Ereignisse in
Wien kannte und durchaus keine eigene Erfahrung davon hatte,
keine Geltung beimessen durfte, ist klar. Keineswegs aber
sollte damit gesagt sein, dass der Reimchronist für die Ver- /
fassungsgeschichte im grossen Ganzen nicht sehr wichtig und
verwendbar wäre. Vielmehr glauben wir nunmehr ganz aus-
drücklich darauf hinweisen zu sollen, dass für eine richtige
Erkenntniss der Stadtrechtsgeschichte der Reirachronist von der
allererheblichsten Wichtigkeit wäre und dass man nirgends wie
bei ihm einen Einblick in die grossen Kämpfe des letzten Viertels
SiUuugdber. d. pUil.-hist. Cl. LXXXIX. Bd. I. litt. 6
ö^ Lorenz.
des 13. Jahrlninclerts erlangen kann. Nichts wäre irriger,
als zu meinen, dass der Aufstand der Bürgerschaft gegen
Herzog Albrecht etwa ein Mährchen wäre, weil ein der
Sache fern stehender Erzähler sich in allerlei Widersprüche
verwickelt, offenbar unrichtige Details mittheilt und im ein-
zelnen sich wenig glaubwürdig erweist. Dass eine vernichtende
Kritik diesör Einzelnheiten zu dem Irrthum führen würde, der
ganze Aufstand hätte keine Bedeutung gehabt, konnte eigent-
lich nicht erwartet werden, wenn wir auch gestehen wollen,
dass vielleicht unsere Untersuchung gegen die Glaubwürdigkeit
der betreifenden Partien der Reimchronik nicht mit den hin-
reichenden Clausein und Cautelen versehen war, da es nur auf
den einen Zweck ankam, die Unzuverlässigkeit der Nachrichten
in Bezug auf die urkundliche Frage zu zeigen.
Stellt man sich dagegen die Aufgabe, den Verfassungs-
zustand der Stadt in der Zeit Herzog Albrechts im allgemeinen
zu schildern, so gibt es keine ausführlichere Quelle als die
Reimchronik. Die Geschichte des Aufstandes lehrt uns vor
allem zweierlei, was auch durcli das trübste Medium der
Ueberlieferung nicht verwischt werden konnte, dass für das
erste ein gewaltiger Gegensatz zwischen den Forderungen der
Bürger und den Ansprüchen der ländesherrlichen Gewalt vor-
handen war, und dass zweitens auch in Wien ein Gegensatz
zwischen den , Reichen' und den Handwerkern bestand, durch
welchen letztern es dem Herzog vorzugsweise möglich geworden
war, Herr über die Bewegung zu werden und einen Frieden zu
dictiren, der die Aufhebung aller politischen Rechte der Stadt
und des Raths zu bedeuten hatte. In Bezug auf den letzteren
Punkt wird es diesmal unsere Aufgabe besonders sein zu zeigen,
wie das Stadtrecht Herzog Albrechts I. von 1296 die früheren
Ansätze zu freier Rathscntwicklung definitiv und dauernd be-
seitigte; durch dasselbe wurde Wien nach verschiedenen Ver-
suchen zu einer reichsunmittelbaren Stellung zu gelangen, für
immer in die Reihe unfreier Landstädte herabgedriickt. Bevor
wir jedoch an die Besprechung des Stadtrechts Albrechts I.
selbst herantreten, erübrigt noch der Hinweis auf die Charak-
teristik, welche die Reimchronik eben aus Anlass des Wiener
Aufstandes von Herzog Albrecht I. entwirft, imd welche sich
bis auf die neueste Zeit in der geschichtlichen Ueberlieferung
Ucber den Unterschied von Keichsstfidten und Landstädten. Sä
behauptete. Wenn man seit Böhmer begonnen hat das harte
Urtheil über Albrecht I. auf ein richtigeres Maass herabzu-
setzen, so geschah dies, weil man in der Geltendmachung einer
strammen Landeshoheit, als deren eiserner Repräsentant Rudolfs
Sohn aufgefasst werden rauss, auch die positiven und guten
Seiten der Entwicklung erkannte, gewiss dürfte man aber des-
halb den Sinn und die Absichten seiner Maassregeln nicht
verkennen oder bescheinigen woll'en. In dem scharfgezogenen
Kreise der landesherrlichen Gewalt Albrechts I. gab es keinen
Raum für freie Städte und autonome Räthe für einen politisch
berechtigten ßürgerstand und reichsunmittelbare Gemeinden.
Es ist nicht davon die Rede, dass die Landesherren irgend
ein Interesse daran gehabt hätten, der Antheilnahme einer
Markgenossenschaft an begründeten alten Gerichtseiurichtungen
entgegen zu treten , oder die Gemeinden zu verhindern für
die öffentliche Sicherheit zu sorgen und den Handel und Ver-
kehr zu beaufsichtigen, aber Bestrebungen, welche zu einer
politischen Macht und Stellung der Städte führen konnten,
wurden überhaupt verpönt, und vollends unmöglich sollte der
Versuch gemacht werden , eine neben der landesherrlichen
Gewalt bestehende reichsunmittelbare Bürgerschaft zu gründen.
Schon bei dem Abgange Rudolfs aus Oesterreich scheinen
die Bürger über die Gefahr nicht im Zweifel gewesen zu sein,
welche ihrer Freiheit durch Albrecht I. drohte. Bekanntlich
huldigten die Geschlechter dem Sohne Rudolfs als Reichs-
verweser, indem dieser die reichsunmittelbare Stellung Wiens
urkundlich anerkannte. Wenn er nach seiner Erhebung; zum
Landesherzog von den Bürgern die Huldigung als solcher in
Anspruch nahm, so besitzen wir zwar leider keine positive
Nachricht dafür, dass die Bürger die Anerkennung der
Landeshoheit verweigerten, aber die Thatsache, dass Albrecht
erst im sechsten Jahre seiner Landesregierung die Huldbriefe
der Rathmänner erlangte , spricht , wie wir denken , deut-
lich genug, und es hiesse sich über die eingreifende Wich-
tigkeit des Gegenstandes, um den es sich handelte, täuschen,
wenn man nicht aus dem Wortlaut der zögernd gegebenen
Huldigungen den ehernen Tritt der Landesgewalt entnehmen
Wollte. Noch dauerte es aber weitere acht Jahre bis Herzog-
Aibrecht an das Ziel seiner Wünsche gekommen war, und in
0*
84 Lorenz.
dieser Zeit wird man wohl annehmen können, dass häufig-e
Verhandlungen über die Freiheiten der Stadt geführt wurden,
dass die Bürgerschaft ihre Keehte mehr als einmal verzeichnet,
zusammengeschrieben und vorgelegt haben wird, dass vor und
nach dem Aufstande, den der Reimchronist beschreibt, eifrige
Vertheidigung dessen, was auf Grund der Kaiserurkunden bean-
sprucht werden konnte, stattfand. Unter diesen gewiss zahlreichen
Vorlagen, von denen die Mannigfaltigkeit der Ueberlieferung
Zeugniss gibt, wird es solche gegeben haben, die der Herzog,
wie der Reimchronist wenigstens gehört haben wollte, vertilgte
und zerriss, während andere ihm in Abschriften neuerdings
beigebracht sein werden. Der Friede selbst zwischen der
Landesherrschaft und der Stadt zeigt sich auf den ersten Blick
als ein Compromiss, in welchem die Landesgewalt alles über-
lieferte Recht unter ihren Schutz nahm, sofern es den innern
Wirkungskreis der Stadt in BetreflF der Justiz und Polizei
betraf, aber ebenso bestimmt alles zurückwies, was an die
Rathsautonomie der deutschen Reichsstädte erinnern konnte.
Man kann daher sagen, das ganze spätere Stadtrecht hat sich
auf den Privilegien Kaiser Friedrichs II. und Rudolfs I. auf-
erbaut, aber es wäre ein gewaltiges Missverständniss, wenn
man deshalb meinte, die durch jene Kaiser gewährten Freiheiten
hätten sich in ihrer Totalität entwickelt; deshalb, weil gesagt
werden durfte, dass das beste, was auch nachher die Stadt
behielt, aus den Bewidmungen der Reichsgewalt herstammte,
wird doch nicht verstanden sein wollen, dass die ganze Freiheit
der Stadt erhalten worden sei. Albrecht I. Hess allerdings in
quantitativem Sinne die meisten Statuten bestehen, aber in
qualitativer Beziehung waren die entscheidenden jene, welche
er zurückwies; und wenn ein jahrelanger Kampf bestand, so
war dieser nicht um die Justiz- und Polizeistatuten geführt
worden, die selbstverständlich vom Anfang an nicht bestritten
waren, sondern um jene politischen Rechte des Raths, welche
auch wirklich dem spätem Stadtrecht von Wien fehlen. Her-
zog Albrecht I. war vollkommen Sieger über die Ansprüche
der Stadt, genau wie es die Reimchronik thatsächlich als
Resultat der Bewegung hinstellt; von der Selbständigkeit einer
freien Reichsstadt war nicht das mindeste aus den altern Reichs-
privilegieu gerettet worden. Hiebei kann man die Bemerkung
üeber den Unterschied von Reichsstädten und Landstädten. 85
nicht unterdrücken, dass man sich die Veränderungen in den
Stadtrechten und Verfassungsentwicklungen manchmal nicht
genug absichtlich und zielbewusst vorstellt. Gerade die Fragen,
um welche es sich in dem letzten Viertel des 13. Jahrhunderts
in Wien handelte, waren den Habsburgern besonders von ihrer
Heimat her sehr geläufig. Tief in die Verfassungskämpfe von
Strassburg und Basel verflochten, wusste König Rudolf gewiss
ganz genau die Tendenzen zu beurtheilen, welche die Gre-
schlechter des Raths ihm gegenüber verfochten hatten, und
Herzog Albrecht war keinen Augenblick darüber unsicher, dass
er die Reichsstädte in Schwaben als den Pfahl im Fleische
der Landeshoheit zu betrachten hatte. Hier würde es schon
aus persönlichen Verhältnissen völlig unhistorisch erscheinen,
wenn man die Bedeutung jener Aenderungen abschwächen
wollte, welche sich durch Albrecht I. in dem Rechtsbestand
der Wiener Verfassung vollzogen. Es wird nicht gestattet sein
zu sagen, dass sich der hauptsächlichste Theil der durch Fried-
rich n. gegebenen Rechte erhalten, sondern es war der grösste
Theil davon, — die Hauptsache wurde verändert, und zwar
mit der vollen Absicht, in den österreichischen Ländern ein
landesherrliches Recht zu wahren, dessen Preisgebung und
Verlust in der Heimat der Habsburger das Aufkommen fürst-
licher Macht so sehr erschwerte, ja in dem Sinne grosser
landesherrlichen Gewalt für immer verhinderte.
Betrachtet man nun das von Albrecht I. gegebene Stadt-
recht nach den dargelegten Gesichtspunkten, so wird ohne
Zweifel gleich in der Ansprache der Bürger und der Stadt
der Unterschied deutlich gemacht, der nun eintrat, wenn man
sich der Urkunde desselben Albrecht als Reichsverwesers vom
Jahre 1281 erinnert, wo das ausdrückliche Anerkenntniss Wiens
als Reichsstadt in Oesterreich vorkommt. Im Gegensatze hiezu
steht es, wenn die Stadt in dem landesherrlichen Privilegium
von 1296 ,als ein Haubet und Behalterinne unseres Fuorsteu-
tumes' bezeichnet wird. Die Standschaft der Wiener Bürger
ist mithin gleich in den Eingangs formein officiell herabgemindert
und die frühere Reichsstadt in Oesterreich zu einer blossen
Landstadt von Oesterreich herabgedrückt.
Dieser Stellung ist es entsprechend, wenn der Stadt-
richter wieder, wie zur Zeit der Babenberger von dem Herzog
86 Lorenz.
ohne allen Beirath der Bürgerschaft eingesetzt wird; der Rath
hat blüs das Beschwerderecht gegen denselben in den Fällen,
wo er die Satzungen der Stadt ausdrücklieh verletzt, auch
geht die Klage der Räthe nicht an den Kaiser, wie es nach
den Privilegien Friedrichs II. und Rudolfs I. sein müsste,
sondern an den Herzog als den höchsten und einzigen Stadtherrn.
Der Stadtrichter ist nunmehr ein vollkommener Beamter des
Landesfürsten, über welchen der Rath keinerlei Gewalt hat.
Noch deutlicher wird das Dienstverhältuiss des Stadtrichters
zum Herzog zu erkennen sein , wenn man weiss , dass der
Stadtrichter dem Landesherrn für die Gerichtspflege Taxen
bezahlt, die sich jährlich auf 200 Pfund belaufen, und die
ausserdem auch den Hofbediensteten bis zum Thürhüter des
Herzogs herab zu Gate kommen. ' Ob man darnach auch nur
nach Seite der Justizpflege hin in Wien von einem autonomen
städtischen Gemeinwesen sprechen könnte, muss dahin gestellt
bleiben ; sicher unterscheidet sich die Stellung des Stadtrichters
von derjenigen des Landrichters eben nur dadurch, dass sich
jeuer an gewisse besondere für das Weichbild der Stadt selb-
ständig geltende Statuten und Rechte zu halten hatte, deren
richtige Anwendung und Ausführung der Landesherr selbst
überwacht. Im übrigen werden die Bürger von einem landes-
herrlichen Beamten gerichtet und gebüsst. Schwieriger ist
dagegen nach dem neuen Stadtrecht die Stellung des Raths zu
kennzeichnen, welchen Herzog Albrecht nicht gänzlich abzu-
schafien vermochte.
Gleich im ersten Artikel (nach Tomaschek's Eintheilung)
erscheint demnach der Rath als feststehende Institution, er be-
' In dem Berliner Codex, Ms. Germ. t'ol. 575, Schuster S. 7. C b, dessen
Benutzung mir durch die dankenswerthe Bereitwilligkeit der kgl. Biblio-
thek iu Berlin liier in Wien möglich war, entliält auf fol. 47 folgende
selir interessante Daten: Ruhr.: Hie ist vermerkt, was ein yeczleicher
ötatrichter hie ze wien geit von den gericlit jerleich Item von erst dem
Herzog in sein kamer 11^ pfuud denar ; Item in der vasten circa dorothee
XLII. pf. d. Item hincz Sant Claru XX. pfund d. die gcb man von dem
gcricht ze .Statlaw zu ledcr Cottcmmer V. pfund d. Item hincz ISant
Michel zu aincr Mess XV. tal d. die geb man auch von dem gericht ze
statlaw. Item dem von Puchaim zu den zeittcn obristen druksetz ist
gewesen in Osterreiich V pfund d. für ainen hawsen in der vasten. Item
des herzogen kamrer wann ain Richter wirt II. tal. d. Item des herzogen
TÜJhueter ain. j. t. d.
Ueber den Unterschied von KoiclisstildtBu uüd Landstädten. 87
steht aus zwanzig IMitgliedern, wie in den reichsstädtischen
Privilegien auch früher bestimmt worden war (Art. 18), zu
denen der Richter unter allen Umständen gehört. Auch der
Richter, welcher sein Amt niedergelegt hat, bleibt im Rathe
der Stadt und zählt zu den zwanzig, welche jedoch das Recht
haben, ihre Zahl mit Genehmigung des Herzogs zu vermehren
und zu vermindern (Art. 21). Was aber dem Rathe an Gewalt
übertragen ist, beschränkt sich lediglich auf die Regelung von
Handel und Wandel und auf die Aufrechthaltung der Ordnung
und Sicherheit. Die rechte Kur zu dem Rath geschieht eben-
falls mit Wissen, Rath und Willen des Landesherrn, zu dessen
Treue und Dienst die Bürger geschworen sind. Vergleicht man
die Bestimmungen über den Rath der Zwanzig in den älteren
reichsstädtischen Privilegien mit denjenigen in der späteren
landesherrschaftlichen Entwicklung, so zeigt sich, dass unter
Albrecht I. sehr viel einzelne, scheinbar kleine Veränderungen
vorgenommen worden sind, welche sämmtlich die Absicht er-
kennen lassen, der landesherrlichen Gewalt einen grösseren
Einfluss zu sichern. Die in den reichsstädtischen Privilegien
ziemlich unsicher bezeichnete Competcnz des Rathes konnte in
Wien, wie in den meisten Reichsstädten unter kaiserlicher
Herrschaft eine Ausbildung der Rathsgewalt zu politischer Stel-
lung möglich machen. Das Stadtrecht Albrechts I. dagegen
imtcrband sorgfältig alle jene Ansätze, welche das städtische
Gemeinwesen zu landeshoheitlicher Selbständigkeit zu bringen
vermocht hätten. Am schärfsten drückt sich diese Abhängig-
keit der Stadt von der Landesgewalt in den auf die Kriegs-
macht bezüglichen Bestimmungen aus.' Von eingreifendster
Wichtigkeit ist hier selbstverständlich das Entfallen des zweiten
Artikels der reichsstädtischen Freiheitsbriefe, durch welche die
Bürger blos dem Reiche zum Kriegsdienst in nächster Nähe
der Stadt verpflichtet waren. Nach dem Albrechtinischen
Stadtrechtc ist der Bürger nicht blos dem Landesherrn selbst
dienstpflichtig, sondern die Stadt hat überhaupt der herzog-
lichen Kriegsgewalt gegenüber absolut gar keine Rechte. Der
Hofmarschall logirl seine Truppen in der Stadt ein und hat
dabei nur die Quartieranweisungen des Stadtrichters zu be-
achten, welcher die Herbergen der Truppen bezeichnet. Da sich
der herzogliche Hof innerhalb der Stadtmauern beflndet, so
88 ' Lorenz.
reicht wohl diese Bestimmung gerade aus, um vollkommen klar
zu machen, dass von einer Vergleichung Wiens als Stadt mit
den freien oder Reichsstädten überhaupt im -Mittelalter seit
Albrecht I. gar nicht die Rede sein kann.
Die Bestimmungen über die Kriegsmacht sind aber um
so merkwürdiger, als es kaum zweifelhaft sein kann, dass sich
die Stadt unter der Regierung Ottokars auf Grund des Friede-
ricianischen Freiheitsbriefes bereits zu einem politisch-selb-
ständigen Gemeinwesen in Betreff ihrer militärischen Gewalt
emporgearbeitet hatte; in dem Kriege zwischen Rudolf und
Ottokar verfolgte sie ihre eigene Politik und hatte eine
eigene bewaffnete Macht_, welche die Stadt vertheidigte und
die Thore nur auf Befehl des Raths öffnete. Die Lage der
Dinge hatte sich demnach in politischer Beziehung für die
Stadt vom Jahre 1276 zum Jahre 1296 gründlich verändert
und der landesherrliche Wille war für Wien um so entschei-
dender geworden, als der Herzog seinen Hofhält dauernd hier
aufgeschlagen hatte und jede selbständige politische Regung ver-
pönte. Man könnte eine lange Reihe von Dingen aufzählen, welche
die vollständige Theilnahmslosigkeit der Wiener Bürgerschaft
an allen grössern politischen Ereignissen der Geschichte nach-
weist. Wenn der grosse Streit zwischen Kaiserthum und Papst-
thum in den Reichsstädten des vierzehnten Jahrhunderts mäch-
tige Wellen schlug, so würde man sich in den österreichischen
Städten vergeblich um ein Anzeichen umsehen, welches die
Beachtung dieser Dinge erkennen Hesse, obwohl doch Herzog
Friedrich an den grossen Angelegenheiten unmittelbar betheiligt
war. Es gibt daher auch unter den österreichischen Städten
keine Bündnisse, keine Einungen, kaum polizeiliche Verabredun-
gen zu gemeinsamer Verfolgung von Räubern. Alle Thätigkeit,
die sich nicht auf das gewöhnliche Marktwesen oder auf die
Justiz bezog, war seit Albrecht I. dem Bürgerstande dauernd
entzogen.
Wenn den Bürgern in Bezug auf ihren Stand ,sent-
mässiges Recht' zugestanden wird und wenn sie (Art. 17 des
Albrechtinums) Lehen zu ertheilen berechtigt werden, so ändert
dies die Stellung der Stadt als Landstadt gewiss nicht und
bewirkt ebensowenig eine Gleichstellung des Bürgerstandes mit
dem der Reichsstädte, so wenig zwischen einem Landedelmann
I
Ueber den Unterschied von Eeichsstädten und Landstädten. 89
und einem Reichsfreien eine Ebenbürtigkeit vorhanden war.
Alle Landstädte, die unter fürstlicher Hoheit standen, ver-
mochten erst zu einer gewissen politischen Bedeutung- durch
die Ausbildung der landständischen Verfassungen am Ende
des 14. und dann im 15. Jahrhunderte zu gelangen. Doch
waren die Rücksichten, welche in politischen Dingen auf die
Städte genommen wurden, anfangs nur sehr geringe. Eine der
ersten ßethätigungen in ständischen Angelegenheiten von Seite
der österreichischen Städte dürfte vielleicht in dem gemein-
samen Gelöbniss der Städte Wien, Eggenburg, Hainburg, Kor-
neuburg und Neustadt zu erblicken sein, den am 10. Februar
1364 zwischen Böhmen und Oesterreich geschlossenen Erbver-
trag zu halten und zu befolgen. In der auf dem Hofe zu Wien
am 20. November 1358 stattgehabten Huldigung des Herzog-
thums Oesterreich für Herzog Rudolf IV. waren noch keine
Städte vertreten. Eine gesicherte Theilnahme an den Landes-
angelegenheiten finden die Städte eigentlich erst seit dem
Ständebüudniss vom 6. August 1406. Damals war übrigens
auch in der Verfassung Wiens — sofern dies innerhalb des
landstädtischen Rahmens überhaupt statthaft war, — ein ge-
wisser Fortschritt gemacht worden, indem genau 100 Jahre
nach der Unterwerfung Wiens unter die Landeshoheit das
Privilegium ertheilt wurde, dass Bürgermeister und Rath jährlich
von der ganzen Gemeinde mit Stimmenmehrheit, und zwar nicht
blos aus den Kaufleuten, Erbbürgern und Reichen, sondern
auch aus den gemeinen Handwerkern gewählt werden sollten.
Doch ist es nicht unsere Absicht, diese inneren Entwicklungen
der landstädtischen Verfassung hier weiter zu verfolgen, da ja
von Tomaschek hiefür neuesten s alles wünschenswerthe trefflich
zusammengestellt wurde (vgl. S. LVIII ff.) und da die sich
hieran anschliessenden Fragen für den uns hauptsächlich be-
schäftigenden Unterschied des Charakters von Landstädten und
Reichsstädten keine weiteren Aufklärungen mehr zu geben
vermöchten. Für die erneuerte Darstellung der Hathsverfassung
in Wien würde ein Hauptmoment der Untersuchung die Ent-
stehung des Bürgermeisteramtes bilden müssen. Aber auch
der Bürgermeister war kein selbständiger, städtischer Beamter,
sondern ein vom Landesherrn designirter und beaufsichtigter,
beziehungsweise beurtheilter und gerichteter Würdenträger, der
90 Lorenz.
niemals eine ähnliche Stellung besass, wie sie die obersten
fStadtbeamtcn der Reichsstädte bereits seit dem Anfang des
14. Jahrhunderts hatten.
So lässt sich denn zum Schlüsse mit voller Beruhigung
sagen, dass durch Herzog Albrecht I. eine der folgenreichsten
und durchgreifendsten Veränderungen in dem Leben Wiens her-
beigeführt worden ist 5 und nichts wäre irriger, als wenn man
behaupten wollte, dass die von Kaiser Friedrich II. und König
Rudolf angebahnte Entwicklung Bestand gehabt hätte. Vielmehr
wurde sie in das gerade Gregentheil umgewandelt und eben
durch diesen Umstand bietet die Stadtgeschichte von Wien
die Gelegenheit, den begrifflichen Unterschied, der zwischen
Reichsstädten und Landstädten festgehalten werden muss, an
einem und demselben Beispiel zu zeigen, während man in den
anderen Fällen meist verschiedene Gemeinwesen und Entwick-
lungen vergleichend neben einander stellen musste, um zur
Ueberzeugung zu gelangen, dass auf diesen Wegen sehr ver-
schiedene Resultate erreicht worden sind.
Wollte man in letzterer Hinsicht die Gedanken noch
weiter fortspinnen, die sich an die nachgewiesenen Unter-
schiede der Städte anschliessen, so wäre es sehr verlockend,
einen Excurs auf das Gebiet der ökonomischen und Cultur-
verhältnisse zu machen, doch dürfte hier nicht der geeignete
Platz zu einer genauen Untersuchung des Gegenstandes sein,
welche wir daher lieber für eine andere Gelegenheit sparen
müssen. Nur einiges mag man mit Rücksicht auf Wien zu
sagen gestatten. Dasselbe ist bereits im 14. und 15. Jahrhun-
dert als eine ausserordentlich blühende Stadt gerühmt , mit
welcher sich die Reichsstädte, wie Augsburg, Nürnberg, kaum
messen könnten. Von den Besitzverhältnissen der Bürger-
schaft, welche ausgedehnte Weinbergrechte und sehr viel
Grundeigenthum hatte, und von der günstigen Lage der Stadt
für Handel und Verkehr abgesehen, wird mau in dem starken
Friedensschutz, welchen eine so gewaltige landesherrliche Macht
zu verleihen im Stande war, ein wesentliches Moment des
Aufblühens der materiellen Verhältnisse erblicken können. Die
östeiTeichischen Städte wurden durch keine Fehden und Kriege
belästigt, wie die Reichsstädte. Jahrhunderte lang sah Wien
keinen Feind vor seinen Mauern. In dem weiten Gebiet, welches
Ueber den Untcrseliicil von Eeichsstädten und Landstädten. 91
der Landesherr mächtig beherrschte, fand der städtische Kauf-
mann ausgezeichneten Schutz. Die Strassen waren nicht von
einer Unmasse von feindlichen Rittern wie in den Reichs-
gebieten belästigt. Der landesherrliche Schutz kam den Städten
nach der materiellen Seite ihres Daseins zu Gute. Aber auch
für alle ihre sonstigen Anstalten sorgte die Landeshoheit. Die
hohe Schule gründete der Herzog. Die Kirchen und Geistlichen
stehen in keinem Verhältniss zur Stadtgemeinde. Der Rath
besitzt keinen Einfluss auf irgend welche geistliche Angelegen-
heiten. Eine bürgerliche Bevölkerung, welcher im politischen
Leben nie das Gefühl der Verantwortlichkeit anerzogen wurde
und welche keinerlei Einfluss auf die geistigen Potenzen des
Lebens zu nehmen hat und nehmen kann, wird aber in ihrer
Entwicklung gewisse andere Resultate zu Tage fördern, als
eine Stadt, welche jederzeit auf sich gestellt, für Frieden und
Krieg die eigene Verantwortung in der Gesammtheit und in
jedem einzelnen erweckt.
So ist es gekommen, dass man auch in der Literatur in
den österreichischen Städten einen Mangel der Theilnahme für
grosse und merkwürdige Erscheinungen der deutschen Reichs-
städte wahrgenommen hat. Weder der Mysticismus , noch der
Meistergesang kam in den österreichischen Städten zur Gel-
tung. Blickt man vollends auf das Zeitalter der Reformation,
so wird der Unterschied zwischen einer von einer streng katho-
lischen Landesherrschaft regierten Landstadt und einer sich
selbständig regierenden Reichsstadt erst recht heraustreten.
Manche ungerechte Beurtheilungen des österreichischen Volks-
stammes würden sicherlich unterblieben sein, wenn man sich
immer überlegt hätte, dass der Rath des ansehnlichen und
mit den grössten Städten der damaligen Welt wetteifernden
Gemeinwesens von Wien über geistliche, wie über politische
Dinge nicht das mindeste zu entscheiden hatte, dass er über
keine einzige Kirche verfügte, nicht einen einzigen Prediger
bestellte und natürlich schon ausserordentliches zu leisten
sich untertiug, wenn er gegen die Wünsche des Landes-
herrn die am Sonntag nach Uernuls hinausziehenden Prote-
stanten von den Scharwächtern nicht einfangen und mittelst
der ihm allerdings zustehenden Strafgewalt nicht büssen Hess.
So war denn die reformatorische Bewegung unter dem Bürger-
92 Lorenz.
stände in Oesterreich immer nur eine Sache der Vereinzelung
und einer blossen oppositionellen Stimmung- geblieben. Rechte
in diesen Dingen hatte nur der Adel, mit dessen Kampf gegen
die landesherrliche GcM'alt denn auch die Reformation in Oester-
reich stehen uud fallen musste; aber dem Bürgerstande war
durch die Verfassung seiner Städte, durch die von Albrecht I.
durchgeführte Unterwerfung seiner Räthe unter die Landes-
hoheit die Theilnahme an der Bewegung im Grossen versagt.
Niemals konnte zu St. Stephan in Wien, gleichwie im Münster
zu Strassburg durch Rath und Gemeinde bestimmt werden,
dass ,die Messe ab' sein solle. Es gab keine rechtliche und
legale Stellung des Rathes in Wien, welche bedeutende
Maassregeln gestattet hätte. Da mochten durch landesherrliche
Anstalten Handel und Wandel sich mehren, steinerne Häuser
erstehen und manche Kunst im heiteren Treiben des süddeutschen
Lebens sich regen, aber die ernsteren Eigenschaften des Volks-
charakters und jene politischen Tugenden, welche nur durch die
Selbstregierung freier Städte und durch das Gemeingefühl der
Verantwortung aller und jedes im Laufe der Geschichte be-
gründet zu werden pflegten, konnten im österreichischen Bürger-
stande nur im geringen Maasse gedeihen. Hierin aber sehen
wir die wahren Wirkungen der grossen Umwandlung Wiens
aus einer Reichsstadt in eine Landstadt.
II. SITZUNG VOM 9. JÄNNER 1878.
Herr Jakob Friedländer in Wien überreicht:
1. eine Abhandlung, welche betitelt ist: ,Die Idee als
das erziehende Moment der Volkskraft' mit dem Ersuchen um
ihre Aufnahme in die Sitzung-sberichte;
2. eine Schrift: ,Empedokles und seine Stellung zum
Alterthum' mit dem Ersuchen um Gewährung eines Beitrages
zur Drucklegung.
Herr Friedrich von ßärenbach (Medvecky) übersendet
1. sein AVerk: , Gedanken über die Theologie in der Natur';
2. eine Abhandlung, welche betitelt ist: , Beiträge zu einer
kritischen Erkenntnisstheorie', und um deren Aufnahme in die
Sitzungsberichte ersucht wird.
An Druckschriften wurden vorgelegt:
Academia Olimpioa diVicenza: Atti. Primo Semestre 187G. Vicenza, 1876;
gr. 80. — Secondo Semestre 1876 e primo 1877. Vicenza, 1877; gr. S«.
Academie Imperial des Sciences de St.-Petersbourg : Bulletin. Tome XXIV.
N" 3. (FeuiUes 22—28). St-Petersbonrg, 1877; 4».
Accademia R. della Crusca: Atti. Adunanza publica dcl 19 di Novembre
1877. Firenze; 80.
Akademie der Wissenseliaften, königl. Preussische zu Berlin: Monatsbericht.
September und October 1877. Berlin, 1877; S".
Bärenbach, Friedrich von: Gedanken über die Teleologie iu der Natur.
Berlin, 1878; 8".
Bibliotheque Nationale en ls76: Rapport k M. le Ministre de Tlnstruction
publique. Paris, 1877; 4^.
94
Dudilc, Bedu Dr.: Karl's von Zerotin liöhmische Bibliothek in Breslau.
Prag, 1877; 12".
Gesellschaft, k. k. geographisclic, in Wien: Mittlieilnngen. Band XX.
(N. F. X.) Nr. 10, 11 und 12. Wien, 1877; 4".
— der Wissenschaften, OberLausitzische: Neues Lausitzisclies Magazin.
LITI. Band, 2. Heft. Görlitz, 1877; 8".
Institut, koninklijk voor de Taal- Land- en Volkenkunde van Nederlandsch-
Indie: Bijdragen. Vierde Volgreeks. Erste Deel, 2^^ Stuk. 'S Graven-
hage, 1877; 8«,
Journal, the American of Science and Arts. Third Series, Vol. XIV. (Wliole
Number CXIV). Nr. 84. December 1877. New Haven 1877; 8". —
A Description of the Rochester, Warrenton and Cynthiana Meteoric Stones,
by J. Lawrence Smith. Louisville, Kentucky, 1877; 12".
Mittheilungen aus Justus Perthes' geographischer Anstalt von Dr. A. Peter-
mann. Ergänzungsheft Nr. 52. Gotha, 1877; 4".
,Revue politique et litteraire' et , Revue scientifique de la France et de.
l'Etranger'. VIP Annee, 2« Serie. N° 27. Paris, 1878; 4".
Society, the American geographica!: Bulletin. Nr. 4. New York, 1877; 8".
Statistisches Departement im k. k. Handels-Ministerium: Nachrichten über
Industrie, Handel und Verkehr. XIII. Band, 3. Heft. Statistik des öster-
reichischen Postwesens im Jahre 1876. Wien, 1^7; 4".
Verein, Siebenbürgischer für romanische Literatur imd Cultur des romanischen
Volkes. Anulu X. Nr. 9—24. Brasiovu, 1877; 4". Anulu XI. Nr. 1. Bra-
siovu, 1878; 4".
— für Nassauische Alterthuraskunde und Geschichtsforschung: Annalen.
XIV. Band. Heft 1 und 2. Wiesbaden, 1875 und 1877; 4". — Römische
Ansiedelungen in der Umgebung von Wiesbaden von Dr. K. Reuter.
Wiesbaden, 1876; 12". — Zur Geschichte des Rfimischcn Wiesbadens. IV.
Römische Wasserleitungen in Wiesbaden und seiner Umgebung von
Dr. K. Reuter. Wiesbaden, 1877; 12".
— Militär-wissenschaftlicher: Organ. XV. Band, 4. lieft. 1877. Wien; 8".
II 0 r a w i t 7. Analecten z. Gcscli d. Reformation \\, d. Humanismus in Schwaben. 95
Analeeten zAir Geschichte der Reformation und des
Humaiiismns in Schwaljen.
Von
Adalbert Hoi'awitz.
Aus dem Codex latinus Monncenais 4007, der für die Aua-
lecten zur Geschichte des Humanismus in Schwaben
(Sitzungsberichte LXXXVI.) viel Material geboten, werden die
folgenden zweiundsiebenzig Briefe aus den Jahren 1518 bis
1527 als letzte Lese aus jener Handschrift mitgetheilt.
Auch ihr Inhalt ist ein Beitrag zur Huraanistengeschichte
Schwabens, aber nicht zu dieser allein.
Eine andere Bewegung ist es noch, die auch in diesen
Blättern ihren Ausdruck findet, angestaunt und gepriesen, mit
Besorgniss betrachtet und angegriffen wird — die Bewegung
der Reformation!
Gerade mit dem Jahre, aus dem die ersten Briefe der
folgenden Sammlung herrühren, beginnt ja auch in Schwaben
die lebendigste Theilnahme für Luther, der schon bei der
Heidelberger Disputation 1518 in der akademischen Jugend
grosse Begeisterung erweckte. ^
]\Ian erkennt es auch aus den hier mitgetheilten Briefen,
wie sehr Luther's Wirken bei den bisherigen Pflegern des Huma-
nismus Beifall fand, mag aber auch aus ihnen die Trennung
der Geister erkennen, die entweder Luther unbedingt nach-
folgend zu seinen Helfern und Freunden werden, oder aber
durch die Schrecken des Jahres 1525 abgestossen, sich scheu
von ihm zurückziehen, wenn sie nicht gar geradezu gegen
1 Franciscus Ireniciis (Expgesis Gennaniae) nennt ihn damals sclion den
Antesignamis der deutschen Tlieologen.
yö H 0 r a w i t z.
ihn auftreten, wie Joh. Faber, der humanistisch gebildete
Generalvicar von Constanz.
Wieder sind es vorwieg-eud schwäbische Kreise, die hier
cörrespondiren (Ravensburg, Ueberlingen, Constanz, Augsburg,
Freiburg), aber auch Briefe aus Ingolstadt, Speier, Nürnberg,
aus Wittenberg, ja selbst aus Rom liegen vor. Männer, deren
Schicksal später so wesentlich auseinanderging, Aleander und
Urbanus Rhegius, Joh. Faber und Blaurer u. A., erscheinen
hier nebeneinander in dem Freundeskreise des Michael Hummel-
berger's. Aber man kann es schon aus den ersten Briefen ent-
nehmen, dass die meisten dieser Männer der alten Kirche treu
bleiben oder wieder zu ihr zurückkehren werden. Die Meisten
von ihnen stehen unter dem Banne des Erasmus oder des Zasius.
Nicht jeder vermochte sich von seinen Freunden, seiner
Ueberzeug'ung gehorchend, so loszureissen, wie es Urbanus
Rhegius u. A. Eck gegenüber gethan.
Bedauerlich ist es, dass die Berichte aus Wittenberg, die
der daselbst studirende Ulianus sendet, so wenig, ja fast nichts
über Wittenberg selbst und das damals so hochgesteigerte
Universitätsleben erzählen, sondern sich lieber in Localklatsch
und der Besprechung persönlicher Angelegenheiten ergehen.
Manches aber bieten auch sie, das mir wichtig genug schien,
um seinetwillen die Briefe ganz abdrucken zu lassen.
Mag nun Einiges über den Inhalt gesagt werden.
Schon der erste Brief zeigt aufs Neue die hohe Achtung,
in der Hummelberger bei der schwäbischen Gelehrtenwelt stand.
Johannes Alexander Brassicanus, der jugendliche Sohn des
bekannten, Hummelberger befreundeten Philologen trug ihm
eine wahrhaft schwärmerische Zuneigung entgegen, in über-
schwänglicher Weise preist er sich glücklich in einem Zeitalter
geboren zu sein, in dem Erasmus und — Hummelberger leben.
Es versteht sich von selbst, dass er ihn und seinen Bruder, den
Mediciner Gabriel, in Gedichten verherrlicht; zu des letzteren
Hochzeit sendet er natürlich ein P^pithalamion, das ich als
eines der frühesten Gedichte des Brassicanus zum Abdrucke
bringe. Mit ihm blieb Hummelberger stets in einem warmen
Verhältnisse, er ertheilt ihm väterliche ' Rathschläge und ist um
• Brassicauus nennt ihn z. B. (Nr. VI) geradezu Pater.
Analecten znr Gescliiclite der Reformation und des Humanisraas in Scliwuben. ,)7
seinen guten Namen und \\m seine Wohlfahrt lebhaft besorgt
(cf. Nr. VIII). Er mahnt ihn berühmte Männer hochhalten zu
wollen, so z. B. den Beatus Rhenanus, warnt ilin vor dem
Hofleben, beklagt es, wenn Andere seine Arbeiten tadeln,
sucht ihn vor mancher üebereilung abzuhalten, er möge es,
meint er (z. B, Nr. XXIII), nicht M'ie gewisse junge Leute
machen, die sich durch Invectiven einen Namen erwerben
wollen. Aber auch Brassicanus lohnt sein Vertrauen, er unter-
richtet ihn über alles Wichtigere in seinem Leben, bespricht
seine Pläne und Leistungen, seine Hoffnungen und Aussichten,
Man erfährt dabei manches Neue, so ersieht man aus Nr. XXII,
dass Brassicanus sich um 1519 durch drei Monate bei Hofe,
wie es scheint, im Dienste des k. Orator Maximilian von
Seuenberg befand, überblickt seine ausserordentlich rege litera-
rische Wirksamkeit — rasch nacheinander erschienen sein Häv,
der durch ihn verbesserte Text der Eklogen des Calpurnius
und Nemesianus, seine Gedichtsammlung , Caesar', die Schrift
an Kaiser Karl V., die patriotischen Ergüsse gegen die Fran-
zosen u. s. w. Er selbst sagt, er arbeite im Fluge. Aehnliches
fanden seine Gegner, die unter Anderen den ,Omnis' für ein sehr
jugendliches Werk erklärten (Nr. XXIII) und ihm überhaupt
die Lebensluft einengten. Diess fühlte Brassicanus ganz genau,
er bittet da wohl Hummelberger ihn gegen die ,latrans grex'
zu vertheidigen (Nr. VI). Und in der That Brassicanus konnte
sich zu Tübingen nicht halten, nach längerem Schweigen, von
dem er versichert, dass es die ihn herumtreibende Ate ver-
schulde (LIV), schreibt er dem alten Freunde endlich aus
Ingolstadt (1522) voll Vergnügen, dass er aus dem , Felde der
Böswilligkeit aus T.' erlöst sei. Er erzählt von seinen neuen
Lebensplänen, er will — wie es auch Simler gethan — aus
einem Poeten Jurist werden. Die Antwort Hummelberger's (LV)
ist etwas spöttisch gehalten; er beglückwünscht ihn aber zur
erreichten Palme und macht schliesslich eine dunkle Anspielung,
Brassicanus möge sich in Ingolstadt nicht missbrauchen lassen
(von wem?). Die letzte Correspondenz des Brassicanus ist —
wie ich glaube — aus dem Jahre 1525 und behandelt Fami-
lienverhältnisse.
Auch zu den alten Pariser Freunden unterhielt Hummel-
berger fortwährend mehr oder minder rege Beziehungen. Hiero-
Sitznngsber. d. phil.-hist. Cl. LXXXIX. Bd. 1. Hft. 7
«70 11 ü r a w i t z.
nymus Aleander z. B. sclireibt ihm aus Rom (5. April
1518) von den vielen Geschäften, die ihn beengen, von dem
Vertrauen, das ihm der Papst und der Vicekanzler schenken,
wie sie ihn durchaus nicht fortlassen wollen und ihm den
g-rössten Lohn versprächen, wenn er ihnen etwas von ihren
Lasten abnähme. Man weiss, wie Aleander dann wirklich in
Rom geblieben ist, von wo er (1519) einen überaus höflichen
Brief des alten Freundes, der ihm auch in einem Briefe (XIII)
an Rosiuus Grüsse sendet, (XX) mit den gewöhnlichen Klagen
über Ueberbürdung und Krankheit aber auch mit freundlichen
Versprechungen beantwortet (XXI). Auch an Kierher, den
Pariser Studiengenossen findet sich ein Brief (XXXIII) voll
Freuüdschaftsversicherungen ; Kierher ist aber mittlerweile ge-
storben. Hummelberger feiert sein Andenken durch ein Epitaph
(cf. XXXVII), kommt bei diesem Anlasse in Verkehr mit dem Dom-
herrn und Dechant zu Speier, Thomas Truchsess (XXXIV), dessen
er sich als eines neuen Freundes in einem Briefe an seinen alten
Pariser Genossen, den Domherrn Albert T. rühmt (XXXVIII
und XXXIX). Neben diesen Beziehungen laufen zahlreiche neu-
geknüpfte Verbindungen, wir finden Briefe an Ungelter in Ulm
(Nr. V), Gerbel (II), Br. Amerbach (VII), dem er einen Emenda-
tionsvorschlag zur zweiten Ausgabe des Neuen Testamentes
von Erasmus macht, an Sapidus (cf. LVI, LVII, LXI), dem
er hohes Lob über seine Methode ertheilt und klagt, dass man
in diesen schweren Zeiten (1525) nicht einmal mit den Freunden
in Verkehr treten könne. Er mahnt ihn trotz aller Anfechtungen
am Evangelium zu halten. Klagen über ' die Pest, die den
Hummelberger, wie so viele seiner Zeitgenossen oft vertrieb,
fehlen hier so wenig, wie über den Mangel an Boten; das sind
ja stehende Phrasen in den Ilumanistenbriefen, ebenso die über-
schwängliche Bewunderung des Erasmus, in dessen Hierouymus-
Briefe Hummelberger sich mit grösster Freude vertiefte. Reizend
sind in ihrer einfachen Naivität dagegen alle jene Bemerkungen
rein persönlicher Art, z. B. die idyllische Schilderung, welche
Hummelberger dem Apocellus von seinem der Religion und
Wissenschaft gewidmeten Stillleben macht (XI). Eben weil
Hummelberger diesen beiden sein Leben weihte, eifert er so
heftig gegen unwissende oder selbstsüchtige Priester, diess ver-
bindet iliu mit der jüngeren Humanisiengeneration, wie mit den
t
Analecten zur Geschiclite der Reformation und des Humanismus in Schwaben. 99
ersten Reformatoren. Eben die Sehnsucht nach Frieden, in dem
man ungestört wissenschaftlich arbeiten könne, musste ihm aber
jene Gräuel der Bauernkriege mit all ihren Verwüstungen ver-
dammenswerth erscheinen lassen und ihn auch der kirchlichen
Bewegung, die Unruhe erzeugte, entfremden. In den Briefen an
die Freiburger Gelehrten sind es meist wissenschaftliche An-
gelegenheiten, die besprochen werden. So erzählt Bedrottus von
den griechischen Studien, die er und Baetzius (um 1521) nach der
Grammatik des Gaza unter Führung des Konrad Hirtzbach
unternommen, dem Baetzius sei es freilich zu schwer geworden
(cf. XLVIII und LXIX). Hirtzbach selbst schreibt voll devoter
Verehrung an Hummelberger (LI), berichtet über Ursinus Velius,
den Hummelberger in seiner sehr höflichen Erwiderung (LH)
grüssen lässt. Interessant ist die Bitte Hummelberger's ihm
Alles über Erasmus zu schreiben, was Hirtzbach in Erfahrung
bringen könne, er wolle ihm über Luther schreiben (LH). In
der That scheint Hummelberger über den Wittenberger Re-
formator gut berichtet worden zu sein; dies führt zu den Be-
ziehungen zu Urbanus Rhegius, Thomas und Ambros Blaurer,
Botzheim, J. Faber, den Ulianus, Konrad Adelmann und
Pirkheimer. 1 In dem Briefe an Konrad Adelmann (LXIII)
beschäftigen den Schreiber viele Gedanken zugleich. Einerseits
ist es die Sorge wegen der Bauernunruhen, die ihn erfüllt, er
fürchtet, dass — wie es wirklich geschah — die Sieger ihren
Sieg missbrauchen würden. Eben so verständig, wie er in dieser
Sache spricht, ist sein Urtheil über Erasmus, den gering zu
achten bereits Sitte geworden. Er hält diese Geringschätzung
für sehr thöricht und verweist auf die grossen Verdienste des
singulären Gelehrten um die Welt. Während Hummelberger
dann die Wiedertäufer und ihre Bestrebungen verurtheilt,
wünscht er von Adelmann Briefe, die Luther oder Melanchthon
an diesen geschrieben und wenn es auch nur Abschriften wären.
Mit Melanchthon trat Hummelberger früh in Verbindung; er
empfiehlt auch den Thomas Blaurer an ihn (XLI). In den
1 Die weniger wiclitigen Briefe an Philonius (XLV), Menlishofer (XII,
LXVII), Egeliius (XXXVI), Locher (XXVIII), (labriel Hummelberger
(XXVI), Lanius Brigantinus (L) können in diese m Zusammenhange wohl
übergangen werden.
7*
100 Horilwitz.
Briefen an den letzteren sprach er sich auch über Urbanus
Rhegius aus (decus et ornamentum ciuitatis nostrae nennt ihn
Blaurer) mit dem er durch Egell bekannt wurde und dessen
Freundschaft er sich zu besonderer Ehre anrechnete. Freilich
war Urbanus Kliegius damals noch nicht für die evangelische
Sache eingetreten. Als er nach Constanz übersiedelte, lebte er
(cf. XVI) mit Johann Faber in demselben Hause — sie standen
in den engsten Beziehungen; war ja Urbanus ein Schüler und
Freund des Ingolstädter Professor Eck! Offen spricht sich
Hummelberger ihm gegenüber über den Verfall des Priester-
thums aus (XVII), nicht minder scharf sind die Worte, in
denen Rhegius diese Aeusserungen beantwortet (XVIII). Er
spricht von den ,caeca animalia^ in diesem Stande und tadelt
die Unsitte der Prüfenden, welche dergleichen unwissende
Leute in den Priesterstand aufnehmen. Interessant ist dabei
besonders die Aeusserung der Vertheidiger dieser Maassregel:
nullos sacerdotes breui futuros nisi iuterdum conniueant ad
ruditatem examinandorum u. s. w. Und als Urbanus Rhegius
endlich ganz entschieden für Luther auftritt, sich die alten
Genossen zu Feinden macht, lässt Hummelberger doch nicht
von ihm, er zeigt innige Liebe für ihn, ist voll Sorge, dass
Arges über ihn gesprochen werde (LXX) und vertheidigt ihn
gegen den erzürnten Faber (XLIV).
Eine sehr liebenswürdige Persönlichkeit tritt uns in
Botzhemius Abstemius, dem feinen Domherrn von Constanz
entgegen. Alle Richtungen der Zeit linden in ihm ihren Aus-
druck, er treibt den Erasmus-Cultus, eifert gegen die Winkel-
prediger, ist voll patriotischer Heftigkeit gegen die Franzosen
(LXIIj, nimmt an Luther Antheil und ringt mit rührendem
Eifer danach, das herrliche Griechische, das aber so schwierig
sei, zu erlernen (XXIX). Ein köstliches Gegenstück bildet
jenes Exemplar einer, wie es scheint, ziemlich verbreiteten
Gattung von Schwindlern, die in Hunumismus machten^ sich
mit Luther's und Melanchthon's Freundschaft brüsteten und sich
mit fremden Federn schmückten. Es ist ein Mönch aus dem
Kreise des Ulianus, der uns in der Correspondenz des Sohnes
desselben mit Hummelberger vorgeführt wird, ein plumper
dummer Gesell, der den Picus geistig bestiehlt, zuerst über
Melauchthou schimpft, als ihn aber Alles lobt, sich des genauen
i
Analecten zur Geschichte der Reformation und des Humanismus in Schwaben. 101
Verkehrs mit ihm rühmt (cf. z. B. XL, XLIII, XLIX). Man wird es
Hummelberger gern glauben, dass jener Philophoebus — so nannte
sich der Schwindler — für die glänze Richtung- und Luther, dessen
Freund zu sein er vorg-ab, discreditirend wirken musste.
Mit dem Bauernkriege begann die Wandlung bei den
Meisten; die Art und Weise wie Hummelberger über einen
unglücklichen Prediger spricht, dem die Augen ausgerissen
wurden, ist sehr wenig nach unserem humanen Geschmacke,
auch die moralisch sein sollenden Bemerkungen, die sich daran
knüpfen, verrathen grosse Befangenheit und Engherzigkeit, sie
leiten gut hinüber zu den bitterbösen Ergüssen Pirkheimer's
gegen die Sache, die er selbst einst begeistert verehrte. Für
die Charakteristik eines grossen Theiles der damals Leben-
den ist die Correspondenz Hummelberger's mit Pirkheiraer
(Nr. LXVIII, LXIX, LXXI, LXXII) über den Verlauf der
kirchlichen Bewegung ausserordentlich lehrreich.
Schliesslich noch wenige Worte über die Art dieser Edi-
tion. Ich bin diessmal von der Angabe von Citaten aus Classikern,
die sich im Texte der Briefe finden, beinahe völlig abgegangen,
und zwar einerseits aus dem Grunde, weil alle Humanistenbriefe
von bewussten und unbewussten Entlehnungen strotzen, anderer-
seits aber der Nachweis den Kennern nichts nützt, im Allge-
meinen die grosse Mühe, die derselbe verursacht, durch die end-
liche Darlegung einzelner Stellen, von denen man beiläufig ja
doch die Provenienz wusste, nicht gelohnt wird. Bei der Wieder-
gabe des so verderbten Textes habe ich von Emendationen fast
ganz abgesehen und auch arge Widersinnigkeiten stehen lassen;
die Emendation ist eben nicht meine Sache und mag Berufeneren
überlassen bleiben. Ueberhaupt geht meine Ansicht dahin, man
möge bei Humanistenbriefen nur frisch den Text abdrucken und
sich mit dem nebensächlichen Beiwerk nicht aufhalten; die Fülle
des edirten Stoffes wird dann selbst gewisse Beziehungen u. s. w.
erklären. ' Es gibt ja in der Wissenschaft viel lohnendere Auf-
gaben und lässt sich Zeit und Arbeitskraft zweifellos besser ver-
wenden.
' Freilich darf es dann bei keiner Publication an sorgfältigen Personen-
registern fehlen.
±02 H 0 r a w i t z.
Constanz. I. 4. März 1518.
Joannes Alexander Brassicanus Michaeli Hummelbergio suo
salutem.
Redditae sunt nobis literae tuae Michael doctissimae et
amicae et homerica illa loto cyparissique fructu refertissimae,
quibus me porrecta fronte (quamuis ne in cena quidem lau-
datuin) in amicorum tuorum pictatium non palinxeston Catullia-
nam accipis. O me Arcade ipso feliciorem Soeratico gaiidet,
quod sit Plato natus Athenis tempore. ' Ego cur non gaudeam,
qui sub Erasmo Travia cy.Tw, ^ qui sub Hummelbergio Copiae cornu
in lucem prodierim. Niobes natis me fortunatiorem quis non
praedicet, cui non illud apud Lacedaemonios de Hercule dicenti
eueniat. Quis me non Timothei retiis fortunam oepeTToXov habere
dicat. ,Nonopis est nostrae grates persohiere dignas.^ Dii tribuant,
quibus ut ille ait scti ouoev äsATüTOVj omnia (Plautino calculo) ^ in tarn
procliui ut imber. Habebis, igitur me ubique Jouis Sandalion uir
optime: ,Seruiet officio spiritus istetuo.' Habes hinc Epithalamion
in nuptias fratris tui Gabrielis uiri traditionis praecellentissimi a
me concinnatum. Vellem tarn bene placeret, quam belle mihi
Hummelbergii Ledaeo ouo feliciores placent. Plura mihi sunt
apud Tubingae Necharanae academiam, quibus in te et fratrem
lusi, nescio an docte, uere tamen et amice. Breui omnia uidebis.
Si flagitatorem importunum (qui etiam euangelicis literis pro-
baturj audis, mitte ad nos et non nisi certo nuncio, Epigram-
mata uaria, quae Lutetiae et Romae quondam collegisti, etiam si
amico fidem adhibes, tuum Exercitationum libelkim.^ Dabo omnia
iterum sincero sinceriora. Vale bene et scribo frequens breviibus
tantum. Beatus Rhenanus polyhistor ille iussit literis suis ad
me datis, ut te terque quaterque salutem. Non minus tardo
1 Offenbar verstümmelt.
2 Es ist das Werk des Erasmus Absolutissimus de octo partium ora-
tionis constructioae libellus Arg. 1515 gemeint, das auch 1517 zu Basel
erschien.
3 Plaut. Capt. II. 2. 86.
* Hummelberger hatte einen libell. exercitationum p^eschrieben, an den er
aber 1518 noch nicht die letzte Hand gelegt, et". Nr. III. Ich glaube nicht,
dass er gedruckt wurde, Iiabe ihn auch in der Bibl. Rhenaua nicht auf-
finden können.
Analecten zur Geschichte der Keforraation und des llumanismue in Schwaben. 103
tardior in scribendo Bebelius noster. Coustantiae. Ex Aedibus
D. Joaunis. Brief. ' Anno XVIII. Mensis Martii die IV.
Epithalamion in nuptias Gabrielis Hummelbergii
autore Joanne Alexandro Brassicano.
Diue Hymenaee ueni, redimite tempora myrto
Littorea, haud tardo curre Hymenaee gradn,
Eumpe moras; tua ope est opus. I cito, sunt noua Musis
Gaudia, sunt celebris foedera parta toi'i.
Gabriel egregius Phoebi Podalirius herbis
Docta maritali subdidit ora iugo.
Gaude Hymenaee sinu nitido formosa puella
Fortunae atque animi munere iuncta uiro.
Adspirent superi, uentis connubia dextris
Sint noua, siut gremio uela secunda leui
Sparge nuces templis tectisque intonsa iuuentus
Parue puer quinas lumine prome faces
Cornua plena alti cum Cynthia solis alumna
Finiet et summi semina iacta poli,
Gabriel haud laeuo ludat puer alite natus
Coniuge felici, pignora cara bonis.
Alma quies taedas foueat. Pax aurea regnet
Sit sine Marte torus, sint sine lite lares.
Diue Hymenaee faue, modo sis pro tempore ligno
Factus, habent magnum saepe colostra Jouem
Dum pecorosa gregi fetui-a accesserit^ esto
Aureus et Croeso membra adoperta geras.
Michaeli suo Hummelbergio, -
Maecenati amicissirao, Alexander Brassicanus poeta et orator
laureatus.
Parcius ut laudem scribis te docte Michael
Quis poterit digna te memorare chely
' Sollte diess niclit Johannes Brieffe/- (der (Jorreapondent des Rheiianu.s) sein?
- An der Seite stehen die Worte: Virtute duce, comite fortuna.
104 Horawitz.
Quam ualeam sola te dicere carminis umbra
Ante oriens Titan miserit Antipodas.
IL U. März 1518.
Michael Hummelbergius Nicoiao Gerbellio S. P. D.
Etsi ad te lubens seniper scriberem, fiater et amice pri-
marie, facit tarnen tabellariorum penuria, ut meis uotis frustrer.
Niliil certe mihi adeo uoluptati esset, quam te saepius meis
literis inuisere, tecuin et ioca et seria miscere, te meis oblec-
tare et inuicem tuis uoluptatein capere, quibus olim mihi
Romae spiranti, nihil contigit suauius, nihil iucundius. ' Ea
namque et elegantia et eriiditione excultae sunt, ut saepius me
harum lectione peroblectem. Nam eas thesauri loco inter ceteras
amicorum cedro dignas epistolas olim iam diligenter conseruo
frequentiusque sub oculos reuoeo et periueunde lego, ne unquam
tui, amici adeo nobilis obliuiscar, Arbitror, te itidem agere et
mei memoriam tibi nun sine quadam dulcedine semper in
promptu esse. Rogo eara non obliteres tarn diutina a.T.pcoTi^opia.
Non eousque calamo et chartae quaeso faueas, ut me tui et
earundem (quod inquiunt) Musarum perquam studiosum negli-
gere, desiderium legendi tuas aequo diutius distinere et uolup-
tatem hanc meam, quam tuis ex literis capio, fraudare uideare.
Sed rumpe moras. Scribe uel Asiaticas literas de ualetudine,
de fortuna, de omni denique uita tua, quae mihi non minus
quam propria curae est, quod te uero amore complectar et
omnia tibi ex animi sententia feliciter succedere uelim. Quod
uero ad me attinet domi meae XpicTo;rj(7rr;v ob-/, oi|j.ai acsß-^jv necdum
ullo sacerdotio donatuin ago. Proinde nemini nisi deo et amicis
obstrietus, illi cumprimis, dein mihi et amicis spiro et uiuo.
Sortem tranquillam amplector et quidquid medioeris mihi for-
tunae est, boni consulo. Gabriel uero frater germanus uxori
uiuit, quam superiori Jauuario Pediophani '^ va xwv o[j.o(u)v parem
> Cf. Analecten Nr. XXXVI.
■2 Feldkirch.
Analecten zur Geschichte der Reformation und des Humanismus in Schwaben. lOO
opibus et g-enere duxit. Sed et Joannes Menlishoferus, conso-
brinus mens, Constantiae primis sanctum post pascha diebus
(y.ax' AucGvtov sixsTv) nuptias celebrabit. Is Constantienensem
puellam xw -Xsjtw y.xi ^vm aequalem despondit. Haec de tbr-
tuuis nostris, orwais ^6-^e vjv v/o[j.v^, hoc consilio, ut tuas literas
facilius impetremus, quibus de re literaria et classicis uiris,
qui istic sacras amplexamur Musas, nonnihil ad nos scribas
puto, quid parturiant an uero semper mussitent. Joanni lluolphio/
Theseo nostro, homini docto, faceto commodoque ko s[j,oj Gy[X7:ir/),
quo lepidiorem non inuenies altemim meis uerbis salutem plus-
quam saluam dicas uelim. Facito niemorem scommatis, quod in
illum ipsuni Romae febiibus exaestuans nee mentis satis compos
ob magnani aegritudinem proieci, ridebit scio ^sAwra iwvabv /.al
aßpbv. Vale. Pridie Eid. Mart. MDXVIII.
Fol. 96.
III. 20. März 1518.
Michael Hummelbergius Rauenspurgensis Joanni Alexandro
Brassicano S.
Tuas literas, florida oratione et remotiori lectione per-
quam elegantes et doctas, V. Id. Mai'tiis ^ recepi, quibus meas tibi
placuisse et intelligo et gaudeo. Lubens mihi obsequeris, Alexan-
der amicissime, laudas vit hortabar parcius, non minus tarnen
effusissime, copiae uerborum parcis; sed uno uel altero laudis
quidquid habes -a[j.-r(C-/;v efFundis. Uocas me -/ipa; 'Ai^aXO^ia? (ut
graece dixerim, quod tu latiue copiae cornu) adeo quidem paucis
ceterum largissimis. Quippe quibus Träca? xoLq apsTac, ciaai
hopiz'./ tW'y cAc; et omnigenani eruditionum abundantiara contri-
buis. Ego ctsi tanti non sim, quanti me facis et tibi uideor,
laudes tarnen hasce, studia haec mea utcunque commendantes
non usque adeo respuo, quin aequissimis auribus acceptas boni
consulam. Habent enim dulcedinis nonnihil, quod oblectet, quam-
quam plus aniicae sint, quam uerae. Epithalamion tuum in nuptias
' Ob dieser Johannes Wolf literarisch thätig gewesen, ist mir nicht nach-
weisbar. Cf. über ihn übrigens meine Änalecten S. 55. (269.)
2 IL März.
lOG Bora Witz.
Gabrielis, -o'j aoeXscu [xoij, Pediophanum misi, Quas tibi habet
gratias, uelliteris referet. Epigrammata, Lutetiae atque Romae a
me collecta, perpauca sunt, libris dispersa, necdum in ordinem
redacta, haec quum nouitatis gratiam prorsus exuerint, arbitror
tibi lectu minus iucunda fore. Leges tarnen nonnulla et breui, me
nuntio. Quandoquideni istic primis sanctum post pascha diebus
(ut noster Ausonius inquit) Joannis Menlishoferi, xsö r^; ix-piaq
c'.oatTAaXou, consobrini mei nuptiis ornamento futurus. Beatum
Rhenanum, sapienti eloquentia praeclarum, omnibus officiis ob-
serua, cole et medullitus ama. Dignus enim, qui a literatis et probis
uere diligatur. Quis te de meo exercitationum libello (f, iJ.äXAcv
£YX£ipioiw) certiorem fecerit, scire peruelim; nam illum uix uni
aut alteri ostendi, quod illi (quae mea est desidia) extremam
manum nondum imposuerim. Vale feliciter et me tuis literis
frequenter oblecta. XIII, Kls. Aprilis MDXIIX.
Fol. 97.
Rom. IV. 5. April 1518.
Hieronymus Aleander Michaeli Hummelbergio S. P. D.
Quum esset ad uos rediturus hie D. Correctoris Copis >
familiaris, uir profecto bonae frugis bonaeque peritiae et opti-
morum morum, non potui non ad te literas dare, idque quum
scirem, esse eum tui et tuorum amantissimum ; sed inprimis
uirtutum tuarum singularium praeconem et admiratorem. Quid
autem potissimum ad te scribam, nihil medius lidius habeo,
nisi illud scire uelis, esse me adhuc Romae, pontificis et uice-
cancellarii negotiis plus quam uelim occupatum; etenim, quum
essem Leodium rediturus, ,nequaquam*, uterque dixere, ,tam
cito, quin tu potius aliquantisper adhuc apud nos moraberis
et onerum nostrorum aliquid feres, neque deerunt, ubi tempus
locusque postulabit, debiti honores'. Quibus quum responderem,
esse mihi jus repetendi domum, ut meae huc legationis munere
' Wird wohl Coppi lieissen sollen und sich auf Wilhelm Coppus (auch
Cojms) aus Basel, Arzt zu Paris (Briefe Aon Erasmus, Leydner Ausgabe,
187 E.) und Freund des Erasmus (ibid. 170 E.) beziehen, den auch
J. A. Brassicanus im flixv neben Erasmus und Reuchlin erwähnt.
Analecten zur Geschichte der Reformation und des Humanismus in Schwaben. 107
perfungerer, iiialiierunt ipsi ad Leodioruin principem super
hac re scribere, quam ut ipsemet redirem pati, polliciti etiam
sunt eidem principi fore, ut seruitium hoc a me exhibendum
nonnihil etiam commodi et honoris ipsimet Leodiensi praesuli
afferat. Quod Deus faxit. Ego sane magis referendi aliquam
gratiam Leodiensi meo, optimo de me merito, quam proprii
ullius commodi causa hanc prouinciam adsumpsi; non inuito
tamen aut inconsulto prius Leodiensi, qui ea fini absentiam
meam se toleraturum rescripsit, dummodo sim aliquando ad se
rediturus. Quod omnino me facturum recipio, nisi mors curas
meas intercipiat. Quod nisi luihi incertissima, qua cum con-
flictor, ualetudo aduersaretur, sperare auderem, aliquid boni me
et principi meo et amicis et mihi Romae quaesiturum. ' In
qua re subinde ilhid mecum repeto: TSXAaO'. Srj y.paoiV/, /.od y.JVTcpov
dTAAo ttot' z-Xr,z.'^ Tu mi frater, si quid me interim uis, scribe.
Domus est mihi et in cancellaria et in palatio; uale et saluta
plurimvim Doctorem Gabrielera et reliquos omnes tuos meo
nomine et uiuere stude. Romae, die V. Aprilis MDXVIIL
Occupatissime.
Aus dem Cod. lat. Monac. 4007, fol. 98.
Ravensburg. V. 19. Juni 1518.
Michael Hummelbergius Rauenspurgensis Theodorieo
Ungelter '■' Ulmensi J. U. Doctori S. P. D.
Demandasti mihi nuper Constantiae, carissime Theodorice,
ut apud nostros chartularios ex emporetica charta ^ tibi quibus
' Es ist die Gesandtschaft gemeint, welche Aleander im Auftrage seines
Herrn, des Fürstbischofs von Lüttich, Erliard von der Mark für Stephan
Poucher, Bischof von Paris, 1516 unternahm, um dem letzteren den
Cardinalshut zu gewinnen, was Aleauder erreichte. Zugleich wurde er
mit Papst Leo und dem Cardinal von Medici bekannt, gab dann den Dienst
des Lütticher Bischofs auf und wurde endlich Bibliothekar der Vaticana.
2 Od. Rh. XX. V, 18.
3 Dietrich Ungelter stammte aus einer adeligen patricischen Familie aus
Ulm, correspondirte auch mit Peutinger; cf. Weyermanu: Nene Nach-
richten von Gelehrten und Kün.'itlern aus Ulm 357.
* Charta emporetica, Packpapier. Pliuius 13, 12.
1 08 H 0 r a w i t z
libros tuos operires chartacea reg^ula fieri curarem; quod fac-
turum me recepi. Sed quia chartulariis pro huiusinodi foliorum
laxitate (qualem coram monstrabas) cum formae tum lanei panni
(quibus chaitae ingerunturj desuut, nam praeter eam forinam,
qua Augustam et epistolarum chartam taciunt, habent nullam,
nee passim extare tales formas, quas imperiales uocant putarim,
nisi forsan Bononiae, ubi pro libris templorum ad musicas
notas inscribendas liieraticam chartam ' faciunt. Proinde fit, ut
in hoc negotio meum officium facere nequeam et si uelira ad-
modum lubens non modo in re tam leuicula, sed etiam maximae
molis, adeo te ueueror et uere diligo. Si quid aliud me facere
uelis, iubeas fidenter, faciam, quod me addecet. Commenda me
summo studio optimis uiris quibusque. Vale feliciter, mi Theo-
dorice et me mutuum ama et orna. Rauenspurgi XIIII. Kls.
Julii MDXVIII.
Aus dem Cod. lat. Monac. 4007, fol. 99.
Tübingen. VI. 3. Juli 1518.
Joannes Alexander Brassicanus Michaeli Hummelbergio
Rauenspurgensi S. P. D.
Redditae sunt mihi literae tuae, Michael doctissime atque
carissime, omnibus eloquentiae numeris ad unguem absolutissimae.
Non miror, quosdam uegare, mihi lauream non Caesareo munere
datam, a[j,r,7avov o' h eh'Kpa.yicfnq aOövov otaouYsTv; sed ut inquit sanc-
tissimus uir, Gregorius Nazienzenus OscD ctoövTo; oüSev i(r/j£'. cpöövo;
xal |i.Y3 oiSövTO? o'job '.c'/J)z.i xozoq. Amicissime Michael nemo est,
qui omnibus satisfacere possit. Nee Juppiter Pluuius omnibus
placet, homines ferarum animos habent; sed utinam Socratico
uoto omnium essent fenestrata pectora, multi essent Sileni Alci-
biadis. Bobelii Resp. I). D. in lucem bonis auibus propediem
ibit. Chunradum Pcutingerum clego laudaui carmine optimae
inuentionis, nescio an candido; iudiccnt docti. Modo moi in
Caesarem Panegyriei, annexis ad doctos uiros epigrammatis,
' Charta hieratica, Papier zum religiö?eu Gebrauche bestimmt. Plinius
13, 12.
Analecteu zur Gescliiclito der Reformation nnd des Hamanismus in Schwaben. 109
typis stanneis, Germano inuento (quo non melius sol, oculus
mundi, fons uitae, cereus orbis uidet) exibunt, uidebis liic iiie
de te honoriticam fecisse raentionem, quamuis non pro dignitate
tua^ sed quantum ingenii mei uena stridula admisit. Enchiri-
dium tuum nondum satis perlustraui, summe placet, si modo
tam mala habej-et, quam oua; faciam brevi habeas Zsvitov ok -z
ÖJ[j,bc i'ptJTOc, Quicquid eg-o possum, in tuis genibus situm est.
Demum quod me tam benigne admones, habeas gratias in-
numeras. Nara Salomon inter quatuor arduas res dicit sibi
acjva-toTaTov uiam uiri in adolescentia. Quicquid scribo, tibi
scribo, hoc est uiro, omni modo integro; praecipitantia toaXo^c
a'.t(a Twv y.ay.wv facit, ut graece scribendo aliquando palaestram
egrediar; tum amicum in te meum cor. Ego Virgilium lego,
non frigide, ut spero, frequenti auditorio, adolescentibus assiduis.
Habes hie sermonem meum, quem in priucipio studii habui,
cum perlegeris, iudicio tuo adscripto remittas. Videor enim
mihi bellus in hoc, poeticae diuae tutor. Ah, quanto gaudio me
D. Gabrielis fratris tui literae affecere, uellem scires. Profecto!
ni Alexander essem, Gabriel essem. Alexander orbi magnus
est, Alexandro orbis angustus est. ,Unus Peleio iuueni non
sufticit orbis, aestuat infelix angusto tramite mundi piscatorem
ictum sapere,' scripsi. Habui cum amicum quem tu nuper
salutabas, quicquid ego secum effudi, detulit ad uulgus, ut
multa, quae ego secum tamquam cum Harpocrate aliquo cum
pensili scra clauso tractauerim, jam magis aprica sint quam
in Plauti Comoedia Moechus. ,Nil prodest esse Epimethea, sed
Prometheum.' Amantissime pater, D. Michael, defendas me a
latranti grege, uum (?j dentem dente iuuabit rodere. Tibi hoc
scribo alias secretum meum mihi. Vale bene meum decus, mea
Sacra ancora. Gabrielem terque quaterque saluta, cui et scribam,
si opportunitas, negotii magister, paulo plenius adspirauerit.
Tubingae, inter malleum et incudem. Anno restitutae salutis
MDXVIII. Mensis Julii die tertia. Gabrielis Carmen ne Momum
timet. Taceo quod Brassicanum. Raro apud me sunt, qui ad te
eant nuntii, alias omni momento meo Hummelbergio scriberem.
8ed olini bene.
Fol. c»9.
110 llorawitz.
Exemplum carminis Gabrielis Huiumelbergii Rauensburgensis,
cuius in praecedenti epistola facta est mentio. Est autem Epi-
taphium, Henrico Bebelio, ' Justingensi poetae positum.
Musarum, Charitum et Phoebi cultor uiridique
Ornatus lauro tempora, Bebelius
Doctus, Pieriis ditatus pectoraque undis,
Ingenio sollers clarus et eloquio,
Uerus amicitiae cultor CHRISTI que Sacerdos —
Caelo animo residet, corpore in hoc tumulo.
Fol. 101.
Ravensburg. VII. 16. September 1518.
Michael Humraelbergius Rauenspurgensis Brunoni
Amerbaehio - Basiliensi S. P. D.
Fuerunt mihi uoluptati humanissimae tuae literae, Bruno,
amicorum primarie, quibus tui memoriam adeo dulcem et iu-
cundam mihi reddis multo iucundissimam. Acceptum habes,
quod tui nusquam sum immemor, id uicissim mihi pergratum
est, qui siugulares uirtutes in te amo, doctam utriusque iuxta
et hebraicae linguae eruditionem tuam suspicio et ueneror. Ut
interim antiquam conuersationem et mutuam familiaritatem
subticeam, quae te cordi meo penitius insculpsit, quam ut
diutino silentio eradi possit, scribis demirari te ~y;v sp.Tr^uaav'' etc.
Nae tu bell US homo, qui N. nuUas urbes nee pectora nosti,
' Auch Melanchthou feierte den Geschiedenen in dem ersten griechischen
Gedichte, das wir von ihm besitzen, cf. Helii Eobani Hessi, Epp. 11.
III. ed. a Joach. Camerario. Lipsiae 1561. S**. pl. 0'3; auch in Heyd
Melanchthon und Tübingen S. 80, Nr. 4. Dieses Gedidit dürfte das
Todcsjalir Bebel's weiter heraufrücken. Es ist kaum denkbar, dass er
1516 gestorben sei und erst 1518 G. Hummelberger das Epitaph ge-
schrieben, oder aber M. Hummelberger dasselbe erst in diesem Jahre dem
in Tübingen lebenden Brassicanus gesendet habe. Ich möchte mich eher
für das Jahr 1518 als Todesjahr entscheiden.
2 Bruno Amerbacli, Sohn des bekannten .Johannes Amerbach, in den drei
Sprachen wohl bewandert. Näheres über ihn Briefe des Erasraus, Leydner
Ausg. 354, 1249, 1604.
^ Ein von der Hekate gesandtes Gespenst.
Analecten znr Geschichte der Keformation un<^ des Humaiiismns in Schwahen. 111
Consilium uariosque dolos et artes ig-noras, uarios et incon-
stantes homines suas sententias ceu Proteus uultus, utut lubet
uertentes nusquam expeitus es, facile miraris illorum uersutiam,
quauis pila iioliibiliorem, quam haud inconcinne £[j.7:ouaav uocitas,
raaximam et deterriinam beluam suliito in uarias forinas sese
uertentum, uiodo deum quempiam, modo daemonem se nobis
exhibentem atque iy.'rzoD'jTf usque agentem^ spectrum territas
insoutes mortales. Qui R. uertumiio plus iusto confidunt qualem
iam te cum primis non tarnen sine pii pectoris tui insigni laude
arbitrarim, qui Germania simplicitate technarum expers (et ut
Horati uerbis dicam) integer uitae scelerisque purus ex tua
innocentia uersipelles specus Saturni s-oixou; metiris atque pro
tui animi candore omnes tui simillimos, hoc est, bonos et probos
putas, quorum tamen subdolos mores, dolosas technas et in-
explebilem ©'.AOTuAOJTiav ne olfeceris quidem. Alioqui auara illa
iugenia plane agnosceres suo lucro passim consulere per fas et
nefas, azb -sv-r^tc? /.at tcu vexpoü (^opoXoyei'f prodigiosis nundinis
turpique questu omnia inquinare, Sacra mutare profanis et ex
re quolibet dulce censere lucellum ; o'j-rw zap' r/.s'vci? y-epcoc
y.'.zyyrr,z «'[j.sivcv, ii certe nunc bominum mores, liaec tempora,
quibus ouBlv Upbv •/.' ^uBiv üv'.e;. Sed omnia deturbata corrupta et
perdita. Quid ergo integrum, quid honestum, quid sanctum toT;
KEv-Äjpc; istis? Quippe qui sua pro libidine coelum terramque
miscent sursumque deorsumque uertunt omnia atque confundunt
;'. zaciv av6pw'::c!t7;v £/6'.7T0'. 'J;£'jcwv avav.TcC [j.'/;/avippä2>oi v.y:/.C6v
Ajcwv atoAwTspi'., ' sceleratissimum hominum genus quod, summo
iuri summam iniuriam ex more iungit. Ne plura. Plautinus
palaestrio (?) uoce moderabo me ne quis me mulcet male. Non
seniper tutum hoc maxime saeculo, uel de pessimis male loqui.
Odio est ueritas et passim eiecta. Mendacium occupat omnia.
Sentimus tacito in sinu, quidquid uolumus libere, non edisse-
rimus quasi piaculum sit, ueritatem libere, profiteri^ adeo ut
qui licet uere dixerit, ^ actutum Lucianicum T, mereatur, crucem
malam qua a reste pensilis longam ex sese faciat (ut Plautus
' Eur. Andr. 448; Diogenian ed. Leutsch C. 21.
- Gestrichen sind hier die Worte : et ad suinmatum iiitij\. non conniuere.
' Hier sind wieder die Worte : panperi piscatori tumidum negotiatorem in
candido agno fuluum leouem longo ordine successisse gestrichen.
11^ Horawitz.
inquit) Hteram. ' Sed haec satis. Desponsata est tibi puella,
fornia^ pudicitia, opibiis, g-enere lepida, spectata, diues et clara.
Tibi unice et uere congratulor. Tuas nuptias Deus secundet
opto, ut potens in terra sit semen tuum et uideas natos, natorum
gloriam, diuitas, perpetuam pacem super domo tua, matrem
filiorum in conclaui laetantem et fructum suum parientem in
tempore suo. Quod ut felicius contingat, adsit his nuptiis tuis
nie precatore non Atticus Hymenaeus, non Latinus Thalassio,
non Juno, non Erato, sed uerus iug-alis uinculi et fautor et
auctor, Deus Optimus Maximus, quo fauente inuiolatam inte-
gritatem et inoffensum alienis cubilibus torum perseruetis. Sit
uterque uestrum et in hoc coningio et in omni uita felix.
Vellem Erasmum nostrum in secunda hac noui instrumenti
editione^ annotationi suae, quae est Matthaei cap. XIIIL, dic-
tionem Herodiadem limam apposuisse. Eo namque loco, Hie-
ronymum secutus, simul cum illo (mea opinione) halluciuatur,
existimans Herodiadem Arethae regis filiam, quum iuxta ueriorem
historiam Aristobuli fuerit et regis Ag-rippae soror; Aretha
autem rex Arabiae petreae fuit, qui filiam Herodi locarat
primam coniugem, qua dein repudiata Herodes superduxit
Herodiadem fratris sui Philippi uxorem, Aristobuli filiam.
Quam riualem illa non ferens adeo indignata, ut patrem Aretham
Herodi redderet grauissimum bestem. Sed haec fusius apud
Hegesippum Hierosolymitani excidii libro secundo et Sabellicum
Aeneadis septimae libro primo. Carissimo amico Joanni Fro-
benio meo nomine ingenteis agito gratias pro misso libello,
munere mihi gratissimo. Curabo in numerato sint proximis
nundinis Francofordensibus numeri, quibus sacri nominis uolu-
mina non tarn mihi uendidit, quam liberaliter donaiiit uir
omnium optimus. Jubeas uelim meis uerbis saluere plurimum
omnigena eruditione clarissimos uiros Ludouicura Berum, ^
' Plautns, Aulul. 1. 1. 37.
2 Eratliien um 1519, Bas. Froben, fol. Die Anmerkungen in einem be-
sonderen Bande.
^ L. Bär aus B isel, hatte in Paris durch seine tlieologische Gelehrsamkeit ge-
glänzt (Erasmi Ej)p. 2.56 A.), wurde 1513 als Ordinarius an die Basler theol.
Facultüt berufen. Er war ein Freund des Erasmus, der über ihn 1513
(Epp. 128. T.) unter anderem schreibt: L. Berns, uir, id quod constat Omni-
bus uirtutum ac discipliuorum ornamentis cumulatus ; tum autem in Theo-
Analecten zur Geechicbte der Reformation und des Hanianisinus in Schwaben. 113
Frobenium, Rhenanum si uobiscum uiuit. Vale feliciter, mei
nusquam immemor, Rauenspurgi XVI. Kls. Octobris.
Aus dem Cod. lat. Monac. 4007, fol. 102.
VIII. 15. October 1518.
Michael Hummelbergius Rauenspurgensis Joanni Alexandro
Brassicano suo S. P. D.
Sermonem tuum in poeticae laudem, iam pridera apud
Tubingensem celebrem admodum et laudatam academiam docte
a te pronunciatum, iam tandem remitto. Tersus, elegans et
eruditus est. Sed (benignas aures praestes uelim) nimium
Caelianus, ' ut uerear ne maligni quidam plagii te accusent
protinusque exclament, Caeliani j^apy.'Axr,poc te plus aequo audacem
usurpatorem, omnia ex aliena officina depromere. Quamquam
ego tibi uitio non uorterim, in alienis hortis feliciter enatis
flosculis tua te serta exornare, id est, ab aliis seile dicta in
tuum aliquem usum uertere, sed dederim potius laudi et uir-
tutis titulo honestarim, quod illi ut plagium forte damnabunt.
Sed damnent usque licet, modo frequens lectio et Studium tuum,
quod hoc argumento deprehenditur, a bonis et doctis commen-
detur. Si qui igitur genuinum tibi infigere uelint et Aristarchi
ueru fraudem calumniari, aduertant ii quaeso, uel classicos
auetores saepius aliena pro suis edidisse. Virgilius Ennio,
Lucretio, Naeuio et aliis conplura subtraxit. Solinus in tantum
Plinianam dictionem affectauit, ut a doctis non immerito Plinii
simia appellitetur, utpote multa uerbotim ab eo mutuatus. Et
ipse etiam Plinius ita aliquando Pomponium Melam imitatur,
ut quae ille scripserit ad uerbum referat, non pauca Macrobius -
Gcllio tacito in sinu refert accepta, Martianus Capella satis
multa ex Quintiliano ad uerbum in suos libros trauscripsit. In
sacris literis Damascenus integris capitibus ex Nysseno suam
logica palaestra sie exercitatus, ut apud Parisios, inter eos qui Doctoris
titulo insigniebantur, primum meruerit locum. Vergl. über ihn auch
W. Vischer Geschichte der Universität Basel. S. 227 ff.
' Caelianus von Caelius Antipater, cf. Cicero ad familiäres VIII.
2 Die Hs. hat ,Mocrobio'.
Sitzungsber. d. phil.-hist. Ol. LXX.XIX. Bd. I. Hft. 8
114 Horawitz.
theologiam auxit. Quod si his e multis, paucis quidem, sed
suminis licuit, quid prohibet itidem tibi Heere? et alieno natum
ingenio sed difiicili labore non enutritum tibi uindicare? De-
bentur nimirum nobis, quae iiostro sudore uel denuo melius
toruantur et leuig-antur. Hie enini lectionum dulcis fructus est,
ut, quae in aliis laudes et mireris, ea aemulatas in aliquem usum
tuum opportuna deriuatione conuertas, ita tarnen (quod in
saturnalibus Aurelius Theodosius non uno loco docet) ut integra
manere non sinas, ne aliena esse agnoscantur et unde sumpseris
non cuiuis appareat, aut si etiam, aliud tarnen esse, quam unde
sumptum est. Sed de bis satis superque. Vale faustiter et me,
ut facis, ama. Eid. Octobr. oxi ■zdyic-:x.
Fol. 101.
Ingolstadt. IX. 2. November 1518.
Urbanus Rhegius ' Michaeli Hummelbergio salutem.
Hoc habet studiosa amicitia, amicissime uir, ut citra arro-
gantiam possit ea expetere, quae honesta sunt, immo efflagitare
ab amicis, quare quae uolo non inanibus uerborum ostenta-
mentis, sed simpliciter ac ingenue scribo, minime eorum in-
stitutum probans, qui uirtuti diftidentes plus muliebribus his
pompis tribuunt, quam oportet aut candor amicitiae patiatur;
amieitiam autem inter nos ueram esse nemo dubitat, nisi qui
Stagiritae sententiam ignorat. Fac ergo libellus iste, quem
tabellarius tibi committet, in aedibus tuis custodiatur et seruetur,
donec ipse ueniam, quod fiet breui. -^ Nam molestissima nescio
quae negotia me diutius apud Boios detinent, quam speraueram.
Vale amicissime Michael. Angelostadii II. Novembris An.
M. DXVIII Raptissime, iam enim tabellarius instabat, urgebat,
conuiciabatur etiam.
Fol. 102.
* M. Huminelberger wurde mit ihm durch Egellius (cf. Nr. X) bekannt.
2 Oflenbar war Urbanus Rhegius nur zu einem kurzen Aufenthalte in
Ingolstadt von Constanz dabin gekommen, Anfangs 1519 ist er schon zu
Constanz.
Aoalecten zur Geschichte der Reformation und des Ilumanisraus in Schwaben. 115
Ravensburg. X. 7. Januar 1519.
Michael Hummelbsrgius Rauenspurgensis Rhegio poetae
laureato S. P. D.
Quam tenere me diligas, eleg-antissime Urbane, tuae literae
perfacile ostendunt, quibus singularem erga me beneuolentiam
et amorem tuum plane cognosco. Debeo reuera Joacimo meo
Egellio ~oi TOTc vijv v£ovjjj.5'!w multam gratiam, qui me tuae ami-
citiae insinuauit et me tarn docto tamque iucundo adauetauit
amico, quo de vel summa quaeque mihi audeam poUiceri. Ac
uicissim lubens debeam me totum tibi et offere et deuouere ac
Omnibus offieiis te colere et obseruare amicum adeo nae can-
didum. Constanter mihi persuadeo, meam amicitiam tibi non
iniueundam fore, quam iudies magis atque magis reddam (si
Musis placet) iucundiorem. Et certe quasi in harena digladia-
turus contendam, mutuo amore (nisi cl»v acTrict -/.al os'jpl [j.ay,pw
obuius insurgas) te superare, sine tamen ignominia tua. Nosti
etenim in eiuscemodi pugna etiam herbam porrexisse ' laudem
habere. Ubi absque inuidia etiam acerrime manus conseruntur,
nee alterius palma alteri dedecus parit, athletae coronantur
omnes, brabeo donantur omnes. Age igitur Urbane, omnium
urbanissime, nostram hanc amicitiam crebris et politissimis tuis
literis candide foueas. Kon patiar ipse uel ulla mea neghgentia
eam deturpari, uel immodico silentio dissolui. Imo r.y.^nl ü-rfiz:
-y.vv. Te O'j[;.o) ut usque graudescat diligenter curabo, ut qualem
maxime optas amicum, talem me habeas, quo ad uoluptatem,
honorem atque etiam commodum utut lubet familiariter utaris.
Libelli tui, de quibus tu alias plura coram, si inuulgati sunt,
me etiam domi meae salutent, ut dum te praesentem non licet,
saltem ingenii tui ueram imaginem, monumentum et pignus
amoris habeam. Me, ut coepisti, amare pergas uelim. Vale feli-
citer carissime et eruditissime Urbane. Cursim ex museo uostro.
Rauenspurgi VII eid. Januarios MDXIX.
Fol. 102 ff.
' cf. Erasmi Adagria 316.
IIb Horawitz.
Ravensburg. XL )3. Januar 1519.
Michael Hummelbergius Rauenspurgensis Jacobo Apocello '
Phorcensi latine et graece docto S. P. D.
Quum istic essem, sing-ulari beneuolentia et praecipuo
amore de me optime merebaris, Apocelle suauissime, quod et
in penitissimo löj 6j;ji.w (aou adeo defixum est, ut nunquain ex-
cidere possit. Unde fit, ut tui nunquam obliuiscar, nunquam te
amare desinam, quamquam uel id ex diutino silentio meo
facile suspicari posses, nisi candidioris integ-riorisque esses
animi, quam ut de tui amantissiuio male sentias, qui te haud
secus atque fratrem tenerrime diligit. Ne igitur existimes, me
aut tui oblitum aut alieno a te esse animo, quod rarenter ad
te scribo. Non te mens mea perdidit et si oculi uidere desie-
rint. Non mihi abest a corde omne, quod abest ab oculis. Non
mihi Lyncum obliuio est, ut post tergum respiciens obliuiscar
priorum. Non facile memoria uel absentes amici excidunt. Ne-
que ea mihi fortuna arrisit, quae me superbum et ueterum
amicorum despecticium redderet, quam etiam nunquam anxie
ambierim, quod felicem reddere non possit. Quare erga amicos
omnes idem esse quoad uitali aura fruar perseuerabo, nihil
mutabor ab illo ueteri Hummelbergio, bono et sincero. At haec
ut scias diutini silentii causa est et tabellariorum penuria et
quod nimium ipse in Hieronymianis literis philosopher, 2 in
quibus cum maxima animi delectatione atque etiamnum in-
structione die noctuque desudo, ut, quo pacto uirtutem ipsam
arctius amplexer, ex his ipsis (nam nusquam licet melius)
ediscam, eam siquidem omnibus rebus praefero, sx'. |j-st' autr^c
xai §(atTa Träaa y.al ßio«; ak\j'!:6q icTt y.at STiTepTr»^?, quae sola beatum
facit, qua sola itur ad astra, quae uere illud bonuni est, quod
partum aeternum est et superas caeli nos uehit ad auras. Nihil
itaque uel parum admodura temporis mihi dilabitur, quod non
uel lectioni uel scriptioni uel etiam (quod ex sacro ordine
debeo) orationi et sacrificio impertiam, si quod amicis tribuen-
dum est, istud sane sufi"urandum, non mutuandum est. Age et
* Jacob Apocellus, ein Freund des Erasmus, cf, Epp. 898.
- Es sind die Briefe des Hieronymus gemeint, die 1516 erschienen. j_
Analecten zur Geschichte der Beformation und des Humanismus in Schwaben. 117
tu carissime Jacobe, si qua tandem aliquando te digna oiferetur
conditio, sacerdotium puto, quo honesta et decenter uiuere
possis, uelis lubens amplexari, te suauissimae patriae et otio
illi literario omnium suauissimo totum reddere, Deo, tibi et
amicis uiuere, non in uanis istis litibus consenescere, quae
uelis, noiis, deteriorem semper te reddunt, neque in Romanis
deliciis /.al twv yjoovwv coXo'.y.'.ff[/,oT?, -/.a-a 7Vo'j/.'.avbv eiireTv^ tanquam
lotum gustaueris, ' ad uitae usquam finem delitescere, immo
putrescere et perire. Vale ac salue, mei nusquam immemor.
Rescribe ut ualeas. Sed et haec mea non modo tibi, uerum
etiam ceteris amicis nostris, qui istic non tam spirant quam
speraut uitam meliorem, scripta sunto : puto Hieronymo Placido,
Paulo Gereandro, Theodorico Vafro, Matthiae Storio, Joanni
Badrae , Ascanio Hierardo Vercellano , quibus omnibus meo
nomine plurimam salutem dicito. Iläa'.v eppcocc. Ex Museo nostro.
Rauenspurgi, Eidibus Januariis. MDXIX.
Aus dem Cod. lat. Monac. 4007, fol. 104.
Ravensburg. Xll. 13. Januar 1519.
Michael Hummelbergius Rauenspurgensis Joanni M. - amioo
salutera.
Ne uelis in falsis istis Romanae urbis deliciis diutius
uersari te oro carissime Joannes. Habes hie sacerdotium non
omnino malum, ex quo iuxta tuam conditionem uiuere potes
non indecenter. Qui hactenus mundo famulitium praestitisti,
nunc tuum beneficium possidere et Deo seruire incipe. Clamant
fundatorum tui beneticii in purgatorio animae et se abs te
negligi queruntur. Accelera igitur. Sacris Christi initiare, ut
debita sacerdotio tuo exerceas officia. Alioqui formidandum, ne
iustissimus Dens rationem tecum positurus alienum sanguinem
de tuis manibus requirat. Consule tibi, consule animabus. Vale
feliciter. Ex Rauenspurg. Eid. Jauuariis MDXIX.
Aus dem Cod. lat. Monac. 4007, p. 104.
1 Erasmi Adagia 551.
2 Sollte dies der Constanzer Johann Jacob Menlishofer sein?
118 Horawitz.
Ravensburg. XIII. 13. Januar 1519.
Michael Hummelbergius Rauenspurgensis Stephane Rosino '
Augustano S. P. D.
Tot tantaque erga me sunt beneficia tua, uir praestantis-
sime, ut iion debeam tui usquam obliuisci, sed semper optima
quaeque meo iure tibi comprecari, quo certe nihil factito fre-
quentius, si mihi fidem habes, homini tibi deditissimo; cur
autem non haberes, qui me intus et in cute (ut dicitur) num
ater an albus sim nosti et meam in te obseruantiam, dum
istie essem, mutua conuersatione, qua te nimium forsan quam
decebat, familiariter usus sum, habes exploratissimamV Quam
nolim existimes uel tantilio minutam. Adhuc tecum creberrime
conuersor, etsi corpore long-e dissitus, animo tamen, cui nihil
non peruium, tibi semper adhaereo. Hoc tibi absens etiam,
praesens sum, maxime dum literis colloquor, quod cum rarius
forsan faciam, nulla tabellariorum [copia?J et rerum scriptu dig-
narum penuria. Quum enim te dignum nihil oecurrat, solis nugis
te offen dere haud uelim, hominem tanta negotiorum cura et mole
oneratum. Quod uel nunc mihi fuisset obseruandum, nisi sin-
gularis erga te amor meus hunc laconismon plane exegisset,
quo ineunte hoc anno sospitatem et rerum omnium felicem
successum bono et prospero quodam omine tibi exopto, et te
corde meo necdum excidisse tibi persuadeo, cui altius insides,
quam ullum silentium quarauis longum deiicere queat. Vale
feliciter, uir clarissime, me ut olim coepisti vere dilige. Tuis
literis, dum per otium licebit, oblecta. Die salutem meo nomine
D. Caspari Wirt, - Hieronymo Aleandro Leodiensis Episcopi
oratori, praeceptori meo et amico suauissimo. Cursim ex Ra-
uenspurg. Eidibus Januariis MDXIX.
Aus dem Cod. lat. Munac. 4007, fol. 104.
' Kaiserlicher Gesclicäftsträger in Rom. lieber ihn L. Geiger, Leben
Jüliannes Rciiclilin's, S. iM7, 403, 417, und Horawitz, Zur Biographie
und Correspondeuz J. Reuclilin's passini.
2 Caspar Wirt, cf. Geiger 1. c.
Analecten zur Geschichte der Reformation und des Humanismus in Schwaben. 119
Constanz. XIV. 18. Januar 1519.
Urbanus Rhegius Michaeli Hummelbergio Rauenspurgensis
S. P. D.
Delectarunt me, amicissime uir, mirum in modum literae
tuae, quas Musae tibi dictarunt et Charites, adeo eleg'antia
quaedam rara atque humanitas incredibilis inter legendum
arriserunt. Utinam Michael mihi tecum esse liceret, ut illos
lepores, has tuas munditias ex ore Nestoreo coram haiirirem.
Scribe ad me, quoties occasio datur, ego uicissim non ea qui-
dem uenustate, qua tu, rescribam, in eruditione illa politissima
uinci me abs te uideo, uinci gaudeo, ceterum in amicitia since-
risque officiis uinci me non patiar. Literas tuas ad curiam
Romanam, ut primum Joannes Faber ' tabellarium habebit,
transmittam et si quae sunt alia, iube et impera et Urbani
amicitiam experieris minime esse sterilem. Vale. Constantiae
XIIX. Januarii Anno MDXIX.
Fol. 103.
Ravensburg. XV. 14. Februar 1519.
Michael Hummelbergius Urbano Rhegio S.
Qui has tibi reddidit, Urbane suauissime, mei est aman-
tissimus et Musarum praecipuus cultor. Legit, quae ad me
dedisti, epistolia elegantissima. Audiuit uel ex me tuae erudi-
* Johannes Faber in Constanz, später Bischof in Wien, geboren 1478 in
der schwäbischen Reichsstadt Leutkircli, wurde 1518 Generalvicar in
Constanz. Papst Leo X. verlieh ihm den Titel eines Protonotar, in der
Folge war er einer der heftigsten Gegner der Reformation. Er reiste
15'21 nach Rom, hier erfolgte der Umschlag seiner Meinungen. Schon
1522 schrieb er gegen Luther, 1523 disputirte er gegen Zwingli, 1524
erschien er auf dem katholischen Conveut zu Regensburg, Hess eine
Schrift gegen Luther, den ,malleus haereticorura', drucken, wurde Rath
und Beichtvater Kaisers Ferdinand I. und starb 1541; cf. Kettner,
dissertatio de J. Fabri vita et scriptis, Leipzig 1735; cf. auch meinen
Brusch. 52, 210, 244.
120 Horawitz.
tionis praeconium. Unde in tui admirationem totus raptus est,
adeo quidem, ut magis cupiat nihil, quam te de facie noscere
et coram audire loquentem. Monuit (cum enim uei'a mihi iunc-
tus sit amicitia, hortari haud oportuit), se tibi commendarem,
quod pro meo candore facturum me recepi. Quare pro tuo in
me amore horainem, humaniorum literarum studiosum et pium
Christi sacerdotem, ea amplexare beneuolentia, qua bonos et
studiosos soles, id est, praecipua atque sincera. Feci Caesari,
nuper fatis erepto, monumentum, quod eius imagini, museo meo
sacrandae, subscribendum curabo, sed certus uerusque annorum,
mensium dierumque uitae et imperii eius numerus me fugit,-
hunc si tu habes, adscribas obsecro et schedulam ipsam hoc
nuntio remittas. Vale. XVI. Kls. Martis MDXIX.
Fol. 105.
Ravensburg. XVI. Februar 1519.(?)
Michael Hummelbergius Rauenspurgensis Joanni Fabro,
Vieario Constantiensi S.
Si meis literis tuam dignationem rarius accedo, non fers
opinor moleste, nam aliis negotiis et quidem maximis adobrutus
occupatior es, quam ut meas nugas lubens audias. Quibus
tamen si pro otio delectari iioles, copiam tibi Urbanus, poeta ^
facundissimus taciet, cui cum scribo, etiam tibi scribo, habitatis
communes aedes, legite et communes literas. Amicis sunt omnia
communia. Sit et tibi amico communis mecum labdr. Scripsi
ego Matthiae - et reliquis amicis nostris, literas inclusas tu
propere Romam transmittito ; hoc mihi gratum, Matthiae iucun-
dum, tibi decorum esse arbiträre. Vale. Febr. Rauenspurgi.
Fol. 106.
' Urbanus Rheghts wird poeta genannt nicht blos nach der Sitte der Zeit,
welche die Humanisten so nannte, sondern auch wegen der durch Kaiser
Maximilian 1517 (im Herbst) an ihm vollzogenen Dichterkrönung; cf.
Uhlhorn, Urbanus Khegius, bes. 345.
2 Wohl Ulianus.
Analecten zur Geschichte der Reformation nnd des Hnmanisinns in Schwaben. ll^l
Eavensburg. XVIL 15. März 1519.
Michael Hummelbei'gius Rauenspurgensis Urbano Rhegio
poetae laureato suo salutem.
Saluus sis, Urbane carissime. Quod sacerdotii tui^ augusti
et diuini muneris, primitias DEO optimo maximo pura sancta-
que mente obtulisti, ' tibi uere congratulor et rion tibi modo,
sed quoque sacerdotali ordini, quem te cum docto tum pio
sacrifico exornatum esse gaudeo. Atque utinam multos tui
similes, id est, singulari uirtute et multiiuga eruditione prae-
stantes haberet, quibus 7:apa iwv äs'pYcov y.xt sy-^Owv sacra uindi-
caret mysteria. Sed quominus habeat, obsunt, quorum humeris
hocce negotium sedet, qui in Christi militiam multos imbelles
conniuentibus oculis passim transuehunt. Sed dictum hoc illis
odiosum est, neque tu me dicere putas decere, at uolat irre-
uocabile uerbum. Ita fortassis in fatis est, ut sint multi sacer-
dotes et pauci sacerdotes, multi, qui sacras preculas circum
aras et sacraria mussent. Qui uero sacrorum discipliuam et re-
condita teneant sacramenta, pauci, multi, qui sanctum panem
et praeclarum benedictionis calicem pro sacris aris in sacro-
sancta mysteria conliciant iuque populi conspectum agant. Sed
qui cum illo rerum opiiice ac nostro DEO secundum interio-
rem hominem inuisibilem. quem (ut apostolus ait) in fictilibus
uasis habemus, uiuant et ex deifica illa communione ad DEI
similitudinem atque consortium transeant, pauci. De his ne
plura. Tu ut bonis auspiciis coepisti. rei diuinae da operam et
religiosam et frequentem, mei non immemor, ipse uicissim tui
memor ero. Qui has ad te literas simul et monumentum per-
fert, quod ad antiquitatis imitationem effictum, Caesaris imagi-
nem meae bibliothecae sacrandam exoinabit, splendidos illius
titulos, uirtutcs, honores plerosque, omnes Xay.ojviy.w; complectens.
Si quid pro acri tuo iudicio addendum monumento censes, tu
ipse adde et totum in quadrum redige. Velim enim id, quid-
quid est, ad tuara censuram uel stare uel cadere. Igitur uel
album calculura illi adiicito, si examussim elimatum existimas,
' Man ersieht aus dieser Stelle, dass Urbaims wohl im Anfange des Jahres
1519 in Constanz die Weihen erhalten.
\22 Horawitz.
uel nigro praefigens 0 (theta) Augusti spongia totum deleto, si
Musis uon faiientibus fuerit exaratura, aut in eum locum dam-
nes, quem apud Plautum satyri inuisunt. Vale feliciter. Rauens-
purgi, Eid. Mart. MDXIX.
Fol. 106.
Constanz. XVIII. 19. März 1519.
Urbanus Rhegius Michaeli Hummelbergio suo S.
Gratularis mihi, doctissime Michael, ob honorem sacer-
dotii, bene profecto et prudenter. Tanta enim res sacerdotium
est, ut maximi olim principes et imperatores sacerdotii acces-
sione suos apices putarint exornari. Id uero omnium longe
maximum foret, si ipse sacerdotali ordini honori essem, quod
tu quidem existimas, sed amice nimium, non enim eius uel
ingenii sum, uel eruditionis, ut magnopere mei nominis in-
scriptione haec militia insigniatur, sed indoctorum in nostra
classe tanta multitudo est, ut forsan inter aliquos tribunus
uideri possim, nee iniuria stomacharis, quod tot caeca animalia
quotidie deo offeruntur_, in quibus nee morum candor nee eru-
ditio uUa conspicitur; soleo manibus et pedibus obluctari exa-
minatoribus, qui idiotas et analphabetos in nostrum numerum
asciscunt ; hi uero probe se tuentur, nullos (inquiunt) sacerdotes
breui futuros, nisi interdum conniueant ad ruditatem exami-
nandorum, quod quidem esse quam uerissimum nuper didici ;
nam cum audirem examen, inter triginta uix unum aliquem
mediocriter doctum uidi. Ceterum, quod ad Caesaris imaginem
scripsisti, epitaphium maxime probo, ut quod feliciter ad anti-
quorum imitationem sit factum. Sacerdotes mei Augustae sunt
excusi, ' uerum nondum aduecti Constantiam ; ubi eos habuero,
mittam ad te quam primum, non quod ulla in his eruditio sit,
quae te, uirum solide dectum, queat oblectare, sed ne parum
ofüciosus esse uidear. Vale. Constantiae. XIIII. Kls. April. "^
Fol. 107.
^ E.S ist die Erstlingsschrift des Urbanus Rhegius: de dignitate sacerdotum
gemeint, die er dem, Coustauzer Bischöfe Hugo von Hohen-Landenburg
gewidmet.
2 Es ist zweifellos das Jahr 1519 anzusetzen; cf. XVII.
Analecten znr Geschichte der Reformation und des Humanismus in Schwaben. 123
Ravensburg. XIX. 5. April 1519.
Michael Hummelbergius Rauenspurgensis Urbano Rhegio
Poetae salutem.
Habeo tibi gratias pro scheda a^!co(ji,aT(j)v. Collegisti stu-
diose omnia, disputasti scio acriter et directa in te concer-
tantium spicula ita prociil dubio retorsisti, ut te illaeso suos
tantiim iug-ularint auctores. Celebri uictoria potitus de rudiariis
Theologis ipse tiro triuinphum egisti, mea sententia speciosum.
Sunt tarnen dicaces quidam, qui hordearium • istum rhetorem,
qui in publice hypocausto (ut ait), ubi nihil minus quam de
literis agitur, ubi nee docti uiri sunt, nee libri, disciplinarum
fructus collegit^ legerunt, illi non adeo insignem tibi asserunt
tiiumphum, quod in ea (ut inquiunt) hareua depugnaueris, quae
careat strenuis gladiatoribus. Quam cauillationem inuidiosissima
illa insularis rhetoris obtrectatio eis suggessit. Quibus tarnen
pro mea in Constantienses obseruantia respondi, neque opti-
morum librorum, neque multa eruditione praestantium uirorum
Constantiam inopem esse, quos si tarn diligenter ille quam
impigre ludiones et scortilla disquisiuisset, haud dubie inue-
nisset compluris, neque oportuisset suae imperitiae et igno-
rantiae (ut de se ipse scribit) librorum doctorumque hominum
penuriam praetexere causam. Et non iniuria temerariae detrec-
tationis poenas dedisset dignas D. Botzemio ^ uiro de facie
mihi ignoto, tua tarnen atque multorum praedicatione eleganter
docto, nisi ante cineres omni conatu obstitisset epicureus ille
Aureolus, quem Turregum einem Constantia mysten fouit. Vale
feliciter. Rauenspurgi Non. April. AN. MDXIX.
Fol. 107.
Ravensburg. XX. 5. April 1519.
Michael Hummelbergius Rauenspurgensis Hieronymo Aleandro
Mottensi praeceptori suo, reuerendissimorum. Dominorum Car-
dinalis de Medicis et Leodiensis Episcopi a seeretis S. P. D.
Quod mei crebram memoriam habes, Hieronyme praeceptor,
undecunque doctissime, est cur niultum gaudeam; nam me
' ,Hordeaniis rhetor', cf. Suet. Rh. 2. Bezeichnung für einen Aufgeblasenen.
- Die Hs. hat ,Potzhemio'. Es ist Absthemius Botzheim.
124 Horawitz.
adhuc tibi curae esse atque abs te amari plane intelligo. Huma-
nissime semper meciim agis, mi Aleander, qui apud Parisios '
olim praesens artissimo amore me complectebaris, nunc uero
absens Romae, in multa neg-otiorum procella, multa sacerdotiorum
accumulatione, multa denique bonorum dignitatumque accessione
me liumilem Cbristi sacerdotem ac ne tenui hactenus ara do-
natum, sed parentum labore parta paupertate uictitantem, tu
sacerdos, multis aris magnus, amare me nunquam non pergis.
Quod singulari tuae uirtuti candidissimoque animo tuo facile
tribuerim, qui in omni fortuna semper sibi constat, in aduersa
fortis est, in secunda modestus, in utraque constantissimus. Eas
ingenui animi tui dotes praeter diuinam uariarum linguarum
eruditionem in te cognoui alias et etiam nunc maxime agnosco,
quando me tuae memoriae ita defixisti, ut nunquam non de
Salute mea non sis sollicitus. Quotiens conterraneis meis con-
grederis, toties de incolumitate et omni fortuna mea anxie (ut
scribunt) sciscitaris. Cur hoc? nimirum quia me unice amas,
incundum ducis ueteris et amici et discipuli meminisse, de illo
ubiuis gentium bene sentire, loqui et sperare. Quod nisi me
tibi uel ex intimo pectusculo cognitum scirem, profecto agerem
frequentissimis et longissimis epistolis, ut optimam de me exi-
stimationem tuam adaugerem, sed maiorem arbitror, quam quae
augeri queat. Nosti me ex diutina et familiari conuersatione
nee omnino malum nee usque erga te praeceptorem, immo
parentem meum ingratum fuisse, nee etiam fore persuasum
habeas uelim. Tuis institutis in hominem, alioqui religiosi et
pii animi creui. Utinam atque utinam dignas gratias, quas
referrem tibi haberem, at habeo, si relatas, quas habeo exi-
stimas. Vale feliciter carissime praeceptor et me amare tuo
amore teuere et arte pergas oro. Rauenspurgi. Non. April.
MDXIX.
Aus dem Cod. lat. Moiiuc. 4UU7, fol. 1U8.
Rom. XXI. 21. Juli löH).
Hieronimus Aleander Mottensis Michaeli Hunamelbergio R. S.
Michael suauissime salue. Quaeso te per libros tuos, per
caritatem nostram, aut si quid tibi liac est carius dulciusque,
' cf. meinen M. Hummelberger.
Analecten zur Geschiebte der Reformation und des Humanismus in Schwaben. 125
ita ex hoc quamuis breui epistolio araicitiae meae perseueran-
tissimum tenorem coIHgas, ut ex unguibns o <Pv.oiaq e^e^vo; oXov
Tov XsGVTa. Accepi superioribus diebus literas tuas non minus
mihi iucundas, quam literatas, sed nunc cum ancipiti ualetudiue,
nunc cum assiduis negotiis colluctans, ita huc illuc in diuersa
trahor, ut non potuerim adhuc ad te respondere, quid inquam
iuste respondere? Immo ne ista quidem paucula scriberem, nisi
uenerabilis uir, Dominus Antonius Richlichius ^ utriusque nostrum
amantissimus iamiam discessurus me ad respondendum exstimu-
lasset, idque sumpto hodie contra Hippocratis oracula pharmaco
nimis debilem. Narrabit tibi alia Richlichius noster, id solum
ego significo me esse omnino tuum, neque unquam hunc animum
meum mutatum iri, etiam si quadragies millies iniqua sors longe
maiore interuallo nos dissepararet. Sed non ita dei nos oderint,
quin aliquando procurato tibi per me canonicatu Leodiensi una
dulciter uiuamus. Uale et me doctis Germanis commenda.
Romae in Cancellaria apostolica XXI. Julii 1519.
Aus dem Cod. lat. Monac. 4007, fol. 112.
Augsburg. XXII. 2. Augixst 1519.
Joannes Alexander Brassicanus Michaeli Hummel bergio R. S.
Salue MICHAEL, doctissime atque amicorum Optime
Maxime. Quam uertat pilam et quo cardine uiuat tuus Brassi-
canus iuuenis, accipe paucis. Praeteriere iam tres menses,
quibus ego me aulae magnifici atque generosi domini, domini
Maximiliani de Seuenberg, catholici Hispaniorum et Roma-
norum regis diui Caroli oratoris dexterrimi deuinxi, passim huc
atque illuc, mustelam etiam Plautinam^ uincens, uagor. Ubi
sim, plane nescio. Ita me aulicum illud mare sursum atque
deorsum, rursum atque prorsum uoluit. Dil tribuant meliora
peractis. Tubingensem illam conditionem non ferret quoque
tressis agaso. Itaque bene mihi consultum esset, si uno atque
eo stato possem esse loco, uerum cum fieri non possit et mea
1 lieber A. Richlichius konnte ich leider nirgends eine Notiz auffinden.
2 Plautus Stich. 8. 2. 43.
120 Hoiawit2.
et fati causa, boni aequique hanc mihi consulo fortunam, eo
tarnen modo institui, me iam uelle ultimum uale aulae dicere;
,augurio hoc fausto dextera cantet auis'. Haec sunt amicorum
optime atqiie optimorum amicissime, quae te scire uolo. Ceterum
misi ad te superioribus diebus meam OMNEM. ' Tum Calpurnii
atque Nemesiani nostro puluere utcunque restitutas eclogas-
apud nostrum Herckmannum ; •' cupio ut haec salua fide reddita
sint. Habes liic meum Caesai'em, ^ tuo nomine in frontispicio in-
signitum. Moguntiae excuduntur nostra haec omnia, scilicet
Carolinon Idyllion, Eleg-eiae, Dialogi, Epigrammata et Xenia. ''
Videbis et hie tui, ut merito, honorificam factam mentionem.
Iam Augustae dialog'um emitto contra Gallum, imperium am-
bientem, cum epistola Germaniae ad Carolum et Caroli ad
Germaniam et Epitaphio ambidextri hominis, Conradi Rosaui;
habebis omuia, proxima occasione oblato nuntio. Tu bene de
nobis spera semper. Omnia illa quasi uolanti mihi scripta sunt.
Sedendo forte aut doctius aut melius ludam, nunquam immemor
mei liumauissimiHummelbergii, quam utinam contingat aliquando
et uidere et alloqui. Nil mihi optatius eueniet unquam; Augustae
iam uersor et hinc me abiturum puto, cum neque sanitas neque
Studium meum patiatur aulam diutius sequi. Quare, Michael
carissime, scribe nobis quamprimum poteris, Tuus ubique sum
et gaudeo me Hummelbei'gii, hoc est hominis et integ-ritate et
eruditione prima niue candidioris, esse. Vale meum delicium.
1 Ilav oder Omiiis, eine gelehrte Spielerei des Brassican, eiu Gedicht, in
dem in jeder Zeile das Wort ,Ouinis' vorkommt, erschien, nachdem er es
am 14. März zu Tübingen vollendet, im April auf Kosten des Johannes
Knobloch zu Strassburg; gedruckt wurde es von Anshelm. Es ist dem
Tübinger Theologen Ernest Bamph (Bamfus) gewidmet und zählt zwölf
Blätter. Es ist auch abgedruckt bei Dornanius Amphitheatrum, I. 719 fi'.
2 Calpurnius sieben Eklogen wurden zur Zeit des Nero gedichtet, es sind
Nachahmungen des Theokrit und Vergil, ihres Nachahmers und Plagiators
Nemesianus vier Eklogen (zwei Jahrlnmderte später) wurden zusammen
mit Calpurnius zum ersten Male 1471 zu Rom herausgegeben, cf. Teuffei
R. L. G. 667 S.
^ Joh. Herckmann, Mönch von Salmansweiler, ein Freund Hummelberger's,
war es, bei dem Brassicanus als Gast verweilend, ein Gedicht zu seinem
Omnis schrieb.
* Ist eine Gedichtsammlung, die Brassicanus dem M. Hummelberger widmete.
'-> Ist die Schrift: In Carolum electum. Augustae 1519. Die Werke scheinen
also in Mainz nicht angenommen worden zu sein.
Analecten zur Geschichte der Reformation und dos Humanismus in Schwaben. xJi
Ex Aug-usta Vindelicorum anno a nato Christo MDXIX. Mensis
Augusti die II. Saluus sit nieus atque tuus Philo, cui et ali-
quando Caesarem legend um exhibeas. Grunnii Crocottae Testa-
meutum, cuius Erasmus in Moriae limine meminit et alibi diuus
Hieronymus, Listrius nou adducit neque Erasmo, neque lectori,
neque sibi satisfaciens ; ego Moguntiae in antiquissimo libro
repei'i atque repertum summa cura exscripsi. Videbis et tu
propediem, uidisses iam, nisi me nuntii molesta celeritas atque
alii Sisyphii labores interturbassent. Vale atque spera. *
Quasi non cirratorum turba Milesiorum in scholis figmenta
decantet et testamentum suis Bessorum cachinno membra con-
cutiat atque inter seui-rarum epulas niigae istiusmodi frequen-
tentur. Idem to. 5. fol. 72. ad Eustochium: Testamentum autem
Grunii Corocottae PorcelH decantant iu scholis puerorum agmina
cachinnantium. ^
Fol. U2.
Ravensburg. XXIII. 19. August 1519.
Michael Hummelbergius Rauenspurgensis Joanni Alexandre
Brassieano poetae laureato salutem.
Quas ex Vindelicorum Augusta ad rae misisti literas,
Alexander carissime, sexta Augusti obuiis (quod dicitur) ulnis
recepi, pellegi, et exosculatus sum non semel; adeo gratum
mihi, quidquid a Brassieano meo profisciscitur. Miror autem
omnium maxime, cur te aulae deuoueris, ubi studiosis homi-
nibus sacri prorsus est nihil. Meo consilio obtemperaturus
excute iugum hoc quam primum et ab aulica seruitute atque
tyrannide in pristinam libertatem te uindica, v. olcv te. Otium
illud literarium omnium iucundissimum pro uiribus amplexare,
ut in dies magis atque magis cultiori eruditione animum exornes
' Ad marginem durchstrichen: Hieronymus To. 3. fol. 92 aduersus Ru-
finum.
- Das Testament des Grunnius Porcellus Corocotta, ein Schülerwitz in
Dornauii Amphitheatnim, II. 48. In den Werken des Brassicanus ist es
bei der Ausgabe der Prouerbiorum symuiicta. Viennae 1532.
128 Horawitz.
tuura, Inter aulicas sordes nunc exulantem. Libellum tuum titulo
jOninis' inscriptum non habni, necdum etiam apud quemquam
uidi. Audio tarnen vsavtav as \>.i'ka. wex^p.v.Giq illum lusisse, nescio
uero iudicione an tui odio ita censeant critici. ,Caesarem^
recepi, quas meo iure debeo tibi et habeo et ago gratias.
Vellem pro Pythagorico instituto sacram et pontificiam coronam
te non carpsisse, sed abstinuisse ab intern pestiuis illis salibus
atque scommatibus, quae non inscite Diuus Hieronymus puerili
adserit iactantiae. Planeque hunc morem non prudentum, sed
auöaBwv adulescentum esse uoluit, qui per aetatem /.al aTcsipiav
ignari rerum facile in praeceps feruntur, maxime cum gestiant,
ex illustrium et summatum uirorura sugillatione suo nomini
famam parere, Sed cum procacitas ista loquendi et principum
uirorum uel iusta reprehensio multis male cesserit, cautius et
modestius xf, Tuapprjc'a uelim utaris. Atqui in Dialogo aduersus'
Gallos, de nostra Germania nusquam non male meritos, tibi
liberius -app'/;(7tasc'.v haud grauatim concesserim. Exspecto a te
nuper inuentum SUIS testamentum, cuius sacer Hieronymus
plus semel meminit, nempe tomo V. folio LXXI ad Eustocliium
in VIII. commentariorura Esaiae librum •;rpoot[j.'.a'Cojv. Testamen-
tum autem (inquit) Grunii Corocottae Porcelli decantant in
scholiis puerorum agmina cachinnantium. Item aduersus Rufinum
tomo III fol. XCII. Quasi non cirratorum turba Milesiorum in
scholis figmenta decantent et testamentum suis Bessoi'um ca-
chinno membra concutiat; liactenus Hieronymus. Quae ea causa
huc transcribere libuit, ut si testamento isti quidpiam praeludere
uelis, habeas quibus tua et locupletes et ornes atque felicius qui-
dem, quam liminarem Caesaris epistolam, quae mihi uisa est Si-
bylla indigere interprete. Non quod ipse non intelligam, longa ista
Plauti uocabula, 'i •/.' a[j.ol [j-STa^b oov.sT? -(iXo'mz avTsyesOa-., sed
quia plus aequo affectata dictione omnia inuoluis et quasi cum
matre Euav5pou colloquens, tlo/Jm tm g-aötm «vavvioaTYjv aij.ßAÜ(77.£t?.
Haec mi Alexander, amicorum primarie, non reprehendendi
studio, sed admonendi causa scribo, atque eo animo, quo omnia
soleo, sincero scilicet et amico. Tu si me uere amas, quod
1 ,impudentis9iiTi09', war früher unterstrichen, wurde aber von einer späteren
Hand getilgt.
"
Änalecten zur Geschichte der Reformation und des Hnraanismus in Schwaben. \2u
facis, non alio uelim accipias. Gabriel noster eü iyei. Vale feli-
citer, (fOvOv ^lop. Cursim Rauenspuigi XIIII Kai. Septembr.
AN. DN. MDXIX.
Fol. 113.
Altdorf. XXIV. 4. October 1519.
Michael Huramelbergius ß. Philippo Engentino ' S. D. P.
Nihil mihi laetius fuit tuis literis, Engentine carissime,
ex quibus wc ex. twv ovü^^wv caov -bv Xeovia 5 ^eideicuq exsTvot; tuum
erg-a me animiim aguoui totum beneuolum, totum sincerum,
totum candidum; oro te per sacras Musas, aut si quod habes
carius numen obsecro et obtestor, eundem erga me semper
habeas, nee quauis causa mutes. Enitar ipse pro uiribus, ne
unquam te pudeat amicitiae nostrae, quam mutuo amore atque
officio nusquain sinam labefactari aut dissui. Perge igitur, ele-
gantissime Philippe, ut feliciter coepisti, me amare unice et
uere. Nihil constantius persuasum habeas uelim, quam me
totum esse tuum. In otio et domi constitutus amicitiam hanc
nostram crebris et Asiaticis literis Herculeo nodo artius con-
stringam, modo amoenissimo ingenio tuo nugae meae non dis-
pliceant. 2 Nunc infacetum rus me detinet, in quod popularis
ista et dira lues me damnauit. Aay.(i)vtG[j.bv ut bonus es uir,
boni consulito. Urbs olim et plura et iucundiora dabit. Aueto
(pO.ov tpöii;.
Ex Altorf IUI. Nonas Octobris MDXIX.
Aus dem Cod. lat. Monac. 4007, fol. 114 b.
' Pliilipp Engentinus, eigentlich Engelbrecht, aus dem badischen Orte Engen,
studirte zu Wittenberg und Freiburg. An letzterer Universität war er
Lehrer der Poetik. Er verfasste mehrere dichterische Werke, erklärte sich
für die Reformation und war befreundet mit Hütten, Erasmua, B. Rhe-
nanus, Spalatin und vielen Anderen. Er starb l.'>28 zu Strassburg. Vgl.
meinen Aufsatz über Engentinus in der AUg. deutschen Biographie.
2 Mit den , nugae' dürften wohl Hummelberger's Gedichte gemeint sein.
Sitzungsber. d. phil.-hiat. Cl. LXXXIX. Bd. I. Uft.
130 Bora Witz.
Feldkirch. XXV. 21. October 1519.
Philippus Engentinua Michaeli Hummelbergio S. P. D.
Ostendit mihi literas ad se tuas Gabriel ' frater tuus, rei
medicae consultissimus homo, in quibus honorificam de me
facis mentionem, quod tuum de me iudicium insigni tuae
humanitati ascribo potius, quam ut uerum agnoscam. Scio enim,
qua sis humanitate praeditus, qua modestia, quamquam tibi
placeat, si quid ex ueterum penu in lucem deproraitur, id quod
abunde nee minus suauiter narrare solebat Beatus noster Rlie-
nanus, 2 dum Basileae in Frobenianis aedibus simul diuersa-
bamur. Ab eo tempore summo semper te complexus sum amore.
Non enim non possum amare illustres eruditione uiros, prae-
sertim quorum opera foeda illa barbariei colluuies ex Germania
tandem profligatur. Uli nunc sunt in ordinem colligati atque
ita extra ingeniorum aleam positi, ut Pyrgopolynices, Arco-
trogus et siqui sunt insulsissimi Schulten •' nihil officere queant.
Dii boni, quam salsa ad hanc tragicomoediam scholia addidisti.
Recte iudicas, ita sapiunt eruditi omnes. Quis oro talem litera-
torum faecem aequo animo ferre potest? Non multis abhinc
mensibus ob Dodoneum illud omnes (ut tu uocas) paene in peri-
culum me coniecissem, adeo impatienter fero, si nugatores illi
Erasmo et ceteris Germaniae luminibus conferuntur, inter quos
egregius est Thraso quidam, quem ob ius hospitalitatis obticeo,
cuius insignem stultitiam saepius intra me rideo. Commen-
tabimur aliquando de his rebus plura; forte erit, ut istac iter
sim facturus, nam plane constitui me in bellum profecturum, ■•
si ab imperio delectus erit, qui nunc in exilio sum, nee breui
reditum ad Friburgum sperem ob saeuissimam pestilentiam,
quae illic (ut scribit ad me Zasius, '"') adeo grassatur, ut in paucis
mensibus aliquot milia absumpserit: interim hie manebo, donec
' Mit Gabriel ist G. Hummelberger, Michaels Bruder, Arzt zu Feldkirch,
Botaniker gemeint, der sich auch literarisch versuchte.
2 lieber Beatus Rh enanus cf. meine Aufsätze in den Sitzungsberichten der
Wiener k. k. Akademie der Wissenschaften 1872 und 187.S.
' ,Pyrgopolynices', Name der Hauptperson in Plautus miles glor. ,Artotrogus',
der Parasit aus demselben Stücke.
* Es ist das ein ähnlicher Fall, wie der des Urbanus Rhegius.
5 Der Brief ist in der Sammlung der Epp. Zas. nicht enthalten.
Analecten zur Geschichte der Reformation und des Humanismus in Scliwabeu. 131
belli duces nos certiores fecerint; habeo autem mecum fidos
coramilitones, qui ut literaium olim mecum stipendiis moruerunt,
ita in praesentiarum una belli aleam tractabunt. Vale candi-
dissime vir et me mutuiter ama. Ex Veltkirch XI. Kai. Octobres.
Anno MDXIX.
Aus dem Cod. lat. Monac. 4007, fol. 114.
XXVL 28. October 1519.
Michael Hummelbergius Bauenspurgensis Gabriel! Hummel-
bergio R. fratri suo salutem.
Quas ad te scribo literas nolim te circumferre et infacetas
nugas meas passim doctis ostentare. Quae ad te scribo, prae-
cipito omnia atque utcunque subeunt mentem, calamus deping^it
ruditer et sc aypou, longius ullo colore non quaesito. Siquidem
tecum familiariter, ut addecet, ago, non ostento Ingenium, quod
forsan factitandum est, cum ignotis nos ipsos insinuamus aut
doctorum nobis conciliamus amorem. Quare uellem te meas
literas plus aequo facetiores, immo in E. iusto dicaciores, Phi-
lippo ' non ostendisse et si commendet maxime eos sales, qui
mihi serotina hora forsan bene poto exciderunt. Quales autem
fuerint, me praeterit, nam illius epistolae exemplum non retinui,
quod si apud te adhue extat, eam describas denuo et mittas
uelim, ut -appr,c'av meam agnoscam. Vale feliciter V. Kls.
Novembr. MDXIX.
Aus dem Cod. lat. Monac. 4007, fol. 11 -Ib.
Weingarten. XXVII. 16. November 1519.
Michael Hummelbergius Rauenspurgensis Matthiae Uliano
Doctori - m.edico suo S.
Heu, heu Matthia, uir optime! Abiit et fatis ereptus est
Schlachtherius 3 noster, deliciae nostrae, quibus periucunde,
' Wohl Philippus Engentinus.
2 Stadtarzt von Ravensburg.
^ Die Schlachtner sind ein noch jetzt in Ravensburg existirendes Geschlecht.
Vgl. Eben, Geschichte von Ravensburg.
9*
1Ö2 Hör a wi tz.
quoties g-enio liberius indulgere cordi erat, fruebamur ac sine
quibus nihil nobis dulce, nihil suaue erat, adeo oranium (quod
dicitui) horarum hie erat homo, ut qualem qualem optaueris
facile praestiterit, in seriis g-rauem, in iucundis facetum, in
Omnibus par ing-enium, ubique integrum uitae scelerisque purum.
Huius repentinam mortem non immerito lug-emus ambo, non
ipsius sed nostra causa, qui tam faceto conuiua, tarn iueundo
amico sumus orbati. Nostra erg"o causa recte dixerim non
illius, neque enim lugen dus est, qui cum omnem aetatem suam
integre, innocenter et caste uixit, etiam sancte mortem oppetiit.
Congruit namque actae uitae conuenire finem. Liberatus cor-
porea mole, animae carcerem exiliit, non quo pius Aeneas,
Tullus diues et Ancus, furuae ad regna Proserpinae, sed quo
uiri iusti et sancti, quorum mors pretiosa in conspectu domini,
ad uere beatorum insulas et caelestia regna, ubi quae nee auris
audiuit, nee oculus uidit, nee in cor hominis ascenderunt, prae-
parata diligentibus deum, nunc luce pomeridiana clarius in-
tuetur, uidet et quouis Coryceo melius audit. Hoc uero est,
quod non mediocriter me solatur, ut minus acerbe, quamquam
acerbissime, feram carissimi hominis mortem, sed uerius iuxta
sacras et apostolicas literas dormitionem; qui namque olim ad
ueram aeternamque uitam resurrecturus est, certe non mortuus est,
sed dormit uitae somnum, quem (praeter quos aduentus domini
uiuentes reperiet) dormiemus omnes. Ibimus Matthia, ibimus
otius serius; nam omnibus linquenda tellus et domus et horti
et placens uxor et quidquid hie carum est, nihil nos inter opes
inopes sequetur praeter inuisam Libitinam. Occupabit omnia
heres, uel centum custodita clauibus. Ne plura: plura tarnen.
Si 8chlachterium nostrum quidpiam remoretur, quo minus recta
ad superos auolarit mancipeturque adhuc carcere diro, quo
necdum omnino detersis labeculis defunctorum recluduntur
animae et prae luctu et dolore anxius clamet: Posuerunt me
in lacu inferiore et tenebris et umbra mortis, ea causa, mise-
remini mei, miseremini mei, nos saltem amici mei, quia manus
domini tetigit me; conemur certa exauditionis spe de profundis
et intimis cordis penetralibus clamare ad dominum et diuinum
exorare numen, ut liberet eum ab ore rugientis leonis, ne ab-
sorbeatur a Tartaro. Ne et ipse queratur aduersus dominum
inquiens: Longe fecisti notos meos a me, posuerunt me
i
Analecten zur Geschichte der Reformation und des Humanismus in Schwaben. 133
abominationem sibi. Elongasti a me amicum et proximum et
notos nieos a miseria mea. Sed potius nostris adiutus preculis
mutato in gaudium dolore, dulce cantillet: Anima mea erepta
est de laqueo daemonum, laquens contritus est, et eg'O liberatus
sum, constitutus iam in domo domini, haec requies mea in
saeculum saeculi, hie habitabo quura elegi eam. Haec non tarn
dolori meo quam consolationi indulgens tristissimus scripsi,
rog-ans te et per Deum obsecrans, ut eam caritatem, quam
uiuenti, etiam pie defuncto impertias. Ego quidquid meis erga
deum precibus et sacriiiciis auxilii adferre potero, haud segnis
ero, sed lubens merito exhibebo. ßaptim ex Vinea domiui
Zebaoth. XVI. Kls. XBRIS.
Aus dem Cod. lat. Monac. 4007, fol. 115 f.
Ravensburg. XXVIII. 23. März 1520.
Michael Huminelbergius Rauenspurgensis Jacobo Philomuso •
poetae laureato S. P. D.
Etsi te, uir eruditissime, ob praeelarum ingenium, singu-
larem eruditionem et humanitatem tuam magna semper bene-
uolentia complexus sim, nulla tamen hactenus oblata est occasio,
qua tibi eam literis significarem, nisi iam pridem quin Grego-
rius et Joannes Baetzii - fratres germani, propinqui mei, in tua
uerba iurarunt tui facti discipuli. Per eos ipsos enim, ut tuae
me amicitiae insinuarem, tibi saluam dici salutem uolui,# non
ausus ■* prae pudore amusis literis meis te, uirum adeo elegan-
tem alloqui, quod forte intelligentes illi tuas ad me priores
petierunt, ut me hoc modo ad scribendum animarent, sed reuera
necdum expetierunt, quod tu prae modestia tua et humanitate
primas mihi dare uelis, lepide inquiens, a sacerdote benedictionem
procedere debere, et certe nee inscite, Nam et Melchisedeck,
1 Jacob Locher, Philomusus, der bekannte Ingolstädter Dichter und
Philolog: cf. meine Schrift: Zur Biographie und Correspondenz Johannes
Reuchlins, S. 173 (59), Nr. 9 und Hehle ,J. Locher' (im Programm des
Gymnasiums zu Ehingen).
2 Die Baetze waren Verwandte Hummelberger's, Johannes studirte in Ingol-
stadt zwischen 1519 und 1522.
3 ,non' ist ausgestrichen.
Id4 Horawitz
sacerdos dei excelsi benedixit Abram, sacer profano; et eg-o
reuera tibi iam saepius uel inscio in diuinis etiamnum sacri-
ficiis aliquoties benedixi, utque tu ac tua omnia salua essent,
niimen adoraui, quod his literis sancte assero, ut constanter
persnasum habeas, me uere te amare obseruareque, nihil abs te
exig-ere, nisi ut me mutuum ames et aliquando tersissimis
literis oblectes et ornes nee unquam patiaris te in amore de-
uinci, quod faciens tibi gloriam, mihi decus paries. Vale feli-
citer. Ex Museo nostro Rauenspurgi. X. Kls. Aprilis MDXX.
Aus dem Cod. lat. Monac. 4007, fol. 120 b e fol. lila.
Constanz. XXIX. 26. März 1520.
Joannes Botzhemus ' J. TJ. Doctor et Canonieus Constantiensis
Michaeli Hummelbergio Rauenspurgensi S. P. D.
Retulit mihi doctissime Michael tuum in me bonae salutis
uotum et idem saepius repetitum consobrinus tuus, Doctor
Joannes Menlishofer, ^ amicissimus mens, homo omnibus amari
dignus. Is ut alias frequenter, sie hoc me hilarauit laetitia,
dum amicitiam meam te desiderare aiebat, cuius iam pridem
mag-no mihi redimenda fuerat, si licuisset; iamdudum enim
egregios ingenii tui uirtutes animus meus resciuit, sed cum nae
inferiorem agnouissem quam ut tecum literis agere conueniret,
consultius mihi fore existimabam a scriptione (uerecundiae fuco)
temperandum quam temeritate labendum, mutauit autem con-
silium meum uulgata illa tua, qua polles, modestia doctrina-
rumque tuarum insig-nis excellentia, quarum ut ipse maxime
sum expers, sie easdem sitio maxime. Addidit autem nonnihil
feruoris animo meo Faber ille noster, Constantiensis uicarius,
qui me nescio qua fascinauit amicitia et ita me fascinauit, ut
alter ab altero fere nunquam absit ; is proximis diebus mihi
1 Johannes von Botzheim mit dem Beinamen Abstemiu,s, ein feingebildeter
humanistisch gesinnter Domherr, Freund desErasmus, den die Zimmer'sche
Chronik III. 205, wie es scheint, sehr gut mit den Worten charakte-
risirt: ,ein holdseligs, höf lieh's Männle, ein guter Musicus', war 1480
geboren und starb zu Freiburg im Breisgau 1535.
2 Joannes Menlishofer war ein wissenschaftlich gebildeter Arzt.
Analecten znr Geschichte der Reformation und des Hnmanismne in Schwaben. loO
in aurem insusurrauit te propediem praeceptorem nobis affuturum,
quod tarn exspecto auide, ut quod maxime, licet unum hoc me
pungat, quod multo dispari principio distamus, nam ea quae mihi
tradenda sunt prima principia, Faber ante duo lustra ad nauseum
imbibit; tametsi poUiceamur et ipsum mecum elementaria re-
sumpturum initia, uereor tarnen tarditatem rudis ingenii inei,
infelicitatis propriae conscius, uohiisse tarnen quantum licebit
adnitar. Sed de hoc coram phira. Quod omnium prinium uolo
crescere inter nos quotidie amicitiae nexum, cupio non ut paribus
officiis aequari tibi possim, sed quia optimorum uirorum indice
apud me uelim accessione felici familiaritatem augeri, gestit itaque
animus mihi de ineundo tecum amicitiae sacramento, cuius uir-
tutes et amo et suspicio. Sed ne blanditiae longiores uei'i cor-
rumpant dignitatem, paucis finem facio, ob hoc tamen plurimum,
ut inopiam sermonis breuitas affectata contegat. Bene uale et
Botzhemo (quantus est) tuo, quantumuis libere utitor, quem et
redama. Ex Constantia. XXVI. Martii AN. MDXX.
Fol. 121.
Ravensburg. XXX. 5. April 15'20.
Michael Hummelbergius Rauenspurgensis Joanni Botzhemo
J. U. Doctori et Constantiensis eeclesiae Canonieo.
Salue Potzheme, uir praestantissime. Pergrata est mihi
amicitia tuis literis mecum contracta, quam cum semel felici
omine iniui, adnitar cum summa ueneratione semper obseruare ;
nara non solum mihi decori, sed etiam tibi uoluptati fore exi-
stimo. Cum enim hominum sit alioqui studiosorum, non potest
non cum summa delectatione esse Aristotelis calculo. Nee plane
(Isocratis seutentia) suspicandum est, quod uel alterutrius ab-
sentia, uel longa aetate obliteretur. Quare quod studiosum et
uirtute praeditum uirum cum primis addecet, sincere araa et
uere atque unice redamaberis. Quod ad graecarum literarum
attinet Studium, non est cur tardidatem (ut tute scribis) rudis
ingenii tui uerearis, quod pari passu cum Fabro incedere ne-
queas; nam ingenii tui dexteritatem noui consobrini mei
relatu ; hac uel una parasanga praecursitantem assequi poteris.
lOD Horawitz.
Saepiuscule enim celerem praecucurrit tardus atque Volcanus,
etsi Hoinero, Hesiodo, Apollonioque ai^.fpiYui^eic, id est, utrinque
claudus sit, Martern tarnen assequitur gradiuum. Nihil igitur
te deterreat; mira breuitate fundamenta iaciam nee minori
facilitate Attica mirificis tradam rudimenta figuris. • Gratum
opus iagenii, si quis inertis erit. Sunt ut nosti uaria negotia
Fabrum remorantia, ne eam quam uelit literis operam impendat,
quibus illo interim occupato tu otium tuum omne literis acco-
modabis. Illo pro tribunali sedente et iudicante tu inter graecas
Musas domi tuae deliciaberis, quodque tum ille negliget, tu
lucrifacies, si uoles. Vale faustiter et me ut coepisti amare
pergas uelim. Cursim ex museo nostro. Rauenspurgi, Nonis
Aprilis. MDXX.
Fol. 122.
Constanz. XXXI. 18. Juni 1520.
Thomas Blaurerus - Michaeli Hummelbergio salutem.
Paucis iam ad te, uir humanissime, non quia negotiis co-
hiberer uel nuntii celeritate aut alio quouis impedimento, quibus
interturbamur scribentes, sed iudicio id et non imprudenti.
Sunt quos epistolarum breuitas oblectet, praesei'tim semidocta-
rum, quales ego forsan reddidero, sunt e regione, qui copiosas
expostulent; his uero cum nonnullis nihil fastidiosius sit, operae
pretium uidebatur, si nunc tales mitterem, quales desiderari
possent, fastidiri non possent. Q.uare si tu ex eorum es numero,
quibus Asiana illa redundantia uel arrideat uel non displiceat,
fac sciain. Superest nobis otii, materiae, supellectilis (ni fallor)
satis, supellectilis quidem non dico eximiae, sed rursum non
' Hummelberger will offenbar jene Figuren anwenden, die er in seiner
Grammatik (erst lö'6'd von Beatvxs Rhenanus herausgegeben, cf. meinen
Hummelbcrger, S. 16) angewendet, und die sich, wenn ich nicht irre,
auch in Oekolampad's Dragmata finden.
2 Thomas Blaurer studirte zuerst bei Zasius in Freibuig, begab sich dann
nach Wittenberg, von wo er seinem Bruder Luther nicht genug rühmen
konnte, er sandte ihm auch Schriften desselben, welche in Ambrosius
jene Wandelung hervorbrachten, die ihn zur Flucht aus dem Kloster
(1622) trieb. 1524 kehrte Thomas aus Wittenberg zurück.
Analecten znr Geschichte der Reformation und des HumanismDs in Schwaben. 137
adeo curtae, ut facile quod uoles impeti*es -/.cd xauxa \j.h o-q xajTa.
Meos in hac re mores sie intellige. ut putes me nulluni genus
literarum spernere, modo sint frequentes et crebro missae ; tum
uix aliquid praeterea me uehementius expectare quam tuas ;
nempe humanissimi modestissimique q^^os(!) adhuc uiderim, et
ut nihil mentiar candidissimi: quas quidem uirtutes tuas luben-
tius apud alios praedicaturus sum, quam apud te, uirum adu-
lationis impatientem. Inprimis tamen sie habe, te nostro animo
et esse et semper fore carissimum simul et honoratissimum,
nee id sane minus ex desiderio nitro promicante quam ex
officio, quo astringor. Tu nos tuis literis exhilarare poteris,
referente D. Urbano Regio, decore et ornamento eiuitatis nostrae,
eodemque in nos non parum benefico, qui et nostras detulit.
Vale ex Constantia XIIII. Kls. Julias MDXX. Fratrem habeo
bonarum literarum amantem, cultorem eruditorum hominum,
qui cum (ut apud me nunc est) hoc epistolium legeret, et
simul ipse narrarem de doctrina et moribus tuis, coepit te non
mediocriter diligere et nunc iubere, ut te suo nomine salutarem
atque etiam commendarem, quod facio. '
Aus dem Cod. lat. Monac. 4007, fol. 122.
Ravensburf^. XXXII, 27. Juni 1520.
Michael Huminelbergias Rauenspurgensis Thomae Blaurero
Constantiensi S. S.
Reddidit mihi tuas literas D. Ui'banus Regius^ utriusque
nostrum amantissimus, quibus cum nihil elegantius, nihil doctius,
nihil denique humanius legerim, nihil etiam his habui neque
gratius neque iucundius. Unice miror et amo ingenium tuum,
o'jTO) cpiXöxaXov, quod moneo ne unquam neglegas, sed probatis
moribus, spectata uirtute et clara utriusque linguae eruditione
ut coepisti adornare pergas, ut olim Constantiam, clarissimam
ciuitatem et dulcem patriam tuam, uel solus humanitati et eru~
• Es ist der bekannte Reformator Ambrosius Blanrer gemeint, der damals
noch im Kloster Alpirsbach weilte. Cf. Pres sei, Leben Blaurer's, Stutt-
gart, Liesching, 1»61, und Th. Keim, Ambrosius Blaurer, Stuttgart 1860.
138 Horawitz.
ditioni adseras, Paceanamque ' iniuriam ig.iaq uindices. Ceterum
quod tuas creberrimas polliceris, mihi gaudio est non mediocri;
nam eiusmodi elegantiolae, quibus tuae scatent literae, non
parum meum animum oblectant. Utque eas frequentissimas mi-
nime fastidio, ita maxime desidero, siquidem Asianam prolixi-
tatem in araicorum literis lubens amplexor, /.al Tcacr-r) t^ '\''^y,fi
ä7:o5£/o|X3(t ouce aOepi^oj r)]v ßatioAcviav, quamquam ipse tw Kx/.c-
v'.cjxo) plerumque et meo quodam more utor, quod non nesciam
dictionem meam ouosv' av5pa -:ep'l)v:/. Salutem fratris tui nomine
mihi ascriptam gratissimo accepi animo, uicissimque illi candi-
dam rescribo, quam ei meis uerbis dicito. Eius eruditionem
et integritatem dum Urbanus nuperrime niecum agens dignis
efFerret modis, coepi illico hominem amare atque optare, ut per
te eius amicitiae insinuarer, quod ut fiat, diligenter cura. Uale
feliciter Thoma, mi carissime atque me ut coepisti crebris lite-
ris oblecta et ama mutuiter eösXo) yäp sy*^ '^'^^ c?va'., öv. tj ey^oq.
z'.c v.al |jiv cXoc. Rauenspurgi, ex Museo nostro. V. Kls. Jul.
MDXX.
Aus dem Cod. lat. Monac, 4O07, fol. 122 f.
XXXIII. 9. September 1520.
Michael Humraelbergius Rauenspurgensis Joanni
Kierhero S. S. ^
Ubi ubi es, plurimum te saluere uelim Kierhere, amico-
rum optime. Prosequebar te olim praecipua beneuolentia et
uera caritate, quod complura in te optimi cuiusque amore
digna agnoscerem et te semper de me quam optime merei'i
sentirem. Qua causa post meum a Parisino contubernio tuo
1 Die Hs. jPaeanamque'. — ,Paceana iniuria' glaubte ich emendiren zu
müssen, obwohl ich auch nicht erklären kann, was Richard Pace, der
Freund des Erasmus, speciell gegen die gute Stadt Constanz verbrochen
haben soll. 1517 erschien seine Schrift ,de fnictu, qui ex doctrina capitur'
zu Basel; ich konnte sie aber nicht einsehen, weiss deshalb nicht, ob
sie derartiges enthält.
2 Kleiber war ein Jugendfreund des Hummelberger, der auch in Paris mit
ihm studirte; cf. meinen Hummelberger passim.
i
Analecten zur Geschichte der Beformation nnd des Humanismus in Schwahen. lo9
discessiim ad te scripsi saepe, ne meam erga te caritatem
locorum intercapedine deferuescere putares, recepi et a te,
candidi erga me animi tui testes, uicarias literas complusculas,
easdem humanissimas elegantissimasque. At nescio quo fato
inde accidit, ut ipse Latiimi adirem, tu Germaniam repeteres,
nee alter interim alteri quidquam scripserit, haud dubie hac
causa, quod neuter, ubinam alter ageret, resciret atque hactenus
quoad habitationis locum nobis ipsis essemus ignoti. Sed ne
diutius nos mutuum ignoremus, mitto hasee Spiraiu, ut te istic
disquirant, salutent et fortunas tuas ualitudinemque et sospita-
tem experiantur, simul etiam mei apud te memoriam, si forte
antiquata sit, renouent atque ad me tuas impetrent, quas aui-
dissime desidero. Igitur si te Spirae inuenerint, eas obuiis ulnis
et hilari fronte suscipe et ob ueterem amicitiam nostram uel
centies exosculare ac prorsus dignas arbiträre, quibus lubentis-
sime respondeas. Porro qui eas tibi reddidit tabellarius, muni-
ceps meus est. Uuormaciam petit et in reditu te iterum adibit,
quare pro tuo in me amore non graueris me suauissimis literis
et Alberti nostri Truchsess oblectare ornareque. Vale feliciter.
V. eid. Septemb. MDXX.
Aus dem Cod. lat. Mouac. 4007, fol. 123.
Speier. XXXIV. 18. September 1520.
Thomas Truchsess Deeanus Spirensis Michaeli Hummelbergio
Rauenspurgensi S. D.
Ornatissime et eruditissime uir, binas literas tuas, quarum
unas ad Albertum Truchsess consanguineum, ad Joannem Kier-
heruui alteros dedisti, singulari tiducia fretus accepi, apenii,
legi, quae nil nisi quod humanitatis, incomparabilis beneuolen-
tiae et sincerae caritatis est, et spirant et redolent. Quo uero
statu res et utriusque conditio sese habeat, nolui posterius
ignorares. Albertus ob reliquias fortasse Gallici morbi, quem
uocant, curae medicorum Augustae sese submisit, pristinam de-
siderans recuperare ualetudinem. In quintum mensem a Spira
abfuit, qui quamprimum redierit, tuas illico curabo habeat.
Noster Joannes Kierherus. homo dum uiueret impense doctus,
140 Horawitz.
qiii mihi contubernalis amplius decennio conuixit, cuius fami-
liaritate et consuetudine ac prae ceteris quibus pollebat uirtuti-
bus, integritate et doctrina admodum delectabar, prioris anni
decimi noni mense Julio e uiuis excessit, cuius Spiritus aeuo
fruatur sempiterno. Is aeque ante aliquot annos purulentissimis
pustulis laborauit, quarum reliquias dum medica cura unguentis
amouere et penitus propellere studeret, nescio quo sinistro fato,
guttur faucesque (illic enim unguentum insedit) adeo tumuerunt,
ut homini, omni humano tum consilio tum auxilio destituto,
misere interitum afferent, id quod ut alia hacteuus aequo animo
tuli. ' Ubi pro tuo ingenio sepulcrum eius elogio decoraueris,
ut tua est humanitas, communicato. Vale humanissime uir has-
que meas ineptias boni consule. Ex Spira. XVIII. Septem-
bris MDXX.
Fol. 123.
XXXV. 16. October 1520.
Osualdus TJlianus^ Michaeli Hummelbergio salutem.
Tum singularis humanitas tua, qua soles studiosos passim
complecti, tum amicitia, quae tibi cum patre meo priuatim inter-
cedit, uix tandem animarunt me, ut ad te, uir doctissime scri-
berem. Hactenus enim recordatio uirtutis atque eruditionis tuae,
qua communem patriam illustras, dici uix potest, quam mihi
iucunda fuerit, cum ob alia multa, tum quod patri contigisset
talis amicus iam seni et aliarum uoluptatum oblito, ita hanc
unam hac aetate optanti, ut dextro aliquo ac erudito amico frui
liceat, qualem tu procul dubio, quae uirtus et humanitas tua
est, praestas. Nunc uero tempei'are mihi non possum, quin
petam, ut ad paternam amicitiam nos quoque adcenseas. Id
quod et pie et pro candore tuo uideris facturus, neque enim
non potes non complecti xbv (pt'Xou cpfAcv ei yap x.otvä töc (piAwv
eaxi, |j.aXtcTa BsT -/.oivsuc twv ^(Xwv sivai ichq ifCkouc ; nisi quis ami-
cicior patri, quam tilius est, haud poteris nos temere repudiare,
' Ueber die ,Malafrances' und ihre Verbi 'ituiig^ in jenen Tagen siehe
S trau SS, Uhich von Hütten.
2 Ein Brief von Melanchthon an ihn, Corpus Ref. I, 627.
Analecten zur Geschichte der Reformation und des Humanismuu in Schwaben. 141
praesertim cum petainus rem et per sese honestam et quae
humanitatem quoque tuam pluribus commendatura sit. Ceterum,
quaeso, per bonitatem tuam studia nostra patri quam dilig-en-
tissime commendes. Nam omnino euitemur, ne illum aliquando
nostri pudeat. Philipp! Melanchthonis praeceptoris mei literas
ad te mitto, ' is se tibi unice commendat. Epistolam meam de
monachorum uotis si legisti; et hanc breuiculara leg-e, quam
Chartusiano inscripsi et mecum xa (papiaai'wv \-qp-q[iot.i:x ride, Vale
feliciter, uir doctissime. Die Sancti Galli. Anno MDXX.
Aus dem Cod. lat. Monac. 4007, fol. 126.
Schwarzwald. 2 XXX VI. 17. October 1520.
Michael Hummelbergius Joaohimo Egellio medico suo S.
Kierherum utriusque nostrum nomine nuper salutaturus
misi Spiram, ut nosti, literas, quas nobilis et eruditus uir,
Dominus Thomas Truchsess_, Spirensis ecclesiae Decanus, Kier-
heri dum uiueret Maecenas atque patronus, obuiis ulnis ut
dicitur recepit, legit, dignasque censuit, quibus uel ipse elegant!
dictione responderet. Scripsit ad me Kierheri loco humanissime,
immaturam eins obitum significauit, hortatus est, epitaphium
scriberem atque ad se mitterem Spiram. Quam autem ipse
scribendis carminibus sim insolens nosti, tarnen uiro, adeo nobili
et de me bene speranti non obtemperare nee audeo, nee debeo.
Confisus de humanitate eius, qua boni laturum spero, quidquid
a me uel indoctius lusum fuerit, scripsi his inclusum decem
uersuum epigramma, quo Kierheri nostri umbram lectori loqui
fingo. Tu tuo more diligenter legito iudicatoque iuste, si meretur,
proba, sin minus, emenda. Nee graueris ipse me hortatore,
etiaranum aliud scribere, quo antiquam erga KieVherum obser-
uantiam tuam testeris. Non enim minus uita funetis quam
superstitibus amicis nos nostraque debemus. Scribe igitur, quod
' Es ist der Brief im Corpus Ref. I, 266, vom 14. October. Das ,literis'
in der vorletzten Zeile i.st ein Lesefehler, es muss — wie ich aus der
Handschrift ersah — lituri.s heissen.
2 Anders kann ,lerna obscurorum' wohl niclit übersetzt werden.
1 42 Horawitz.
cum meo aliquando Spiram mittam et uel tantillo beneficio
tantum nobis uirum demereamur. Quam uehementer id cupiat,
lectis literis eius intellig-es, eas pariter his adnexui. Quod ad
DOS attinet, uon omnino secure hie ag^imus neque tuto. Pesti-
fera lues proscriptionem nobis minitatur, nisi per aeris tempe-
riem patrios lares redire liceat. Abstulit pestis Menlishofero
Dostro filium natu minimum, optimae et incomparabilis spei
puellum. Periit Simoni N. formosissima uirguncula, (proh scelus)
duodeuiginti annos nata. M. B. adhuc aegre spirat et orco est
admodum propinquus. Ut in sordida turba grassetur, non dis-
quiro, praestat enim nescire. Videor mihi hie in Cimmeriis
uersare tenebris, adeo nemo est, intelligis quid uelim, satis.
Vale ex Lerna obscurorum. XVI. Kai. Novembr. MDXX.
Fol. 124.
XXXVII. 1520.
Joannis Kierheri Selestadiensis epitaphium per Michaelem
Hummelbergium Rauenspurgensem.
Siestadium genuit nie einem Spiraque mysten
Fecit et exstinetum nune retinet cinerem.
Doetus Joannes elaris dieebar amieis
Kierherus, patriae gloria magna suae.
Ornauit sophiae praeeeptis Gallia quondam,
Perdidit et morbo Gallia saeua suo.
Qui legis ista, preeor elari per numen Olympi,
Vota piasque preees Manibus adde meis,
Ut, si quas patior diras pro erimine poenas,
Liberer aetutum coelitibusque fruor.
JOANNI KIERHERO SELESTENSI,
PHILOSOPHO, POETAE ET ORATORI DISERTISSIMO,
CHRISTIANAE PIETATIS CON SACERDOTI
MICHAEL HVMMELBERGIVS, RAVENSBVRGENSIS
DULCISSIMO OLIM CONTVBERNALI SVO
ET AMICO INCOMPARABILI
POSVIT, LIBENS
MERITO.
AN. DN. M D. XX.
Fol. 124.
Analecteu zur Geschichte der Reformation und des Hnmanismns in Schwaben. 14:d
Ueberlingen, XXXVIII. 22. November 1520.
Michael Huramelbergius Thomae Truehsess, Deeano Spirensi
salutem. ,
Accipe uir nobilissime epitaphium, quo te hortatore Kier-
heri nostri, uiri amoenissimi ingenii, sepulcrum adorno atque
simul meo et dolori et amori indulgeo. An uero tuo desiderio
tarn tenui filo deducto epigrammate satisfecerim, nescio^ per-
suaswm tarnen habeo, te pro genuina humanitate tua boni con-
sulturum, quod adeo simpliciter amiciterque pro Kierhero
scribitur, tibi unice dilecto. Proinde ut tibi gratificarer, monui
et Gabrielem fratrem germanum et Joacimum Egellium cogna-
tum meum, utrosque consummatae peritiae medicos et Kierheri
amantissimos olim sodales , ut illum suis elogiis decorarent
suamque erga Kierherum obseruantiam testarentur. Qui mihi
libenti obsecuti animo, scripserunt bis inclusa epitaphia, quae
obuiis ulnis ab te suseepta hilari pelleges fronte atque nos in
clieutum tuorum pittacium adscribes, quod cupimus uehementer
admodum. Bene ualeat R, T. D. et me uero amore mutuum
amet et ornet. Cursim ex Uberlinga, ubi ob grassanteni donii
pestem ev -f, xaiv äo'.cwv a^opa exul ago. Daciv e^pwao. X. Kai.
Xbris MDXX.
Aus dem Cod. lat. Monac. 4007, fol. 125 b.
Ueberlingen. XXXIX. 22. November ir)20.
Michael Hummelbergius Alberto Truehsess, Canonico
Spirensi S.
Scripseram ad te superioribus diebus Spiram, optime
Alberte, sed aberas tum, Augustenslum medicorum (ut fere-
batur) curae commissus. Rescripsit autem ad me tuo nomine
uere nobilis ille et praestans uir, D. Thomas Truehsess, Spi-
rensis ecelesiae Decanus meritissimus, consanguineus tuus, tibi
ob egregias animi dotes omnibus modis amandus, obseruandus
et imitandus. Cuius literas primum cum dolore legi, quia prae-
ceptoris tui, coutubernalis uero mei, amantissimi Joannis Kier-
144 Horawitz.
heri immaturam mortem denunciai'ent. Sed mox eisdem conso-
latus, quia in defuncti locum nouus mihi accesserit amicus atque
adeo insignis, longe propulso dolore non mediocrem cepi gaudium,
id maxime ea causa, quod uir tam claris ortus natalibus, tarn
candido praeditus animo, tam praeclara dignitate auctoritateque
ornatus me non indignum censuit, quem suis literis salutaret,
alloqueretur et toto complecteretur pectusculo. In quo singu-
larem eius animi caudorem ac praecipuam quandara humani-
tatem et uirtutem cognoui. Sola enim uirtus est, quae summos
uiros adeo faciles, benignes, comes xat euTipocr^YÖpoui; facit, ut
neminem uel infimae sortis despiciant. Literas eas cum ob
elegantiam suam tum ob exquisitam eruditionem cedro dig-
nissimas inter cariorem literariam supellectilem meam reconditas
ceugemmam, quoaduiuam, adseruabo et sub oculos saepius reuo-
catas exosculabor frequentissime neque unquam non ueham lau-
dibus tam celebrem humanitate uirum, nunquam non amabo, nun-
quam non obseruabo atque huius meae obseruantiae testem esse
uelim et hanc et alteram epistolam meam, qua illi positum Kier-
hero monumentum dedico, quod etsi duriusculum y.at ä'iJLOucov sit,
opiuor tarnen uel ex eo placiturum, quod erga Kierherum sincerum
amorem, erga se uero propensum animum meum et officium facile
deprehendet. Tuo itaque, nobilis Alberte, congeneri illi tuo nie
non uulgariter commenda atque in uerum amorem mei incita uehe-
menter. Ama me etiam, ut olim apud Parisios coepisti, arden-
tissime, quod tibi ut decorum ita et iucundum fore arbitrabor.
Rescribe quando per otium tabellariumque licebit. Uale feli-
citer. Ex Uberlinga X. Kls. Xbris MDXX.
Aus dem Cod. lat Monac. 4007, fol. 125 b.
Ravensburg. XL, 8. Februar 1521.
Michael Hummelbergius Osualdo Uliano Rauenspurgensi
salutem.
Literas tuas, quibus amicitiam nostram tantopere affectas,
porrecta fronte recepi mi Osualde. Gratus est mihi tuus erga
me animus, grata beneuolentia et dilectio tua, ex quibus raram
ingenii tui uirtutem et singulareni candorem cognosco. Proinde
Analecten zur Geschichte der Reformation und des Humanismus in Schwaben. 145
lubenti et corde et animo te meorum amicorum -iriTravio) ' et
ratiouario inscribo et g-audeo non parum, te amico me auctiim
esse, quem uero amore prosequar nee prius amare desinam,
quam uita hac defungar. Igitur studiosissime Osualde perge,
ut coepisti, me uera caritate complecti. Amat me parens tuus,
uir niuei pectoris et integerrimi animi, omnibus officiis rae
colit, ueneratur et obseruat, huius tu uelis Imitator esse et
amicorum quemadmodum et bonorum simul successor et heres;
Trpe-si ^(cup lohq TraToxq wc-sp t^q oucta?, o'jto) y.ai tvji; (^Odaq ty^; TcaTpav;?
•/.A'r]povo|j.sTv, w? <fr,ah o 'IcoxpaTY;?. 2 Quod autem monuisti, ut patri
tua studia commendarem, lubens tibi morem gessi, primum per
literas; nam Rauenspurgo aberam, quando mihi tuae redde-
bautur, dein reuersus coram uerbis itidem feci, nee minus dili-
genter. Persuasi patrem, ut quas hactenus tuas esse non credidit,
nunc tuas literas constanter credat, tcOt' sct'.v tuo Marte, tuo
ingenio et scriptas et effictas, nee tarnen patrem in hanc sen-
tentiam duxi, sed etiam Coenobitam illum quicum tibi de
monachorum uotis controuersia fuit uel inuitum traxi; qui
certe non amplius suo more acrius obiurgabit, te alienis pennis
(bc AicwTCiiov y.cpaxa gloriari, quo uitio nemo est illo magis ob-
noxius. Quid enim in ultima ad te epistola illum auctorem
agnoscit, nisi quod leuiculum est? et audet tantum non in te
coarguere, quod ipsemet nunquam non factitat. Certe quando
eam epistolam legi (omnia namque mihi pater tuus communicat)
oh [J.SVOV elq tov aapcwvicv YsXwTa, oCkkcx. y.al elq zov iAsuöspov y.av^aJiJLbv
cAo; i-Ayyht'.q subiude mecum exclamans: O plagiarium insignem,
o mataeologum impudentera, qui alieno sese ornatu uenditat,
alieno ingenio partam laudem sibi uindicat ac sufFurata eru-
ditione se eniditum foede mentitur. Qui ne modo tibi, uerum
etiam nobis cep-vb;; y.al [xsTstops; et mirandum quoddam numen
oüpavdOcv delapsum uideretur, hortatus est clanculum per schedam
patrem tuum, eam epistolam etiam nobis sacerdotibus hie com-
monstraret, quod factum illi praeter spem infeliciter cessit, nam
plagium agnouimus et pleraque omnia Joanne Pico furto sub-
lata deprehendimus, e cuius apologeticis quaestionibus uerbotim
exscripsit, somnians praeter se unum Picuni legisse neminem,
' Die Hs. ,::uxTaTito'.
2 ,Isocrates' p. 1. B.
SitzuDgsber. d. phil.-hist. Cl. LXXXIX. Bd. I. Hft. 10
146 Horuwitz.
adeo ambitiosa obcaecatus est arrogantia superciliosus frater.
Quid uero de altera epistola ad patrem scripta? nonne ob hanc
etiain de plag-io conuentus et accusatus legis Flauiae animad-
uersione puniri poterit? Dispereain si lineas plus minus x
protulerit in foliata epistola aliunde non subductas, habes fidem
uerbis meis, si Pici senioris epistolas pellegisti, unde omnia
sunt mutuata. Uide, mi Uliane, quam curiose sublegit, quibus
patrem moueat persuadeatque, ut te humanioribus studiis prae-
mature abstractum sordidis tradat |ji.aTa'.oACYO'.(; perdendum, qui
nusquam christianam pietatem, sed barbaram contentionem uulgo
docent, non religiosum, sed litigiosum faciunt auditorem. Ac
non potius inhortatur, ut imposito tandem aliquando politioribus
oratorum studiis colophone, ad uerum et diuinum scripturarum
utriusque testamenti sacrarium te conferas, ubi Osoo'.oaxTOi; theo-
logis conuerseris, qui tuam aniraam uera religione, uera pietate,
uera et sapientia purgent^ illustrent et perficiant. Hoc mea
sententia monuisse praeceptorem decuisset, nisi timeret, se ma-
gistrum a discipulo aliquando superatum iri; -jroXAol Yotp [xaö-^Tat
xpeiTxovs«; otoaa/.aA(ov. Hinc sollicitus, hinc anxius ille atque in
hoc percallidus, quod intus tantum canit «jj-ouac? 6 [xojatxb? sibi
et patri tuo, quem in recessu solum^ non in compitis legere
uelit literas, et si uisum fuerit etiam te non repellit a lectione,
quasi uel per aetatem uel per alia studia impeditus Pici scripta
necdum legeris, ut furtum agnoscere queas. Ceteros omnes
omnino arcet, ueritus, ne agnito plagio ludibrio habeatur, huius-
modi praestigiis existimationem nominis sui apud patrem tuura
hactenus tutatus est bonus frater. Quam cate uero et subdole
Philippum nostrum summis laudibus extulit, prius per igno-
miniam nigrum et somniatorem a se appellatum. Videt huic
doctos omnes omnigenam omnis liberalioris disciplinae erudi-
tionem uno ore tribuere et ne ipse, si non item tribuat, in-
doctior habeatur, laudat paene immodice, stilum uertit et pali-
nodiam canit. Cupit griphos quosdam a Philippo solui, non ut
doceatur se iudice doctissimus, sed ut ingcnium ostentet, uer-
satile et multiplex scilicet. Prae se uno rüdes arbitratur omnes,
ipse Omnibus agrestior, aliena eruditione sibi Suflfenus ^ auet
nobis esse miraculo. Affeetat Melanchthonis literas, sui (ut
' Schlechter und eitler Dichter zui" Zeit des CatuU. cf, Cat. XXII.
I
Analecten zur Geschichte der Reformation und des Humauisiuus in Schwaben. 147
ait) fructum amoris, quasi nemo uideat ad hoc oblique extor-
quere, ut ex his circumlatis solam gloriam aucupetur et tani
exiraii amici iactet amicitiam. Hie certe frigidi amoris erit
fruetus, quem in herba adliuc existentem optauerim non matu-
rescere et non nasci omnino quam natum turpiter perire, Perit
enim quidquid putido penu reconditur. Atqui si adeo ingenuo
et erudito est ingenio, quali se putat esse, cur non de mona-
chorum uotis aliquid dissertat, quod rei conueniat? Cur tua
argumenta deserit et noua «7:0 rr^c tpucrew; effingit? Cur denique
probe inceptam disputationem emendicatis quaestionibus (seu
ut ipse uocat problematibus) interturbans non prosequitur?
Fortasse huiusmodi opum inops nihil habet; quod uel tenuiter
edisserat, faciliusque sua quam aliena diluit argumenta et noua
mota tragoedia obliterat ueterem, ut aliquo modo, quibus in-
uolutus est tricis ^ sese explicet et captus iterum liber fiat.
Haec sophistarum ars est, quam callenter et ipse callet. Sed
longior tecum sum quam par est, et nimis frigide pro re parua
iv.oc-6\).^r,v et magnum (ut dicitur) sacrificium facio. Verum mea
erga te pietas et dilectio calamum quam institueram longius
abduxit. Faueo studiis tuis ex animo eoque indigne fero ob
his te per male sanum monachi consilium distrahi. Velim enim
te oratoria optime institutum esse, priusquam eloquentissimorum
ueterum theoiogorum commentarios euoluas. Boni igitur con-
sulas meam hanc epistolam impendio loquaciorem; in posterum
breuior ero. Si quid in rem tuam cousulere potero, confidenter petito
et simul dictum et factum puta. Uale feliciter, Osualde carissime et
Omnibus modis enitere esse quod audis, nempe optimi patris in-
comparabilis spei filius, patriae et amicorum futurum decus et orna-
mentum. Kauenspurgi, ex Museo nostro. IV. eid. Febr. MDXXI.
Aus dem Cod. lat. Monac. 4007, fol. 126 ff.
Ravensburg. XLI. 10. Februar 1521.
Michael Hummelbergius Rauenspurgensis Blaurero
Constantiensi salutem.
Redii tandem ex obscurorum lerna ad museum hocce
meum, secretum illum domus meae recessum non inamoenum,
' Die Hs. bat ,trichia'.
10*
148 Horawitz.
ubi cum sum, solus sum; nemo obstrepit, nemo turbat. Nus-
quam tarnen minus solus sum. Obuersantur memoriae absentes
amici, immo sese oculis conspiciendos insinuant saepissime,
non corporis sed animi imagine, amantissimis expressa epistolis.
Quas dum lego, (lego autem frequenter), uideor mihi eos ipsos
coram uidere, amplecti, osculari et suauiter alloqui atque omnino
praesentes habere etiam longe absentes. Proinde nee tu elegan-
tissimi Thoma absens es quamquam etiam, Nam candidum et
pium animum tuum epistolis tuis coram positis impressum cerno,
hasce meas qualescunque mutuae amicitiae aequissimo iure
efflagitantem, qui nulluni literarum genus spernit, modo siut
frequentes et crebro missae. Agnoscis opinor uerba tua, quibus
uix aliquid uehementius expectas quam meas epistolas. Eas
cum tibi non iniucundas sciam, lubenti scribo animo, certus
te boni consulturum, quidquid animo adeo simplici et sincero
a me scriptum fuerit. Atque utinam non ea esset tabellariorum
penuria, te meis totum adobruerem, nisi forte aut argumenti
inopia, aut tua id uetarent studia, quibus me raucum anserem
importune obstrepere non deceret. Quod ne uel nunc faciam,
lougiore epistola non utar. Cum uero tuis maiorem scribendi
ansam praebueris, in longum crescent meae epistolae. Scribes
autem, si per otium licebit, Asiatica redundantia, ut ualeas,
quid agas, quod Studium quibus praeceptoribus amplectaris.
Commendaui te D, Philippo Melanchthoni mei amantissimo,
tu eins lateri quantum potes adhaere, ut doctus docto conuer-
sans doctior euadas. Osualdo Uliano perfamiliariter utere, quem
ego diligo, tu saltem ama et communiter mecum posside meos
amicos. Uale feliciter et me ut soles uehem enter ama, literis
tuis oblecta et orna. Ex museo nostro Rauenspurgi. IV. Eid.
Febr. (1521.)
Aus dem Cod. lat. Monac. 4007, fol. 128 f.
Wittemberg. XLII. 28. April 1521.
Osualdus Ulianus Michaeli Hummelbergio S.
Salue uir doctissime! Quo maior omni expectatione ac
spe raea fuit ista tua propemodum liberalitas, eo gratiorem
fuisse facile potes aestimare. Nam cum in epistola mea hoc
Analecten zur Geschichte der Eeformation nnd des Humanismus in Schwaben. 149
modo egissem, ut inter tuos nie quoque qualicunque loco reeen-
seres, nullo quideni nierito, sed in patris gratiam, cui me uelut
ille in symposiis umbrae uice adiung-ebam, tu inter piincipes
statim amicos eollocas et amicitiae auspicia epistola tali dedicas,
quam ego admirari uerius_, quam imitari aut compensare possum.
Nae tu egregie tui prodigus es, qui te tarn faniiliariter insinues
homini e media plebe. Sed hoc magis laudabere, quo christia-
nius est exemplum tuum. Philosophicum est amare, quos uirtus,
opes, eruditio commendant. Christianuni est, inter primos am-
plecti uel abieetissimos, in his tibi me uiro XpicTov «fpovouvxt
insinuo. Uides, qua te obligem et obstringam ratione, sed quam
non dubium est, quin probaturus sis, quaudoquidem Xpicibv
fpovsTc. Porro non omnino gratis amabis, nam et redamamus
et ita amicitiam ambiui tuam, ut sperem, fore nos olim non
indignos, quos ames, Gratissimum est, quod apud patrem causam
nustram agis xaTa tc-j A"^poüvTOc /.spaTwaiou [j-ovä/ou. Est enim longo
iam tempore nobis molestus. Sed nosti hoc hominum genus
ä'-/0o; apoupa; iiwciov ut ille inquit. Viderer de fide tua dubitare,
si multis a te contendereni, ne desereres patrocinium causae
meae. Nam cum ipse satis intelligas, quid amico, quid iuueni
pro chi'istiana caritate debeas, quid attinet te monere officii?
Porro futurum spero, olim ut intelligas non perisse tibi bene-
ficia in nie tua. Uale decus nostrum. Uittembergae IV. Kai.
Maii MDXXI.
Aus dem Cod. lat. Monac. 4007, fol. 129.
Raven.sburg. XLIII. 6. Juni 1521.
Michael Hummelbergius Osualdo Uliano Bauenspurgensi
salutem.
Tantus erga patrem tuum amor mens est, ut non possit
esse maior, suauissime Osualde, mihi tanquain f'rater dilecte.
Cumque illum unice deamem, qui tieret, quaeso, ut quidquid
illius est non pariter amarem et quidem ardentissime? Nihil
autem patris magis est atque optimae indolis tilius, qui patrem
candidissimo animo adeo refert. Licet natu minor sis, literarum
tamen elegantia me wc ot.KrfiC>K maior es, ut non mox, pro tua
sententia mei prodigus sim^ i?i ipse uir iam te iuuenem ut
150 Horawitz.
aetate parem complectar. Docuit nos suo exemplo Christus
nernineni paruulum despicere, et Paulus, omnibus omnia fieri,
ut mutua beneuolentia et caritate pietateque nos mutuum Christo
lucremur, qui solus uera est Caritas pietasque. Noluit Paulus
l'imothei iuuentam contemni; sed prudentiam senilem in illo
uigentem complecti, Nolim etiam ego te mihi ob aetatem de-
spectum, sed ob ing-enii et iudicii felicitatem commendatissimum
esse; id quod tuae literae omnino efflagitant; nihil enim te
minus quam iuuenem, nihil magis quam senem moribus testantur,
adeo peculiari modestia sunt adornatae et ambitione prorsus
omni uacant. Non immerito itaque te inter primarios etiam
colloco amicos, qui tua cum erudita elegantia tum eximia uir-
tute id certe promereris, ob quod etiam hanc amicitiam nostram
non minus mihi quam tibi arbitrarim fore decori et non minus
mihi quam tibi ambiendam, ubi contraeta iam non esset. Igitur
meo quodam iure te officiosissime debeo colere et eum me tibi
tum apud patrem tum alios, a quibus tua pendet res, praestare,
qualem uirum decet integrum et tu omnino cupis. Ceterum
quae tw y-cpattoaiw et eleganter et erudite rescripsisti, perpla-
cuerunt. Is quando superioribus diebus a patre tuo coram audiit,
alienas illas nugas, quas tum suas raentiebatur, me nihili fecisse
ac plane risisse, ut aliunde mutuatas, totus pudendo rubere
suffusus obstupuit et ne ypu ' quidem contra dixit. Solet 6 xü^oq
omnibus, qui Ittingum ueniunt, literatis controuersiam istam
ostendere et praelegere; at non tibi, sed Philippe tribuere, quae
in tuis exarasti articulis, ut non cum puero sed uiro uideatur
audere manum conserere avYip oL-KTÖXeiioq v.cd oi'xxKv.iq, oq oüxe uot'
ev TToXs'fjLw ivapi9[;/.c?, out' bn ßouX^ '■* ut homerice dixerim, proinde
suaderem illum suae insaniae relinquendum, nisi praeceptori
grata etiam gratia deberetur et fortassis nihil tuis studiis obest,
si uel cum illo stilum exerceas, ut eloquentiam assequaris ube-
riorem; haec enim profecto neque solida atque robusta fuerit
unquam Fabio autore, nisi multo stilo uires acceperit, qui ut
laboris, sie utilitatis etiam longe plurimum adfert. üale feliciter
et me, ut coepisti mutuiter amare pergito.
Rauenspurgi VIII. eid. Junii MDXXI.
Aus dem Cod. lat. Monac. 4007, fol. 130 f.
1 Zenob. 5. 54 Aristoph. Plutus 17.
2 Nach II. II. 202.
Analecten zur Geschichte der Reformation und des Humanismus in Schwaben. 151
Ravensburg'. XLIV. 1. August 1521.
Michael Hummelbergius Rauenspurgensis Joanni Fabro
J. U. Doetori S. S.
Quid est optime Faber, quod tibi cum Ehegio non con-
uenit? ' qua re ab illo lacessitus aut uiolatus es, ut de ipso
nunc adeo sinistre sentias. Credidi hunc ipsuui omnium fore
gratissimum erga te maxime, a quo innumeris affectus sit
beneficiis et cui secundam fortunam suam cum primis debeat
atque, ut semper id ipsum credam cogit me frequens ac hono-
rifica in eius ad me literis tui mentio. Nunquam te nominat,
(nominat autem frequenter), quin Maecenatem et patronum suum
te appellet, quod mea sententia oppido quam grati indicium
est animi et tibi admodum bene uolentis. Quod si forte Eccium
tuum iniuriola aliqua affecerit, id te alienare ab illo omnino
non debet, ut tarn sancte et pure cum Rhegio contractam ami-
citiam dissoluas, forte prior laesus est Rhegius, ut in Eccii
dorso iustius haec cudatur faba. ^ Proinde tui sit officii, qui
aeque utrunque amasti, aeque ab utroque ornatus es, utrumque
alteri reconciliare et quidquid dissidii causa est penitus e medio
tollere, quod te pro singulari tua humanitate facturum non
dubito. Dialogum Contzi et Fritzi ^ necdum uidi, si tu habes,
mihi legendi copiani facito. Non facile illorum sententiae acces-
serim, qui hunc Rhegio ascribunt autori. Nam in tarn celebri
' Die durchaus entschiedene Stellung, ^ie Urbanus Rhegius für Luther
einnahm, mag in Faber diesen Aerger erregt haben.
2 Terenz, Eunuch 2, .8, 89. Erasmi Adagia 52.
3 Es ist der , schöne Dialogus', der überschrieben ist:
CÜNZ und der FRITZ,
Die brauchent wenig' witz
Es gilt umb si ain klains
So seinds der sach schon ains.
Si redent gar on trauren
Und sind gut luthrisch bauren.
Abgedruckt in , Satiren und Pasquille aus der Reformationszeit' von O.scar
Schade II. 119 ff. Obwohl Uhlhorn die Autorschaft des Urbanus Rhe-
gius anzweifelt, so scheint es doch selbstverständlich, auf die Aeusserung
Hummelbcrger'.«! nicht zu viel Wert zu legen, da dieser offenbar sich
alle Mühe gibt Faber zu beschwichtigen.
lo2 Horawitz.
urbe ueritatis euangelizatori malus grauiusque onus incumbit,
quam ut ad eiusmodi nugas animum aduertat. Otiosorum sunt
haec nugamenta, non grauium uirorum, quibus tempus omne
seriis teritur studiis. Vale feliciter! Rauenspurgi Kls. Augusti
AN. MDXXI.
Fol. 130.
Ravensburg. XLv. 6. August 1521.
Michael Hummelbergius Joanni Philonio S. S.
Dum ageres domi tuae, cura tibi erat, me literis inuisere
et officiis obseruare; nunc uero paulo longius absens ne uei'-
bulo quidem uno salutem mihi demandas. Prius in rure urbanus
eras, nunc in urbe rusticus es Philo. Quid est, quod tantum
te nunc mutauit ab illo, quod ex uocali adeo mutum te fecit,
ut magis mutus sis, quam pisces? Num in Seriphum translatus
es, ut ceu ranae obmutueris. Nemo silens placuit. Si me ut
coepisti utque facis amas, scribe tandem aliquando de uale-
tudJne tua, statu atque fortuna omni. Nosti quam amanter quos
semel amplexari coepi, prosequar, quam anxie illorum salutis
curam habeam non minus atque propriae, tuae autem cum
primis, quem cum ob alia tum ob candidum et beneuolum erga
me animum non mediocriter amo. Ne igitur me de rebus tuis
diutius suspensum et sollicitum teneas, accipe calamum, exerce
articulos et literis tuis me oblecta. Porro quid ad nos attinet
et tibi iucundum est, sospites et incolumes sumus omnes, cupi-
mus et te ex animo esse saluum. Raphael accipitrario aucupio
suo more (hoc est strenue)* operam impendit; ramales accipitres
habet duos, alterum hornotinum, quo nunc ad perdices utitur,
alterum anniculum et deplumem aniario adhuc reclusura, quo
ineunte autumno anates, lepores, nedum perdices aucupabitur.
Utinam nobiscum esses. Abundamus hoc aestate perdicibus,
quibus hiberno tempore ob rarara niuem et aeris clementiam
nulla praetensa sunt retia, ut caperentur. Sed satis tibi in hoc
pistrino posito est, oportet meminisse tantum harum deliciarum.
Ne plura, nam ,multa loquens, et cuncta silens, non ambo place-
mus' iuxta Ausonium. Tu cura ualeas et nos ames. Rauens-
purgi VIII eid. Sextiles MDXXI.
Aus dem Cod. lat. Monac. 4007, fol. 131.
Analectcn zur Geschichte der Reformation und des Humanismus in Schwaben. lOd
XL VI. 10. Au^st 1521.
Osualdus Ulianus Rauenspurgensis Michaeli Hummelbergio
salutem.
Legem nobis Isocrates sanxit, r.pi-tvt lohq tzccX^olc üciiep Tr;q
obaiac, o'jtcj xai Tyj<; o/iAia; if,q ■;raTpr/,^(; -/.AYjpovo.aetv, illius auctoritatem
nos quoque secuti amicitiam tuam, ratione, ni fallimur lon^^e
honestissima. Et cum haec amicitiae fundamenta iacta sint, sie
tu nunc me omnibus officiis largissime obruis, ut propemodum
mei me pudeat, qui me cum tanto uiro commiserim. Sed erit
humanitatis tuae, si tuis officiis nostra non responderint, cogi-
tare, iunxisse nos amicitiam tecum, non suscepisse certamen
officiorum, in quo, ita me ames, uoluptas est; nam bono meo
uincor. Patrem tibi commendo et liac ratione, ut illi Christi
shx-^yiMo'> commendes, quo ista aetate potissimum consciam
armet et muniat. Quid autem in causa est, quod noster Cartu-
siensis tam longo tempore tarn ferox bellator conquiescit?
contra quam ab Homero auctore, ut uolunt, disciplinae mili-
taris primario, praecipitur i'/J.Yr, S' ava-vsutji? TroAqAo-.o. Num quem
uouum militem scribit? num quas nouas copias instruit? num
quas parat insidias nobis? At non fallet, ne si decem quidem
Picos, ut ille optabat decem Nestoras in consilio habeat. ' Vale
faustissime. Die S. Laurentii MDXXL
Aus dem Cod. lat. Monac. 4007, fol. 131 b.
XLVIL 1521.
Michael Hummelbergius Osualdo TJliano Rauenspurgensi suo
salutem.
Quod patri tuo tc toü XpicTOj eüaY^^-eXicv commendem, frustra
hortaris, nam illud commendatissiraum habet choq £ÜavY;Ar/.ö(;,
cAcc yp'.sTtavcc i^-i. Quod pium candidumque arguit animum,
omnibus probe doctis et piis hominibus ex animo fauet. Felix
tu, tam sincero patre natus, longe autem felicior futurus, si ut
coepisti, illum cum literis tum pietate exculto animo superare
perrexeris, atque adeo ut primum tuae familiae columen non
tam dicaris, quam etiam uere existas, Ouy.ouv ßxXX' oIitwc, x'( y.dv
' II. II. 370 fr.
154 Horawitz.
Tt 96(1);; a'vSpecrat yev/jai ut apud Homerum ^ inquit ad Teucrum
Agamemnon. Carthusius ex eo hominum genere, quibus nemo
placet satis nee ipsi aliis^ quibus nihil rectum uidetur, nisi quod
ipsi somniarint, ne dicam senserint, cum in suam sententiam
te fortiter reluctantem pertrahere nequeat frustraque laboret in
tot scriptorum euoluendis commentariis, e quibus TravoTiXi'av illam
suam desumit, nam domi suae nihil habet, quod controuersiae
huic deseruiat, consulto tandem oblatam abs te perpetuam oi\x-
vY)aTi'av acceptabit, non enim honestiore praetextu hac pugna
excedere potent. Quod si fecerit, se deuictum fatebitur, sin
minus, insane insanire existimabitur et omnino helleboro pur-
gandus erit, qui uelit contra torrentem nisi v.ou izpoq xpetccjova?
avTi^spil^siv ^o-q \xh yacp iuxta illud Hesiodi var^? t£ cxspexai, r.pöq
x' xXayj^jVJ aX^sa Tzdayj'.. 2 Vale leliciter.
Aus dem Cod. lat. Monac. 4007, fol. 131 f.
Freiburg. XLVIII. 15. October 1521.
Jacobus Bedrottus ^ Pludentinus Michaeli Hummelbergio
Rauenspurgensi salutem.
Et ingenii tui, ut erecti, ita omne studiorum genus eru-
diti candor et Jo. Baetzius amicus noster communis, ut tibi his
obstreperem, submonuerunt. Ilkid quem non ad amandum illicit,
quem non ut se tui amore captum prodat, inhortatur? Huic
ob eruditionem non uulgarem moresque integerrimos mihi ca-
rissimo, uerum eo nomine, quod se Humelbergii cognatum
gloriam, ^ subinde multo cariori, non potui non gerere morem.
Boni igitur meam consulito impudentiam, qua ex sorte usuram
me facturum nihil est quod dubitem. Porro si tertius accesserit
fructus, hoc est si in amici rem nonnihil effecero, Babylona me
uicisse, ut in prouerbio est, putabo. Ut uero Michael optime
1 II. VIII. 282.
2 Hesiod. oper. 208.
3 J. Bedrottus, Mathematiker und Gräcist zu Freiburg; cf. Schreiber,
Geschichte der Universität Freiburg I. 87 S. Der Lehrer der in dem
Briefe erwähnt wird, ist Konrad Heresbach, cf. über ihn Schreiber
a. a. O.
* Vielleicht ,qui quod gloriatur'.
Analecten zur Geschichte der Reformation nnd des HnmanisniTis in Schwaben. 1 00
uoti ratio tibi constet, audi. Obtig-it nobis tandem uirgula, ni
fallor, diuina Graecarum literarum professor, quem doctiorem
fideliorem ne dicam, haud in procliui est. Nos quominus occa-
sionis neglectae poenas aliquando sumat poenitentia, ut Gazae
gramraatica nobis priuata opera enodaret, impetrauiums idque
improbe adeo feruens initio nos Graece discendi cepit ^ desi-
derium. Sed quid? Baetzius desertor hastam abiicit, a coepto
resilit consilio, praeceptionura grammaticarum (quas ut sunt
subamaras causatur) taedium deuorare detrectat. Ad haec Musas
Latinas, quas ardentissime deperit, infensas metuit, si eum et
Graecas amare resciuerint, cum nusquam uehementius cele-
brentur quam si quem repererint, qui ex pari utrasque uene-
retur, tantum abest ut sint zelotypae. Amiculorum bona pars
tentauimus, quo persisteret, ne fugam capesseret, uerum surdo
fabulam ceciniraus. Tu qui utraque lingua praestas, citra pul-
uerem efficies, quod aliis äSuvatcv fuerit. Proin per sanguinem
illum auitum, per amicitiae sacra Baetzium cohortare, quo in
Graecas literas incumbere non grauetur. Indubie namque tuis
eum iussis obsecuturum speramus. Vide mi Michael, quam
tenere amem candidissimum amicum, quem rebus suis con-
sultum uelim; in quo si peccauero, amori tribuas qui forsan
plus aliquando amanter, quam exacte negotium expendit. Tu
si uacat, uel breuissima scheda amicitiam tuam testare. Vale
in domino Jesu, doctissime uir. Ad lucernam. Friburgi, Idibus
Octobris MDXXI.
Aus dem Cod. lat. Monac. 4007, fol. 133.
Eavensburg. XLIX. 31. October 1521.
Michael Huramelbergius Jaeobo Bederoto salutem P. D.
Literis tuis, omnis elegantiae et humanitatis plenissimis,
ut iusta epistola nunc respondeam, non uacat. Occupatior
namque sum, quam ut Asiana copia uti queam. Etsi negotiis
non distringar, diuexor tamen non parum timore inualescentis
heic luis. Idque adeo ut uix mente constem, cu -(äp ä7:a0r,c
' jCoepit' die Hs.
156 Horawitz.
•ASpaTwatö? el\).t, ut non turber aduersis rebus, quamquam illas uel
forti animo uidear sustinere, timeo tarnen nonnihil caro huic
capiti meo, quo inter res caducas nil pretiosiiis possideo.
Proinde tuae erit humanitatis, boni consulere Chilonicam breui-
tatem, quod si feceris me totum obstring-es tibi et efficies
omnino, ut tecum deinceps sim copiosior in studiosa hac ami-
citia üostra obfirmanda, quae in tantum mihi grata est, ut
Omnibus modis obseruandam putem. Accedit enim lionori
meo, quod abs te amor et color, homine adeo candido. De
Baetzio non est, cur timeas Graeci exercitus signa deserturum;
adegi hominem militari sacramento, ut Graeca castra quoque
dimoueantur sequatur. Tu cnra ne inpedimenta, quae secum
uehit multa, hominem remorentur. Si plus aequo grauant,
adiuta illum ut commodius ferat. Quod enim a duobus tribusue
lertur, leuius fertur. Vale feliciter! Rauenspurgi pridie Kalend.
Nouerabris MDXXI. Domino Chuonrado Graeco interpreti uestro,
si tibi familiaris est, meo nomine salutem dicito, etsi hominem
de facie non norim, amo tamen uehementer ob singulai*em
eruditionem et animi candorem, quibus eum praestare optimi
quique uno ore decantant, si uidebitur, insinua me in ami-
citiani tuis. Iterum uale.
Aus dem Cod. lat. Mouac. 4007, fol. 135.
L. 11. December 1521.
Michael Hunamelbergius Joanni Lanio Brigantine neophilo
suo salutem.
Non rescripsi tibi hactenus Joannes studiosissime, quia te
putabam me inuisurum domi meae, ut ex me coram plura quam
absens per epistolam cognosceres. Quod ut ocius faceres, Gre-
gorius Baetzius non semel te inhortatus est, nisi meo non ob-
temperarit mandato. Öed tu aduentum hune tuum ea forte
causa differs, ut meas literas, quas tantopere desideras, prius
habeas monumentum mutui amoris, hospitalitiam tesseram,
quam tecum referens continuo a me agnoscaris et humaniter
hospitio , uelut uerus amicus et uerus hospes suscipiaris.
Atque eas florulentas, mellitas, nectareas, ut inquis tu, ego
Analecten zur Geschichte der Reformation und des Humanismus in Schwaben. 157
iieio nihil in illis tale agnosco, quod adeo efferendum sit, nisi
amor, ut assolet, uerum iudicium praeuortat. Non tanti ingenii
sum, ut quidpiam possiin, ob quod clarissimis illis lieroibus,
abs te nuper recensitis comparari debeam. Non numen sum ;
quid igitur me immortalibus aequas? Utut tarnen, si quid sum,
id omne gratia Dei sum. Huic, non mihi tribuendum, quidquid
usquam in me boni est; nam huius solius beneficio praestamus,
si modo uel ingenio, uel eruditione aut etiamnum animi candore
praestamus. Ne multa, quamquam fortassis etiam unice optas et
maxime eodem genere scripti, quo tu me primum salutasti, nempe
ligato. Sed uideris mihi e pumice aquam postulare, si ea a me
exigis, qai ipse sitio, et quorum prorsus inops sum. Qui enim car-
mina scriberem, quem Musae iam olim destituerunt atque adeo, ut
ne soluta quidem oratione feliciter aliquid possim? Tamen ausim
per locum, uel illis inuitis,, uno et altero uersiculo colophonem
addere epistolio:
Xs'.paYpa, ne tibi seribantur nunc plura uicissim
Causa est, nam molles comprimit articulos.
Vale feliciter et me ut coepisti pergas uelim amare sincere.
V. eid. decembr. MDXXI.
Aus dem Cod. lat. Monac. 4007, fol. 134b.
Freiburg. LI. 15. März 152-2.
Conradus Hirtzbaehius Michaeli Hummelbergio suo salutem.
Ne ego homuncio tibi uidear uel ambitiosulus uel in-
signiter audaculus, qui sie a-j-oixixMc scribere ausus sim ad te,
uirum cum eruditum tum auctoritate non leuem, praesertim
nee facie, ut dicitur, nee fama nee alia quauis ratione tibi
notus! Sed ignoscis sat scio, quae tua est toties mihi praedicata
humanitas, siinul atque cognoueris me nulla huc nee ambitione
nee gloriola permotum ; sed fama primum nominis tui, deiude
efflagitationibus Joannis Baetzii modo modo compulsus, nempe
hominis mihi ob eruditionem haud quaquam uulgarem moresque
castissimos, ut qui assiduam nobis in Graecis autoribus operam
impendit, uehementer caro. Quamquam mihi tu iampridem
atque adeo puero eruditionis insignis atque probitatis nomine
lOö Horawitz.
et notus fueris et ambiendus uidebaris et talis, breuiter cui
animura beneuolentem declararem, usque adeo tarnen 2y.vir)pö(;
ad scribendum esse consueui ut uix necessariis scribere libet.
Accedit huc^ quod cum oiixoc, b Yp5'-[j.[j.aT056poc has a me extor-
queret, eodem momento et Erasmi et Buschii ad nie adlatae
sunt literae et quibus iz, ajj-ayavwv (?) respondendum erat. Proinde
tu iam hanc Laconicam nostram epistolam öu tiOsso. Scribam ad
te alias copiosius et fortassis accuratius, ubi plus otii nactus
fuero. Interim uale musice, /.ai -rbv TrpociptAeovTa [xyj dTiößaXXs, ouSev
yap TCept zXeovo? £7uoir/(7ä|Ay]v, vj uto avSpb(; xotoDBs avTisiXstaOai. Daaiv
l'ppwco. Friburgi XV. Martii. Salutat te Caspar Ursinus Uelius, ^
qui iam bimestri fere hie apud nos degit.
Aus dem Cod. lat. Monac. 4007, fol. 137.
LH. 12. April 1522.
Michael Huramelbergius Conrad© Hirtzbaehio Salutenx.
Literae tuae longe omnium elegantissimae tandem mihi
sunt redditae, quibus certe uerum agnosco, quod toties de te
praedicauerat Baetzius 6 i]xoc, (juyysvy)?, <J0? Ss [xaOrjTYjc: nempe te
hominem esse candidum, eruditum et breuiter omnium Gratiarum
et Musarum dotibus praeditum, cui nunc uel tuae literae affatim
suffragantur. Tam singularem enim modestiam et praecipuum
aninii candorem praeter insignem eruditionem prae se ferunt,
ut te nisi humanuni et sincerum pieque doctum et facundum
hominem non possim iudicare. Si enim auis agnoscitur cantu
(quod nostrates dicere solent), maxime etiam ex literis suis
homo quippe ueram animi imaginem exprimentibus. Praeterea
Tr;v xaAYjv ez'.UToXriV ccj w; xv/,\j.r0O^> ~r^c, z.^hc Y)|j,ac cptXi'ac et carum
margaritum, quoad uiuam, adsei'uabo, amplexabor subinde et
exosculabor, animi tui beneuolentis mihi pignus et monumentura.
Non peius illas tractauero atque eruditissimi communis amici
nostri Casparis Velii literas. Quasquas bonus ille Romam mihi
olim tramisit, huc per tantum iter mecum allatas, adhuc et
' Caspar Ursinus Velius wurde am 1. Februar 1522 als Dbctor und Cano-
nicus von Breslau immatriculirt. (Freiburger Matrikel.)
Analecten zur Geschichte der Reformation und des Humanismus in Schwaben. 159
habeo et ueneror wc [j.vr,[j.:<;'jvjv adeo cari sodalis, ne sui me
putet oblitum; altius illum corculo meo suffixi quam ut ulla
obliuio possit auellere. Ne plura. Nolim importunus rem seriam
ag-euti, hoc est, utriusque linguae praelectionibus occupato plus
nimio obstrepere. Tu hoc certo persuasum habe, me totum
quidquid sum tuum esse atque nunquam non fore nominis tui
et dignitatis et honoris egregium adsertorem et uindicem,
modo simul pergas, ut coepisti, me uere et arcte redamare, ac
oblectare interdum suauissimmis literis, quod uicissim me fac-
turum recipio. Dominum Casparem Velium cum ueterem tum
praecipuum amicum meum saluere plurimum iubeo, si adhuc
uobiscum agit, fac sciam; scribam illi mei amoris constantiam.
Joannen! Baetzium tibi unice commendo; quae ad illum de
rebus Lutheranis nonnunquam scribo, tibi communia esse uelim
omnia atque uicissim de Erasmicis ut cum illis conueniant
abs te audire uehementer cupio v.a\ outw -/.aXGx;. Vale. Pridie eid.
April. MDXXII.
Aus dem Cod. lat. Monac. 4007, fol. 137.
Ravensburg. LIII. October (?) 1522.
Michael Hummelbergius Joanni Baetzio salutem suam.
Tandem post abitum tuum redditae sunt mihi N. literae.
Dens bone, quam elegantes, quam eruditae! Non arbitrarim uel
Huguicionem uel Papiam uel denique Graecissam • aut quen-
cunque alium ex hoc doctorum ordine politius scribere po-
tuisse. Habet passim selectissima uerba et sententias praegnan-
tissimas, nusquam non fluit ex ore Musarum dulcis illius oratio.
Quid multa? deficiet me dies, si illius flores recensere per-
rexero. Utinam frequens ad te scriberet, ut haberes quem in
scribendis epistolis feliciter imitareris. Quid! tun' rides? ego
uero serio, non ioculo scribo; sed tarnen, ut ingenue fatear,
nullo iudicio nisi forte eo, quo male feriati homines tersum et
doctum iudicant, quidquid non intellexerint. Et ego dispeream,
si uel unam lineam N. literarum intelligam, adeo obscurus est,
' Lehrbücher der alten Schule.
160 Horawit«.
ut qui obscurissimus et qui Delium suffocaret natatorem. Vale.
E niuseo nostro. Rauenspurg^i MDXXII.
Aus dem Cod. lat. Monac. 4007, fol. 140b.
Ingolstadt. LIV. 6. November 1522.
Joannes Alexander Brassicanus Michaeli Hummelbergio
Rauenspurgensi suo salutem. ^
Ego uero Michael aniantissime plane sira /.uvwto;? ille
Homericus, qui nulla apud te excusatione utor, niminim quem
tarn diuturno silentio praeterierim, quam non ferre queat
Angeronae - mysta quispiam aut Harpocratis familiae deuinc-
tissimus, cuius equidem si me reum agis forum non declino,
uerum ad eruditissimam tuam modestiam ac modestissimam eru-
ditionem prouoco, ad quam, ut augnror, apostolos non abnues,
nam ita me superiori anno quaedam Ata sursum atque deorsum
uoluit, ut mei iam memiuisse non potuerim et hac sane ratione
omnium amicorum memoria mihi pariter exciderit. Porro iam
ösbi; axb irr]y3:v^(; iizin^ccidq me tranquillitati literariae pulchre
restituit. Diis sit gratia, qui me tandem Ingolstadium ex illa
T. campo maleuolentiae promouerunt. ^ Profiteor hie elegan-
tissima quadam harmonia Graeca cum Latinis, honorifico p.ä xbv
Aia salario ac auditorio mire celebri, unum optauerim tanta
cum fruge quam inaestimandis sudoribus; nam et hoc Theodorus
quidam grammaticus apud Plutarchum conquaeritur, se uide-
licet auditoribus uei'ba dextra manu porrigere, ipsos uero sini-
stra recipere. At breui dabitur hie in sublimiorem cathedram
couscendere; neque enim me frustra iureconsultorum collegium
hie doctoratu LL. exornauit, ut habeant qui paulo Latinius ac
per hoc longo penitius iurium scita possit enarrare. ' Quod si
Christus aderit, cuius praesidio molimur quidquid recte tandem
' Der ganze Brief ist in der Handschrift durchstriclien.
2 Angerona, die Göttin der Angst.
3 Ist wohl Tübingen gemeint.
* Ueber Brassicanus' Ingolstädter Aufenthalt, der nicht seinen Erwartungen
entsprach, sielie Prantl, Geschichte der Ludwig Maximilians-Universität.
I. 208 ff.
Analecten zur Geschichte der Reformation und des HnmanismuR in Schwaben. 161
auspicamur, habebis olini e iureperitis non infimum professorem
tuum Brassicanum. Sic enim mihi subiude cristas erig-it, tametsi
nihil tale merito CL. meus Cantiuncula ' uostri saeculi iure-
consultorum primas. Ad quem nuper g-ustum aliquem dedi
mearum epiphyllidum in quosdani tc locos, incitatus hue et a
Budaeo et ab Alciato nostris Papinianis, aut si quod magis
excelsum ac aeque honorificum in illos dici potest. Illorum si
non exprimo, tarnen uestigia semper adoro. Tuum erit interea,
mi Michael, olim iani feliciter incepta famih'arite me perpetuo
prosequi, eg-o enim amo te, ut qui maxime, quemadmodum et
eruditio tua et uitae singularis integritas iure quodam suo sibi
uindicant. Bene uale ac uel paucis scribe, quo tuum hunc
insignem in me ardorem nondum elanguisse liquido sentiam.
Saluta fratrem tuum D. Gabrielem ad quem breui scribam;
nam isto tempore praelectionum publicarum onus istuc im-
pediuit. Ingolstadii. Anno a nato Jesu MDXXII. IXbris die. VI.
Fol. 141.
Ravensburg. LV. 13. December 1522.
Michael Hummelbergius Rauenspurgensis Joanni Alexandro
Brassicano poetae et iure consulto S. S.
Diutinam istam tuam xr.pcart^'opix/ non tam grauatim et
moleste fero, quam tu forte arbitraris, lampridem id animad-
uerti te LL. (legum) studia amplexum esse atque adeo ardenti
animo, ut prae nimia in illis exercitatione et diligentia uix
tantum otii tibi fuerit, ut tui ipsius memineris, nedum mei
aliorumue amiculorum. Unde merito debitam studiis et sudo-
ribus tuis lauream tandem assecutus es, quam et ego pro mea
erga te beneuolentia tibi unice gratulor atque id meo quodam
iure. Quum enim te ob felix illud iogenium tuum et faustum
meliorum literarum Studium uere amare occoeperim neque tu
interim tibi unquam defueris, sed semper rem strenue gesseris,
ut inprimis te decuit, nunquam ardens erga te amor meus
deferbuit, nunquam elanguit. Sed qualis principio eoepit, talis
' Ueber Caatiuucula erscheint demnächst ein Werk von Ri viere in
Brüssel.
Sitzungsber. d. phil.-hiHt. Ol. LXXXIX. Bd. 1. Hft. 11
162 Horawitz.
esse perseuerauit, touto iaitv totus sincerus, totus candidus. Quod
ut tibi gratum est, ita mihi iucundum uicissim, te raei non
omuino esse oblitum. Vale Brassicane amantissime et si me
amas, imo si Christum, faue ex animo herbescenti eins euan-
gelio ac adorato numine precare, ne zizaniorum praetextu im-
pie eradicetur frumentum. Noli obsequi, si qui abuti uelint tuo
ingenio et stilo, ne cum illis Barabam libertati donare et Chri-
stum cruci suffigei'e uidearis. llaXtv sppw^o. Kauenspurgi. Eid.
Xbris. An. MDXXII.
Aus dem Cod. lat. Monac. 4007, fol. 141.
LVI. 1523.
Joannes Sapidus ' Michaeli Hummelbergio S. S.
lucredibile est, quantum ego gratuler silentio erga te meo,
quod quo magis fuit longum ac mutum, hoc plures abs te mihi
literas extudit; scripsisti semel Roma ad me, accepl iam plus
minus tres epistolas istinc ad nos missas, in quibus omnibus
ueteris amici animum ita agnoui, ut nihil unquam maiori uo-
luptate. Decretum erat mihi perpetuo silere, quod uidebar
facturus magno meo commodo; amicorum enim officia omnibus
anteponenda puto, sed suspicio mutati mei in te animi insti-
tutum non permisit, ut quam tu ex eo induere potuisses, esto
rusticitatis fuisset. At illud idem quauis ciuilitate mihi quoque
potius fuisset; nam fieri potest, ubi has nugacissimas nugas
legeris meque adeo tibi prodidero, desines tandem Sapido
scribere, desines eum aliquid esse putare, et quod magis timeu-
dum, des inesforte amare. Vide in quot discrimina mos suspicioni,
quam dixi, gestus me adducit. Attamen quoeunque modo pecca-
uero, scio te aequo me animo excepturum siue tacuero, siue
respondero ; ita enim mihi perspecta est tua humanitas, ut nihil
aeque. Iam puer, qui mihi per literas tuas tanta diligentia
commendatur, sentiet Hummelbergium apud Sapidum plurimum
ualere. Christo, cuius me (qui tuis est spiritus) mones, ita me
dedicaui, ut nullus casus unquam auellere possit. Credere non
' Der bekauute Öclilettstädter Schuhuauu.
Aiialecten znr Geschichte der Reformation uml des Humanismus in Schwaben. 163
potes, quot inimicos mihi pepererim euang-elii causa, quantum-
que dispendii perpessus sim; non possem sustinere, nisi scirem
rem christianam non aliter constare. Eg-o Christi ero, donec
uixero, nisi is me non uelit, quod auertat, suum esse. Pluribus
agere iam non licet posthac forte licebit. Vale. Saluta fi-a-
trem tuum Gabrielem et Joachimum, homines, nt audio ut
integerrimos ita quoque doctissimos. MDXXIII.
Folio 142 b.
Ravensburg. LVII.
152.S.
Michael Hummelbergio Rauenspurgensis Joanni Sapido
Selastadiensi S. S.
Miraris, scio, quod quum iam binas abs te literas recepe-
rim, tibi ne unas quidem rescripserim. Sed desines mirari, si
iam intellexeris, primum ob tabellariorum penuriam, dein ob
negotiorum turbam non licuisse tibi respondere ; porro quid tum
neglectum fuit, nunc resarcietur. Ut tu pulchre silentio tuo
gratularis, quod quo magis diuturnum fuerit eo plures a me
impetrarit epistolas, ita uicissim ego loquentiae fnam eloquen-
tiam meam nullam agnosco) non minus gratulor, quae id effecit,
ut mutum redderet uocalem et (quod ioculo dicam) ex rusti-
cano ciuilem faceret hominem, qui non amplius sinistra neglectae
amicitiae suspicione premi se pateretur, sed consulto tandem
quid erga ueterem amicum animi gereret, palam proderet aman-
tissimisque literis suam in amando constantiam atque candorem
testaretur. Quod ut benignum ita necessarium fuit, quum ami-
citias magis dirimat nihil f, [xa/.pa a-poc-/]Ycpix, magis seruet nihil
Y^ äy.pa'.c;v)^c y.a-. Qxi).r,q aaizcncii^c. Quamquam haec nostra tam alte
suas egerit radices, ut nulla cuiusuis rei iniuria euelli eradi-
cariue queat. Praeterea non est cur timeas, ut lectis tuis nugis
(quod ipse inquis nimium candide) desinam Sapido scribere,
desinam eum aliquid esse putare et fors desinam amare etiam,
quanto enim crebrius adeo eruditas nugas mihi communicaueris,
tanto officiosius rescribam, tanto pluris te f'aciam, tanto artius
et sincerius te mutuo amore prosequar. Nulla re magis grati-
ficari mihi absens poteris, quam si frequenter ita probe mecum
11*
164 Horawitz.
per literas nugatus fueris, quibus te ceu praesentem iucundis-
sime colloqui putabo et cum te coram obuiis ulnis suscipere et
amplecti exoscularique non liceat, licebit tarnen hoc officio animi
tui imagiiiem amantissimam aliquam epistolam tuam obseruare
colei'e et uenerari. lam quod pueros meo hortatu amanter am-
plecteris, habeo gratiam optime Sapide. Quod Christum sequeris
et reflorescentem euangelii doctrinam puellos tuos edoces et
apostolica dogmata pure et sincere profiteris, est mihi iucundis-
simum. Non parum refert, quibus institutis primam aetatulam
formaueris. Nihil adeo haeret animo, ut quod primis annis im-
bibitum fuerit. Si qui in ueros christianos euasuri sunt, ut a
cunabulis xal twv ä-KaK&'i ovuywv Christum, in cuius uerba ev xw
Xouipw -(x'ki-^yE'^eaiaq iurarunt, agnoscant necessum est. Nullo
beneficio, mihi crede, plus tibi Christum demereri poteris, quam
si innocentem adhuc iuuentam, quam ne ipse quidem Christus
in terris conuersatus dedignatus est, iuxta christiana id est
euangelica Trapaoo^a diligenter et sancte institueris, ut non mun-
dum sed deum discat amare et timere. Haec autem quum
feceris, amabiiis deo, mundo uero eris odibilis, qui te nunquam
non prosequatur. Sed confide et auimosus atque fortis esto.
Uiuit adhuc Christus, qui prior aduersantem mundum sustinuit
et uicit. Sustinebis et tu atque sane in ipso simul uinces. Pecu-
liaris in hoc saeculo christianorum crux et tribulatio et
persecutio nee aliter haec sacra constant. Sed beati praedicantur
Interim, qui persecutionem patiuntur propter iustitiam, et con-
solantur praeterea, quod ipsorum sit regnum coelorum, in quo
multam recepturi sint mercedem. Non curae sit igitur, si euan-
gelii causa multos tibi pepereris hostes. Praestat uel unum solum
DEVM habere fauentem quam mundum uniuersum. Potis est
Christus te strenue tueri, modo constanter et uere illi confidas.
In huius itaque pace et caritate cum fide feliciter ualeas et
me ut fratrem carissimum mutuiter amare pergas. Rauens-
purgi. ' An. MDXXIII.
Aus dem Cod. lat. Mouac. 4007, fol. 142f.
1 ,ante Kai.' Husgestrichen
Änalecten zur Geschichte der Keformation und des Hnmanismus in Schwaben. 185
C OD stanz. LVIII. 18. September 15'23.
Ambrosius Blaurerus ' Michaeli Hummelbergio saltitem suam.
Accepi literas tiias, ornatissime Michael, quae cum mihi
alioqui non possint non esse gratissimae, quippe diu multum-
que desideratae, tarnen hoc nomine non paulo tum gratiores
tum iucundiores fuere, quod Thomae - nostri Hteris comitatae
uenerunt; eas nondum resig-naui, quod mater, cui inscriptae
sunt, non sit domi; sed interim tarnen dum illa redeat, tuis me
lubenter oblecto, in quibus illud uehementer demiror, cur
ipse mireris, quo consilio frater mulieres plus satis curiosas,
tibi potius quam mihi commonendas erudiendasque commiserit,
ceu uero tu non longo sis et doctior et ad docendum appositior
quam ego. Mihi crede, non fallitur iudicio frater, nee ignorat,
quot hie me parasangis praecurras, pariter quam reddatur etiam
illis ex quotidiano conuictu diluta mea auctoritas. Ad haec
subolet illi et aliud quiddam, nempe huius me curiositatis
autorem esse, ac illas me subornasse, ut istiusmodi anxie quae-
rerent, cum nihil fecerini minus. Quin etiam mater et soror
non sua sed aliorum causa (qui undecunque possunt calumniandi
materiam praecerpunt) diligentius erudiri uoluerunt. Porro quid
responderit, multis paginis certiorem te propediem faciemus.
Gratiam tibi habeo, quod tuam etiam epistolam miseris, eam
remittam. ubi post dies aliquot in tabellionem quempiam in-
cidero. Uidisti, puto, miracula nonnulla, quae suffraganeus noster,
factitius ille episcopus inuolganda curauit; huic ficto titulo
Philadelphus quidam Rhegius obiter respondit. Nihil praeterea
noui est apud nos, quod quidem scire te magnopere referat.
Vale in Christo Jesu, cui rae piis ac sedulis uotis commenda.
Salutant te mater et soror exspectantes, ut iniunctum tibi a
Thoma munus diligenter et grauiter obeas. Plnra non possum,
nisi ut tibi persuadeas me tui longe studiosissimum esse, nee
quenquam me perinde suspicere et uenerari atque Hummel-
bergium meum. Ex Constantia, XIIII, Calend. Octobr. Anno
MDXXIIL
Aus dem Cod. lat. Monac. 4007.
' Der bekannte Reformator.
2 A. Blaurer's Bruder.
166 Horawitz.
Ravensburg. LIX. 30. November 1523.
Michael Hummelbergius Osualdi Uliano salutem.
Rogo me certiorem facias, quid per Musmannum ad te
atque Philippum ' scripserit Philophoebus. Sic se quidam apel-
labat homo uanissimus, qui mensibus aliquot aduersa laborans
ualetudine patre tuo usus est medico. Sed ut scias, quid hominis
fuerit, audi. Quum huc uenit, pro doctore legum et laureato
poeta se palam uendidit et a multis (non audeo dicere ignauis)
talis habitus est, nimirum quod Latine calleret satis Latialiter et
aliquando uersus faceret, Graeceque et Hebraice se nosse aliquid
iactaret , quod et harum literaruni rudibus facile persuasit.
Venerat iam plerisque in admirationem ob magnas de se iac-
tatas glorias. Lutheri atque Melanchthonis non uulgarem con-
suetudinem praedicabat, mirum in modum gestiebat, quum se
in quadani legatione, quam Pragam dux Fridericus destina-
uerat, non postremum fuisse reeitabat. Id autem eins legationis
fuisse consilium, ut Bohemos suorum errorum redargutos Luthe-
rana et uere christiana dogmata erudirent, quod et adprobe
effecerint. Asseuerabat se cum nescio quibus uariarum lingua-
rum eruditis, qui istic essent, biblia noua Latina donasse
colonia feliciore Hieronymiana. Quid multa? me dies deficeret,
si omnes glorias eins recensere uellem, et quorum excellentium
uirorum usus esset amicitia et tamiliaritate ; nullus eruditorum
usquani est, quem non noscitet, non suum appellet, licet nun-
quam uisum. Ego quum Uberlingii facta uindemia (eo tempore
huc uenerat) domum rediissem, me multi compellabant horta-
banturque, ut tanti politiorum literarum herois amicitiam am-
birem, arbitrati multum decoris ex illius commercio mihi
accessurum, utpote hominis, quem omnes ob multiiugam eru-
ditionem suspicerent et admirarentur quod omnino beatus forem
eius congressu. At quanto magis illum mihi praedicabant, tanto
suspectior esse coepit iactata eruditio et simulati mores. Gerte
ego exosus petulantem arrogantiam, ne uerbulo hominem allo-
' Offenbar Melanchthon.
Aoalecten zur Geschichte der Beformation und des Humanismus in Schwaben. 1 67
qui uolui, arbitratus, quod res erat, suis praestig-iis prorsus
fascinasse illos laudatores suos, iit probuin uirum erederent,
qui intus et in cute nequam esset. Nee me raeum fefellit arbi-
trium, qui alias uel meo periculo cum apud Parisios, tum apud
Romanos huiuscemodi impostores noscere didici. Atque hinc
primum Philophoebi fraudem agnoui. Videram apud Joannem
Geldrichum epigrammata quaedam, quae ille suo praescripto
nomine sibi ipsi tribuerat, ego uero, quum ante omnes aliquot
typis procusa legissem agnosceremque uerum et genuinum
eorum autorem, risi primum stultum facinus moxque frontem
caperans detestatus sum insignem plagiarium, ratus etiam scele-
ratiora andere tantum nebulonem ac tacito in sinu gaudens,
quod hominis congressum euitassem, per ludum atque ioeum
hoc de ipso feci epigramma, Thomam Morum alicubi imitans.
In Philophoebum ueterum integra carmina
suffurantem.
Qui fuit antiquis animus, qui spiritus, idem
Est quoque donatus nunc Philophoebe tibi.
Saepe etenim uersus et carmina ludis amoena,
Quae tibi praescripsit uir Philophoebe bonus.
Porro cum iam conualuisset et patri tuo ac Victori aro-
matario nee non et aliis, qui uictum ministrassent, satisfacien-
dum foret, ille autem ne obolum quidem haberet, quo uel restira
emeret, aliam commentus est technam, ut non istos tantum,
sed adhuc alios falleret et sibi uiaticum pararet. Affinxit se
sacerdotiorum impetrandorum causa Romanensem legatura (qui
Constantiae Christum cum altaribus uendere dicitur) aditurum,
rediturum uero post triduum. Ad eam siquidem adornandam
profectionem a quibusdam male prudentibus, quidquid clinodio-
rum potuit, commodato accepit. Conduxit et equum, ut doctor
scilicet abequitaret, quamquam pedes huc uenerit ; quumque
tandem ad iter se accinxisset, non eam, quae Constantiam ducit,
sed aliam ingressus est uiam et tuto abiit, rediturus ad Latinas
neomenias atque sie nostros sibi fidentes belle delusit purus
putus impostor. Fugitiuum alio epigrammate sum insectatus :
168 Horawitz.
In quendam nebulonem, qui ab animi candore se
Philophoebum falso adpellitabat, quandoquidem ab
impostura et furacitate Hermophili nomen magis con-
uenisset.
Clara geris frustra nebulo cognomina Phoebi
Meute carens, ideo nee Philophoebus ei*is.
Sed quia multorum res surripis et fugis, inde
Conuenit ut nomen Hermophili teneas.
Hoc ipsum meum imitatus Egellius meus Orestes aliis
uerbis sie expressit:
Quidam se tumidus Philophoebum dicere gestit
Infenso prorsus numine Phoebe tuo.
Sed quia consueuit res tollere dehinc fugitare.
ludice me uerus dicitur Hermophilus.
Praeterea fluxarum rerum damna ferri possent, nisi malus
rei euangelicae intulisset. Quum enim Lutheri atque Melanch-
thonis amicitiam perpetuo iactasset et se publice uoluisset
Lutheranum adpellari, quod probier esse inde crederetur, effecit,
ut nunc pessime hie audiant, quicunque Luthero et euangelio
fauere pergunt, quasi omnes hi eiusdem sint farinae. Palam
igitur in angulis obloquuntur hypocritae et pro sacris etiam
nostris quiritantur parochi, populum non ad Christum adduci,
sed ad orcum abduci a Lutheranis ; quales enim sint, qui Lu-
theri doctrinam foueant, iam furacem et fugitiuum Philophoebum
prodidisse et ab hoc uno reliquos uolunt cognosci omnes.
Mirum quod non etiam reliquos apostolos omnes proditionis
accusant, quum ex illorum ordine scelestissimus Judas Iscariotes
Christum dominum prodiderit et Judaeis uili argento uendiderit.
Sed quid te moror his nugis. Profecto non erat animus, quid-
quam eius rei ad te scribere, nisi illum nescio quid literarum
ad te et Philippum dedisse nunc primum obfecissem. Tu boni
consule loquacitatem meam, nisi enim te ex animo diligerem,
non tam libere tecum agerem. Vale. Kauonspurgi, pridie Cal.
Xbris MDXXHI.
Aus dem Cod. lat. Monac. 4007, fol. 149 f.
Analecten zur Geschiebte der Reformation nnd des Hnmanismns in Schwaben. 169
Ravensburg. LX. 23. Februar 1524.
Michael Humm eiber gius Thoraae Blaurero Constantiensi
salutem suam.
Tametsi frequenti scriptione sua mihi affatim satisfaciat
Menlishoterus meus, nescio tarnen quam uolupe foret cordi meo,
si tuas etiam crebrius legerem ; nosti quam oblectet res eadem
si diuerso fuerit adornata habitu. Profecto mihi iucundae sunt
Menlishoferi literae, quia simplices et candidae, tuae uero
omnium iucundissimae, quia ultra insignem candorem etiam
pietati coniunctam habent eruditionem, eas tarnen abs te mo-
leste extorquere non ausim, quandoquidem non ignoro te plerum-
que seriis studiis occupatum, a quibus te distrahere piaculum
fuerit, unde malim me prorsus negligi, quam te grauioribus
studiis toto animo non intendere. Satis est mihi undique laudata
animi tui sineeritas et constantia. Pro qua si interdura etiam
scripseris, maxime quum ab urgentioribus negotiis feriatus fueris,
gratum erit mihi, sin minus, non erit ingratum. Amicorum omnia
susque deque et aequanimiter ferens sioa £u iiOscOa'. et fre-
quens colloquium et diutinum silentium. Ceterum gaudio et non
mediocri uoluptati est mihi xa r.spi cou e.hvjyßc iyv.v. Bono esto
animo, iunget tibi stabili connubio coniugem commodam Deus,
cui hoc negotii commendasti, si quidem non libidinis, sed
sobolis procreandae causa, nuptias afFectas. Atque utinam uxo-
rem assequaris dignam tuis moribus, hoc est modestam, sobriam,
castulam, in Omnibus fidam et deum timentem, tibi etiam reue-
renter obtemperantem in omnibus. Ma-/.xp'.0(; öax'.q y.o'jp'.oiYjv 'KT,i^s.T
dTAcyov. Sed heus tu Thoma ■Apdv.axz, quos mihi in calce tuarum
literarum ciues commendas ut eurem ? quo uicissim habeas, quos
heic Salute tua impertias. Oü/. o'ixat xou? tcoaXouc vqaoe Tr,q ttoXswc,
aAAa ixäXXov loiwTac tsuc 7.a-:oiy.sjvTac sv tco e|xw olV.to. Quum enim
priuatim agam et a Deo in publicum necdum sim euocatus
religio est, si mea me auctoritate in apostolicam functionem et
diuini uerbi praedicationem publice ingeram. At si istos, qui-
buscum inter priuatos parietes farailiariter conuersor, nun aliud
facis, quam quod equum ultro currentem admotis calcaribus
exstimulas; apud istos enim accurate meum facio officium et
uere ciues meos reputo domesticos, qui eandem mecum domum,
170 Horawitz.
quasi ciuitatulam quandam incolunt. Ouoev yap scTtv oiXko b zoAÜav-
opoq 7.7.'. £Ü vati[/£vo? oi7,0(; -/^ 710X1)^7107 /.al 01 xaToaoOvxs? iroAtTat. Ex
his itaque tot habes, quos salutes, quot ex tuis ego. Primum
uenerandae senectutis parentem rneum^ qui undecima hora in
reflorescentem uineam Domini Zebaoth conductus, pondus diei
et aestum improba tolerantia uincit; Tiav-ca 0' a^ia x^q euaeßeiac
cppovwv inter senatores nostrates alter Gamaliel est. Dein soror-
culam alteram natu maiorem, (nam minor Uberlingii maritum
habet) xal tccüxt^v Tcapa Oeou Ocqibv zcaiv Trpoaf/.svouaav sanamque doc-
trinam TuavTi axT^Oei amplexantem. Praeterea fratrem natu mini-
mum, licet illiteratum, non impium tarnen. Hos inquam tibi
pari numero recensui, quos uicissim salutes. Quodsi adhue
alios pro Vannio et forte Botzhemo uoles extra domestieam
consuetudinem, en tibi Ulianum et Egellium medicos, quos ipse
non minoris facio, quam Lucam medicum Paulus. Hi certe
cum aliis quibusdam, quorum nomina in libro uitae scripta
sunt, nusquam dissimulant euangelium ; quod uero hie plures et
potentiores perg-unt dissimulare, fortasse pro dei uoluntate sie
pergunt. Is cuius uult miseretur et quem uult indurat. Illorum
corda nondum reserata sunt fide, ut credant magnalia Dei ne-
que oculi illuminati, ut uideant et cognoscant uerbi Dei et
regni spiritus mysteria. Nam ipsorum incredulitas et impietas
in tantum mentis caeeitate et cordis duritia percussa est, ut
prorsus aerem uerberet, qui illis ueram pietatem uelit prae-
dicare. Pro eiusmodi fratribus, quum non possim aliud, oro
indesinenter, ut uocentur et trahantur ad cognitionem Christi
et euangelicae ueritatis. Atque sie reor, me non male functum
esse meo priuato officio. Si tu aliter sentis, lubens audiani te
ornate et copiose meliora docentem. Vale mi Thoma et me,
quod facis, in Christo fratrem ardenter ama. Rauenspurgi, in
peruigilio diui Matthiae. Anno MDXXIIII.
Aus dem Cod. lat. Monac. 4007, fol. 152.
Ravensburj^. LXI. 8. Mai 1525.
Michael Hummelbergius Joanni Sapido S. S.
Non mireris mi Sapide, si pluribus tecum in praesentia
commentari cessem. Nosti temporis huius malignitatem et turbu-
Analecten znr Geschichte der Reformation und des HnraaniBmas in Schwaben. 171
lentas istas turbas, quibus tota fere conquatitur Germania, per
quas nee mihi nee bono cuiquam cum absentibus amiculis per
literas agere integrum et tutum est. Facile enim omnia, si
forte fortuna interceptae fuerint literae, in calumniam trahuntur
BioTi aiyöcv ä[j(,£ivov. Si tu feliciter uales, est quod uere opto, ego
quoque, ut harum rerum fert conditio, non omnino male ualeo.
De seruili tumultu etiam apud nos orto et contbederatorum
exercitu nuperrime nonnihil compresso et sedato hunc tabella-
rium audies, modo auidus sis nostrarum rerum. Vale. Cursim
Rauenspurgi, VIII. eidus Maii Anno domini MDXXV.
Fol. 153.
Ravensburg. IjXII. 1. August 1^25.
Michael Hummelbergius Joanni Botzhemo, Canonico Constan-
tiensi S. S.
Nal tu probus homo es mi Botzheme, qui pro paucis
lineis et uersiculis meis iustam reddis epistolam, adnexa simul
Muncerana tragoedia. Nee id tantum, sed insuper nostra im-
pense laudas, certe non iudicio sed amore, cui nonnunquam
placet, quod alioqui displicet; illi uerum facile amori liic error
condonatur, qui si nil aliud efficit, studia saltem haec nostra
qualiacunque commendat et ad similia facienda incitat. Non
reddidissem iTj.-^pdix[j.(xxot. ista Latine, nisi cum eis et totus auctoris
commentarius mihi probatus fuisset, quem profecto Hierony-
miano praeferre nihil sum ueritus, utpote qui prophetiae obscu-
rius dicta penitius excutiat et luce illustret clariore. Munceranam
tragoediam legi, e qua nunc melius intelligo, quae de hoc uiro
superiore Maio ad me scripserat Philippus, eum ex Sueuico
tumultu tarn ferocem factum esse, ut etiam in Turingis latro-
cinia excitaret. ' Video enim lectis illius confessionibus, eum
Sueuiam et uicinas regiones peragrasse et cyclopicam istam
turbam solicitasse ad seruilem tumultum. Epistolam Philippi, quia
perbrcuis est et tibi placitura, transcribere et his adeludere non
grauabor, pro quo uicissim tu mihi Erasmicam aliquara trans-
mittas, ut iuxta prouerbium yip^c, /ap'.v ■ziy.r^. Utcunquc tu inter
' Der Brief des Melanchthon, Corpus Ref. I, 740.
172 Horawitz.
sacrum et saxnm stes, cura te senxes inte^um, rebus angustis
animosus atque fortis appare, inquit ille, et ea sequere, quae
certa scias esse et necessaria. Quod in tanto Germania nostra
uersatur discrimine, temerariorum quorundam concionatorum
insaniae et stultitiae tribuo, qui nulla publicae tranquillitatis et
pacis ratione habita passim euangelicas g-emmas sine delectu
porcis et canibus proiiciunt coneulcandaSj hoc est profanae et
efferae multitudini euangelium produnt, quae, in omne uitium
natura sua praeeeps et sua tarnen quaerens, prius legibus ceu
freno esset continenda coercendaque, quam donanda libertate.
Haec etenim dum neque tempore opportune neque loco apto
liberius praedicatur, facile in licentiam quiduis audendi uertitur,
quod vulgo fieri uidemus non sine damno nostro. At faxit deus,
ut his calamitatibus aliquando eripiamur et sectemur ea tamen,
quae sunt ad eius gloriam et nostram salutem. Linguam Eras-
micam, ut primum istue allata fuerit^ mihi coemito, nulla adeo
me uoluptate afficiunt ut Erasmi scripta, quod sint pi'aeter
eruditionem et elegantiam etiam singulari semper modestia in-
signiter adornata. Sed cur non sinit ualere Sorbonenses
sophistas, omnino indignos, qui ab Erasmo uel male audiant?
Herostratus Dianae templum in Epheso adeo multis annis et
opibus totius Asiae exstructum momentaneo incendio perdidit,
ut immortalem sibi famam pareret et nobilis fieret in scelere.
Sic illi [xaxaiöXoYOc, cum sese prorsus illaudatos norint et neque
ulla mentione eruditorum hominum ullaue memoria saeculorum
dignos, Erasmum undique et ingenii felicitate et animi candore
insignem uirum maledictis et conuiciis adoriuntur, ut illius
(XTCoXoYtaig et defensoriis rescriptis etiam cum sua ignominia toti
orbi cognobiles iiant et immortales. Sed talia sunt Gallorum
ingenia, ut etiam cum dedecore cupiant celebrari. Sed ualeant
leuiculi homines. Tu quoties quoties Erasmo scribes, meis uerbis
plurimum saluere iubeto. Vaticinium his iunctum tibi dono
mitto. Videtur ille, quisquis fuit, res huius saeculi non omnino
ignorasse, quocunque tandem spiritu edoctus fuerit, de quo ipse
mecum nonnihil dubito. Vale feliciter et scribe ad me saepe;
nam alii omnes cessant. Etiam Menlishoferus mens factus est
in scribendo segnior. Iterum uale ! Kauenspurgi, kls. Sextilibus
M.DXXV.
Aus dem Cod. lat. Monac. 4007, fol. 153 ff.
Analecten zur (ieschichte der Reformation und des Humanismus in Schwaben. 1 7o
Ravensburg-. LXIll. 4. September 1525.
Michael Hummelbergius Rauenspurgensis Conrado Adelmanno
ab Adelmansfelden ' salutem.
Literas tuas XII. Aug-usti scriptas XXIX. eiusdem recepi.
Non alia meae cessationis causa est, quam tuae; deinceps forte
per publicam tranquillitatera et frequentiores tabelliones licebit
saepius scribere. Suppresso eteniru rusticorum furore et seruili
isto tumultu et incendio exstincto apertae erunt publicae uiae
et libera tutaque nuntiorum peregrinatio. Atque utinam faxit
Deus, faciens pacem et creans malum, quod ille dixit, ut nobis
et communi patriae prospera sit haec de cyclopica turba uic-
toria, et erit profecto si proceres utantur uictoria, sin uero abu-
tantur, timendum ne Cadmea, quod dicitur, futura sit. Agnoscit
iam, opinor, suam temeritatem et stultitiam rustica progenies,
licet sero post acceptam cladem, et iuste imperata facere
non recusat. Utinam et racematores quidara, qui in deuorandis
pauperum sudoribus nihil reliqui faciunt, suam tyrannidem
et auaritiam simul agnoscerent; nam multi ex illorum numero
sua rapacitate ansam dedisse uidentur huic rebellioni et tumul-
tui, ut utrimque iniustitia et iniquitas meruerit dei flagellum.
Poenas luerunt rustici, proceres uideant non tantum, ut non
saeuiant crudeles in subjectos, sed etiam ut iniqua onera et
iniustas exactiones, si quae sunt, tollant et non reducant popu-
lum in Aegyptum equitatus numero subleuati, ne pariter incidant
in manus domini, qui quum surrexerit ad concutiendam terram
non minus magnum et potentem quam paruum et inopem
perdere potest. Quod de Erasmo petis, absoluit, ut audio,
insignera librum , quem ,Linguam' inscripsit, hunc neque
uidi neque compertum habeo typis excusus sit necne. Pari-
sifenses theologi Erasmum editis libellis feruntur uariis conuiciis
conspuisse, quibus nunc respondet et ostendit, quam non sit
edentulus ipse. Si quibus apud uos eius uiri uilescit autoritas,
ii non intelligunt, quantum suis scriptis profuerit Germaniae.
Multi eiusmodi sunt ingenio, ut si eruditissimos optiniosque
uiros aliqua nota uel efficta contaminarint, inde famam aucupari
' Der bekannte Augsburger Domherr.
174 Horawitz.
et clarescere uelint nobilesque fieri in bonoi'um oblocutione.
Gerte nouit Erasmus, uir omnium saeculormn memoria dignus,
quid agat, quid scribat, tametsi non omnibus placeat, quibus
ad contentiones et pugnas semper ferox est animus; nouit in-
quam, cur oinnia faciat et rationem factorum reddere potest
non despicabilem. Quid uero consilii" animo gerat, non cuiusuis
est coniioere, bonorum uirorum est, bene sentire de istoc
homiue, cuius praecipuas animi dotes tum aguoscemus, cum
amiserimus, si amitti potest, qui etiam post sua fata animi sui
imagine, hoc est luculentissimis scriptis inter studiosas perpetuo
uersabitur. Si quae tibi uel Martini uel Philippi ad bonae me-
moriae fratrem tuum sunt epistolae, ut uidetur, me eorum
participem fieri uelim, si non autographorum, saltem exemplo-
rum earundem; sique uisum fuerit et a te desideratum, uicissiui
ego te istius ad me literarum participem facere non grauabor,
idque ita, ut utrobique alienis careant lectoribus, si quid forte
illis inesset, quod publicum fieri non oporteret deberetue. Quid-
quid igitur eius rei miseris, bona fide recipies, si uero nihil
ob iustam causam aliquam tibi non succensebo. Quod apud
Heluetios quosdam et superiores Rhaetos se rebaptisant non-
nulli, pura puta insania est et Picardicus error, quem gloriosis
quibusdam rerum nouatoribus omnia Satana autore turbantibus
debemus. Si Abrahami semini administrata circumcisio euan-
gelii Signum efficax fuit, quid prohibet puerorum baptismum
efficacem esse^ ut adultos denuo oporteat rebaptisari? Potest
certe Spiritus sanctus etiam in eo esse, qui necdum per aetatem
ratione uti potest, ut in nonnullis fuisse scriptura testatur. Vale
in Christo Jesu semper felicissime! Rauenspurgi, pridie Nonas
Septeinbris. Anno Domini MDXXV.
Aus dem Cod. lat. Moiiac. 4007, fol. 155.
LXIV. 1525?
Joannes Alexander Brassicanus Michaeli Hummelbergio
uYiaive'.v.
Ago tibi gratias immortales, amicissime Michael, pro lite-
rariis illis mouumeutis insigui gratia ac festiuitate commendatis,
Analecten zur Geschichte der Reformation und des Humanismus in Schwaben. 175
quam tu mihi nuper fidelissime communicasti. ' En accipe quod
iamdudum .... disee ignarus negotii, quod
causa sororis meae istiac mihi exhibitum fuit. Utut sit, tu
meas partes age et ita eruditae(?) mulieres, ut circa necessaria
tantum sint occupatae, id est ea, quae certae sunt fidei. Alia
uero, quae extra fidem controuersantur missa faciant. Ut enim
circa ista curiositatis, ita circa illa pietatis est, uelle esse in-
geniosas. Hoc est, opinor, quod in suis literis uoluit Thomas,
quas lectas aliquando mihi remittas. Matrem tuam et sorores,
caras deo mulieres, meis uerbis saluere iubeas. Vale.
Aus dem Cod. lat. Monac. 4007, fol. 147 f.
Ravensburg. LXV. 23. August 1526.
Michael Hummelbergius ITrbano Rhegio suo salutem.
Quid mihi otium meum commemoras, Urbane »iXTaxe? An
ipsum mihi inuides? Osö; zou col t6 -f s^w/.ev. ^ Gerte Deus nobis
haec otia fecit, inquiunt utriusque linguae uates. Non respuen-
dum est, quod diuina largitur bonitas, otium sit negotiumue.
Sed audi tu. . Otium meum non est absque negotio neque
uicissim negotium siue otio, hoc siquidem utor, illo neutiquam
abutor. Institutum mihi est, quid agam et id ago nullo negotio,
studeo ibi, mentem et animum ibi oblecto meum, iuxta Ennii
sententiam, corpus subinde temperato labore exerceo et in ser-
uitutem redigo, ne piger asellus ille contra dominum suum ts
TT^cuixa lasciuiat. Nosti suburbanos hortos nostros, hi non tantum
deliciarum quantum laboris et exercitii exhibent. Domi tametsi
non sit uxor alenda, non liberi educandi ut tibi, est tarnen
communis mihi cum parente rei familiaris cura ita, ut nihil
minus mihi quam otium commemorare possis, nisi forte
circa rem uxoriam et sacri coniugii munia id intelligi uelis;
tum lubens cesserim tt) gy] Y''*;Vt1 ®^ patiar etiam exprobrari
mihi, nedum commemorari ä7:par'!av. N:[ji.(l(j) 2s töye vOv ä^(a\).o-/
' Von hier ist das ganze Blatt weggeschnitten, so dass nur wenige Ober-
längen der Zeilen von ,P]n' an zu erkennen sind.
2 11. I, 178.
176
Hora wit z.
|j,£V£iv y.aXbv uTrapys'.v Sta tvjv evscriwffav ava"^fX7;v. Fausto sed impio
pede (jÖovoYovoc pergit obstruere riruas omnes, ne uspiam to uSwp
TO Cw'^ hunc locum inundet liatque in ipso -r] i:ri-{ri uoaxoq aXXo-
[xevou elq (^wYiv a?wvi5v. Prae inuidia totus marcescit. Est eniiu
huius mali hoc bonum^ iit autorem suum tabefaciat y-a-ca xb
X) (pöövoi; ecTt xavtiaiov, sj^et Ss it xaXbv Iv eauTW
Tr,7,ti yäp (pGovepwv o[j,[j,aTa xat xpaoir^v.
Hoc nos Latine reddidimus plus uere quam eleganter oütux;:
Inuidia nihil est peius, laudatur at inde
Auetori quod cor torqueat atque oculos.
Aut si uis aliter, ut in inuidum ipsum stringas Carmen:
Triste malum liuor uirtutem continet in se:
Turbat namque oculos liuide corque tuum.
OuTO) ypCi[j.oi.i Tri ^H-Tl «'^p'Zsia ev toutw tw £7cta/,iw [xouaet'w. Haec
tecum fortassis, quam par est pluribus, quia uidebaris, dum
tuas relegerem, coram assidere et iucundissime fabulari mecum,
Vale. Rauenspurgi XXIII Sextilis MDXXVI.
Aus dem Cod. lat. Monac. 4007, fol. 169.
Ravensburg. LXVl. 9. October 1526.
Michael Hummelbergius Rauenspurgensis D. Joanni Botzhemo,
Canonico Constantiensi suo salutem.
Sudatum est a multis, ut euangelistas de sancti Petri
negationibus quasi (?) diuersa scribentes conciliarent, quum
reuera omnes conueniant. Tametsi Joannes euangelicae suae
historiae capite duodeuigesimo ' ab aliis dissentire uideatur,
quod tarn in Graecis quam Latinis libris eius legatur: JESUS
comprehensus et ligatus priraum ad Annam abductus et Petrus
sequens Jesum ibi primum abnegasse eum et post multa sub-
iungatur: Jesus ab Anna ad Caiapham missus, ubi eum bis
abnegauit Petrus, ut ita darum possit apparere primam nega-
1 Ad marg. : Restitutus locus Jo. 18.
Analecten zur Geschichte der lieformation und des Hamanismus in Schwaben. \ i (
tionem apudAnnam factamesse. reliquasapudCaiaphamrefragan-
tibus licet euaug-elistis aliis, omnes Petri negationes in Caiaphae
aedibus factas scribeutibus. Tarnen mi Botzheme, si attenditur
uera Joannis lectio, ad amussim heic conueniunt omnia et nihil est
quod dissonet, siquidem id ipsum, quod alii, etiam Joannes con-
corditer scribit nempe in Caiaphae domo Petrum ter abnegasse
Jesum. Heine autem dissonantiae accepta est opinio, quae etiam
in Graeeis uedum Latinis euang-eliortim codicibus aliqua apud
Joannem desiderantur uerba scriptorum, opinor, incuria amissa,
quae si suo loco restituantur nihil erit, quod inter euangelistas
non constet. jSIam quod uulgata hodie tarn Graeca quam Latina
habet lectio, non sine mendo est. Ea autem haec est -^ : ouv cKeipa.
xal 5 yOJ.xpyoz y.at cl uTTr^psTai xtov 'louoaiwv auveXaßcv xbv 'Ir^ccuv /.ai
eor^aav auTov y.al aTr/^v^Y®'' ' auTbv 2 'Kphc, 'Ävvav Trpwicv • r] yacp TisvÖspo^
ToO KaVäsa, oq r,\ ap'/'.spsu; to'j ivtauxoj ey.sivoj. ^ ^v 3s Ka'iämq b
a'JiJ-ßouXsüaa? toT<; 'lo'joa'lo;; — v.xl xä Xo'.TCä id est: Cohors autem et
tribunus et ministri Judaeorum comprehenderunt Jesum et
ligauerunt eum et abduxerunt eum ad Annam primum. Erat
enim socer Caiaphae, qui erat pontifex anni illius. Erat autem
Caiaphas qui consilium dederat Judaeis etc. Ibi post uerba
haec in qui erat pontifex anni illius mox scribendum et legen-
dum est xal a-ecTS'.Aav ■* aij-bv OcC£[j.evov Tipoc KaVacpav tov apyiepea
i. e.: et miserunt eum ligatum ad Caiapham pontificem. Ut iam
inde sequatur: ,Erat autem Caiaphas, qui consilium dederat
Judaeis^ Quod si continuato sie ordine legatur, omnis tolletur
discrepantia et conciliandi labor. Porro quod dein in ipsa histo-
riae narratione repetitur: ,Et misit eum Annas ligatum ad
Caiapham pontificem' nihil refert; nam ibidem, quod alioqui
non infrequens est euangelistis, reuocatur historiae progressus
ad primam Petri negationem, ut reliquae duae etiam descri-
bantur iam per pontificis et Jesu de doctrina et discipulis eius
coUocutionem intermissae. Et hunc ad superiora reditum aperte
indicant haec repetita uerba: Erat autem Simon Petrus stans
et calefaciens se etc. Atque hanc sinceram et ueram esse lec-
' Ti.schendorf : rJYayov.
2 Fehlt bei Tischendorf.
•^ ,^v' bei Tischendorf.
* Tischendorf: öi.Tiiazv.\vi oJv auiöv ö "Avva; ücOc[i;'vov.
SiUuugBber. d. pLil.-hist. Cl. 1.XXXIX. Bd. i. Hft. 12
178 Horuwiiz,
tionem, a me olim obseruatum est apud Cyrilluni, qui hunc
locuin sie et legit et iuterpretatur. Praeterea heic Graecum
scriptorem Am. AlexaDclrimun in cuntiuuata euangelicae histo-
i'iae narratione diuersum scribentem nihil moror. Nam fieri
potuit, ut uel ipse inciderit in mendosum Graecum codicem.
Habes igitur nunc percare Botzheme, quod tibi nudius nonus
coram pollicebar, nempe locum apud Joannem a me obser-
uatum et praeterea a nemine alio, quod sciam aut si etiam
obseruatum ab aliquo, conniuentibus tamen oculis praeteritum,
ne forte malignis quorundam iudiciis ansa praeberetur calum-
niandi etiam Graecos Codices ceu minus integres. Quia saeuit
Basileae pestilitas, oremus Christum, ut incolumem nobis seruet
Erasmum, solidura decus nostrum. Vale feliciter! Rauenspurgi.
VII. eidus Octobris MDXXVI.
Aus dem Cod. lat. Monac. 4007, fol. 159 fi'.
LXVII. October(?) 1526(?).
Michael Hummelbergius Joanni Menlishofero Medioo
salutem suara.
Dominum Georg-ium a Fraintsperg- ' iam superatis Alpibus
et expugnatis claustris aiunt cum exercitu Caesariano Vene-
torum ingressum agros, Genuam appulisse ferunt Hispanicum
pedidatum classe aduectum, addunt Venetos audito Germa-
norum Hispanorumque aduentu mox Mediolanensem soluisse
obsidionem et ad sua tutanda propugnandaque abiisse. Heu
nos miseros Christianos, qui intestinis bellis tam atrociter nos
ipsos perdimus, quum externus nobis immineat hostis et com-
mune Omnibus periculum. Reuera ponendum esset mutuum
odium et sapienda omnia bella, ut communibus copiis communi
hosti obuiam iretur, non expectandum, quousque proximus ar-
deret paries, ne tam ignominiose seraper praeda esseraus im-
manissimo Turcae, cuius imperium nihil adeo auxit ut socordia
nostra et christianorum principura perpetua discordia. Jure nos
mouere deberet ad concordiam et nostri tuitionem tanti hostis
potentia et feralis immanitas, qua tam atrociter Huugaros per-
Der bekannte Landskneehthauptmunu Fruiulsbeig'.
Analecten zur Geschichte der Refoimatiou und des Humduismus in Schwaben. 179
secutus est, non sexui, non aetati parcens. Sed cui parceret
tarn perfidus et atrox hostis, qiii hoc suum Imperium nisi par-
ricidiis sibi parauit, patre Baiazetho ueneno sublato, Suithan
Ahmato et Curcure fratribus strang'uhitis, ne consortem haberet
imperii. Sed hie dei flag-eHum et uirg-a est, qua uisitat iniqui-
tates nostras etc. Vale.
Aus dem Cod. lat. Monac. 4007, fol. IGOb.
LXVIII. 1526.
Michael Hummelbergius Bilibaldo Pirckheimer (Bireheimero)
Nerobergensi S.
Quia Philippum illum nostrum ex animo diligis et reue-
renter colis, non graue tibi erit, adnexas istas literas ei Witten-
bergam primo tabellario transmittere. In quo utrique nostrum haud
parum gratificaberis. Bene ualeas vir clarissime et conforteris in
domino et potentia uirtutis eius et in uerissima illa ueri corporis
et sanguinis Christi assertione contra omnem damnati dogmatis
innouatorum insipientiam, quae ceu fumus aliquando euanescet.
Ans dem Cod. lat. Monac. 4007, fol. 161b.
Nürnberg. LXIX. 1.5. December 1526.
Bilibaldus Pirckheymerus Michaeli Humraelbergio suo salutenx
in Christo.
Literas tuas mi Hummelbergi quam primum ad Phi-
lippum mittam. Respondi Oecolampadio per libellum aliquan-
tulum priori longiorem, qui nunc excuditur, ibit ad te quam
primum fuerit absolutus; pudet me profecto, quod tam uiru-
lentis scriptis respondere cogor, licet id modeste facere uidear;
nam quis se penitus continere posset, ut non aliquando respon-
deret? Aequus forsitan lector ueniam mihi dabit; reliquos nil
moror. Sperabam aliquando ueritatem in lucem pj'ogressuram,
sed ut uideo oinnis spiritus libertas in carnalia uertitur desi-
deria fiuntque prioribus peiora posteriora. Uerbis omnes euan-
gelicam profitemur ueritatem, factis uero penitus uegamus,
12*
1 80 H 0 1- a w i t z .
Dens nobis succurat. Bene uale mi Hummelbergi ! Nurem-
bergae XV. Decenibris Anno MÜXXVI.
Aus dem Cod. lat. Monac. 4007, fol. 101 f.
Ravensburg. LXX. 1. März 1527.
Michael Hummelbergius Urbano Rhegio Theologo Doctori S. S.
Turbauit te proxima mea epistola et non immerito; nam
inauspicata et dira quaedam secum ferebat. Sed noli, obsecro,
succensere mihi, qui et ipse tua causa turbatus talia scribebam ;
nosti enim quantum te ainem, colam et obseruem, ut non possit
mihi non commune esse, quidquid tuum est, uel felicitatis illud
sit, uel infelicitatis. Saeua de te narrabant sacrifici, saeuiora
minabantur profani, saeuissima inde animum meum, quia cai'o
timebam capiti, affligebat turbatio, e qua ut me eximerem, non
uidebam tum aliud idque melius consilium, quam ut abs te rei
ueritatem sciscitarer et edocerer. Interim tamen me consola-
batur, quod sperarem ab aemulis quibusdam tuis, quos satis
multos habes, omnia conficta et ementita esse, qualia te re-
scribente agnoui et gauisus sum admodum; non est cur tibi
amplius infestos milites uarrem, illos iam domi ualere sinam.
Ex si non potero laeta scribere, tristia non offundam, nisi ita
me cüg-at amor erg-a te meus seu magis pro tua salute anxietas
animi mei, quem sie male affectum per te consolari oporteat.
Vale feliciter et scripta mea qualiacunque semper boni consule.
Rauenspurgi. Kls. Martiis. MDXXVII.
Aus dem Cod. lat. Monac. 4007, fol. 163.
Ravensburg. LXXI. 1.'). März 1527.
Viro pietate meritisque graui Bilibaldo Pirekheymero Patricio
Nurembergensi Michael Hummelbergius Rauenspurgensis S.
Ain tu o) T,Tm>y) ä'picTS esse, qui Martinum prius aliter
sensisse dicant de eucharistia, quam nunc scribat? ais certe.
Sed illos ego non alios opiuor, quam sacratissimae eucharistiae
Analecten zur Geschielite der Reformation und des Humanismus in Schwaben. 181
desecratores, ex cohorte illa sacramentaria ~ft iuy^xp'.üTia -avTc-
ouvä[;,(o T£ Xbvo) Osou £/OpoTaTcii(; ävopai;, quibus nihil hie sacmim
praeterquam domiuicae cenae memoria. Martinus meu iiidicio
in ea assertione, qua in eucharistia sacratissima, corporis et
sanguinis Christi praesentia et pie et iiere asseritur, constans
semper fuit; darum id, opinor, est ex raultis retro annis editis
sermonibus eius et ex libello, quem de eucharistiae adoratione
ad Valdenses, qui in Marcomraanis sunt, edidit, priusquam
suam stultitiam Carolstadius 6 '/.cczapy-ö-a-oc orbi proderet, post
quem non adeo longo Zuinglius et Oecolampadius contra catho-
licae ecclesiae sententiam et sensum auspicati sunt scribere,
ut ita Martinus in hac materia nequaquam possit insimulari
stilum uertisse et magis Carolstadii odio quam ueritatis causa
aliter nunc scribere, Sed haec nonnullorum ars est et uersutia,
ut si quis alicubi suam sententiam non usque quaque aperte
et pomeridiana luce clarius edixerit, mox in diuersae sententiae
suspicionem rapiatur. Sic sacramentarii quidam post sanctos
patres etiam Optimum et innocentissimum Erasmum sui erroris
au|j.[xayov fecissent, ni ipse actutum editis scriptis sententiam
suam denuo aperuisset. Unde non mirum, si isti etiam nunc
arrepto aliquo obscurius et non satis definite scripto negotium
Martino facessant, quod non ex animo sed potius ex Carol-
stadii odio piam hanc causam, id est, corporis et sanguinis
Christi in eucharistia ueritatem tueatur. At ualeant isti eucha-
ristiae profanatores christianaeque reipublicae turbatores. Quum
Argentorati eucharistia tota conciderit (ut fama refert) et
Augustae Ulmaeque atque multis locis aliis ruinam minetur,
timendum ne etiam istic periclitetur. Quod malum ubi ita
passim inualuerit, quam perniciem sit allaturum, qui non pro-
spicit, certe tcu aczaAay.oc vjfAÖxepiq io-i xal w; aX-^Ow; riioü
oeTcOa'. coy.cT ay.päTOu zt i/.AsßcpiJ; nam plane insanit et mentis
caecitate grauiter laborat. "Ey.si Oeb^ sV.oty.ov ö|j.[xa, inquit ille et
Paulus apostolus Christi: sxotxo? 6 v.üp'.oq nee sinit ueritatem im-
pune eonculcari. Granate ferebam olim (ut id obiter dicam)
populäres meos instauj'ationi ecclesiasticae doctrinae tam per-
tinaciter obsistere mc xpocexi ävOtoTav-a'. et non patiuntur ne 7pj
quidem pro sacra eoncione declamare, quod AojOY;pav'.c|ji,bv (non
licet dicere aliter) quouis modo resipiat et pristinis papisticis
ritibus et ceremoniis aduersetur. Verum quum iam uideam,
182 Horawitz.
bonam causam plerumque male tractari et multa tumultuose
seditioseque agi, nee non aliter euenire pleraque omnia quam
aliquando putabatur fore et ut a sinistra — erecti non
Stent tarn firmiter, quin facile leui ag-itati uento — ad dexteram
praecipites dq xöv ßäpaOpov ruant, multo leuius fero et prope-
modum in eam ducor sententiam, ut in tanta opinionum uarie-
tate et omnium dissensione putem minus impium esse in re-
ceptis istis moi'ibus ad tempus, quod Domino placuerit, eos
oberrare, quam non tam uere suscepto quam uane iactato
euangelio statim pro carnis libidine et desiderio ab eo de-
sciscere atque in Daemoniorum doctrinam prolabi, confidenter
interim sperans, Dominum suo tempore uerbo euangelii sui pure
et sincere annunciato eos uisitaturum. Nunc porro quia sacer-
dotum quorundam raras et inauspicatas nuptias mihi commemo-
rasti, ego tibi alterius cuiusdam nuptias non minus risu dignas
enarrabo. Apud Hegaeos sacerdos quidam tumultuantium agri-
colarum cohortes secutus scribam exercitus egerat agricolasque
in seditione illa seu iuste mota confirmarat, prodito adhoc
porcis euangelio non euangelice. Deinde periclitantibus rebus
et profligatis agricolis ipse captus fuit, quaestioni inde subiectus
fassus est se autorem seditionis suae cohortis; mox lata contra
eum supplicii sententia a carnifice erutis oculis lumine pri-
uatus est. Quod malum, quae poena non tantum ipsum afflixit,
ut eius carnis pruritum feruoremque exstinguere potuerit, fla-
grauit in eo libido et cassis oculis persanatis in dies magis
magisque incendium auxit, quod nihil praeter uxorem ratus est
exstincturum. Hanc ut ambinit, mox assequutus est monialem,
quae eius miserta nupsit uiro huic exoculato. Contractis spon-
saliis ambo Constantiam profecti ibi solenni more nuptias cele-
brarunt. Vide nunc horum temporum mores, ut et cum morbo
et cum mala fama facile nubatur, modo pater iubeat; uetus
scilicet ille Adam, carnis illecebra, nihil est quod repudiosas
facit nuptias. lam si longior sum eu tiöeao, ze-äotöwc; ^äp xr)
(PtXavOpwTrta cou 'i'(p(x<])ci. aoi eKeu^ep&q, qualiter cum sinceris
hominibus et ueris amicis agens soleo, qualem iam te etiam
ex literis tuis et picta tcj TrpsacoTTiiou aou tabella nuper abs
te mihi donata cognosco, praeclaris uidelicet animi et cor-
poris tui imaginibus, quibus loye vuv ob oculos positis uisus
sum mihi lateri tuo assidere et tecum corani -qoihiq collo-
Analecten zur Geschichte der Reformation und des Humanismus in Schwaben. Ibo
qui. Bene uale. A museo nostro Rauenspurgi. Eid. Martii
MDXXVIL
Aus dem Cod. lat. Monac. 4007, fol. 163.
Nürnberg (?). LXXII. 1527 (?).
Bilibaldus Pirkheymer Michaeli Hummelbergio S. S. i
Q[uum?]
Simii Lutheriani, qui dum omnia emen-
dare contendunt omnia euertere; hinc seditiones illae, turbae
ac sectae literarumque ac omnium disciplinarum ruina, quae
omnia Erasmus praeuidit et cum eo multi uiri cordati, qui ob
id defectores ac sancti euangelii desertores uocati sunt. Nam
quam primum quis in nebulonis alicuius uitia inuehitur^ con-
festim et contra euang'elicam egit ueritatem, uerum quemad-
modum mundus (ut de Deo taceam) priorum impostorum uitia
pati nequiuit, ita et liypocritarum et nebulonum quorundam
pessima scelera haud ferre poterit, etiam si aliquantisper euan-
gelii proelientur praetextu. Marchio uicinus n oster priorem
reduxit ordinem sacerdotesque maritales omnes ex sua eiecit
ditione, qui urbem hanc fere implerunt, nihil aliud agentes,
quam discidia et turbas cientes, quapropter sacerdos quidam
pridie publice ense caesus est, qui non solum uulgus rebap-
tisare ausus est, sed et seditionem nouam suscitare uoluit, quae
latius serpit, quam quisque putasset. Audiuimus et Basileae
plures ex urbe eiectos esse, multosque adhuc horrendis erro-
ribus obnoxios delitescere et hie est euangelicus ille fructus,
quem quidam non satis laudare possunt, dum reiectis ac
omissis omnibus operibus super iide mortua tantum aedificant
et in summa priores illi impostores priora etiam exspectant
tempora, ut rursus mundum decipiant; moderni uero omnem
spem in seditionibus habent, quoniam de communi diuidundo
1 Diese Aufschrift ist nur nach den Oberlängen von Bilibaldus Pirkheymer
zu vermiithen, die Unterlängen sammt circa neun Zeilen sind wegge-
schnitten, ad marginem sind nur die Worte: ,Pronidus Erasmus' und
,obstinati iusticiarii' zu lesen.
184 Horawitz.
sperant et haec peccata nostra. Ceterum quam sapienter Lutherus
egerit et quum prius se apud Ang-liae regem excusaret et nunc
tarn furenter ' [in illum et alios debacchatus est]
admodura fluctuat ac nescit [quia
facere debeat] adeo ut multi a praedica-
tionibus audiendis abstineant, quum hodie aliquid asseritur,
cras uero negatur aut potius una ac eadem hora penitus di-
uersa ebuccinentur. Fiebant sub initium contributiones in pau-
peres copiosae, uerum quum primum auditum est, ex hac pe-
cunia praedicatores quoque uiuere, omnes manus subtraxerunt,
quum aliunde sit;, unde sustentari possint, nee tu putes quosdam
centum aut ducentum aureis annuatim esse contentos; sed longe
plus accipiunt ac interim conqueri non cessant, ac si penitus
nihil acciperent, urgent enim uxores et iam patres efficiuntur,
multis itaque indigent ac unico momento ditescere quaerunt,
nee spe frustrantur, sed mirum in modum et aedibus et pre-
tiosa suppellectili reliquisque necessariis ditantur. Quidam ex
eiSj quum bis diebus octo pocula argentea deaurata emisset ac
uxori ostenderet, inquit: ,o quantum ditabimur uxor mea, si
fides haec diu durabit^; quod ancilla audiens publicauit non
sine multorum indignatione ac risu etiam. Interim uero ita sibi
ipsis prouiderant, ut iam quadragesimali tempore nisi unus quo-
tidie tametsi sex sint numero concionetur ac si tam ingens multi-
tudo in una ecclesia congregati ac audire posset; fugiendus enim
labor et sequenda est inertia dulcissima; sed tandem et uulgus
oculos aperire incipiet, immo iam uidere coepit. Principes post
festum Paschae Ratisponam conuenient, ubi contra sectam hanc
deliberabunt; deus tribuat, ut omnia ad laudem suam cedant.
Ego non solum a publicis negotiis quantum licet abstineo, sed
et priuata ac amicorum praeterquam in admodum necessariis
reiicio, non solum ob ualetudinem aduersam, qua identidem
crucior, sed quia post tot labores mihi otium concedendum puto,
post sacras igitur literas admodum mathematicis oblector et qui
Ptolemaeum meum impressit propter infinitos errores et depra-
uationes (MDXXVII [?]).
Aus dem Cod. lat. Monac. 4007, fol. 166.
' Hier ist wieder Alles weggeschnitten, das eingeklammerte ist nur aus
einem Reste von Oberlängen hergestellt.
Analecten zur Geschichte der Kcforniation und des Humanismus in Schwahen. 185
Personen-Register.
A.
Adelmann Konrad Seite 99, 173.
Alciatns 161.
Aleander Hieronymus 96, 98, 106,
107, 118, 123, 121.
Amerbach Bruno 98, 110.
Anshelm 126.
Apocellus 98, 116.
Atireolns 123.
B.
Badra 117.
Baetzius 99, 133, 154, 155, 156,
157, 158, 159.
Bamph 126.
Bebel 103, 108, 110.
Bedrottus 99.
Ber Ludwig 104.
Blaurer Ambros 99, 137 und n. 165,
169.
Blaurer Thomas 96, 99, 100, 136,
137, 147, 165.
Botzheim 99, 100, 123, 134, 135,
170, 171, 176.
Brassieanus Johann Alexander 96,
97, 102, 103, 105, 108, 109, 110,
113, 125, 126, 127 und n. 154, 155.
Brieffer i03.
Budaeus 161.
Busch 158.
c.
Cantiuncula 161.
Carlstadt 181.
Chuonradus interpres 156.
Coppi 106.
E.
Eck Joh. 96, 100, 151.
Egell Joach. 100, 114, 115, 141,
143, 163, 168, 170.
Engentinus 129, 130, 131.
Erasmus 96, 98, 99, 100, 102, 106,
112, 127, 129 n., 130, 134, 138,
158, 172, 173, 174, 178, 181, 183.
Erhard von der Mark 107.
F.
Faber Joh. 96, 99, 100, 119, 120,
134, 135, 136, 151.
Ferdinand I. 119.
Frohen 112.
Frundsberg Georg 178.
G.
Gaza 99.
Geldrich 167.
Gerbel Nie. 98, 104.
Gereander Paul 117.
H.
Heinrich von England 184.
Herckmaun 126.
Hirtzbach 99, 154, 157, 158.
Hohenlandenberg Hugo von, 122.
Hummelberger Gabriel 96, 102,
103, 104, 106, 107, 109, 110, 129,
130, 131, 143, 152, 161, 163.
Hummelberger Michael 96, 98, 99,
100. 101, 102, 103, 104, 105, 106,
107, 108, 109, 110, 113, 114, 116,
loD Horawitz. Analecten z. Gesch. d. Reformation u. d. HnniaDisinns in Schwaben.
117, 118, 119, 120,
124, 126, 127, 128,
134, 135, 136, 137,
141, 142, 143, 144,
15], 152, 153, 154,
160, 161, 162, 163,
170, 171, 173, 174,
179, 180, 183.
Hütten Ulr. 129.
121, 122, 123,
130, 131, 133,
138, 139, 140,
147, 148, 149,
155, 156, 158,
165, 166, 169,
175, 176, 178,
Irenicus 95.
K.
Kierher98, 138, 139, 141, 142, 143,
144.
Knoblocb 126.
L.
Lanius 156.
Leo X. 107, 119.
Listrius 127.
Locher 133.
Luther 95, 99, 100, 101, 119, 151,
166, 168, 174, 180, 181, 184.
M.
Melanchthon 99, 100, 110, 141,
1«6, 168, 171, 174, 179.
Menlishofer 105, 106, 117, 134,
142, 146, 148, 169, 172, 178.
Morus 167.
0.
Oe colampadius 136 n., 179, 181.
P.
Face Rieh. 138.
Peutinger 107, 108.
Philonius 152.
Picus 100, 145, 146.
Pirkheimer 151, 179, 180, 183.
R.
Rhegius Urbanus 96, 99, 100, 114,
115, 119, 120, 121, 122, 123, 137,
138, 151, 165, 175, 180.
Rhenanus Beatus 97, 102, 106, 112,
129 n., 130, 136 n.
Richlichius Anton 125.
Rosanius 126.
Rosinus 98, 118.
S.
Sapidus 98, 162, 163, 170.
Schlachter 131.
Seuenberg 97, 125.
Öimler 97.
Spalatin 129 n.
Storius 117.
T.
Truchsess Albert 98, 139, 143.
Truchsess Thomas 98, 139, 141,
143.
u.
Ulianus Matthias 96, 99, 100, 120,
131.
Ulianus Oswald 140, 144, 148, 149,
153, 166.
Ungelter 98, 107.
Ursin US Velius 99, 158, 159.
V.
Vafer Theod. 117.
Vannius 170.
Vercellanus 117.
Wirt 118.
Wolf Joh. 105.
w.
z.
Zasins Ulr. 98, 130.
Zwingli 119, 181.
III. SITZUNG VOM 16. JANNER 1878.
Die Weisthümer-Commission legt den dritten Bericht über
die von dem c. M. Herrn Professor Dr. Bis eh off zu Graz in
ihrem Auftrage vorgenommenen Weisthümer - Forschungen in
Steiermark und Kärnten vor.
Herr Dr. Karl Jicinsky, Director der Domäne Neuhaus
in Böhmen, legt das von dem Grafen Hermann Czernin auf seiner
zweiten Gesandtschaftsreise nach Constantinopel in den Jahren
1644 bis 1645 geführte Tagebuch (in Uebersetzung), mit dem
Ersuchen um seine Veröffentlichung vor.
Von dem w. M. Herrn Hofrath von Miklosich wird eine
Abhandlung des Herrn Universitäts-Professors Dr. J. Gebauer
in Prag übermittelt, welche , lieber die weichen e-Silben im
Altböhmischen' betitelt ist, und um deren Aufnahme in die
Sitzungsberichte ersucht wird.
Das c. M. Herr Professor Dr. R. von Zeissberg, legt
eine Abhandlung unter dem Titel: ,Zur Kritik der vita
B. Hartmanni episcopi Brixinensis' vor, mit dem Ansuchen
um Aufnahme derselben in das Archiv.
An Druckschriften wurden vorgelegt:
Academy, the American, of Aits and Sciences: Proceedings. New Series.
Vol. V. Whole Series. Vol. XIII. Part I. from May 1877 to November 1877.
Boston, 1877; 8".
Bonn, Universität: Akademisclie Gelegenheitssthriften des Jahres 1876;
49 Stücke; 4" und 8".
188
Garoin dp Tassy: La Langue et la Litterature Hindoustanies en 1877;
Revue annuelle. Paris, 1878; 8".
Handels- und Gewerbekammer in Wien: Bericht über den Handel, die
Industrie und die Verkehrsverhältnisse in Nieder-Oesterreich während des
Jahres 1876. Wien, 1878; 8".
Istituto R. di Studi superiori pratici e di perfezionamento in Firenze:
Publicazioni. Repertorio sinico-giapponese. Fase. II. ituku-mamorikataua.
Firenze, 1877; 4«.
Joanneura, steiermärkiseh-landschaftliches, zu Graz: LXV. Jahresbericht
über das Jahr 1876. Graz, 1877; 4". — Der sogenannte Leobner Helm
im Joanneum zu Graz. 1878; 4^.
Loth, Otto Ph. Dr.: A Catalogue of the Arabie Manuscripts in the library
of the India Office. London, 1877; A'\
Mühry, Adolf Dr.: Ueber die exacte Natur-Philosophie. Göttingen, 1877; ri'\
P ichler, Fritz Dr.: Studien über Teurnia. 4".
,Revue politique et litteraire* et ,Revue scientifique de la France et de
l'Etranger'. VH« Annee, 2<= Serie, Nr. 28. Paris, 1878; 4».
Rossi Scott i, Giov. Battista: Alla memoria de Conte Giancarlo Conestabile
della Staflfa. Perugia, 1877; 8».
Trafford, F. W. C. : Amphiorama ou La vue du Monde. Lausanne, 1877; 8".
Bischoff. Beriebt über WeistUümer-Forschungen. 189
Dritter Bericht über Weisthünier-Forsehungen.
Erstattet von
Dr. Ferdinand Bischoff,
correspondirendem Mitgliede der k. Akiideuiie der Wissenschaften.
I.
Steiermark.
Ijaut meiner in den Sitzung-sberichten (Bd. LXXXIII
und LXXXV) abgedruckten Berichte über Weisthümer-For-
schungen in Steiermark war bisher der südliche Theil dieses
Landes von Ehrenhausen an, und der mittlere Theil von Kind-
berg an nordwärts, von mir nach Weisthümern noch nicht
durchforscht worden. Nachdem die Aussendung" einiger Hun-
derte von Briefen fast gar keinen Erfolg hatte, machte ich im
April 1877 einen Ausflug in den bezeichneten nördlichen
Landestheil, der sich bis nach Mürzzuschlag erstreckte. In
Krieg lach fand sich ein Vergleich der Dorfnachbarschaft
Wartberg vom Jahre 1672, im Schlosse Hohenwang eine
Wiesen-, Wald- und \\'eideordnung der Herrschaft Hohenwang
vom Jahre lü06 in einem Protokoll vom Jahre 1589 u. f. In
diesem Protokolle, welches mir vom Herrn Gutsverwalter zur
Benützung gütigst überlassen wurde, linden sich auch ziemlich
viele Vermerke über Banntaidinge , welche in den Jahren
1649 — 1675 in Neuberg gewöhnlich im Juli oder August,
und in Ratten, zur Herrschaft Kranichsberg gehörig, im
Mai oder Juni abgehalten wurden. Die Herrschaft Hohenwang
liess nämlich in diesen Banntaidingen durch Abgeordnete be-
harrlich Protest erheben, in Ratten wegen strittiger Burgfrieds-
grenze, in Neubei'g wegen des sogenannten Fresengrundes, und
vermerkte diess sorgfältig im Protokoll. Die Banntaidings-
artikel vuu Neuberg und Ratten wurden schon im ersten Berichte
190 Bise hoff.
nachgewiesen. Vergebens wurden auf dem Dachboden des
Schlosses Feistritz mehrere Kisten voll alter Schriften durch-
sucht und ebenso vergeblich blieben die Nachforschungen im
Markte Mürzzuschlag, dessen Archivalien zum grössten Theil
dem steiermärkischen Landesarchive zugekommen sind, und
in Mariazell bei der k. k. Forst- und Domänenverwaltung,
bei der St. Lambrechter Gutsadministration und beim Gre-
meindeamt.
Beiläufig um dieselbe Zeit durchsuchte ich das noch
immer ziemlich reichhaltige aber bedeutungslose Archiv im
Schloss Gösting und später das wichtigere zu Freiberg bei
Gleisdorf leider ganz vergebens.
Auch meine Nachforschungen im Süden des Landes hatten
fast nur negative Ergebnisse. Im Markte Leutschach ver-
wahrte die Communeverwaltung ausser Privilegien, Acten und
Urkunden aus dem 17. bis 19. Jahrhundert noch fünf, jetzt
dem historischen Verein für Steiermark geschenkte Raths-
protokollbücher vom Jahre 1615 bis 1740, welche zwar viele
Aufzeichnungen über Gemeindeversammlungen bei den Richter-
und Rathswahlen, Aufsteckung und Abnahme der Freiung, zu
Grenzberichtig'ungen u. s. w. enthalten, aber weder Banntaidings-
oder Beschwerdeartikel noch eine Gemeindeordnuug. Die Ge-
meinde Arnfels soll ihren ganzen Vorrath von Archivalien im
Jahre 1825 durch Brand verloren haben; bei der Gutsver-
waltung im Schlosse daselbst habe ich Urbarieu von Arnfels,
Schmierenberg, Doruegg und andere da noch vorfindige
Schriften ohne Erfolg durchgesehen.
Nichts für meine Zwecke besitzen laut brieflicher Mit-
theilungen die Gemeindeämter zu Hohenmauthen, Mahren-
berg und Windisch-Graz. Kein Weisthum fand sich in dem
mir vom Reichsrathsabgeordneten Herrn v. Carneri zur Einsicht
zugesendeten Urbarium der Herrschaft Wild haus, dem ein-
zigen noch in seinem Besitze befindlichen älteren auf Wildhaus
bezüglichen Schriftstück ; keines in dem erst jetzt bis auf wenige
unbedeutende mir vorgewiesene Reste total geleerten Archive der
nun im Besitze des Grafen Brandis stehenden Herrschaft Ober-
Marburg; keines in dem fürstbischöflichen und Dom-
capitelsarchiv zu Marburg. Die Archivalien der Gemeinde
Marburg sind im steiermärkischen Landesarchive. Bei der
Bericht über Weistliümei-Forschuug.-n. 191
Herrschaft Fall befinden sich noch einige Urbarien, Land-
gerichts- und Bergtaidings -Protokolle und Urkunden, aber für
die Weisthümersaminlung war aus denselben nichts zu gewinnen.
Die Archivalien der Herrschaft Haus am Bacher waren schon
vor dem Jahre 1825 als Maculatur verkauft worden. Das ge-
ordnete Archiv im Schlosse Gutenhaag verwahrt nun fast nur
neuere auf die bestehenden Rechtsverhältnisse bezügliche
Schriften und einige ältere Kaufverträge, nachdem schon vor
Jahren eine Ladung alter Schriften von dem Besitzer Herrn
V. Pauer dem steiermärkischen Landesarchive zugesendet worden
war. Auch zu Wein bürg und Brunnsee, wo mir seitens des
Herzogs von Berry und seines Güterdirectors die liebenswürdigste
Aufnahme zu Theil ward, gaben die dürftigen Archivsreste keine
Ausbeute. Das Archiv im Schlosse Ober-Mureck war leider
unzugänglich und das der Stadt Mureck enthält zwar noch
einige Protokolle seit dem Anfang des 17. Jahrhunderts, welche
die Abhaltung allgemeiner Bürgerversammlungen , wobei die
Gemeindeordnung und das Bürgerprotokoll verlesen, über ge-
meiner Bürgerschaft Beschwerdeartikel u. A. verhandelt wurde,
ersehen lassen; aber Wcisthümer sind keine da. Auch soll
das Bezirksgericht daselbst laut Angabe des Herrn Bezirks-
richters keine alten Schriften besitzen. Auf wiederholte schrift-
liche Anfragen in Halbenrain ist mir bisher keine Antwort
zugekommen. Radkersburg, Luttenberg und die dort lie-
genden Schlösser blieben unbesucht, weil Herr v. Pichl-Gam-
senfels , Bezirkscorrespondent des historischen Vereines für
Steiermark, freundlichst sich bereit erklärt hatte , dort selbst
Umschau nach Weisthümern halten zu wollen. Seitdem erhielt
ich von ihm die Mittheilung, dass er das Radkersburger Ge-
meindearchiv und einen grossen Theil des Luttenberger ohne
Erfolg durchsucht und auch in dem Verzeichnisse der Archi-
valien des Schlosses Ober-Radkersburg keine Spur eines
Weisthums gefunden habe, sowie auch, dass im Schloss Mallegg
keine alten Schriften mehr vorhanden seien, nachdem das was
da war, nach Udine gesendet worden. Erfolglos blieben auch
meine Nachforschungen in Anken stein, Fried au, Wurm-
berg, Ober-Pettau, Gonobitz (Gemeinde und Schloss), Ge-
meinde Windisch-Feistriz (die Schlossregistratnr war wegen
Abwesenheit des Verwalters unzugänglich, soll aber nach Aus-
192 Bischoff.
sag-e des Grafen Dr. Ig-naz Alterns keine älteren Schriften
enthalten), in Gemeinde und Schloss Wölau, Schioss Sallach,
Schloss Lemberg-, und in den Gemeinden' Sachsenfeld und
Weiten stein. Aus den wenigen Ueberresten des ehemaligen
Archivs der Herrschaft Weitenstein überliess mir der Gewerke
und Güterdirector Mullei ein Urbarium der Herrschaften Nassen-
fuss, Wisell, Windisch-Landsberg^, Peilenstein, Weitensteiu und
St. Georgen aus dem Anfang des 16. Jahrhunderts zur Be-
nützung, welches eine Instruction für den Pfleger von Neu-
Weitenstein enthält, die in Ermanglung- eines Weisthunis in
die Weisthümersammlung aufzunehmen sein dürfte.
In Cilli wurde eine grosse Masse gänzlich ungeord-
neter Acten und Bücher in einem fensterlosen Gewölbe neben
der Rüstkammer der Feuerwehr im Stadthause durchsucht und
fanden sich da einige Rathsprotokolle , aus deren ältestem zu
entnehmen war, dass am 2. Juli 1687 beiläufig hundert und
dreissig Stadthäuser, darunter auch das Rathhaus mit seinen
besten Schriften abgebrannt sei. Diese Protokolle bezeugen
auch die Abhaltung allgemeiner Bürgerversammlungen in Cilli^
gleich denen in andern Gemeinden : aber Banntaidingsartikel
enthalten sie nicht. Gleich erfolglos blieben meine Nachfragen
in der Stadt-Propstei, beim Kreisgericht, Grundbuchsamt und bei
der Bezirkshauptmannschaft in Cilli, ferner auch ein wiederholter
Besuch des nahegelegenen sogenannten Edelthums oder Schöffen-
amtes Tüchern, dessen Freiheiten übrigens schon im zweiten
Berichte nachgewiesen wurden, und ein Ausflug in den Markt
Tuff er, wo ich aber nur beim Gemeindevorstand anzufragen
Zeit hatte. Nach Lichtenwald, Montpreis, Drachenburg
und Rann ging ich nicht, weil laut brieflicher Nachrichten
die dortigen Gemeindeämter keine älteren Schriften besitzen ;
vergebens waren auch meine Nachforschungen im Markt- und
Schlossarchiv zu Rohitsch, obgleich mir von anscheinend
sehr verlässlicher Seite brieflich versichert worden war, dass
in der Gemeindekanzlei mehrere alte Markt-Ordnungen (sollte
heissen Privilegien) vorhanden wären.
Vor und nach dieser Bereisung des südlichen Landes-
theiles habe ich nach Thunliclikeit auch die bei der steier-
märkischen k. k. Statthalterei verwahrten Archivalien
durchforscht, namentlich die sogenannten Miscellauea und die
Berirht über Weisthümer-Forschnngen. 1 93
innerösterreichischeu Hofcameral-Registraturhancllungen , wäh-
rend in die riesigen Massen der innerösterreichischen Hof-
kammer- und der Regierungsacten bisher nur ganz flüchtige
Einblicke möglich waren. Die innerösterreichische Hofcameral-
Registraturhandlungen enthalten sehr viele Schriftstücke über
die Reformirung des landesfüi'stlichen Urbars in der zweiten
Hälfte des 16. Jahrhunderts und später, namentlich sehr viele
Berichte und Kundschaften über die Rechte und Besitzver-
hältnisse der Inhaber der landesfürstlichen Urbargüter, bezie-
hungsweise über die Verpflichtungen der Unterthanen, auf
deren Grundlage sodann die neuen Urbarien verfasst wurden.
Obwohl dabei hauptsächlich die einträglicheren Rechte in Be-
tracht kamen, finden sich doch auch mitunter Nachrichten über
Banntaidinge und ich Hess mir deren Sammlung um so ange-
legener sein , je mehr meine sonstigen Nachforschungen nach
Weisthümern in Innerösterreich die traurige Ueberzeugung
begründeten, dass viele dieser Urkunden unwiderbringlich ver-
loren sind. Die auf Steiermark bezüglichen Ergebnisse meiner
bisherigen Untersuchungen im Statthaltereiarchiv beschränken
sich auf Nachstehendes. In den die Herrschaft Wolken stein
betreuenden Acten fand sich eine dem 16. Jahrhundert an-
gehörige Abschrift der Wolkensteiner Landgerichtsordnung
vom Jahre 147<S zur Vergleichung mit den bereits fiüher nach-
gewiesenen Handschriften derselben, ferner ein beachtens-
werthes Verzeichniss der Gerechtigkeiten und Einnahmen der
Herrschaft und des Landgerichts Wolkenstein , aufgezeichnet
von Martin Gadallt, ehemals Landgerichtspfleger daselbst aus
der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Dieser instructive,
zumeist die vom Landpfleger einzuhebenden und zu verrech-
nenden Abgaben in Geld oder andern Gegenständen betref-
fende Bericht an die Urbars-Reforincommission enthält folgende
auf Banntaidinge bezügliche Stelle : Item ain landtspfleger soll
auch nach altem geprauch die gewöndlichen wandlstett in dem
landtgericht an denselbigen ortten in iedem iar halten und
handien und gemängkhlich in der vasten gibt es di recht zeit
und gelegenheit darzue, sollhe wandlstet zu verrichten, und
was an sollichen wandlstetteu allenthalben verzert wiert, das
gebürt sich erstlichen von denselbigen wändl und straö"en da-
von aufzuheben und alsdan von den übrigen wändl oder summa
Sitznngsber. d. phil.-hist. Gl. LXXXIX. Bd. I Hft. 13
194 Bisclioff.
g^ebürt nun dem landtspfleg-er der viert pfening-, desgleichen
den grichtspottn auch der viert thaill davon aufzuheben und
das überig vollgt nun alsdan des herrn gnaden zu empfang zu
verraitten. Was aber in dem landtgricht sich ausserhalb der
wändlstett in grichtsfälln , in viecli oder andern begibt und
zuetregt, das dem gricht zu straf verfallen thuet, von dein-
selbigen soll dem landtspfleger der halb thaill gebürn und der
ander halb thaill des herrn gnaden in empfang verrait werden.
In einem beiläufig in dieselbe Zeit gehörigen Verzeichnisse
von Fragen über Rechte der Herrschaft Wolkenstein steht
unter Nummer 10: Aus was Ursachen die wandlstet oder pau-
thading in so lang-er zeit nit g-ehalten worden und was es für
ain Ordnung darin hat? — In den Acten, die Herrschaft Sem-
riach betrefiFend, finden sich nachstehende Nachrichten über
Banntaidinge in Semriach und in der Tulwiz. Des landt-
g-erichts hall)er . . zaigeu wir hiemit gehorsamblich an, dass
deren zway zu diesem pfandschilling gehören ; ains wierdet
das landtgericht Serabriach das ander in der Tulbicz genannt,
bei deren iedwedern seien von alters her paanthaiding^ gehalten
worden und hat nemblich das hieige ain iedweder marktrichter,
in der Tulbicz aber ain ambtmann daselbs zu besiezen. Bisher
nicht aufgefundene Banntaidingsbücher dieser beiden Land-
gerichte werden in folgenden Stellen, die ebenfalls einer Rela-
tion , an die Reformiruugs-Commissäre erstattet, entnommen
sind, erwähnt: Das landtgericht Sembriach und wo dasselbe
hin confinirt, auch wies mit den straften und wandln geschafften,
da werden E. H. hieneben aus dem Sembriachischen panthai-
dungsbuech . . bericht haben. Weiter: Vischwasser betreff'end
wais ich g-ar umb khains an dem Dulbitzpach und wirdt auss
dem Tulbizer panthaidungsbuech . . iärlichen verlesen , aber
der von Stubenberg lasst iärlichen durch zwen burger von
Passail widersprechen . . , Diese Berichte sind meines Erachtens
aus dem Jahre 1580. Das Voi'handensein einer Gerichtsordnung
des I^andgerichts Pflindsberg- vom Jahre 1023 bezeugt eine
Relation über diese Herrschaft, welche diese Ordnung wieder-
holt citirt. Aus einem weiter nicht bekannten , Marktbuch' von
Weisskirchen wurde 1581 die Beschreibung des Burgfriedens
von Weisskirchen copirt, welche den Eppensteiuer Acten bei-
liegt. Als brauchbar für die Weisthümersamralung habe ich
Bericht übpr Weisthütnpr-Forschnngen. 195
ausgelioben eine Almordiuing- der Herrschaft Sölk vom Jahre
1577 und eineu Vero^leieh zwischen Herrschaft und Bürger-
Schaft von Eibiswald vom Jahre 1561. Die ebenfalls hier
verwahrte Marktordnung: von Aussee vom Jahre 152.3 hat
zwar nicht die Form eines Weisthums, war aber so wie deren
spätere Reformationen in der allgemeinen Versammlung der
Gemeinde vorzulesen, Uebrigens wird über deren Aufnahme
in die Weisthümersamnilung erst noch zu entscheiden sein. —
In den zahllosen von mir nicht durchgesehenen Fascikeln des
Statthaltereiarchivs steckt vielleicht noch manches Banntaidinff-
buch, obwohl mir diess nicht sehr wahrscheinlich ist; aber so
lange dieses grosse Archiv nicht anders, nämlich nach wissen-
schaftlichen Gesichtspunkten, geordnet sein wird, ist es mir
wenigstens unmöglich, dasselbe vollständig zu durchforschen.
Ich kann übrigens nicht umhin, die Mittheilungen über
dasselbe zu schliesseu, ohne Seiner Excellenz dem Herrn Statt-
halter Guido Freiherrn von Kübeck für die Ausfertigung eines
offenen Empfehlungsschreibens an alle Archivsvorstände im
Lande, und fiir die Erlaubniss der Benützung des Statthalterei-
archivs hier öffentlich den geziemenden Dank zu sagen.
Unbeantwortet blieb bisher meine Nachfi'age nach Weis-
thümern im fürstbischöflichen Archive zu Graz. Vom
Herrn Verwalter der Deutschen Orde ns- Com m ende am
Lech in Graz erhielt ich die Nachricht, dass in der in seiner
Verwahrung befindlichen Registratur nur neuere Schriften vor-
handen wären.
Das Archiv der Finanzprocuratur besitzt ein Salz-
burger Urbar (siehe meinen Bei'icht im 14. Heft der Beiträge
zur Kunde steiermärkischer Geschichtsquellen, S. 36), worin
ein Weisthum über die Grenzen und Rechte der Salzburger
Kirche zu Pettau vom Jahre 1322 enthalten ist.
Einen kaum gehoft'ten und darum doppelt erfreulichen
Fund ergab die freundlichst gewährte Durchsicht der nur mehr
sehr wenigen Archivalien, welche Baron Sessler-Herzingrer in
Graz besitzt, nämlich die Landgerichtsordnung von Gross-
lobming mit dem Bannbuch vom Jahre 1024 und einigen
andern brauchbaren Schriftstücken.
Zu neuerlichem Danke verpflichtete mich Herr Stifts-
archivar Jakob Wichner in Admont durch Zusendung einer
13*
196 Bischoff.
Bergrechtsordnung aus einem Admouter Bergreclitsregister vom
Jahre 1513 und einer Strubfergenorduung vom Jahre 1440
und 1456.
Mein Collega A. R. v. Luschin übergab mir ein Frag-
ment eines weiter nicht bekannten Banutaidinges von Nieder-
lamm, der Schrift nach vermuthlich aus dem 16. Jahrhunderte,
dem leider nur Nachstehendes zu entnehmen ist: Pantading zu
Niederlamb. Item da der richter pantading daselbs besiezen
will, so mues ers geen Neydau ansagen, das man darzue ain
diener schickht unnd darnach so sagt der richter daselbs den
nachbaurn an zue Niderlamb unnd Stain unnd wann man von
dem pantading von . . Auf der zweiten Seite des nur zur
kleineren Hälfte erhaltenen Blattes steht: des die herrschaft
erfuere und erindert wuerde, soll darumben wie billig gesti'aöt
werden . . Item es soll auch der richter eben acht haben, damit
rechte waag und mass im aigen gehaltten und gegeben werd,
Avie von alter herkumben ist, wo aber ainer mit ainer falschen
waag oder . . .
Von der akademischen Weisthümer-Commission erhielt ich
unlängst Copien des Banntaidings zu Münnichwald und ,der
verpot und Ordnung der lewt in dem Donerspach^
Endlich nenne ich noch einige nachträglich im Landes-
archive aufgefundene Schriftstücke, nämlich die Göss'er Stift-
artikel; die, Gerechtigkeit' der laudesfürstlichen Urbarsieute in der
Stanz; das leider stark beschädigte Bannbuch der Kapfenberger
Unterthanen in der Pöllau'er Pfarre; eine Instruction betreflPend
das Lesen auf den Weickersdorfer und Brunnthaler Bergen ;
zwei Handschriften des Wachseneck'er Banntaidings, Urbarien
von St. Dionisen und von Veits berg mit den bereits
bekannten Stiftartikeln ; eine Viehtriebsordnung der Magda-
lenenkirche zu Tragöss, und eine Aufzeichnung übei- die
,Kuegat' vor dem Marburger Richter im Marburger Stadtbuch.
Im Horneck'er Urbar fand ich eine Berufung der Freiung am
Kirchtag zu Preding, wie mir später einige auch in Kärntlien
vorkamen. Weisthümer sind diese Kundmachungen des Markt-,
Polizei- und Strafi'echts bei Aussteckung der Freiung freilich
nicht, die eine oder andere derselben dürfte aber doch in die
Weisthümersammlung aufzunehmen sein, da sie gewissermassen
die Banntaidinge, Ortsstatuten und dergleichen ergänzen, alther-
*
Bericht über Weisthümer-ForBchnngen. 197
kömmlich und meist sehr kurz sind. Eine Relation des Abtes
von Neuberg' an die kaiserliche Urbar Reformirung's-Commission
vom Jahre 1544 enthält unter Anderem Folgendes: Weiter ain
beswer, das seiner g-naden phleger Jacob Hinterhofer, der er-
schossen worden, hat aufbracht iährlich von der herschaft Clani
in unser gegent der Prein mit iren holden ain pantädung zu
besetzen, das von alter nit gewesen, sonder man hat nur ir pig-
merkh müntlich iärlich vermelt und nichts mer; welliches auch
wider unsers gotshaus gnad und gabbrief ist, wenn niemant in
der gemelten gegent Prein pantäding zu halten hat, als wir,
darzue aller herren holden, die dariuen siezen, komen und iren
panphening erlegen sollen, auch all wändl fäl und puessen, was
sich darinn begibt, niemants anders zu straffen und zu nemben
hat, dan wir, ausgenommen auf andern herren heusern inerhalb
der dachtropfen. Weiter folgt da eine ähnliche Beschwerde gegen
den Grafen von Montfort, der etliche Güter und Gülten in Neu-
berg besitzt, wovon er Zins nimmt und sieh alle Obrigkeit an-
masst, auch die Leute in seine Stift fordert, da doch die Stiftung,
und alle Obrigkeit nur der Kirche Neuberg, ihm aber nur die
•plosen dienst' gebüren.
Zu der im ersten Bericht befindlichen das Banntaiding
zu Märktl betreffenden Notiz füge ich nachträglich die Be-
merkung hinzu, dass das dort citirte Banntaidingsprotokoll
Vermerke über das jährlich am Erchtag nach Martini im Amts-
hause des Stainer Landgerichtes zu Märktl abgelialtene Bann-
taiding vom Jahre 1737 bis 1792 enthält, worin zweiundfünfzig
Gemeinden durch ihre Richter oder durch ein oder zwei ihrer
Mitglieder vertreten waren, welche, nachdem ihnen ihre Eides-
pflicht vorgehalten, dem Vorsitzenden Landgerichtsverwalter und
dessen zwei Beisitzern anzuzeigen hatten, was ihnen von Land-
gerichtsfällen, namentlich von Diebstahl, Ehebruch, Blutschande,
Blutrunst, Mord, Raub und dergleichen bekannt war. Im
Protokoll sind die Personen genannt, welche beim Banntaiding
erschienen, beziehungsweise nicht erschienen , und deren An-
zeigen vermerkt. In den allermeisten Fällen wussten die Er-
schienenen nichts anzugeben. Nach dem Jahre 1792 ist nichts
mehr eingetragen worden, obwohl die grössere Hälfte der
Blätter des Protokollbuches noch unbeschrieben war; vielleicht
ist seit jener Zeit kein Banntaiding mehr abgehalten worden.
198 Biscfroff.
Zum Schhuss dieses Berichtes über Weisthümer-Forschungen
in Steierniai'k lasse ich das Verzeichniss der zuletzt gefundenen
Stücke mit näherer Bezeichnung der Handschriften, worin sie
sich beiinden, hier folgen.
Ad munt.
a) Vermerkh das recht des pergkhrecht in Steyr und wie
man das besitzen soll.
Item welicher da khumbt zu dem perkhtaiding etc.
Der letzte (16.) Artikel beginnt: Item welicher perkhgnos
sein herrn sein perkhrecht oder grünt entzeucht . . .
Zwei Blätter Papier, kl. fol., aus einem Admonter Berg-
rechtsregistcr vom Jahre löl«3 in dem Admonter Ötiftsarchive.
b) Ordnung der Strubfergen beschehen des Suntags Letare
zu Mittervasten Anno dom OC" quadragesimo (1440).
Von erst wann es sich gibt . . .
Letzter (9.) Artikel: Item welch die sind, die auf die
hueb treybent . . .
Sodann: Hienach beschribn die Strubfergen (18 Namen).
Die vierer (4 Namen). So sind gesaezt zu der gemain arbait
(33 Namen), hiernach noch zwei Artikel. Schluss: uncz er den
guidein hat aussgericht.
Drei Papierblätter, kl. fol., im Admonter Archive.
c) Ordnung der Strubfering besehen am phincztag nagst
vor Allerhey lingtag Anno OC quinquagesimo sexto (1456).
Von erst das der welliger das treuleich etc.
Letzter (12.) Artikel: Auch was der mayr sein ... an
in kumbt.
Südann : Vierer, und noch drei Artikel und ein Verzeicli-
nisö der Strubfergen.
Gleichzeitige Papierhandschi'ift, kl. Quart. 7 beschr. Bl.
a. a. 0.
Aussee.
Marktordnung vom Montag St. Veitstag 1523, erlassen
von den 1. f. Keformations-Commissären, in 35 Artikeln. Im
letzten: Sollen . . solche ordnung alle iar, oder so oft es die
notdurft erfordert, in gemainer besambung offeniich verlesen
und die articUl berueffeu lassen.
Bericht über Weisthümer-Forschungi-n. 199
Vidimirte Abschrift vom 4. März 1546 im steierm. Statt-
haltereiarchiv, Abth. I. Ö. H. C. K. H. Steyer.
Donnersbach.
Vermerkcht die verpot und all ornung der leut in dem
Donerspach. 06 Artikel und Gerichtsgrenzen.
Copie aus Grimm's Nachlass im Besitze der Weisthümer-
Commission, entnommen dem Codex Berol, ms. germ. fol.
Nr. 248 a. 1443.
Eibiswald.
a) Vertrag u. Vergleichung deren zehen eingelegten articl
zwischen . . Herrn Wilhalbmen von Eybesswalde und N. richter
rath u. gemainer burgerschaft des markhts zu E. a. 1561
Suntag vor St. Mathias.
Gleichzeitige (V) Abschrift im steierm. Statthaltereiarchive.
b) Der burgerschaft zu Eybesswald bericht über etliche
articl (^betreffend: Fischteiche, Maletizrecht, Hochgericht und
Bürgerrobot) vom 7. Juli 1576.
Original Steir. Statth. Arch. a. a. O.
Gö
SS.
Urbar des fürstl. Stiftes Göss eigene Gülten betreffend,
V. J. 1602, enthält fol. 7 fg. (27) Stiftartikel.
Papierhandschrift Nr. 268 des steierm. Landesarchives.
Grosslobming.
Ein im Besitze des Baron Sessler in Graz befindlicher
Papiercodex, kl. Quart, 80 beschriebene Blätter stark, aus
dem 17. Jalirh., enthält:
a) Wehr die priegen machen soll , wie von alters her-
khomen ist, 3 S.
b) Richterdienst oder Vogthaber, 9 Bl.
c) Thanerischcr purckfridtse xtract u. Gemein-
gerechtigkeit, 2 Bl.
d) Mauthbeschreibung, 2 Bl.
e) Pidtmarckhen dess purkhfridl zu Eiuacli ob Stadl, o S.
f) Landgerichtsgartenberainung u. Beschreibung der kirch-
täg, 4. S.
200 BiBchoff.
g) Neue und ietzt von villn ialirn observirte landt-
gericlitspitmarkh, 2 S.
h) Pan -Ordnung von 1624, St. Veits Tag. 13 Artikel
nebst Eingang und Schlusswort. 9 Bl.
i) Verzeicliuiss Derjenigen, welche Malefizpersonen zu
bewachen und abzuführen schuldig sind. 2 Bl.
k) Gemain versarablung , welche allzeit geschieht an s.
Georgi tag (1682 am 27. April;, 2. S.
1) Ein Artikel aus der steierm. Laudgerichtsordnung,
2 Bl. Mauthbestand und Vogteiholden, 2 Bl.
m) Die Gemain u. gemains gerechtigkeit, auch
die aufnerabung der halter . . von 1654 und 1655, 9 Bl.
n) Landgerichtsverwalters Instruction und Memorial vom
Jahre 1683, 30 Bl.
o) Welche Holden Hasen jagen helfen, bez. Treiber
schicken müssen, 1 Bl.
'j
Hohenwang.
Das jProttogol der herrschafft Hohennwang von dem
22. Februarii a. 1589' fg. enthält auf S. 28 bis 39 eine Wiesen-
bewässerungs- und eine Waldordnung der Herrschaft vom
Jahre 1606, 24. April in zweifacher Ausfertigung.
Die Handschrift gehört der Herrschaft Hohenwang.
Kapfenberg (Pöllau).
Panbuech aller Kapfenbergerischen unterthanen ins Achacz
Mauerhofer ambt in Pollinger pfarr gelegen, so von der herr-
schaft zu erhaltung gueter Ordnung und manszucht von unvor-
denklichen iahren hero iederzeit zwischen Ostern und Pfingsten
zu halten verordnet, iezo aber durch mich Blasien Lechner
widern mben abgeschriben worden, beschehen zu Pöllau den
20. iunii 1624 iahrs.
Stark verletzte Papierhandschrift im steierm. Landesarchiv,
noch nicht signirt, 16 Blätter, kl. 8", auf deren 2. — 5. ein
Bruchstück des genannten Bannbuches, bez. Banntaidinges ge-
schrieben steht; die meisten der übrigen Blätter enthalten Ver-
zeichnisse der Unterthanen.
Bericht über Weiethümer-ForBchuugen. 201
Marburg.
Das Marburger Stadtbuch, welches im Landesarchiv unter
der Zahl 2714 Manuscr. im Original und unter Nummer 939 in
Abschrift aufbewahrt wird, enthält unter Anderem auch das
landtgerichtspuech im Jahre 1526 von den 1. f. Reformirern
verfasst , und in diesem steht auf Bl. 284 fg. des Originals
und BI. 347 der Copie ein Vermerk über die ruegatt, die ein
richter zu Marpurch zwier im jar, zu s. Georgen tag und pald
nach dem lesen, reitten, besitzen und den pawern den eid vor-
halten soll.
Mönch wald.
Banntaiding zu Münnichwald, 25 Artikel aus einer dem
Gutsbesitzer Dr. V. Richter zu Glocknitz gehörigen Hand-
schrift des 16. Jahrhunderts für die Weisthümer-Commission
copiert von Dr. Winter.
Neuberg.
Instruction wie guette Ordnung vor und nach dem lesen
solle fürgenommen werden; 5 Artikel in: Extract aus dem
grundtpuech der perckhrecht am Prunner Weiggerstorfer und
Prunnthaler pergen, a. 1593.
In Handschrift 3130 und 2119 des steierm, Landesarchives.
Pettau.
Anno dorn, milles . trecentes . vices . secundo metas et jura
ecclesie Salczburgensis in Pettovia tarn civitatis quam predii
prout a senioribus et tidelibus veraciter sunt cognita parti-
culariter annotavi. Sciendum itaque ... 3 Absätze und eine
Notiz auf Lonsberg bezüglich.
In einem im Jahre 1322 geschriebenen Pergamentcodex,
kl. Quart mit der vSignatur VI ^ am Einband , im Besitze der
k. k. Finanzprocuratur in Graz.
P r e d i n g.
Kürchtag ausruefung im Markt Preding , 4 Artikel im
Urbar der Herrschaft Horneck vom Jahre 1003 im steierm.
Landesarchive.
202 • Bischoff.
St. Dionisen.
Urbar und Handelbuch v. 1460 enthält die Urschrift der
im ersten Berichte angeführten 8tiftartikel u. s. w.
Handschrift 1588 des steierm. Landesarchives.
Sölk.
Abschrift der albni Ordnung bei der h. Sölckh, im Statt-
haltereiarchiv, Abth. I. O. Hof kammer-Registratur , Steier 59,
Fase. 2; 3 Bl. von 1577.
Stantz.
Hie ist vermerckht alle gerechtikait, so unsers aller gne-
digisten herrn des römischen kaiser . . . urbarsleut hie in der
Stantz haben. 14 Artikel.
Papierhandschrift, 2 Bl. kl. Quart, 16. Jahrh., mit der
Aufschrift von der Hand des Herrn Wolfgang v. Stubenberg :
Abschrifft des panbrief, so vor der stift offenlich verlössen
wern soldt; im steierm. Landesarchive.
Tragöss.
Urbar der Magdalenenkirche enthält eine Ordnung des
Viehtriebs, der Wasserleit u. A.
Handschrift 3405 im steierm. Landesarchive.
Veitsberg.
Urbar v. J. 1586 enthält die im ersten Bericht angeführten
Stiftartikel u. s. w.
Handschrift 609 im steierm. Landesarchive.
Wachsenegg.
Banntaiding (s. den Bericht in Sitzungsb. Bd. LXXXV, 33)
in zwei im steierm. Landesarchive befindlichen Urbarien der
Herrschaft Wachsen egg aus dem Jahre 1628.
Wartenberg.
Vergleich der gesammten Nachbarscludt zu Wartenberg
vom 16. Mai 1672, 16 Artikel im Original im Besitze des Ge-
meindeamtes zu Kricglach.
Bericbt über WeiBthümer-Forschungen. 20o
Weitenstein.
Vermerkht die Ordnung-, die Kristofen von Weispriach
und ein ieden sein nachkoraen phleger zu Neu-Weittenstain
von den comissarien in der reformierung- geben ist. — 10 Ar-
tikel im Urbar der bischöflichen Gurker Herrschaften in Krain
und Steiermark aus dem Anfang des 16. Jahrb., im steierm.
Landesarchiv.
Wolkenstein.
Abschrift des sog.Wolkensteincr Landbriefes vom Jahre 1478
aus dem 16. Jahrb. im steierm. Statthaltereiarchiv, Abth. I. 0.
H. C. Registr. Steyer 59, Fase. 4. Daselbst ist auch das Ver-
zeichniss der Gerechtigkeit zu der Herrschaft und Landgericht
Wolkenstein, verfasst von Merttn Gadalt, ehemals Landpfleg-er
daselbst. Pap. 4 Bl., wohl aus den ersten Jahren des 16. Jahrh.
Schliesslich kann ich schon hier die Bemerkung nicht
unterdrücken, dass bisher meines Wisserjs keine Banntaidinge
und auch keine Stiftartikel in windischer Sprache aus Steier-
mark bekannt geworden siud^ obwohl es nach meiner Meinung
gar keinem Zweifel unterliegt, dass Stifttage und Banntaidinge
auch in Gegenden mit windischer Bevölkerung- gehalten wurden.
II.
K ä r u t h e 11.
Abgesehen von den im ersten Bande der österreichischen
Weisthümer abgedruckten Ordnungen und Satzungen der Herr-
schaft Lengberg und von einigen Gerichtsweisthümern, Kund-
schaften u. dgl. ist meines Wissens bisher kein Weisthum im
eigentlichen Sinne aus Kärnthen durch den Druck bekannt
geworden. Nur eine Notiz über das jährlich im Markte St. Paul
abzuhalten gewesene Banntaiding hat Ankershofen im Archiv für
Topogiaphie und Geschichte von Kärnthen (III, 9) aus einem
Urbar des Stiftes St. Paul veröffentlicht, ohne dass dieselbe Ver-
anlassung zu weiteren Nachforschungen nach Banntaidingen in
Kärnthen geworden wäre, deren Institution und allgemeine Ver-
breitung meines Erachtens schon das Kärnthner liandrecht vom
204 Bischoff.
Jahre 1338 und dessen spätere Conrirraationen bezeug-en, indem
es da heisst: Ez sollen oueh alle leut in unserm lande ze
chernden ze gemainen tagen gen dristund in dem iar in allen
unsern landgerichten und sagen bei dem ayde, den si da sweren
rauezzen , ob icht schedliches oder ungerichtetes ' sei in dem
lande und ob icht sei, daz dem gericht ze pezzern ist. Da ist zwar
nur vom Rügen die Rede, aber Rügen und Beschwerden waren
auch noch im 17. und 18. Jahrhundert einer der wichtigsten
Gegenstände, wenn nicht geradezu der einzige Gegenstand soge-
nannter Banntaidinge in Kärnthen wie in Steiermark, wie diess
meine frühern und die nachstehenden Mittheilungen ersehen lassen.
Der Weisthümer-Commission sind bisher nachbenannte für
ihre Sammlung brauchbare Stücke aus Kärnthen zugekommen:
Ai'noldstein.
a) Copia baider Arnoldtstain- und Gaillitzer nachbarschaften
aufgerichter Ordnung von vichwaid und bluembsuech. 8 Artikel.
b) Wie es mit der behülzung prett- schündl- und greut-
machung gehalten werden soll. 11 (12) Artikel.
Papierhandschrift, 6 Bl. fol. überschrieben: Rapulatur,
vom Jahre 1644, im Besitze des k. k. Ackerbau-Ministeriums.
c) Arnoldstainerische gerichtsordnung . . . vom Jahre
1715. 38 Artikel mit der Gerichtsordnung von Strassfried
meist gleichlautend.
Zehn Blätter, Folio, Papier. 18. Jahrb., im Besitze des
k. k. Ackerbauministeriums.
Hütte nberg.
Das ist der purchfrid ze Hütenberch.
Abschrift aus den Salzburger Kammerbüchern , VI f. 8,
aus J. Grimm's Nachlasse. 2 Papier-Bl.
Sanct Paul.
Ponthaidung (die oben erwähnte Notiz), hierauf: Der
burger schuldigkhait u. Obligation gegen dem gottshausz, ent-
hält 15 Artikel und eine Einleitung.
' So in dem Abflruck im Archiv f. Top. u. Gesch. Kärnthens, III, 55;
die gedruckte Landhandfeste hat: ungerechtes; es wird wohl lauten
sollen: iingerichts.
Bericht über Weisthütner-Forscliungen. 20o
Neue Abschrift aus einem Urbar von St. Paul nach
dem Jahre 1638.
Strassfried.
Ordnung- u. saezung- etlicher puncten , so den gerichts-
leuten im gericht Strassfriedt fürzuhalten ... 37 Artikel.
Acht Blätter, Fol., Pap., Ende des 17. Jahrh. und noch
zwei Handschriften mit derselben ,Pohnordnung' aus den Jahren
1722 und 1738, sämmtlich dem k. k. Ackerbau- Ministerium
gehörig-.
Wasser neu bürg.
Pantaidingbuech zu Wasserneuburg 66 und 25 Artikel.
Handschrift Nr. 130 v. c. 1581, 29 Bl. Quart, Papier, im
fürstl. Schwarzenberg-'schen Archiv in Wien.
Wieting.
Hie sindt geschriben die stiftrecht der nachperschaft Wie-
ting. 45 Artikel.
Abschrift aus dem Urbarium von St. Peter vom Jahre
1515, Papier fol. sign. J. N. 28 Bl. 281^—286'^.
In die Sammlung aufzunehmen ist vielleicht auch die im
Archive des k. k. Ackerbau-Ministeriums befindliche und der
Weisthümer-Commission zur Abschrift überlassene Bambergische
Waldordnung für die Uuterthanen in Bleiburg, Cauale, Mal-
borghet und Tarvis vom Jahre 1506 (25 Artikel.)
Der Versuch, die Weisthümersammlung mit noch unbe-
kannten Stücken aus Kärnthen vermittelst schriftlicher An-
fragen zu vermehren, schlug- — wie in Steiermark — fast
gänzlich fehl. Auf etwa vierhundert Briefe, welche ich nach
allen Richtungen ausgesendet, habe ich kaum mehr als fünfzig
Antworten erhalten und die meisten derselben meldeten gänz-
lichen Mangel an Archivalien. üennoch und obw^ohl ich
wusste, dass schon von andern Seiten und namentlich von
Ankershofen viel geschehen ist, um die beachtenswertheren
Geschichtsquellen Kärnthens aus ihren Verstecken hervorzu-
ziehen, Hess ich mich nicht abschrecken, in dem schönen
Ländchen selbst nach Banntaidingen zu suchen, da ja darnach
speciell noch Niemand gesucht hat und die Möglichkeit, solche
oder andere bisher nicht oder nicht genug beachtete Geschichts-
206 nischoif.
denkniale zu linden , keinesfalls ausgeschlossen war. Ans-
la^erüstet mit einem offenen Empfehlungsschreiben Si\ Excellenz
des Herrn Statthalters von Kärnthen , welcher überdiess die
Güte hatte, an die ihm unterstehenden Bezirkshauptmann-
schaften die Auffordei'ung zur Förderung meines Unternehmens
zu richten, habe ich den grössten Theil der Herbstferien 1877
archivalischen Forschungen in Kärnthen gewidmet. Ich begann
damit in Unterdrauburg, indem ich während des Wechsels
der Postpferde, den Bürgermeister über das Vorhandensein
alter Schriften befrug; war aber leider nicht bemüssigt, mich
da länger aufzuhalten. In Lavamünd hatte ich schriftlich
wiederholt vergeblich angefragt und hielt nach dem Misserfolg
in Unterdrauburg für räthlicher hier nur durchzureisen , als
wahrscheinlich erfolglos einen ganzen Tag sitzen zu bleiben.
Dagegen konnte ich nicht unterlassen, mich mit dem St. Paul er
Stiftsarchiv genauer bekannt zu machen, obwohl die akademische
Weisthümer-Commission das Banntaiding des Marktes St. Paul
bereits erhalten hatte. Im Stifte freundlichst aufgenommen,
konnte ich den ganzen Tag über im Archive selbst arbeiten,
und auch noch für die Abendstunden Handschriften auf das
mir angewiesene Zimmer zur Untersuchung und Abschrift
nehmen. So war es mir möglich in verhältnissmässig kurzer
Zeit eine gewaltige Menge von Handschriften ziemlich genau
durchzusehen und auch den ganzen übrigen Bestand dieses
Archives, abgesehen von dem aus St. Blasien überkommenen
Theile, wenigstens flüchtig kennen zu lernen, obgleich es an
einem Archivskataloge fehlte. Begünstigt war meine Arbeit
auch durch den Umstand , dass der Aveitaus grösste Theil des
Archivsinhaltes, wenn ich nicht irre, von Bcda Schroll materien-
weise räumlich geordnet ist. Ich wendete mich zunächst der
langen bis zum Jahre 12<S9 hinaufreichenden Reihe der Stifts-
urbarien im ersten Zimmer des Archivs zu, und fand da bald jenes
Urbarium, aus welchem die im Besitze der Weisthümer-Com-
mission betindliche Abschrift des St. Pauler Banntaidings ge-
nommen war, ferner das sehr werthvolle Urbar des Abtes
Hieronimus vom Jahre 1G38, woraus Aukershofen die oben
erwähnte Notiz und einige andere Stücke im Archiv für
Topographie u. s. w. mitgetheilt hat, und welches auch das
St. Pauler Banntaiding und noch andere Stücke enthält, deren
Rericht nlior Weist hümei-Foi-pclmngPti. zO l
einii2;e für die Weisthüniersammlung brauchbar scliienen. Zur
Abschrift dieser und zur Vergleichung- mit der bereits vor-
handenen Absclirift des Banntaidings, wurde dieser Codex aus-
geliehen. Die übrigen Urbarien boten kein Weisthum, keine
Banptaidinge oder Stiftartikeh In einem von St. Lorenzen,
vom Jalire 1622 stellt eine Holzordnung vom Jahre 1593, die
Beschreibung des Markt- und Burgfrieds, und Vermerke über
Landgerichts- und Malefizsachen, Richterwahl und Eid und
Anderes, wie man solche auch in andern Urbarien häutig findet.
Aus dem Leon steine r Urbar vom Jahre 1482 notirte ich
P\jlgendes: Vermerkht die panphening, die geit man zu dreien
quatembern im iar, zu plingsten, zu st. Michels tag und zu
weinachten. Dieses Urbar enthält auch eine Kundschaft über
die Gerichtse-renzen von Leonstein.
Der Durchsicht der Urbare folgte die der hei-rschaft-
lichen Hofgerichts- oder Amtsprotokolle aus dem 17. und
IX. Jtdn-hunderte, worin ich sehr viele Vermerke über in den
Jahren 1G44 bis 1720 im Markte St. Paul abgehaltene Bann-
taidinge fand, die ich sorgfiiltig beachtete. Diese Banntaidiuge
fielen gewöhnlich in den März, während die Richter wähl erst
um Georgi vorgenommen wurde. In den Protokollen Avurde
stets und in erster Reihe vermerkt, was dem Magistrat und
der gesammten Bürgerschaft vom Hofrichter oder Secretär zur
Darnachhaltung vorgetragen wurde; z. B. Den 13. Merz 1644
ist die pandetung im markch gehalten und dem magistrat und
der burgerschaft . . . biss in neunzehen puncten vorgehalten
und bevollen worden dem richter ein wachsames aug zu haben
. . . Nun folgen die 19 Artikel. Meist blieben sich diese Be-
schwerden und Anforderungen der Herrschaft durch hlngere
Zeit im Wesentlichen gleich, so dass es nicht nöthig war,
dieselben immer wieder in das Protokoll einzuschreiben. Man
schrieb daher z. B. nur: Den ditto (9. Apr. 1656) ist die pan-
tädung im marckht lauth dises prothoeols ebenfals wie vorver-
gangenen iahrs den 12. Martii 1655 gehalten worden, oder:
den 2!^. April 1663 ist die panthadung alda im markht au-
gestelt und sein der burgerschaft die ordinari beschwärpuncta
fürgehalten worden. Ich habe zwei Verzeichnisse dieser ge-
wöhnlichen Beschwerpunkte und weiter noch manche von der
Herrschaft in diesen Versammlungen verkündete Normen für
208 Bis.-hoff.
die Weistliümersammlunio' abgeschrieben. Die iu dem aus dem
St. Pauler Urbar copirten Banntaiding- enthaltenen Artikel
sind zweifellos ebenfalls ein solches Verzeichniss aus früherer
Zeit und manches Banntaiding mag auf diese Art entstanden
sein. Dazu kamen dann die mannigfaltigen Beschlüsse der
Bürgerschaft über gemeinsame Angelegenheiten, natürlich ,ad
ratificationem' der Herrschaft und überdiess wurden da auch
verschiedene Beschwerden Einzelner verhandelt und erledigt.
Daher führte die Bürgerschaft abgesondert von der Herrschaft
auch "Protokoll über die Banntaidinge, wie ich ein solches in
dem einzigen noch im Besitze der Gemeinde St. Paul befind-
lichen Marktgerichtsprotokoll vom Jahre 1705 fg>. über das am
14. Mai 1708 abgehaltene Banntaiding mit Beschlüssen über
Gänse- und Schweinhalt, Fleischhacker und Anderem fand,
worin, nebenbei bemerkt, auch eine Berufung der P^reiung,
wenn ich nicht irre, aus dem Ende des 18. oder Anfang des
19. Jahrhunderts eingetragen ist. Ich habe auch die im Stifts-
archive aufbewahrten Protokolle der Herrschaften Lavamünd,
Loschenthal und Kollegg aus den Jahren 1612 bis IGGO durch-
gesehen, aber darin weder Banntaidings- oder Stiftartikel noch
irgend eine auf Banntaidinge bezügliche Notiz gefunden. Da-
gegen fand ich zwei derartige Notizen in einem nicht signirten
Papier-Codex, der Stücke aus der Kärnthner Landhandfeste,
das steiermärkische Landrecht und andere Rechtsaufzeichnungen
enthält und einst im Besitze eines bischöflichen Pflegers zu
Strassburg gewesen sein dürfte. Die eine der auf Banntaidinge
bezüglichen Bestimmungen steht in einem Schriftstück, welches
nachstehende Ueberschrift hat: ,Vermerkht die Ordnung und
articl aines gemainen nucz, so durch gemain landtschaft in
Kärndtn fürgenomen. beschechen am Mittwoch an den heilligen
weichnacht feyertagen a. d. (14)92,' ist dessen drittel- Artikel
und lautet folgendermassen : Item von der geringen wändl
wegen der gericht und pannthaidungen ist der verordneten
beschlossener rathschlag, das die panuthaiding bei den gerichten,
wie von alter herkhumen, wider beseczt werden ; und wo sie die
puessfelligen aus der richter hertickait nit nach billichen dingen
vertragen mügen, das die selben verhanndlten nicht mit gewalt
zu unbillicher puess genöt, sonder wie die von alter herkhumen,
nemen, und wie im dieselb puess mit recht bei den bemelten
Bericht über Weisthüraer-Forschtingen. 209
pannthaiding erlaubt wierdet. — Die andere jener Bestimmung-en
ist der drittletzte Artikel einer Reformation der Ordnung des
gemainen nutz vom Mittwoch nach St. Dorotheatag 1503 und
lautet: Ain jedes dorf oder angesessen mann solle seine haldt
und pidmarch ihrer gemaiu iärlich zu der panthaidung melden
und dasselbs von ainem ambtmann soll aufgeschriben werden,
damit es hinfur allzeit zu ainer pannthaiding öffentlich gemelt
werdt u, s. w. Die erste der hier mitgetheilten Bestimmungen
wurde in die Reformation von 1503 nicht aufgenommen.
Die flüchtige Durchsicht der im Stiftsarchive vorhandenen
Acten und Urkunden ergab keinen Gewinn. Ich reihe an diese
Bemerkungen den Ausdruck meines besten Dankes für alle im
Stifte genossene Freundlichkeit und Grefälligkeit. Von einem
der jüngeren Geistlichen daselbst erfuhr ich, dass er beim
Gemeindeamte zu St. Andrä noch vor nicht langer Zeit bis
ins 16. Jahrhundert zurückreichende Acten und Bücher gesehen
habe, auf welche Nachricht hin ich mich in St. Andrea aufzu-
halten entschloss, ungeachtet briefliche Anfragen aus Gemeinde-
amt unbeantwortet geblieben waren und ich von dem in St. Paul
zufällig anwesend gewesenen Rector des Jesuitencollegiums
in St. Andrä erfahren hatte, dass unter den in seinem Besitze
befindlichen auf die ehemalige Herrschaft St. Andrä bezüg-
lichen Schriften keine der von mir beschriebenen Art vorhanden
seien. Ich hatte diesen Entschluss nicht zu bereuen; denn
bald hatte ich aus den in einer Kammer neben der Gemeinde-
kanzlei ordnungslos aufgestapelten staubbedeckten Acten,
Büchern und Urkunden nahezu zwanzig Raths- und Gerichts-
protokolle aus den Jahren 1534 bis 1713 hervorgeholt, die,
wie die St. Pauler, zahlreiche Vermerke über Banntaidinge
enthalten. Mit diesem Worte sind in den Protokollen vier
jährliche allgemeine Versammlungen der Bürgerschaft bezeichnet,
von denen eine am ersten Freitag in der Fasten, eine am
Freitag vor Georgi , eine am 14. August und die letzte am
Freitag vor Martini regelmässig stattfand. In allen diesen Bann-
taidingen wurden verschiedene gemeinsame und Privat-Ange-
legenheiten verhandelt, Beschlüsse gefasst, Verordnungen kund-
gemacht, wenigstens in dem Fastenbanntaiding, in dem vor
Georgi und dem vor Martini, konnten auch neue Bürger auf-
genommen , gemeine und Privatbeschwerden vorgebracht,
Sitzungsber. d. phil.-bist. CI. I.XXXIX. Bd. I. Htt. 14
210 Bischoff.
Klag-en u. s. w. gerichtlich erledigt werden. Daneben scheint
aber jede dieser Versammlungen ihre besonderen Zwecke gehabt
zu haben. Die protokollarischen Aufzeichnungen sind leider
sehr unvollständig; doch ist aus denselben ersichtlich, dass am
Freitag vor Georgi die Wahl des Richters und Besetzung der
gewöhnlichen Stadtämter, wenigstens bis gegen den Anfang
des 18. Jahrhunderts hin , vorgenommen wurde (später am
Pfingsttag vor Martini), während am 14. August (vor Maria
Himmelfahrt, in festo Augustini) die Aussteckung und Ver-
kündigung der Freiung stattfand. Den Wortlaut dieser Berufung
enthält zuerst das Protokoll vom Jahre 1582. Die Tagesord-
nung des Georgi-Banntaidings (so zum ersten Mal genannt im
Protokoll vom Jahre 1567) war gewöhnlich folgende : a) Fürpot
d. h. Verlesung des Bürgerregisters, b) gemainer burgerschaft
beschwär articul, c) aufkhündung des gerichtsambt und Neu-
walen, Wie von den Bürgerregistern fand ich auch von den
gemeinen Beschwerdeartikeln, die, gleich denen der Herrschaft
St. Paul , lange Zeit hindurch mehr oder weniger überein-
stimmend lauteten und, nachdem sie öffentlich von den Ge-
meinern oder Sechsern vorgetragen worden waren, dem Rath
(in späterer Zeit) schriftlich überreicht wurden , einen ganzen
Pack noch vor. Der Rath erledigte diese Beschwerden ent-
weder sofort, erkannte sie für billig an und versprach Wen-
dung derselben, oder die Erörterung und Erledigung derselben
wurde wegen Maugels an Zeit verschoben. Es konnten übrigens
auch in den andern Bauntaidingen solche Beschwerden vor-
gebracht werden, in dem zu Georgi aber finden sie sich regel-
mässig. Nicht so deutlich ersichtlich wie bei dem Georgi- und
August-Banntaiding, ist der Hauptgegenstand der beiden andern;
das Fasten-Banntaiding wird wohl in Anbetracht des nahenden
Frühlings, der Ordnung wirthschaftlicher Angelegenheiten
grossentheils gewidmet gewesen sein, häutig sind aber da, wie
auch beim Martini-Banntaiding, neue Bürgeraufnahmen proto-
kollirt. Für die Weisthümersammlung habe ich diesem Archive
entnommen die Auszeigung des Burgfrieds c. 1534, die Be-
schwerdeartikel von 1577, 1578 und 1667, endlich die Berufung
gemeiner Stadt Freiung, wie sie in den Jahren 1623 bis 1633
und — abgesehen von einem auf die Pest bezüglichen Artikel
— gewiss auch früher und später gelautet hat, da schon jene
. Bericht über Weisthüraer-Foiscliungen 211
vom Jahre 1582 mit dieser späteren fast ganz genau überein-
stimmt. Eine eigene Gemeindeordnung habe ich nicht gefunden,
wohl aber eine protokollirte Notiz vom Jahre 1583, laut welcher
unter den dem neugewählten Richter übergebenen Gegenständen
sich auch eine ,Bollizey-Ordnung^ befand, und eine andere vom
Jahre 1690, die eines Statthaubtbueches erwähnt. Vielleicht
befinden sich diese beiden Stücke in dem im Archivslocale
stehenden Stadtkasten, dessen Inhalt ich nicht einsehen konnte,
weil der Bürgermeister abwesend war. Eine schriftliche darauf
gerichtete Anfrage blieb unerwiedert.
Vom Bürgermeister zu Wolfsberg hatte ich bereits
brieflich die Nachricht vom Vorhandensein alter Schriften im
Gemeindeamt erhalten. Ich fand da auf dem Dachboden eine
grosse Menge solcher und zog mit kräftiger Hilfeleistung eines
mir zur Verfügung gestellten Wachmannes, eine beträchtliche
Anzahl von RathsprotokoUen hervor, deren ältestes aus den
Jahren 1531 bis 1546 ist. Diese Protokolle zeigen, dass auch
in Wolfsberg allgemeine Bürgerversammlungen wie anderwärts
stattfanden, so namentlich behufs der Richterwahl jährlich am
Sonntag vor Bartholomäus, aber die Bezeichnung derselben als
Banntaidinge war da nicht üblich. Auch fanden sich keine
Verzeichnisse der Beschwerden gemeiner Bürgerschaft, wie in
St. Andrä, oder der Herrschaft, wie in St. Paul. Dagegen
verwahrt die Gemeinde in einer mir bereitwilligst geöffneten
Truhe noch zwei herrschaftliche Confirmationen ihrer alten
Gemeindestatuten, deren ältere vom Jahre 1588 ich mit ge-
fälliger Bewilligung des Herrn Bürgermeisters zu etwaigem
Gebrauche nach Graz sendete. Darin ist vorgeschrieben, dass
alljährlich am Sonntag vor Bartholomäus der versammelten
Gemeinde diese Statuten vorgelesen werden und die von der Ver-
sammlung ohne Entschuldigung Ausgebliebenen um zweiund-
siebzig Pfenninge gestraft werden sollten.
Das Archiv der Herrschaft Wolfsberg birgt noch immer,
obwohl sehr viel daraus längst fortgekommen ist, reichhaltige
und zum Theile sehr schätzbare Materialien für die Geschichte
der ehemals bischöflich bambergischen Besitzungen in Kärnthen
seit dem Ende des 16. Jahrhunderts, Einzelnes selbst noch aus
älterer Zeit. Ich zog aus dem Chaos der den grössten Theil
des Fussbodens eines geräumigen Zimmers bedeckenden Papier-
14*
212 Bischoff.
massen allmälig die Urbarien von Weissenes^ia^ (1431), Griffen
(1438), Villach, »Sonnegg, St. Leouhard, Strassfried, Wasser-
hofen, Maglern, Waidenstein, Hartenstein und Reichenfels
hervor; ferner etliche Protokolle des bambergischen Vicedom-
amtes und etwa dreissig starke Fascikel mit beiläufig zwei-
tausend Actenstücken und Urkunden seit dem Ende des
15. Jahrhunderts. Diese sind chronologisch geordnet, leider
besitzt aber die Wolfsberger Kanzlei kein Verzeichniss dar-
über, doch erkannte ich sofort, dass ein im Archiv des
historischen Vereins für Kärnthen befindliches Wolfsberger
Archivsrepertorium auch diese Fascikel betrefi'e. Da dasselbe
nicht schnell herbeizuschaffen war, durchsah ich die sämmt-
lichen Fascikel, welche Schriften aus dem 16. oder 17. Jahr-
hundert enthalten, und auch noch einen in einer Zimmerecke
liegenden Pack alter Papiere so genau, als es die mir zuge-
messene Zeit zuHess, fand aber weder da noch in den oben
genannten Urbarien ein kärnthnisches Banntaiding. Dagegen
fand ich ein schönes Ehehafttaiding der ehemaligen Bamberger
Herrschaft Salaberg in Ober-Oesterreich und einige andere
für die Weisthümersammlung brauchbare Stücke, nämlich die
sogenannten Gemeinbriefe der Nachbarschaften zu Polheim
und St. Thomas aus den Jahren 1586 und 1609, den Entwurf
des Gemeinbriefes für die Nachbarschaft am Laiding vom
Jahre 1607 , und die Siedlungsartikel und Unterthanenpflicht
des bambergischen Kastenamtes St. Leonhard vom Jahre
1591; endlich die Bestätigung der von B. Lambrecht im Jahre
1392 gegebenen Wolfsberger Gemeindestatuten durch B. Georg
im Jahre 1521, die aber wohl, wie auch die früher erwähnte
spätere Confirmation, von der Weisthümersammlung wird aus-
geschlossen bleiben müssen, weil sie der Form und auch dem
Inhalte nach durchaus von der Herrschaft gesatztes und von
dem in Banntaidingen enthaltenen meist verschiedenartiges
Recht enthält. Aus dem vielleicht noch dem 15. Jahrhundert
angehörenden, eilf Blätter schmal Folio haltenden Urbar von
Künburg theile ich gleich hier Nachstehendes mit: Item alle
die im gericht zu Eck (Pertinenz der Feste Künburg) sitzen,
müssen alle jar drei pantag oder gericht suchen, nemlichen zu
Dolach an s. Egidientag den ersten, den andern zu Eck an
s. Michels tag, den dritten zu Lantschach zu s. Lienharts
Bericht über Weisthümer-Forschnngen. 213
tag. Auch hat ein richter von eins ittlichen herrn leut, die
im gericht sitzen, umb was man zu in zu sprechen hat, zu
verhelfen. Er hat auch auf eins yden herrn grünt, die im
gericht ligen , umb sein vell und puss , unersucht des grunt-
herrn, zu greifFen. An einer andern Stelle steht: Vermerkt,
wo ainer ein paum im forst abhackt, der ist dem pfleger zu
pen verfallen 1 Schilling, ye xx agier für 1 Schilling gerayt,
und muss den stamm, davon er das holcz gehackt hat, mit
einem schmerleib bedecken. Derselbig schmerleib ist auch eins
pflegers, und stet alles auf gnad. Aus einem Schiedsspruch
auf dem Tag zu Salenberg an s. Achaczntag der wenigem
zall im zwellifften jare (1512 ?j, betreffend Vogteistreitigkeiten
zwischen dem Pfarrer zu Hag und der Witwe des Herrn Jacob
V. Hinderholz, theile ich hier folgende, vermuthlich auf das
Salenberger Banntaiding bezügliche Bestimmungen mit: Erstlich
ist berett warden, das die vogttleutt zu Hag in das tading gen
sullen pey der pen wie von allter herkamen ist. ab aber ainer
der aus Verachtung das nicht thain walt, so sal die frau seinen
grunttherrn umb das wandeil klagen, tuet er ier in vierzechen
tagen ain genuegen, soll die frau an nemen, wo nit, mag die
frau als vogt selber nach im greiffen und in umb das wandel
straffen. — Es soll auch die frau ainem iedem richter zu Hag
das täding verkünden pey ierm aigen potten, das er die täding
auf den tag pesicz. Das soll dan der richter thain , er sey
wes herrn er well , es war dan zu derselbigen zeitt ainer
richter, der dem pharrer ader den priestern zu gehortt, dem-
selbigen richter sali die frau nit zu schickhen, er sali sich an
dem rueffen genuegen lassen, wan man das tading ruefft, soll
er auff merckhen und das sitzen. — Darentgegen hat sich die
frau pebilligt, das ain ieder richter, er sey wes herrn er well,
mit ainem ambtman zu Salhenperg die petzetl mit ferting soll
und da von nemen, wie von alter herkamen. Endlich sei noch
erwähnt ein Vermerk über das, was gehandelt in der sydlung
des ampts Reichenfels am 26. Novembris 1557, welcher übrigens
nichts Bemerkenswertlies enthält. Schliesslich danke ich hier
öffentlich der gräflich Henkel v. Donnersmark'schen Güter-
direction für die Bewilligung der Durchforschung des Archivs
und die Zusendung der ausgewählten Stücke zur Abschrift.
Des Dankes aller Geschichtsfreunde aber könnte sie versichert
214 Bischoff.
sein, wenn sie den noch vorhandenen Rest des Archivs dem
historischen Vei'eine für Kärnthen zuführen Hesse und so all-
gemein benutzbar machen würde.
Nachdem ich noch in der Stadtpfarrkirche und im benach-
barten Orte St. Mai-gareth vergebens angefragt hatte, fuhr
ich nach St. Leon hart und nach Reichenfels. Letztere
Gemeinde soll , nach Versicherung des Gemeindevorstandes,
ihre älteren Schriften durch Brände verloren haben, erstere besitzt
noch eine unbedeutende Anzahl solcher, darunter auch die Con-
lirmation ihrer durch den Bischof Ernst artikelweis zusammen-
getragenen Gemeindestatuten durch B. Gottfried, leider gegen
das Ende zu beschädigt. Ebensowenig wie hier war in Griffen,
im Schloss Ehrnegg und in Völkermarkt für die Weis-
thümei'sammlung eine Ausbeute zu machen , obwohl ich nach
einer brieflichen Nachricht des Herrn Bürgermeisters in Völker-
markt etwas zu finden hoffen durfte. Die Gemeinde Griffen
besitzt noch ein immerhin beachtenswerthes Marktbuch aus
dem Anfang des 17. Jahrhunderts mit Abschriften des Urbariums,
der Rüst- und Steuergelder, der Privilegien und Anderem, auch
einer Beschreibung verschiedener Rechtsgebräuche, z. B. bei
der Richterwahl ; aber kein Banntaiding. Auch das Decanats-
archiv zu Völkermarkt und das der Propstei zu Teinach wurde
vergeblich durchsucht und im Schlosse Neidenstein soll nach
verlässlicher Aussage gar nichts mehr von Archivalien zu
finden sein. Eberstein, Wieting und Hüttenberg blieben
unbesucht, weil von den beiden letzteren Orten Urkunden be-
reits im Besitze der Weisthümer-Commission sind, zu Eber-
stein aber nach Mittheilung des dortigen k. k. Notars Herrn
J. Fresacher keine alten Schriften aufbewahrt werden. Aus
den ziemlich dürftigen Resten des Archives der einstigen
Landeshauptstadt St. Veit war auch nichts für die Weis-
thümersammlung zu entnehmen , nachdem mehrere, laut eines
alten Archivsrepertoriums, einst vorhanden gewesene Schriften,
die vielleicht Brauchbares geboten hätten, nicht mehr zu finden
waren, wie z. B. eine Beschreibung der Stadtfreiheiten, ,die
nicht in dem pergamentenen Vidimus enthalten' , vom Jahre
1521, gemeiner Stadt Ordnungsbuch, Jahrmarktsberuef, gemeiner
Stadt Beschwerden, und Anderes. Rathsprotokolle von 1644 an
zeigen, dass auch in St. Veit mehrere allgemeine Bürgerver-
Bericht über Weisthümer-Forschungen. 21 0
Sammlungen mit der bekannten Tagesordnung abgehalten
wurden. Gänzlich bar alter Schriften ist, laut der Versicherung
des Bürgermeisters, die Gremeinde Friesach, und auch von
den Beständen des ehemaligen Vicedomarchives soll da nichts
mehr anzutreffen sein. Gleich erfolglos war meine Anfrage
im Schlosse Grades, wogegen die Gemeinde Grades doch noch
einige ziemlich alte Privilegien und Conlirmationen ihrer Rechte
und Freiheiten, einige Gerichtsprotokolle vom Jahre 1570 an
und mancherlei andere ältere Schriften, leider zum grössten
Theile an einem total lichtlosen Orte aufbewahrt, so dass die
ganze, freilich nicht grosse Schriftenmasse erst herausgeholt
werden musste , um durchgesehen werden zu können , wobei
mich der Herr Communeverwalter bereitwilligst unterstützte.
Ich notirte mir aus den Gerichtsprotokollen, dass der gewön-
liche jgemaintag' jährlich am Palmsonntag nach der Palmenweihe
am jfreithof' abgehalten wurde (in St. Leonhart fand die Richter-
wahl am St. Veitstag in der St. Kunigundenkirche statt, in
Griffen am ersten Sonntag nach Georgi , in Völkermarkt war
eine Gemeindeversammlung, worin auch Beschwerden der Sechser
und der Gemeinde vorgebracht wurden, am Neujahrstage, in
St. Veit am Tage Johannis des Evangelisten), und copirte ein
altes Verzeichniss der Gerichtsgrenzen. Aehnlich verhielt es
sich in Mettnitz, nur mit dem Unterschiede, dass der Schriften-
vorrath hier noch geringer aber bequemer zugänglich ist. Ich
fand hier die Contirmation der freihaitten der dorfmennig und
burgfrieder in der Möttnitz vom Jahre 1577, die ich mir zur
Abschrift ausbat und — wie auch die Confirmatorien von
St. Leonhard, Grades und das Marktbuch von Griffen — in dan-
kenswerthester Weise geliehen erhielt. Etwas schwieriger war
es, die Confirmationen der Gemeindestatuten von Strassburg
von 1552 und 1758 zu erlangen, die mit einigen sehr wenigen
andern Stücken so gut verwahrt waren, dass man sie kaum
mehr zu finden wusste und dass sie ohne meine Nachfrage
vermuthlich in nicht gar langer Zeit gänzlich verschimmelt
wären. Dennoch verlangte der Herr Gemeindesecretär von
mir einen Ausweis darüber, dass ich wirklich derjenige sei,
als welcher ich mich ihm vorgestellt hatte, beruhigte sich aber
glücklicherweise sofort beim Anblick des Empfehlungsbriefes
des Statthalters. Das ehemalige Archiv des Schlosses Strass-
216 Bischoff.
bürg- ist ganz leer und, wie es scheint, viel von seinem ehe-
maligen Inhalte zu Grunde gegangen. Sehr gut verwahrt und
geordnet sind dagegen noch die Archivalien des Domcapitels
zu Gurk, deren Untersuchung mir vom Herrn Domdechant
gütigst bewilligt und durch ein mehrere Bände umfassendes
Repertorium (Annales Gurcenses) erleichtert wurde. Da aber
die Hinweise im Repertorium meist nur sehr allgemein lauten
und oft unter einem Schlagwort der nicht näher bezeichnete
Inhalt mehrerer Laden zusammengefasst ist, konnte ich eine
erschöpfende Durchsicht nicht vornehmen, sondern musste mich
begnügen, jene Abtheilungen des Archivs genauer zu durch-
suchen , wo am ehesten etwas für mich zu finden vermuthet
werden konnte. So durchsah ich eine beträchtliche Anzahl
von Urbarien aus dem 15. Jahrhunderte und spätere, leider
ohne Erfolg , ferner eine grosse Menge von grösseren und
kleineren Fascikeln mit Acten und Urkunden betreffs der
domcapitelischen Güter. Darunter fand ich zwei Verzeichnisse
von Artikeln aus den Jahren 1579 und 1582, welche in
den Märkten Gurk und Weitensfeld, den zur Richterwahl
versammelten Bürgern vorgelesen werden sollten und welche
für die Weisthümersammlung brauchbar sein dürften. Die ge-
nannten beiden Marktgemeinden besitzen keine Archivalien
und sollen solche auch im Schlosse Zwischenwässern nicht
vorhanden sein. Ob das Schloss Althof en dergleichen besitze,
habe ich ungeachtet wiedez'holter Anfragen bisher nicht er-
fahren; bei der Gemeinde Althofen fand ich, nahezu halb
vermodert in einem Eckthurm der ehemaligen Ringmauer (falls
ich richtig gesehen), einige Packe älterer Schriften, namentlich
auch einige Gerichtsprotokolle aus dem 16. und 17. Jahr-
hunderte, denen ich entnahm, dass die Richter wähl zu Georgi
stattfand und dabei, wie auch bei der Ausrufung der Markt-
freiung (7. November) Gemeindeaugelegenheiten verhandelt,
Beschwerdepunkte der Gemeinde vorgelesen wurden u. s. w.
Ein Verzeichniss dieser, wie in St. Andrä, fand sich aber nicht
vor und ebenso wenig ein Bannbuch oder eine Geraeinde-
ordnung. Dem Herrn Bürgermeister, der mir bei der Durch-
sicht der staubigen Papiere bereitwilligst beistand, sei hiemit
bestens gedankt. Feldkirchen besitzt fast gar nichts mehr
von seinen älteren Urkunden ausser einigen wenigen Raths-
Bericht über Weisthümer- Forschungen. 217
und Gerichtsprotokollen von 1693 bis 1745 u. f., welche ge-
nügten, um auch für diese Gemeinde die Abhaltung allgemeiner
Versammlungen am St. Katharinen- und St. Stephanstage zu
constatiren, iu welchem unter anderen so wie anderwärts,
gemeine Beschwerden vorgetragen wurden. Diese waren aber,
abgesehen von der öfter wiederkehrenden Klage , dass der
Schauer viel Schaden gethan habe, weil der Messner nach-
lässig mit dem Wetterläuten war, stets verschieden und bieten
nichts Merkwürdiges. In Villach frug ich im Schlosse und
Gemeindeamt vergebens nach Archivalien ^ ebenso auch in den
benachbarten Gemeinden Landskron- Seebach und St. Martin.
Die Gemeinde Paternion besitzt noch etliche ältere Pro-
tokolle von 1678 an, mit den gewöhnlichen Vermerken über
Gemeindeversammlungen , das Steueramt daselbst angeblich
keine ältei'en Schriften. Im ehemaligen Archive der Herrschaft
Paternion befand sich einst laut eines Verzeichnisses vom Jahre
1711 eine Töpplitscher Dorfordnung, eine Töpplitscher
Wald- und Reutordnung, eine ,Holzgehack- und Bluembesuech-
ordnung' der Kameringer Nachbarschaft, Landgerichtsproto-
kolle von 1630 und Anderes. Die Durchsicht der hier noch
vorhandenen Urbarien von Paternion vom Jahre 1629 und
1713 und des Burgfrieds Kellerberg vom Jahre 1778 ergab
nichts für die Weisthümersammlung. Die Gemeinde Nikols-
dorf hat keine älteren Schriften. In der Gemeindekanzlei zu
Spital sah ich Rathsprotokolle vom Jahre 1648 an, laut welcher
die Richterwahl, Aemterbesetzung (worunter auch die der Rott-
männer) u. s. w. zu Petri Stuhlfeier stattfand. An anderen
älteren Schriften, ausser einigen Privilegien , fehlt es da fast
ganz. Das Schlossarchiv war leider wegen Abwesenheit des
Güterdirectors unzugänglich, soll übrigens nach dessen Bericht,
ausser mehreren Urbarien, keine historisch interessanten Schriften
der von mir gesuchten Art enthalten, da dasselbe auf Veran-
lassung des historischen Vereins für Kärnthen schon einmal
,untersucht', d. h. vermuthlich ausgemustert worden ist. In den
Urbarien dürfte nach meinen bisherigen P_]rfahrungen kaum
ein Banntaiding vorkommen. Die Gemeinde Gmünd besitzt
noch verhältnissmässig viele und zum Theile recht beachtens-
werthe Archivalien, deren sich Herr Gemeinderath Rudiferia
mit anerkennenswerther Sorgfalt annimmt. Die Privilegien und
218 Bisch off.
die ältesten wichtigeren Bücher, Acten u. s. w. werden in der
Kanzlei, die anderen, bisher noch nicht geordneten, zum Theil
in Säcke verpackten, in einem andern Zimmer, wo auch noch
die Stange mit der Freiung und andere Utensilien der Ge-
meinde vorhanden sind, aufbewahrt. Mit freundlichster Be-
willigung des Herrn Bürgermeisters nahm ich mehrere Stücke
mit mir, worunter das Privilegium des Erzbischofs Ortolf von
Salzburg vom Eritag nach St. Michael 1346 mit den alther-
gebrachten Rechten der Stadt, ferner ein altes Stadtbuch,
worin unter Anderem ein bei den Gemeindeversammlungen
noch im 16. Jahrhunderte verlesenes Statut oder Weisthum
des Stadtrechts vom Jahre 1423 eingetragen ist. Den Proto-
kollbüchern, welche bis gegen den Anfang des 17. Jahrhunderts
hinaufreichen, und einer Aufzeichnung über die altherkömm-
lichen Stadtgebräuche aus dem 17. Jahrhundert (c. 1638) ent-
nahm ich betreffs der Gemeindeversammlungen , anderwärts
Banntaiding genannt. Folgendes. Nachdem am Neujahrstag
Nachmittag in einer Versammlung des Magistrates der Bürger-
meister gewählt, die Bürgermeisterrechnang vorgelegt, ein Tag
zur Justificirung derselben bestimmt, die Stadtwächter, Uhr-
richter, Brunuenmeister bestellt, die Vesper in der Kirche
gehört, dem neugewählten Bürgermeister das feierliche Geleite
in seine Behausung gegeben , daselbst Glückwünsche darge-
bracht und der von ihm dem Magistrate vorgesetzte Trunk
verzehrt worden, versammelte sich am Freitag nach Neujahr
die ganze Gemeinde zu früher Tageszeit, der Stadtschreiber
verlas das Bürgerregister und stellte den neugewählten Bürger-
meister mit der Ermahnung der Bürgerschaft zum Gehorsam
gegen denselben vor. Hierauf erfolgte früher die Verlesung
des oben erwähnten Weisthums , später die einer herrschaft-
lichen Instruction, welche zunächst die Wiederherstellung des
wahren katholischen Glaubens bezweckte, sodann die Verlesung
der Bürgermeisterrechuung, weiter die etwa nöthige Ergänzung
oder Verkehrung des Rathes, dann der Vortrag der gemeinen
Beschwerden, abermals Verlesung des Bürgerregisters und Er-
kenntniss der Strafen für die ohne Entschuldigung Ausgeblie-
benen, Verhandlung und Erledigung der Gemeindebeschwerden,
Verlass der Thorschlüssel und Verordnung der Brod-, Wein-,
Bier-, Meth-, Fleischschätzer, Viertel- und Auenmeister, und
Bericht über Weisthümer-Forschungen. 219
endlich Bescheidung etwa vorgelegter Gesuche um das Bürger-
recht. Eine andere Gemeindevei-sammlung fand am Freitag
nach Georgi statt. Spätestens um fünf Uhr Morgens begann
sie mit Ablesung des Bürgerregisters, worauf der bisherige
Stadtrichter auf sein Amt resignirt und die Danksagung des
Magistrats aus dem Munde des Stadtschreibers entgegennimmt.
Hierauf wurde die erwähnte herrschaftliche Instruction verlesen
und sodann zur Wahl eines neuen Stadti'ichters geschritten,
indem seit 1631 ein Wähler nach dem andern in die Raths-
stube berufen wurde und da dem Bürgermeister und einem
herrschaftlichen Commissär den Namen des Erwählten angab,
wähi'end früher die Wahl öffentlich war. Hierauf wurde der
in der Rathsstube versammelten Bürgerschaft das Wahlergebniss
verkündiget, dieselbe zum Gehorsam ermahnt, dem neuge-
wählten Stadtrichter das Richteramt nach seinem besten Ver-
mögen und Verstand zu verwalten anempfohlen, und von seinem
Vorgänger unter Uebergabe des Schlüssels zum Stadtsiegel
und des Gehorsamsschlüssels die gewöhnliche Session ein-
geräumt. Sodann konnten gemeine Beschwerden vorgebracht
und erledigt, Willküren beschlossen werden. Nachmittag fand
die Besichtigung und Berichtigung der Gemeindegrenzen statt,
nach deren Beendigung jeder Bürger beim Bürgermeister eine
Maass Wein und ein Kreuzerbrot verzehren durfte, während
den Rathsherren drei Speisen vorgesetzt wurden. Nachdem auch
diess vollbracht, gab man dem neuen Stadtrichter ,über den
Platz öffentlich mit Spielleuten und Musikanten, die das sur-
rexit Christi singen^ das Geleite in seine Wohnung. Auch in
dieser Versammlung konnten gemeine und private Beschwerden
vorgebracht werden, sie sind sich aber in Gmünd nicht so gleich
geblieben, wie an einigen andern Orten. — Jenem alten Be-
richt über städtische Rechtsübung ist weiter auch die Abhaltung
mehrerer Stifttage zu entnehmen, namentlich der Kirchenstift,
am St. Johannstag in den Weihnachten, der Bruderschaftstift
am Donnerstag nach Dreikönig, der Spitalstift am St. Thomas-
tage, wobei die Erschienenen mit Wein und Speisen, die
, Herrn' bei der Spitalstift sogar mit einer ,pratwuerst' bewirthet
wurden. Stiftartikel haben sich nicht gefunden. — Ausser dem
Gemeindearchive lernte ich in Gmünd noch das gräflich
Lodron'sche Schlossarchiv kennen , das reichste und bestge-
220 Bischoff.
ordnete von allen mir bekannt gewordenen weltlichen Privat-
archiven in Kärnthen. Mit Hilfe der vorhandenen Repertorien
und der dankenswerthesten Unterstützung seitens des Herrn
Güterdirectors Kofier gelang es mir in verhältnissmässig sehr
kurzer Zeit mich über den grössten Theil des Vorhandenen zu
Orientiren und einige für die Weisthümersammlung meines
Eirachtens brauchbare Stücke auszuheben. So fand ich da in
den Urbarien der Herrschaft Gmündt aus den Jahren 1579,
1588 und 1611 unter der Ueberschrift : Voigt das Confin-Libell,
den Anfang eines alten Banntaidings , nämlich die bekannten
Fragen über die rechte Zeit u. s. w. und hierauf die Beschrei-
bung der Gerichtsgrenzen, leider aber nicht auch die weiteren
Artikel, welche einst zweifellos jenem Anfange folgten. Auch
fand ich mehrere unten verzeichnete Alpenbriefe und Ordnungen
die den betreffenden Gemeinden oder Nachbarschaften bei
ihren jährlichen Versammlungen, den sogenannten Landtagen,
ausgefertigt und immer wieder vorgehalten wurden, wo auch
verschiedene die Alpe betreffende Angelegenheiten verhandelt,
die Almmeister gewählt oder bestätigt, die Halter aufgenommen
wurden u. s. w. Weiter fand ich hier mehrere Forst- und
Waldordnungen aus dem 17. und 18. Jahrhunderte und Pro-
clamationen oder sogenannte Waldordnungspunkta aus den
Jahren 1640, 1700 und 1750, welche den sämmtlichen Unter-
thanen in den Herrschaften Gmünd und Sommeregg zu ver-
kündigen waren, und bei dem Mangel eines Banntaidings —
die anscheinend verlässlichen Repertorien nennen keines —
willkommene Surrogate eines solchen sind. Uebrigens enthält
das Archiv auch noch eine grosse Anzahl von Gerichtspro-
tokollen, deren Inhalt die Repertorien nicht näher bezeichnen
und deren ich nur einige wenige durchsehen konnte, so dass
möglicherweise noch Manches für die Weisthümersammlung da
gefunden werden könnte.
In Sachsenburg sah ich einige meist belanglose Reste
des ehemaligen Herrschaftsarchivs im Privatbesitz, in welchen
sie als Maculatur gelangt sind, darunter einige Aufzeichnungen
über abgehaltene Stifttage, aber keine Stiftartikel ; ferner ein
Grundbuch der Herrschaft Sachsenburg -Feldsperg aus dem
17. Jahrhunderte (c. 1660), und darin eine Beschreibung des
Gerichtes, deren zwölfter Artikel berichtet, dass in disem
Bericht über Weisthümer-Porschungen. '2'2\.
gericht, nachdeme das nicht gross ist, auch nicht raer dann
ein gesessener pauer darinen, kein ehehaft- oder pantaiding
gehalten wierdet. Das Pflegeamt sammt dem Markte Sachsen-
burg hatte nur die niedere Gerichtsbarkeit und gehörte in das
Landgericht Falkenstein. Die Gemeinde Sachsenburg hat, laut
Aussage des Gemeindebeamten , keine älteren Schriften. Der
beabsichtigte Besuch von Obervellach unterblieb, weil ich all-
zulange auf eine Fahrgelegenheit hätte warten müssen. Auf
wiederholte schriftliche Anfragen beim Gemeindeamte erhielt
ich keine Antwort. Erfolglos blieb mein Besuch von Greifen-
burff, obwohl im Schlosse noch ein mit Schriften aus
dem 18. und 19. Jahrhunderte ziemlich vollgefüllter Schrank
und bei einem früheren Gemeindevorstande einige Privilegien
eingesehen wurden. In Oberdrauburg war gar nichts mehr
von den ehemaligen Herrschaftsarchivalien zu finden. Beim
Gemeindevorstande sah ich einige Privilegien, deren eines die
Richter- und Rathswahl zu Georgi, wie anderwärts, gewährte.
Das Möllthal habe ich nicht besucht, weil auf meine vielen
dahin gerichteten Briefe gar keine Antwort an mich gelangt
war und nach der meines Erachtens glaubwürdigen mündlichen
Versicherung des Herrn Gerichtsadjuncten v. Aichenegg, Be-
sitzers von Winklern, dort für die Weisthümersammlung etwas
zu finden, keine Aussicht vorhanden sei. Nur sehr flüchtig habe
ich, von der Zeit gedrängt, das Gailthal durchforscht. In
Kötschach sah ich nuv ein älteres aber banntaidingloses Urbar
in Privatbesitz, beim Gemeindevorstande gar nichts. Beim Ge-
meindeamte Mauthen sollen nach brieflicher Mittheilung einige
alte Schriften vorhanden sein. Da ich aber auf meine genauer
gestellte Anfrage keine nähere Bezeichnung der vorhandenen
Schriften erhielt und verhilltnissmässiff viel Zeit gebraucht
hätte, um in Mauthen selbst nachzusehen, unterblieb diess. In
Hermagor erlangte ich durch die Vermittlung des Herrn
Bezirkshauptmannes daselbst, für welche ich hier bestens danke,
die im Jahre 1735 confirmirten Marktprivilegien und Markt-
artikel vom Jahre 1562 zur Abschrift. In Tarvis sah ich
Rathsprotokolle vom Jahre 1590, in Malborghet von 1(318
an, welche die Abhaltung allgemeiner Versammlungen behufs
der Richterwahl, wie sie anderwärts stattfanden, bezeugen, aber
nichts für' die Weisthümersammlung boten. Ganz erfolglos
222 Bischoff.
waren meine Anfragen in den Gemeinden Ug-gowitz, Raibl,
Saifnitz und beim Herrn Dechant im zuletzt genannten Orte.
Vom ehemaligen Archiv der Herrschaft Tarvis befindet sich
noch ein grosser und theilweise beachtenswerther Rest auf dem
Dachboden des Hauses , in welchem sich die Gutsverwaltung
befindet, es ist aber mehrstündigem Herumsuchen in dem
ungeordneten Haufen nicht gelungen , etwas für die Weis-
thümersammlung zu finden.
Auf dem Wege nach Klagenfurt, wohin ich mich schliess-
lich wendete, frug ich in Rossegg bei dem Kaufmanne Zimmer-
mann nach Archivalien , da ich erfahren hatte , dass er viele
Centner beschriebenen Papiers aus dem Wernberger Archive
käuflich an sich gebi-acht hätte. Ich sah aber bei ihm nur
mehr wenig von seiner Errungenschaft, indem das Uebrige
inzwischen von ihm dem historischen Vereine für Kärnthen
überlassen worden war. Gegenüber dem Vandalismus anderer
Maculaturkäufer verdient Zimmermann's Handlungsweise Aner-
kennung. Die Gemeinde Rossegg soll nichts von älteren
Schriften besitzen. Vom Schlossarchive befinden sich grosse
Massen gänzlich ungeordnet und verwahrlost unter dem Dache
und wurden von mir vergebens durchsucht. Ebenso wenig fand
sich etwas für mich in Velden.
Schon im April 1877 war ich nach Klagenfurt gereist,
um dort nach Weisthümern zu suchen, aber eine bösartige
Erkältung^ die ich mir da zuzog, zwang mich bald meine kaum
begonnene Arbeit auf spätere Zeit zu verschieben. Mit gütigster
Erlaubniss des Herrn Fürstbischofs von Gurk und gefälligster
Beihilfe seines Herrn Secretärs untersuchte ich das nicht
grosse, nunmehr geordnete und recht gut situirte bischöfliche
Archiv, leider auch ohne ein eigentliches Banntaiding zu finden,
aber doch nicht ganz erfolglos. In dem Urbarium der Herr-
schaft Strassburg vom Jahre 1553 fand sich eine Aidinger
Forstordnung vom Jahre 1538, aus einem Dürrensteiner
Urbarium copirte ich ein Weisthum über die zur Herrschaft
gehörigen Rechte aus dem 16. Jahrhunderte. Der Codex
Nr. 290 enthält unter Andern Aufzeichnungen über Stifttage,
welche vom bischöflichen Hauptmanne in den Jahren 1512
und 1513 zu Weitenstein, St. Georgen, Peilenstein, Windisch-
laudsberg, Wisell und Nassenfass abgehalten wurden. Dem
Bericht üter Weiethümer-Forschungen. 223
Strassburger Urbar vom Jahre 1553 entnahm ich auch nach-
stehende nach der Mauthordnung des Marktes Grades ein-
getragene Bemerkung: Das landtgericht tregt ungeleich und
man kann nit eigentlich wissen , wie vill es tregt. Man helt
auch die panthäding all vier wochen nach s. Michels tag biss
auf s. Jörgen tag. Wer sich von dem lantrichter beschwärt
vermaint, der khumbt vor die pantäding, und was die sitzer in
der pantäding aussprechen^ dabei lesst es der pfleger und
lanndtrichter peleiben, und dieselben wenndl lest man aim
landtrichter. Eine neuere Copie der Confirmation des Strass-
burger Stadtrechtes vom Jahre 1604 nahm ich zur Abschrift mit.
Ueber das Archiv des historischen Vereins für
Kärnthen suchte ich mich zuvörderst dadurch zu orientiren,
dass ich das Verzeichniss der Manuscripte, die Urkunden-
regesten , die aber nur bis ins 15. Jahrhundert giengen und
ein Verzeichniss der von der Finanzlandesdirection in Graz
abgelieferten Schriften durchgesehen habe. Auch den hier be-
findlichen schon früher erwähnten Wolfsberger Archivskatalog
habe ich durchgelesen und dadurch die Ueberzeugung ge-
wonnen, dass ich bei Durchforschung jenes Archivs nichts
Beachtenswerthes übersehen habe. Ein sehr beträchtlicher Theil
des Archives des historischen Vereins war aber noch nicht
katalogisirt , namentlich eine sehr bedeutende Quantität von
Handschriften , Acten und Urkunden , welche aus dem Mill-
städter, Maria-Saaler, Viktringer, Wolfsberger und anderen
Archiven hieher kamen, und worunter sich gerade am meisten
für meine Zwecke vorfand, im Ganzen freilich auch nur wenig.
Unter den bereits signirten Urbarien enthält ein unzweifelhaft
aus dem Stifte St. Paul stammendes Urbarium der Herrschaft
Unterdrauburg, beiläufig aus dem Jahre 1(328 Artikel für
den Pfleger, welche in Ermanglung eines Banntaidings in die
Weisthümersammlung aufzunehmen zweckmässig sein dürfte.
Alle weiteren Jirrungenschaften rühren aus dem noch ungeord-
neten Theile des Archives her, dessen Durchsicht mir mit
ehrendem Vertrauen gestattet wurde, wofür ich, wie für die
vielfache Förderung meiner Bemühungen, namentlich dem um
das Archiv des historischen Vereins für Kärnthen so sehr
verdienten Herrn k. k. Notar Josef Fresacher, Ausschuss-
mitglied des genannten V^ereines, und dem in Gefälligkeits-
224 Bischoff.
bezeigungen unermüdlichen , allen Freunden kärthnerischer
Geschichte längst bekannten Herrn Vereinssocretär R. v. Gallen-
stein, meinen tiefgefühlten Dank hier ausspreche. Der werth-
vollste Fund aus diesem Archivsbestandtheile war der des
Banntaidingsbuchs von Millstadt vom Jahre 1593 in zwei
Handschriften, welche ausser dem Millstädter Banntaiding,
einer Polizeiordnung und verschiedenen bei den Banntaidingen
verlesenen herrschaftlichen Normen auch mehrere Banntaidinsrs-
Protokolle enthalten , denen ich die folgenden Mittheilungen
entnehme. Das älteste Pi'otokoll ist das über das Banntaiding
vom 10. Juni 1593. Laut dessen wurde zunächst auf Anfrage
des ganzen Ringes von diesem mit einhelligem Urtheile zu
Recht erkannt, dass das Banntaidingbuch, wie von Alter her-
kömmlich , seinem ganzen Inhalte nach vorgelesen werden
sollte. Sodann wurde ebenfalls einhellig erkannt, dass solich
pantaidingbuech mit allen demselben inhalt und articln , wie
sy nachlengs verlesen worden sein, vesst und statt zu halten,
auch menniglich dabey gehandthabt werde. Hiernach wurden
Klagen und Beschwerden verhandelt und endlich die Schwend-
meister, Gras-, Wald-, Jäger und Rottenmeister der verschie-
denen Nachbarschaften bestellt. Das nächstfolgende Banntai-
dingprotokoU vom 22. Mai 1597 enthält Beschwerdeverhandluugen
und Aemterbesetzungen. Hierauf folgt die Confinbeschreibung
eine ziemlich weitläufige Polizeiordnung, ferner mehrere am
9. Juni 1608 verlesene Artikel und wieder Aemterbesetzung;
dann mehrmals nur Aemterbesetzungen bis erst am 3. Juni 1622
ein Verzeichniss .etlicher Handlungen^ Aus dem Jahre 1625
findet sich folgender beachtenswerthe Eintrag. Wie von alter
herkhomen ist die pauthäding bei dem hofgericht Mülstat den
vierten Augusti a. 1625 gehaldten worden und volgunde er-
setzung beschechen. Erstlich werden die ambtleit befragt, ob
alle urbars und gerichtsunterthonen gegenwiertig sein.
Zum andern wierdt das gericht nach Ordnung der gemain
beseczt. (Der Ring bestand aus 6 Bürgern und 22 Personen
aus 24 Aeratern, beziehungsweise Nachbarschaften.)
Zum driten ist die frag, wie in alten pandäding puech
zu sechen.
Zum vierten werden die confinen und paudäding verlesen.
Zum fünften werden die ämter erseczt.
Bericht über Weisthüraer-Forsrhtingen. ?25
Zum sechsten wierdt ausgerueffen , es solle ein yeder
richter und ambtman seine unterthonen absonderlich fürstellen,
damit sie in klagen untereinander nit vermischt werden , und
wierdt die Ordnung gehalten, dass die burgerschaft im ftiarkht
mit ihren adherenten zum ersten, ziun andern das hofainbt,
dritens Twengerambt und lestens das Puecherambt fürstele.
(Nach Twengerambt ist später hinzugesetzt: Kirchamber. Oss-
walder, Reichenauer.)
Zum sibenden werden die clag und antwort verhört.
Am 19. August 1G25 wurde ein Banntaiding im Land-
gericht Reichenau zu Kirchheim gehalten, im Jahre 162(J am
21. Juni im Hofgericht Millstatt. Dann sind noch eingetragen
ein Millstätter Banntaiding vom 28. Mai IGoT, vom 7. Juli
1639, 14. Juli 1642, 17. Juli 1645, 13. Juli 1648, 18. Juli 1651,
23. August 1675; auffallend ist, dass seit 1639 keine Klagen
mehr protokollirt sind, somit die ganze Tagesordnung nur in
Verlesung der Unterthanen, Besetzung des Ringes, Ersetzung
der Aemter bestanden zu haben scheint. Endlich findet sich
da noch der nachstehende Vermerk: Im Januario 1671 ist
allen dess fürstl. stttfFts Müllstatt unterthanen nach vollendter
stüfft die Polliceyordnung (ohne haltung ordenlicher pau thai-
dung) in der canczlei vorgelassen worden, und im verflossnen
1670isten Jahr, nach verlessung ihrer gründt und gerechtig-
kheiten, hernachvolgende ambter erseczung beschechen. Folgen
die Namen der Waldmeister und Anderes. Die Hälfte des
Buches ist unbeschrieben.
Ich erwähne ferner ein Viktringer Banntaidingsregister
aus den Jahren 1704 bis 1709, welches aber nur die Namen
der Unterthanen ,ehnhalb der Traa, so ain hiebler zwei,
ain kheischler aber drei pfening järlichen zu raichcn hat,
allain die purkhfridtmessigen zu verstehen^, und die Be-
stättigung der Entrichtung der Bannpfenninge enthält. An-
schliessend daran stehen Verzeichnisse über Ehrungen, welche
im Gannsdorfer Banntaiding am 24. Juni 1704 und 1706,
am 25. Juni 1707, 24. Juni 1708. 1709, 1710, am 22. Juni
1711, am 21. Juni 1712, 24. Juni 1713, 25. Juni 1714 und
1716, am 22. Juni 1717, 1718 und 1719 bezahlt worden sind.
Aus dem Viktringer Archive stammt gewiss auch eine vom
6. Juli 1696 datirte Eingabe des Hollenburger Landgerichts-
Sitznngsber. d. phil.-hist. Cl. LXXXIX. BJ. I. Hit. 15
22G Hisclioff.
pfle<]jers an den Landesliaubtinann, worin Einsprache dagegen
erhoben wird, dass sich das Kloster Viktring; ,ganz unbefueo-ter
weiss unterfanget panthädungen im hollenburger Landgericht
zu halten und jeden urbars holden, als ob dieselben alle dahin
gerichtmessig wei'en, darzue zu erfordern', und eine ähnliche
Eingabe vom 2. Juni 1758, betreffend die Anniassung eines
Banntaidingsrechtes seitens des Klosters Viktring gegen einen
hollenburger Unterthan zu Toppeisdorf.
In einem im Jahre 1704 geschriebenen Repertorium der
bei der Herrschaft Stall vorhanden gewesenen Schriften fand
ich verzeichnet ain landtdatingbieclil der h. Stall durch herrn
Balthasar von Kionburg im j. 1577 beschrieben, und im Urbar
von Peternell und Wartenstein steht bezüglich auf Peter-
nell: es sein auch nit panthädingpuech vorhanden oder etwo
bei diser zeit gedenkhen panthäding gehalten worden, wogegen
das Vorhandengewesensein eines Wartensteiner Banntaidings-
buches (Grimm, III, 710) aus einem Hinweis darauf bezüglich
des darin vermerkten Wartensteiner Burgfriedens ersichtlich ist.
— Diess meine ganze Ausbeute aus dem Archive des histori-
schen Vereines. Die da vorhandenen Abschriften der Villacher
und der Wolfsberger Stadtrechte sind für die Weisthümer-
sammlung kaum verwendbar, obwohl selbe in der allgemeinen
Bürgerversammlung vorzulesen waren.
Keinen Erfolg hatten meine Anfragen bei der Landes-
vertretung, beim Landesgerichte, bei der Rosenberg'schen
Güterdirection und bei der Landesregierung. Ob eine
genauere Durchsicht der älteren Schriften beim Landesgerichte
nicht doch manche brauchbare Urkunde oder beachtenswerthe
Notizen ergeben würde, muss ich dahingestellt sein lassen.
Von Kiagenfurt aus besuchte ich das Schloss Hollen-
burg, nachdem mir Herr Dr. v. Vest die Erlaubniss freund-
lichst ertheilt hatte, das dort befindliche Archiv zu durchsuchen.
Ich hatte dasselbe schon früher einmal , aber nicht in der
Absicht Banntaidinge zu finden, durchgesehen und damals
schon wahrgenomuKin, dass daselbst noch sehr viele Herr-
schaftsacten aus älterer Zeit vorhanden seien. Diesen wandte
ich mich bei meinem dermaligen Besuche zunächst zu. Sie
finden sich theils in den vierundzwanzig Laden links vom Ein-
Berielit über Weisthümer-Porschungen. 227
gcang, tlieils in Schränken und auf Tischen, g^änzlich uiioeordnet.
In andern vierundzwanzig Laden waren Urkunden ; jetzt ist
ein Theil diesep' Laden, Avorin sich Familienjjapiere befinden
sollen, amtlich versiegelt, weil die Herrschaft derzeit Gegenstand
eines Processes ist; mehrere der offenen Laden sind leer,
einige enthalten noch Urkunden und Urbarien. Meine Ausbeute
aus diesem Materiale beschränkt sich auf Nachstehendos. Im
Urbarium von Hollenburg vom Jahre 1524 steht hinter den
Zins- und Abgabenregister des Amtes Selkach: Vermergkt das
panteding zu Selkach an St. Philipp und Jacobtag, worauf
aber nur ein Verzeichniss derjenigen folgt, welche aus den zum
genannten Amte gehörigen Ortschaften Baunpfenninge und
andere Abgaben zu zahlen hatten, nebst der Bezeichnung dieser
Abgaben. Weiter Vermergkt die panteding zu Kötmansdorf
am St. Jorigentag herdisshalben der Traa, folgt wieder das
betreffende Register der Banntaidingspfliciitigen und ihrer
schuldigen Abgaben .... Vermergkt das panteding zu Golt-
schach an St. Augustinstage, folgt das Register und so weiter:
Vermergkt das panteding an der Matschach, ohne Zeitangabe . .
Vermergkt das panteding zu Kursennteur . . . Vermergkt das
panteding zu St. Margreten .... Vermergkt das pant. zu
St. Thomas im hollenburger gericht wievill man diennt allerbeg
recht panphenning, habern, kas, hüner und ayer .... Einen
HoUenburgerUrbardes 17. Jahrhunderts entnahm ich Folgendes:
Pan und acht. Man soll ia der herrschaft Hollenburg alle jähr
fünffniahl pannthaidung halten, darzue dan die pauern zu Unter-
haltung der pannthaidung den pannpfenig und anders, wie vor
gebreichig, geben und bezahlen miessen. In der vom Grafen
Sigmund Helfi-ied v. Dietrichsteim am 1. Mai 1(370 für den
Hullenburger Landrichter ausgestellten Instruction steht: Er
lanndtrichter solle auch fünfftens zu den alt gewehnlichen
Zeiten, taigen und orthen das gerichts pantliaidung recht an-
stellen , öffentlichen an canzl verkhindten lassen , damit die
benachbarten dorffleüth an bestimbtes orth zusamen khomen
und ihro etwo habende bcschwerdten fürbringen megen, und
was alda fürkhombt oder durch wembe es fürgebracht werde,
fleissig und embsig mit allen umbstendten in das prothocoU
eintragen und alle hierbey erscheinende partheyen mit tauft'-
und zuenamben, wo oder wembe sie undterthenig oder ange-
15*
228 Risclinff.
hörig fleissig- einschreiben, auf dass sodann von meinem pfleger
nach vernembener Sachen (wie er dan für sich selbsten nichte
zu verbescheiden haben solte) in saclien urtl und reclit ieden
erthailt werden klian, bey welcher jezo gedachter gerichts
panthaidung er hxnndtrichter die nach alt herkhoraben zu raichen
gebende pfennig und gaben, verenderungs einschreibtax uunach-
leslich solle einlangen, niemandten aber mit mindister mehrerer
anlegung oder neueruug beschweren. Ein im Wesentlichen
mit dieser übereinstimmender Artikel steht auch in der Land-
richters-Instruction vom 1. Mai 1699. Ich nenne noch mehrere
da vorgefundene Bruchstücke von Banntaidingsprotokolleu aus
den .Jahren 1679 bis 1694, die Banntaidinge zu Köttmanusdorf,
Zeltschach und andere betreffend, und ein Banntaidingsregister
von Niederdörfel bei St. Thomas aus den .Jahren 1625 bis
1635, wonach das Banntaiding an diesem Orte gewöhnlich um
den 6. Jänner stattgefunden hat. Hollenburger Banntaidings-
artikel waren leider nicht zu entdecken.
Schliesslich erübrigt mir nocli die Mittheilung, dass Herr
Professor Dr. Rockiuger auf meine Anfrage mii' gefälligst
bekannt gab, dass er weder im k. bairischen Staatsarchive,
noch in dem, gleich jenem, seiner Leitung untergebenen ge-
heimen Hausarchive zu München, auf etwas für meine
Zwecke Geeignetes gestossen sei. Auch die im k. bair. allgem.
Reichsarchive von Herrn Professor Dr. v. Inama-Sterneg an-
gestellten Nachforschungen nach steiermärkischen Weisthümern
waren ohne Erfolg.
Im Nachstehenden sind die Handschriften welche für die
Weisthümersammlung brauchbare Stücke enthalten, und zu-
gleich diese Stücke näher bezeichnet.
Aiding (oder vielleicht Liding).
Ordnung der forsten im Ayding gemacht am 28. Augusti
a. 1538.
10 Artikel, im Urbarium von Strassburg, im bischöfl.
Gurker Archiv zu Klagenfurt.
Dum stein.
Hie ist vermerkht, wie vor die elltisten gedenkhen der
rechten, die da gehprent zu der her.schaft Dierustayu und als
Bericht über Weisthümer-Forschungen. 229
wjer von unsern vorvordern und elltern gehört haben, wie die
rechten von allter herkhomen sein. 14 Absätze. Der letzte :
Auch wann des von Ardinbui'k richter ain rieht, das da beruert
den dot . . .
In einem Urbar von Dürnstein, 16. Jahrh., im bischöfl.
Gurker Archive.
Ebenwald.
Alpenbrief am Ebenwald a. 1612 und 1636 für die Nach-
barschaften zu Rennweg, St. Georgen, Frankenberg und Erzberg.
Original, 12 Bl. Folio, im gräflich Lodron'schen Archive
zu Gmünd.
Gmünd.
a) Confin-Libell. Vermerkt die landsrechten, als man
fragt in dem landtäding, und was man auf ire frag erthaillet
auf den ayd.
12 Abschnitte in den Urbarien von Gmünd vom Jahre 1579
und 1611 u. a. Im steierm. I^andesarchive und im gräfl.
Lodron'schen Archive zu Gmünd.
b) Waldordnungspuncta von Ernst M. Grafen zu Lodron
u. s. w. vom Jahre 1640.
12 Artikel abschriftlich a. a. O. zu Gmünd. 2 Bl. Folio.
c) Proclamatscopia über die in der herrschaft Gmünd und
Sommeregg instituirte forst- und waldordnung, d. d. Insprugg
18. Juni 1700.
16 Art. 4 Bl. fol. a. a. O.
d) Waldungspatent vom 26. Juni 1750.
6 Art. Original, 3 Bl. fol. a. a. O.
e) Hie ist vermerkcht wie dv purger reich und arm der
stat zu Gmunden erfunden habend auf ir aid an S. Erhartz
abend, do man dy purgermeister gesetzt hat, anno im (14)23.
Item von ersten, welicher der war, der dem andern hochew
verpotnew wort geit ....
Letzter (18.) Artikel: Item aber ist erfunden, das man
dy swein, dy zu ringeln sind, ringeln soll . . .
230
Bischoff.
Auf Blatt 06 und 37 de« .Stadtbuches von Gmünd aus
dem li"). Jaliili. Papier, Ibl. Holzband mit messingenen Buckeln
im Stadtarchiv zu Gmünd.
f) Herrschaftliche Instruction aus der zweiten Hälfte des
17. Jahrh. ftir die Bürger zu Gmünd, laut des letzten Artikels
in der Gemeindeversammlung jährlich zweimal zu verlesen.
Papier, fol. 8 Bl, a. a. O.
Gurk. .
Verzaichnüs zu der richtcrwal zu vci'melden vom J. 1579.
Der hochwürdig . . . herr Carl tluimbprobst . . zu Gurkh
. . gebietten und wollen
das erstlicli ftir alle ding ein gleichformigkheit in der
religion u. s. w.
Letzter (16.) Artikel: Ernsllich aufzuladen, damit guete
policey, zucht, erbarer waudl u. s. w,
2 Bl. Papier, fol. ad Lad. 52, Fase. 5, Nr. 10, im Capitels-
archive zu Gurk.
Laiding.
Hannsen Khindspergers ambtmans zu St. Margarethen
in namen der ganzen naehbarschaft am Laiding wegen auf-
richtung aines gefertigten gemainbriefs in der Hartmanin da-
selbst gehorsames anbringen, präs. 16. Juli 1607.
Enthält den P]utwurf des Gemeinbriefes in 6 Artikeln.
o Bl. Papier, im Schlossarchive zu Wolfsberg, Fase. 9,
Nr. 664.
Lanisch.
Gründliche und originalische abschrift des alben briefs
der Lanisch genaudt. Anno 1550, eonlirmirt IG06.
2 Bl. Pap. fol. im gräfl. Lodron'schen Archiv zu Gmünd.
Lasern.
Alpenbrief der Lasern in Rauchcnkhätscher Landtgericht.
Anno 1635.
Abschrifi im Sehlossarcliivc zu Gmünd.
Bericht iiher Weisthümer-Forschnngen. 231
Millstatt.
a) Pautaidingbuccli, darinnen die pautaiding- iärlich ein-
geschrieben worden. Angetangen de anno 1593.
Inneres Titelblatt: Vermerckht etlich melduug, so von
alter löbl. gewonhait und gerechtigkait iärlieh in geujainen
pautaiding auf heut, zu guet den armen als den reichen^ von
gemaines nucz wegen mit sambt andern freihalten des gotshauss
hie zu Müllstatt sollen verkhündt werden. 1593.
Am untern Rande : Das ubergulte pautädiug pucch, auss
welchen man pflegt das pautäding zu verlesen, ist in der schacz-
kammcr zu linden.
Hierauf das Banntaiding in 35 rubricirten Artikeln, auf
16 Seiten. Der letzte Satz : Auch nach obgedachter alter ge-
wonhait soll mau auf heut seczen und ordnen weegraumer
und schwendmaister in allen nachperschaften auf künftiges iar.
Dann folgen BanntaidingsprotokoUe bis S. 48 und danach
S. 49 bis 55 Conlinbeschreibungen aus dem Jahre 1599. S. 56
bis 79: Was für ain Ordnung und poUizey bei dem marckht
zu Müllötatt und dem ganzen Mullstetterischen gericht gehalten
wierd. 47 Artikel.
S. 80 bis 99 Vcrzaichnus mehrer nottwendiger puncten
und articln, so den 9. Juni des 1608. iars, nach verlesenem
pautäding den anwesenden MilLstetterischen underthanen für-
zuhalten zur nachrichtung von uötten seiu. 12 Capitel. Das
letzte beginnt: Weil biss.hero in wenig zeit zum öfftermals
sich zuegetragen ...
S. 100 bis 125 Protokolle und hierauf bis S. 129: Be-
schreibung des willdpans pidmarchen und anraiuungen.
Sodann BanntaidingsprotokoUe bis zum Jahre 1671.
Papierhandschrift des historischen Vereins für Kärnthen,
in Pergament gebunden, noch nicht signirt, beiläutig 300 Bl.
fol, stark, wovon die zweite Hälfte unbeschrieben.
b) Papier band Schrift in Folio des historischen Vereins
füi- Kärnthen, in beschriebenes Pergament gebunden, noch nicht
signirt; am untern Rande der vorderen Einbanddecke: Des
stüfts Müllstatt landgericht, pollizey und ofticirer betreffent.
232 Bischoff.
Bl. 1 bis 7 unbeschrieben. Bl. 8 Von ersten fragt man einen
beisitz(!r am beseczten ring- also : Ich frag euch, obs auch sey
in dem iar u. s. w. Folgen Continbeschreibungen und die
Polizeiordnung wie oben in a); dann auf mehrere leere Blätter:
AUerlay meraorial, instruction und bstallung der Müllstetterischen
officirn und ambtleuth bis Blatt 57.
Bl. 58 bis 61 Etliche notwendige articl, so der gemaine
zu erhaltung gueter polliceyordnung und mannsszucht iui 1608.
(iar) 9. Juni fürgelössen und publiciert worden. Erstlichen
werden die wirth vermahnt ... 40 Artikel, nicht überein-
stimmend njit denen in a), aus demselben Jahre.
Bl. 62 bis 63 Volgen etliche puncten, so die burger im
marckht zu Müllestatt allain betreffen. Erstlich soll der viertel-
maister ... 6 Artikel.
Mehr als zwei Drittel des Buches unbeschrieben.
Pollheim.
Gemeinbrief der Nachbarschaft zu Pollheim vom 20. Mai
1586. 13 Artikel.
Orig. 4 Papier-Bl. fol. im Wolfsberger Schlossarchiv, Fase. 7.
Nr. 546.
Pressing borg.
Almmeisterordnung vom 12. Mai 1635.
Abschrift aus dem gräfl. Lodron'schen Archive zu Gmünd.
Salaberg.
a) Vermerckht die vier eehafften tating zue den her-
schafft gehn Salchenberg gehörig. 1523.
Dasz wierdt genant das pautadting. Erstlichen mues ain
iedter ambtmann ... 8 Artikel.
Hernach volgen die andern drei eehaften tadting, und
haissen die vogt täting ... 64 Artikel.
Papierhandschrift, fol. 11 Bl. im VVolfsbei-ger Schloss-
archiv, Fase. 2, Nr. 184.
b) Dasselbe in der mit obiger wohl ziemlich gleichzeitigen
Papierhandschrift am selben Orte, Fase. 23, Nr. 1596.
Bericht über Weisthümer-Forschungen, 2öo
St. Andrä.
Gerichtsprotokoll vom Freitage vor Georgi 1577, enthält
die pesch%vär articl der ganczen eysseresten gmain burger-
schaft. Erstlich, das man zwailich und phenwert sembl pachen
sol . . . 8 Artikel. Der letzte schliesst: das man khainem kain
frischling noch gaiss an der gmain zu halten nit gestatte bei
Vermeidung ernstlicher straff.
b) Das Gerichtsprotokoll vom Freitag vor Georgi 1578
enthält: die pesch^vär articl der innern und eissern gemainen
burgerschaft. 13 Artikel, theilweise übereinstimmend mit denen
vom Jahre 1577.
c) Gravamina a. 1665 vom 9. April ; 27 Artikel. Erst-
lichen dem prunmaister solle ehrnstlichen aufgetragen werden,
wegen der wasser, das die prunkhästen alle zeit mit wasser
versechen werden ... 2 Bl.
d) Gravamina auf das 1667 iste iar; vom 14. Aprill.
33 Artikel, grossentheils mit denen vom Jahre 1665 überein-
stimmend. 3 Bl.
e) Berueffung gemainer statt St. Andree khaiser- und
lanndtsfürstlichen freyung, so in festo s. Augustini nach alten
und bishero gehaltnem gebrauch und freihaiten beruefft wirdet.
a. 1623 fg. 8 Artikel. 1 Bl.
Sämmtliche Stücke im Gemeindearchiv zu St. Andrä.
St. Leonhard.
Ordnung in der sidlung mit den castenpauern zu halten.
14 Artikel. Vorher: Der unterthanen pflicht.
Aus dem ürbarium des Amtes St. Leonhard, 17. Jahr-
hundert, im Wolfsberger Schlossarchive.
St. Lorenzen.
Das Ürbarium vom Jahre 1622 enthält S. 11 bis 14 eine
Holzordnung vom 26. August 1593, Landgerichts- und Maletiz-
sachen, S. 23 bis 25; Markt- und Burgfriedsbeschreibung,
S. 26 bis 28; Erwählung des Richters und dessen Eid, S. 28
bis 31.
Im St. Pauler Stiftsarchive.
234 Bischoff.
St. Paul.
Urbaria aller und ieder guetter des gotshauss st. Paul in
Khärnten, renovirt und aufgericht durch herrn Hieronimum
abbt in jähr 1638, 5. April _, eine in Holzdeckel gebundene,
652 numerirte Seiten umfassende Papierhandschrift in Folio,
im Stiftsarchive, enthält unter Anderem:
a) S. 301 bis 303 Purckhfridt in marckht.
b) S. 309 bis 315 Der burger schuldigkhait und obligacion
gegen dem gottshaus st. Paul. Der frombe und gottselige
Stifter . . . Einleitung und 15 Artikel, bereits, nach einer an-
dern Handschrift copirt, im Besitze der Weisthümer-Com-
mission.
c) S. 324 bis 333 Wie ain marckhtrichter allhie iär-
lichen erwölt und von herrn prälathen contirmiert soll werden.
12 Artikel.
d) S. 334 bis 335 Richters im marckht aydt.
e) S. 335 bis 337 Ponthaiduug. Gedruckt im Archiv f.
vaterl. Gesch. Herausgegeben vom histor. Vereine f. Kärnthen
m. 9 fg.
f) S. 337 bis 340 Wie und was gestalt des gottshaus
St. Pauli hof- und markhrichter das ybl , so bey der burger-
schafft und im burckhfridt furyber gehet, zu straffen gericht
und gerecht administrieren sollen ; a. a. O. IV. 75 ig.
g) S. 340 bis 355 Wie die Maleficz personen sollen
eingezogen, examiniert, torquicrt etc. werden. Gedruckt a. a.
O. IV. 77 fg.
h) S. 357 bis 359 Fragstückh auf einen neuen angeenden
underthan.
i) S. 360 bis 366 Was ein neuen angennden unterthan
fürtzuhalten. 15 Aitikel. Hierauf: Information wegen der
unnderthonen gründt und poden.
k) S. 374 Sidlung und stifftung der underthanen. 2 Artikel
und S. 379 : Was den underthanen fürtzuhalten bey der Sied-
lung (vide supra bey verlassung der hueben), vermuthlich das
unter i) Angeführte.
Bericht über Weisthümer-Forschnngen. 235
1) Verzaichnuss was den 1. april g-egenweit. 1661isten
Jahrs bei der g-cwehnliclien panthädtung im iiiarckht der
burgerschat't vorgehalten worden. 14 Artikel und ähnlich vom
Jahre 1654.
Aus dem Protokoll und Anlaitlibell des cl. St. Paul, im
Stiftsarchive.
St. Thomas.
Gemeinbrief der Nachbarschaft St. Thomas vom 29. Juli
1609. 8 Artikel.
Orig'. 4 Bl. Papier, fol. aus dem Wolfsberger Schlossarchive.
Unter drauburg.
Zu vermerckhen was bey diser herrschaft allezeit woll
in acht zu nemen und ein ieder, der dieselbige zu verwalten,
fleissig observirn soll. Aus ihr fürstl. gnaden pischoven zu
Gurgg als verkhauffer gefertigten urbario heraussgezogen.
15 Artikel, in einem Urbarium der Herrschaft Unter-
drauburg aus dem 17. Jahrb., Papier, fol. Holzband, im Archive
des histor. Vereins für Kärnthen.
Weitensfeld.
Verzaichnusz etlicher articln, so den burgern zu Weit-
tenszfelt fürgehalten worden, 26. Aprilis a. 1582. 13 Artikel.
Aus dem Gurker Domcapitelarchiv, Lad. 52, Fase. 5,
Nr. 10. Pap. fol. 4 Bl.
Wie gering auch das durch die bisherigen Nachforschungen
der österreichischen Weisthümersammlung aus Kärnthen zu-
geführte Material erscheinen mag, so ist durch jene doch der
bis jetzt vermisstc Nachweis erbracht, dass wie in Steiermark
so auch in Kärnthen die Abhaltung von Banntaidingen bei
geistlichen und weltlichen Herrschaften , Stadt-, Markt- und
Landgemeinden, seit Jahrhunderten sehr allgemein verbreitet
war. Leider ist auch für Kärnthen wie für Steiermark höchst
23v) Bischoff. Bericht üljer Weisthnmer-Forschungen.
bedauernsAverth, dass der grösste Tlieil der älteren Archivalien
last sämmtlicher nicht jo-eistlichen Herrschaften, mitunter auch
dieser, unersetzbar verloren ist und dass, mit wenigen rühm-
lichen Ausnahmen , das noch Vorhandene gewöhnlich sehr
schlecht verwahrt wird. Darum ist sehr zu wünschen , dass
der historische Verein von Kärnthen es sich angelegen sein
lasse, zu erwerben und zu erhalten, was von Quellen und Denk-
malen der Geschichte Kärnthens noch zu erwerben und zu
einhalten möglich ist. Meines Erachtens dürfte diess dem
historischen Vereine weder viele Mühe noch grosse Kosten
verursachen und die demselben etwa fehlenden Geldmittel für
dieses eminent patriotische Unternehmen herbeischaffen zu helfen,
dürfte die Landesvertretung doch gewiss kein Bedenken tragen.
IV. SITZUNG VOM 30. JÄNNER 1878.
Herr Notar Dr. Franz Schranzhof er in Schwechat über-
sendet eine Abschrift des ßergtaidinos von Ebersdorf; ferner
sind an den Mitherausgeber der niederösterreichischen Weis-
thümer, Herrn Dr. Winter, Originalhandschriften eingelangt
von Baunigartenberg auf dem Tulnerfelde, eingesandt von Herrn
Professor Dr, G. E. Friess zu Seitenstetten; von Neusiedel
und Waidmannsfeld, eingesandt von dem Herrn Forstakademie-
director a. D. Johann Newald in Wien; von Windigsteig, ein-
gesandt und der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften zum
Geschenke gemacht von dem Herrn Notar Theod. Dobler zu
Waidhofen a. d. Thaya, endlich eine Abschrift des Taidings von
Triebensee, eingesandt von dem Herrn Canonicus und Dechanten
Dr. Anton K er seh bäum er.
Das w. M. Herr Dr. Pfizmaier legt eine für die Sitzungs-
berichte bestimmte Abhandlung: ,Die philosophischen Werke
Chinas in dem Zeitalter der Thang' vor.
Herr Dr. Stanislaus Smolka, Professor der österreichischen
Geschichte an der Universität Krakau sendet eine Abhandlung
ein, über: , Ferdinand des Ersten Bemühungen um die Krone von
Ungarn' mit dem Ersuchen um ihre Veröffentlichung in den
akademischen Schriften.
Herr Dr. Fr. M. JMayer, Pi-ivatdocent in Graz, übersendet:
,Die Correspondenzbücher des Bischofs Sixtus von Freising
(1474 bis 1495) I. Band' mit dem Ersuchen um ihre Aufnahme
in die Fontes rerum Austriacarum.
An Druckschriften wurden vorgelegt:
Acadeniie royale de Copenluigue: Oversigt over det koiigelig'e Daiiske Viden-
skaberncs Selskabs Forhnndliug'ar og dets Medlemniers Arbejder i Aaret
1877. Nr. 2. Kjöbenbavn. 8". — Meinoires. Det .qaakaldte Hogekors's
Anvendelse og Betydning i Oldtiden. Af Ludvig Müller. Kjöbenhavn,
1877; 40.
Ackerbau-Ministerium, k. k.: Statistisches Jalirbucli für 1876. IV. lieft.
Der Bergwerksbetrieb Oesterreiclis im Jahre 1870. 2. Lieferung-. Wien,
1877; 4".
Ribliotheque de l'EcoIe des Chartcs: Revue d'erudition. XXXVIIT'' Annee
1877; ße livraison. Paris, 1877; 8«.
Bold II, Roberto: Della Libertä od Kguaglianza dei Culti. Firenze, 1877; 8". —
Ragione e Fede nel motn aoci.ale. Firenze, 1878; 8".
Inatitunt, Koninklijk voor de Taal-, Land- cn Volkenkunde van ned. Indie.
Babad Tanah Djawi in Proza. Javaansche Geschiedenis loopende tot het
Jaar 1647 der Javaansche Jaartelling van J. J. Meinsma. Tweede Stuk:
Aanteskening-en. 'S Gravenhage, 1877; 8".
Institut National Genevois: Bulletin. Tome XXIL Geneve, 1877; 8".
Mittheilungen, arcliäologisch-epigraphische ans Oesterreich. Jahrgang T.
Heft 2. Wien, 1877; S«.
Museum, Moskauer, öffentliches und Rumanzow'sches: Bericht. 1873 — 1875-
Moskau, 1877; 8'\
— Daschkow-etnographisches : Katalog. Zugabe zum Musealbericht 1873 bis
1875. Moskau, 1877; 8".
Muzeum imienia Lubomirskich: Katalog. Lwow, 1877; 8*^.
— Katalog Broui. Lwow, 1876; 80.
— Rprawozdanie z czynnosci zakladu narodowego imienia Ossolinskich za
rok 1877. We Lwowie, 1878; 8".
— Dyaryusz Legacyi Jerzego Ossolinskiego posla polskiego na sejm rzeszy
niemieckiej w Ratyzbonie w rok 16.]6; widal Dr. Aleksander Hirsch erg.
We Lwowie, 1877; 80.
Programme der Gymnasien, Real- und Gewerbeschulen in: Bistritz, Brixen,
Böhmisch-Leipa, Brunn, Eger, Eulenberg, Fiunie, Hermannstadt, Leoben,
Leutschau, Marburg, Pressburg, Rovereto, Saaz, Schässburg, Trento,
Troppau, Uug.-Brod, Ung. -Hradisch. Wien: k. k. akademisches Gym-
nasium zu den Schotten, Josefstädter Obergymnasium, k. Ic. theresia-
ni.sehe Akademie, Leopoldstadt Oberrealschule, Margarethen Staats-
Unterrealschule, Wr.-Neustadt, und Hochschule für Bodencultur. 1877,
jRevue politique et litteraire' et ,Revue scientifique de la France et de
l'Etranger'. VIF Annee, 2^ Serie, N"'' 29 et 30. Paris, 1878; 4".
Scheffler, Hermann Dr.: Die Naturgesetze und ihr Zusammenhang mit
den Prinzipien der abstracten Wissenschaften. 1. und 2. Thcil. Leipzig,
1876/77; 8".
Society, the Royal geographica!: Proceedings. Vol. XXII. Nr. 1. London,
1878; 8".
Verein für Kunst und Alterthnm in Ulm und Oberschwaben. Correspondenz-
blatt. IL Jahrgang. Nr. 10, 11 und 12. Ulm, 1877; 4».
PfizmaiiT. Dil' philosopliijclien Werke Chiiia's in dem Zeitalter der Tlnng. '231
Die philosophischen Werke China's in dem Zeitalter
der Thang.
Von
Dr. A. Pfizmaier,
Tvirlcl. Mitgliedo der Ic. Alcademie der Wissenschaften.
in dieser Abhandlung bringt der Verfasser das mit Ueber-
setzung- und einigen Erklärungen versehene Verzeichniss der
in den Büchersammlungen der Kaiser der Thang vorhandenen,
grösstentheils durch neue Abschrift hergestellten, von- den da-
maligen Gelehrten in die Classe -^ ^^ tse-lni .Werke ein-
zelner Verfasser' eingereihten philosophischen Werke, unter
welchen, mit Ausschluss der fünf King und ähnlicher apocrypher
Bücher, die Schriften des Hauses der Gelehrten und des Hauses
des Weges (Taolehre), mit Einrechnung der Werke über
Buddhismus in die letzteren, verstanden werden.
Die verzeichneten Werke, 731 an der Zahl, sind mit
Ausnahme weniger, die jedoch hier mehrseitig ausgelegt oder
erörtert werden, bei uns gänzlich unbekannt. Ihre Anordnung
ist folgende:
1. Aus dem Hause der Gelehrten (^k ^ jü-Jcia) 127 Werke.
2. Aus dem Hause des Weges (^ ^ fao-kia) 119 Werke.
Hierzu die Unterabtheilungen :
a) Ueber göttliche Unsterbliche (jjjft "f^ schin-sien)
155 Werke.
b) Ueber das Geschlecht Schi-kia T^ ^ schl-schi)
181 Werke.
3. Aus den Häusern der Vorschrift (^ ^ fä-kia)
18 Werke.
4. Berühmte Häuser [i^ ^ ming-kia) 15 Werke.
5. Ueber das Haus Me-tse (^g ^ mc-kia) bloss 3 Werke.
Sitznngsber. d. pbil.-hist. Ol. LXXXIX. I!d. I. Htt. 18
238 Pfizmaier.
6. Aus schräg g-estellten Häusern (^ j^ ^ thsimg-
hung-Jcia) bloss 4 Werke.
7. Aus vermischten Häusern T^ ^ fsä-kia) 109 Werke.
Die in dem Buche der Thang- enthaltenen Zählungen der
gesammelten Werke stimmen gewöhnlich nicht mit den wirk-
lichen Verzeichnissen überein, wurden jedoch, da vielleicht
nicht sowohl Irrungen in der Zählung als andere Voraus-
setzungen zu Grunde liegen, in dieser Abhandlung an den be-
treffenden Stellen wiedergegeben. Um indessen die wahre
Anzahl mit Bestimmtheit ersichtlich zu machen, wurden in
dieser Abhandlung die Titel, für jede Abtheilung gesondert, mit
Ziffern bezeichnet und dabei sämmtliche aufgefundene Werke,
ohne ein einziges auszulassen, vollständig angeführt.
Das den Titeln öfters vorgesetzte ^ yen , ebenfalls' be-
deutet, dass das Werk von demselben Verfasser wie das vor-
hergehende ist, wodurch bisweilen ausgedrückt wird, dass auch
ein oder mehrere nachfolgende Werke, bei welchen kein Name
des Verfassers steht, obgleich dieses ^^ ?/ew nicht wiederholt
wird, noch demselben Verfasser angehören.
Werke des Hauses der Gelehrten.
1- § -f- « «
Yen-fse fscImn-thsie^K Der Frühling und Herbst Yen-tse's.
7 Bücher.
Yen-tse ist ^ ^- Yen-ying. Dessen Jünglingsname
ist ^' ^rfj Ping-tschung.
2. -f ^
Tsevg-tse. Tseng-tse. 2 Büchei".
Tseng-tse ist '^ ^i, Tseng-tsan.
3- ^ ^. T
Tse-sse-f.se. Tse sse-tse. 7 Bücher.
Tse-sse-tse ist ^ >0^ Khung-khl. Tse-sse ist der
Jünglingsname.
4- ^ # Ä f-
Knng-sün-ni-tse. Kung-sün-ni-tse. 1 Buch.
Die philosophischen Werke China's in dem Zeitalter der Thang.
239
o.
6.
9.
10.
11.
12.
13.
14.
15.
iti '^ S. ^
Tschao-fsch'i tschü meng-tse. Meng-tse mit Erklärungen
von Tschao-tsch'i. 14 Bücher.
Meng-tse ist ^^ föj" Meng-kho.
fi) !?E z± ^ T
Lien-M tschü meng-tse. Meng-tse mit Erklärungen von
Lieu-hi, 7 Bücher.
m ^ -ü Si "f-
Tsching-hhien tschü meng-tse. Meng-tse mit Erklärungen
von Tsching-hiuen. 7 Bücher.
* # M ä ^ ^
Khi-iou-sui tschü meng-tse. Meng-tse mit Erklärungen von
Khi-mu-sui. 7 Bücher.
m m "f
Siün-king-tse. Siün-king-tse. 12 Bücher.
Siün-king-tse ist ^l }^ Siün hoang.
Tung-tse. Tung-tse. 1 Buch.
Tung-tse ist ^ |ffi j\j) Tung-wu-sin.
Lu-lien-tse. 1 Buch.
Lu-lien-tse ist ^ 'Ml i^ Lu-tschung-lien.
PO
Lo-ku sin-yü. Neue Worte von I,,ö-ku. 2 Bücher.
BE ^=**^ jfer -=n-
Ä aa fir W
Kia-i sin-schv. Neue Schriften von Kia-I. 10 Bücher.
Hoan-knan yen-thic-lün. Erörterungen über Salz und Eisen. '
Von Hoan-kuan. 10 Bücher.
I] lai ff j?
Lien-hiang shi-siü. Neue Einleitungen. Von Lieu-hiang.
30 Bücher.
' Salz und Eisen wird liier im bildlichen Sinne gebraucht.
IS'*
240 rfi7Tnnif>r.
t
^G- X m M
Yen schuc-yuan. Der Garten des Sprechens. Von dem-
selben Verfasser. 30 Bücher.
". ti ^ ft W
Yang-fse fä-yen. Worte der Vorschrift. Von Yang-tse.
6 Bücher.
Yang-tse ist ;^ ^^ Yang-hiung.
18. ^ m y± S W
Sung-tschnvg tschü fä-yen. Die Worte der Vorschrift. Mit
Erklärungen von Sung-tschnng. 10 Bücher.
'f- ^ fL ä ^ W
Li-khieu tschü fä-yen. Erklärungen der Worte der Vor-
schrift. Von Li-khieu. 3 Bücher.
Lu-tsi tscliii ynng-ise fhai-hiven-Jcmg. Das von Yang-tse
verfasste heilige Buch des grossen Himraelfarbenen. ' Mit
Erklärungen von Lö-tsi. 12 Bücher.
21- E M /± i: ^ «
Yii-fan tschü thai-hiuen-king. Das lieilige Buch des grossen
Himmelfarbenen. Mit Erklärungen von Yü-fan. 14 Bücher.
22. IS M ä i: i; IS
Fan-ioang tschü thai-hiuen-ldng. Das heilige Buch des
grossen Himmelfarbenen. Mit Erklärungen von Fan-wang.
12 Bücher.
23. ^ # ^ ä :* i: If
Sung-tschung-feu tschü thai-hinen-king. Das heilige Buch
des grossen Himmelfarbenen. Mit Erklärungen von Sung-
tschung-feu. 12 Bücher.
24. m^ 315 y± i^ i. m
Tsai-icen-schao tschü thni-hiuen-ldng . Das heilige Buch des
grossen Himmelfarbenen. Mit Erklärungen von Tsai-wen-
schao. 10 Bücher.
' Yang-hinng; hielt dafür, dass kein liciliges Bucli grösser al.s dasjenige
der Verwandlungen. Er verfasste dalier das lieilige Buch des grossen
Himmelfarbenen.
Die iihiloBOphischeu Werke Cliiua's iu dem Zeitalter der Tli.iuy
241
25. tl ^ ff i
Hoan-tse sin-lüu. Neue Erörterungen Hoan-tse's. 17 Bücher.
Hoan-tse ist j^ |^ Hoan-tan.
26 jp ^4: v^ d^ i^
--"• zt 'f^r H3 yC pffl
Wung-fu tsien-fa-lün. Die Erürterung-en Wang-fu-tsien-
fu's. 10 Bücher.
2'- # Ä ^ i W
Ti^cJunnj-tächang-tse tschaiKj-yen. Angemessene Worte von
Tschuug-tschang-tse. 10 Bücher.
Tschung-tschaug-tse ist ^^ -M "^ Tschung-tschang-
tschung.
28- ^ \% ^ m
Siün-yue scliin-kien. Der dargelegte Spiegel. Von Siün-
yue. 5 Bücher.
-J. ^ -f-
Wei-tse. Wei-tse. o Bücher.
Wei-tse ist ^ ^ Wei-lang.
30- M ^ f- Ä i^ ^
Wei-ioen-ti tien-lün. Erörterungen der Vorbilder. Von
Kaiser Wen von Wei. 5 Bücher.
•51- ^ Ä «^J Ü
Siü-schi tschung-lün. Erörterungen der Mitte. Von dem
Geschlechte Siü. 6 Bücher.
Das Geschlecht Siü ist |^ '^ Siü-kan.
32. in* a p.
Wang-tsan khiü-fä lün-tsi. Sammlung der Erörterungen
über Entfernen und Angreifen. Von Wang-tsan. 3 Bücher.
33- I Ä iö: i^
Wang-sö tsching - llln. Erörterungen der Lenkung. Von
Waug-sö. 10 Bücher.
3-t. t± ^ ^ ii
Tu-schi tl-liln. Erörterungen über die Körper. Von dem
Geschlechte Tu. 4 Bücher.
Das Geschlecht Tu ist ^± iiU Tu-jü.
L
242 Pfizmaier.
35. « ^ ff Ife
Kic-tse sin-lün. Neue Erörterungen. Von Ku-tse. 5 Bücher.
Ku-tse ist ^ 1^ Ku-tan.
36. ^ ü fi ^
Wen-tlii tJmng-yU. Allgemeine Worte über die Körper des
Scliriftschmuckes. 10 Bücher.
Der Verfasser ist j|^ J^ ^ Yin-hing-tö.
Tschü - ko - Hang tsi-kiai. Gesammelte Warnungen. Von
Tschü-kö-liaug'. 2 Bücher.
SS. m M ^ M
Lu-king tien-hiün. Weisungen über die Vorbilder. Von
Lö-king. 10 Bücher.
39- H -f- ^ fll
Tsiao-tse fä-hiün. Weisungen über die Vorschriften. Von
Tsiao-tse. 8 Bücher.
40. 3(^ ^ g^
Yeu u-kiao. Die fünf Belehrungen. Von demselben Ver-
fasser. 5 Bücher.
Tsiao-tse ist =# ^ Tsiao-tscheu.
"• i * * 4 äi p.
Wang-ying ku-kin thung-lün. Durchgreifende Erörterungen
über Alterthum und Gegenwart. Von Wang-ying. 3 Bücher.
42- ja 4 a T
Tscheu-seng-lie-tse. Tscheu-seng-lie-tse. 5 Bücher.
Tscheu-seng-lie stammte aus Tün-hoang und wurde
im Anfange der Zeiten der Wei an den Hof be-
rufen. Tscheu-seng ist dessen Geschlechtsuame.
43. :t -f- jE ife
Yueu-tse tsching-lün. Richtige Erörterungen. Von Yuen-
tse. 20 Bücher.
44. X iE #
Fe« tscMng-schu. Richtige Schriften. Von demselben Ver-
fasser. 25 Bücher.
Yuou-tse ist ;^ V^ Yucn-tschün.
Die philosophischen Werke China's iu dem Zeitalter der Thang. 243
^5- ^ Ä ^ Ä ^^
Sün-schi tsch'ing-pai-tschi. Denkwürdigkeiten von VuUenden
und Fehlschlagen. Von dem Geschlechte Sün. 3 Bücher.
Das Geschlecht Sün ist J^ "^ Sün-yö.
«• 1 ^ vi if ife
Hia-heu-tschen sin-liui. Neue Erörterung-en. Von Hia-heu-
tschen. 10 Bücher.
^7- ^^ M ^ m m
Yang-thsiuen ive-U-liln. Erörterungen über die Ordnung
der Dinge. Von Yang-thsiuen. IG Bücher.
^8. X * ^ Ä
Yeu thai-liiaen-klng. Das heilige Buch des grossen Him-
melfarbeuen. Von demselben Verfasser. 14 Bücher.
Die Erklcärungen sind von 0(1 ^1: Lieu-yi.
4.Q ^ 5ffi ±fXl 3^
4J. ^ g^ 5B(r pffi
Hoa-tan sin-lün. Neue Erörterungen von Hoa-tan. 10 Bücher.
öO- ^ S ^. # ff #
Yü-hi tschi-Un sin-scJm. Das neue Buch des Waldes der
Vorsätze. Von Yü-hi. 20 Bücher.
öl- X # # ff »
Yeu heu lin-sin-schu. Das spätere neue Buch des Waldes.
Von demselben Verfasser. 10 Bücher.
fS9 ßS JXl ^ ^ll
y- IP -7^ ^ Fjji)
Ku-tse i-Jiiün. Die Weisungen der Gerechtigkeit. Von
Ku-tse. 10 Bücher.
Ku-tse ist ^ ^ Ku-I.
»3- m -^ m ^ M
Tsai-haiig thsing-hoa-king. Das heilige Buch der klaren
Verwandlungen. Von Tsai-hung. 10 Bücher.
&4- ^ » jE W
Yü-pao tsching-yen. Richtige Worte. Von Yü-pao. 10 Bücher.
'^'^ X ± n
Yeu li-yen. Aufgestellte Worte. Von demselben Verfasser.
10 Bücher.
244
Pf izmaj er.
5^- ^ W6 m m
Tsai-schao huuijlüii. Tiefe Erörterungen. Von Tsai-schao.
2 Bücher.
'^7- S M ^ W
Liü-anng yao-lan. Gedrängte Ueberblicke. Von Liü-simg.
5 Bücher.
58. JSl ^ I R
l^scheu-sche tsching-lan. Richtige Ueberblicke. Von Tscheu-
sche. 6 Bücher.
^^- 2^'J fex '^ it: njA ^ ImI
Lieu-wei hisse hhi-khi-thu. Abbildung der umkippenden
Gefässe der Geschichtschreiber von Lu. ^ Von Lieu-wei.
1 Buch.
60. :ft # K ^ #
Khi-icu-schi Idai-lin. Der Wald der Warnungen. Von
dem Geschlechte Khi-wu. 3 Bücher.
61- SS Ä * fll
Yen-schi Idahiün. Die Weisungen des Hauses. Von dem
Geschlechte Yen. 7 Bücher.
Das Geschlecht Yen ist ^ ^ :^ Yen-tschi-thui.
&2.
^J»A ft -0
Li-niö-schÖ tien-yen. Worte der Vorbilder. Von Li-mö-schö.
4 Bücher.
63- i ji w M i w
Wang-jjang i^e-U tschang-yen. Angemessene Worte der
hundert Weglängen. Von Wang-pang. 2 Bücher.
64- « ^ M W
Thsiii-tse tschi-yen. Eintreffende Worte. Von Thsui-tse.
6 Bücher.
Thsui-tse ist J^ ^ ^ Thsui-liug-tung.
' In den Worten des Hauses lieisst es: Khung-tse besichtigte den Aluien-
tempel der Tscheu. Es waren daselbst umkippende Gefasse. Er liiess
Tse-lu Wasser nehmen und sie prüfen. Als sie voll waren, überstürzten
sie. Als sie zur Mitte voll waren, standen sie gerade. Als sie leer waren,
kippten sie um.
Die philosophiechen Werke China'o in dem Zeitalter der Thang. 245
65. [# ^ i^B -ffl-
/iS. Wf *^ >>^
Lit-pien fen-tien. Die grossen Vorbilder. Von Lu-pien.
30 Bücher.
66- BE ^^ S # iE
Wang-schao ta-schu-ld. Verzeiclinungen des Lesens der
Bücher. Von Wang-schao. 32 Bücher.
67. s a 4» i§:
Wang-tkung tschung-sclme. Besprechungen der Mitte. Von
Wang-thimg. 5 Bücher.
68. * m m je fii
Sin-te-yuen tsching-hiün. Richtige Weisungen. Von Sin-
te-yuen. 20 Bücher.
69- ic ^ Jf ^<
Tliai-tsung siü-fschi. Denkwürdigkeiten von Schulen. Von
dem Kaiser Thai-tsung von Thang. 1 Buch.
70. X ^ Iß
Yen ti-fan, Musterbilder der Kaiser. Von demselben Ver-
fasser. 4 Bücher.
Die Erklärungen sind von ^ ^ Kia-hang.
^1- Ä ^ ^ fil
Kao-tsung thien-liiün. Weisungen des Himmels. Von dem
Kaiser Kao-tsung von Thang. 4 Bücher.
79 ^=t t^l Jftji 4fH tffi" >fe^
^'^' iK m ^ m. ^ w.
Wit-heu thse-khiü yao-lu. Kurzgefasste Verzeichnisse der
purpurnen Thürangeln. Von der Kaiserin von dem Ge-
schlechte Wu von Thang. 10 Bücher.
73. X E fL
Yen tsckin-khieu. Die Geleise der Diener. Von derselben
Verfasserin. 2 Bücher.
74. "5* ^ $)r ^
ti yf: ^J\ BW
Pe-liao sin-ldai. Neue Warnungen für die hundert Amts-
genosseu. 5 Bücher.
7s- Ä ■§■ IE S
Tsing-kung ki-yao. Kurzgefasste Darlegungen des grünen
Palastes. 30 Bücher.
246 Pfizmaier.
76- 4^^ F# iE IE
Üchao-yauij tscldng-fan. Kichtige Musterbilder des kloinen
Yang. 30 Bücher.
77. n Wt '^ w&
Lic'fan tscldng-lün. Richtige Erörterungen der Gehäge.
30 Bücher.
78- * « i: -f-^ K: M «
Tschcnig-lwai-thal-tse tschün - thsieu yao-lö. Kurzgefasste
Verzeichnisse des Frühlings und Herbstes. Von dem
grossen Sohne von Tschang-hoai. 10 Bücher.
™- X -ft * ® Ä
Yeu sleu-schin yao-lan. Kurze Uebersicht des Ordnens des
eigenen Selbst. Von demselben Verfasser. 10 Bücher.
80. # E m Ä II »
Kmn-tschin siang-khi-fä-sse. Die Sache des gemeinschaft-
lichen Hervortretens von Gebieter und Diener. 3 Bücher.
81.
1^ P
Wei-tscli'ing kien-sse. Die Sache der Vorstellungen. Von
Wei-tsch'ing. 5 Bücher.
82- X S * » # 3E # 1 «
Yeu tse-ku tschü-heu-ioang scheii-ngö-lö. Verzeichnisse des
Guten und Bösen der Leheusfürsten und Könige seit dem
Alterthume. Von demselben Verfasser. 2 Bücher.
83. SS i: £ zp fi W - S W
Tsc/iang-thai-hiuen jnng-thai pe-yi-yü-yen. Hundert und
ein verlässliche Worte der flachen Erdstufe. Von Tsch'aug-
thai-hiuen. 3 Bücher.
84-^ffiio#Ea^aü
Yaug-siang-jii kiün-tschin tscliing-li-lün. Erörterungen der
Ordnung der Lenkung von Gebieter und Diener. Von
Yang-siaug-jü. 3 Bücher.
85. 1^ # $1 ;4 ^. ^
Lo-schen-king tschii rneng-tse. Erklärungen Meng-tse's. Von
Lö-scheu-king. 7 Bücher.
Die philosophischen Werke China's in dem Zeitalter der Thang. 247
Tsch'ang-yl meng-tse yin-l. Die Laute und Bedeutungen
Meng-tse's. Von Tsch'ang-yi. 3 Bücher.
87- « (1+ä) Z± ^ ^
Yang-khing tschil siün-tse. Erklärungen Siün-tse's. Von.
Yang-khing. 20 Bücher.
88. 3E P ä * ^ II
Wang-yai tschü tliai-lünen-king. Erklärungen des heiligen
Buches des grossen Himmelfarbenen. Von Wang-yai.
6 Bücher.
89. 1 ft *^ m Ä
Yün-tscliü tliai-lduen yeti-tsan. Das Dunkle und Helle des
grossen Himmelfarbenen. Von Yün-tscli6. 10 Bücher.
90. m ^ 7t '^^ ^ &ß
Lieu-tsuiig-yuen tschü yang-tae fu-yeu. Erklärungen der
von Yang-tse verfassten Worte der Vorschrift. Von Lieu-
tsung-yuen. 13 Bücher.
91- $ Ä # i If ijp M
Li-si-yü u-king miao-tschang. Wundervolle Sätze der fünf
heiligen Bücher. Von Li-si-yü. 40 Bücher.
92. i5 ;^ II ^ ^ Ä
Tsching-han king-sse yao-lö. Kurzgefasste Verzeichnisse
der heiligen Bücher und der Geschichtschreiber. Von
Tsching-han. 20 Bücher.
93. DJ la mm.n
Lieii-hoang tÖ schue-yuen. Fortsetzungen des Garten des
Sprechens. Von Lieu-hoang. 10 Bücher.
w- 1± iE -fi^ W tf *
Tu-tsching-lün pe-hang-tschang. Sätze der hundert Iveihen.
Von Tu-tschiug-lün. 1 Buch.
95- S ^ « 1^ # E » I*
Hien-tsung thuien-tai kiün-tscJnn sae-tat. Die Spuren der
Sachen der Gebieter und Diener der früheren Zeit-
alter. Von dem Kaiser Hien-tsung von Thang. 14 Hefte
( ^3 ideii).
^4b rfizin;iier.
oö. se )s fjii iE m m
Wu-heu hiiin-ki-Uä-taai. Vermischte Eintraii-uuüen beleh-
render Verzeichnungen. Von der Kaiserin von dem Ge-
schlechte Wu. 10 Bücher.
•97. m n m: fll
Wei-Udiing tien-hiün. Die Weisungen der Vorbikler von
Wei-tsch'ing. 20 Bücher.
98. fg ftE 1 S # iE
Tschü-iüu-liang yX-schen-ld. Verzeichnungen des Schönen
und Guten. Von Tschü-wu-liang.
Dieses Werk war verloren gegangen und die Zahl
der Bücher war unbekannt.
99. mjt m^ \\\ ^ >v,
Pei-kuang-ting yao-schan loang-tsi. Muster des Wandeins
zu den schwankenden Bergen. Von Pei-kuang-ting. 1 Buch.
100. X li M Ib fL
Yeu loei-tscliing thsien-lcliieu. Die früheren Geleise von
Wei-tsch'ing. Von demselben Verfasser. 1 Buch.
101. T <S- ^ m i: ^ g I fll
Ting-kang tscJiil hoang-thai-tse tschü-wang-hiün. Die von
dem Fürsten von Ting veröffentlichten Weisungen für
den kaiserlichen grossen Sohn und die Könige. 10 Bücher.
102. i> m & n
LÖ-king fä-yen. Die Worte der Vorschrift der sechs
heiligen Bücher. 20 Bücher.
Von ^ ^ jj Wei-tsch'ü-heu und ^ |g Lu-
sui zusammengestellt.
Thsui-yen, tschü-king tsuan-yao. Zusammenfassungen der
heiligen Bücher. Von Thsui-yen. 10 Bücher.
Yii-tsclü-ning kien-yiien. Der Garten der Vorstellungen.
Von Yü-tschi-ning. 20 Bücher.
Dio pliilof-opliischcri Wim-Icc Ch'iia's in dem Z'^italtpr <ler Tliaiig. 249
105. ^ ij m B #
Wang-fang-khing Iden-lin. Der Wald der Vorstellungen.
Von Wang-fang-khing-. 20 Bücher.
lOG. % n m m
Yang-tsiün sclnng-tien. Die höclistweisen Vorbilder. Von
Yang-tsiün. 3 Bücher.
Der Verfasser war ein die Bücher untersuchender
Leibwächter (j^ ^^ ^^hiao-scliu-lang). Das Werk
wurde in dem Zeiträume Khai-yuen (713 bis 741
n, Chr.) dem Kaiser vorgelegt.
10'- m % p =^ Wi^ m m
Tsdi ang-kieu-ling thsien-thsieii kin-king-lu. Verzeichnisse
des goldenen Siegels der tausend Herbste. Von Tsch'aug-
kieu-ling. 5 Bücher.
108. B '^m m B&
Thang-tse pien-jJang-liö. Kurze Fassungen der Unter-
scheidung der üblen Nachrede bis zu den Thaug. 3 Bücher.
109- A ^ m w
Yuen-ho 2yien-2'>ang-lw. Kurze Fassungen der Unter-
scheidung der üblen Nachrede in dem Zeiträume Yuen-ho
(806 bis 820 n. Chr.). 10 Bücher.
Von ^ % ^ Ling-hu thsu, ^^j^ f^ gjjj Tsch'in-
tschuen-sse und j^ #^ Tu-ying zusammengestellt.
"0. m (} + m ± ?fl m i^ m m ^
Pei-lin thai-ho sin-sieu fden-pang-lio. Neu geordnete kurze
Fassungen der Unterscheidung der üblen Nachrede in
dem Zeiträume Thai-ho (827 bis 835 n. Chr.). Von Pei-
lin. 3 Bücher.
in. $ t: W t# i^
Li-j Inseln ke-lün. Erörterungen der Muster. Von Li-jin-
schi. 3 Bücher.
112. m ^ (B+«) s üt ■
Tscliao-tung-hi xcang-tscldng. Die Lenkung der Könige.
Von Tschao-tung-hi. 3 Bücher.
Das Werk wurde in den Jahren des Zeitraumes Kins:-
lung (827 bis 835 n. Chr.) dem Kaiser vorgelegt.
250 rfizmaior.
1^3- ^ii 4» 0 igä: Ä
Fuvg-UcJumg-ywig tsching-lÖ. Verzeichnisse der Lenkung.
Von Fung-tschunfi^-yung. 10 Bücher.
Das Werk wurde im neunzehnten Jahre des Zeit-
raumes Khai-yuen (731 n. Chr.) dem Kaiser vor-
geleg-t. Der Verfasser erhielt dafür das Amt eines
Beruhigers von ^^ ^ Khi-schui.
11^- u ^ ^ je m
Tschü-knang-hi fscliing-lün. Richtige Erörterungen. Von
Tschü-kuang-hi. 15 Bücher.
115, g ^
Kia-tse. Kia-tse. 1 Buch.
Kia-tse ist ^ |^ Kia-I. Der Verfasser war in dem
Zeiträume Khai-yuen Beruhiger von ^ ^ Lan-
thien. Sein Name ist unbekannt.
116- ^^ m MM
Nieu-hi-thsi U-yuen. Die Quelle der Ordnungen. Von
Nieu-hi-thsi. 2 Bücher.
117 ^ ^ ^ & ^ W
LÖ-tschi kiün-tschin thu-yi. Die Fülle der Abbildungen
von Gebieter und Diener. Von Lö-tschi. 25 Bücher.
118- ^ t s -^ f m M
Li-ke-fn ku-kin schue-yuen. Der Garten des Besprechens
des Alterthums und der Gegenwart. Von Li-ke-fu. 11 Bücher.
119- ^ MW n & ^ m
Li^te-yÖ yü-tschin yao-liÖ. Zusammenfassungen von kaiser-
lichen Dienern. Von Iji-te-yö.
Das Werk war verloren gegangen und die Zahl der
Bücher unbekannt.
120. &. % m mwi,m
Khien-knang-fing khang-hiao-Jün. Erörterungen der vollen-
deten Belehrung. Von Khieu-kuang-ting. 1 Buch.
121 7C f-
Ynen-tse. Yuen-tse. 10 Bücher.
Yuen-tse ist jjr j^ Yuen-ke.
Pio philosophischen Werke Chiiia's in dem Zpitalter der 'Diang. 20L
122- X Wi ^
Yen lang-schne. Unstäte Besprechung-cn. In Bezug auf
denselben Yuen-tse. 7 Hefte. (^ pien).
123. m. ift
Man-sdme. Entfesselte Besprechungen. In Bezug auf den-
selben Yuen-tse. 7 Hefte.
124. *t ^ Ä ^ -f-
Tu-sin yuen-ho-tse. Yuen-ho-tse. Von Tu-sin. 2 Bücher.
125. # ^lÄ Ä. # P ^
K J
Lin-schin-sse schin-mung-tsR. Schin-mung-tse. Von Lin-
schin-sse. 3 Bücher.
Der Verfasser lebte in dem Zeiträume Hien-thung
(860 bis 873 n. Chr.)
12G. M. ^
Ki-tse. Ki-tse. 5 Bücher.
Ki-tse ist ^ ^ Ki-tschung. Sein Jünglingsname
ist -^ ^^ Tse-thsiuen. Er stammte aus Yung-tsch'ing
in Ting-tscheu und war Befehlshaber von '[(^ -^
Sieu-wu in Kuang-ming.
127. m m m ^ m
TJisid-khö-jü hiuen lün. Erörterungen des Himmelfarbenen.
Von Thsui-khö-jü. 3 Bücher.
Der Jünglingsname des Verfassers ist ^ ^ King-
tschi. Derselbe war der zu dem siebenten Ge-
schlechtsalter gehörende Enkel ^ Hao'S; zu den
Zeiten der späteren Wei Lehensfürsten von ^ ^
Pe-ma, und bekleidete in dem Zeiträume Tschung-ho
(881 bis 884 n. Chr.) das Amt eines Zugetlieilten
des glänzenden Gehaltes (-^ ]i^ ^^ kvang-lö-sching).
Das obige Verzeichniss enthält 92 Werke von 69 Ver-
fassern in 791 Büchern. Von Lö-schen-king angefangen waren
die Werke von 39 Verfassern in 371 Büchern nicht ver-
öffentlicht worden.
^Oi Pfizmaior.
Werke des Hauses des Weges.
1- 1 ^
Tschö-tsf. Tschö-tse. 1 Buch.
Tschö-tse ist ^ Htl Tscho-hiung.
2. ^ ^ ^ m m
Lao-tse tao-te-klng. Das heilige Buch des Weges und der
Tugend. Von Lao-tse. 2 Bücher.
Lao-tse ist ^ ^ Li-ni. Dessen Jünghngsname ist
^Ö 1^ l^ß"y^"o7 "^c^i Einigen auch |^ Tan.
3. Dasselbe Werk in drei Büchern.
i- f^ ± ^ y± ^ "f- mm m
Ho- schau g-Jaing fscJni lao-tse tao-te-ldng. Erklärungen des
von Lao-tse verfassten Buches des Weges und der Tugend.
Von dem Fürsten von Ho-schang. 2 Bücher.
5- 1 m '& ff la ^ w i; M
Wang-jn tschii sin-lci hmen-yen tao-te. Erklärung der in
den neuen Verzeichnungen vorkommenden Worte des
Himmelfarbenen : Weg und Tugend. Von Wang-pi.
2 Bücher.
6- X * ^ =lt j^l B&
Ypac lao-tse tschi-li-liö. Kurze Fassung der von Lao-tse
angedeuteten Muster. Von demselben Verfasser. 2 Bücher.
->■ mr & ^ ^
ScJiÖ - thsai tscJiU lao - fse. Erklärungen zu Lao-tse. Von
Schö-thsai. 2 Bücher.
8. a # ä
Tschung-hoei fschii. Erklärungen zu Lao-tse. Von Tschung-
hoei. 2 Bücher.
9- ¥ )üft ä
Yang-ku tschü. Erklärungen zu Lao-tse. Von Yang-ku.
2 Bücher.
Die philosophischen Werte China's in dfm Zeitalter der Than^. 253
10. X
Yeu kiai-sclü. Ausleg-ungen zu Lao-tse. Von demselben
Verfasser, 4 Bücher.
"• « ^ K± ^ ^
Sün-teng tschil lao-tse. Erklärungen zu Lao-tse. Von Sün-
teng. 2 Bücher.
12- I fäj ä
Waiig-schanc/ tschil. Erklärungen zu Lao-tse. Von Wang-
schang. 2 Bücher.
i'^- M Ä vi.
Ytien-tschin tschii. ^Erklärungen zu Lao-tse, Von Yuen-
tschin. 2 Bücher.
14. m m 'i^
T.sch'ang-jying tschii. Erklärungen zu La(j-tse. Von Tsch'ang-
ping, 2 Bücher.
i^>- m # m y±
Lien - tschung - yimg tschii. Erklärungen zu Lao-tse. Von
Lieu-tschung-yung-, 2 Bücher.
ICH ?t Ä z±
Thao-hxing-king tscliil. Erklärung-en zu Lao-tse. Von Thao-
hung--kiug, 4 Bücher.
!'■ « a Uj z±
Schü-tschung-schmi tschii. Erklärungen zu Lao-tse. Von
Schü-tschung'-schan. 2 Bücher.
1^- ^ Ä E K±
Li-t/ün-yuen tschii. Erklärungen zu Lao-tse. Von Li-yün-
yuen. 2 Bücher.
!»• m m t ü
Tschin-sse-ku tschii. Erklärungen zu Lao-tse. Von Tschin-
sse-ku. 2 Bücher.
-^^^- ft M * )*
Seng-hoei-lin schü. Erklärungen zu Lao-tse. Von dem
Bonzen Hoei-lin. 2 Bücher.
Sitzungsber. d. phil.-hist, Cl. LXXXIX. Bd. I. Hit. 19
254 Pfizmaier.
21- 1 il ;öt
Hoei-yen fsckü. Erklärungen zu Lao-tse. Von Hoei-yeu.
2 Bücher.
22. n m m ü ^/±
Khien-mo-lo-scJn fschü. Erklärungen zu Lao-tse. Von
Khieu-mo-lo-schi. 2 Bücher. '
23. m M. /±
I-yiihj-fschil. Erklärungen zu Lao-tse. Von I-3'ing. 2 Bücher.
24- m M M vi.
Tsch'ing-schao isi-tschü. Gesammelte Erklärungen zu Lao-
tse. Von Tsching-schao. 2 Bücher.
25 fi m^ M m
Jin-tschin-tse tsi-kiai. Gesammelte Auslegungen zu Lao-tse.
Von Jin-tschin-tse. 4 Bücher.
26- 5g i: * Ä /±
Tsch'ang-tao-sinng tsi-tsckll. Gesammelte Erklärungen zu
Lao-tse. Von Tsch'ang-tao-siang. 4 Bücher.
27. Ä :& ?& ^ ^ ^ ä
Lu-Jdn(/-i/ö liang-kuang-feng tschiL Erklärungen zu Lao-tse.
Von Lu-king-yö, Liang-kuang und Anderen. 2 Bücher.
28- ^ Ä M 2 * T * ^
Ngan-khieii-ioang-tschi lao-tse tschang-kiü. Die Sätze und
Abschnitte Lao-tse's. Von Ngan-khieu-wang-tschi. 2 Bücher.
^^- X m m m ^ m
Yen fao-te-kivg tscJd-thnü. Hinweisungen auf den Sinn des
heiligen Buches des Weges und der Tugend. Von dem-
selben Verfasser. 3 Bücher.
30. i 0 £ t ff iß i; ü
Wang-sö Jnuen-ijen sin-ki fao-fe. Der Weg und die Tugend
in den neuen Verzeichnungen der Worte des Himmel-
farbenen. Von W^ang-sö. 2 Bücher.
' Das Leben Kliieu-mo-lo-schi's ist in der Abhandlung: .Heber einige
Wundermänner China's' enthalten.
Die philosophischen Werke China's in dem Zeitalter der Thang.
255
3'- m m M. m i
Liaug-kuang tao-te-king-pin. Die Ordnungen des heiligen
Buches des Weges und der Tugend. Von Liang-kuang.
4 Bücher.
Yen-tsiln tschi-kuei. Hinweisungen auf den Sinn des oben
ffenannten Buches. Von Yen-tsün. 4 Bücher.
-frfl
33. >(c5- ^ g^ J9IC
Ho-yen kiang-sv. Weitergehende Auslegungen des oben
genannten Buches. Von Ho-yen. 4 Bücher.
34. X M. M m
Yeu tao-te-wen. Fragen über Weg und Tugend. Von dem-
selben Verfasser. 2 Bücher.
3"'- * Ä 1p* ^ Ä
Liang-iün-ti. kiang-sn. Weitergehende Auslegungen des
heiligen Buches des Weges und der Tugend. Von dem
Kaiser Wu von Liang. 4 Bücher.
^- xmm
Yen kiang-sH. Weitergehende Auslegungen. Von demselben
Verfasser. 6 Bücher.
37,
tk Mi B $^
IC
Ku-hoan tao-te-king i-sv. Weitergehende Bedeutungen des
heiligen Buches des Weges und der Tugend. Von Ku-
hoan. 4 Bücher.
38.
39.
3L Ä it Vp
Yen i-su tsch'i-kang. Leitseil der weitergehenden Bedeu-
tungen. Von demselben Verfasser. 1 Buch.
^. ^ m m ^
Meng-tschi-f scheu i-su. Weitergehende Bedeutungen des
oben genannten Buches. Von Meng-tschi-tscheu. ö Bücher.
Tai-sin i-su. Weitergehende Bedeutungen des oben ge-
nannten Baches. Von Tai-sin. 6 Bücher.
19*
256 rfi/.mait'r.
41- « -^ * T 5t M If ;? i*
Ko-hiing lao-tse (ao-fe-kiiig siü-klur. Beurtlieilende Ein-
leitungen zu dem von Lao-tse verfassten heiligen Buche
des Weges und der Tugend. Von Kö-hung. 2 Bücliei-.
42. ^ 5tt ife #
Han-tschuang hinen-ischi. Der hohe Wille des Hininiel-
farbenen. Von Han-tschuang. -S Bücher.
43 "^1 ^^ ^ -H ^Ml
^'^- ^i M ^ :^ nm
Lieu-i-niin hiuen-])n. Die Verzeichnisse des Himmelfarbenen.
Von Lieu-I-min. 1 Buch.
44. % m
Tsie-ki'ai. Auslegungen nach Abschnitten. 2 Bücher.
45. ^ p^
Tschang-men. Das Thor der Sätze. 1 Buch.
46- $ m * -^ #
Li-khieu lao-tse-yin. Die bei Lao-tse vorkommenden Laute.
Von Li-khieu. 1 Buch. ,
47. IS S T
Hö-kuan-tse. Hö-kuan-tse. o Bücher.
48. ?g Vt ä ?lj ^
Tscli ang-tschen tschü lic-tse. I^ie-tse. Mit Erkläi'ungen von
Tsch'ang-tschen. 8 Bücher.
Lie-tse ist ^|J ^ -=^ Lie-yü-kheu.
4fl. IB m ä S -f-
Ko-siang tschü tschucmg-Ue. Tscliuang-tse mit Erklärungen
von Kö-siang. 10 Bücher.
Tschuang-tse ist ^J ^ Tschuang-tscheu.
50. [rtj ^ äfe
Hlang-sieu tschü. Erklärungen zu Tschuang-tse. Von Hiang-
sieu. 20 Bücher.
61- S R tt
Thsui-tsmen tschü. Erklärungen zu Tschuang-tse. Von
Thsui-tsiuen. 10 Bücher.
Die philosophischen WeiVe China's in dem Zeitalter der Thang. 2o7
52. n M M vi.
Sse-7na-pieu tschü. ErkläruDg-en zu Tsehnang--tse. Von
8se-raa-pieu. 21 Bücher.
f>s- X y± "&
Yeu tscli'd-yin. Erklärungen der bei Tschuang-tse vor-
kunnnenden Laute. Von demselben Verfasser. 1 Buch.
Li-i tsi-kiai. Gesammelte Auslegungen zu Tschuang-tse.
Von Li-I. 20 Bücher.
55. 3E ^ * « «
Wan(j-hmen-ku tsl-kiai. Gesammelte Auslegungen zu
Tschuang-tse. Von Wang-hiuen-ku. 20 Bücher.
5^- ^ % fe ^± -r 0w
Li-tschung sein tschiiang-tse liln. Erörterungen zur Aus-
legung Tschuang-tse's. Von Li-tschung. 2 Bücher.
•«• m m ^ "f" ^B ^
Fung-kö lao-tse tschi-kuei. Hinweisungen auf den Sinn
Lao-tse's. Von Fung-kö. 13 Bücher.
5«. X Ä ^ * 4 IE a
Yen tschuang-tse ku-kin tsching-i. Die bei Tschuang-tse
vorkommenden richtigen Bedeutungen der alten und der
gegenwärtigen Zeit. Von demselben Verfasser. 10 Bücher.
ö»- m m ^ %' m ^
Liang kien- iveu-ti kiang-st(. Die weitergehenden Aus-
legungen zu Tschuang-tse. Von dem Kaiser Kien-wen von
Liang. 30 Bücher.
'^0. i s i^
Wang-mn-sii . Weitergehende Auslegungen zu Tschuang-tse.
Von Wang-mö. 10 Bücher.
«1- X #
Yen gin. Die bei Tschuang-tse vorkommenden Laute.
Von demselben Verfasser. 1 Buch.
«2. ^ -f- j^
Tschuang-tse su. Weitere Auslegungen zu Tschuang-tse.
7 Bücher.
b
258
Pf i zmaier.
63. ^ ^
Wen-tse. Wen-tse. 12 Bücher.
64- « ^ T-
Kuang-tscil ing-tse. Kuang-tsch'ing--tse. ' 12 Bücher.
Von dem Fürsten von |^ »^ Schang-lö zusammen-
gestellt. Von ^ ~j|jj^ ^ Tsch'ang-thai-heng erklärt.
65- m ^
Thang-tse. Thang--tse. 10 Bücher.
Thang-tse ist 1^ >)^ Thang-pang.
66. M ^
Su-tse. Su-tse. 7 Bücher.
Su-tse ist ^^ ^ Su-yen.
67- S -f-
Smen-tse. Siuen-tse. 2 Bücher.
8iuen-tse ist ^^ ^S Siuen-ping.
68. ^ ^
Lö-tse. Lö-tse. 10 Bücher.
Lö-tse ist 1^ ^S Lö-yün.
69. It +1' ^ ft M
Pao-pö-tse nei-pien. Die inneren Hefte Pao-pö-tse's.
10 Bücher.
Pao-pö-tse ist ]^ ^^ Kö-hung.
70. ^ -f-
Sün-tse. Sün-tse. 12 Bücher.
Sün-tse ist .^ iM. Sün-tschö.
71. # ^
Fn-tse. Fu-tse. 30 Bücher.
Fii-tse ist ^ J^ Fu-Iang.
72. ^ ^
Ho-tse. Ho-tse. 10 Büchei-.
Ho-tse ist '^ ^^ ^^ Ho-tao-yang.
' Kuanp-tsch'iiig-tse ist der Verfasser des löC
lieilige Buch des verborgenen Abscbuittsrobres'.
yin-fu-king, ,das
Die philosophischen Werke China's in dem Zeitalter der Thang. 259
"TO
iö. ^ ^
Meu-fse. Meu-tse. 2 Bücher.
Meii-tse ist J^ ^ Meu-yung.
'-1' -» ^ z± :* ^
Fu-yl tschü lao fse. Erklärungen zu Lao-tse. Von Fu-yi.
2 Bücher.
'-■m ± ^ y± ^ ^ M. m ^
Yaug-schang-scheii tschü lao-tse tao-te-king. Erklärungen zu
dem von Lao-tse verfassten heiligen Buche des Weges
und der Tugend. Von Yang-schang-schen. 2 Bücher.
76- X ä » ^
Yen tschü tschuang-tse. Erklärungen zu Tschuang-tse. Von
demselben Verfasser. 10 Bücher.
■'-'■ ^ ^ ^ m m
Lao-tse tschi-lio-lün. Andeutende kurzgetasste Erörterungen
über Lao-tse. 2 Bücher.
Dieses Werk war ein Lehrbuch (^^ ^t iven-hiÖ)
des grossen Sohnes (Nachtolger's) der Thang.
7s. m \^ i^m & ^ f
Pi-Uü-jin-siü tschü lao-tse. Erklärungen zu Lao tse. Von
Pi-liü-jin-siü. 2 Bücher.
Der Verfasser war in dem Zeiträume Sching-li
(698 n. Chr.) Vorsteher der Gebräuche i ^ mÖ
sse-li) und vielseitiger Gelehrter.
'''■ w i^m ^f mm
Kia-ta-yin lao-tse schÖ-i. Die geordneten bei Lao-tse vor-
kommenden Bedeutungen. Von Kia-ta-yin. 10 Bücher.
80- m m m m "^ ^ ^ m
Lö-te-ming tschuang-tse xcen-kiü-i. Die Bedeutungen der
Schriftsätze Tschuang-tse's. Von Lö-te-ming. 20 Bücher.
81- i; ^ ;?± S: S ^
Hii(en-tbwig tschü tao-te-king. Erklärungen zu dem heiligen
Buche des Weges und der Tugend. Von dem Kaiser
Hiuen-tsung von Thang. 2 Bücher.
260 l'fizmaier.
82. X ^
Yen SU. Weitergehende Erklärungen zu dem oben ge-
nannten Werke, Von demselben Verfasser. 8 Bücher.
In dem Zeiträume Thien-pao (742 bis 755 n. Chr.)
gab man dem oben genannten Buche den Namen:
das himmelfarbene durchdringende (^ ^^ hiiien-
flinnij) heilige Buch des Weges und der Tugend.
Das Zeitalter erwos: dieses nicht.
83. E « ffl K± ^ ^
Lu-tsanfj-yu7ig tschü lao-tse. Erklärungen zu Lao-tse. Von
Lu-tsang-yung. 2 Bücher.
84. X a Ä T Pi *^ m
Yeu tscliü tschucmfj-tse nei-icai-pien. Erklärungen der inneren
und äusseren Hefte Tschuans-tse's. Von demselben Ver-
fasser. 12 Bücher.
85. ?fß Ä 5fn /± ^ T
Hing-ncm-ho tschü lao-tse. Erklärungen zu Lao-tse. Von
Hing-nan-ho.
Dieses Werk wurde im ein und zwanzigsten Jahre
des Zeitraumes Khai-yuen (733 n. Chr.) dem Kaiser
vorgelegt.
86. m ^ M y± ^ "f-
Fung-tschao-i/in tschü lao-tse. Erklärungen zu Lao-tse. Von
Fung-tschao-yin.
87. Ö M .g. ä * -f-
Pe-li-tschiüKj tschü lao-tse. Erklärungen zu Lao-tse. Von
Pe-li-tschung.
88. ^ fil ä * ^
Ll-fan tschü lao-tse. Erklärungen zu Lao-tse. Von Li-fan.
89. ^ ^ ^ /± ^ -f-
Yün-tschi-t'schatKj tschü lao-tse. Erklärungen zu Lao tse.
Von Yüu-tschi-tschaug.
1
Die philosophischen Werke China's in dem Zeitalter dvr Tbang. iibl
!'0. -ff ^ * ^ # «
Fti-yi lao-tse yin-i. Die bei Lao-tse vorkommenden Laute
und Bedeutungen. Von Fu-yi.
Die Zahl der Bücher der obigen sechs Werke ist
unbekannt.
«■ mm. m ^ ^ m
LÖ-te-miny lao-tse-su. Weitergehende Erklärungen zu Lao-
tse. Von Lö-te-ming. 15 Bücher.
9-'- m n f^ ii. M ^
Fang-hang-kitei tschü tschö-tse. Erklärungen zu Tschö-tse.
Von Fung-hang-kuei. 1 Buch.
Der Verfasser war Beruhiger des Kreises Hj Tsching.
9s. m m ^ ^ ir ^
Tschin-ting-yö lao-tse-su Weitergehende Erklärungen zu
Lao-tse. Von Tschin-ting-yö.
Dieses Werk wurde im zwanzigsten Jahre des Zeit-
raumes Khai-yuen (732 n. Chr.) dem Kaiser vor-
gelegt. Der Verfasser erhielt dafür das Amt eines
die Bücher untersuchenden Leibwächters (^^^ ^ ^|$
kiao-schu-lang). Die Zahl der Bücher ist unbekannt.
Lö-lii-sdiing tao-te-king fschuen. Ueberlieferungen von dem
heiligen Buche des Weges und der Tugend. Von Lö-hi-
sching. 4 Bücher.
95- ^ t iif z± i; s IS
U-schen-king tschü tao-te-king. Erklärungen des heiligen
Buches des Weges und der Tugend. Von Ü-schen-king.
2 Bücher.
Dieses Werk wurde in dem Zeiträume Tsching-
yuen (785 bis 804 n. Chr.) dem Kaiser vorgelegt.
Wl _!-. P4 ?S, \tMx\ TJC • P^J PH
Yang-schany-schen tao-te-king san-liö-lün. Drei kurzgefasste
Erörterungen über das heilige Buch des Weges und der
Tugend. Von Yang-schaug-schen. o Bücher.
262 P Hz maier.
;•' M ± M ife ^ ä * -^^ ^ .»
Tao-sse tsch'ing-hinen-yiruj fschil lao-tse tao-fe-kiny. Er-
klärungen des von Lao-tse verfassten heiligen Buches des
Weges und der Tugend, Von Tsch'ing-hiuen-ying, einem
Manne des Weges. 2 Bücher.
"^^ X ^ m jf m mm
Yen khai-ti-siü Jciue-i-su. Einleitungen zu den eröffneten
Ueberschriften und Entscheidungen über die weiter-
gehenden Bedeutungen des oben genannten heiligen
Buches. Von demselben Verfasser. 7 Bücher.
99. -^ ^ ^
Tsckü tschuang-tse. Erklärungen zu Tschuang-tse. Von
demselben Verfasser. 30 Bücher.
100.
Sti. Weitergehende Erklärungen zu Tschuang-tse. Von dem-
selben Verfasser. 12 Bücher.
101- mM^^m^mm
TscKang-yeu-tschao nan-hoa siang-wang scluie. Bespre-
chungen des Siang-wang ' von Nan-hoa. Von Tsch'ang-
yeu-tschao. 10 Bücher.
102. ^ H" ft Ö -i # -i ^
Yeu tschung-hiü ije-ma fei-ma tsching. Bestätigungen
Tschung-hiü's über das weisse Pferd, welches kein Pferd.
Von demselben Verfasser. 8 Bücher.
Der Verfasser ist der Vater ^ '^^ ^ Tsch'ang-
wang-ho's.
103. m M. m vi ^ "f-
Siin-sse-mÖ tsckü lao-tse. Erklärungen zu Lao-tse. Von
Sün-sse-mö.
Die Zahl der Bücher dieses AVerkes ist unbekannt.
104. X y± B ^
Yeu tschil tschuaiig-tse. Erklärungen zu Tschuang-tse, Von
demselben Verfasser.
' Sonst Wang-siang, ein Wasseriuigcthiim.
Die philosophischen Werkt» China's in dem Zeitalter der Thang. 263
lOä- m m -li. B ^
Lieu-tsung tscliU fschHani/-fse. Erklärungen zu Tschuang-tse.
Von Lieu-tsung.
Dieses Werk wurde im zwanzigsten Jahre des Zeit-
raumes Khai-yuen (loo n. Chr.) dem Kaiser vor-
gelegt. Der Verfasser erhielt dafür das Amt eines
Zugesellten des Ahnentempels d(!s grossen Sohnes
(Nachfolgers) von ;^ *l^ Tschaug-hoai.
106. ^ ^ M /± ^ f-
Yün-tschi-tschany tschil tschuang-tse. Erklärungen zu
Tschuang-tse. Von Yün-tschi-tschang.
Die Zahl der Bücher der drei obigen Werke ist
unbekannt.
107. -y- (0+^) gl -Q ä Ä ^
Kan-hoei loei-pao tschil tschuang-tse. Erklärungen zu
Tschuang-tse. Von Kan-hoei und Wei-pao,
Die Zahl der Bücher ist unbekannt. Das Werk wurde
gegen das Ende des Zeitraumes Khai-yuen (741 n. Chr.)
in Folge einer höchsten Verkündung verfasst.
108. ^ 1 ^ H M ®
Yuen-tsai nan-hoa thungwei. Das durchdringende Un-
scheinbare der südlichen Blüthen. ' Von Yuen-tsai. 10 Bücher.
lo!'- 5R ^. 5Ü1 i: ^
TscK ang-tschi-ho thai-yi. Die grossen Verwandlungen. Von
Tsch'ang-tschi-ho. 15 Bücher.
110. X ^ Ä -f-
Yeu hinen-tschin-tse. Hiuen-tschin-tse. Von demselben Ver-
fasser. 12 Bücher.
Die inneren Auslegungen sind von ^ gg Wei-I.
"1- Ä 11 Ä ^ |£
Tschin-ting-yö tschuang-tse su. Weitergehende Auslegungen
zu Tschuang-tse. Von Tschin-ting-yö.
Die Zahl der Bücher ist unbekannt.
,Südlifhe Blütheu' wurde auf die Schrifteu Tschuang-tse's bezogen.
I
264 rfi/.iii aier.
Tao-sse li-han-kuaruj lao-tse tschuang-tse tscheti-jjl hiö-ki.
Verzeichnungen des Lernens über Lao-tse, Tschuang-tse
und die Verwandlung-en der Tscheu. Von Li-han-kuang-,
einem Manne des Weges, 3 Bücher.
"2- X mm
Yen i-liö. Kurze Fassung der bei Lao-tse, Tschuang-tse
und in den Verwandlungen vorkommenden Bedeutungen.
Von demselben Verfasser. 3 Bücher.
Der Verfasser Li-han-kuang lebte in dem Zeiträume
Thien-pao (742 bis 755 n. Chr.).
11^- mm M ^ ^ m^
Tsch'ang-jjin-khiü tschuang-tse tschi-yao. Das Nothwendige
der Hiuweisungen auf Tschuang-tse. Von Tsch'ang-yin-
khiü. 33 Bücher.
Der Verfasser wurde '|^ J^ -^ Hoeidün-tse genannt.
115. U ^ ± ^ ^ M B.
SÖ-ye-kuang san-kiuen i-i. Die verschiedenen Bedeutungen
der drei Himmelfarbenen. Von Sö-ye-kuang. 30 Bücher.
Dieses Werk wurde im zwanzigsten Jahre des Zeit-
raumes Khai-yuen (732 n. Chr.) dem Kaiser vor-
gelegt.
iiö- f* S iff /± ^ -7-
Sia-llng-fu tschü iceu-tse. Erklärungen zu Wen-tsc. Von
Siü-ling-fu. 12 Bücher.
11'- ^ ii f II a; 3t ^
Li-sien-hiün tschü tven-tse. Erklärungen zu Wen-tse. Von
Li-sien-hiün. 12 Bücher.
11«- aE ± 7C >t ^ T
Wang-sse-yuen kang-thsang-tse. Kang-thsaug-tse, Von
Wang-sse-yuen. 2 Bücher.
In Kang-thsang-tse ist Kang-thsang der Geschh^chts-
name. Im ersten Jahre des Zeitraumes Thien-pao
(742 n. Chr.) besagte eine höchste Verkündung, dass
das Werk Tschuang-tse's den Namen ^ ^ Ä ^
nan-hoa tschhi-kiiig ,das wahre heilige Buch der
Die philnsopliischen Werke Cliina's in Afm Zeitalti'r iler Tliang. ^OO
südlichen Blumen', das Werk Lie-tse's den Namen
M* i^ Ä ^^ tscJmng-hiü tschin-king ,das wahre
heilige Buch des Hohlen und Leeren^, das Werk
Wen-tse's den Namen :sS ^ Ml ^. ihunq-hiuen
tscliin - hing ,das wahre heilii>e Buch des durch-
dringenden Himmelfarbenen', das Werk ~y\j ^. -^
Kang-saug-tse's den Namen *^|^ ^^ ;^ ^^ thung-
ling tschin-king ,das wahre heilige Bucli des tiefen
Geistigen' führen solle. Man suchte das Buch
"yC. ^k -^ Kang-sang'-tse , fand es aber nicht.
^ -f" j^ Wang-sse-yuen aus Siang-yang, der Ver-
fasser des obigen Buches, sagte, dass bei Tschuang-
tse dieser Name durch 1^ ^. -^ Keng-sang-tse,
bei Sse-ma-thsien und Lie-tse durch y^ ^ -^
Kang-thsang-tse ausgedrückt werde, es sei in Wirk-
lichkeit ein und dasselbe. Das Fehlende wurde
somit ergänzt.
"« ^ m. ^
Wu-neng-tse. Wu-neng-tse. 3 Bücher.
Der Verfasser, dessen Name und Geschlechtsname
nicht angegeben wird, befand sich in dem Zeit-
räume Kuang-khi (885 bis 887 n. Chr.) unter den
verborgenen Menschen des Volkes.
Das folgende Verzeichniss (,göttliche Unsterbliche^) ent-
hält die Werke von 30 Verfassern über 50 Gegenstände in
341 Büchern. Die Namen von 13 Verfassern sind unbekannt.
Von dem Werke , Laute und Bedeutungen der Kammern des
Weges' angefangen waren die Werke von &2 Verfassern in
265 Büchern nicht veröffentlicht.
Yün-hi kao-sse lao-kiün nei-tscJinen. Innere Ueberlieferungen
von dem hohen vorzüglichen Manne, dem Gebieter Lao.
Von Yün-hi. 3 Bücher.
i
266 Pfizmaier.
Hiuen-king-sien-seng lao-tae tao-te-kien yao-i. Kurzgefasster
Sinn der von Lao-tse verfassten Tafeln des Weges und
der Tug-end. Von dem Frühgebornen Hiuen-king. 5 Bände.
Liang kien-ioen-ti lao-tse sse-ki. Eig'ene Verzeichnungen
über Lao-tse. Von dem Kaiser Kien-wen von Liang.
10 Bücher.
^- « (W + ^) * ^ g§ fl- j8
Tni-sin lao-tse si-sching-king-i. Die Bedeutungen des von
Lao-tse verfassten heiligen Buches des Emporsteigens im
Westen. Von Tai-sin. 1 Buch.
o.
Wei-tsch'n-hiuen tst-kicd lao-tse si-sching-king. Das von
Lao-tse verfasste heilige Buch des Emporsteigens im
Westen. Zusammengestellt und ausgelegt von Wei-tsch'u-
hiuen. 2 Bücher.
e- ^ "f- m mm
Lao-tse hoang-king. Das heilige Buch des gelben Vorhofes.
Von Lao-tse. 1 Buch.
-'■ ^ f u u m
Lao-tse tan-tschm-king. Das heilige Buch des Aufsuchens
der wahren Menschen. Von Lao-tse. 1 Buch.
8^ # ff #
Lao-kiiin kho-liö. Die Ordnungen und Abschnitte des Ge-
bieters Lao. 1 Buch.
'>■ ^ f- M. ^ M
Lao-tse siiien schi-kiai. Warnungen für alle Zeiten. Von
Ijao-tse. 1 Buch.
10- * f- A ^
Lao-tse ß-schi-ki)ig. Das heilige Buch des Eintritts in das
innere Haus. Von Lao-tse. 1 Buch.
Die philosophischen Werlie China's in dem Zeitalter d«r Thang.
267
11.
12.
* ^
S ^ ü
Lao-tse hoa-kai htan-thien kme. Die Entscheidungen des
Blumendeckels, der Betrachtung des Himmels. Von Lao-
tse. 1 Buch.
*
^
m * ^
Lao- tse siao-scJnd-king,
Wassers. Von Lao-tse. 1 Buch.
Das heilige Buch des löschenden
'3- ^ ^
IS.
W - + #
Lao-tse scMn-fsi loe-ni-scln-tiao king. Das heilige Buch der
einhundert zwanzig Abzweigungen der göttlichen Schrift-
tafeln. Von Lao-tse. 1 Buch.
14 Ä
Kuei-kh-sien-seng kuan-Ung yün-hi tschuen. Ueberlieferungen
von Yün-hi, dem Befehlshaber des Gränzpasses. Von dem
Frübgebornen des Dämonenthaies. 1 Buch.
Die Erklärungen sind von [JH ^^ Sse-hao,
'ö- -1 ft Ä AI # ft f*
Thsing-hm ischin-jia ivang-kiün npi-fschnen. Innere Ueber-
lieferungen von dem wahren Menschen des klaren Leeren,
dem Gebieter von dem Geschlechte Wang. 1 Buch.
!«• i « H ^ a m 51 # ft ;f*
Wang-tschang san-thien fasse tscliang-kiUn nei-fscJmen.
Innere Ueberlieferungen von dem Meister der Vorschrift
der drei Himmel, dem Gebieter von dem Geschlechte
Tsch'ang. Von Wang-tschang. 1 Buch.
''• ^ 1 f^ # ft #
TJ-tsUn mao-kiün nei-tsclnien. Innere Ueberlieferungen von
dem Gebieter von dem Geschlechte Mao. Von Li-tsün.
1 Buch.
^8. g ^ ^ i: S i flu >S- «^ ft «
Liii-sien-seng fhai-kP tso sien-kiiug ko-ki'dn nei-tschncn.
Innere Ueberlieferungen von dem zur Linken der grossen
Gipfelung befindlichen Fürsten der Unsterblichen, dem
Gebieter von dem Geschlechte Ko. Von dem Frühgebornen
von dem Geschlechte Liü. 1 Buch.
208 I'fizmaier.
!!'• m m ^ ^ m A m m
Hoa-kiao thse-yaiig tschhi-jin tscJieu kiiin tficlinen. Ueber-
lieferungen von dem wahren Menschen des purpurnen
Yang, dem Gebieter von dem Gesclilechte Tscheu. Von
Tloa-kiao. 1 Buch.
2f'- ffi # # fllJ A .Ü # It # ft -»
Tschao-schinfj-teng sien-jin ma-kinn yin-kmn nei-tsehiien.
Innere Ueberlieferungen von den unsterblichen Menschen,
dem Gebieter von dem Geschlechte Ma und dem Ge-
bieter von dem Geschlechte Yin. Von Tschao-sching und
Anderen. 1 Buch.
21- il5 # ^ j» t « A » # ft «
Ttichiny-yün-fhsien thsing-Mü tscJdn-jin pei-kinn nei-tschuen.
Innere Ueberlieferungen von dem wahren Menschen des
klaren Leeren, dem Gebieter von dem Gescldechte Pei.
Von Tsching-yün-thsien. 1 Buch.
22. IE ^ ^ Ä Ä # m Ä * A ft #
Fan-mo thse-hiü yuen-kiün nan-yö fn-jin nei-tschuen. Innere
Ueberlieferungen von der zu dem purpurnen Leeren ge-
hörenden Gebieterin von dem Geschlechte Yuen, der
vornehmen Frau der südlichen Berghöhe. Von Fan-mö.
1 Buch.
2^. ^ m m ^ 7b ^ m ^ A p^ n
Hiancj-fsung thse-hiü yuen-kiün icei-fu-jin nei-tschuen. Innere
Ueberlieferungen von der zu dem purpurnen Leeren ge-
hörenden Gebieterin von dem Geschlechte Yuen, der
vornehmen Frau von Wei. 1 Buch.
24. ^m z w^ % ^n
Wang-hi-ischi hiü-sien-seng tschuen. Ueberlieferungen von
dem Frühgebornen von dem Geschlechte Ifiü. Von Wang-
hi-tschi. 1 Buch.
2ö- ;/L ^ Ä iE ft iE
Kieu-hoa ischin-fei nei-ki. Innere Verzeichnungen über
die wahre Königin der neun Blumen. 1 Buch.
IMp ptilogopliiscbpii Werke C'biiiaV in dpiii Zeitalter der Thaiig.
269
-'ß ^ u m Wi m ^y ^ ^ % m f*
Suug-tu-neng sung-kao .schao-schi hhen-thien-ssa tscliuen.
Ueberlieferungen von Kheu-tliien-sse von dem kleinen
inneren Hause des Berges Sung-kao. Von Sung-tu-neng.
3 Bücher.
27. i Ä #
Wancj-hiao-tschupn. Ueberlieferungen von Wang-kiao.
1 Buch.
28 ü ö; * #
H<in-icu-ti tschnen. Ueberlieferungen von dem Kaiser Wu
von Hau. 2 Bücher.
29- m («] n # #
LieAi-hiang lie-sien tschueii. Ueberlieferungen von Unsterb-
lichen. Von Lieu-hiang. 2 Bücher.
^^- Ä ^^ » fili #
Kn-hitng schin-sien fschuen. Ueberlieferungen von göttlichen
Unsterblichen. Von Kö-hung. 10 Bücher.
3'- Ä * ^ flSl fllj #
Kien-SH-tse t/ittng-sien Uchuen. Ueberlieferungen von Un-
sterblichen der Tiefen. Von Kien-su-tse. 10 Bücher.
«2 Mij m %^ m ^ . .
'J')ing-fang-sö schiv-i hing. Das heilige Buch der göttlichen
Merkwürdigkeiten. Von Tung-fang-sö. 2 Bücher.
Die Erklärungen sind von ß^ ^^ Tsch'ang-hoa.
3^- X + ißW iE
Yen sclu-tscheu kL Verzeichnungen über die zehn Inseln.
\ on demselben Verfasser. 1 Buch.
34- ^ ^ a n # iE
Tscheu-ld-tlnouj su-lviUn ki. \'erzeiclinungen über den Ge-
bieter von dem Geschlechte 8u. Von Tscheu-ki-thung.
1 Buch.
3^- ^ BR * * fLlj A Ä f- Ife
Liany-kiuuui nav-hoa sien-jin tsclinang-tse. l'dn. Erörterungen
über Tschuang-tse, den unsterblichen Menschen der süd-
liehen Blumen. Von Liang-kuang. 30 Bücher.
Sitzungäber. d. phil.-hist. Cl. L.XXXIX. Bd. 1 Hft.
20
270
Pf izmaier.
^
41.
^'^- m 0 u A M M m
Nan-hoa ischin-jin tao-te lün. Erörterungen über den Weg
und die Tugend. Von dem wahren Menschen der südlichen
Blumen. 30 Bücher.
3'- -fi -f- i: ife
Jin-fse tao-IUn. Erörterungen des Weges. Von Jin-tse.
10 Bücher.
38. fft Äg « i; ± ife
Jin-kia ku-tao-sse lün. Erörterungen über den Mann des
Weges von dem Geschlechte Ku. Von Jin-kia. 3 Bücher.
Der Mann von dem Geschlechte Ku ist ^ :^ Ku-kö.
39- i:k^B) ^ m m m
Khiii-ivei hoen-yü king. Das heilige Buch der gesammten
Aufnahme. Von Khiü-wei. 1 Buch.
40. t± ^ 1*1 >1<
Tu-i yeu-khieu-tse. Yeu-khieu-tse. Von Tu-I. 30 Bücher.
np-. 5^ ^z7 ^^ iffl ^i
tPI ftfcg :*Z^ "^ :)m. ^%
TscJiang-ki hiuen-schu iliung-i. Die durchdringenden Be-
deutungen des Buches des Himmelfarbenen. Von Tsch'ang-
ki. 10 Bücher.
1^ ?i Ä S « 1 lÄ
Thao-hung-king teng-fschin y in -knie. Verborgene Ent-
scheidungen über aufsteigende wahre Menschen. Von Thao-
hung-king. 25 Bücher.
43. X « IS
Yen tsckin-kao. Meldungen von wahren Menschen. Von
demselben Verfasser. 10 Bücher.
^- m m m ^ ^ M
Tscli nng-f sehen yang-seng yao-tsi. Abgekürzte Sammlungen
über das Nähren des Lebens. Von Tsch'ang-tschen.
10 Bücher.
45. # tt #
Yang-sing tschnen. Ueberlieferungen von dem Nähren des
Angebornen. 2 Bücher.
42
l)ie philosophischen Wprke f'liina's in dem Zeitalter dfir Thang. 27 1
^'5. m -x fi m ^ /f
Tsch'ang-fhai-heng icu-ming-tse. Wu-ming-tse. Von Tsch'ang-
tliai-heng'. 1 Buch.
^>- fiJ i; A * ^ i; m
Lieu-tao-jiii lao-tse hiuen-])u. Die von Lao-tse verfassten
Schrifttafelu des Himmelfarbenen. Von dem Menschen
des Weg-es von dem Geschlechte Lieii. 1 Buch.
« Ü) « # 1^ * ^
Lieu-wu-tai thung-kuang-tse. Tliung-kuang-tse. Von Lieu-
wu-tai. •'^ Bücher.
Die Erklärungen sind von ^ ji| Heu-yen.
«' S A * i: ^ g ;?
Lhig-jin sin-hmen-tse tse-siii. Der geistige Mensch Sin-hiuen-
tse. Mit einer Einleitung von ihm selbst. 1 Buch.
5u. ^ r# -7- g if
Hoa-yang-tse fse-siü. Hoa-yang-tse. Mit einer Einleitung
von ihm selbst. 1 Buch.
Hoa-yang-tse ist ^ ^^ ^ Mao-tsch'u-hiuen.
•^1- M ± m ^
Wu-schang pi-yao. Geheime Erfordernisse des Aller-
höchsten. 72 Bücher.
Ö-2. g; ^
Tao-yao. Erfordernisse des Weges. 30 Bücher.
53. ,^ Ig ^ ^
Ma-kldii-hiö tschuen. Ueberlieferungen von Ma-khiü-hiö.
20 Bücher.
^^ Iß 1 ü Ä f m m m % ie
Kö-hieu han-iou-ti pie-kue thung-ming ki. Verzeichnungen
des Tiefen und Dunklen des besonderen Reiches des
Kaisers Wu von Han. Von Kö-hien. 4 Bücher.
OD.
S: Ä # ^ B Ä
Tao-t.satig gin-i mij-lu. Verzeichuiss der Laute und Be-
deutungen der Kammern des Weges. 113 Bücher.
20*
272
Pfizniaier.
56
57
58
59
60
61.
Von ^^ yg Thsui-sclu, ^ ^ Sie-tsi, i;}(^ ^^ ^
Tsch'in-tsiuen-khi, ^. ^ Tlisiino-hiuen, dem ]\Ianne
des Weges, und Anderen zusammengestellt.
* ä It ^ «
Tsl-tschii yin-fv-king. Das heilige Bucli des verborgenen
Abschnittsrolires. Mit gesammelten Erklärungen. 1 Buch.
^ m m ^ m
Li-tsing yin-fu ki. Die Triebwerke des verborgenen Ab-
schnittsrohres. Von Li-tsing. 1 Buch.
M. ± ^ d'\m + M A m m
Tao-sse li-schao-king scM-i kli.u-mi lün. Erörterung der
zehn Verschiedenheiten und der neun Irrungen, Von Li-
schao-king, dem Manne des Weges. 1 Buch.
i; ± ü) Jt S * i^ a n ü
Tao-sse lieii-tsin-hi lao-fse thung tschü-lUn. Durchgängige
Erörterungen über Lao-tse. Von Lieu-tsin-hi, dem Manne
des Weges. 1 Buch.
X S jE ife
Yen hien-tsching lün. Offenbare richtig-e Erörterungen. Von
demselben Verfasser. 1 Buch.
?g « It n IS k % #
Tsclinng-ko yin-fu-king thai-uni. fschiien. üeberlieferungen
von dem grossen Nichts des heiligen Buches des ver-
borgeneu Abschnittsrohres. Von Tsch'ang-ko. 1 Buch.
62- X m n u m ^ m
Yeu yin-fu-king 'pien-ming Uln. Erörterungen über die
Entscheidung des Lebensloses in dem heiligen Buche des
verborgenen Abschnittsrohres. Von demselben Verfasser.
1 Buch.
Khi-kiue. Entscheidungen über die Luft. 1 Buch.
64. fiip m n m m M m.
Schin-sien te tao-ling-yn kiiig. Das heilige Buch des Er-
langens der geistigen Arzneien des Weges durch gött-
liche Unsterbliche. 1 Buch.
Die philosophischen Werke China's in dem Zeitalter der Thang. 2<3
6-^- m M ^ ^ B
Wang-siang tscK ing-ming thu. ^Abbildungen des Zustande-
biingens des Namens durch das Wasserungethüni Wang-
siang. 1 Buch.
'^•^- n ^^ %k
Tan-scha knie. Entscheidungen über den Mennig. 1 Buch.
Dieses Werk wurde im zwei und zwanzigsten Jahre
des Zeitraumes Khai-yuen (734 n. Chr.) dem Kaiser
vorgelegt.
67. $ ?;. It ^^ IS iE #
Wf^i-hung yin-fu-king tsching-kiuen Die richtige Rolle des
heiligen Buches des geheimen Abschnittsrohres. Von
Wei-hung. 1 Buch.
ÜB. $ M S Oj # 1* It ff ife *
Li-tsmen U-schan-mu tschuen yin-fu hiuen i. Die Ueber-
liet'erung der Bedeutungen des Himmeltarbenen des ver-
borgenen Abschnittsrohres durch die Mutter auf dem
Berge Li. Von Li-tsiuen. 1 Buch.
Li-tsiuen wird ^ ^ \U ^ W. 'f' Öchao-schi-
schan Thä-kuan-tse (Thä-kuan-tse von dem Berge
des kleinen inneren Hauses) genannt. Derselbe er-
langte auf dem Berge ^ Sung, an der Felsenwand
des Tigerrachens den Text des von dem gelben
Kaiser verfassten verborgenen Abschnittsrohres. Man
säg^ ^ ^ ^ Kheu-kien-tschi, ein Tao-sse von
SJl Wei, habe es den berühmten Bergen überliefert.
Als Li-tsiuen auf dem Berge Li ankam, habe ihm
die alte Mutter Thä-kieu-tschi's die Auslegung des
Buches überliefert.
f^^- m m n'k is: ± it i^' m -^
Sche-tsing-neng thai-schang pe-ti Ung-iven. Die geistigen
Schriften des höchsten Kaisers des Nordens. Von Schi-
tsing-neng. 3 Bücher.
70. ^ ^f M, a£ ^ ^ 1* ^
Li-tschnn-fimg tschü tlmi-khien pl-gao. Die Erklärung der
geheimen Erfordernisse des grossen Himmels. Von Li-
tschün-fung. 3 Bücher.
274 Pfizmaier.
"• ^ ± ^ /± * ±^ 7C m # ü IE
Yang-schamj-kid fschü thai-schang hinen-yuen hoanfj-ti
sclunfj-kL Erklärung der höchstweisen Darlei^ungen des
höchsten Kaisers des himinelfarbcneii Ursprünglichen.
Von Yang-schang-khi. 10 Bücher.
72. « 4''- 7C 7& -f- 'Vr> Ä
Thsui-scliao-yuen lao-tse sin-Jdng. Der Spiegel des Herzens
Lao-tse's. Von Thsui-schao-yuen. 1 Buch.
n- M. ^ m ± ± ^ ^ m. ^^ m
Hoang-thien-ynen thai-schang lao-kiiln hien tsi-ki. Ver-
zeichnungen der Spuren der Erscheinung des auf der
Hochebene des erhabenen Himmels wohnenden höchsten
Gebieters Lao. 1 Buch.
Das Werk handelt von dem Herniedersteigen Lao-tse's.
M- S Ä * ^ i w
Liü-schi lao-tse tschang-yen. Die vortrefflichen Worte Lao-
tse's. Von dem Geschlechte Liü. 2 Bücher.
76- 3E :^ g m fiii # #•
Wang-fang-khing schin-sien heu-tschuen. Spätere Ueber-
lieferungen von göttlichen Unsterblichen. Von Wang-fang-
khing. 10 Bücher.
76 ± w ^ 7c 0j -xm « s le
Iliuen-tsin-su yuen-ming thai-thsing scht-pt ki. Verzeich-
nungen über die Steiuwände des ursprünglichen Hellen
und grossen Klaren in den Landstrichen Hiuen, Tsin und
Su, 3 Bücher.
Der Verfasser war in dem Zeiträume Khien-yuen
(758 bis 759 n. Chr.) Vorsteher der Pferde in ^\ }\\
Kien-tscheu. Sein Name ist unbekannt.
1 hoa-hu-king ischuang. Die Art der Bcrathungen über das
heilige Buch der Verwandlungen und der Langjährigkeit.
1 Buch.
Im ersten Jahre des Zeitraumes Wan-sui-tliung-thien
(696 n. Chr.) richtete der Bonze ^^ *^ Hoei-tsching
an den Hof Worte, in welchen er bat, dass man
Die philosophischen Werke China's in dem Zeitalter der Thang. 275
das von Lao-tse verfasste ^ '^B ^. Hoa-hu-king
vertilg-e. Das obige Werk prüft die über diesen
Gegenstand gepflogenen Berathungen.
78. ^ ^H a Ä ® - + -fc ?t mß m m
Ning- tscheu thiong-tschin-kuan ni-schl-thsi-sÖ fsc/nn-hing
thu-fsan. Abbildungen und Lobpieisungen der wahren
Gestalten der sieben und zwanzig Haltstellen der ver-
kehrenden wahren Thorwarte in Ning-tscheu. 1 Buch.
79- i:±4«ÄH-ÄA-+|5|'/öB
Tao-sse ling-hu-kien-yao tsching-yt tscliin-jin ni-schi-sse
tschi-thu. Geordnete Abbildungen von vier und zwanzig
wahren Menschen des richtigen Einzigen. Von Ling-hu-
kien-yao, einem Manne des Weges. 1 Buch.
Der Verfasser lebte in dem Zeiträume Tsching-yuen
(785 bis 804 n. Chr.).
80. « .B ^ .^ It z: # ft #
/Sün-sse-mö ma-yin ni-kiün nei-tschuen. Innere Ueber-
lieferungen von den zwei Gebietern der Geschlechter
Ma und Yin. Von Sün-sse-mö. 1 Buch.
81- X ± m u A m m n m
Yen thai-thsing tschin-jin lien-yün-mu kiite. Entscheidungen
über die geläuterte Wolkenmutter der wahren Menschen
des grossen Klaren. Von demselben Verfasser. 2 Bücher.
Tsche-seng fschin-lÖ. Wahre Verzeichnisse der Erfassung
des Lebens. 1 Buch.
Yang-seng yao-lö. Kurzgefasste Verzeichnisse des Nährens
des Lebens. 1 Buch.
84- m m
Khi-kiue. Entscheidungen über die Luft. 1 Buch.
85. m B m m
Schao-lien pi-kinr. Geheime Entscheidungen über Brennen
und Läutern. 1 Buch.
276
Pfizm aier.
86.
87.
88.
89.
90.
91.
M jM. M 7t 0k
Lkiiii-Jho fhiintj-j/nen kitie. Die Entscheidungen des durch-
driogenden Ursprünglichen. Von Lung-hu. 1 Buch.
Hi )Hu ml v^ m
Lmuj-ha Inan-ji iilen. Die Hefte der geordneten Tage.
Von Lung-hu. 1 Buch.
ö # SB # ife
Yeii-i sehnen fth scheu Hin. Erörterungen über die verborgene
üeberlieferung von Glück und langem Leben. 1 Bucli.
tt 4» * #
Tsclii)t-tschung sii-schii. Die schmucklose Schrift der Mitte
des Polsters. 1 Buch.
Hoei san-kiao lün. Erörterungen über die Vereinigung
der drei Lehren. 1 Buch.
M.
'/ti
92.
9^
94.
95.
96.
Lung-hu pien. Die Hefte Lung-hu's. 1 Buch.
Lung-hu ist ^ ^ ^ Tscheu-hi-peng, genaunt
pg ^ -^ Thsing-lo-tse. Die Erklärungen sind von
g g Jü-teng.
* ^j^^ m m n\m
Tschü'schfw-yang tao-yin-l6. Verzeichnisse der Führung auf
dem Wege. Von Tschü-schao-yang. 3 Bücher.
SR * ^ ^ Ä -7-
Tsch'anrj - tschi-ho hiiien ■ tschin - tse. Hiuen - tschin - tse. Von
Tsch'ang-tschi-ho. 2 Bücher.
Ä fl Ä i^ TC f^
Tai-lden tschin-hiao yuen-fii. Das ursprüngliche Abschnitts-
rohr der wahren Lehre. Von Tai-kien. 3 Bücher.
^ mf % f. 'ii- j&
Yang-sse-fö kien-tscKing sin-hiai. Warnungen des Herzens in
Bezug auf die neun Bestätigungen. Von Yang-sse-fö. 1 Buch.
« ;;g Ä » * »
Peii/ö gen-sch)n,_ tschi-schii. Die rothe Schrift der Ver-
längerung des Lebens. Von Pci-yö. l Buch.
Die philosophiBilien Weike China's in iletn Zeitalter der Thang.
277
98.
f ^< )f M,
Ho-kan-thsüien-sm thumj-kiai lÖ. Verzeichnisse der durcli-
dring-enden Auslegungen. Von Ho-kan-thsiuen-siü. 1 Ruch.
Der Jünglingsname Hö-kan-thsiuen-siü's ist 1^ — •
Hien-yi. Hö-kan ist der Geschlechtsnanie. Der V^cr-
fasser war in dem Zeiträume Ta-tschung (847 bis 859
n. Chr.) beobachtender und untersuchender Ab-
gesandter (ÜB ^^ 'l^ kuan-tscli ä-sse) von Kiang-si.
Scheu-ischin-tse thsin-kien yil. Worte über den Spiegel von
Thsin. Von Tscheu-tschin-tsc. 1 Buch.
^3- i: ± ?s fiii s H ii^ (5 + ft )
Tao-sse tsch'ang-sicn-ting san-thanfj-khiung kang. Das
Rubinenseil der drei Tiefen. Von Tsch'ang-sien-ting, einem
]Manne des Weges. 3 Bücher.
iw- Ä m n -m i - «' ^ h
Tuan-schi-kuei yen isching-yi khi-hoa thu. Ausgefühlte Ab-
bildung der Verwandlung der Luft des richtigen Einzigen.
Von Tuan-schi-kuei. 3 Bücher.
wi- A ^ m 1t ^ S i^ fr H
Niil-tse hu-yin hoang-fing nei king thu. Abbildung des
Glanzes des Inneren des gelben Vorhofes. Von dem Mädchen
Hu-yin. 1 Buch.
102. 5M-+gl.^fc|^4fe;g;|
^ ± ^ I
Tao-sse ma-sching-tsching tso-wang-lün. Erörterungen über
sitzend Vergessen. Von Sse- ma-sching-tsching, einem
Manne des W^eges. 1 Buch.
Yen sieu-seng yang-khi kiuv. Entscheidungen über das
Ordnen des Lebens und das Nähren der Luft. Von dem-
selben Verfasser. 1 Buch.
j.
■ Das liier für yal klii ,Luft' pfebraiu-lite Zeichen felilt in der Typeii-
saniniluiig. Es ist -Ä-- mit tlannitvr gesetztem tn\
Älb Pfizmaier.
"j*- m 7t m 9 s. '^ ^ \u m m ^
Thuiuf-yuen linri-pao ii-yo niinr/sclHOi tsckao-i kirnj. Das
heilige Buch der Weise des Morg-ens der berühmten
Berge, der fünf Berghöhen des tiefen Ursprünglichen,
der geistigen Kostbarkeiten. 1 Buch.
Ku-tsan-liao tschuang-tse thnng-tschin liln. Erörterungen
über den bei Tschuang-tse vorkommenden Verkehr der
wahren Menschen. Von Ku-tsan-liao. 3 Bücher.
Der Verfasser lebte in dem Zeiträume Tschui-kung
(685 bis 688 n. Chr.) als Verborgener in Wu-ling.
106- & m & '& m m ^ 9( ^
Pe-U-tschang tschii hoang-tinf/ nei-king hing. Erklärung des
heiligen Buches des Glanzes des Inneren des gelben Vor-
hofes. Von Pe-li-tschung.
Die Zahl der Bücher dieses Werkes ist unbekannt.
107. X ^ i. M ^ m
Yen san-hiuen tsing-pien liln. Erörterungen über die Unter-
schiede der drei himmelfarbenen Wesenheiten. Von dem-
selben Verfasser, 1 Buch.
108. % t4) Uli m -^ ^ m
U-kiiin schin-sien kho-hiÖ liln. Erörterungen über das
Erlernbare der göttlichen Unsterblichen. Von U-kiün.
1 Buch.
^09. X ^ M Wi
Yeu hiiien-kang liln. Erörterungen über das Seil des
Himmelfarbenen. Von demselben Verfasser. 3 Bücher.
110. m u m w^ m
Ming-tschin ■pien-wu liln. Erörterungen über das Aufhellen
des AVahren und das Unterscheiden des Falschen. 1 Buch.
111. m ^w M m
Fu-tsching tsch'ü-sie liln. Erörterungen über das Stützen
des Richtigen und das Entfernen des Unrichtigen. 1 Buch.
Die philosophischen Werke China's tu dem Zeitalter der Thang. 2l>'
112. m i7 '£ ~s u
Pien fang tsching hoe lim. Erörterungen über die Unter-
scheidung' der Gegenden und die Berichtigung des Irr-
thums. 1 Buch.
113. M: M u ^ 1^
Tao-schi yeu-liue liin. Erörterungen über Vorzüge und
Mängel des Weges und der Buddhalehre. 1 Buch.
114. ^\r> @ m
Sin-mÖ liin. Erörterungen über Herz und Auge. 1 Buch.
115. ^ i$ it m
Fö-tschüu hoa-lün. Erörterungen über Umgestaltung. Von
Fö-tschün. 1 Buch.
11«- ^ 4 1^
Tschii-seng lün. Erörterungen über die Bekundung des
Lebens. 1 Buch.
11'- j^ m ^ m w^
Hing-schin kho-ku liin. Erörterungen über die Möglichkeit,
Gestalt und Geist zu befestigen. 1 Buch.
118. ^ ^ M M Mf> m m ^ 7t m
Li-yen-tschang tsl tsching-tschö lö tschung yuen liin. Erörte-
rungen über das mittlere Ursprüngliche der gesammelten
Verzeichnisse Tsching-tschö's. Von Li-yen-tschang. 1 Buch.
Der Verfasser lebte in dem Zeiträume Thai - ho
(827 bis 835 n. Chr.).
119.
Mö-tscheu und
n' W ^ ^
Schi-kien-ngu pien-i liin. Erörterungen über die Entschei-
dung des Zweifelhaften. Von Schi-kien-ngu. 1 Buch.
Der Verfasser stammte aus g^ ^j»
war in dem Zeiträume Yuen-ho (806 bis 820 n. Chr.)
ein beförderter Gelehrter. Er verbarg sich auf den
Bergen im Westen von ^Ht j*U Hung-tscheu.
120. M. ^ ^ u M. m ^ n \u m
Tao-sse ling-hu-kien-yao yö-sse-schan ki. Verzeichnungen
über den Berg der Edelsteinkiste. Von Ling-hu-kien-yao,
einem Manne des Weges. 1 Buch.
280
121.
Pfizm ai er.
122.
123.
124.
125.
126.
i; :±: ^ ^4^ flS S fe ^J^ »
Tao-sse U-tsckung-ischao nan-yö siao-lö. Kleine Verzeich-
nisse über die südliche Berghöhe. Von Li-tschung-tschao,
einem Manne des Weges. 1 Buch.
a -i» m w m -^
TscKin-fen tu schin-sien tschnen. Fortgesetzte Ueber-
liefernngen von göttlichen Unsterblichen. Von Tsch'in-fen.
3 Bücher.
a; ± *i3 » ® Ä fiij ft *
Tao-sse hu-hoei-tschao schin-sien nei-tschuen. Innere Ueber-
lieferungen von göttlichen Unsterblichen. Von Hu-hoei-
tschao, einem Manne des Weges. 1 Buch.
W '^J^ Wl S lil + - Ä # ft f«
Tsin hung-tschen si-scimn schi-ni tschin-kiiin nßi-tschuen.
Innere Ueberlieferungen von den zwölf wahren Gebietern
der Berge im Westen von Tsin-tscheu und Hung-tscheu.
1 Buch.
$ vif Ä ^ i$
Li-pö fschin-hi tschnen. Angeknüpfte Ueberlieferungen von
wahren Menschen. Von Li-po. 1 Buch.
^ 1 f ' H # ft #
Li-tsün-mao san-kinn nei-tschuen. Innere Ueberlieferungen
von den drei Gebietern. Von Li-tsün-mao. 1 Buch.
127,
128.
Tao-sse hn-fä-tschao hiü-sinen sieu-hung tschnen. Ueber-
lieferungen von dem Ordnen des Wandels der ]M;inner
des Weges: Hu-fä-tschao und Hiü-siuen. 1 Buch.
56 te -^ S ^ * «
TscKanfj-schne humi-i/ai sien-seny tschnen. Ueberlieferungen
von dem Frühgebornen Hung-yai. Von Tsch'ang-schue.
1 Buch.
129.
t\s*->
'A> £ ^ in
Tschnny-hiii-fse hn-hoei-tschao tschnen. Ueberlieferungen von
Tschung-hiü-tsc und Hu-hoei-tschao. 1 Buch.
Die pbilosopliischen Werke China's iu dem Zeitalter der Tliang. 281
Der Name des Verfassers ist unbekannt. Hu-hoei-
tsehao war ein ]\Iann des Weges zu den Zeiten des
Kaisers Kao-tsung.
130. ^s :f. m #
Fnn-tsü)i-sse tschuen. Ueberlieferung-en von dem geehrten
Lehrer von dem Gesclilechte Puan. 1 Buch.
131. W: M- m ^
Tlimi-tsUu'Sse tschuen. Ueberlieferungen von dem geehrten
Lehrer von dem Geschlechte Thsai. 1 Buch.
Der geehrte Lehrer von dem Geschlechte Thsai
hiess mit dem Namen ^ ^ Nau-yö, mit dem
Jünglingsnamen ;;^ ^ Öchö-pao. Ueberzähliger
Leibwächter der Abtheilung des Geldes, gab er sein
Amt auf und Avurde ein Mann des Weges. Er starb
in dem Zeiträume Ta-le (766 bis 780 n. Chr.).
132. ÜJ # IUI ^ a # «
Lieu-kö-schiu sche-fä- sehen tschuen. Ueberlieferungen von
Sche-fä-schen. Von Lieu-kö-schin. 2 Bücher.
133. iE Ä eiü m fllJ -S iJ'" 7C #
Tsching-yuen-sse tsclu-sien thsul-schao-yuen tschuen. Die
Ueberlieferungen von dem Lehrer von Tsching-yuen, dem
beschiddigten Unsterblichen Thsui-schao-juen. 2 Bücher.
134- it 0 ffl « fiij ^ « ia
Yin-ß-yung fn-sien-thsiing hang-ki. Verzeichnungen von
dem Wandel Fu-sien-thsuug's. Von Yin-je-yung. 1 Buch.
Fu-sien-thsung, ein Mann des Weges aus "^ (^
Tse-yang, lebte in dem Zeiträume Khai-yuen (Tlo
bis 741 n. Chr.).
135. %\ % m % % m ^ ^
Sie-liang-.sse ■u-thien-sse nei-tschuen. Innere Ueberlieferungen
von U-thien-sse. Von Sie-liang-sse. 1 Buch.
U-thien-sse ist ^ ( A-A- + j^ ) U-yün.
136- fÄ Jt Jffi a iüt
Wen-tsao kiü-tung schö. Die Erzählung von dem Jünglinge
des Geschlechtes Kiü. Von Wen-tsao. 1 Buch.
282 Pfizmaier.
Der Jüngling- 5 +B ß Kiü-pe-ting aus J^ ^
Schin-khi stieg- in dem Zeiträume Ta-le (766 bis
)ür. Wen-tsao,
Lang - tscheu,
780 n. Chr.) als Unsterblicher em
stechender Vermerker von ^B j*^
erzählte nachträglich dessen Lebenslauf,
137. ^ m M m Ä A #
Li-kien timg-ke tschin-jin tschtien. Ueberlieferungen von
dem wahren Menschen der östlichen Gipfelung. Von Li-
kien. 1 Buch.
Der wahre Mensch der östlichen Gipfelung ist
Hl ^ j^^ Sie-tse-jen aus Ä j^ Ko-tscheu.
138. u # A k #
Kiang-tst im-sien tschuen. Ueberlieferungen von den acht
Unsterblichen von Kiang-tsi. 1 Buch.
Das Werk erzählt von Dingen, die nach dem Zeit-
räume Ta-tschuug (847 bis 859 n. Chr.) stattfanden.
139. i # Ä ^ 4^ Ä
Wang-fschuug-kJdeii tsche-seng ihsuan-lö. Gesammelte Ver-
zeichnisse der Erfassung des Lebens. Von Wang-tschung-
khieu. 1 Buch.
140. Ä üi ^ 4 Ä
Kao-fo tsche-seng-lö. Verzeichnisse der Erfassung des
Lebens. Von Kao-fo. 3 Bücher.
1^1- =fP ;^ ^ 5E ^^
Kö-td fschc-seng-king. Das heilige Buch der Erfassung des
Lebens. Von Kö-tsi. 1 Buch.
142- ± t M 9 ^ m
Schavg -kiian-yi yang - seng -king. Das heilige Buch des
Nährens des Lebens. Von Schang kuan-yi. 1 Buch.
"3. jt # m m h Tt m ik
Khcmg-tschung-Minig fö nei-yuen-khi kiue. Entscheidungen
über den innerlichen Gebrauch der urspi-üuglichen Luft.
Von Khang-tschung-hiung. 1 Buch.
144 m m fi m m &
Khi-king sin-khieu-fö fä. Die neuen und alten Vorschriften
der Anwendung in dem heiligen Buche der Luft. 3 Bücher.
Die pLilosophischen Werke China's in dem Zeitalter der Thang. 283
14Ö. Ä ft A S i^
Khang-tscinn-jin klii-kme. Entscheidungen über die Luft.
Von dem wahren Menschen von dem Geschlechte Khang.
1 Buch.
146. iC S ^ 4 (^ + "-) I*
Thai-iou-sien-seng khi-kiue. Entsclieidungen über die Luft.
Von dem Frühgebornen des grossen Nichts. 1 Buch.
Der eigentliche Name des Verfassers ist unbekannt.
14-. "W ^ m m m M, m
Pu-ti thä 7110 tai-si kiue. Entscheidungen über das Athmen
in dem Mutterleibe. Von Pu-ti-thä-mo. 1 Bach.
148. ^ # m ü ^ » ^ Ä Ä » '«
Li-lin-fu thang-tschao lien fa-tcui kan-ying sung. Lob-
preisungen des Entsprechenden der Bewunderung der
Läuterung des grossen Mennigrothen an dem Hofe von
Thang. Von Li-lin-fu. 1 Buch.
149. m 7t m 9 i> ^ M ^ M t^
Thsui-yuen-tscliin Ung-scha scheu-khi yung-yö knie. Eut-
scheiduneen über die Aufnahme der Luft durch den rein-
geistigen Mennig und dessen Gebrauch als Arznei. Von
Thsui-yuen-tschin. 1 Buch.
150. X S # ife
Yen yUn-viu lün. Erörterungen über die Wolkenmutter
(das Fraueneis). Von demselben Verfasser. 2 Bücher.
Der Verfasser Thsui-yuen-tschin verbarg sich in
dem Zeiträume Thien-pao (742 bis 755 n. Chr.)
auf dem Berge ( (_L| + ^) Min.
151. ÜJ ^ -fr H >g Ä ti
Lieu-tschi-ku ß-yue yuen-fschü. Die ursprünglichen Thür-
angeln der Sonne und des Mondes. Von Lieu-tschi-ku.
1 Buch.
152. m m "f- 7t ^ m ^ m
Hai-tschen-tse yuen-ytng hoan-kin fieu. Die Hefte der
Rückkehr der ursprünglichen Blüthen zu dem Golde. Von
Hai-tschen-tse. 1 Buch.
284 rfi 7.111 aior.
153. m ^ ^ i^ m fi ^. )^ \ä m
Hoan-yang-tse ta-hodii ian-kin hu pe-Inng Hin. Erörterungen
über die grosse Rückkehr des Mennigrethen zu dem
goldenen Tiger und dem weissen Drachen. Von Hoan-
yang-tse, 1 Buch.
Der eigentliche Name des Verfassers, der in der
Verborgenheit lebte, ist unbekannt.
154. m ^y tk ±-mmn^u # i/t n # #■
Tsckin-schao-ivei tliai-t/mng lien tscliin-pao-klng sieu-fö tan-
scha mino-Mue. Wundervolle Entscheidungen über die
Herstellung des liegenden Mennigs des heiligen Buches
der geläuterten wahren Kostbarkeiten der gi-ossen Tiefen.
Von Tschin-schao-wei. 1 Buch.
155- m W: -k n m. m
Yen-tsing tn-ian tschi-lün. Gründliche Erörterungen über
das grosse Mennigi'oth. Von Yeu-tsing. 1 Buch.
Werke über das Oeschleeht Schi-kia.
Bei den Werken über das Geschlecht Schi-kia zählt man
25 Verfasser, 40 Gegenstände und 395 Bücher. Der Name
eines Verfassers ist unbekannt. Von Hiuen-wan angefangen
waren die Werke von 74 Verfassern in 941 Büchern nicht
veröffentlicht worden.
1- 1 ^ R -rP ä ^
Sino-tse-Uaiig tsing-tschU-Ue. Tsing-tschü-tse. Von Siao-tse-
liang. 20 Bücher.
Tsing-tschü-tse ist J g^ { kh + i^ ) Wang-
yungyün.
2- ff ft «6 ft ?E «
ISi'Mg-He.ng-yen fä-yneM ist. Sammlungen des Gartens der
Vorschrift. Von dem Bonzen 8eng-yeu. 15 Bücher.
■i X ^ m M
Yen hung-ming tst. Sammlungen des grossen Lichtes. Von
demselben Verfasser. 14 Bücher.
Die pliilosophischen Werte riiina's in dem Zeitalter der Thang.
285
4.
äP ^
BB
ScJu-Jda pu. Schrif'ttafeln des Hauses Schi-kia. 10 Bücher.
-^^ m ^ ^ pmj
Sä-po-io-sse-tse-tsclmBn. Ueberlieferungen von Sä-p'o-to-sse-
tse. 4 Bücher.
ö « # ^ ^ ft #
Yn-lda-king kao-seng-tschuen. Ueberlieferung-en von hohen
Bonzen. Von Yü-hiao-king. G Bücher.
'• X ft « ff ®
Feit nei-tien pö-yao. Vielseitig-e kurze Fassungen der
inneren Vorbilder. Von demselben Verfasser. 30 Bücher.
iH ^^ yj t^: tt 3ör ztr
8eny-hien-ming tschin-yen yao-lsr Umsehränkte Sammlung
der wahren Worte. Von Seng-hien-ming. 10 Bücher.
IR ^ # ^ r ■*'
Ko-yü sieu to-lo fä-men. Das Thor der Vorschrift Sieu-to-lo
Von Kö-yü. 20 Bücher.
'^- ^ "f mum m^
Lö-tse-i king-lün thsunn-yao. Gesammelte kurze Erörte
ruugen über die heiligen Bücher. Von Lo-tse-I. 10 Bücher
11. ~"
Ku-hoau i-Jäa liin. Ercirterungen über Fremdländer und
Menschen von Hia. Von Ku-hoan. 2 Bücher.
^'^- m. m ^ Mi M
Klen-luan-siao tao-l.ün. Erörteruns-en über die Lehre des
13.
Weges. Von Kien-luan-siao. 3 Bücher.
jt m 1^ =^ -i^ m
Wei-yuen-sung tlisi-san-kiao lün. Erörterungen über die
Gleichstellung der drei Lehren. Von Wei-yuen-sung.
7 Bücher.
"■ t± X K. E p,
Tu yeu kien fsching-Lün. Richtige Erörterungen. Von Tu-
yeu-kien. 3 Bücher.
Sitznugsber. d. phiL-hint. CI. LXXXJX. Bd. I. Hft. 21
286 Pfizmaier.
i^>- ^ S ^ipL ^d^ it ft ^
Li-sse-scliin sin-king lün. Erörterungen über den Spiegel
des Herzens. Von Li-sse-schin. 10 Bücher.
16- Ü ^ SP ==S ff Ä
Pei-tse-ye ming-seng lö. Verzeichnisse berühmter Bonzen.
Von Pei-tse-ye. 15 Bücher.
"• ft » 1^ « ff #
Seng-pao-tschang ming-seng tschnen. Ueberlieferungen von
berühmten Bonzen. Von Seng-pao-tschang. 30 Bücher.
18 X J4 Ä Ä . ,
Yen pi-Jchieii-7ii tscJiuen. Ueberlieferungen von Nonnen.
Von demselben Verfasser. 4 Bücher.
18- ft 1 ß Ä ft
/Seng-hoei-kiao kao-seng tscimen. Ueberlieferungen von hohen
Bonzen. Von Seng-hoei-kiao. 14 Bücher.
20- ft g: ^ ® Ä ft
Seng-tao-thsvng tö-kao-seng tschueh. Fortgesetzte Ueber-
lieferungen von hohen Bonzen. Von Seng- tao- tsung.
32 Bücher.
21. li ?t ^ ^ ^ S erlJ #
Thao-hung-king thsao-thang fasse tschuen. Ueberlieferungen
von Bonzen der Pflanzenhalle. Von Thao-hung-king.
1 Buch.
22. ^ ^ M M "& & m "^
Siao-hoei-li thsao-thang fasse tschuen. Ueberlieferungen
von Bonzen der Pflanzenhalle. Von Siao-hoei-li. 1 Buch.
23. w # eiij #
Tsch'enschen-sse tschuen. Ueberlieferungen von dem Bonzen
von dem Geschlechte Tsch'eu. 1 Buch.
2i- m m z i^ ^ * ^ ti
Yang-hlen-tschl lii-yang kia-lnn ki. Verzeichnungen der
Buddhatempel von Lü-yang. Von Yang-hien-tschi. 5 Bücher.
Die philosophischen Werke China's in dem Zeitalter der Thang. 287
25- ^ fi ^ S ^ S » IB
Fei-fschavg-fang le-tai san-pao ki. Verzeichuang-en der drei
Kostbarkeiten der vorübergehenden Zeitalter. Von Fei-
tschang-fang. 3 Bücher.
Fei-tschang-fang stammte aus Tsch'ing-tu und war
ein Mann des Lernens zu den Zeiten der Sui.
26 Y^ ^ f$ ^ TP 3^
^"- DU ^ J^/t; :qrc it: pffl
Se)ig-yen-tsung-thsnng tsching-lün. Hohe richtige Erörte-
rungen. Von Seng-yen-tsung-thsung. 6 Bücher.
27. }L M -ik PI r- m ii^ m
Yeu tsi scha-men pv-^Jat-sö i. Berathungen von Bonzen,
welche den Gewohnheiten nicht huldigen. Von demselben
Verfasser. 6 Bücher.
28. JÜg ffl ife
Fö-thien lün. Erörterungen über das Feld des Segens.
1 Buch.
29- i; t Ä 5§ # /± ^
Tao-siuen-thung liÖ tsing-tschü-tse. Der abgekürzte Tsing-
tschü-tse. Von Tao-siuen-thung. 2 Bücher.
Hiermit zu vergleichen Nr. 1.
Ye.u tkung-liot- kiue-i lö. Verzeichnisse der Erkenntniss
des Irrthunis und der Entscheidungen des Zweifelhaften.
Von demselben Verfasser. 2 Bücher.
31- » ?t BJ «
Kuang-hnng-ming tsr. Sammlungen des weiten und grossen
Lichtes. 30 Bücher.
32- ^ * 4 « i: ife ü
Tsi kii-kin fö-tao lün-heng. Wagebalken der gesammelten
Erörterungen des Weges Buddha's in dem Alterthum und
iu der Gegenwart. 4 Bücher.
33- a Ä ff ^
Tu kao-seng tscliuen. Fortgesetzte üeberlieferungen von
hohen Bonzen. 20 Bücher.
21*
288 Pfizraaier.
Die Reihe der Bonzen beginnt im Anfange der
Zeiten der Lian«^ (502 n. Chr.) und endet im
neunzehnten .Tahi'e des Zeitraumes Tsehiug-kuan
(64G n. Chr.).
34- # « a Ä fl
Heu-tsl tu kao-seng tschuen. Später gesammelte Fortsetzungen
der Ueberlieferungen von hohen Bonzen. 10 Bücher.
3Ö. :^ g H g Ä a i^
Tung-liia san-jJao kan-thung lö. Verzeichnisse des Bewun-
derns und des Verständnisses der drei Kostbarkeiten von
Tung-hia. 3 Bücher.
36- ;»c ji ^, ü ft « Ä
Ta-thang tscliing-kuan nei-tien 16. Verzeichnisse der inneren
Vorbilder des grossen Thang in dem Zeiträume Tsching-
kuan (627 bis 649 n. Chr.) 10 Bücher.
37- 1 # A Ü Si « * & Ä ff «
l-tsing ta-thang si-yl khieii-fä kao-seng tscJinfni. Ueber-
lieferungen von hohen Bonzen , welche die Vorschrift
suchten, aus den Ländern der westlichen Gränzen, zu
den Zeiten des grossen Thang. Von I-tsing. 2 Bücher.
38 ft * » jE Ü
Fä-tscilin jnen-tschiug-Jün. Unterscheidende richtige Erörte-
rungen. Von Fä-tsch'in. 8 Bücher.
Die Erklärungen sind von ^ ^ _^ Tschin-tse-
lang.
39. X « ?P ife
Yen fto-sie liln. Die das Unrecht brechenden Erörterungen.
Von demselben Verfasser. 2 Bücher.
Der Geschlechtsname Fä-tsch'in's ist |^ Tschin.
^M 7t^ Fu-}'!^ Gebietender des grossen Vermerkers,
bat, dass man die Lehre Bnddha's abschaffe. Fä-
tsch'in machte dagegen Einwendungen. Er wurde
verbannt und starb in Schö.
Die philosophischen Werke China's in dem Zeitalter der Thang. 289
«^ IM m + fi m ^
Fö-Ii schi-men pien-hoe lün. P]rörterungen über die Unter-
scheidMng des Irrthums an den zehn Thoren der Ge-
bräuche der Entgegnung-. 2 Bücher.
Dieses Werk war im zweiten Jahre des Zeitraumes
Yung-lung (681 n. Chr.) das Lehrbuch des Nach-
folgers.
^1- ^ J: » 7^ ffi ife
Yang-.schanf/-schen lÖ-tsiü lün. Erörterungen über die sechs
wichtigen Dinge. Von Yang-schang-schen. 6 Bücher.
42. X H 1: 1^ Bj
Yeu san-kiao tsiaen-heufj. Die Wagebalken der drei Lehren.
Von demselben Verfasser. 10 Bücher.
43. ff 3fe M nm # tt H m H »
Seng-hluen-wan fö-kiao Imu-tai kut-wanfj schang-li san-pao
fä. Die Weise, in welcher in den der Lehre Buddha's
nachfolgenden Zeitaltern die Könige der Reiche gemäss
den di'ci kostbaren Dingen belohnten und straften. Von
Seng-hiuen-wan. 1 Buch.
^- X ^ m m ^m
Yeu nijan yang thsang-seng lim. Erörterungen über das
ruhige Nähren des grünenden Lebens. Von demselben
Verfasser. 1 Buch.
-i^- ^ M ^
/San-te-lün. Erörterungen über die drei Tugenden. Von
demselben Verfasser. 1 Buch.
Seng-hiuen-wan (d. i. der Bonze Hiuen-wan) führte
den Geschlechtsnamen ^ Yang und stammte aus
Sin-fung. Die obigen Werke wurden im zehnten
Jahre des Zeitraumes Tsching-kuan [6'dl n. Chr.)
dem Kaiser vorgelegt.
*6- A Miiy n
Jl-tao fang-pieii men. Das bequeme Thor, um den Weg
zu betreten. 2 Bücher.
290
Pfizmaier.
47. ^ $f g Ä
1'schuiig-king mö-lö. Das Inhaltsverzeichniss sämmtlicher
heilig-er Bücher. 5 Bücher.
48. it ift ife
King-yü lün. Erörterungen über die Kundgebung des
Spiegels. 1 Buch.
49. « ffi ^
Wu-ngai ynen-khi. Der Ursprung des Ungehemmten. 1 Buch.
so. + a ^ « Ä
Sclil-tschung tÖ-king-i. Die zehnerlei Arten des Lesens der
heiligen Bücher. 1 Buch.
51- M M m m
Wu-tsin-tmng-i. Die Weise der unerschöpflichen Kammer.
1 Buch.
•^2. II Ä «
Fä-kiai yuen-khi. Der Ursprung der Verbote. 2 Bücher.
53- ä # ft H
Fä-kiai-seng-thu. Zeichnungen der Bonzen der Gränze der
Vorschrift. 1 Buch.
54. + ^ ^
ScM-pü-liin. Die zehn nicht erörterten Dinge. 1 Buch.
55. 1'^ '1^
Thsien-hoei-tsüi fä. Die Weise der Bereuung der Sünden.
1 Buch.
56- 11 « Ä J^
IJ-fb i-scln. Die Weise der Verehrung Buddha's. 2 Bücher.
57. ^ m ^X ^ y^ m
Li-sse-tsching nei-te-lün. Erörterungen der inneren Tugend.
Von Li-sse-tsching. 1 Buch.
Der Verfasser stammte aus Schang-thang und lebte
in dem Zeiträume Tsching-kuan (627 bis 649 n. Chr.).
Die philosophischen Werke China's in dem Zeitalter der Thang. 291
58. ff tt ^ m -M-
\m u; ^ m m — m pf
iSeng-fä-yün pien-Uang san-kiao lün. Unterscheidende und
ermessende Erörterungen der drei Lehren. Von Seng-fä-
yün. 3 Bücher.
59- X + S s « ig
Yen schi-icaufj san-nie lün. Erörterungen der drei Be-
schäftigungen der zehn Könige. Von demselben Verfasser,
10 Bücher.
«0. M"^ X m y± m ^
Tao-smen yeu siuen tschil kiai pen. Auf der Breitung des
Weges nochmals gewählte Erklärungen der Grundlage
der Verbote. 2 Bücher.
61- it iE
Su-ki. Weitere Verzeichnungen. 4 Bücher.
62. /i iig ^
Tschü khie-mo. Erklärungen der Vorschrift. ^ 2 Bücher.
63. i^ IE
Su-ki. Weitere Verzeichnungen über dasselbe Werk.
4 Bücher.
Hang-sse sien-pu lio-i. Vorschriften für die zu verrichtenden
Dinge. Mit Abstrichen und Ergänzungen. 3 Bücher.
65. g p^ IE ft lic \% ji
Schl-men tsching-hang thsien-Jwei-i. Die Weise des richtigen
Handelns und der Reue gemäss der Buddhalehre. 3 Bücher.
66. g p^ t: #/ fe a
Schl-men loang-xce king-tschung-i. Die Weise der Leichtig-
keit und Schwere der zu Grunde gehenden Dinge ge-
mäss der Buddhalehre. 2 Bücher.
67. g P-I * » Ä
Schl-vien tschang-fö-i. Die Weise der glänzenden Kleidung
gemäss der Lehre Buddhas. 2 Bücher.
^tM J^ Ehic-mo, ein Sanscritwort, hat den Sinn von ^ fä ,Vor8clirift
292 Pfizmaier.
<^»- m n m ^ m
jSchü-vieii kiiei-kiny-i. Die Weise der Zuflucht und der
Ehrerbietung- gemäss der Lelire Buddha's. 2 Bücher.
69- S PI Ä & Ä ,
Scht-men hu-fä-i. Die Weise der Beschützung gemäss der
Lehre Buddha's. 2 Bücher.
'0. S « Ü B&
Schi-schi p'it-liö. Abgekürzte Schrit'ttafeln des Geschlechtes
Schi-kia. 2 Bücher.
71- H Ji; Ä ffi H Ä
iSching-tsl hien-tsai thu-tsan. Abbildungen und Lobprei-
sungen der gegenwärtigen höchstweisen Spuren. 2 Bücher.
72- # -ft m 'ffif ffl «
FÖ-hoa tuny tschau thu-tsan. Abbildungen und Lobprei-
sungen der allmälig nach Osten dringenden Umgestaltungen
durch Buddha. 2 Bücher.
73. g Ä 3J^ ^.
Scht-kia famj tschi. Denkwürdigkeiten von den Gegenden
Schi-kia's. 2 Bücher.
74. ff ^ S^ A Ü Ä ^ Ä «
iSenrj-ijiin-tslüK] ta-thaiuj king-sse lö-fschuen. Verzeichnete
Ueberlieferungen von Tempeln der Mutterstadt des grossen
Thang. Von Seng-yen-tsung. 10 Bücher.
75. X fpn z^ m m
Yen schn-vieii pu-king lu. Verzeichnisse von Unehrerbietig-
keit der Bonzen. Von demselben Verfasser. 6 Bücher.
Der Verfasser stammte aus Lung-sö. Zu den Zeiten
der Sui gab es zwei Menschen Namens Yen-tsung.
'^^- i2. m -k M ^ ^ % ^
liiuen-ying ta-thang tschung-kiug yin-i. Die Laute und
Bedeutungen der heiligen Bücher des grossen Thang.
Von Hiuen-ying. 25 Bücher.
'?'?■ iL \% ^ m Wi
Hiuen-icen king-fu liui. Erörtej'ungen über Ehrerbietung
und Glück. Von Hiuen-wen. 10 Bücher.
Die philosophischen Werke China's in dem Zeitalter der Thang.
293
78- X ^^ m
Yen liö-lün. Abgekürzte Erörterung-en. Von demselben
Verfasser. 2 Bücher.
79.
HO.
81.
83.
A >J^ S II
Ta-siao sclnnij-kuan men. Das Thor des Söllers der grossen
und kleinen Stufen. 10 Bücher.
ä IS # # *
Fä-yuen tschü-lin tsl. Sammlungen des Perlenwaldes des
Gartens der Vorschrift. 100 Bücher.
m » % ff Ä m ^ B&
Sse-fen-liö seng-ni thao yao-liö. Kurzgefasste Znrecht-
bringung der Bonzen und Nonnen durch vier Gesetz -
abschnitte. 5 Bücher.
t 3g^ g « ä
Kin-kiüiij puan-jo-kitKj tsi-tscldl. Sammlung und Erklärung
der diamantenen heiligen Bücher des Verstandes. 3 Bücher.
82. ^ Hl,
0
>C
Pe-ijuen-wen. Die Schrift der hundert Bitten. 1 Buch.
Die obigen fünf Werke sind ebenfalls von Hiuen-
wen verfasst. Dessen ursprünglicher kleiner Name ist
^* [y^ Tao-schi.
^i- ^ m& ^ m ^ 1^ u
Hiuen-fan tschü kin-kang fan-jÖ-king. Erklärungen der
diamantenen heiligen Bücher des Verstandes. Von Hiuen-
fan. 1 Buch.
85- X & ~ % ^ mm ^n-
Yeu tschü ni-ti san-tsang sching-kiao aiü. Erklärungen der
Einleitung zu den höchstweisen Lehren der drei Kammern
der zwei Kaiser. Von demselben Verfasser. 1 Buch.
Die zwei Kaiser sind Thai-tsung und Kao-tsung von
Thang.
«6- « * m m + m m mm i *
Hoei-kiÖ hoa-i/en schi-ti loei-tno tsuan i-tschung. Abschnitte
gesammelter Bedeutungen des Buches der Secte Hoa-yen,
294 rfizmaier.
der zehn Giundlageii und des Buches Wei-mo. Von Hoei-
kiö. 13 Bücher.
Der Verfasser gehörte zvi dem Geschlechte ^fr Fan.
Er lebte in dem Zeiträume Wu-te (618 bis 626 n. Chr.).
87. « ^ B ^ i^ n #
Hang-tjeu i-tschi scha-men tschuen. Ueberlieferung-en von
dem als Freund handelnden, bekannten Bonzen. 1 Buch.
Das Werk handelt von |'^ J^ j\M Seng-hai-schün.
88. g; ^ S ^ * ^
Tao-yö san-tsang-pen su. Weitere Erklärungen des Textes
der drei Kammern. Von Tao-yö. 22 Bücher.
Der Verfasser gehörte zu dem Geschlechte ^^ Meng.
Er stammte aus Ho-yang und lebte in dem Zeit-
räume Tsching-kuan (627 bis 649 n. Chr.).
89- 1; Ä ü 'Ci' ^ * # #
Tao-kki tsd-sin hmen-tschang fing thsiao. Die Abschnitte
des vermischten Himmelfarbenen des Herzens. Mit Auf-
zeichnungen. Von Tao-khi. 8 Bücher.
90. X A * * #
Yeu ta-sching-tschang thsiao. Die Abschnitte der grossen
Stufen. Mit Aufzeichnungen. Von demselben Verfasser.
8 Bücher.
Der Verfasser gehörte zu dem Geschlechte ^ Liü.
Er stammte aus Tung-ping und lebte in dem Zeit-
raimie Tsching kuan.
91- ^ jE * jß ^
Tschi-tsching hoa-yen su. Weitere Erklärungen von der
Secte Hoa-yen. Von Tschi-tsching. 10 Bücher.
Der Verfasser gehörte zu dem Geschlechtc Q Pe.
Er stammte aus Ngan-hi und lebte in dem Zeit-
räume Tsching-kuan.
92. m n m. 1^ ^ -^c
Hoei-tsing tsä-sin-Jnnen iven. Die Schrift des vermischten
Himmelfarbenen des Herzens. Von Hoei-tsing. 30 Bücher.
Der Verfasser gehörte zu dem Geschlechte -j^ Fang.
Er war zu den Zeiten der Sui Sohn des Reiches
und vielseitiger Gelehrter.
Die philosophischen Werke China's iu dem Zeitalter der Thang. 295
^3. X M ^ m ^ ^M
Yeu kiü-sche lün-ioen su. Weitere Erklärungen der Schrift
der Erörterungen der Secte Kiü-sche. Von demselben
Verfasser. 30 Bücher.
9i- iK nt m m >t: i^
Ta-tschuang yen Hin tcen-su. Weitere Erklärungen der
Schrift der Erörterungen des grossen Ernsten. 30 Bücher.
95- a H Ä m Ök
Fä-hoa-king tman-schÖ. Gesammelte Fortsetzungen des
Buches der Blumen der Vorschrift. 10 Bücher.
96- S5 ts A * Ä * ife
No-ti ta-sching tsi-i Um. Erörterungen über die gesam-
melten Berathungen der grossen Stufen No-ti's. 40 Bücher.
Q7 W ^ i^
1^ 75*C MnM
. Schi-i liin. Erörterungen über zweifelhafte Dinge der
Buddhalehre. 1 Buch.
98- '^ ^ Bl JS * Ä
Tschü kin-kang fan-jö king. Erklärungen des diamantenen
heiligen Buches des Verstandes. 1 Buch.
99. S IS ^ j?
Tschü-king kiang-siü. Einleitung zu den Auslegungen der
heiligen Bücher. 1 Buch.
100. i: #• ^ ;M ^ *
Hiuen-hoei i-yuen locn-'pen. Die Quelle der Bedeutungen
und die Grundlage der Schrift. Von Hiuen-hoei. 4 Bücher.
loi. X H* :^ S #
Yeu schi-ioen sciä thsino. Auslegungen der zur Zeit be-
stehenden Schrift. Mit Aufzeichnungen. Von demselben
Verfasser. 4 Bücher.
102. n ' ^ Ä :g 'Kl
Nie-puan i-tschang-kiü. Die Bedeutungen des Buddhatodes.
Nach Abschnitten und Sätzen. 13 Bücher.
' Das liier fehlende Zeichen ist aus •/ links, H rechts oben und -j-*
unten zusammengesetzt.
^yb Pfizmaier.
Der Jüui^ling'snairie des Verfassers ist *Im ||/f Hoai-
mi, der Gesclilechtsnamo ja Öi. Der Verfasser
stammte aus Ngan-ting; und lebte in dem Zeiträume
Tsching-kuan.
if'ä. » #: H yC> ^ e # IS
Hoei-hieu tsä sin-hiuen tschang-thsiao-su. Die Abschnitte
des vermischten Himmelfarbenen des Herzens. Mit Auf-
zeichnungen und weiteren Erklärungen. Von Hoei-hieu.
Die Zahl der Bücher war unbekannt. Der Ge-
schlechtsname des Verfassers ist ^ Yö.
lo*- mm ü'm m^
Ling-jiln nie-puan i-stt. Weitere Erklärungen der Bedeu-
tungen des Buddhatodes, Von Ling-jün. 13 Bücher.
105. X i^ M
Yen, hiiien-tschanc/. Die Abschnitte des Himmelfarbenen.
Von demselben Verfasser. 3 Bücher.
106. m ^M i^ m m ^ ^p
Pien-sche ta-sching lün-i thsiao. Die Bedeutungen der rings
gesammelten Erörterungen der grossen Stufen. ]Mit Auf-
zeichnungen. 13 Bücher.
107. i: ^
Hiuen - tscliang. Die Abschnitte des Himmelfarbenen.
3 Bücher. 2
Der Verfasser der obigen vier Werke, mit dem
Schriftstellernamen Ling-jün genannt, gehörte zu
dem Geschlechte W^ Liang.
108. m n ^s m ^
Pien-siang sclie-lün su. Weitere P]rklärungcn der ge-
sammelten Erörterungen. Von Pien-siang. 5 Bücher.
' Das hier fehlende Zeichen ist das zu Nr. 102 dargelegte.
2 Ein zweites Werk dieses Namens. Weiter unten tblfft noch ein drittes.
Dio pliilosophisclieii Wpilte f'liina's in dem Zeitaltfr der Thang. 2^ i
10!'. i; (ji± + i<:)' i^ B m iä m
Iliuen-tsang ta-thang si-yl ki. Verzeielmungen von den
Ländern der westlichen Gränzen zu den Zeiten des grossen
Tiiang". Von Hiuen-tsang. 12 Bücher.
Der Geschlechtsname des Verfassers ist |^ Tschin.
no. m ^M m m iE
Pien-ki si-yl ki. Verzeichnungen von den Ländern der
westlichen Gränzen. Von Pien-ki. 12 Bücher.
111- m Wi ^ n ^ # IE
Thsing - tscli e kin-ling thä-sse ki. Verzeichnungen von
Pagoden und Tempeln von Kin-ling. Von Thsing-tsch'e.
3G Bücher.
112- enj ^ # ft H I # ff iE
Sse-tsche ihsien-tai kuc-ioang sieu-hang ki. Verzeielmungen
von dem Ordnen des Wandels der Könige der Reiche
der früheren Zeitalter. Von Sse-tsche. 5 Bücher.
Dieses Werk erschöpft die Zeiten des Kaisers
Tschung-tsung (684 bis 709 n. Chr.).
11^- i^ B P^ m m
Ta-fhang nei-tien lö. Verzeichnisse der inneren Vorbilder
um die Zeiten des grossen Thang. 10 Bücher.
Dieses Werk wurde von dem Bonzen des Klosters
^^ 0^ 8i-ming zusammengestellt.
"4. # n ' Wi 7c ft ^\ 11 m
Mu-khiil khai-yuen nei-ioai-king lö. Verzeichnisse der
inneren und äusseren mustergiltigen Bücher des Zeit-
raumes Khai-yuen (713 bis 741 n. Chr.). Von Mu-khiü.
10 Bücher.
Die Verzeichnisse enthalten ungefiihr 2500 Werke
über Tao- und Buddhalehre in uno:efähr 9500 Büchern.
' In dem hier darg-elegten Zeiolien ist -r^ rniter qj; zu setzen.
2 Das liier fehlende Zeichen ist aus O oben links, B^ oben rechts und
-y^ unten zusammengesetzt. Es fehlt auch in Khang^-hi.
2u(j PfizmaiPr.
115. ^ ^ » # #
Tschi-khiü j)ao-liii tschnen. Ueberlieferuugen von dem
Walde der Kostbarkeiten. Von Tsclu-khiü. 10 Bücher.
i'6- i^ "^ ^ m m ^
Fä-tschang sche-lün t-sv. Weitere Erklärungen der Be-
deutungen der gesammelten Erörterungen. Von Fä-tschang.
8 Bücher.
117. X ^ M
Yen hiuen-tschang. Die Abschnitte des Himmelfarbenen.
Von demselben Verfasser. 5 Bücher.
Der Verfasser gehörte zu dem Geschlechte B^ Tsch'ang
und stammte aus Nan-yang, Er kommt am Ende
des Zeitraumes Tsching-kuan (649 n. Chr.) vor.
118- mm ^ m ® * « ^^^.^ *
Hoei-neng kln-kang fan-jö-kwg keu-kiue tsching-i. Die münd-
lich dargelegten richtigen Bedeutungen der heiligen Bücher
des Verstandes, Von Hoei-neng. 1 Buch.
Der Verfasser gehörte zu dem Geschlechte Jm Lu
und stammte aus Khiö-kiaug.
119- ff m IM *. IE % -ä M ^ m m
St^ng-kuan-ting sse-ki thien-tai tschi-tsche sse-fschi. Der Sinn
der besonders verzeichneten Aussprüche der Verständigen
der Secte Thien-tai. Von Seng-kuan-ting. 1 Buch.
1-^0. X Ä iE
Yeu i-ki. Verzeichnungen der Bedeutungen. Von demselben
Verfasser. 1 Buch.
Der Jünglingsname des Verfassers ist ^ ^^ Fä-
yün, dessen Geschlechtsname ^i ü.
121- i; # # ± ife
Tao-tschb tsing-tu lim. Erörterungen über die reine Erde
(das Paradies). Von Tao-tschö. 2 Bücher.
Der Verfasser hiess mit dem Geschlechtsuamen j^
Wei. Er stammte aus Wenschui in Ping-tscheu.
122. i; # ^T ffl
Tao-tsclw hang-tim. Die Zeichnung des Wandels. Von
Tao-tschö. 1 Buch.
Die philoBophischen Werke China's in dem Zeitalter der Tliang. 299
1-^3. ^ -t j£ ^ E ^ #
Tschi-scheu n-pu Jchiü-fen thsiao. Die verborg-enen Antheile
der fünf Abtheilungen. Mit Aufzeichnungen. Von Tschi-
schen. 21 Bücher.
Der Geschlechtsname des Verfassers ist Ö^ "^
Hoang-fu.
124- ^ m n » m
Fä-li sse-fen su. Weitere Erklärung-en der vier Antheile.
Von Fä-li. 10 Bücher.
Yeu khie-mo su. Weitere Erklärungen der Vorschrift. Von
demselben Verfasser. 3 Bücher.
126. :^ ü^ ^
Sche-thsien i. Die Weise der Verwerfung der Reue. 1 Buch.
127. H 2 j^
King-fschnng i. Die Weise des Leichten und Schweren.
1 Buch.
Der Geschlechtsname des Verfassers der obigen vier
Werke ist ^ Li.
128. mm m » m ^M
Hoei-mnan sse-fen-liö su. Weitere Erklärungen der Gesetz-
abschnitte der vier Antheile. Von Hoei-muan. 20 Bücher.
Der Verfasser gehörte zu dem Geschlechte ^ Liaug
und stammte aus Tschang-ngau in dem Kreise der
Mutterstadt.
129. m^ + li * IE
Hoei-min schi-sung sse-Jci. Besondere Verzeichnungen von
den zehn Hersagungen. Von Hoei-min. 13 Bücher,
130. X in fL n »
Seng-ni hang-sse. Die von Bonzen und Nonnen verrichteten
Dinge. Von demselben Verfasser. 3 Bücher.
1 Für dieses Zeichen wird, wie in Nr. G2, auch f& kJiie gebraucht.
300
131.
132.
P f i z m n i e r.
133.
134.
135.
136.
137.
138.
Ni-tschung khie-mo. Die Vorschriften der Nonnen. 2 Bücher.
^ » ?S « ^
Pu-sä kiai-i su. Weitere Erklärungen der Verbote der
Gottheiten. 4 Bücher.
Der Verfasser der obigen vier Werke hiess mit dem
Jünglingsnamen ^ ^ Hiuen-sn und stammte aus
Ho-tung.
S: m -A m w iii
Khung-tsaiig ta-sching yao kiü. Die Sätze des Erforder-
nisses der grossen Stufen. Von Khung-tsang. 3 Bücher.
Der Verfasser hiess mit dem Geschlechtsnamen ^
Wang und stammte aus Sin-fung.
ü ^ s Ä ft «
Tao-ff<nng ta kao-seng tschuen. Fortgesetzte Ueberlieferungen
von hohen Bonzen. Von Tao-tsuns:. 32 Bücher.
^
^ ^ ;4 ^
Hiuen-tsnng tscJiü kin-kang ■puan-jo-king. Erklärungen des
diamantenen heiligen Buches des Verstandes. Von Kaiser
Iliuen-tsung. 1 Buch.
€ m » ä> wii ^ ß- u ^ 'M. m
Tao-yin yü-tschü kin-kang inian-jo-king sv. siuen-yen. Ver-
breitung der weiteren Erklärungen der kaiserlichen Er-
klärung der diamantenen heiligen Büchei- des Verstandes.
Von Tao-yin. 3 Bücher.
Kf(o-seng lan-tsau tschuen. Ueberlieferungen von dem hohen
Bonzen I^an-tsan. 1 Buch.
Dieser Bonze lebte in dem Zeiträume Thien-pao
(742 bis 756 n. Chr.).
Ä ff Ä PI m ^ M
Ytten-icei f.schin-men schhuj-tscWev. Die Samndungen der
höchstweisen Nachkommen des wahren Thores. Von Yuen-
wei. 5 Bücher,
Die philosopliiscbon Werte Cliinii's in dem Zeitalter der Thang. 301
139- ft ^ /ft y^ mi. Ä » IB
Seng-fä-lini 16-tsu-fä pao-ki. Kostbare Verzeichnungen der
Vorschrift der sechs Ahnherren. Von 8eng-fä-hai. 1 Buch.
140. ^ m i^ ^' n ^
Sin-thsung seng kia hang tschunug. Die Handlungsweise
der Bonzen. Von Sin-thsung. 1 Buch.
1«. m tf m m m ^
Schin-kiai wei-mo-king su. Weitere Erklärungen des
heiligen Buches Wei-mo. Von Schin-kiai, 6 Bücher.
W2- » 'Ä S UJ # tt # IE
Ling-timan sche-schan si-hia sse-ki. Verzeichnung-en von
dem Tempel Si-hia auf dem Sche-schan. Von Ling-thuan.
1 Buch.
143. ^ tn M
P'o-hu tst. Sammlungen von P'o-hu. 1 Buch.
Das Werk enthält Verordnungen über die Vor-
schrift Buddha's. '
1«. ^ fit *s ^ it «
l'ä-fsang-khi sin-Iün su. Weitere Erklärungen der Erörte-
rungen des Glaubens. Von Fä-tsang-khi. 2 Bücher.
Fä-lin pie-tschueM. Besondere Ueberlieferungen. Von Fä-
lin. 2 Bücher.
146- fi m »u ^ m
Td-thaug klng-sse sse-lö. Verzeichnisse der Tempel der
Mutterstadt um die Zeiten des g-rossen Thaug.
Die Zahl der Bücher ist unbekannt.
!«• ^ % m m M
Hiuen-kiÖ yimg-kin ts'i. Die Sammlungen des Zeitraumes
Yung-kia (307 bis 312 n. Chr.). Von Hiuen-kio. 10 Bücher.
148. « » m f\ m^
Hoai-hai schen-nien khuei-scM. Regeln und Muster für die-
jenigen, welche in den Bonzenstand treten. Von Hoai-
hai. 1 Buch.
' Die eigentliche Bedeutung von P'o-hu ist ungewiss.
Sitzungsber. d. phil.-hist. Cl. LXXXIX. Bd. I. Hft. 22
302 Pfizmaier.
143- # « # '<i> ^ ^
Hi-yüii tschuen-sin fä-yao. Das Erforderliche der Vor-
schrift der Ueberlieferung des Herzens. Von Hi-yün.
1 Buch.
150. ^ ^ ^ iE ife
Hiuen-i-khien tsching -lün. Richtig-e Erörterungen. Von
Hiuen-I-khien. 3 Bücher.
151 Tfe * ä ft * ife
Kunng-yao tschü seng-tschao lün. Erklärung der Erörte-
rungen Seng-tschao's. Von Kuang-yao. 3 Bücher.
152. ^ ^ ^ Ü 5£ Ä
Li-fan-hiuen sching kldü-liü. Die Feldhütte der Höchst-
weisen. Von Li-fan-hiuen. 1 Buch.
153. Ö ß ^ A if Ä « Ü
Pe-khiü-yl pä-tschan tlmng-tschin i. Berathungen über den
achtfachen allmäligen Verkehr mit dem Wahren. Von
Pe-khiü-yi. 1 Buch.
154- -b ff p Ufe
Thsl-kho i-tschuang. Die Bedeutung der sieben Stufen.
1 Buch.
Das Werk enthält Fragen und Antworten.
lö^S i^ © tfc "^
100. ^ "^ tk ^
Si-hien fä tsiuen. Die Ausgezeichneten der Vorschrift.
Von Si-hien. 1 Buch.
Das Werk enthält Erörterungen eines Bonzen mit
zwei Würdenträgern über die Bücher Buddhas. '
166. JP 1 A ffi
Schen-kuan pä-tven. Acht Fragen des Gränzpasses der
Secte Sehen. 1 Buch.
Das Werk enthält Fragen und Antworten.
157. ff ^ ^ g ^ ^ ^
Seng-yi-hang schi-schi hi-lö. Gebundene Verzeichnisse über
das Geschlecht Schi-kia. Von Seng-yi hang. 1 Buch.
' Ob der Verfasser sich den Namen Si-hien beilegt, oder ob dieser Aus-
druck eine allgemeine Bedeutung, etwa .sich auf die Stange der Weis-
heit setzen' hat, lässt sich nicht bestimmen.
Die pliiloEophisclipn Werke China's in dem Zeitalter dnr Thang. oOo
168- ^ m m u m m m
Tsung-mt schen-yuen tschü-isiuen tsi. Sammlung- der Dar-
legungen von der Quelle der Seete Sehen. Von Tsung-
mi. 101 Bücher.
Yeu khi-sin Hin. Erörterungen des Glaubens. Von dem-
selben Verfasser. 2 Bücher.
160. fe >^ gfe #
Khi-sin-liln t/isiao. Aufzeichnungen zu den Erörterungen
des Glaubens. 3 Bücher.
161- m A m
Yiien-jin /'du. Erörterungen des Menschen von Yuen. '
1 Buch.
162. HI ft Ä ^ ^J^ ^ #
Yuen-kiö-king ta-siao su-thsiao. Grosse und kleine Ei'-
klärungen des heiligen Buches Yuen-kiö. Mit Aufzeich-
nungen. 1 Buch.
1Ö3. ^m wl ^ m ^^ m. ^
Thsii-nan inian-jö-king pin sung-khi. Lobpreisende Ge-
dichte zu dem hejligen Buche des Verstandes. Von Thsu-
nan. 1 Buch.
164. ^ ^ M m
Yeu 2^^io-sie lUn. Erörterungen über die Tilgung des Un-
rechts. Von demselben Verfasser. 1 Buch.
Der Verfasser lebte in dem Zeiträume Ta-schün
(890 bis 891 n. Chr.).
165- ^ m $^ n m
Hi-hoan-thsan ihung-khi. Die übereinstimmenden Aus-
schnitte. Von Hi-hoan-thsan. 1 Buch.
166. H # A * « ^
Liang-kiai ta-sching-king yao. Das Nothwendige des
heiligen Buches der grossen Stufen. Von Liang - kiai.
1 Buch.
1 Ueber den Menschen von Yuen ist nichts zu ermitteln.
22*
304 Pfizmaier.
16'- X it n i: -(& '« #
Yeu kt-li tao-su sung-khi. Lobpreisende Gedichte zur An-
eiferung der Bonzen und Laien. Von demselben Verfasser.
1 Buch.
168. ^ iz m -k '^
Kitang-jin sse ta sung. Vier grosse Lobpreisungen. Von
Kuang-jin. 1 Buch.
169. X m m m M ^ m
Yeu liö hoa-yen tschang-tsche lün. Kurzgefasste Erörte-
rungen über die Aeltesten der Secte Hoa-yen. Von dem-
selben Verfasser. 1 Buch.
"0- * 15 S IS
Wu-yin tschtd-kiai. Herabgelassene Warnungen. Von Wu-
yin. 10 Bücher.
171. m Wi $^ 7ü m m
Schm-thsing-fhsnn yuen-yü lu. Verzeichnisse der ursprüng-
lichen Worte. Von Schin-thsing-thsan. 10 Bücher.
1^2- m n ß m
Tschi yue seng mei. Die Vortrefflichkeit der Bonzen. Von
Tschi-yue. 3 Bücher.
"3. 1 -sr m m ^ m
Hoei-kho-thä mo hiue-ml. Das Fühlen des Pulses. Von
Hoei-kho-thä. 1 Buch.
174. iS Ä * 4 S |1 H ^
Tsing-mai ku-kin seht king thu-ki. Darlegung der über-
setzten heiligen Bücher aus dem Alterthum und der
Gegenwart. Von Tsing-mai. 4 Bücher.
175. ^ fl- Ä * 4 mm li IE
Tscki-sckiug tii kti-kin seht king thu-ki. Fortgesetzte Dar-
legung der übersetzten heiligen Bücher aus dem Alter-
thum und der Gegenwart. Von Tschi-sching. 1 Buch.
"6- X m i^ M h ^ m
Yeu tu tathang nei-tten lo. Fortgesetzte Verzeichnisse der
inneren Vorschriften um die Zeiten des grossen Thang.
Von demselben Verfasser. 1 Buch.
Die philosophischen Werke China's in dem Zeitalter der Than?. 305
!"• m ii 4- » M. m
Tu ku-kin fÖ-tao lün-heng. Fortsetzung der Wagebalken
der Erörterungen über den Weg Buddha's in dem Alter-
thum und der Gegenwart. 1 Buch.
178- i^ * lÜ ^ l#
Tili han-schan-tse schi. Gedichte an Han-schan-tse. 7 Bücher.
Der Verfasser der obigen vier Werke war ein ver-
borgener Mann des Reiches ^ ■j^ Thien-tai. Han-
schan-tse, ebenfalls ein verborgener Mann des Weges,
lebte auf dem Berge Han-schan in dem Kreise
Thang-hing.
179- M H l# #
Fang-tven schi-kliL Aussprüche in Versen. Von Pang-wen.
3 Bücher.
Der Verfasser führte den Jünglingsnamen ^ ^
Tao-hiuen und stammte aus Heng-yang in Heng-
tscheu. Er lebte im Anfange des Zeitraumes Tsching-
yuen (785 n. Chr.). Das Werk enthält über 300 Ab-
schnitte.
180. ^ m "^ 9.
Tschi-hieu khi-siing. Lobpreisungen in Versen. Von Tschi-
hien. 1 Buch.
Das Werk enthält über 200 Abschnitte.
181 ^ ^ W — « #
Li-ke-fu yi-hang tschuen. Die Ueberlieferungen einer Reihe.
Von Li-ke-fu. 1 Buch.
182. 3E # M ft Ä B Ä
Wang-ym-ioei nei-tien mÖ-lö. Verzeichnisse der inneren
Vorbilder. Von Wang-yen-wei. 12 Bücher.
Das obige Verzeichniss der Werke des Hauses des Weges
enthält von 137 Verfassern 74 Gegenstände in 1240 Büchern.
Die Namen von 3 Verfassern sind unbekannt. Von Hiuen-
tsung angefangen, waren die Werke von 158 Verfassern in
1338 Büchern nicht veröflFentlicht worden.
306 Pfizmaier.
Werke aus den Häusern der Vorschrift.
1. ^ ^
Kuan-tse. Kuan-tse.
Kuau-tse ist ^ ^'^ Kuan-tschung. Werke über
denselben waren von 19 Verfassern vorhanden.
2. _
Schang-kiün sehn. Das Buch des Gebieters Schang. 5 Bücher.
Der Gebieter Schang ist j^ ^ Öchang-yang.
Schin-tse. Schin-tse. 10 Bücher.
Schin-tse ist j^ ^|J Schin-tao.
4. ^ -y-
Schin-tse. Schin-tse. 3 Bücher.
Schin-tse ist ^ ^^ ^ Schin-pü-hai.
Han-tse. Han-tse. 20 Bücher.
Han-tse ist ^ ^^ Han-fei.
6- 0* ^ ff #
Thiao-schi sin-schn. Das neue Buch des Geschlechtes
Thiao. 7 Bücher.
Das Geschlecht Thiao ist g))^ ^ Thiao-thsö.
7. » # «^ ^ « i^ ®
Tang-tschumj-schü tschUii-thsieit kiue-yÖ. Entscheidung der
Streitigkeiten des Frühlings und Herbstes. Von Tung-
tschung-schü. 10 Bücher.
8. fi «: jg: ife
Thsui-schi tsching liin. Erörterungen der Lenkung des
Geschlechtes Thsui. 6 Bücher.
Das Geschlecht Thsui ist >^ '-^ Thsui-schi.
9. üJ Ä lö: it
iSien-schi tsching Um. Erörterung der Lenkung des Ge-
schlechtes Lieu; 0 Bücher.
Das Geschlecht Lieu ist ^J /^ Lieu-I.
Die philosophischen Werke China'B in dem Zeitalter der Tbang. 307
10. ^ T- Üt Ü
Yuen-tse tsching lim. Erörterung der Lenkung^ Yuen-tse's.
5 Bücher.
Yuen-tse ist j^ ;^ Yuen-wu.
11- ül Ä Ä ife
Lieu-schi fä lim. Erörterung der Vorschriften des Ge-
schlechtes Lieu. 10 Bücher.
Das Geschlecht Lieu ist i^jj ^h Lieu-schao,
1^- S Ä iM: ^ Ü
Hoan-schi schi yao-lün. Kurzgefasste Erörterungen des
Zeitalters des Geschlechtes Hoan. 12 Bücher.
Das Geschlecht Hoan ist iö ^ Hoan-tan.
13- Ä -f- S W
Tschin -tse yao-yen. Kurzgefasste Worte Tschin- tse's.
14 Bücher.
Tschin-tse ist (^ Wj^ Tschin-yung.
14. $ ^ ff 7cf i; Ä
Li-wen-pö tschi-tao tsi. Sammlungen des eingerichteten
Wegös. Von Li-wen-pö. 10 Bücher.
15- W fP # S J^ ^ ^
Han-tan-tschÖ u-king tsche-i. Beseitigung des Zweifelhaften
der fünf mustergiltigen Bücher. Von Han- tan-tschö.
30 Bücher.
16. ^ ^ S ä # -f-
Yün-tschi-tschang tschü knan-tse. Erklärungen Kuan-tse's.
Von Yün-tschi-tschang. 30 Bücher.
"■ X y± m f-
Yen tschü han-tse. Erklärungen Han-tse's. Von demselben
Verfasser.
Die Zahl der Bücher ist unbekannt.
18- *t -fe tf ^ ^
Tu-yeu kuan-schi tschi-liö. Kurze Hinweisungen auf das
Geschlecht Kuan. Von Tu-yeu. 2 Bücher.
L
öOö Pfiz maier.
19- ^ m i. IE m
Li-ldny-hiuen tsching-lün. Richtige Erörterungen. Von Li-
king-hiuen. 3 Bücher.
In dem obigen Verzeichnisse der Werke aus den Häusern
der Vorschrift zählt man 15 Verfasser, 15 Gegenstände und
166 Bücher. Von Yün-tschi- tschang angefangen, waren die
Werke von 3 Verfassern in 35 Büchern nicht veröffentlicht
worden.
Werke berühmter Häuser.
1- iP t»f T
Teng-st-tse. Teng-si-tse. 1 Buch.
2 ^ >c -T
Yün-wen-tse. Yün-wen-tse. 1 Buch.
3- ^ # Sl ^
Kung-sün-hmg-tse. Kung-sün-lung-tse. 3 Bücher.
4- K SbI * /± <& # »I ^
Tschin-sse-kii tschü kung-sün-lung-tse. Erklärungen Kung-
sün-lung-tse's. Von Tschin-sse-ku. 1 Buch.
»• SlJ SI5 A *!l *^
Lieu-schao jin-ice tschi. Denkwürdigkeiten von Menschen.
Von Lieu-schao. 3 Bücher.
ß- fij Ä ä A #( -*
Lieu-ping tschü jin-ioc tschi. Erklärungen der Denkwürdig-
keiten von Menschen. Von Lieu-ping. 3 Bücher.
7. M ^ ± m
Yao-sin sse-ivei. Einschläge von Kriegsmännern. Von Yao-
sin. 10 Bücher.
8- m ^ <$' ± m
Wei-icen-ti sse-thsao. Die Beharrlichkeit der Kriegsmänner.
Von dem Kaiser Wen von Wei. 1 Buch.
Die philosophischen Werke China'B in dem Zeitalter der Thang. 309
9- m m :fi n] A ± m
La-yÖ kieu-tscheu jin-ase Hin. Erörterungen über Menschen
und Kriegsinänner der neun Landstriche. Von Lu-yö. 1 Buch.
10. -m sS fl ^ ?S
Fan-ml pien-ming yuen. Der Garten der Unterscheidung
der Namen. Von Fan-mi. 10 Bücher.
11- ft m ^ * « ^
Seny-ynen-nien kien-ming yuen. Der Garten der zusammen-
gefassten Namen. Von Seng-yuen-nien. 20 Bücher.
12. 1 A 1 ä Ä -% ii ^
Kia-ta-yin tschü kung-sün-lwig-tse. Erklärungen Kung-sün-
lung-tse's. Von Kia-ta-yin. 1 Buch.
13. ffi Ä a W ® *^
Tschao-wii-meng ho-si tschi. Denkwürdigkeiten von der
Landschaft Ho-si. Von Tschao-wu-meng. 10 Bücher.
14- *t JS ± Ä A #) ^-
Tii-tscheu-sse kuang jin-we tschi. Denkwürdigkeiten von
Menschen des Landstriches Kuang. Von Tu-tscheu-sse.
3 Bücher.
15- 5lc (J + ^J ^ Ä A * *.
Sung-sui u-hing jin-ice tschi. Denkwürdigkeiten von
Menschen von U-hing. Von Sung-sui. 10 Bücher.
Der Verfasser dieses Werkes führte den Jünglings-
namen ffi^ ^ »Sching-tschi und stammte aus U-
tsch'ing in U-hing. Er lebte in dem Zeiträume Ta-
tschung (847 bis 859 n. Chr.).
In dem obigen Verzeichnisse der Werke berühmter Häuser
zählt man 12 Verfasser, 12 Gegenstände und 55 Bücher. Von
Tschao-wu-meng angefangen, waren die Werke von 3 Ver-
fassern in 23 Büchern nicht veröffentlicht worden.
Werke über das Haus Me-tse.
Me-tse. Me-tse. 15 Bücher.
Me-tse ist ^ ^ Me-ti.
310 Pfiümaier.
^- II m f-
iSni-tsc/iao-tse. Öui-tsch'au-tse. 1 Buch.
Hu-fei-tse. Hu-fei-tse. 1 Buch.
In dem obigen Verzeichnisse der Werke über das Haus
Me-tse zählt man 3 Verfasser, 3 Gegenstände und 17 Bücher.
Werke ans schräg gestellten Häusern.
1- Ä «i ^
Kuei'kÖ-tse. Kuei-kö-tse. 2 Bücher.
Kuei-kö-tse ist ^ g^ Wang-hiü.
2- H « ä Ä # T
Yö-thai tschü kuei-kÖ-tse. Erklärungen Kuei-kö-tse's. Von
Yö-thai. 3 Bücher.
3- * 7C # f i IS T-
Lianij-yuen-ti im kiue tue. Ergänzungen der Lücken Kuei-
kö-tse s. Von dem Kaiser Yuen von Liang. 10 Bücher.
4. ^ ^ * ;± Ä # f-
Yün-tschi-tschang tschü kuei-kÖtse. Erklärungen Kuei-kö-
tse's. Von Yün-tschi-tschang. 3 Bücher.
In dem obigen Verzeichnisse der Werke aus schräg ge-
stellten Häusern, d. i. Werke derjenigen Schriftsteller, welche
von der Machtstellung der Reiche handelten, zählt man 4 Ver-
fasser, 4 Gegenstände und 15 Bücher. Das Werk Yün-tschi-
tschang's war nicht veröffentlicht worden.
Werke ans vermischten Hänsern.
1 It ^ i^
Wei-liao-tse. Wei-liao-tse. 6 Bücher.
2. p ^
Schi-tse. Schi-tsc. 20 Bücher.
Schi-tse ist f^ 'j'^ Schi-kiao.
Die philosophischen Werke China'e in dem Zeitalter der Thang. 311
3. g Ä * ^
Liü-schi tschün-thsien. Der Frühling und Herbst des Ge-
schlechtes Liü. 26 Bücher.
Das Geschlecht Liü ist g ^ $i Liü-pü-wei.
i-m m y± m m ^
Hiä-schin tschü hoai-nan-tse. Erklärungen Hoai-nan-tse's.
Von Hiü-schin. 21 Bücher.
Hoai-nan-tse ist ^J ^ Lieu-ngan, König von
Hoai-nan.
5. Ä Ü Z± m m ^
Kao-yeu tschü hoai-nan-tse. Erklärungen Hoai-nan-tse's.
Von Kao-yeu. 21 Bücher.
6- X * s -j^i a #
Yen hoai-nan hung-lie yin. Die Laute des von Hoai-nan
(Hoai-nan-tse) verfassten grossen Glanzes, Von demselben
Verfasser. 2 Bücher.
■>■ m it = m w m
Yen-yeu san-tsiang-kiün liin. Erörterungen über die drei
Heerführer. Von Yen-yeu. 1 Buch.
8- 3E ^ ife I
Wang-tschnng liin heng. Wagebalken der Erörterungen.
Von Wang-tschung. 30 Bücher.
9- js fi Ä -(& a »
Ying-schao fung-sÖ-thung i. Die Bedeutungen des von Ying-
schao verfassten Durchdringens der Sitten und Gewohn-
heiten. 30 Bücher.
10- H ^ ^ « Ü
Tsiang-tse ican-ki liin. Erörterungen der zehntausend
Triebwerke. Von Tsiang-tse. 10 Bücher.
Tsiang-tse ist ^. iM^ Tsiang-thsi.
n. t± ?tS M m
Tu-jil tÖ-lün. Ernste Erörterungen. Von Tu-jü. 4 Bücher.
312 Pfizmaier,
;7Tj PHH
Tscliung-hoei tJisu-jao lün. Erörterungen über die Holz-
sammler. * Von Tschung-hoei. 5 Bücher.
13. -(t ^
Fu-tse. Fii-tse. 120 Bücher.
Fu-tse ist ^M. ^ Fu-hiuen.
"• 5» ü lit iE
Tsch'ang-yen me ki. Verzeichnungen des Schweigens. Von
Tsch'ang-yen. 3 Bücher.
Yeu schi-lün. Erörterungen der Schwüre. Von demselben
Verfasser. 30 Bücher.
16- « ife ff W
Pei-hiuen sin-yen. Neue Woi'te. Von Pei-hiuen. 5 Bücher.
17. wßk ig 11 ^
."nvT fs, -IL lu
Su-tao li-yen. Begründete Worte. Von Su-tao. 10 Bücher.
18- ÜJ $^ ff a
Lieu-khin sin-i. Neue Bedeutungen. Von Lieu-khin.
18 Bücher.
19. ^ -^
Thsin-tse. Thsin-tse. 3 Bücher.
Thsin-tse ist ^ ^ Thsin-tsing.
20. SR HJJ f^ 1^
Tscliang-ming schi-lün. Erörterungen der Schwüre Von
Tsch'ang-ming. 20 Bücher.
21- * fll
Ku-hiün. Alte Lesungen. 10 Bücher.
22. IL t^f iä: #
Khnnif-yeH .sehne -li». Der Garten des Sprechens. Von
Khung-yen. 5 Bücher.
' Eine Anmerkung zu dem Schi-king sagt: Die Menschen des Alterthums
beriethen sich selbst mit den Holzsanimlern. Um so mehr thaten sie es
mit ihren Amtsgenossen.
T)ie philosopliisehen Weike China's in dem ZeitaltJ-r der Thang. 313
23. te # T ^F )i
Pao-pÖ-tse loai-pien. Aeussere Abschnitte. V^on Fao-pö-tse.
20 Bücher.
Pao-pö-tse ist ^ *^ Ko-hung-.
24. ^ 1¥ B# -^ Ü
Yang-wei schi-icu lün. Erörterungen über die Bestrebungen
der Zeit. Von Yang-wei. 12 Bücher.
25- ?£ # * 4 # W
Fan-thai ku-kin schen-yen. Gute Worte der alten und der
gegenwärtigen Zeit. Von Fan-thai. 30 Bücher.
26. ^ ^ # iE M
Siü-yi scheu ki loen. Verzeichnungen des Gehörten. Von
Siü-yi-scheu. 3 Bücher.
21. ^ ^
Ho-tse. Ho-tse. 5 Bücher.
Ho-tse ist ^ i^ Ho-kiai.
28. ÜJ ^
Lieu-tse. Lieu-tse. 10 Bücher.
Lieu-tse ist ^J ^ Lieu-hiä.
29- ^ 7c •$; ^ tl ^
Liang-yuen-ti kin-leu-tse. Kin-leu-tse. Von dem Kaiser
Yuen von Liang. 10 Bücher.
30 ^ ./fe ^ ^ M
^^- ^ (/ö jS pq M
Tfickii-fan-yußn yü-lu Die Treflflichkeit der Worte. Von
Tschü-tan-yuen. 10 Bücher.
3^ X m m
Yen yü-tui. Die Entgegnung der Worte. Von demselben
Verfasser. 10 Bücher.
32. 5g 4^ ,81 iE
Tsch' ang-kimg fsa-ki. Vermischte Verzeichnungen. Von
dem Fürsten Tsch'ang. 1 Buch.
Der Fürst von dem Geschlechte Tsch'ang ist
Tsch'ang-hoa.
314
Pf iz m aier.
■i''- m ± m ^ M
Lö-sse-heng yao-lan. Nothwendige Ueberblicke. Von Lö-
sse-heng. 3 Bücher.
34. K
+K pah j^
'>]»> jM 'd^
Kü-i-kung kuang-tscM. Ausgedehnte Denkwürdigkeiten.
Von Kö-I-kung. 2 Bücher.
35. -B ^ * 4 ;*
Thsui-piao ku-kin tschil. Erkläruugen über Altes und
Gegenwärtiges. Von Thsui-piao. 3 Bücher.
36. 1;^ ^ * 4 ä
Fü-heu ku-kin tschü. Erklärungen über Altes und Gegen-
wärtiges. Von Fö-heu. 3 Bücher.
37. ir M M ^
Kiang-sui schl-wen. Erklärung der Schrift. Von Kiang-
sui. 10 Bücher.
38.
)m^
Lu-pien tsch' ing-wei. Angabe der Namen. Von Lu-pien.
5 Bücher.
3«. » ^ ^ fä
Sie-hao ice-schi. Der Anfang der Dinge. Von Sie-hao.
10 Bücher.
40. a m ^ m *ö
Jin-hao toen-tschang sein. Der Anfang des Schriftschmuckes.
Von Jin-fang. 1 Buch.
Das Werk enthält Ergänzungen von B^ ^a
Tsch'ang-tsi.
«■ m. m m ^ 9. i^
Yao-isch'ä tu wen-tscliang sein. Fortsetzungen des Anfanges
des Schriftsehmuckes. Von Yao-tsch'ä. 1 Buch.
42. M 1 ^ t« ^
Yii-kien-ngu thmi-py. Das Pflücken an der Mauer. Von
Yü-kien-ngu. 3 Bücher.
Die philosopliiBChen Werke China's in dem Zeitalter iler Thang.
315
43. ^ i; Ä ff 5&
Wei-tao-sün sin-liÖ. Neue kurzgefasste Denkwürdigkeiteu.
Von Wei-tao-sün, 10 Bücher.
44. ^ ^ ^ Ü:
Siü-Hng ming-su. Die berühmten Zahlen. Von Siü-ling.
10 Bücher.
45- tu 1^ lA * iE
Tscliin-yo sieu-tschung ki. Verzeichnungen der Mitte des
Aermels. Von Tsch'in-yo, 2 Bücher.
4ö. ?£ ^ Ä *ft ü Ä
Fan-Ttvi tien fen su ts7. Die gesammelten Zahlen der
Theilung der Vorschriften. Von Fan-mi. 10 Bücher.
47.
48.
49.
50.
51
rjy.
_ Wf^" M m
Heu-tan tsiang-schui ihn. Abbildungen der glücklichen
Vorzeichen. Von Heu-tan. 8 Bücher.
^ ^m mn ^ ^ m
Meng-tschung isclinng-yi-kiiin hiuen-schi ihn. Abbildungen
des himraelfarbenen Steines der Landschaft Tsch'ang-yi.
Von Meng-tschung. 1 Buch.
Kao-thanq-lung iscliang-yl-kiiin hiuen-sclü tliu. Abbildungen
des himmelfarbeneu Steines der Landschaft Tsch'ang-yi.
Von Kao-thang-lung. 1 Buch.
« * 2 iS « ffl iE
Siln-jeu-tschi ying-scJmi thu-ki. Verzeichnung der Abbil-
dungen der entsprechenden glücklichen Zeichen. Von
Sün-jeu-tschi. 3 Bücher.
m ^^ mm m
Hiung-U sckui ying ihn fsnn. Abbildungen der entspre-
chenden glücklichen Vorbedeutungen. Mit Lobpreisungen.
Von Hiung-li. 3 Bücher.
52 ® » i # « H
Ku-ye-wang fu-schui thu. Abbildung der Beglaubigungs-
zeichen. Von Ku-ye-wang. 10 Bücher.
dlb Pf i zmaior. l">ie philosopliisrben Werke China's in dem Zeitalter der TLang
S3- X m iä m
Yeu fsiauy-sc/ini tlm. Abbildung'en der g-lüeklichen Vor-
zeichen. Von demselben Verfasser, 10 Bücher.
5*- I ^ M Ü S Ji .*>
Wang-schao hoang-sui ling-knn fscJu'. Denkwürdigkeiten
von der geistigen Anregung des erhabenen Sui. Von
Wang-schao. 10 Bücher.
55. W t -d^ M Ü « *
Hiü-schen-sin hoang sui schui-wen. Die Schrift der glück-
lichen Vorzeichen des erhabenen Sui. Von Hiü-schen-sin.
14 Bücher.
56- 1^ M ^ 1$ #
Ho-ivang-tschi kien-lin. Der Wald der Vorstellungen. Von
Ho-wang-tschi. 10 Bücher.
5'^- E M :^ # M
Yü-thung-tschi schen-klen. Gute Vorstellungen. Von Yü-
thung-tschi. 2 Bücher.
Gebauer. Ueber die weicLen e-Silben im Altböhmisclien. ol7
Ueber die weichen ^-Silben im Altböhmisehen.
Von
Dr. Job. Gebauer.
I.
Die vorliegende Abhandlung hat die altböhmischen weichen
e-Silben zum Gegen stände, d. h. diejenigen, deren Vocal
oder Diphthong- e, ie oder ye ' geschrieben wird, und nament-
lich jene von ihnen, die kurz sind und wo der Vocal auf einen
von den Consonauten z, s, c, r, z, ^, c, j, n folgt.
Es ist dies eine der schwierigsten Partien des Alt-
böhmischen.
Die' Handschriften Hessen hierin nach der bisherigen Be-
obachtung keine Regel erkennen. Man findet z. B. im Leben
der h. Katharina (ed. Erben 1860) den Acc. jej eum im
Vers 58 gey, daneben aber auch giey 151 und gyey 15 ge-
schrieben; ebenso gegie, d. i. jejie, asl. jeje 122 und giegie
128; zdase Imperf. 220 neben stasie 219 und stasye 2778;
wecze Aor. 265 und weczie 390; — und im Neuen Rath (meine
Ausgabe 1876) ze 38 neben zie 41, d. i. ze, wsse stvorenie
142 und wssie stvorenie 156, jim wssem 1366 und jemu i
wssiem 116, wssech 40 und wssiech 1378, stworzenie 142 und
stworzienie 431, pfi wierze 1111 und u vvierzie 2113, przeludi
1066 und prziemohu 1669, morderze plur. Acc. 1313 und
' Beides, ie und ye, hat in altböhmischen Handschriften dieselbe Geltung,
z. B. in dem weiter unten genannten Passionale: rziecz 282 und rzyecz
321, asl. recb, zgiewil 391 und zgyewil 375, asl. izbjavilt, sing. Gen.
obicziegie 275 und obyczyegye 339, asl. obycaja u. s. w.
Sitzungsber. d. phil.-hist. Ol. LXXXIX. Bd. I. Hft. 23
318 Gebauer.
morderzie 1303, ptage Part, praes. 1146 und mai^e 760 neben
neupominagie 730 und vkalcgie 1132, stasse Imperf. 539 und
stassie 1176 u. s. w. Noch grösser würde sich die Ungleich-
heit und Regellosigkeit herausstellen, wenn wir die Schreib-
weisen verschiedener Handschriften vergleichen würden.
Ebenso verschieden sind in dieser Beziehung die Auf-
fassungen und Deutungen der Theoretiker, und ich glaube
folgende zwei extreme Ansichten unterscheiden zu dürfen:
Ä) Nach der einen bedeutet das verschieden geschriebene
e und ie oder ye auch verschiedene Aussprache; z. B. im
nböhm. fekl (asl. rekl'L) und feka (asl. reka) ist die erste
Silbe lautlich dieselbe, re- ; findet man aber aböhm. rzekl und
rzieka geschrieben, so bedeutet die verschiedene Schreibung,
dass diese Silben im Altböhmischen verschieden gelautet haben:
re- und re- ; und ebenso sei auch im Imperf. stasse (N. R. 539),
stassie (ib. 1176), stasie (Kath. 219), stasye (ib. 2778) je nach
der geschriebenen Form -Se und -se zu unterscheiden u. s. w.
B) Dagegen soll nach der zweiten Ansicht das geschriebene
e und ie oder ye immer dieselbe Aussprache bedeuten und
der Unterschied soll nur ein orthographischer sein. Wird näm-
lich ie oder ye geschrieben, so soll das i oder y nicht zum
folgenden e gehören, sondern zum vorhergehenden Consonanten
und soll als ein blos orthographisches Zeichen die palatale
Aussprache desselben andeuten ; ist dagegen blos e geschrieben,
so sei diese Andeutung vernachlässigt. Es lautet also stasye,
stasie und stassie = stase, ebenso wie stasse, und der Unter-
schied besteht darin, dass das palatale s in den ersten drei
Fällen durch sy, si, ssi, im vierten aber durch blosses ss (ohne
y oder i) bezeichnet ist; und ebenso sei in rzekl und rzieka
dieselbe Silbe fe- auszusprechen u. s. w.
Diese grundverschiedenen Ansichten haben auch ihre
bösen Folgen, die namentlich in Transscriptionen altböhmischer
Texte und in der theoretischen Grammatik störend hervortreten,'
Sie führen zu unzähligen Widersprüchen und Ungleichheiten;
^ So ist, um ein Beispiel anzuführen, das Substantivum loze lectus nach
einer altbölimischen Grammatik sing. Nom. Acc. Voc. loze, Gen. loze,
Instr. lozem. du. DI. lozema, plur. NAV. loze. Dat. lozem zu decliniren,
während nach einer anderen dieselben Casus loze, loz^, lozem, lozema,
loze, lo2^m lauten sollen.
Uebcr die weichen e-Silbeii im Mtböhmisclien. 319
sie müssen aber zurücktreten, sobald naclig-ewiesen wird, dass
in den betreffenden Punkten in der altböhmischen Aussprache
eine etymologisch berechtigte Regel gewaltet habe — und einen
solchen Beweis liefert ein Theil des cältesten böhmischen Pas-
sionals (Prag. Museums-Bibl., sign. 3. F. 16).
Dieses Passionale ist ein Pergament-Codex von 646 S. 4";
jede Seite hat zwei Columnen, die Columne in den Stücken c)
und e) zu 31, sonst zu 30 Zeilen, die Zeile zu 22 bis 24 Buch-
staben. Sprache , Schrift und andere Anzeichen lassen im
Codex ganz deutlich ' folgende Bestandtheile und gleichsam
Stücke unterscheiden, die auf verschiedenen Ursprung und ver-
schiedenes Alter hinweisen :
a) Seite 1 zeigt Schriftzüge des XV. Jahrhunderts;
h) S. 2 — 274 aus der zweiten Hälfte des XIV. Jahr-
hunderts 5
c) S. 275 — 436 aus dem Ende des XIII, oder Anfang des
XIV. Jahrhunderts ;
d) S. 437 — 450 zweite Hälfte des XIV. Jahrhunderts;
e) S. 451-490 wie cj;
/; S. 491-629 wie öj ;
c]) S. 630 — 646 aus dem Ende des XIV. Jahrhunderts.
Die Stücke c) und e) (S. 275—436 und 451-490, zu-
sammen 202 S.) sind allem Anscheine nach Ueberbleibsel eines
ehedem ganzen Passionais, dessen übrige Bestandtheile aber
verloren gegangen und später neu ersetzt worden sind.
II.
Dieselben Stücke c) und e) sind auch der oben gemeinte
Theil des Passionais, in welchem sich eine etymologisch be-
rechtigte Regel in Betreff der altböhmischen e-Silben nach-
weisen lässt.^
Ich will es vorerst beispielsweise am Gen. (Acc.) und
Instr. sing, der Substantiva knez, otec, ciesaf, papez, tovafis,
pläsö, obycej und ohen zeigen. Sie folgen der Declination der
' Von den übrigen jüngeren Stücken lassen nur hj und f) dieselbe Regel
ganz deutlieh erkennen ; doch ist sie da nicht so conse«iuent durcligefüiirt,
wie in c) und e).
23*
320 Getaner.
JT>-Stäinme und kommen im Passional ' häufig, zum Theil sehr
häufig vor. Ihre Endung wird im Gen. Acc. immer -ie oder
-yt geschrieben, nie anders, nie ohne i oder y, z. B. knyezie 399,
knyezye 343, otcye 276, cyesarzie 281, papezie 285, papezye 376,
towarzyssie 464, plasczie 340, obycziegie 347, ohnye 405 u. s. w. ;
dagegen im Instr. immer -am, nie -iem oder -yem, z. B. knyezem
432, otcem 279, ciesarzem 295, papezem 325, towarzissem 307,
plasczem 320, obicziegem 468, ohnem 300 u. s. w. Die spätere
Sprache hat in diesen Endungen denselben Vocal e: otce —
otcem, papeze — papezem u. s. w. ; im Passional finden wir
an seiner Stelle durchgehends im Gen. Acc. ie oder ye, im
Instr. dagegen blos e geschrieben, wobei zu beachten ist, dass
dem Vocal des Gen. Acc. im Asl. ein a, dem des Instr. dagegen
ein L oder e gegenübersteht.
Dieselbe Consequenz in der Schreibung des e und des ie
oder ?/e, wie in den hier beispielsweise angeführten Gen. und
Instr. sing.;, findet sich im Passional überall und in allen Fällen;
die Ausnahmen sind ganz unbedeutend. Ein ausführlicher Be-
weis folgt weiter unten (IV.) und die aus ihm resultirende
Regel ist folgende:
ie oder ye wird dort geschrieben, wo die entsprechende
altslovenische Form a, e oder e hat (oder haben würde), oder wo
der altböhmische Diphthong ie auf Contraction beruht; z. ß.
ta dussye 283, asl. dusa, dussyem 488, asl. dusami., rziecz 282,
asl. rect, drziewie 294, asl. drevije, tyto dussye 470, asl. duse,
stogiece 284, asl. stojeste, sbozie 330, sbozye 333, asl. -ije,
nemoziesse 287, n^mozyesse 314, asl. nemozaase u. s. w. ; —
dagegen wird blosses e dort geschrieben, wo es einem asl. e
oder h gegenübersteht, oder wo es des Wohllautes wegen ein-
1 Ich verstehe immer nur die alten Bestandtheile des Passionais c) und e),
wenn nicht ausdrücklich das Gegentheil bemerkt wird. Die Zahlen bei
den Citaten bedeuten die Seiten des Codex und sind in Anhoffung einer
baldigen Herausgabe dieses musterhaften Sprachdenkmals beigesetzt. Das
betreffende Wort ist immer so geschrieben, wie im Original. Hiebei wäre
aber manchmal verschiedene Auffassung möglich, z. B. alleinstehendes
gyety kann als jieti = capere und jeti = vehi verstanden werden; in
solchen Tüllen ist theils die Transscription des betreffenden Wortes bei-
gefügt, theils zur Orientiruug entweder ein zugehöriges Wort, oder die
transscribirte Endung (in Klammern) oder eine eigene Bemerkung dem
Citate beigegeben.
üeber die weichen e-Silben im Ältböhmischen. 321
geschaltet ist; z. B. rzekl 276, asl. reklt, rzecy 277, asl. rf!sti,
pomocen 362, asl. pomost'mT., duostogen 324, duostoyen 299 =
duostoj-e-n, asl. dostojm..
In ähnlicher Weise stimmen in diesen Silben die Lehn-
wörter mit ihren Originalien überein, z. B. rzehorz 285, lat. Gre-
gorius, hrziekowe 403, lat. Graecus, ahd. Kviach, mhd. Kriech.
Diese Regel gilt zunächst von dem geschriebenen
Texte des Passionals. Sie zeichnet sich aber durch zwei Eigen-
schaften aus, die uns berechtigen, ihre Geltung über das Pas-
sional hinaus auszudehnen. Sie beruht nämlich erstens auf
einem festen etymologischen Grunde, indem der Unter-
schied zwischen dem geschinebenen e und ie oder ye mit dem
verschiedenen Ursprünge dieser Yocale zusammenfällt und zu-
sammenhängt (Gen. otc?/e, älter otca, asl. ottca, Instr. otcem,
asl. ottcbmb); und zweitens ist sie mit einer Consequenz
durchgeführt, wie sie bei blos orthographischen Regeln nicht
vorzukommen pflegt. Diese beiden Eigenschaften beweisen,
wie ich glaube, unwiderlegbar, dass die in der geschriebenen
Form des Passionals gefundene Regel keine blos mechanische,
orthographische sein könne, sondern in der wirklichen alt-
böhmischen Aussprache ihren Grund gehabt haben müsse,
dass eine gleiche Regel und Regelmässigkeit auch in der alt-
böhmischen Aussprache geherrscht habe; es ist nicht denkbar,
dass der Schreiber des Passionals so consequent und etymologisch
richtig geschrieben hätte, wenn er nicht dieselbe Consequenz
und etymologische Richtigkeit in der lebendigen Sprache seiner
Zeit vorgefunden hätte.
Dies schliesst aber auch die Behauptung in sich, dass die
altböhmische Aussprache nicht nur ze und ze, se und se, ce
und ce genau unterschieden habe, sondern auch fe (geschrieben
rze-) und fe (geschrieben ?-z/e- oder rzye-), ze und ze, se und
se, ce und ie, ja auch je und je, ne (geschrieben ne-) und ne
(d. i. ne, geschrieben nie- oder nye-); z. B. rzekl 280 = rekl,
asl. reklt und rzieka 312 = T^eka, asl. reka, kaze praedicat 292
= käie, asl. kazett und kazie umrel pi-aedicans mortuus est 411
= kaze, asl. kaze, pisse scribit 275 = pisi?, asl. pisett und pissye
scribens 486 := pise, asl. pise, an placze 374 = place, asl.
placetT. und ja placzie fku 309 = place, asl. place, svaty Am-
broz potwrzuge confirmat 346 = potvrzu;e, asl. potvrtzdujeti.
322 G e li a u e r.
und sedm dni ziv ])yl kfesfan fpl. Gen.) u viere potwrzugie
confirmans ib. = potvrziy'e, asl. potvn>zduje, pro nezto zahau-
benie 297 = liezio, ' asl. ne und na nyezto (sc, pokladj) se
ptäs 429 = nezio (d. i. nezto), asl. ue.
Dag-eg-en dürfte die Einwendung- vorgebracht werden, dass
es unmöglich ist, Silben wie ne und ne, je und je u. dgl. in
der Aussprache zu unterscheiden, ja dass die Silben ne (d. i.
ne) und je unaussprechbar seien und daher der altbühmischen
Aussprache nicht imputirt werden können. Dazu sei zunächst
allgemein bemerkt, dass es nicht angeht, die physiologische
Möglichkeit altböhmischer Silben nach der Routine des neu-
böhmischen Sprachorgans zu beurtheilen ; es ändert sich mit
der Zeit alles, auch die Aussprache und die Sprechkunst, und
erscheint etwas in der heutigen Aussprache unmöglich, so folgt
daraus noch nicht, dass es seit jeher und überhaupt unmöglich
war. Ferner gehen wir zu den einzelnen Silben über, um
deren Unterscheidung es sich handelt, und nehmen wir dabei
an, dass das handschriftliche ie und ye im Ganzen so lauten
soll, wie die geschriebenen Buchstaben zeigen, also ie (diph-
thongisch) in langen und e in kurzen Silben. Die Möglichkeit
' Das geschriebene nezto ist liezio auszusprechen und ebenso das ge-
schriebene z neho 396 ;= z üeho, k nemu 275 ^ k iiemw., v nem 280
= V nem, ohnem 300 = ohiiem, snem (part. praet.) 323 = s?iem,
naplnen 275 =: napl/Jen u. s. w. Bisher glaubte man hier ein hartes ne
lesen zu müssen, aber die Kegel des Passionais widerspricht dieser An-
sicht; es besteht hier zwischen lie und ne derselbe Unterschied, wie
zwischen ce und ce, fe und fe u. s. w., und wenngleich das erstere blos
ne geschrieben wird, so war hier die Liquida im Altböhmischen eben so
weich, wie im entsprechenden altslavischen ue, nego, iiemu, iiemi,,
ognemL, ogiTT.mi,, napliiieni (Miklosicli, Gramm. I. 166 ff.). Einen deut-
lichen Beweis hiefiir enthält auch das Dalimil-Fragment der Prager Uni-
versitätshibliothek. Dieses Denkmal zeigt bis auf wenige Ausnahmen in
Betreff der weichen e-Silben dieselbe Regelmässigkeit, wie das Passional
und zeichnet sich ausserdem noch dadurch aus, dass es die weichen
Consonanten ii, et, t durch die Buchstabenverbinduugen nh, dh, th be-
zeichnet, z. B. ?i/iiczs = jtics, wzri/fiel = yzcfel, dos//?i — dos^i. Da-
durch ist es im Stande, die Lautverbindungen ne, ne und ne (d. i. ii^)
in der Schrift deutlich zu unterscheiden, z. B. prziwezl, d. i. pi"i>jesl,
skonAera, d. i. s ko«em und kn/a'ezem, d. i. kuezem, imd das nach dieser
Schreibweise geschriebene ko/(Äem beweist, dass das analoge olixem des
Passionais nicht ohuem, sondern oh?iem ausgesprochen wurde.
Ueber die weichen e- Silben im Altböbmischen. 323
der lang-en Silben nie, jie . . . wird nicht bestritten und ebenso
die ]\[öglichkeit der kurzen ze, se, ce; es bandelt sich also nur
um die Silben re, ze, se, ce, je, ne — im Gegensatz zu re, ze,
se, ce, je, ne. In Bezug auf re und fe traue ich mir zu be-
haupten, dass selbst nach der heutigen Sprachfertigkeit der
Unterschied ebenso leicht ausgedrückt werden kann, wie zwischen
ze und ze. Beinahe dasselbe gilt von den Silben ze, se, ce; sie
kommen im Neuböhmischeu nicht vor, das Sprachorgan hat
sie nicht eingeübt, ihre Aussprache gelingt aber dennoch bei
einiger Aufmerksamkeit ganz leicht. Anders verhält es sich
mit je und ne; es ist uns in der That schwer zu sagen, wie
hier das e nach j und n ausgesprochen und wie diese Silben
von je und ne deutlich geschieden wurden ; aber daraus folgt
nicht, dass sie in der altböhmischen Aussprache unmöglich
gewesen wären, die im Passional consequente und etymologisch
begründete Unterscheidung zwischen ge uud ne einerseits und
gie, gye, nie, nye andererseits beweist das. Gegentheil.
Ich bleibe also bei der Ansicht, dass in der altböhmischen
Aussprache die Silben re xind re u. s. w. phonetisch ver-
schieden waren; und was die lautliche Geltung des geschrie-
benen e, ie und ye anbelangt, so scheint mir folgende Aus-
sprache die wahrscheinlichste zu sein: in langen Silben gilt
geschriebenes e = e, geschriebenes ie und ye = ie (diph-
thongisch), z. B. inf. rzecy 277 = feci, asl. resti, vzecy 480
= uzeci, asl. zesti , pl. Dat. dussyem 488 = duszem , asl.
dusam't, drziewie 294 = drtevie, asl. drevije, stogiece 284 =
stojtece, asl. stojeste, sbozie 330 und sbozye 333 := zhozie,
asl. -ije; — in kurzen Silben dagegen ist geschriebenes e = e,
geschriebenes ie und ye = e auszusprechen, z. B. rzebra 320
= i-ebra, asl. rebro, zgiewil 391 und zgyewil 375 = zjevil,
asl. javili), rziecz 282 und rzyecz 321 = fec, asl. recb, knyezie
337 und knyezye 314 = knieze, asl. -e u. s. w.
III.
Nach der oben allgemein ausgesprochenen Regel soll das
Altböhmische in Betreff des e und e (resp. e und ie) mit dem
Altslovenischen übereinstimmen. Hievon hnden sich im Pas-
sional auch Ausnahmen; sie sind aber nur zum Theile
324 Gebauer.
wirkliche Abweichungen von der Regel, zum Theile sind sie
es nur scheinbar.
a) Bios scheinbare Abweichungen sind folgende:
1. Das Part, praes. act. auf -ce statt -cp, für asl. -sta und
-ste, fkiice für asl. rekqsta (sing. Gen. und du. Nora. Acc. masc,
plur, Nom. Acc. neutr.) und rekqste (plur. Acc. masc. und sing.
Gen. plur. Nom. Acc, fem.); z. B. pokud te vizi ziva gsuce
310, ta (sc. ucenniky) widuce 288, ty divy ciesafe oba widuce
327, tato dva svatä odpovedesta a rzkucze 284, ana jdeta
drziece se za ruce, d. i. drziece 307 u. s. w. Die Endung
sollte hier -ce sein. Allein dieses Participium mit der Endung
-ce (oder auch blos -c) wird im Altböhmischen sehr oft wie ein
Gerundium gebraucht, d. i. absolutiv und ohne die gehörige
Congruenz in der Declination, z. B. kolikratz diabla slysi me-
nujice 358 und (in den jüngeren Theilen des Passionais) pokoj
lidem dobre vuole jsüce 47, uslysal hlas k nemu fkiice 126,
starosta ji kazal odrüce horkü smolu obliti 270 u. s. av. Ebenso
steht es absolutiv in den oben gemeinten Fällen; eine Con-
gruenz mit dem gehörigen Nomen oder Pronomen ist nicht
beabsichtigt, die Abweichung von unserer Regel ist also nur
scheinbar. (Vergl. Miklosich, Gramm. IV. 825 und 838.)
2. Dasselbe gilt vom Part, praet. act. I. mit der Endung
'se, z. B. to rzeksse ta svatä 284, tato dva püstenniky przi-
stupiwsse vecesta 289, potom dli'iho na svete bywsse (syn a
otec) bohu se dostala 418 u. s. w. Auch dieses Participium
wird absolutiv gebraucht; vergleiche in den jüngeren Theilen
des Passionais : Pilat käza Jezise obnazivse k slüpu priväzati
200, vida ji porodivse a cistü dievki'i ostavse 52, netahle sta
(Nom. du. fem.) se uzfevse pfituliti 278, sv. Martin jednoho
cloveka beze kftu umrevse nalezl 584, jakzto se jest (Draho-
mira) o to pokusila, knezi z zemö vyhnavse a kostelni dvefö
zahraditi kdzavse 580 u. s. w.
3. Dasselbe gilt auch vom Relatiynm jez, jezto, jesto, wenn
es statt des von unserer Regel verlangten jez, jezto vorkömmt.
Beispiele mit congruenter Construction des Pron. jenz qui
kommen im Passional sehr oft vor; z. B. zäk, yenz dvoje
svöcenie möjiese 384, to slovo, gessto jest 409, matka, giez
biese umföla 373, sva bratfence (du. Nom. masc), giezto nase
matka mni, bychvö u mofi utonula 290 u. s. w. Aber sehr oft
üeber die weichen e-Silben im Altböhmischen. ö2D
finden sich auch Beispiele mit dem, ich möchte sagen relativum
absokitivum jez und dieses steht dann natürlich auch statt des
verlangten jez (quae, quos, quas); z. B. sief, yesto sire duse
lapä 451, ta fetezö, gessto bjla prinesla 395, o diviech, yesto
öinil 464, knizky, yesto dyrziese 383, ty duse, yesto sü byly
obtiezeny 487 u. s. w. (Vergl. Miklosich, Gramm. IV. 84.)
4. Zum Nom. südce ist der Voc. siidce; hievon ist südce
in kfivdu öinis sudcie 489 auch nur eine scheinbare Ausnahme;
es steht hier nämlich der Nom. statt des Voc, ebenso wie in
poslüchaj mne sestra mild Pass. 451, sestr« mild, buoh te
pozehnaj Vybor 1. 1155, liska, co to neses ib. 228, dobfe li
jest to, Pukat«, ze ty chces zbiti kniezata Dalimil cap. 54 u. a.
b) Unter den wirklichen Abweichungen des Passionais
vom Altslovenischen sind wiederum solche zu unterscheiden, die
constant oder häufig vorkommen, und solche, die nur sporadisch
zu finden sind.
a) Zu deu constanten Abweichungen gehören die Silben
le und le statt /eund lie, sedeti neben asl. sedeti, prevor, stfiehro
neben asl. srebro, drieve und dreoni n. asl. drevlje, o'-echu
n. asl. rese, zehti n. asl. zeleti, pecef n. asl. peöatt, mescenin
statt mSsöenin ; nebstdera kommen auch bei zjeviti häufige Aus-
nahmen vor. Ich will die Fälle einzelnweise durchgehen ; es
wird sich in den meisten als wahrscheinlich und mitunter als
gewiss herausstellen, dass den Abweichungen des Passionais
eine von der allgemeinen Regel abAveichende Aussprache des
Altböhmischen zu Grunde liegt, und dass der Schreiber des
Passionais die Sprache seiner Zeit auch in diesen Fällen laut-
lich treu wiedergibt.
1. Statt der verlangten Silben le und lie finden wir im
Passional nur le (oder lee). Z. B. Loc. v apostole 303, v rze-
mesle 297, na skale 287; du. Nom. dve drzadle 434; Gen. Acc.
stworzitele 288, krale 330; Part, praes. bydle 312, se modlece
312; Imperf. bydlesse 288, bydleesse 457; 3. plur. praes.
mysle (e) 294, bydle 368; Infin. bolety 310 u. s. w. Dasselbe
gilt aber von allen altböhmischen Handschriften fast ohne Aus-
nahme. Der Grund davon ist wohl kein anderer als der, dass
statt le und Ue schon im XIII. und XIV. Jahrhundert blos le
und U gesprochen wurde.
326 G e b a n e r.
2. Dein altslovenisclien sedeti, sedere^ sollte altböhmisch
sr'deti entsprechen; statt dessen finde ich im Passional durch-
gehends nur sed-, während srxl- nur in den dem altslovenischen
sedq sesti, considere entsprechenden Formen und ihren Ab-
leitungen vorkömmt. Z. B. 'za stuol siesty 435, syede aor. 3.
sg. 313, wsiedl 324, wsyedl 323, wsiedsse 340, posiedeny (i)
obsessi 469 u. s. w., und ebenso susiedi 386, siedagy 382 u. ä.;
dagegen aber sedy 3. sg. 390, ani sedye 3. plur. 369, sedyesse
418, sedyesta 473, sedyety 380, part. sedye 387, sedyecz 391,
sedyecy 419, sedyece 411, sedyel 299 u. s. w. Dieselbe Unter-
scheidung hat wohl auch in der Sprache stattgefunden; e geht
im Böhmischen überhaupt in e über und so entstand sed- neben
sed-; dieses blieb in den mit sesti zusammenhängenden Formen,
jenes hat sich im Verbum sedeti festgesetzt. Vergleiche hiemit
vytc'kati (aus altböhmisch vyt/ekati) und utikati (^= ut^ekati).
3. In prevor = lat. prior, mhd. prior, dürfte das e der
Volksetymologie seinen Ursprung zu verdanken haben; das
Wort schien einem Compositum mit pre sehr ähnlich und einer
solchen Auffassung hat sich auch die Aussprache angepasst.
Dem entspricht dann auch die Schreibung im Passional : prziewor
414 (2), 418, przieworowi 414 u. s. ^Y.
4. striebro hat im Pass. immer den Diphthong ie : strziebro
344, strziebrny 400 u. s. w. Es weicht hierin vom asl. srebro
ab, stimmt aber andererseits mit dem russischen serebro über-
ein und es ist kein Zweifel, dass der Schreiber des Passionais
auch hier die altböhmische Aussprache Aviedergibt.
5. Dem asl. drevlje entspricht aböhm. dreve. Dieses kommt
aber im Passional nur einmal vor, drzew^e 394, sonst immer
drieve, draiewe 276 u. s. w. ; und ebenso das Adject. drecni:
drziewnyeho ciesafe 427, pfi drziewnyem ciesafi 283, s drziewny
zenü 282.
6. Dem asl. Aorist rese entspricht aböhm. riechu; z. B.
päni rziechu, d. i. riechu Dal. cap. 8 (Königgrätzer Fragment).
Statt dessen findet sich aber im Passional nur fechu : rzechu
,309 u. ö. Ich zw^eifle nicht, dass der genaue Schreiber des
Passionais hierin der Aussprache gefolgt ist; aus dem ursprüng-
lichen rie- ist später re- geworden und statt riechu wurde fechu
gesprochen.
Ueber die weichen e-Silben im AUböhmischen. ö2t
7. Im Passional findet sich nicht nur zel: zyel 321, 339,
und zeliti: szieliw 289, sondern auch zeleti: ozieleti 482, zie-
lesse 298, zielegycz 374, zielel 36G, zyelel 299 u. s. w. Das
stimmt freilich nicht zum asl. zeleti, aber hier ist wohl die Un-
regelmässigkeit auf der Seite des Altslovenischen ; entsprechend
dem Subst. zak und dem Verb, zaliti erwartet man auch asl.
* zaleti und diesem sowie dem russ. zaletb entspricht das aböhm.
zeleti ganz genau.
8. Statt pecet, asl. pecatb, ist pecef : peczetma zapeczeten
(zapecefen) 369 ; sonst kommt das Wort im Passional nicht vor.
9. Neben murzienyn 459, rzimiene 281 u. s. w. , asl.
-janini., sollte es auch mescenin heissen ; statt dessen findet
sieh aber im Passional nur miesczenyn 357, miesczenyna 472,
miesczenynu 366, miesczene 474.
10. In zjeviti, asl. izT>javiti, ist die erste Silbe in den
meisten Fällen zje- geschrieben: zgiewil 391, zgyewil 375,
zgiewenye 417, zgyewenye 404 u. s. w. Daneben findet sich
öfters auch zzie- und zzye- und einigemal zie- und zye- : zzie-
wity 336, zziewil 342, zzyewila 336, zziewena 337 u. s. w.,
ziewnimi 284, zyewnye 333, ziewywssy 336. Ich bemerke
hiezu, dass der Laut z im Passional nie zz geschrieben wird,
und dass es im Altböhmischen auch ein zevovati st. zjevovati
gegeben habe; hiernach ist die Vermuthung berechtigt, dass
auch die eben angedeuteten Schwankungen des Passionais auf
Schwankungen der Aussprache beruhen.
ß) Endlich kommen im Passional noch folgende Aus-
nahmen sporadisch vor: toho miesiece 394, zäpad slunce
394, s sie strany morze 394, sg. Nom, knyeze 337, anstatt
miesiece^, sluncf^, mofe, knieze; — pro nyenz div 395;, gyesto
mesto 323, gyezzto mesto 333, toto videnie, gyezz chce zzie-
wyty 369, gyesto zbozie tobe probytecno bude 478, pro nyezto
388, 410, 411, skrze nyezto dfevo 486, na nyem 431, po nyem
389 anstatt nenz (geschrieben nenz)j jez, nez (geschrieben nez),
nem (geschrieben nem) ; — ruce ohrizenej 289, cize zbozie
377, czuzeho zbozie 397 anstatt ohryzenej, c'izie und cuzi'eho ;
promienyge 295 statt promenije, Part, praes. act. ; — yechu
aor. 3. plur. 396 statt jechu ; — gessutnu chvälu 384, gesczerow
349, zlorzeczyl 470 und zlorzeczeni 353 anstatt jesutnü, jesce-
röv, zlofecil und zlofe'ceny. Dazu ist zu bemerken, dass nyezto
«5^0 Geb au e r.
388, 410, 411 auch als Plural aufgefasst werden kann, und in
diesem Falle reg-elmässig ist; dass cize 377 und cuzeho 397
(neben ciziemu 454 u. s. w.) auf der secundären Form cizy,
d, e beruht, die mit der Zeit das grammatische cizi aus der
Volkssprache gänzlich verdrängt hat; imd endlich dass in
zlofecil 470 und zlofYceny 353 das nahe rekl-feceny störend
eingewirkt haben mag.
Sehen wir nun von allen blos scheinbaren Abweichungen,
sowie auch von denjenigen ab, die auf einer von der allge-
meinen Regel abweichenden Aussprache des Altböhraischen
beruhen (l.e statt U, sedeti statt sedeti u. a.), so erscheint die
Anzahl der wirklichen Ausnahmen und , Fehler' ungewöhnlich
gering: etwa zwanzig — unter beiläufig zwanzigtausend Fällen!
Es liegt in diesem Umstände ein besonders günstiges
Zeugniss für die Genauigkeit des Schreibers, — und dasselbe
bestätigen die im Passional vorkommenden Correctnren; es
sind nur wenige, aber alle beweisen, dass den Schreiber resp.
Corrector ein feines Gefühl der in der Sprache herrschenden
Regelmässigkeit leitete. So ist S. 286 geschrieben : ,dewierz
gie gegie' , . . und das mittlere ,gie' durchstrichen; der Schreiber
hatte mit gie- die erste Silbe des Gen. jejie, asl. jeje, auf-
geschrieben, er hat aber den Fehler rechtzeitig bemerkt, ,gie-'
durchstrichen und ,gegie' von neuem zu schreiben begonnen.
— S. 392 ist in uwierzieny statt u vefeni der Fehler durch
eine Rasur beseitigt. — S. 423: ,tof jest telo me, vstup wnye';
hier ist nye (ne) unrichtig, nach der Regel des Passionais soll
hier iie (geschrieben ne) stehen und deshalb ist in wnye die
Auslassung des y durch einen Punkt angedeutet (wne, d. i.
V ne = in id, während wnye, d. i. v nö == in eoS; eas, ea).
— Das Substantivum verbale vezenie kommt im Passionale sehr
oft vor und die zweite Silbe hat immer richtig f", z. B.
u wiezieny 302, u wiezyeny 375; einigemal ist hier aber eine
schwache Rasur bemerkbar, die den Zweck hatte, vezenie aus
vezf^nie zu machen, so z. B. S. 390 und 392 ; auch diese Ra-
suren verrathen, glaube ich, das Bestreben, der bekannten Regel
Geltung zu verschaffen, nur war hier der Fehler auf Seiten
des Rasors, der das betreflfende Substantivum verbale nicht
von vezeti, asl. vezeti, sondern von einem entsprechenden
Verbum der I. oder II. Classe (cf. asl. vesti und böhm. väznüti)
lieber die weichen e-Silben im Altböhmischen. ö2\)
ableitete. — Es war bis jetzt nicht bekannt, dass ein alt-
bomischer Schreiber resp. Corrector an .Fehlern' dieser Art
hätte Anstoss finden und eine Beseitigung derselben für noth-
wendig erachten können, und es ist diese Erscheinung nur in
dem Falle erklärlich, wenn die wirkliche altböhmische Aus-
sprache ebenso regelmässig und genau war, wie der ganze
Text des Passionais.
IV.
Die Regel des Passionais soll nun in eingehender Weise
nachgewiesen werden.
Zu diesem Zwecke gehe ich alle hieher gehörigen Silben
des Passionais durch, ordne sie übersichtshalber nach gram-
matischen Kategorien, sowie auch nach ihren Consonanten (z, s,
c, i"', z, s, c, j, ii), führe in einem jeden Falle zuerst immer
die Belege an, welche die Regel darstellen, xmd lasse darauf
die Ausnahmen folgen. Die letzteren sind immer alle auf-
gezählt und angegeben, die sich vorfinden; die mit der Regel
übereinstimmenden Belege dagegen sind nicht immer vollzählig,
sondern öfters nur in einer genügenden (mitunter vielleicht
mehr als genügenden) Anzahl angeführt. Sie sind nicht immer
in gleicher Menge nothwendig. In Betreff der langen Silben
wird von der Regel kaum gezweifelt werden und es wird an
je einigen Beispielen genug sein. Mehr beweisesbedürftig ist
die Regel in Betreff der kurzen Silben, und namentlich in
Betreff der Silben ne (geschrieben ne = asl. He), verschieden
von nii (geschrieben nye oder nie = asl. hmv, H'k und ha) und
je (geschrieben gie oder gye = asl. i<i und hA, verschieden
von je := asl. le) ; deshalb sind hier auch die Belege zahl-
reicher und namentlich die mit iie- vollzählig, wogegen für
Belege mit ne und je weniger gesorgt ist.
Die Regel des Passionais gilt für alle weichen e-Silben;
im folgenden Nachweis sind aber nur diejenigen berücksichtigt,
deren Consonant z, s, c, f, z, s, c, j, ü ist, nicht auch die mit
den Consonanten m, b, p, v, d, f. Die Silben mit m, b, p, v
haben einen Nachweis nicht nothwendig, da sie nur folgende
330 Gebauer.
constante Ausnahmen bieten, die iusg-esaninit auf der Aussprache
(mit e statt e) beruhen: brzieme, asl. breme, 345, 468; medyene
hady, asl. medent, 293, sh'ipy medyene 293; slowenskemu
pismu, asl. slovenLski, 311, do slowenske zemö 383; vsecka
wezie, asl. veza 311, na vysokü wezi 311, na jednej wezi 347,
po vsiej wezi 483, v tej wezi 484, tu wezi 485, v onej wezi
485; vecie aor., asl. vesta 283 etc., — d. i. brieme statt bfieme,
medene statt medene u. s. w. Ebenso ist bei den Silben mit
d und f ein genauer Nachweis theils nicht nothwendig-, theils
aber nicht mög-lich. Es kommen nämlich in den hieher ge-
hörigen sehr zahlreichen Belegen die Silben mit e und ie ganz
regelmässig vor, z. B. dyegy, asl. dejati. 355, to vidüce zidye
asl. -ije 352, ani sedye, asl. sedeti> 369, dyetye, asl. dete 310,
na tomto listye, asl. liste 371, hlavu stiety, asl. -teti 301,
krzestyene, asl. kr'Bstijane 346 etc., ausgenommen: krzestene
468 ; — für die Silbe de dagegen gibt es keine Belege und
für te nur in zapeczeten (d. i. zapeöefen) 369, pokrzsten (d. i.
pokfsfen) 249, und im enklitischen fe: To te 278, To te ten
pfescastny 286, proto te tak hrozne 311, snad te onen chudy
piistennik 325, tohof znaju ez te svaty clovek 325, To te (t mit
einem diakritischen Punkt) ta Maria hfiesnice 334 (neben Tot
jest ib.), velmi te lepe posliichati 336, Dobfe te, krali, vzdßno
jme Dagnus 362, To te ten svaty otec Lev 371, dceru, jizto
te dna zlamala 375 u. s. w. ; daneben eine Ausnahme: jesto
tye V tvem domu 325.
A. Nachweis der Regel in der Declination.
I. Nominale Declination, und zwar:
a) Declination der s-Stämme :
Sing. Voc. (i asl. e: bratrze 303, 304, 305, 306, 307, 308,
mistrze 306, przieworze 414, petrze 294, 295, 296, 297 u. s. w.,
kristoforze 360 (zweimal), vsemohüci boze, d. i. boze 379 ;
zly dusse 452; czlowiecze 348, nemiidry czlowiecze 362; ohne
Ausnahme.
Sing. Loc. e asl. e: na wozie 390, o tom obrazie 380,
u bozie 302, 314 (2), na bozie 339, 356 etc., na brziezie 360,
na brziezye 313; po czasie 452; po rocie 297, u poczatcye
lieber die weichen e-Silben im Altbölimisclien. Ool
280, V toin zamutcye 376; v tom swarzie, d. i. sväre 356,
V klassterzie 396, v klasterzie 482, v svem sborzie 317, na
sborzie 346; v svein hrziessye, d. i. hfiese 284; — ohne
Ausnahme.
Plur. Loc. iech asl. ein: na svych boziech 348, na
rozlicnych trziech 357 ; po czasiech 289, 345, v hlasiech 343 ;
o prorociech 279, o skutciech 285, v dobrych skutciech 355,
V smutciech 302; v dworziech 283, v uhrziech 317; v hrziessyech
334; — ohne Ausnahme.
h) Declination der jfs-Stämme:
Sing. Gen. Acc. e asl. a: Luciana knyezie, d. i. knezS
399, od knyezie 435, knyezie pozvati 343; kus rzetyezie 357;
otcye 276, 280, 282, 288 etc., bratrcie 473, bratrcye 379 etc.,
ugcye 394, Vita synowcie 316, synowcye sveho 315, rodicie
425, rodycye 396, robencie mladeho 373, mladcie 329, toho
starcie 292, me nebozcie 326, toho hrncie 434, z miesczie, d. i.
mesce 368, puol druheho tysicie 348, miesiecie 395, miesiecye
395, Nyemcie jednoho 317, svateho wawrzyncie 398, 402,
403 (4), 425, svateho Wyncencie 425 etc.; cyesarzie, d. i.
ciesafe 281, 282 etc., ciesarzie 294, 295 etc., beides sehr oft ;
kacierzie 376, 463, kacierzye 376 etc., hospodarzie 287, 356 (2),
richtarzie 355, zalarzie, d. i. zaläfe 305, 320, 321 etc., zaltarzie
418, lazarzie 334, lazarzye 333 ; muzie, d. i. muze 286, 292,
399, 451, 480, papezie, d. i. papeze 285, 376 (2), papezye
376 etc., krzizie, d. i. kfize 422, krzyzie 308, 355, 366, 379,
krzyzye 321, svateho krzizie 483 (2), 485, svateho krzyzie
484 (3), 485, 486, 487, 488 (2), 489, svateho krzyzye 486, 487,
488 u. s. w. ; towarzyssie, d. i. tovarise 464, Malachyassie 288,
Barnabassye 288 , svateho apolinarissie 344 (2) , 345 (2),
346 etc., apolinarissye 345; velilceho placzie, d. i. place 304,
pozdvihna plasczie, d. i. pläsce 340, sveho oraczie 387; podle
obicziegie, d. i. obyceje 275, obycziegie 347, obyczyegie 312,
313, obyczyegye 339, 382 etc., toho kragie, d. i. kraje 281,
331, z kragie 345, do kragye 401, kfesfanskeho krogie riicho
435, tveho pokogie 294, podlc Dunagye 484, svateho Matyegie
277, svateho bartholomiegye 460; okolo ohnye, d.i. ohnö 405,
z uohnye 405 (2), prostfed ohnye 470 etc., tohoto konye 453
u. s. w. Die Anzahl aller hieher gehöriger Belege ist im
332 Gebauer.
Passional sehr gross; darunter eine einzige Ausnahme: toho
miesiece 394.'
Sing. Voc. e asl. e: mily knyeze, d. i. knöze 304,
poranisli knyeze 342, knyeze svaty 421 ; otcze, d. i. otce 292,
306, 307, 316, 356, 371, 375, 414 (2), 421 u. ö.; vöz to
hubencze 432 (2), ty Nyemcze 317 (3), Wawrzincze 429, svaty
wawrzincze 435 ; ohne Ausnahme.
Sing. Instr. em asl. f>wi&: s jedniem knyezem 432, rzetye-
zera 415, s peniezem 477, otcem 279, 292 (6), 304, 327,
416 u. ö., uotcem 355, 372, s synowcem 390, s tiem robencem
373, s wawrzincem 436, s wawrzyncem 403; ciesarzem 295,
426 u. ö., eyesarzem 283, 369, 374 u. ö. ; pfed oltarzem 343,
415, s hospodarzem 433, tvym slogierzem, d. i. slojiefem 307,
s lazarzem 333 ; papezem 325, 327, 376, 407, 420 u. ö., krzizem,
d. i. kfizem 409, krzyzem 343, 355, 358, 379, 479 u. ö.; za
muzem 451, s rauzem 452; s towarzissem 307, conuyrssem,
d. i. konvirsem (conversus) 413, s gezissem 286; meczem 283,
371, 377, 484, placzem 293 (2), 312, 326, 370, 476 u. ö.,
plasczem, d. i. plasßem 320, 338, plassczem 338, biczem 387,
kliczem 397, olegem 348, uolegem 349, oleyem 470, s pokogem
321, krogem rucha 380, obycziegem 468 ; ohnem, d. i. ohiiem
300 (2), 453 ; — ohne Ausnahme.
Dual Nom. Acc. Voc. e asl. a: dva kniezie, d. i. kneze
376, dva rzetyezye 395; jsva bratrzencie 290, dva bratrzencie
377, dva syny tvä blizencie 293; ta dva rityerzie, d. i. rytiefö
298 (2), 345, ta rityerzie 298, oba rityerzie 482, oba ciesarzie
325, ciesarzie oba 327 ; vy ctnä muzie, d. i. muze 283, dva
kossye, d. i. kose 400; — ohne Ausnahme.
Plur, Acc. 6 asl. e: penyezie 367, penyezie zlate 327,
za ctyfi penyezie 394, penyezye polozili 333, ty rzetyezie 395;
tri tysicie 286, 322, pupencie 430, sve lowcie 374, v hedväbne
postawcie 332, za palcie 482; me rityerzie, d. i. rytiei'-ö 300,
vsöcky rityerzie 361, jich oltarzie zbofil 303, jedny kacierzie
413 ; — ohne Ausnahme.
1 Diese Seite des Fassionais ist verliäitiiissmässig sehr reich au Ausnahmen,
ausser dem Gen. miesiece werden weiter unten noch die Gen. sg. slunce
und morze angeführt werden. Der Schreiber war hier etwas weniger
aufmerksam als sonst.
Ufibpr die weichen e-Silben im Alüiohmisclien. 333
c) Declination der ?*;3-Stämme.
Dual Nom. Acc. Voc. ie asl. ija: dva rzebrzie, d. i.
febfie 418, ta jistä rzebrzie 418 ; — ohne Ausnahme.
d) Declination der o-Stämme.
Sing. Loc, fT asl. e: na zelezie, d. i. zeleze 433; po
nyekolicie casieeh 289; v russye, d. i. v rüsö 312, v kräsnem
russye 307, 391, v svem russye 451, u brzyssye 310 (2), 392.
Hieher gehören auch die Adverbien nelzie 293, 300 u. ö., tak
mnozie 239, 415, 462, blazie by mne bylo 343, blazie tobe
479, mrzcie 286, prudcye 317, sladcye 402, na kratcye 286,
wysocye 390, dobrzie, d. i. dobfe 280, 304 u. ö., dobrzye 397,
sczedrzie 333, 334, 383, 385 u. ö., mudrzie 294, nemudrzie
483, wskuorzie 288, sirzye 303, sporzie 394, tyssye, d. i. tise
328 u. s. w. ; — ohne Ausnahme.
Plur. Loc. iech asl. ehz: v nebesiech 281, na nebesiech
292 u. ü., V drahych russyech 332 ; — ohne Ausnahme.
e) Declination der ;o-Stämme.
Sing. Nom. Acc. Voc. e asl. e: srdce proklali 283, srdce
me 304, jejie srdce zazehl 334, v srdce jejie 350, srdce jecalo
415, srdcze 318, 462, 464 u. ö.; slunce 342, 369, 374," 460,
483 u. ö. ; owoce palmove 360, zrd owoce dala 360, wiederce
wody 431, okence 433, za morze 287, 288, pfes morze 287,
288 (2), 292 u. ö.; u morze in mare 338 (3), morze 374 u. ö.;
loze, d. i. loze 386, pred loze 410, loze zelezne 431 ; bydliscze
d. i. bydlisee 315 (3), miestiscze .340, miestyscze 354, trzyscze
d. i. trzisce 367. Hieher gehören auch die Adv. wiece 279 (4)
u. ö., naywiece 321 u. ö., blize, d. i. blize 342 (2), wysse 391,
wlascze, d. i. vläsce 280, 378 u. ö., zwlascze 433 u. s. w.; —
ohne Ausnahme.
Sing, Gen. e asl. a: ze vseho srdcie, d. i. srdce 308,
muzskeho srdcie 318, nestydliveho srdcye 319, na vzchod
sluncie 301, 483; smorzie nebo s zeme, d. i. s mofe 303,
z morzie 348, 349, s uone strany morzie 394; polovici mie-
styssczye postüpil, d. i. mestiScö 403. — Dagegen zwei Aus-
nahmen : na zäpad slunce statt slunce und s sie strany morze
statt mofe, beides 394.
Sing. Instr. em asl, bmi,: srdcem 287, 306, 318, 419,
435, 461, 463, 465, 474 u. ö. ; tyelcem 279, 320, owocem 286;
horzem 287, 349, morzera 488 u. ö. ; — ohne Ausnahme.
Sitzungsber. d. phil.-liist. Cl. LXXXIX. Bd. I. Hft. 24
334 Gebaner.
Plur. Noni. Acc. Voc. k asl. a: nevprnä srdcie, d. i.
srdcö 42(J, kfesfauskä srdcie 435; — ohne Ausnahme.
f) Declination der ?j'o-Stämme.
In den betreffenden Casus regehmässig ie statt asl. -ije
und -ijn: zaytrzie, d. i. zajtfie 31G, sve sbozie, d. i. zbozie
330, sve sbozye 333, sveho zbozie 311, przistrziessye, d. i.
pfistfösie 335 u. s. w. ; — ohne Ausnahme.
g) Declination der a-Stämme.
Sing. Dat. Loc. ü asl. «: sluzie, d. i. sluzö 325 (2),
340, sluzie boziemu 451 5 na wazie, d. i. väze 463; jejie krasie
319 u, ö., k lesie, d. i. lese (Nom. lesa) 432; matcye 279 u. ö.,
V rucie 341, v rueye 397, 399 u. ö., k kolebcie 328, k rziecye
360, k towarzyssczye 473, po welicie noci 391 ; v sve] pokorzie^
d. i. pokofe 312, 315; wierzie 285, 315, 372, 373, '375 u. ö.,
k wierzie 313, 341, v svej wierzie 321, po wierzye 322, 372;
na horzie 286, 366, na huorzie 354, na horzye 365 (2); sestrzye
377 ; fimskemu patriarssye, d. i. patriarse 309, na strzyessye,
d. i. stfese 314, k utyessye, d. i. utöse 334, k sossj^e 470; —
ohne Ausnahme,
Dual. Nom. Acc. Voc. e asl. e: rucye 287 (3), 305,
306 u. ö., rucie 306 (2), na svoji rucie 340 u. ö. ; te matcye
278, te dieweye 362: te sestrzie 332; — ohne Ausnahme.
li) Declination derja-Stämme.
Sing. Nom. e asl. a: owcie, d. i. ovce 379_, pracie, d. i.
präce 30.5; sluzebnycie, d. i. sluzebnice 307, 383, poslussnycie
307, lawicie 363, wlczycie 353, 355, dyewicie 319, 320,
321 u. ö., suknicie 422, bratizicie 316, hrziessnycie 334,
trogicie 278, poselnycie 472, putnycie 473, muczedlnyczie 285,
stolicie 418 u. s. w. ; — sudcye, d. i. südcö 303, sudcie .300,
349 (3), 413, 489 (3), 490 u. ü., obrancie 297, 466, swuodcye
298, proradcie 427, vstawcie kostelov, d. i. ustavcö 303,
milostivy darcie 488 ; — burzie, d. i. büfe 338, 374, velikä
burzie 419; vsöcka wezie, d. i. vez6 484, dialektisch für vez&,
ruozie 369, strazie, d. i. sträze 303, ten strazie 324, jak2 sem
byl strazie 297 ; dussye tvd, d.i. duse 454, jestli dussye v6cnd
288, ta dussye 283, 288 ; svata Nyetyssye 281 ; jedinä. nadiegie,
d. i. nadöjö 331, jistä nadyegye 420, nasö nadyegye 472;
wigylgye, d. i. vigiljö 434, wigilgye 434 (2); krasna wuonye,
d. i. vuone 343; — ohne Ausnahme.
Ueber ilin woichnn c-Silbon im Altliölimisclifin. OOO
Sing. Gen. e asl. e: bez me pracie, d. i. präce 293, sve
pracye oG8, z uobcye 376 ; z pokoruc diewicie 330, z svate
dyewicie 464, svate trog-icie 278, 461, od sve bratrzicie 331,
te russycie 351, sve strziebrnycye 355, s sve stolieye 361, sve
sluzebnycie 381, do chlebuyeie 367 : teto burzie, d. i. büfö
419; z kradezye, d. i. krädezö 355, do Parzyzie, d. i. Pafizö
408; o vecnosti dussye, d. i. duSö 288, me dussye povysenie
320, bez dussie 326, sve dussye 357 ; sve mssye, d. i. rasÖ
346, mssye poshichati nechtel 415, mssie pomähase 422; in
jrae kristouossye 358 kann Kristonose Nom. und Gen. sein ;
ssigie poskytl, d. i. sije 301, podle stagie, d. i. stajö 308,
z niarigye matky, d. i. Marije 415; — ohne Ausnahme.
Sing. Voc. e asl. e: Przietelnyce niä niila, znamenalalis,
d. i. pfietelnice 471 (Nom. prietelnice) ; o wodce pravy, d. i.
vödce 306 iNom. vodce); jdi s hohem, wuodce spasitelnych 306.
Ueber die scheinbare Ausnahme südce in kfivdu cinis sudeie
489 siehe oben (III. n. 4).
Flur. Nom. Acc. Voc. e asl. e: pf-es twrzie, d. i. tvrze
357; vlicye uprazniti, d.i. ulice 362, skirzie vlicye 367; ruka-
wicie 380, svviecie rozziehati 380, na wanocye 385; vsecky
dwerzie, d. i. dvefe 388; ty ruozye, d. i. i-noze 400; tech
dussye muku trpie, d. i. duse 289, dussye jsü zivy 289, tarn
dobre dussye bydhti budü 321, dussie sve pustili 370, vsech
vernyeh dussye 415, za vse dussye 415, dussye se raduji 429,
sve dussye lapa 451, dussye do nebes vzaty 45.5, tyto dussye
470, ty dussye 487, vsecky dussye 488 ; pro milosczye, d. i.
milosce 325; naii pomygie lejiC;, d. i. pomyje 325; — ohne
Ausnalime.
Flur. Dat. iem asl. amT,: svym panossyem, d. i. panosiem
348, vsem dussyem, d. i. dusiem 488; — ohne Ausnahme.
Flur. Loc. iech asl. ahz : po uliciech 302, v rucznyciech 302,
o dyewiciech 318; v komziech, d. i. komziech 411; — ohne
Ausnahme.
Flur. Instr. rnii asl. ami: vdyciemi. d. i. udic^rai 348,
482; radoscziemi, d. i. radosöemi 290, 291 , -332, 468, 481,
482 u. ö., miloscziemi 480, zaloscziemi, d. i. zaloSöemi 348;
pochodnyerai 322 ; — ohne Ausnahme.
24*
336 Gebauer.
i) Declination der ya-Stämme.
Die betreffenden Casus haben regelmässig ie für asl. ije,
ija und ije; z. B. bratrzie, d. i. bratfie sing. Nom. 288, bratrzie
mild sing. Voc. 291, vsecka bratrzie 314, svate marzie Gen.
343; pohanskä knyezie, d. i. kngzie 345; jeden podcziessye,
d. i. podöösie 299, 300, jeden podratagye 387 u. s. w. — ohne
Ausnahme.
k) Declination der i- Stämme.
Plur. Nom. masc. ie asl. ije'. vsickni eztyrzie 280,
cztirzie katove 479; muzye bradati, d. i. muzie 3l8; — ohne
Ausnahme.
Plur. Dat. em asl. him: trzem bohöm 347, cztirzem
muzöm 349, vsem rzieczem 317; — ohne Ausnahme.
Plur. Dat. ech asl. iM: v tajnych wiecech 286, v tohoto
sveta wiecech 291 u. ö., po trzech stech 365, v tech trzech
dnech 429, ve cztirzech 458, po cztirzech 465; — ohne
Ausnahme.
l) Declination der consonantischen Stämme.
Im Paradigma mdti hat der sing. Gen. e asl. e: materze
288, u materze 338, 396, hrob materze 422; z jeho dcerze
424; — ohne Ausnahme.
Im Paradigma kure asl. k^ire hat die Ableitungssilbe
regelmässig e für asl. e, wenn der Umlaut eintritt; z. B. sg.
NAV. knyezie, d. i. knie^ö 337 (3) u. ö., knyezye 314 (2),
316, 317u. ö.; sg. Gen. u koyeziete, d. i. kniezete 392; sing.
Dat. ke knyeziety, d. i, kniezöti 317, knyeziety 314, 336, 340;
sg. Instr. knyezyetem, d. i. kniezetem 318, 339; und in den
jüngeren Stücken des Passionais kdyz ta knyezietye proti sobe
jdiesta, d. i. knie^etö Nom. du. 515 und o ceskych kuyezie-
tyech 576. — Ausgenommen sg. N. knyeze 337 statt knieze.
m) Das Pronomen refleximu se hat immer e für asl. §;
z. B. öte sie 27.5, zasie sye nevracovala 287 u. ö.
II. Pronominale Declination, und zwar:
a) Declination des Pronomen onen.
Die betreffenden Casus haben « und ie für asl. e ; z. B.
onye (dvö dievce) vecesta, d. i. onö 362, ten fetöz ke dvema
onyema pfilozichu 395, onyem vsem rytieföm 362, ouyem hostem
lieber die weichen e-Silben im Altböhmischen. od7
pl. Dat. 386; gednyem kralem, d. i. jedniem 358; — ohne
Ausnahme.
h) Declination des Pron. co statt ce-so, cso.
Der Stamm hat e asl. e; z. B. czeho 291, 416, 417 u. ö.,
czehoz 316, czemu 326, nyczemuz 416, v czem 332, 489, na
czem 346, 371, v nyczemz 465, wnywczem 294, 308 u. s. w. ;
— ohne Ausnahme.
c) Declination des Pron. jo.
Sing. Nom. (Acc.) masc. jeyiz und nenz^ e für asl. h des
Suffixes -hw'b, vergl. onLut ille. Z. B. Jesukrista, genzto pravi
277; aby nam dal ten list, genz dyrzis 326; genz s nim j6diese
452 ; yensto byl ukfizovän 302 ; hod, yenzto slawiechu 395 u. s. w. ;
pro neuzto div, d. i. nenzto 344, pro nenzto iiraz 374; pro
ne~zto div 470 (corrigirt aus nezto); — Ausnahme: pro nyenz
div 395, d. i. pro nenz statt pro nenz.
Sing. Nom. Acc. neutr. je und ne, e für asl. e: vzem
ge (defätko) na svoji ruce 340 ; to slovo, gesto jest 409; dfevu,
gessto biese posvöceno 468 ; byle, yesto rostlo, yesto moci
nemelo 380; to slovo, yesto David pravi 418; df6vo_, yesto
486; ja jsem milosrdie, yesto tuto bydli 419; cisti to, yesto
prorok pise 469 u. s. w. ; — die Belege für ne führe ich alle
au : tof telo me vstup wne, d. i. v ne 423 (corrigirt aus wnye),
pro nes, d. i. pro nez 423, pro nez 354, za nezto 281, 401,
skrze nezto 313, pro nezto 278 u. ö. (66 Mal), pro nezto
zahanbenie 297. — Unter den Abweichungen ist pro nyezto
388, 410 und 411 nicht sicher, da es auch als Plur. gedeutet
werden kann. Ebenso mag die Abweichung in gyesto zbozie
tobe probytecno bude 478 unter dem Einflüsse des lateinischen
Plurals entstanden sein; bei Graesse, I^egenda aurea 598, heisst
es auf der entsprechenden Stelle : invenisti divitias, quas non
dimiserunt parentes tui, quibus egebunt hi, qui etc. Unbe-
streitbare Ausnahmen sind: gyesto mesto svaty Jan jmenuje
323, gyezzto mösto 330 und skrze nyezto svate dfövo 486,
d. i. jez und nez anstatt jez und nez.
Zum Sing. Nom. Acc. neutr. gehört auch das bereits
unter den scheinbaren Ausnahmen (III. a. 3) erwähnte rela-
tivum absolutum jez, jezto, jesto. Es wird im Passional immer
ge- oder ye- geschrieben, z. B. vsemi , gesto sü sc kdy
338 Gebauer.
narodili 277; tu, yesto telo jeho hfbi 376-, na to miesto, yesto
bratfie sedajic mluvie 416; na to miesto, yesto krsczen, pfisel
471; blazena jsi, gezs uvefila 280; vef mi, gez pro te nas
vzkfiesil hospodin 370; o tej zene pise sv. Ambroz, yez to
byla svatä Marta 380 u. s. w.
Sing. Norn. fem. jez, e, für asl. a: matka giez biese
uinfela 373; svetlost, gyezz vosken zalär osvietila 320; gyesto
hvezda ves svct osvecovdse 404; do jedne pelesi, gyez nad
hrobem biese 475.
Sing. Gen. masc. ncutr. jeho und Yieho, e für asl. e:
jego, £ego. Z. B. geho 275, 276 u. ö., yeho 335, 471 u. ö.,
gehozto 275, 277, yehozto 452, 461, sehr häutig; — miesto
nehü, d. i. neho 315, 407, miesto nehozto 349 (2), ot neho
308, od neho 281), 308 (2), 310, 311, 312 (2), 359, 382, 476,
od nehozto 333, 378, 387, 413, okolo neho 316, 466, s neho
385, skrze nehozto 433, 477, u neho 357, 433, u nehoz 313,
u nehozto 356, 409, 413, z neho 396, 468, z nehozto 275, 292,
za nehozto 316, 328, 389, ^21; — ohne Ausnahme.
Sing. Gen. fem. Für diesen Casus hat das Altböhmische
drei Formen: ße, jejie und jiej'. Die erste entspricht dem asl.
je und beruht auf dem Stamme ja- (s. Miklosich, Ueber den
Ursprung einiger Casus der pronom. Deck Sitzungsber. der
k. Akad. d. Wissensch., phil.-hist. Cl., LXXVIII. S. 147).
Die zweite ist das asl. Jeje und ist vom erweiterten Stamme
jeja- gebildet. Die dritte ist aus der ersten entstanden, indem
diese unter dem Einflüsse des Dat. und Loc. die Endung j
angenommen hat, jiej aus jie -f- j, ebenso wie asl. ej statt
je -|_ j (Miklosich, Gramm. III'^ S. 51). Sie kommt nach
meiner Beobachtung nur in solchen Denkmälern zum Vor-
schein, die in der pronominalen und zusammengesetzten De-
clination au dem Unterschiede zwischen dem Dat. Loc. sing,
fem. (mit der Endung -j) einerseits und dem Gen. sing. fem.
(ohne -j) andererseits nicht festhalten; so z. B. in der Katha-
rinen-Logende: Gen. giez jmela viece, d. i. jlez sc. lepoty 126
und matka gyey stfeiiese, d. i. ji(j sc. dcerc 124, Dat. nikde
gyey nebyla rovne, d. i. JieJ sc. panne 121 und poce se gie
protiviti, d. i. Jic sc. Katefinö 250, Gen. z te mdloby 962 und
tej panny 200, Loc. v hroznej boliatosti 476 und u mnohc
pfietö 462 u. s. w. Ln Passional, welches im Einklang mit dem
TJeber die weichen e-Silben im Altböhmischen. dö9
Altslovenischen an dem eben erwähnten Unterschiede strenge
festhält (Gen. te svate — Dat. Loc. tej svatej oder svetej),
ist der Gen. jiej nicht ein einziges Mal zu treffen; er war
einmal schon aufgeschrieben, aber der musterhafte Schreiber
hat ihn für unrichtig gehalten und corrigirt: ez gie (corrigirt
aus giey, sc. sestry) od manzelskeho stavu rozvesti nemohl 451.
— Dieselben drei Formen hat auch das Neuböhmische : ji aus
dem alten jie; jeji (als Adjcctivum aufgefasst und declinirt)
aus jejie, und das dialektische jej aus jiej.
Eine andere bisher übliche Erklärung ist die, welche
Safafik, Pocatkove staroceske mluvnice S. 73 u. 74, gegeben
hat. Hiernach soll dieser Casus altböhmisch jeje, jej und je
gelautet haben und sollen die beiden letzteren Formen durch
Verkürzung aus der ersten entstanden sein. Dagegen will ich
vor der Hand nur das einwenden, dass diese Formen im Alt-
böhmischen nicht genügend nachgewiesen sind. Wohl findet
man püti ieie Rukop. Kral., pyta se iei skfivänek ib., ktoz
gey (sc. milosti) zakusi Nova Rada 274, gesstot kazdy zäda
(d. i. jeztot, falls es auf milosti zu beziehen ist; doch kann
es auch als jestof = quod aufgefasst werden) ib. 831 u. s. w. ;
aber diese und solche Belege sind zum Beweise nicht genügend,
weil sie aus Handschriften herrühren, die theils zu jung sind
(Nova Rada geschi'ieben 1450);, theils ungenau in der Schreibung
der weichen e-Silben, um die es sich eben handelt. Will man
erfahren und entscheiden, ob die hier betrachteten Formen in
der alten Aussprache jeje oder jej/e, jej oder ye], je oder jie
gelautet haben, so niuss man alte Handschriften zu Rathe
ziehen, die in der Schreibung der weichen e-Silben genau oder
ziemlich genau sind. Diese aber bieten nach meiner Erfahrung
nicht jeje, jej und je, sondern jeji'e, j^'ej und 'ye ; sie haben an
der betreffenden Stelle nicht blosses c geschrieben, sondern ie
oder ye, und wenn man hier trotzdem blosses e oder e liest —
z. B. ez jej (geschrieben gyey, sc. dcefe) stfeziese Kath. 124
— so ist das unrichtig gelesen.
Es hatte also das Altböhmische für den Gen. sing. fem.
die Formen yVe, jejie und die späte Analogiebildung jiej. Diese
kommt im Passional nicht vor; die Belege für die übrigen
führe ich beinahe vollzählig an.
340 Gebauer.
jie (geschrieben gie und gye) : zlym skutkera gie (sc. zeny)
läkäse 28G, s velikym se gie pläöeni chvatil 290, on gye
Lislysav 293, tu gie poprosi 301, giesto (sc. rüchy) mieti nebude
301, gyezz (sc. hlavy) nalczti nemohli 308, netaze gie pozfieti
321, aby raöil gye uslyseti 322, gye (sc. Marie Magdaleny)
nevidiese 342, mnozi gie (sc. Kristiny) suübiecliu 347, pfietele
nechtöchu gye (sc. Kristiny) nikomu däti 347, prose gye
(sc. krälovny) 410, ktoz se gye (sc. studnice) napil 422, ez
gie (corrigirt aus giey, sc. sestry) od manzelskeho stavu
rozvesti nemohl 451, gyezto modly 456, gye (sc. prave viery)
zadaje 463, dlüho gye (sc. Saviny) ptajic 472, coz gye (sc. Sa-
viny) prosily 473, tehda s6 gye (sc. Kornelie) po lici nabivse
do zalaM ji opet vedli 490, gyezto (sc. Kornelie) andele
bränie 490;
nie : z nye 344, u nye 378, poce diabel z nye. volati
402, poc6 z nye diabel volati 424, studnice, z nyezto teöe
pramen 460;
jejie (geschrieben gegie, gegye und yegye) : v gegie domu
278, otec gegie 281, gegie syny 285, pf§d gegie ocima 285,
devef gegie 286 (corrigirt aus devef gie gegie), gegie muz 287,
gegie kräse 319, gegie tväf 319, s gegye zivötka 320, gegie
rebra 320, gegie kräsy 320, gegie zivot 320, 348, gegie krve
322, ^Q^jti zivot 322, 383, za gegye pf etrpeuie 323 , bratr
gegye 333, 451, telo gegye 334, gegie skriisenie 334, gegie
srdce 334, pred gegie sestrü 334, k gegie ütese 334, gegie
üsta 336, gegie boha 337^ u gegie prsi 338, plascem gegye 338,
V gegie pfiebytek 341, gegie tväf 342, gegye fec slysiese 342,
po gegye smrti 343, gegie hrobu 343, pfietele gegie 347, otec
gegye 347, 378, 472, od gegye dievek 347, inatka gegye 348,
gegie otec 349, gegye prsi Acc. 350, v srdce gegye 350, gegye
Isti Gen. 355, gegye sestra 363, 381, svatych gegye bratfi 377,
zachtev yegye zbozie i gegye daröv 377, mate gegye 378,
v gegye näbozenstvi 379, gegye slova pl. Nom. 379, do gegye
skoncenie 380, gegye skoncenie 380, 381, dusi sestry gegye
380, gegie skonöenie 381, pfed gegye skoncenim 381, okolo
gegye tfela 382, gegye otci 402, za ^Q^yQ syna 462, gegye
tovafiska 473, gegie tovafiska 474, gegye hospoddfe Acc. sg.
479, hospodilf gegye 480, bok gegye 490, gegye modlitbü 490.
Eine Ausnahme ist im Passionale nicht zu finden.
Ueber die weichen e-Silben im Altböhmischen. o41
Die Form jejie wird fast nur possessiv gebraucht und in
Folge dessen mit der Zeit als Adjcctivum possessivum auf-
gefasst und declinirt: jejieho später jejiho, jejiemu später
jejimu u. s. w. Die Anfänge dieser Declination sind im Alt-
böhmischen viel häufiger zu finden, als man zu glauben scheint;
im Passional gehören hielier: gegyey pocestnej postave, d. i.
jejiej sg. Dat. 335 und gegyey sö milosti poruö 410.
Sing. Dat. masc. neutr. jemu und hemu, e für asl. e,
jemuj nemu. Z. B. gemu 275, 276 . . ., gemuzto 275 . . ., yemu
459, 464 . . ., yemuzto 461, 463 . . ., sehr häutig; — k nemu,
' d. i. k nemu 275 und öfters (51 Mal), k nerauz, d. i. k nemuz
290 u. ö. (17 Mal), k nerauzto, d. i. k üemuzto 304 u. ö.
(26 Mal), proti nemu 294, 298, proti nemuzto 301, 369, 396;
— ohne Ausnahme.
Sing. Dat. Loc. fem. Das Altsloveuische hat hier die
Formen i vom Stamme ja- und je/ vom Stamme jeja- (Miklosich,
Sitzungsber. a. a. O.).
Dem asl. i entspricht das aböhra. ji, welches in der
zusammengesetzten Declination zur Bildung dieser Casus ver-
wendet erscheint, vysocej aus vysocö -|- ji, ebenso wie asl.
dobrei =: dobre -\- i. Selbstständig tritt diese Form im Alt-
böhmischen nicht auf und wird durch jiej (wobei die Länge
der Silbe als wahrscheinlich angenommen wird) vertreten.
Dieses jiej ist aber nicht das asl. jej, denn asl. jej würde alt-
böhmisch ebenfalls jej lauten, sondern es ist, wie ich glaube,
durch Einfluss des Dat. Loc. tej, dobrej u. s. w. aus jY hervor-
gegangen und daher mit dem nsl. jvj zusammenzustellen (vergl.
Miklosich a. a. O.).
Eine dem asl. jej entsprechende Form hat das Altböh-
mischc nach meiner Beobachtung nicht. Wenn man mitunter
ein aböhm. jej findet oder zu finden glaubt, so ist das wiederum
ungenau geschrieben oder unrichtig gelesen. Alte Denkmäler,
deren Orthographie in Betreff des ß, « und ie etwas genau ist,
bieten jiej als Regel ; findet man dagegen stfözechu iei püti
jejie drähu Rukop. Kral., so ist zu berücksichtigen, dass die
Schreibweise dieses Denkmals in unserer Hinsicht überhaupt
ungenau ist; und wenn in der Katharinen-Legende v. 257 ta
jej (sc. Katefine) inhcd da vedöti und v. 121 nikde jej nebyla
342 Gebaner.
rovne transscribirt wird, so ist das unrichtig- gelesen, denn das
Original bietet giey und gyey, d, i. jiej.
Alles dieses findet in den Belegen des musterhaften Pas-
sionals volle Bestätigung, sie folgen hier alle und sind ohne
Ausnahme regelmässig.
Dat. jiej (geschrieben giei, giey, gyei und gyey) : gieyzto
jme Elisabet 275, ano giey nikte nepravil 279, to giey fekse
284, giey povoliv 287, giey diese 287, co by giey bylo 287,
poce giey rozpraveti 287, gyey däväse 287, gyeyz svaty Petr
poöe porokovati 289, kak s6 giey pfihodilo 289. gieyz sv. Petr
odpovede 290, gieizto dua ruce zlämala 290, aby giey gegie
syna ukäzal 290, tehda giey pfikazal 290, giey v tväf vezfev
290, ez se giey melo tak pfihoditi 292, z tolio giey za zle mieti
neslusie 292, pocechu s6 giey posmievati 301, tehda giey povede
307, odpovede gyey 307, gyeyzto (pusci) 314, k tomu giey
vece 319, tu se gyey zjevila 320, se gyey zjevil 321, käza
gyey ruce sväzati 322, aby gyey pfepustili 322, prsten gyey
dal schovati 323, dceru, gyeyzto Klotilda fekli 328, od matky,
gyeyzto jme Svenia 328, tu gyey hfiechy odpustil 334, gyey
velese 334, gyey vinu dävase 334, giey pfiezn ukäzal 334,
gyeyzto se hospodiü ukäzal 335, gyey vece 336, opet se gyey
zjevila 336, gyey (sc. dcefi) nepfekäzal 345, giey (sc. Kristine)
bohy postavil 347, giey kämen k hrdlu pfiviezic 348, giey
hlavu stieti 349 , gyey (krälövne) jme bylo 353 , gyeyzto
(krälovne) 353, gyey hlava sfata 363, gyeyzto (sc. hofe) Celyon
deji 364, gyey (Marii) fiekali 370, dievka, gyeyzto jme bylo
Lucina 377, vele se giei modÜti 377, gieizto nemoci 380, gyey
se zjevil 380, uprosisli gyey (dcefij zdravic 393, krälovmi,
gyeyzto Kleopatra fekli 394, gyeyzto (dcefi) 395, aby gyey to
odpustil 401, gyeyzto Eudosia fekli 402, v tej vsi, gieyzto
Callegora döji 404, sestra, gyeyzto milosrdie deji 419, jednej
paniej, gyeyzto fekli Eufrosina 421, na hrob matefe, gyeyzto
Eufrosina fekli 422, dceru gieyzto Artemia fekli 423, ciesaf
dal giey poliöek 433, käzal gyey na horücicm zeleze choditi
433, radu gyey dal 451, modla, gyeyzto fiekachu Astarot 456,
z vlasti, gyeyzto Africa deji 461, gyey (sc. matce) vec6 462 (2),
gyey (sc. modle) v tväf podul 468, u föky, gyeyzto Sekvana
d§ji 469, zjövil se giey andöl 471, tehda gyey Savina poce
rozpraveti 472, gyeyzto ona odpovede 472, jamzto gyey andcl
Ueber die weichen e-Silben im Altböhmischen. d4«j
jiti käzal 4:73, g-yeyzto ten miiz vece 473, inhed se giey zjevil
481, käza g-iei do Constantinopoli pluti 481, se gyey sv. Adrian
zjevil 482, kaz gyey lilavu stieti 41)0, zvef se gyey radovala
490, zvef gyei nie neuciuila 490.
Dat. niej (geschrieben nyey und niey): k niey pfijidu
aor. 3. pl. 287, k nyey 289, 320, 334, 337, 342 (2), 347, 348,
354, 378, 381 (2), 451 (3), 457, 462, 480, 490 (2), k nyeyz
289, k nyeyzto 337, 341, 347 (3), 348 (2), 393, 462, 471, 472,
473 (2j, 478, 489; proti nyey 321.
Loc. niej (geschrieben nyei und nyey) : na nyei (sc. stolici)
418, pfi nyei 339; na nyey (sc. zenej 289, na nyey (sc. Marte)
380, na nyey (^sc. zini) 385, na nyeyzto ceste 464, na nyeyzto
prosbe 465, o nyey (sc. Kristine) 347, o nyeyzto käzes 337,
o nyeyzto se cte 347, o nyeyzto svatä cierkev zpievä 488, pfi
nyey 282, 482, po nyey 474, v nyey 457 (2j, v nyeyzto 311,
331 (2), 341, 344, 402, 454.
Aus jii'j und niej' ist später jie und nie und hieraus
(durch die im Böhmischen zur Regel gewordene Verengung
des ie in i) ji und nl entstanden. Für die spätere Form jie
und nie sind im Passional folgende Belege: Dat. jie: do vlasti,
gyezto Syria deji 323, dcery, giezto Konstancia diechu 281,
dceru, g-iezto Balbina deji 393 und wahrscheinlich auch giezto
Justina jme biesc 291, wo g-iezto wohl auch als Dat. und
nicht als Gen. aufzufassen ist; auch möge bemerkt werden,
dass in vier Fällen (k tomu gicy vece 319, käza gyey ruce
sväzati 322, aby gyey pfepustila 322 und prsten gyey dal
schovati 323j Rasuren versucht worden sind, die den Zweck
hatten y'ie aus jiej zu machen. Loc. nie: zlost, wnyezto smy
321. Es braucht nicht bemerkt zu werden, dass das nicht
Ausnahmen von der hier betrachteten Regel sind. — Neben
dem nböhm. ji besteht auch das dialektische jej. Ob dieses
ebenfalls aus jiej entstanden oder ob es wie das asl. jej vom
Stanmie jeja- abzuleiten ist, ist in Ermanglung der nöthigen
Mittelglieder schwer zu entscheiden : die Analogie des dialek-
tischen Gen. jej aus jiej spricht für die erstere Erklärung.
Sing. Acc. masc. : n aus *j'B vom Stamme ja-, und jej
statt *jeji> vom Stamme jeja- (Miklosich. Sitzungsber., 1, c.
S. 149j.
I
344
Gebaner.
r> (enklitisch): na n, d. i. na-n 291 (corrigirt aus na ni),
na n 311, 325, 331, 345, 346, 391, 396 (2), 405, 452, 460,
470; po n 474: pfede n 319, 409, 466, 474; skrze n 286, 386;
ve n 293; za n 313, 397, 410, 411, 418, 466, 471, 474.
Jrj (geschrieben gel, gey, yei, yey): gei (Nazaria) ualezse
373, gei (obraz) u pocti mela 380 . . ., do raesta gey vehnachu
282, tu gey utkavse 283, vyhnachu gey 311, kdyz gey
tresktal 384, käzal gey v zaldf däti 428, hospodin gey uslysal
465 u. ö. . . . (poce yei mazati 40, im jüngeren Theile des
Passionais), pohani yey jeli 357, kazal yey vyvesti 423, käzal
yey obleci 436, lenost yey tiehniese 464, yey naha ostavivse
477 u. ö.; — ohne Ausnahme.
Sing. Loc. masc. neutr. nem, e für asl. e, jenih, nenih:
na nem, d. i. iiem 297; na nemz 326, 369: na nemzto 325,
339 (2), 384, 399, 486; o nem 279 (2), 280, 281 (2), 286,
310, 311 (2;, 322, 370, 386 (2), 392, 404, 415, 422, 433, 466,
467, 474; o nemz 279 (2), 424; o nemzto 277, 304, 337 (2),
460; po nem 283, 315, 317, 325, 328, 369, 385, 389, 421 (2),
427, 455, 463, 471; po nemzto 291, 428, 434; pfi nem 485,
pfi nemzto 461; v nem 280, 295, 415; v nemz 334, 370, 376,
393, 404; v nemzto 277, 280, 288, 289, 313, 329, 331, 364,
369, 396, 401, 407, 408, 412, 424, 425, 455, 465, 478; —
dagegen zwei Ausnahmen: pfineste zelezne loze, a£ na nyem
neposlusny Vavfiucc odpocine 431 und po nyem 389, d. i. nem
statt nem.
Sing. Loc. fem. siehe Dat.
Dual. NAV. masc. je und ne, e für asl. «, Ja; Belege
hiefür sind im Passional folgende: zda gie (dva syny) naleznes
287; sva bratfence, giezto nase matka mni, bychve u mofi
utonula 290; Nero käza inhed oba apostoly jieti i dal gie u
moc jednomu rytieri, jemuzto Paulin diechu, a Paulin gie
porucil Mamertinovi . . . Paulin käzal gie stieti 298; tepü gie
305, gie rozvedäc 305, gie zahubili 306, videl jsera gie ana
jdeta 307, ja sem gie vidöl 307, gieztos miloval 308, sc. Petra
a Paula; gie (sc. manzelyj synem obdaroval 323; käzal gye
oba stieti 353; kdyz gye oba na rozhrani postavichu 353; kdy^
gye (Celsa a Nazaria) uzfel . . . käzal gye v zaläf vsaditi . . .
by gye umofil . . . z barky gye vyvrhli 374; tu gye (Celsa a
Nazaria) odsüdivse 375; do ohrady gye (Abdona a Sennena)
Uebfir die weichen e-Sill>en im Altlxihinisrlien. o4o
vedu aor. 3. pl. 384; jen2 g-ye (Gaja a ?Ieroda) veziese 390;
tu g-je oba nalez 393, gyesto sva sesla 4(X), dluho gye mucivse
oba stSli 423; pojal gye (dva mlädecky) do Kima 425; kdzal
g-ye (dva rytiefe) za palce vesejic spi'isööti, na uhli gye peci
a najposle gye obesiti 482; — ne: kdyz na nye (Abdona a
Sennena) zalovano 383; — ohne Ausnahme.
Dual. Gen. Loc, jejii asl. jeju: na geyu (nämlich des
Fürsten und der Fürstin) obü ramenü 327.
Plur. Nom. Acc. fem. je asl. je: gie (nohy) umyvala
342. aby g-ye (knihy) zhel 352 , zlämasta gye (modly) 362,
chtel by gye (panny) obdarovati 362, porucil jsem gye (ruka-
vice) kostelnikovi 382, inhed ^ye (knihy) küpiv 409, aby gye
(ty vlasti) op§t podbil 426; — ohne Ausnahme.
Plur. Nom. Acc. neutr. je asl. y«; neverna srdce, öimz
gie viece lidie ctie, tiem viece pychaji 426; — ohne Ausnahme.
Plur. Acc. masc. je und ne, asl. je, ne: poce z jich
statka gie (kfesfany) h'tpiti 283, gie vsechny bohu poruciv 299,
sobe gie (rytiefe) osobujes 300, Nero käza gie (kfesfany)
muciti 300, mösto Kim slavi tech apostolov, giestoy na smrt
odsüdilo 307 , gyezz nalezti nemohli 308 , on gye (posl}')
znajieäe 324, na lodi gye vsadivse 335; poslala gye 354, käzal
gye V zaläf vsaditi 354, gye z zaläfe vypustil 354 und aby
gye zjimali 354 (sc. ucenniky); kdyz gye (bratry) prosoöichu
364, gyezzto (pfately) zivy mniese 367 , giezzto (kfesfany)
zjimav 383, ja ^ye poslal 409, ti duchovni, gyesto si na svem
synu obdrzala 410, uzeci gye (kaciefe) chtel 413, aby gye
umuce hlavy jim stieti käzal 425, aby gie (poklady) chudym
rozdal 427, ana gye (chude kfesfany) chovola 428, slepym
zrak navracoväse a gye na pravü vieru obrätil 428, bitim gye
(sedläky) pfibezdeciti 436, käza vsech pozvati a gye k modläm
nutiti 436, ku pokäui gye (lotry) obrätil 477, käzal gye (kfes-
fany) bicüvati a potom gye v zaläf vsaditi 478, (gye kfesfany)
u viere posiloväse 489, ne: mezi nye 408, 468, 478; na nyez
SV. Petr pokfikl 296; na nye in eos 310, 408 (2); poklady, na
nyezto se ptäs 429; v nye (sc. kaciefe) 413; za nye 312,
403 u. s. w.; — ohne Ausnahme.
d) Declination des Pron. ndn asl. nasi,.
Sing. Nom. Acc. neutr. nctsH asl. nase: nasse knieze
315, 402, nasse zbo^ie 337, wasse bydlisce 315 (3), wasse zde
346 Gel) an er.
kratke poslüzenie 315, pro wasse dobre 371, telesenstvie wasse
451; cüz wasse pfirozenie nese, to se vam stane 291; — ohne
Ausnahme.
Sing;. Nom. fem. nase asl. nasa, e für asl. a: nassve
matka 290, 452, na to nassie mnohä bratfie hledachu 300,
panna nassye 347, nassie viera 405, nassye nadeje 472; — ohne
Ausnahme.
Sing". Gen. raasc. neutr. naseho asl. nnsego: nasseho
Jezukrista 298, 307, nasseho spasitele 302, 323, nasseho boha
346, nasseho pohfebu 400, nasseho pochovanie 400, hospodina
nasseho 486, nasseho tovafistva 498; wasseho mistra 304,
wasseho boha 478; — ohne Ausnahme.
Sing. Gen. fem. naiie (vergl. Gen. fem. jie) : od wassye
nemoei 458 und in den jüngeren Theilen des Passiouals nassie
odplat}' 48, z nassie moci 212, 214, bez nassie deky 214;
wassie mladosti 602, wassie koruny 609, wassie odplaty 609;
— ohne Ausnahme.
►Sing. Dat. mase. neutr. nasemn asl. nasemu : k nassemu
milemu mistru 291 und in den jüngeren Theilen: nassemu
spasitelovi 77, 557, k nassemu Jezukristu 609, wassemu bohu
43 u. s. w. ; — ohne Ausnahme.
Sing. Dat. fem. nasiej (vergl. Dat. jiej): k nassyey
viere 362, k nassiei viere 489; — ohne Ausnahme.
Sing. Loc. mase. neutr. nnSe.m asl. nasem: v nassem
stavö 451 und in den jüngeren Theilen: na nassem lozi 130,
0 nassem tovafistvu 498, u wassern nebezpecenstv'i 617; —
ohne Ausnahme.
Sing. Loc. fem. nasiej (vergl. Loc. jiej): o nassiey
sirobö 304, po nassiey viefö 383; — ohne Ausnahme.
Dual. NAV. mase. )ia.se, efür asl, a, nasa; ein einziges
Beispiel findet sich im jüngeren Theile: wassie andöly plaßeta 64.
Plur. Nom. Acc. neutr. nase, h für asl. «, nasa : tela
nassye 375, 399, nassye tela 399, nassie tela 400, nassye
zaslüzenie Jim jsii protivna 412; — ohne Ausnahme.
Plur. Nom. Acc. fem. nase, e für asl. e, nase: nassye
sluhy tobe velike pfekufizni cinili 326, ty ruoze jsu nassie
kosti 400, sü nassye rukojme 412, nassye muky 478; — ohne
Ausnahme.
üphpr difi weichen e-Silben im Altbühmischen, o47
Plur. Acc. raasc. vnsHy h für asl. e, nase: nvef v nassye
bohy 320, bohy nassye 347, boliy nassie 373, aby nassye hroby
otevfel 399; wassye bohy 3G3, na wassye dary 455; — ohne
Ausnahme.
Dieselbe Regelmässigkeit tindet sich auch in den jüngeren
Stücken des Passionais h (S. 2—274) und / (S. 491— 029); es
kommen in denselben nur diese Ausnahmen vor: nassie vykü-
penie 12, wassie umucenie 109, pro wassie spasenie 274, 561,
pro nassie nevdecenstvie 525 und pl. wasse modly 564, wobei
zu bemerken ist, dass in den vier ersten Beispielen die Viel-
zahl gemeint sein kann (wie in nassye zasli'izenie Jim jsü
protivna 412) und in diesem Falle nassie und wassie richtig
ist, und dass wasse modly 564 neben wassie modly 12 und
wass^'e modly 94 und neben zahlreichen anderen regelmässigen
Beispielen nur ein Schreibfehler sein dürfte.
e) Declination des Fron, ves asl. vush.
Diese stimmt mit unserer Regel (hinsichtlich des e, e und
ie) vollkommen überein: sing. Nom. Acc. neutr. vse asl. vhse;
fem. vs(i asl. vhsja, it für a; — sing. Gen. masc. neutr. vselio
asl. vhsego; fem. vSie asl. v'-seje; — sing. Dat. masc. neutr.
vsemu asl. vhsemn; fem. v^iej\ vergl. Dat. jiej ; — sing. Loc.
masc. neutr. vsem asl. vhsenih- fem. vsiej, vergl. hoc. jiej; —
plur. Nom. Acc. nexitr. vsk asl. vbsja, e für n; fem. vse asl.
vbse, e für e; — pl. Acc. masc. vse asl. vise; e für e; —
pl. Gen. Loc. vst^ch asl. vhseluj, e für e; — pl. Dat. vsem asl.
vhsemz^ e für e; pl. Instr. vsemi asl. vhsemi, e für e. — Die
Belege sind im ganzen Passional überaus zahlreich und in
den älteren Theilen c) und e), sowie auch in dem jüngeren
Theile h) ohne Ausnahme regelmässig. Z. B. to wsse 209,
wsseczko telo 200; wssie fi.se nebeska 262, wssieczka obec 221;
— ze wsseho 216, ze wseho 283; podle wssie spravedlnosti
230; — wssemu svetu 179, wsemu svetu 179; pokloniv se
wss^'ey bratfi 301; — po wssem mestu 228; ve wssyey cnosti
i wssiey dobrote 329; — wssieczka slova 222, wssieczka proti-
venstvie 236, wssyeczka tajenstvie 314, wssieczkna stvofenie
320; nade wssie zeny 183, na wssie strany 187, 235, na wssye
strany 311, wssieczky duse 215, wssieczky deti 22&\ — pro
wssie hfiesne 236, 240, 254, po wssie casy 281, po ty wssieczky
dni 253, na wssiechny lidi 242; — wssiech patriarch 183, se
34'*^ Gel) an er.
wssiech strnn 200, wssiech hvezd 253, wsiech apostolöv 240;
na wssiech vncech 223, po wssiech viastech; wssiem hfiesnym
190, 2(30, wssiem jinym na priklad 234; prede wssiemi 191,
201, 241, se wssiemi 209, 251, 254, wssiemi smysly 260 u. s. w.
— Auch der Theil /) zeigt dieselbe Regelmässigkeit mit nur
wenigen (fünf) Ausnahmen.
f) Für die weichen e-Silben in der Declination der übrigen
Pronomina bietet das Passional sehr wenig Beispiele, und zwar
nur folgende: s sie strany, d. i. sie 394; dwoge svecenie, d. i.
dvoje 384, 421, tröge svecenie 422; dwogye podstat 295, d. i.
dvoje ( masc. dvuoj, cf. truoy otdiel 333) und dwogie podstaf ib.
In dwügyemi fetezi 357 ist ein Fehler; die Form hat weder
dvojemi noch dvoji'emi gelautet, sondern dvojani (sg. Nom.
dv6j) oder später dvoj/mi (sg. Nom. dvoji). Vergl. dwogimi
fetezi 306.
III. Zusammengesetzte Declination, und zwar:
o) Declination des Paradigma dohry.
Sing. Dat. Loc. fem. und Du. NAV. fem. neutr.
haben in der Endung -ej asl. -«/, e für asl. <'<, ebenso wie in
denselben Casus der nominalen Declination; z. B. k druziey
bräne, d. i. druzej 366, na druziey straue 360; k weliciey cti
329, k weliciey prosbe 299, u weliciey cti 329, 471, 478 u. ö.,
u weliciey rozkosi 451, oci weliciey 456, v taciey cti 295,
v kacieysi tesknosti 463, na wysocyey stolici 361 : k kterziei
viere 372, neraüdrziey dievce du. 362, te dve przykrzyey rane
304; k cnyey vdovö 344, po nesnadnyey cestö 359, dv6
strziebrnyey truhle 401, te newinnyey ruce 306, te dve
hroznyey rdne 304, oöi plamenyey 459 u. s. w. ; — dagegen
eine Ausnahme in ruce mäm ohrizeney 289 statt ohryzenej.
h) Declination des Paradigma hozi.
Die betreffenden Casus haben regelmässig das lange ?V,
geschrieben ie oder ye; z. B. ciziemu smyslu 454; ne svate
ale psie andöly 296; studnice tekucie 331, ruka knyezyecie
317, na horuciein uhli 344, wssemohucieho 278, wssemuhuciemu
282; matka bozie, d. i. bo^ie 278, bozie slovo 335, sluho bozie
324; cloveku boziemu 324, matcr* boziey 279 (Dat.), o synu
boziem 280, po boziem narozeni 355, na boziey sluzbe 313,
na bozyey sluzbe 313, dva bozie mucedlniky 281, bozie dary
Ueber nie weichen e-Silben im Altböhmischen. " 349
279; do dalssye vlasti 324, mocznyeyssieho 358, moeznyeyssyemu
358; wlasczie zahanbenie 318, mysl czlowieczie 320, v czlowie-
czyey tväfi 321, wlasczie dva nöenniky 288; lehcziegie skonanie
305 u. s. w.; — ohne Ausnahme, denn eize zbozie 377 und
czuzeho zbozie 397 sind auf die secundäre Form cizy, ä, e
zurückzuführen.
B) Nachweis der Regel in der Conjugation.
Um Wiederholungen auszuweichen, will ich in diesem
Abschnitte zuerst diejenigen Verbalformen durchnehmen, in
denen weiche e-Silben ohne Unterschied der Verbalclasse vor-
kommen, und dann jene, wo dieselben Silben nur in gewissen
Classen und Paradigmen zu finden sind. Die Regel, um deren
Nachweis es sich handelt, wird in allen Fällen auf das Voll-
kommenste bestätigt.
1. Für alle Verba, d. h. ohne Unterschied der Classe,
gilt Folgendes:
a) Der Fräsensstamm hat -ß, asl. -e. Daher:
I. 4. peku — peßes — pece . . ., z. B. tecze 377, pramen
tecze 461, kto se oblecze 304; mozes, d. i. mözes 362, mozess
419, mozesli 337 (2), muoze 275, ze nemuoze 311, nemozem
314, nemozemy 352, pomozete 305 u. s. w. ;
I. 6. mru — mfes — mve . . ., z. B. vmrzes, d. i. umfes
391, ano dci mrze 472, umrze 315 (2), nevmrze 473;
I. 7. piju — pijf^s — pije . . ., z. B. prospiegess, d. i,
prospejes 390, spiegesli pätef, d. i. s-pejes-li 453, vmygess, d, i.
umyjes 469;
V. 2. pisu — pis^s — pise . • . , z. B. treskczes, d. i.
treskces 292, lece 298; chcesly 300, chczesly 292, nechczes
319, 358, chce 310, chcete 354, chczete 338, 471, chcewa
337 u. ö.; pomazes, d. i. pomazes 363, pomaze 471 ; kazes,
d. i. käzes 337, kaze 292, 337, 419 u. ö. , przikaze 451,
ukazze se 457; ac mne tyezes, d. i, tiezes inf. täzati 288,
tyeze 467 (3), otyezem jich 307, tiezete mne 288; pisse, d. i.
pise 275, 278, 310 u. ö.; placzes, d. i. pläces 462, an placze
374; an se po koi^ö mycze, d. i. myce inf. mykati 415;
V. 3, beru — befes — befe . . ., z. B. kam se berzes
421, 427, berze 299;
SitzuDgsber. d. phil.-hist. Cl. LXXXIX. Bd. I. Hft. 25
350 Gebaner.
V. 4. döju — dejes — döje . . ., z. B. wzdyeges 275, se
dyege 291, 298, ^6, 420, 435 (2); okrziege 338; poprziege
452; siegess 4G0.
VI. kupuju — kupujes — kupuje . . ., z. B. nawsczie-
wuges, d. i. navscevujes 284, nawscziewuge 278, s6 wzmienyge
d. i. vzmienije 281; ukazuge 293, 295; nepotrziebugera 294,
jesto pravdu milugete 294, osobuges 300, slituge se hospodin
315, jenzto kraluge 309, 383, neb so raduge 305, powoluge
330, wzhrozuge 332, potwrzuge 346, pamatuge 304, 390, potu-
puge 347, menuge 421, 428, prziprawuge 432, prziezpiewuge
435, oswietluge 419, posilige 372, pracygete 325, praczugete
403 u. s. w.; — ohne Ausnahme.
b) Der Imperfectstamm hat -ie- für asl. -ea- etc. z. B.
pasiesse, d. i. pasiese 319, se trziesiesse 341, wisiesse 356,
nosiesse 286, 360; prosiesta 298, przinesiechu 341, nosiechu
341, prosiechu 281; — otewrziesse 298, syn matce zaprziesse
364, darziesse 333, newierziesse 365; — strzieziesse, d. i.
stfeziese 314, 364, lezyesse 328, nemoziesse 287, 313, nemo-
zyesse 314, dyrzyesse, d. i. dyrziese drziese 326, dyrziechu
333, shizyesse 325; — slyssyesse 342, russyesse 333, se poku-
siesse 341; — znagiesse 324, nesmiegiesse 283, nesmiegyesse
367, giniegiesse 328, gmyegiesse 280, miegiesse 295, 312 u. ö.,
miegyesse 330, 348, myegyesse 309, miegiesta 275, 286,
nemiegyessta 323, miegieehu 329, se bogiesse 360, s6 bo-
giechu 329, se tagyechu 364; — przibiehnyesse 304, ostanyesse
323, 363, nedrznyesse 342, tahnyesta 372, kterizto dotknyechu
327, mnyesse 349, czynyesse 303, branyesse 314 u. s. w. ; —
ohne Ausnahme.
c) Die zweite und dritte Person sing. Imperf. hat -se,
asl. -se: nesie.ye. Belege dafür giebt es im Passional in Ueber-
fluss; einige enthalten die Beispiele des vorigen Absatzes. Eine
Ausnahme kommt nicht vor, weder in den alten, noch in den
jüngeren Theilen des Passionais.
d) Das Participium praes. act. hat e für asl. e im sing.
Nom. masc. und neutr. ; z. B. klic^em hrozye, d. i. hroze 397;
na kfixi wisie 299, prosie a fka 410, prosie 419 (2), 457,
neprosie 357; zebrzie sedöl, d. i. zebfe 323; na zemi lezye
Uebcr die wniclion e-Silben im Altböhmisclien. 3131
d. i. leze 344, lezye 377, 466, lezzie 466; prut dyrzie, d. i.
dyrze drze 399, drzzie 485; biezie uzfö domek, d. i. böze
419 (2), biezie volal 428; wlozzye, d. i. vloze 466, odlozie478;
sluzie, d. i. slüze 283, bohu sluzie 311, 420, 422, bohu sluzye
388, sluzie 477; slovo bozie kazie uinfel, d. i. kaze 411; tyezye
se, d. i. tieze inf. tazati 303, tyezie se 304; to slyssye Helizeus
nezüfal, d. i. slyse 308, slyssye 461 ; pissye a fka, d. i. pise
486; nyczie bohu se modli, d. i. nice 596; by se vczie kazal,
d. i. uce 409, lidi uczye az i k smrti se blizil 315; vmuczie,
d. i. umuce 430, 436; Jakub mluvil placzie, d, i. place 305,
ja placzie fku 307, placzie a fka 369, placzie 338 (2), 418;
poce behati skaczie se stola na stuol, d. i. skäce 416; kleczie
454, krzyczie 459 ; — ferner Beispiele mit -je: I. 7 : czyg-ye,
d. i. cije 336, neczygye 370; — III. 1: nerozumiegye, d. i.
uerozumeje 361, magie 433, nemagie 379, luagye 387, zielegie,
d. i. zeleje 289, 303, 313 u. ö., zielegye 365; — III. 2: stogie,
d. i. stoje 289, 303, 313 u. ö., stogye 338, 365, 422, 452, 470;
bogie se, d. i. boje 294, 322, 338, nebogie se 305, bogye se
358, 364, 367, se nebogye 461; — V. 1: po mofi stupagie,
d. i. stüpaje 286, posmiewagie se 288, 415, hledagie 292,
hledagye 338, wzywagie 292, 293, siedagie, d. i. sedaje 324,
kopagie 312, nemeskagie, d. i, nemeskaje 317, zadagie, d. i.
zädaje 303, zadagye 370, 463, byehagie 340, biehagie 324,
chowagle 399, chwatagye 382, zpiewagye 382, czakagie 388,
hragie 465, zpowiedagye 412, rziekagie 451, rziekagye 416,
wolagye 421, 490, linyewagie se 425, plywagye 461, letagye
466, wyrkagie, d. i. virkaje vrkaje 413, prziebywagye 421,
otyeragie 431, znamenagye 488, podpieragye 406, wykladagie
418, kopagye 422, skladagye 454, wznassiegie, d. i. vznaseje
298; — V. 4: siegle, d. i. seje 312, kagye se 413; — VI.: milu-
gie 286, uzdrawugie 294, ukazugie 295, ukazugye 404, dyekugie
301, dyekugye 405, se neoblenugie 302, wzkazugie 303, 304,
se radugie 302, 303, potwrzugie 346, zalugie, d. i. ;2aluje 373,
pohrozugye 372, rozpakugye 409, posvviecygie 463, se przibli-
zigye 485 u. s. w. Die Beispiele sind im Passional in grosser
Menge vorhanden und darunter nur eine einzige Ausnahme,
promienyge statt promönijö in: Jeden 6as stäse Simon carodejnik
küzlem se obchode a rozlicne se promienyge, vetöas tvaf v
starosti a veteas u raladosti ukazujö 295.
25*
352 Gebauer.
e) Dasselbe Participium hat -iec- für asl. -est-, z. B.
wieziece, d. i. vöziece 372; wisiecy, d. i. visieci 363, prosieci
282, 289, prosiece 369; hirziec, d. i. hyfiec 291, horziec 352;
sluziecy, d. i. slüzieci 284, 347, 355, sluzyece 318, 333;
dyrziec 275, drziece 307, leziece 370, wloziec 354, wyloziecz
309, bliziece se 374; krzicziecz 293, 297, nyczyecy, d. i. nicieci
321; bügieci se 292, bogyece s6 293, 352, 372, stogiece 284,
290, 292, stogyece 342 (2); czynyece 349, mnyece 366 u. s. w.;
— ohne Ausnahme.
f) Der Nom, plur. masc. desselben Participiums hat die
Endung -ce, asl. -He, z. B. rzkuce 276, 282, 295, cztuce 285,
widuce 309, wynmuce 277, beruce 285, neznagice 288, trpiece
284, bogiece se 293, stogiece 284, 290, 292 u. s. w.; — ohne
Ausnahme (sieh oben III. a. 1).
g) Der Nom. plur. masc. des Part, praet. act. I. hat die
Endung -§e, asl. -se, z. B. ssedsse 288, wratiwsse 288, wzrziewsse
278 u. s. w.; — ohne Ausnahme (vergl. oben III. a. 2).
2. Die bisher behandelten Verbalformen zeigen die Regel
so gut wie ohne Ausnahme; dasselbe (nämlich mit Ausnahme
eines einzigen Beispieles) gilt auch von allen anderen, die im
Folgenden nach den einzelnen Verbalclassen aufgezählt
werden.
I. 4. Paradigma yeku; im Aor. und im Part, praet. pass.
gehören hieher auch viele Verba der IL Classe.
Im Imperativ e, asl. e: rciete 351, 451, vzzyete, d. i.
uzzete 374.
Im Aorist e, asl. e, peöech, peö/? • • .; z. B. kdyi z
chrama vynide, nemoze k nim promluviti, d. i. nemoze 276,
nemoze 290 u. ö.; netaze toho dofeci, d. i. neta^e 313,
321 u. ö.; kdyz to matefi povedechu, s pläßem pobieze a
fküc, d. i. pobeze 293; bratr wybieze 382; vichr se wztrze,
d. i. vztrze 287; a kdyz mu przisieze, d. i. pfiseze 345; busse
298, zdesse 298; svaty Petr ponucze svatemu Klimentu s
bratfencoma, aby se s tiem ölovekem pohädali, d. i. ponuce
291 ; kdyz to synov^ uslysechu, ponucze jira sv. Petr, aby toho
necinili 292; dotavad krev tecze, a,i umfel 310; potlucze
419 (3); SV. Petr krzicze 297 u. s. w.
Im Part, pi'aet. pass. (und ebenso im Substantivum ver-
bale) e, peöen; z. B. prziemozen, d. i. pi$mozen 297, przye-
Heber die weichen e-Silben im Altböhmischen. 353
mozen 321, prziemozeny (i) 431; uwrzena, d. i. uvrzena 363,
swrzeny (i) 464; zazzen, d. i. za^zen 435, 453, zazzena 320,
zazzeny (i) 322; oblezeny (i) 465, oblezenym (im) 465; ostrzy-
zenye 385; wdessenye 461, wdessenym (im) 277; peczen 432;
upeczeni (y) 434; rzeczeno 280, rzeczeni (y) 356, prziederzczene
316, rzeczenye 278; obleczena 307, osieczen 484, ponuczenym
(im) 312 u. s. w.
I. 5. Paradigma 23n«. Die Verba, die hier in Betracht
kommen, sind C7iu und jvw.
Aorist po-cech, jech, e für asl. e; z. B. poczie, d. i. poöe
3. sg. 281, 282, 287, 288, 310 u. ö., poczye 276, 282, 283,
287, 310 u. ö.; pocziesta, d. i. pocesta 290, poczyesta 368;
pocziechu 276 (2), 288, 292, 310, 312 u. ö.; gie se plakati,
d. i. je 307, gye se raysliti 367 u. ö. — Aber: yechu se nan
zalovati 396, d. i. jechu statt jöchu.
Infinitiv jiefi, ie für asl. e; z. B. gyety 344, 422, zivot
otgyety 309, zagyety 478, przigiety 314, wziety 403.
Part, praet. act. I. pocen, jem, e für asl. 6 und e; z. B. po-
czenssy 337; — gemsse 372; pogem 282, 289, 332, pogemsse 319;
przigem 288 (2) u. ö., przygem 331, przygemssy 287, przy-
gemsse 308; ugem 393, vgem, d. i. ujem 290; wzem 309, 331,
339, 340, wzemssy 348, wzemsse 344, 345; chleb wynem jim
poskyte, d. i. vynem 296, z mesee penieze wynem 368, srdce
z neho wynemsse 467, 468; snem svöj prsten, d. i. snem 323,
snem s sve ruky prsten 330, odtad jeho sneinsse 356.
Part, praet. act. II. poceli, jeli, e für asl. e; z. B. poczieli
480; gieli 357, aby ho gyeli 373, andele przygieli 331, ti
przygieli 332, kfest przygieli 340, wziely (i) 309, wzieli 477.
Substantivum verbale jetie, e für asl. e, neboje se gyetye
305, negyetye 357, przigietye 466. ,
I. 6. Paradigma mm.
Aorist virech, mre . . ., e für asl. e, der vom verstärkten
Stamme gebildeten Aoristforra (Miklosich, Gramm. III. ^ 106);
z. B. jak SV. Apolinaris vnide, tak ta nemocnä vmrzie, d. i.
umfe 344; otewrziechu s6 üsta 276, v zaldfi jej zawrziechu
389; rozedrzie n'icho i poöe sve vlasy sküsti 326.
Infinitiv mrieti, ie für asl. e; z. B. mrziety 336, vmrziety
320, 336, 466, zemrziety 436; zawrziety 300, 388, 431; setrziety
295, räny vapnem zetrziety 454; zabku pozrziety 310.
354 GeTiaucr.
Part, praet. act. I. iimrev . . ., z. B. umrziew 295,
vmrziewssj 295, vinrziewsse 349; podeprziew s6 317; utrziewssy
d. i. utfövsi 334, protrziewsse sve tväfi 290; rozprostrziew
351, riice prostrziewssy 410; otewrziew 433, zawrziew se 469,
otewrziewssy 479.
Part, praet. act. II. umfel . . ., e für asl. c des verstärkten
Stammes; z. B. vmrziel 283, 293, neumrziel 293, umrziela 338,
dva bratrj umrziela 414, vmrzyel 377; rucho rozedrziel, d. i.
rozedfel 460, rucho rozedrziela 478, rozedrziela 348 ; otewrziel
409, 415, otewrzieli 419, dvefi se otewrzieli 471, odewrziely
388, otewrzyel 399, zawrziel 347, 362, 385, 415, nebesa se
zawrziela 418; podeprziel se 390; zetrzieli 490.
Part, praet. pass. zavren . . .; z. B. zawrzien 278, neboje
8Ö zawrzienye 305, otewrziene 383, nebesa otewrziena 454,
odrzien 460, zetrzieno 468.
III. 1. Paradigma uviejic.
Infinitiv bugyety, d. i. bujeti 389; Part, praet. act. II.
osirziel 303, osirzieli 304 und in den jüngeren Theilen des
Passionais kommt noch das Part, praes. pobugiegycz, d. i.
pobujejic 579 vor. In diesen Beispielen ist e für asl. e.
Im Praes. neslussye 292, 297 u. ö., slussie znamenati
285, 319 u. s. w. ist ie durch Contraction aus -e/e-, asl. eje
entstanden.
III. 2. Paradigma trpeti.
Praesens 3. pl. hat -ie für asl. -e-to; z. B. lidie biezie,
d. i. bezie 335, nase tela lezye, d. i. lezie 399, vsichni slyssye
377, potoci chrczye, d. i. chrcie 320, jehozto se vseckna
stvofeuie bogie 320, se kryji a stogie 365, jizto stogie 379 u. s. w.
Imperativ zfete: przizrziete 310, wezrziete 285.
Aorist nzrechj bezech, drzech, shjsecli . . . , e für asl. e;
z. B. kdyz Marcellus uzrzie 297, uzrzie 284, 321, vzrzie 340,
406, vzrziesta 291, vzrziechu 299, 339, 424; bieziechu 311, 312,
dyrziechu, d. i. dyrzechu, drzechu 333; (Kristofor) usslyssie
blas 360, a tak vsed vsslyssye, ano lide mluvie 'd^Q, kdyz
synove vslyssyechu 292.
Infinitiv prieti, zrleti, drzeti, bezeti, slyseti, ie und e für
asl. e; z. B. prziety contradicere 292, wezrziety 306, prozrzyety
321, vzrziety, d. i. uzrieti 343; drziety, d. i. drzeti 282, 381,
se sdrziety 290, obdrziety 308, obdyrziety 388; biezyety, d. i.
Ueber die weichen e-Silben im Ältböhmischen. 355
bezeti 374; slyssiety, d. i. slyseti 379, 467, slissyety 294,
uslyssyety 322 u. ö., usslyssyeti 313 u. ö.
Part, praet. act. I. zfev, bezevsl, bezevse . . ., e für asl. e;
z. B. wezrziew 290, 306, wezrziewssy 320, wezrziewsse 299,
vzrziew 290, vzrziewsse 359, ozrziew se 306, se ozrziewssy
285, 342, sezrziewsse 316; bieziewssy, d. i. bezevsi 348, 479,
bieziewsse 382; leziewsse 480; uslyssiewssy 289, 290, 291,
uslissyewssy 326, uslyssyewsse 276, 281, 325, 365, uslyssiewsse
372, usslyssiewsse 364, vsslyssiewsse 290, 403 u. ö., sehr ver-
schieden geschrieben, aber immer mit e; nycziewssy, d. i.
nicövsi 291.
Part, praet. act. II. zrel, lezeli, slyseli . . ., e für asl. e;
z. B. prozrziel 316, 428, prozrziela 471, slepi prozrzieli 332,
vzrziela 289, 292, vzrzielo 340; nezaprziel 430, 432; lezieli
370; drzyeli, d. i. drzeli 315, dyrzieii 389, obdyrzieli 412,
dirzieli 454, abyste ho nedrzyeli 298; hliisi slyssyeli 332,
slyssyeli 478, neslyssieli 478, ucho slyssielo (sie) 478.
Part, praet. pass. (subst. verbale) vezenie, zapfen^ slyse-
nie . . ., e für asl. e; z. B. wiezienye (ie) 390 u. ö.; k za-
przieny 427; wzezrzienye 312, wzezrzienym (im) 282, wezrzie-
nye 463 u. ö.; slyssyeny sü hlasi 314, od vslyssienye 383.
Ueber die versuchten Rasuren in vezenie s. oben (III.).
IV. Paradigma chvdliti.
Praes. 3. pl. hat -ie für asl. -e-U; z. B. at uleczie, d. i.
ulecie 363, deti bohu sluzye, d. i. slüzie 464 u. s. w.
Part, praet. pass. hat e, asl. e; z. B. bluzenye (ie) 309 (2),
zabluzenye 309; obhrazeni (y), 461; rozplozenye 407; wypuzen
346, 373, przipuzen 422 u. ö. ; narozeny (i) 275, narozenye
277, 316, przyrozeneho 310, tomu porozeny 310, vrozeny, d. i.
urozeny 311, przyrozenych 311; wsazen 422, 423, posazeny (i)
330, wsazene 331, wsazeny (i) 378; osuzenye, d. i. osüzenie
291, 293, osuzeny (i) 293, odsuzen 489; potwrzenye 313, 361,
potwrzeni (y) 409, zatwrzena zlost 321; zamucen 297, zamu-
ceno 304, zamucenim (ym) 329, zamuceny (i) 364; roznyecen
405; oswiecen 409, oswieceni (y) 329, oswjecenym (im) 312;
swiecenye, d. i. svecenie 384, 421, 422, swiecen 421, swacenu
vodü 379; ztracenych 303, ztracenye 462; nawracenye 357,
nawracen 363, wracenye 364, prziewracenu 413, obracenye 462;
pozlacena 399; darzenye (ie) 308; hirzenye 462; posporzenye
356 Gebauer.
308; stworzen 308, stworzenye 320, 330, o stworzeny 288,
stworzenych 288; warzenye 385, s warzenym (im) 286; u
wierzeny 392 (corrigirt aus wierzieny); blazena, d. i. blazena
279, 481 u. ö.; prziblizenye 426; po podlazenych cestach 484;
zkazenych 303, prziekazenye, d. i. pfekazenie 456; zalozenye
305^ wlozenye 466, slozenye 398, polozena 381, polozeno 331,
polozzeno 334; ostrazeno 423; posluzenye 315, zasluzenye 412,
466; obtyezeny (i) 325; od shrziessenye 294; v okrasseney
vezi (st. vözi) 484; skrusseniin (ym) 485, skrussenye 334;
wzkrziesseny (i) 486; pokussenye 308; polepssenye 462; pro-
miessena 456, smiessenimi (ymi) 482; zrussene 485; vty essen,
d. i. utesen 310 u. ö., vtiessenu radu 329, vtyessenye 304, 407 ;
obiessen 310; powyssene 277, powyssenye 483, powyssenyegy
jest 277; skonczenye 315, 322 u. ö., na skonczeny 299; doli-
czenym 292; odluczena 337, rozluczenye 289, 308; muczen
460, umuczeny 286, vmuczenye 284 und ebenso muczedlnyk
280 u. ö.; poruczen 280, poruczenimi 307; doswiedczenye 396,
potlaczenye 321, 488; nauczenym (im) 309, nauczenye 291,
k uczeny 291 und ebenso uczenuyki 288, vczennykom 304 u. ö.;
wlaczen 302; spog-enye 279; tayene 486; uczynen, d. i. uöiüen
323, 460, vczynen 354, 395, 407, 421, 465, 477, uczyneno 296,
429, vczyneno 365; naphien, d. i. naplnen 275, 276, 280; ranen,
d. i. ranen 302; poskwrneni (kann auch poskwrnem gelesen
werden), d. i. poskvrneny 397; ti'iznen, d. i. tryznen 302,
ztriznena 479, ztryznenemu 406; und ebenso zapeczeten, d. i.
zapecefen 369 und pokrzsten, d. i. pokfsten 249; — ohne Aus-
nahme, nie e statt e.
V. 1. b. Paradigma hdzejii — hdzeti, asl. -aja, -all. Die
hieher gehörigen Verbalformen haben in der Stammsilbe regel-
mässig und ohne Ausnahme e für asl. a, wenn überhaupt der
Umlaut stattgefunden hat; dieses ist aber nur dann der Fall,
wenn auch der folgende Consonant weich ist. Die Ansicht,
dass hier a durch Einfluss des vorhergehenden Weichlautes
allein in e (eigentlich e) verwandelt werde, ist unrichtig.
Praes. 1. sgv kdzefu, 3. pl. hdzejü; z. B. 1. sg. ponuciegi
416; pokussiegy, d. i. poküsöji 416, pokusiegi 416, pokussieyu
417; bohu väs poruczyeyu 315, bohu se poruczyeyu 339,
poruczyegy 306, 473, porucziegy 381, 421; jät so neswelicziegy
299; skonczyeyu, d. i. skonceju 316 (skoncziegy 541 im
üel)er die weichen c-Silben im Alttöhmischen. 35 i
jüngeren Theile) ; — 3. pl. jizto se obchaziegy, d. i. obchäz^ji
457, andSle wznassyegy, d. i. vznaseji 342, spuscziegy, d. i.
spusceji 418. — In den übrigen Personen ist ie, entstanden
durch Zusammenziehung des -eje-, asl. -aje-; z. B. jesto se
sweliczies 299, d. i. svelici'es aus svelice/es, asl. velicfy'esi; ob-
chazie, d. i. obchäzie 3. sg. 289, paniem se przihazie 338;
pokussyemy, d. i. pokiisiemy 321, pokussyete, d. i. pokü-
siete 321.
Imperativ hdzej, hdzejie . . .; z. B. neprzyekazyey mi, d. i.
nepfekäzej 321; in den jüngeren Theilen des Passionais
neschaziey s tohoto hradu 27, neztracieyta 100, pokussiey 50,
nepodnassieyte 539, nedopuscziey 570, neodpuscziey 625, neotpu-
scziete (sie) jej 152.
Aorist hcizech, heize . . .; z. B. lidie przyehaziechu, d. i.
pfichäzechu 314; wecie 283 u. ö., wecye 310 u. ö._, wecyesta
284, 355, weciechu 310, 412; wztyrmaciechu, d. i. vz-tyrmä-
cechu 458; odweczerziechu 365, pronassiechu, d. i. pronasechu
276; ciesaf skonczie, d. i. skonce 433. Die Entscheidung
zwischen dem Aor. und Imperf. ist nicht immer sicher; so
könnte z. B. lidie przychaziechu 314 auch als Imperf. auf-
getasst und pfichäziechu gelesen werden.
Infinitiv hdzeti . . .; z. B. obchaziety 276, viessiety, d. i.
veseti 425, porucziety, d. i. porüceti 301, poce se sweliczieti
296, spuscziety, d. i. spiisceti 320, 345, 482 und in den jün-
geren Theilen des Passionais hazieti 510, wchaziety 8, ponu-
cziety 80, ponuczieti 587, 622, prziekaziety, d. i. pfekazeti 97,
rozrazieti, d. i. rozräzeti 108, skoncziety, d. i. skoncöti 170,
wybygiety, d. i. vybijeti 7.
Part, praes. act. hdzeje u. s. w. ; z. B. trmaciegycz 425;
se wznassiegie, d. i. vznaseje 298, wznassiegycz 402; wyessye-
gycz, d. i. vesöjic 482; porucziegycz, d. i. porucejic 312; in
dem jüngeren Theile obchaziegie 54, 524^ nedochaziegyez
510, obchaziegycze 591; wznassiegycz 51, 85, wznassiegycze
539; porucziegie 557, puscziegycz 9, swelicziegycz 104.
Das Part, praet. act. I. hdzev.H . . . kann ich nur aus
dem jüngeren Theile belegen: skonöevsi 106 u. 263.
Part, praet. act. II. Jidzeli . . .; z. B. by se hazieli 363;
kak Sil se obchazieli 318; abychom odplacicli 297; kdyz jemu
hnäty zprzierazieli, d. i. zpföräzoli 480; casto toho pokussieli,
358
Gebaner.
d. i. poküseli 468; aby nepronassyeli, d. i. nepronaseli 314;
jini svati skonczieli, d.i. skoncöli 480; bjste mne nezabygieli,
d. i. nezabijeli 406; im jüngeren Theile wchazieli 492, obcha-
zieli 626, aby s6 mesöcne sehaziely 46, urazieli, d. i. uräsSeli
512, neprziekazieli 524. nepusezieli 585.
Part, praet. pass. lidzeni . . .; z. B. porucienye (ie) 318,
V dyrziem sweliczieny 452 und im jüngeren Theile obracienym,
d. i. übracenim 125 neben obraczan 110.
C) Nachweis der Regel in den sonstigen unter A und
B nicht behandelten Wurzel- und Ableitungssilben und in
Lehnwörtern.
Alcipfest s. -pfest.
Anjtil, lat, angelus, nach mittelalterlicher Aussprache an-
jelus: archangel 275, ewangelista 278; ausgenommen angyel 393.
Bi-eh, asl. breg-B ripa: brzieh 313, na brzieh 360, 375,
na brziezie 360, na brziezye 313, k fimskemu brziehu 324.
Bi'etislav, asl. Brßstislavi: Brzyetyslaw 314, brzyety-
slaw 316.
Celovati, asl. celovati osculari : cielugy (i) 394, cieluy
393, cielowasse 327, cielowaty 393, 478, cielugicz 290^ pocielo-
wany 435 u. s. w.
Cely, asl. cell,, totus: ciely rok 297, ciely kalich 422,
cielu vieru 399, w cielosty 308, cieloysky 488.
Cerekve s. cierkev.
Cesta, asl. cesta, platea: ciestu 277, 280, 337, na ciestye
334, 337, ciesty 325, pociestna (a) 305 u. s. w.
Cterkev, asl. criiky, ahd. chirihha, gr. /.jpiay.iv: cierkew
390, cyerkwe 304 u. ö. ; — cierekwe, d. i. cerekve 426, cyerekwe
304, cierekwi 453.
Ctesaf, asl. cesart, lat. Caesar; ciesarz 294, cyesarz
295 u. ö.
Cech, asl. Cehi, Bohemus: czech 311, v czechach 315,
V Cechach 316; — 6esky: knieze ceske 316, v czeskey zemi
311, czeski (y) 434, czesky 434.
Celed, asl. öeljadb, familia: czeled 337, s czeledy 287,
czeledyn 305, s czeledini 434.
L
Heber die weichen c-Silben im AltbÖhmischen. 359
C>i\o, asl. cclo, frons: czelo 348, 349; na czele 306, 404,
459 u. ö.
Ces-, asl. ces- in cesnovit't, quod tinditur: rozcessy, d. i.
rozcessi 320, 321 (rozcesnüti).
Cesky s. Cech.
Cest, asl. cftstb, honor: czest 295, 305, 434, poczest 335,
pro poczestye 485, u poczestnosty 280, poczestni (y) 286, 287,
329, poczestney postavg 335; — cetl, pocet s. cet-.
Cest-, asl. cestL, pars: v tora scziesty, d. i. scesti 391;
— ciesi] jednu czyest 333. In scestie, fortuna, und scastny,
felix, wird in altböhmischen Handschriften der erste Buch-
stabe sehr häufig- z- statt s- geschrieben; ich glaube darin eine
Andeutung erblicken zu dürfen, dass hier ursprünglich nicht
sc-, sondern sc- ausgesprochen wurde. Später ist sc in sc und
sf übergegangen.
Ces-, asl. casa, poculum, podcesie: jeden podcziessye 299,
300, podcziessym 299.
Cet-, asl. 66ta, nuniero: czetl 371, 410, 461, poczetl 386,
poczet 433.
Ci'esf s. cöst-.
Dcer-, asl. düster-, d-Lsti, filia: z jeho dcerze 424, dve
dcerzy 282 (2), dcery 282, me dceri 281, 345, dceru 281, 344,
dcerky 342, dcerko 347 u. s. w.
Deset, asl. desett, deceni: desiet dni 284, v desieti dnech
283, trzidciety let 341, mezidczyetma 275 u. s. w.
Dfe've s. dfevni.
Dfevni und dfi'eve haben im Passional durchgehends
e und ie für asl. e in drevBnB, pristinus, und drevlje, olim;
z. B. s drziewny zenü 282, drziewnyeho ciesafe 427, pri
drziewnyemciesafi283; drziewe 276, 279, 300, 318, 342, 352,
370, 394, 434 u. s. w. ; ein einziges Mal drzewe 394, auf der-
selben Seite, wo auch die Abweichungen toho miesiece, na
zapad slunce, s sie strany merze vorkommen. S. oben III.
(b. a. 5.)
Dfevo, asl. drevo, arbor: drzyewo 384, drziewo 311, 331,
drziewa 465, drziewu 468, na drziewie, d. i. na dföve 384, na
drzyewie 309, 384, drziewem 468, drzyewem 464; — dh'evie:
vzrostle drziewie 294.
360
Getaner.
Dfieve s. dfevni.
Df/evie s. dfevo.
Hfeb-, hfebu, asi. greba, greti scabere: Inf. pohrzesty,
d. i. pohfesti 284, 485; pohrzeba Gen. 400; — hfeben, asl.
grebent, pecteu: zeleznymi hrzebeni 436.
Hfeb: hrziebiky 486.
Hfeben s. hfeb-.
Hfecsky s. hfek.
Hfech-, hfiech, asl. grehi,^ peccatuni: hrziech 316, hrziechy
312, hrziechow 281, v hiziessye, d. i. hfiese 284, hrziesnycy
342; — hf/ßsny: pro vse hrziessne 297; — hfesiti: hrziessyl
397, od shrziessenye 294,
Hfek, lat. Graecus, ahd. Kriach, mhd. Kriech: hrziekowe
403, hrziekoni 403; — hfecsky: z hrzieczske zeme 328.
Hfesiti s. hfech-.
Hftech, hfiesny s. hfech-.
Je- in jeho, jemu, jej, jeji . . . s. oben in der prono-
minalen Declination.
Jeöeti, asl. jeöati, gemere: srdee gyeczalo 415.
Jecmen, asl. jeßtmy, hordeum, jeöny: gieczni bochnec
296, gyeczni bochnec 472, gyeczneho chleba 385.
Jed, asl. jadi,, venenuni, jedovaty: gyedowati had 422.
Jed-, asl. jad-, jasti, edere: Praes. ana (san) jednoho
clov§ka gye, d. i. jie 379; Impt. giez maso, d. i. jöz 348,
giezze, d. i. j6z-ze (et manduca in Graesse's Legenda aurea)
432; Imperf. gy ediesse 379; Part, gyeda 424, gyeducz 416,
gyedl 385, pogyedl 385, giedl 280, gyedla 379, niasa negiedla
379, gyedli 389, 416; Inf. giesty, d. i. jiesti 334, 385,
gyesty 456.
Jed-, asl. j«d-, vehi: Impt. gied domöv, d. i. jed 452;
Impf, gyedyesse 452, gyedyessta 359; Inf. giety, d. i. j6ti 330,
gyety 337, 391, przygyety 369; Part, gieda, d. i. jeda 330,
odgieda 352^ gyeda 452, gyeducz 354, gyel, d. i. jel 359, 371,
wgyel 369, giel 281, 330, przigiel 319, przygiel 316, sestra
giela 451, przigiela 395, gyeli 369, przigieli 426, wygieli 427,
przigiew, d. i. pfijev 282, 364, przygiew 314, przygyew 317,
wgiewsse 427, przigyewsse 373 (2), przygiewsse 281.
Ueber die weichen e-Silhen im Altböhmisclien. ODl
J^den, asl. jedin'B, unus: geden 280, 28G, yeden 328,
geduoliu 275, 287, yednoho 318, 344, geduoaiu 280, yednomu
346, neyednomu 347, v gednom 279, gednyem okem 475 u. s. w.;
— jediny: gedine (e) 284, gedynim (ym) 282; — j^dnati:
sgeduHchu 282, sgednaw 312, prziedgednanye 291, 292.
Jediny s. jeden.
Jednati s. jeden.
Jedva, asl. jedva, vix: yedwa 338, 344.
Jeliz, asl. jele, jeli, quando, si: geliz 292 u, o., yeliz 458.
Jen: gen 298, 302; yen 362, 366.
Jesce, asl. jeste, adhuc: gescze 278, 288 u. ö. ; yescze
344, 349 u. ö.
Jerusalem, lat. Jerusalem: v gerusalemi 286, okolo yeru-
salemie 286.
Jes-, asl. jes-, esse: gest 275 u. ö., yest 285, 291 u. ö.,
iest 285; kak ge to 288.
Jeskyne, cf. asl. jaski., arca: ta gieskynye 312, od
gyeskynye 366, z gyeskynye 366, k gieskiny 341, k gieskyny
342, k gyeskyny 341, v gieskyny 311, 312, 314, 365 u. ö., v
gyeskyny 365, pfed gieskyny 365.
Jesit-, asl. asjutb, jasjutL, frustra; jesitny: gyessitneho
320, gyessitnemu 416, v gyessytnem 384, giessytnu 281, gye-
ssytne chväly 451, giessitnieh 418 u. s. w.; gyessitnye (e) 385;
— jesitenstvie : gyessitenstwie 384, gyessytenstwie 384; —
ausgenommen: pro gessutnu chvälu 384.
Jesöer, asl. jasteri», lacerta: giesczerku 330 und ge-
sczerovv 349, letzteres in der ersten Silbe gegen die Regel.
Jeti s. jed- vehi.
Je'v-, asl. jav, na giewie, d. i. j§ve 366, asl. jave, mani-
feste; — j^^'iti, asl. javiti, ostendere: zgiew mi, d. i. zjev 430,
s6 zgyewista 454, zgiewil 391, 399, zgyewil 375, 393, 407 ;
zgyeweno 401 ; zgiewenye (ie) 417 , zgyewenye 404, v tom
zgyeweny 417, zgyewenym (im) 385; zgyewitel 488. Ueber die
Ausnahmen mit zzie-, zzye-, zie-, zye- statt zje- siehe oben
(III. h. a. 10).
Jezis, lat. Jesus: yezus 339, yezukrist 283, gezu-
kristowo 277.
Jiesti, jiem s, jed-, edere.
362 Gebaner.
Jiezva, asl. j«zva, foramen: gyezwy 302, ^yezwy utie-
rala 479.
KoföD, asl. korenB, radix: z korzen 468.
Kfe-, asl. kr«- in krevati, quiescere, convalescere :
okrziege 338.
Kr ehky, asl. kr'Bhi)k'&, fragilis: krzebky 280, lidie krzehcy
318, krzehke telesenstvie 331.
Kf«s-, asl. kr<?siti, excitare: krziesity, d. i. kfiesiti 296,
wzkrziesity 340, wzkrziesil 286, 299, 334; Imperat. wzkrzies,
d. i. vzkfös 379.
Kfest, asl. krösti., kr^sH, kresti, Christus: krzest 279,
282; — kfesfan: krzestyene 283, krzestanom 283, krzestani (y)
283, krzestanske 283, vierii krzestansku 285 u. s. w.
Kfesfan, kfesfan sky s. kfest.
Kfiesiti s. kfes-.
Krocej, asl. -ej: paddesat kroczyegy 471.
Lucerna, lat. lucerna: lucerna 281.
Mesiec, asl. mesecL, mensis: miesiecow 344.
Mlcedliv, asl. mlicalivL , taciturnus: mlcziedlyw 276,
mlcziedlyw 306.
Navsöevovati, navsc/eviti: nawscziewil 277, nawsczie-
wila 451, nawscziewuges 284, nawscziewuge 298.
Oblicej, asl. oblicr/j, figura: v oblicziey 350, v uobli-
cziey 348.
Obycej, asl. obycaj, mos: obycziey 334, 410, 414 u. ö.,
obyczyey 314, 360, 369, 395; obycziegie 347, obyczyegie 312,
313, o^byczyegye 339, 382, obicziegie 275, v uobyczyegy 312,
V uobicziegy 286, obiczyegom 282, v obycziegich 467.
Pecef, asl. pecatL, sigillum : peczetma zapeczeten 369.
üdcesie s. ces-.
Pomsöievati, asl. niKst«-, ulcisci: pomscziewaty 346.
Potfeba u. ä. sieh tfeba.
Pfe-, asl. pre-: prziesczastny (y) 286, prziemohn 285 u. ö.;
— pfi'e-: prziebieh 289, przielis, d. i. pfielis 307, prziebytek
286, 341, prziewoznyci (ici) 291 u. s. w.
Pf ^d, asl. prPdi,, antea: przied hohem 275, przied chrämem
275, 276 u. ö.; — pfezsi: tvoji prziezssy 476; — pnTdciti:
prziedczy (i) 277.
Ueber die weichen e-Silben im Alfbnbmischen. 363
Pf eh-, pfzeh-, asl. preg-, zapresti, impetum capere:
zaprziecy 354, uprziehsse 355.
Pfeju, pri'eti, asl. preja, prijati, providere curare: jaf
tobe prziegy 287, poprziege 452, rac näin toho prziety 409;
przietel, d. i. prietel 303, neprzietel 303 u. ö.; prziezu, d. i. priezü
297, 307, V neprziezny 283 u. s. w.
Pres, asl. prezt, super: przies hfadu 320, prziesmorze
287, 288, przyesmorze 339, prziesmost 330, prziesewsse mesto
349 u. ö.
-pfest, gr. zps jßuxepoc , nilat. presbyter, mlid. priester,
alciprest, archipresbyter, mhd. erze-priester: alczyprziestem 401,
alciprziestem 426.
Pfevor, lat. prior, mhd. prior: prziewor 414 (2)^ 418,
przieworowi 414 u. ö., podprzieworzym (im) 404. Siehe oben
(IV. b. a. 3).
Pfieh- s. pi'öh-.
Pftetel s. pfeju.
Pfi'ezn s. pfeju.
Prostfed s. stföd.
Psenice, asl. ptsenica, tritieum, pseniöny: pssenyczneho
chleba 385.
V
Rebfi s. febro.
Kebro, asl. rebro, costa: rzebra320; — febri: dva rzebrzie
418 (2), rzebrzima 418.
Keö, asl. rect, verbum sermo: rziecz 282, rzyecz 321,
po rzieczy 309, 337, rziecy Instr. 285, mnoho rzieczy 317,
rzieezem 317, me rziecz}- 336; — aber zlorzeczyl 470 und
zlorzeczeni 353, worüber oben (III. b. ß).
Red-, asl. rSd'hk'h, rarus: rziedko 415.
Red-, asl. red-, uredt, ordo: vrziednyk, d. i. üfednik 387,
vrziednyka 294, urziednyku 282; fi'editi: zrziedil 275, se
zrziedichu 332.
Kehola, lat. regula: rzeholu 406, rzehulu 407.
Kehof, lat. Gregorius: rzehorz 285, 334.
Rek-, asl. reka, resti, dicere: Inf. rzeey, d. i. feci 304,
dorzecy 313, poce rzeci 338, 349, poce rzecy 396, smel rzecy
277, nie rzecy nesmeli 361, 387: — Part, rzek 280, to rzek i
zmisa 317, rzekssy 337, rzeksse 338, rzekl 276, 280 (2), rzekla
364 G e b a u e r.
278, 279 u. ö., rzekli 276, 323, 325, 328 u. ö.; rzeczeno 280,
rzeczenye 276 u. s. w. — Ueber rzechu, d. i. fechu 309, 310,
405, 413 u. s. w. statt fiechu, asl. rese sieh unter den Aus-
nahmen (III. b. a. 6).
Kek-, fiekati, asl. r^ka-, cf. narekanije, lamentatio:
rziekayu (ü) 328, rziekal 370, rziekali 371, narziekauye 304.
Keka, asl. r«ka, fluvius: nad rzieku Säzavi'i 312, pfös
rzieku 313, hluboke rzieky 330, prostfed rzieky 330, z rzieky
377, k rziecye 360, rzieku 359, 360, 377, 378.
Kemeslo, asl. remeslo, ars: v rzemesle 297, rzemeslem
323, lidskymi rzemesly 362.
Remyk, asl. rernyki», lorum: rzemyk 281.
Rfcsiti, asl. resiti, solvere: rozhrziessyty 396, rozhrzie-
ssugy (i) 417.
Retez, asl. retezB, catena: rzetyez 357, 395, 396 u. ö.,
rzetyezi 348, rzetyezy 306, 351, 357 u. ö.
Kezati, asl. r«zati, secare: rziezali 406, rozrziezaty 310,
482, vrziezaty, d. i. ufezati 350 u, ö., vrziezan 350, obrzie-
zanye 276.
Rißditi s. föd-, asl. red-.
Ri'edky s. red-, asl. redik'L.
Rieksiti s. fök-.
Scestie s. c§st-.
Se-, asl. seti, sejati, seminare: sieg'ess, d. i. sejes 460,
Part, siegle, d. i. seje 312.
Sedeti s. sed-.
Sed-, asl. fseda) Sf?sti, considere: za stuol siest}' 435;
syede 3. sg. aor. 313; wsyedl 323, wsiedl 324, posyedl 396,
posiedl 402, wsiedla 401, krev s6 ssiedia 295; wsied 310, 339,
wysied 375, wsiedsse 340, 375, 424, ta san se rozsiedssy 355;
posiedeny (i) obsessi pl. Nom. 469; — süsed, asl. sas<?di, vici-
nus: susiedy a susiedi pl. Nom. masc. u. fem. 386, susiedi
276: — sedati, asl. s<?dati, considere: siedagy (i) 382, Part,
siedagie, d. i. södaje 324, siedagiez 416. — Dagegen durch-
gehends s<^deti etc. für asl. sedeti, sedere: Praes. 3. sg. sedy
390, 392, ten jest, jesto sedyu (sie), d. i. sedi 324, 3. pl. ani
sedye 369; Imperf. sedyesse 416, sedyesta 473; Intin. sedyety
380; Part, sedye, d. i. sede 387, 414, 481, 484, sedyecy 419 (2),
Uebor ilip weiclien c-Silbcn im Altböhmischen. 3(35
sedjecz 391, sediecz 381; sedyece 311: sedycl 299, 409, 423,
484. Die Erklärung siehe unter den Ausnahmen (III. b. a. 2.)
S<^dati s. sed-.
S<Th-, asl. seg-, s^-g-nati, extendere: na tom mi przisiez,
d. i. pfisez 345; a kdyz mu przisieze, tehda se sv. Apolinafis
pomodlil, d. i. pfiseze Aor. 345.
SV» V
eju s. se-.
Sek-, seku, asl. s«ka, sesti, caedere: osieczen 484.
Sem, asl. semo, huc: siera 310, 363, 364 u. ö.
Sien, asl. senL, umbra tentorium: prostfed sieny 355.
Seesti s. sed-.
Skrze": skrzie 277, 278 u. ö., skyrzie 279, 327 u. ö.
Stfed, asl. sreda, medium: prostrzied 320, 327, 330, 355,
452, 470 u. ö.; — stf/edmy: strziedmeho vzrostu 456.
Stfeh-, asl. strega, stresti, observare custodire: at strzieze,
d. i. stfeze 476, andele branie i strziehu, d. i. stfehii 490;
strziezte, d. i. stfezte 374; strzieziesse 314, druh druha strzie-
ziesse 364; musi strzieczi 476; strzyehly ~(ij 405, wystrziehsse
355; — -sth'ehati: wystrziehayu 315, ostrziehasse 281.
Stfecha, asl. streha^ tectum: na strzyessye, d. i. stfese
314, ■ przistrziessye, d. i. pfistfesie 335.
St fei-, asl. strel-, strela, sagitta: strziela 363, strzyela
363, dve strziele 350, strzielil 355; — stfieleti: strzielety 363.
Stfiebro, asl. srebro, sLrebro, argentum, russ. serebro:
strziebro 344, od strziebra 391, kosik strziebrni 400. Die Er-
klärung s. oben (III. h. y.. 4).
Stf^eci s. stfeh-.
Stf/edmy s. stfed-.
-stfiehati s. stfeh-.
Stf«eleti s. stfel-.
Süsed s. sed-.
Scedry, asl. st^dri., misericors: sczedru almuznu 428,
sczedrimi 355, sczedrzie 333, 334, 383, 385 u. ü.
Scepan, lat. Stephanus: Sczepan 328, sczepana 335.
Ööestie s. cest-.
Sed-, asl. sLd-, Ire: ssel 350, 355, 357 u. ü., sei 303;
ssed 352, ssedsse 288, 351, przissed 288, przissedsse 351 u. ö.
Sedivy, asl. sedt, canus: ssyedywu bradu 326, ssyedywe
vlasy 326, ssiedywymi vlasy 456, ssiedinam (ära) 305.
Sitznngsber. d. phil.-hist. Cl. LXXXIX. Bd. I. Hft. 26
366 (xcbauer.
Ö^ptati, asl. ö?.pi>1ati, sibilare: svaty Petr possepta
296. Aor.
Sery, asl. sevb, glaucus flavus: mnich ssieri 40!^.
Sefedne: sserziednye 385.
Sest, asl. s^iStB, sex: ssost 315, 403, sest 288, po ssesti
letiech 315, sestnadczte 275.
Tfeba, potHba, asl. treba, negotium: trzieba 286, 305,
306; potrzieba 371, 406, potrziebu 333, 337, 452, ku potrziebie
421, mimo potrzieby 323; potrziebie (ie) 292; potrziebny (y)
457; — potfebovati, asl. potrebovati , opus habere: potrzie-
bugem 294.
Tfed-, asl. öreda, vices diariae, aböhm. tn'eda: trziedu 275.
Tf^petati, asl. trepetati, tremere: trzepetachu 332.
Tfes-, asl. tresti, movere: trziesiesse 341, zeme se po-
trziese Aor. 322, poöeclm se trziesty, d. i. tfiesti 377.
Tfeti, asl. tretij, tertius: trzety den 295, 315 u. ö.,
trzetye 277, 279 u. ö., trzetyeho leta 316.
Tfevic, asl. crevij, calceus: trziewieie 456.
Tfevo, asl. crevo, uterus: trziewa 392, 479.
Tvieda s. tfed-.
Ufeduik s. red-, asl. red-.
Ulkest, s. zes.
Vöera s. vecer.
Veöer, asl. veceri., vespera: weczer 403, weczera 405;
wczera 342, 367, 457; — vecefe: po weezerzy 387; — vece-
feti: odvveczerziechu 365.
Zr^e-, zfejmy, russ. zreimi, (Miklosich, Gramm. 11. 232):
zrzieymy 485, zrzieymo 410; — zmllny: zrziedlne barvy 399,
zrziedlnyegye 277.
T^e, asl. ze, vero: ze 286 u. ö.
Ziebrati, asl. sebri, rusticus (Safafik, Starozitnosti 274);
zebraty 288, 289; zebrzie, d. i. zebfe Part. 329, zebrzicy 289.
Zeci s. zeh-.
^eh-, zehu, 2eci, asl. zßga, zesti, urere: käza vsecky zzecy
330, vzecy je chtel, d. i. uzeci 413, tela vzecy 480, vzecy ji
chtechu 490, zazehl 313, 415, 435, uzehsse 349, rozehsse, d. i.
roz-zehse 363; — z/ehati s. unten.
Heber die weichen e-Silben im Altbohmischcn. dÖl
^ehnati, segnen, sig-nare: zehnagy (i) 358, pozehna Aor.
321, pozehDal 296, pozehnaw 296, pozehnauy 276, pozehnani (y)
276, 279, pozehnana 279, pozelinanye 417, pozehnanym (im) 297.
2el, asl. zalB, dolor: najviece mi toho zyel 321, zyel 339;
— z<^liti, asl. zaliti, lugere: na srdci sobe szieliw 289; — aber
auch zßleti für asl. zeleti: zielesse 298, 300, zielechu 364;
ozielety 482; Part, zielegie, d. i. zeleje 289, 323, 482, ziele-
gycz 374, zyelel 299, zielel 366, zielela 354, abyste nezieleli
417, pozielewssy 355; die Erklärung s. oben (III. h. a. 7).
2eler cf. Söller, mlid. sölre, ahd. solari, lat. solarium,
Dachboden: na zelerzi stoje käzase 299.
Zelezo, asl. zelezo, ferrum: zelezo 433, zeleza 345 u. ö.;
loze zelezne 431, lesu zeleznu 431.
Zena, asl. zgna, femina: zena 286, 287 u. ö., cna zeno
289, 0 tej zeuye 380, zenami 279; — zenymy, d. i. zenimy
294; z zenskeho 277.
^enu, asl. zena, pello: wyzenesli, d. i. vyzenesli 423,
odzene 300, wyzen, d. i. vyzen 476.
2 es-, asl. zasnati, stupetieri: prziezyesity, d. i. prezesiti
357; s vziesty, d. i. süzesti 361, 418; s uziesty 392.
Z/ehati, urere: zaziehaty 311, zazzyehagi (i) mne 457.
^ieze, asl. zezda, sitis: ziezy Acc. 302.
Ebenso findet sich in allen übrigen bisher nicht erwähnten
weichen e-Silben:
1. e für asl. a: murzienyn, d. i. miirenin 459; über die
Ausnahme mesöenin statt mesöenin s. oben (III. b. a. 9j;
2. e für asl. e im Compai'ativ: starzieyssy, d. i. starejsi
468, starzieyssyeho 476, k starzieyssym 319, s svymi starzyey-
ssymi 314 (2); lehcziegie skonänie, d. i. lehcejie 305;
3. e für asl. e: knyeziecieho, d. i. kniezecieho 430, 489,
knyeziecich 283, 329; hlasy zwierzyecye 384; vergl. oben die
consonant. Decl. kure'^
4. ie für ie und a in den Lehnwörtern : slogierz, d. i. slojief
307, mhd. slogier, slogierzem 307; kacierz 405, catharus, mhd.
ketzer, kacierzy 389, kacierstwie 376;
5. e für asl. e in rucesf: s ruczesty 313.
6. e, wo es dem asl. h entspricht oder euphonische Ein-
schaltung ist: ptaczek 314, mladenczek 278, policzek 333;
26*
368 Gebaner.
tyezek, d. i. tezek 360, asl. te/.Lk'&; owcziczek 309 pl. Gen.;
slnzebnycie , d. i. sluzebnicc 307, 381, sluzebnikom 333;
mudrzecz, d. i. mudfec 309, asl. madrBCL, starzecz 293, 390,
chitrzecz 433, bratrzecz 415; bratrzencie 290, 377, bratrzen-
coma 291, s bratrzenci 291; ne/> rae pföd boh seles, d. i. Seles
st. sles 489, 392; poslussen 397, kii poslussenstwi 302, bezpe-
czen 332, nebezpeczenstwie 337, snazenstwie 408, raocen 396,
pomocen 362, asl. pomosttni, swiecen 312, asl. svestLni., na-
bozenstwi 385, ustawiczeustwie 389, 400; wagecz pl. Gen. 379,
duostogen 324, asl. dostojni,, duostoyen 299, 347, duostogen-
stwie 283, wogeusky 282, tagenstwie 323; manzelku 329,
manzelstwie 329 u. ö.
7. In przigede blas s nebe, d. i. pfijede 423 ist e
anstatt i (prijide).
V.
Die Regel, die in Betreflf der altböbmischen weichen
<?-Silben im Passional so evident zu Tage tritt, ist — obzwar
durch Ausnahmen mehr oder weniger entstellt — auch in
vielen anderen, ja in den meisten altböhmischen Handschriften
des XIII. und XIV. Jahrhunderts zu finden. Die Abweichungen
werden mit der Zeit häutiger, weil auch die Aussprache mit
der Zeit von der alten Regel abweicht; e geht in e über, statt
nas« prace sagt man nase präce u. s. w. , und dieser Aussprache
nähert sich die Schreibung seit dem Ende des XIV. Jahrhunderts
immer mehr und mehr; in Handschriften des XV. Jahrhunderts
(z. B. Nova Rada, 1459) findet man noch ganz deutliche Spuren
der alten Schreibung, späterhin verschwinden sie aber gänzlich.
Es ist jedoch nicht meine Absicht , hier die Sache in
dieser Richtung zu untersuchen, und ich schliesse mit einer
Sprachprobe aus dem der gegenwärtigen Abhandhmg zu
Grunde liegenden Passionale (Seite 285 — 311, in treuer Ab-
schrift).
Ueber die weichen e-Silbcn im Altböhmischen. 369
[285.J
Tu sie poczyna zywot swateho petra apostola-rzimskeho
papezie.
Diwnye mistr nebesky. utyessytel duch svvati swietu
paniiet ostawil. oskutciech swatich otczow. opoczatku yoskonany.
aby dobrzi lide cztuce. odnych swati prziklad beruce. bohu
chwahi wzdawali. Nayprwe to slussie znamenaty yduostoynye
paniatowaty. kak su prwny apostoli. wieru krzestansku. swa-
teho ducha poinoci. poswietu wzplodyli. a nayposle proyezu-
crista swu krew prolili. Mezynymizto byl starosta swati petr.
Kak yest to byl snazny || [286] aczo skrzien buoh swietu
dobreho ukazal otom sie tuto pisse, na kratcie. Swati petr
proswu snaznu wieru gyzto gmiel kgezukristowi zewssyech
g-ynich apostolow prorada gezukristowa wiedyety chtyesse.
ayakz prawi swati aug'tin. by byl geho wiedyel. byl by wstana
gey zabil. protoz geho gezis prziednym gmenowaty ynechtyel.
Znamenytye ho gezis wtayaich swych wiecech wolil. Kdezto
geho nahorzie thabor miety chtyel. Druhe gesto yednu vinrlu
wzkrziesil. Trzetye namodlitwach wzahradye. prziedswym vmu-
czenym. Tote ten apostol swati petr genzto te kgezyssowi
pomorzy stupagie ssel. gehozto take rucha styen. nemoczne
vzdrawowal. gemu take kristus pastirzstwo nadkrzestany po-
ruczyl. Nagednom take kazany Trzytysicie lida nawieru obratyl.
Niekdi take herodessem yat. andyelem zprosczen. Tote ten
prziesczastni apostol. gemuzto su hohem poruczeny kliczy od-
kralewstwie nebeskeho. Kaki gest byl geho pokrm otö sam
wgednyech knyhach pisse, arzka. Gedyni chleb suoliwowy
owocem mnye pokrm biesse. masa swarzenym. any masso
zadne wuobycziegy mi nebyesse. rucho me bylo gedyna suknye
aplascz wiece mi trzieba uebylo. atake sie to ouem czte. zekdiz
sie gest rozpomanul namily prziebytek sgezyssem wczlowiecz-
stwi poswietu chodyecz. ynhed wzplakasse. aprotoz wzdi pa-
snyczku nosiesse. ez gy slzy vtyerasse. Tiech czasow kdizto
swati petr zamorzem okolo yerusaleniie kazasse. Biesse geden
wrzimie rodu znamenyteho Gemuzto gmie bylo faustinianus.
ageho hospodiny methodiana. Tu miegiesta dwa sini dorostla.
370
G e b a u e r.
gednomu faustinus. druhemu faustiis gmie biesse. Matodyana
matka gich welmi krasna zena biesse. Dewierz gegie neprawie
gi milugie. zlym skutkem gie lakasse. Akdiz nato pzrielisnye
nastasse. Matodiana yako czna awierna zena tu milost mrzeie
nesucy hledasse kadi by sie tomu obranyla. atake aby muzie
sbratre neswadyla. Tomu sie tak silnye || [287J branyeci. vmysii
sobie kak by sie odtad wzdalila. Wstawssy gednoho gitra muzy
sen zamyslywssy powiedyela. arzkucz. Vkazal mi sie wesnye
muz poczestni, atakto mi mluwie. abych poymucy ssobu swa
dwa sini faustina afausta ybrala sie snyma precz azasie sye
newraczowala. gelizby mi opiet bylo zzieweno. Pakli bych toho
neclityela vczynyty. abychto gistye wiedyela gez ysewssyemi
dietmi vmru. To gegie muz uslyssaw tomu uwierziw welmi sie
uszasl. aktomu giey powoliw. sedwiema sinoma aspoczestnu
czeledy. zamorze gy poslal. tak rozkazaw aby vmiestye gemuzto
gmye athenis prziebyla. asini vczyty kazala. Faustynianus
proutyechu. biesse naymlazssieho syna klimenta domk sobie
ostawil. genzto piet let wstarzi biesse. Akdiz ta czna zena
ssynoma swyma prziesmorze plowiesse, gedne noci wicher sie
wztrze. az korab sie oskalu rozrazyw ypotopi. Matku kgedney
skale wlni zyw'i przynesu. Tu naskale sedyeci poczie myslity
byloliby sie horzem utopity swa mila sina ztratywssy. Druha
mysl giey dyesse. Poczakay zda gie asa mrtvvy naleznes. Akdiz
gich any zywych any mrtwych nenalezla zalostywym srdcem
wzplaka. atak placzycz wzalosty sebe neczygucz. swogi rucye
swymi zuby hlodasse. Ten krzik zalostyvvy zeni te wlasty vsly-
ssawsse knyey przigidu. tyezycy czoby giey bylo. agy tyessyecz.
Mezitogi gedna knyey zena przistupiwssy. ypoczie giey rozpra-
wiety arzkucz. Neplacz mila pany. nebt sem yatake miela
slechetneho hospodarzie. aten mi gest vmorzy utonul. aya za-
lostywssy ymnoho plakawssy. slibila sem wiecz zamuz necho-
dyty. Ati raczisly vmem domku prziebywaty. iat tobie rada
prziegy. Tu sie yakz takz matodiana utyessyla. ata zena
wswuoi duoiu gy przygcmssy. pracznye swyma rukama dyela-
gicz. potrziebuy gyey dawasse. Pomalych dnech tey chudyey
hospodiny. dna rucye zlamala. takz obie pracznye ostasta.
Swateho klymenta matye dyelaty nemoziesse gez sobie wzalosty
rucye zhrizla biesse. ale wstawssy ypoczye || [288] zebraty,
aswu hospodiny krraity. akdiz sie tomu plni rok skonal. Tehda
Ueber die weichen e-Silben im Ältböhmischen. o71
faustinian gegie hospodarz zrzyma swe posly zamorze poslal.
aby sie wztazali. kak by sie tarn geho hospodiny ysdietmi
dalo. Ty tarn ssedsse: wiecz sie ncwratychu. Druhe posly poslal.
Ty sie wratywsse dorzyma. gez su zadnelio tarn uenalczli any
panye any dyety gemii powiedyeli. Faustinian to uslyssaw.
swelio syna klimenta donia snaznye poruczyw. sain nakorabi
prziesmorze plul. hiedat swo panye. aswych dyety. y byl tarn
dwadciety let. anykdiez gicli nenalezl. Gich sin klyment wrzi-
mie bydlesse. agiz sie otcye amaterze ybi'atrzie rozpaczyw otda
sie nauczenye. wnemzto wskuorzie slowutnye prospiel; anay wiecz
sie natu snazyl. kak by to wumieny nalezl. gestli dussye wieczna.
anesmrtedlna. neb wta doba geseze swati kliment pohan biesse.
Wti czasi swati barnabas apostol dorzima przyssed ypoczie
wieru gezucristowu kazaty. Tu sie gemu mistrzi pohansczy
poeziechu posmiewaty. Mezynymizto kliment | posmiewagie sie
kazany swatebo Barnabassye | gemu toto otazanye vczyny
arzka. kak geto. ze mala zyzalka komar | sest noh ma a
krzidle. aslon gsa welmi weliki. gen cztirzi nohy ma. ale
krzidlu nema. Ktomu swati Barnabas odpowiedye. arzka. A
nemudri. ktwemu otazany snadnye odpowiedye, acz mne tyezes
proto. aby sie nauczil. Tiezete mne ostworzeny boziem. aboha
stworzitele naznagiee. Sprawnye wstworzenych bludyte. kdez
stworzitele boba neznate. To slowo klymeutowi nasrdcy tanulo j
ypoczie swateho Barnabassie prosity. aby ho prawey wierzie
nauczyl. Atu wieru przigem prziesmorze przieplul, kswatemu
sie petru przywinul. Tu ho swati petr przygem. uwierzie
potwrdyl. aowiecznosti dussye gej nauczil. Tyech czasow geden
czarodyeynyk biesse wgerusalemi. gemuzto gmyc Symon biesse.
Vnehozto biesta wlasczie dwa vczenyki geho. gednomu aquila.
a druhemu nyceta gmie biesse.-. || [289] Ta widuce ez gich
mistr Symon nenye prawe wieri. ale sdyably sie obchazie. odneho
odstupista. aswatemu petru sie przikazasta. Tehda swati petr
sweho hostye swateho klimenta poczie tazaty. ktereho by zrzyma
rodu byl. Tehda swati kliment wesken prziebieh czoz sie geho
otcy amaterzi ybratrzy przihodylo. swatemu petru powiedye
arzka. welmi sie nadyegy ez su vmorzi wssyczkny ztonuli. Wta
doba swati petr to uslyssaw. nasrdcy sobie szieliw yzaplaka.
zielegie gich zalostyweho rozluczenye. Ponyekolicie czasiech.
swati petr pogem swe vczennyki. ybral sie dotoho ostrowa
372
G c b a u e r.
wnemzto matka swatclio klymenta bydlesse. atu biechu gedny
sliipi welicy stklenny. gymzto swaty petr sswymi vczennyki
stogie sie dywiesse. Wta doba pogide czna zena poczestna
zebrzicy. Gyeyz swati petr poczie porokowaty arzka. Neslu-
saloby tobic zebraty. ale swyma rukaina dielaty. Ktomu ta
zena odpowiedie. Pane mily rucye gmam. ale tak ohrizeney \
gez gyraa nyczs nemohu dielaty. Akakby mi sie bylo dobrzic
stalo j bych sie byla utopila | aiiadsobu teto zalosty newidyela.
Knyeyz swaty petr wecie. Iczoto czna zeno mluwis. yzdali
toho newies } gez tyech dussye kterzyz sobie sami zy wot otgymagi,
tyezku mnku trpie. Ktomu ta zena odpowiedye Ebych toho
gista byla gez dussye potomto zywotye gsu zyvvy. rada bych
sobie sama zywot odyala. abych gen me mile dyetki tarn
vzrziela. ; Akdiz swati petr poczie nanyey zgadowaty, kak by
sie giey przihodylo. Ana gemu wsse wzprawi .:. Swati petr
knyey wecie. Jest geden czlowiek vnas mladi. gemuzto kly-
ment dyegy. genz wsseczko tak yako ti prawi. kak gest matka
sedwiema synoma zamorze plowucz vtonula. aotecz take zany
pluw wiecz sie newratyl. To ta pany uslyssiewssy. yako zsmysla
wystupiwssy. wdywney otrapie nazemi pädia. Podluhey hody-
nye ksobie sie nawratywssy. srdecznim kwielenym zaplakawssy.
propowiedie arzkucz .Tat sem ta toho inladeczka matye. To
rzekssy nazemi pade. zalosty wie placzycy aprosieci. aby || [290J
giey swati petr gegie sina spiesse ukazal. l'ehda giey swati
petr przikazal arzka Kdiz geho vzrzis; ponechay malo | vczyu
sie yakzto by ho nezuala. az od ostrowa slody wyndemy.
Akdiz gemu slibi ona. vgem | gy swati petr zaruku. powede
yu klody. tu gesto swati kliment czakase swateho petra. Tehda
swati kliment vzrziew swateho petra. an zenu zaruku wede.
poczie sie smiety. Akdiz sie kswatemu kiimentu. ta zena przi-
blizi. nemoze sie sdrziety. ale ynhed sie swateho klymenta
obiema rukama cliwaty. cielugicz aradoscziemi placziczi. Wtu
dobu swati kliment newieda. odsebe gy yako zabylu houyesse
anaswateho petra sie hnyewasse. Knemuz swati petr wecie.
Oklimente sinu mily czo czynys. procz swii matku odsebe
honys. To swati kliment uslysaw. giey wtwarz wezrziew ynhed
gj poznal. swelikim sie gie placzem chwatyl. Wtadoba swati
petr gegie hospodynku. gieizto biesse dna rucie zlamala. przi-
westy kazal. aynhed gy vzdrawil. Tehda swateho klimenta
Ueber dit' weichen e-Silben im Altböhmischen. O i ö
matye poczie tazaty. kam by sie otecz diel. Gieyz swati kli-
ment odpovviedye. Tebe ssed hledat wiecz sie newratyl. To
ona uslyssiewssy. tyezcye wzdechssy. awssak sie tyem menye
mutyesse. ze biesse siua nalezla. geinuzto sie obradowala. Wten
ezas aquila a[niceta tu nebiessta. ale po maley hodyaye przi-
ssedsse. vzrziesta zenu sswatim petrem stogiece. poeziesta ta-
zaty kakaby to zena byta. Gymaz swati kliment odpowiedye.
arzka. Matka ma yest gizto mi buoh nawratyl. skrzie raeho
mistra swateho petra. Gymaz. ..to swati petr wsseczko poczye
rozprawiety kak sie swati klymet smaterzy seziial. To tato
dwa vsslyssiewsse zamutywsse sye uwelikem obdywii takto
mluwiesta. Omily hospodyne | praweli su toto wiecy czyli sen
gest. knymzto swati petr powiedye. Nezabywamyli sie my | tito
wiecy prawe gsu. Tehda nicet aaquila. protrziewsse rulcu swe
twarzi. powiedyesta arzkucz Ya sem faustin atoto faustus ayswa
bratrzencie. giesto nassye matka mny bychwie vmorzi vtonula.
ato rzeksse oba sie swe matki || [291] chwatysta. aplaczicz
radoscziemi gy wzcielowasta. Kuymazto matka powiedye gich
gescze nepoznawssy. Czo tyem myenyta. Miesto nyzto swati
petr odpowiedye Twa sini sta. gestos mnyela bysta byla vtonula.
To matka uslyssyewssy welikimi radoscziemi omdlewssy nazemi
pädia. Atu ssinoma placzicz dluho nycziewss}^ poczie gyjtazaty
kak wama buoh pomobl ze sta neutonula . : . k|tomu matcye odpo-
wiedyesta: Kdiz sie korab oskalu roztroskota. gedne sie dski
welike polapichwa. tu nagy gedny prziewoznyci morzcy nalezu.
wswu lody nas. wsadywsse gmena nam gyna wzdiewsse. gedney
czney wdowie nas prodali. giezto Justiua gmie biesse. Ta onas
yako oswych sinyech peczy miela kuczeny nas prziprawila. anas
cznye mnoho czasow chowala. Tu wumieny prospiewsse gednomu
czarodyeynyku wgerusalemi sie przikazachom. akdiz ho fales-
neho seznachom. pricz odneho gido. aknassemu milemu mistru
swatemu petru sie przikazaclio. skrzie nauczenye zacheowo.
gehoztos smy ydnes vczennyci.
Nazaytrzie stiemi trsmi bratrzenci sklimentem saquilu
asnicetem. swati petr modlit sie bohu ottad nedaleko otgide.
Nahody sie gym geden muz stari chude postawy. ypromluwi
knym arzka. litomi was bratrzie mila. neb poddobrira vmyslem
welmi was hirziecz wizi. any gest buoh. any yest czemu naswietye
sie niodlity. any gest odktere mocy wyssye prziedgednanye
374 Oebaucr.
czeho naswietye. ale wsse czoz sie dyege. to nahodu przichody.
aüdliwiezdne swrchnye mocy. Jakzto sein ya sam wsobie
pokusil. geiizto sein nadewssye vczcui. wtoin vinieny vwiescz-
bach. Protozt razi nebludte. lecz sie wy modlte lecz nycz.
czoz wasse przirozenye. swrchnyeho osuzenye nese. to sie waui
stane yprzihody. Tehda swatikliment nau wezrziew. poczie sie
domnyewaty. yakzto by toho czlowieka nyekda widal. Wtu
dobu swati petr ponucze swatemu klimentu sbratrzencoma. aby
sie styem ezlowiekem pohadali. agemu gez gest bozie przied-
gednanye wtohoto swieta wiecech || [292] Tocz^'^s moczne bozie
zposobeni' nad wesken bieh przirozenye mudrira doliczenym
ukazali. Akdiz sie snym tak pohadowachu. agey pro gelio
starosty poczest otcem wzywachu. Tehda aquila powiedye arzka.
Czo ge toho potrziebie. gez ho otcem nazywamy agmagicz
zapowiedyeno. abychom yzadneho nazemi otcem newziwali.
gedno boha nanebesiech. ato rzek aquila ozrziew sie nastareho
muzie ypowiedye arzka. Nemyey zazle otcze gez sem meho
bratra tresktal. ez tye otcem wziwa. takt maniy przikazano.
abychom tyem gmenem nykoho mymo boha nazemi newziwali.
Akdizto aquila propowiedye. zasmiechu sie wssyckny ysswatim
petrem. okolo stogiece. akdiz otaza aquila proczby sie smieli.
Powiedye knemu swati kliment arzka. Nebto czynys zuehozto
gyne treskczes. wzywagie tohoto starcie otcem. Tehda on poczie
prziety arzka. Newiedye nazwally sem geho otcem. Wtu dobu
promluwi ten kniet stari arzka. Vwierzil bych ez by bylo
prziedgednanye awssiech wiecy bozie prziedposobenye. ale me
swiedomie. neda mi tomu wierzity, Znal sem me yme zeni
nahodnye przyrozenye. asznamenal sem biehy planetowe. po-
nemzto sem dobrzie pohodl, ez sie giey mielo tak przihodyty.
yakzto sie giey yprzihodylo. Jala sie sweho sluhy milowaty. atak
sie nebezpeczenstwie ahanby bogiecy. sen sobie falesni zamy-
slywssy. snym sie prziesmorze wzdwihla. atu yvtonula. Tak mi
yest take muoy bratr powiedyel. gez geho byla poczala take
milowaty. akdiz vzrziela an nany netba -:- kswemu sluzie swe
milowanye olaratyla Ztoho giey zazle neslussye miety neb sie
giey tak myelo przihodyty. Ato rzek. yal sie wsseho rozpra-
wiety kak yest ssynoma asczeledyu prziesmorze zaplula. atu
vtonula. akak ge on hledagie gich zasie sie domow newratyl.
yVkdizto synowe vslyssyechu. poznawsse ez yest gich olecz.
lieber ilie weichen e-Silben im Altböhinischen. 3<ö
radostywie chtjechu sie geho chvatyty. ponucze gym swati
petr. aby toho neuczynyli geliz on kaze . ; Tehda ktorau starci
kgich otcy swati petr propowiedye arzka ; Vkazilit twu hospo-
diny. stwymi setrsmi sini. chczesly uwierzity. || [293] ez nahodny
osuzeny prziebiezy. yakzti wierzis nycz neysu. ale bozie prziedge-
dnanye. ktomu starzecz odpowiedye. Jakez yest nelzie tobie
toho naplnyty mnf' czoz s mi ninye slibil. takeze nelzie by sie
czo dalo beznahodnyeho osuzenye. Wtu dobu swati petr
kstarey wecye. Ay tot sin twuoy kliraent. atot dwa sini twa
blizencie faustus a faustin. Wtu hodynu muz stary otecz gich.
uwelike radosty ohromeny omdlew pade; Tehda synowe shroznim
placze knemu padsse. geho wzcyelowachu. abogiece sie by zte
mdloby nevmrziel. Tu dluho lezawsse. ayako zuotrapy wstawsse.
pocziechu otcy rozprawiety. wsseczkno porzad. yakzto sie gym
przyhodylo. Akdizto gich materzy powiedyechu. shroznim
placzem pobieze krzicziecz arzkucz. Kde muoy mily pan. kde
gest muoy mily hospodarz. Tehda on gye zaslyssaw proty giey
splaczem pobieze. tu sie mile placzycz przitulista. ati czasi
ysdyetmi sswatim petrem ostasta. Toto wsseczkno swati kliment
wswych knyhach sam osobie pisal . ; .
Wti czasi swati petr domiesta do yerusalemie sswymi
vczennyki gide. atu nalez Symona czarodyeynyka. an dyablowu
moci rozliczne zazraki ukazuge. alid wrozlyczni blud uwody.
wzywagie sie prwu sprawedlnosty. iako buoh. aktozby wen
uwierzil. slibowal. ez by gey wzdi wieczna vczynyl arzka.
Czoz mi libo to wsse mohu vczynyty. Niekda mie ma matye
poslasse zat na pole, tu sem srpu kazal. aby sam bezme pracie
zal. atak sie stanyesse. ez srp wiece zal. nez gini . ; . Atoho mnoho
osobie potwrzowasse. arzka. ya sem slowo. ya okrasa. ya ntyessy tel.
ya wssemuhuci. Wti czasi czynyesse medyene hadi any sie yako
zywi hibi, slupy medyene ykamenne vczynye. kazasse sie gym
smyety Wida ten Symon czarodyeynyk swateho petra sobie pro-
tywna. daw sobie snym rok hadany . ; Chtye toho doliczyty. gez
yest pravym hohem. Naten den sie sswatim petrem snydesta Tu
wstupiw swati petr mezyuye.wssyem gesto tu biechu wecye. Pokoy
wä bud bratrzie mila. gesto prawdu || [294] milugete. Gemuzto sy-
mon czarodyeynik wecie. Mytweho pokogie nepotrziebugem. ktomu
swati petr odpowiedye. Ti sie bogis slissiety opokogi. Odshrzie-
ssenye bogi bywagi. protoz kdez shrziesseny® nenye. tu pokoy
376 Gebauer.
yest. Odpowiedie Symon czarodyeynyk. Nicz oto semnu nem-
luw. ya tobie ukazy boztwie meho mocz. aynhed mi sie raussys
modlity. Neb ya sem prwa prawedlnost. ya mohu letaty upowie-
trzy. Nouo wzrostle drziewie brzo vczyuy. zkamene mohu chleb
obiatyty. wuohny bezuraza trwaty. ato wsse czoz chci mohu
vczynyty. Tehda swati petr protynemu pocie. rozumnim czynem
sie hadaty. a tak g-emii rziecz miidrzie zawazowaty. yakz mu
nykak Symon neumi® odpovvicdaty To wida Symon czarodyey-
nik gez nemoz proty swatemu petru wnyvvczem swityezity.
wssyeczki knyhi swe czarodyeyne vmorze uwrhl. bogie sie by
nebylo proneseno. ez sie czari obchaziewasse. To vczynyw
styem vmyslem dorzima prziesmorze przieplul. aby ho wrzymie
zabuoh mieli. To swati petr wzwiedyew sswymi vezennyki ;
zanym dorzima gide. a to bylo za czasu claudij ciesarzie. I byl
tu swati petr pietmezidcietraa let. biskupy czynye. wieru plodye.
nemoczne vzdrawugie, anaswem kazany nadewsse czistotu
chwale. Cztirzi take zenymy. agrippy vrziednyka ciesarzowa.
nawieru obratyl. znehozto sie agrippa welnii naswateho petra
hnyewasse. Po tyech czasiech. zaciesarzie Nera; genzto byl
pociesarzy claudij. Zziewil sie hospodyn swatemu Petru arzka.
Petrze symon czarodyenyk anero ciesarz. zle otobie mysle. ale
neboy sie. Nebot sem ya stobu. adamt dobreho pomocznyka
sluhu meho pawla. genzt ktobie zaytra dorzima przide: Tomu
srozumyew swati petr. ez skrzie swe krwe prolitye prowieru.
g^yzsie ma geho wiek konaty. Wstupiw mezi swe' vezennyki.
ymezy wssye krzestani. gyzto wrzymie biechu. Vgem swateho
klimenta zaruku vczynyl gey biskupem. amiesto sebie narzy-
skem stolci posadyl. Nazaytrzie sw^ati pawel yakzto bylo hohem
rzeczeno dorzyma przigide. sswatim || [295] petrem wieru krze-
stansku kazal. Wti czasi ciesarz nero Symona czarodyeynyka
milowasse. tak welmijyakzto strazy sweho zywota ywsseho
miesta obeczueho dobreho. Geden czas yakz pisse swati otecz
low papez. stasse symon czarodieinyk prziedciesarzem kuzlem
sie obchodye. arozlicznye sie promienyge. weczas wtwarz
wstarosty wetczas vmladosty. ukazugie . •, . To wida ciesarz
zasina bozieho- gei miegiesse. Tehda symon czarodyeynyk kcie-
sarzowi propowiedye arzka. aby wiedyel ciesarzy gez sem prawy
sin bozy kaz my hlawu styety. uzrzis aya trzety den zmrtwych
wstanu. Kaza gemu ciesarz ynhed hlawu styetyu. Tehda kat
Ueber die weichen e-Silben im Altböhmischen. t>77
mnye by gemu hlawu stal. ysstal hlawu beranowi. wzdwih
symon taynye stateho Berana hlawu yschowal. a tu sie krew
beranowa ssiedla. Trzety den symon czarodyeynyk ciesarzowi
sie ukazaw wecye. Kaz rau krew gesto gest prolita setrziety. Widis
aya yakzt sem slibil vmrziew. trzety den sem zmrtwych wstal.
To ciesarz vzrziew welmi sie podywil. asyniona zasina bozieho
gmiek Potom su ho rzymiene wtaciey czty mieli. gez gemu
naczest obraz vczynyli tak nadny napsawsse. obraz symonowi
bohu swatemu. akdiz tak welike zazraki bhidne symon wrzy-
mie ukazowasse. wstaw swati petr swatim pawlem prziedcie-
sarzie gidesta. arzkuce. Ciesai'zi wiezto. To czozt symon czyny.
dyablowu mocy yest. aprawie tak yakzto wgezukristu yest
dwogye podstat. Toczys bozstwie aczlowieczstwie. Takez wtomto
czarodyeynyku gest dwogie podstat, czlowieezie adyablowa.
Tehda Symon. nerowi wecye. yakzto pisse swati otecz Lew
papez. Dokad chczes trpiety neprzietele meho. Wetczast ya
kazy swym andyelom. at mne nadnym pomstye. Ktomu swati
petr otpowiedye. Twycht sie ya andielow nebogy. ale onyt
mne sie bogie. Tehda cyesarz wecie. Nebogis sie petrze symona.
an swe bozstwie skutki ukazuge. To mu swati petr odpowiedye.;.
Jestli boztwie wnem. nechat pohodne czo ya ninye myslyu.
nebo czo czyny. ayat prwe cie || [296] sarzy powiedye tobie
swe myslenye. lehki. aby symon uesmiel gyneho smentyty. nez
czoz ya myssly. przistupiw kciesarzowi swati petr possepta.
kaz mi gieczni bochnecz przynesucz taynye daty, Akdiz
bochnecz przynesu pozehnaw gey swati petr schowaw y wecie
Nuz symone gesto sie hohem czynys Pohodny czo mysleno.
czo rzeczeno. czo vczyneno. Ktomu symon odpowiedye. Po-
wiezti prwe petrze czo ya mysly. Swati petr wecie. To wetczas
ukazy gez wiedye czo rayslyss. kdiz vczyny proty tomu czo
myslys. Tu sie rozhnyewaw symon zawolaw wecie. Budte tuto
ynhed psi welici snyeztez geho. Aynhed sie ukazachu psi
welici. aokolo swateho petra weliki pohrom vczynychu. Tehda
swati petr chleb wynem genz biesse pozehnal gym poskite.
apsi uteku ynhed. Wtu dobu swati petr kciesarzowi wecye.
Ay tot sem ukazal czoy proty mnye symon myslil. ato sem.
vczynyl neslowy ale skutki. Biesse symon proty mnye slibil.
swe andyely poslaty yposlal namie psi. aby ukazal. ez neswate
andyely. ale psie andyely gma. Tehda symon wecye. Slysta
378 Gebauer.
mne petrze apawleNemohu li ninye slowy nyczprospiety. prziwedu
to gescze. ez was budii mocznye sudyty. ninye wama odpusczy.
ato rzek ypoczie sie swelicziety pysuu rziecz mluwie arzka. Mohu
mrtwe krziesity. wti czasi geden mladecz vmiestye vmrziel. Pozna-
wssy obecz swateho petra aswateho pawla. asymona czaro-
dyeynyka. to gym otwrdychu rzkuce. Kterizby znych mrtwelio
nekrziesil. aby byl nabezzywotye dan. Tehda symon przistupiw
poczie nadvmrlym czarowaty tak dluho gez poczie mrtwy
hlawu hybaty. Wtu dobu wssyczkny kamenye polapywsse.
chtyecliu swateho petra kamenowaty. Nanyez swati petr po-
krzykl arzka. Pomlczte ponechayte maleczko. yestli tento
vmrlecz zyw. nechat wstane chody amluwi. gynak newierzte
obludat yest, hlawat sie mrtwa hibe. ayakz odtad symona
odwedu. tak sie poczie hlawa vmrlczowa nehibaty. Tehda swati
petr podal stogie pomodlyw sie bohii. yzawola arzka. || [297]
Gynochu. weymie yezukrista genzto prowssye hrziesne na krzizy
vmrziel. kazugit wstan ynhed. aynhed mrtwy wstaw ypogide.
To lide vzrziewsse chtyechu symona kamenowaty. swati petr
gym zapowiedye arzka. Nechayte dostyt ma muky; yhanby.
wtom gez sie zna wswe lalesnem rzemesle prziemoze. Mistr
nas gezukrist wtom nas vczyl. abychom zazle dobrzie od-
placieli. Wtu dobu gyma symon wecie. Wiezta to petrze
apawle. Neprzidet to wama yakzto zadata. bysta byla skrzie
vmuczenye muczedlnykowu koronu koronowana. Tehda ona
odpowiedyesta. Stan sie nama czoz zadawa. ale tobie nykda
dobrzie nebud. Neb czoz mluwis to wsse mentys. Odtad symon
wstaw ygide kgednomu vczennyku. gemuzto Marcellus gmie
biesse. yprzywaza welikeho psa przied geho domem. kupodwogi.
arzka. Vzrzys Marcelle budelit smiety petr protohoto psa ktobie
wduom wnyty. Pomaley chwili przigide swati petr pozehnanym
swateho krzizye toho psa odwaza. Ten sie pes wssyem ginim
poczie radowaty. ale symouem kuzedlnykem poczie trhaty.
agey podsie podwrh chtyesse zadawity. przibieh petr napsa
krzicze. Tehda pes symona nykdie neuhrize ale rucho nanem
az donahoti zplasa. Wtu dobu lidye to widiewsse. azwlascze
dyety ysepsem possymonowi krzicziecz pobiehu. az geho yako
wlka zmiesta wyhnachu. Pronezto zahaubenye ciely rok nykdiez
sie symon vmiestye nepokaza. akdizti dywy marcellus vzrzie.
swatemu petru sie przikaza. Porocie sie opiet symon dorzyma
Ueber die weichen c-Silbeii im Altbohinischen. 3 < 9
wratyl. aopiet uweliku prziezn ciesarzowu wstupil. Geden czas
yakz to prawi swati otecz Lew papez. swolaw sjraon lid rzymski.
y poczie g-ym zalowaty arzka; Tiemito lidrai zg-alilee gsem
welrai zamucen. protoz yuz nechcy wrzymie dele bydlity. ayakz
sem byl obraucie ystrazie tolioto miesta. gyz tohü dele nechcy
czynyty. ale chcy odwas prycz g-yz nanebesa wstupity. Neb mi
yuz neslussye dele nazemi byd || [298] lity. Tehda wssyeni lidem
rokowaw den. nagednu wysoku wezy wznyde. aodtad sie
wywrli: wlaurowem wienci letaty pocie. To swati pawel vzrziew.
swateniu petru wecie. Mnyet sie gen sliissye modlity. ale ti mas
mocznye przikazaty. Wtu dobu ciesarz wecie. Totot yest symon
czloviek prawy. ale wy oba falesnyki sta swuodcye sprawe
ciesti. sta. Tehda swati petr promliiwi kswatemu pawlu arzka.
Pawle wzwed hlawu wiz czot sie toto dyege. akdiz swati pawel
hlawu wzwede, vzrzie ano sie symon wznassiegie lece. vpo-
wietrzy. Towida swati pawel swatemu petru wecye. Czast gest.
to czozs poczal dokonay. gyzto dobrzie widyss ezt yest nagi
gyz pozwal ksobie hospodyn. Wtu hodynu swati petr poczie
zakliuaty arzka. Zaklynagy was pekelny duchowe gesto yeho
vpowietrzy nosite. akazugy warn moci nasseho xnileho yezu-
krista: abysteho dele upowietrzy nedrzyeli. ale iipadnuty przie-
pustili. Wtu hodynu symon nazemi busse. atu sie rozrazyw
ynhed zdesse. To vslyssaw Nero ciesarz ez ztratyl tak wzacz-
neho czlowieka. welmi ho zielesse, akapostolom takto prom-
luwil. Wyste mie welmi zamutyli. aya was take utratyty mysly.
To rzek ykaza ynhed oba apostoly gyety. ydal gie vmocz
gednomu rityerzy gemuzto paulyn dyechu. apauly gie poruczyl
Mamertinowi. pod strazy dwu rityerzy protesie amartiniana.
Ta dwa rityerzie swati petr nawieru obratyl. pronezto otew-
rziesse ' zalarz oba apostoly wypustysta. Potom pauly. ponye-
kterich czasiech posmrty swatich apostolow poznaw ez tato dwa
rityerzie protesius amartinian gsta krzestaui. kazal gie oba styety.
Ta rityerzie prosiesta swateho petra aby zmiesta postupil.
Tomu sie rzieczy dluho brauyw gyma powoli. akdiz pogide
kbranye. tu gesto ydnes slowe uswate kralewni ustupieyu.
vzrzie ano gezukrist. proty nemu gde. tu mu swati petr wecie
hospodyne kam gdes hospodyn odpowiedye. gdu dorzyma opiet
' So die Hs. statt otevi-eväe.
380 (Jcliiiuer.
naukrzyzowanye. To swati petr oswem vmuczeny || [299] srozu-
myew. do miesta sie zasie wraty. aprawie to swym vczenny-
kom czo sie gemu zziewilo. Wtu sluhi ciesarzowy prziskoczywsse
swateho petra polapichu. astorostye yemuzto agrippa dyeclm:
vmocz dachu. Knemuz akrippa takto wecie. Tili si ten gesto
sie tyem sweliczies gez zeui odg-ich muzow rozwodys. Tehda
swati petr poczie gehe ztoho tresktaty arzka. Procz mi wtom
winu dawas. yat sie neswelicziegy wgynem. nez wkrzyzy meho
mileho gezukrista. Wten czas swateho petra gez blasse cyzo-
zeinecz nakrzyzy vmrziety otsudychu. Kgeho kweliciey prosbie
hlawu dolow nakrzyzi gey powiesichu. neb tak biesse rzekl.
Neysem duostoyen timz czyne nakrzyzy pnyety yako muoy
spasitel kristus. Tehdi tak nakrzyzy dolow hlawu wisie. poczie
krzestanstwo uvvierzie potwrzowaty. Tu stasse mnozstvie krze-
stauüw zalostywie placzicz Wtu hodynu wezrziewsse vzrziechu
andyely wkrasnich koronach. aswateho petra widyechu an knyhy
berze odgezucrista. aczoz slidmi mluwiesse. to natyech knyhach
cztyesse. To swati petr wida. ez hospodyn ukazal swu swatu
chwalu. prziedewssyemi krzestani. nageho skonozeay; snaznye
bohu podyekowa. agie wssyeckni bohu poruczyw dussy pustyl.
Wtu hodynu ukazachu sie andyeli. uwelikey swietlosty. gichzto
nykda nykte nebiesse tak widal. ty takto klidem promluwichu.
raduyte sie nebo mate welikeho orudownyka zasie prziedhospo-
dynem. O Swate
Oswatem pawlu take sye pisse. Ezkdiz gednoho dne wrzyinie
vmespori nazelerzi stogie kazasse, yeden mladecz podczie-
ssye nerow milostni. aby lepe swateho pawla kazanye uslyssal.
naokenci sedyei. atu sie wzdrziemaw yspadl. zbiw sie ynhed
vmi'ziel. to uslyssaw Nero welnii geho zyelel. agyneho miesto
neho podczyessym vczinyl. To skrzie ducha swateho. swati
pawel wzwiedyew. kazaw sobie toho vmrleho przynesty gey
wzkrziesil. ageho prziedciesarzie stowarzyssy poslal. Wtu hodynu
wnyzto geho naywiecz || [300] ciesarz zielesse, powiedyechu
gemu. gez geho podcziessye patrocus prziededwerzmi zyw stogy;
To uslyssaw Nero uzase sie. aprziedsie ho pustyty neda. bogie
sie gez geho drziewe vmrla wiedyesse; awssakz rozmyslyw sie
radu przatelsku. geho prziedsie pustyty kaza. Nero otaza geho
arzka. Patroku zywlis. ktomu on odpowiedye. Cyesarzy zyw.
üeber die weichen e-Silben iiu Altbnhmischen. 381
Ciesarz wecie. ktotye zywa vczynyl, Patrocus odpowiedye.
Hospodyn gezus kristus kral nadewssym swietem. Tusie
rozhnyewaw nero ywecye. Tehda ten nia kralowaty Dawieky.
aiiia russyty wssyeczkna kralewstvie wsseho swieta. Ktomu
patrocus otpowiedye. Tak sie ma staty ciesarzy. Wtu dobu
Nero da yemu weliky policzek. arzka. Tehda ti tomu sluzys.
Patrocus otpowiedye. Gystye gemu sluzy. neb mie gest zmrtwych
Avzkrziesyl. Wtu dobu piet milostnich rityerzow ciesarzowych
powiedyechu arzkuce. Procz mily ciesarzy tohoto mladeczka
tepes. an tak mudrzie odpowieda. ano my gyz smy potoni
postupili. gez cliczmy tomu wssemoliuciemu krali wityezsky
sluzyty. To uslyssaw Nero; kaza gie ynhed wzalarzy zawrziety.
aby gelikoz gie drziewe mylowal toliko gie nemylostiwiegie
muczyty kazal. Wten czas take kaza wssyeczki krzestani zgy-
maty agie trudnye muczyty. Mezynymizto prziwedu swazana
swateho pawla. prziedciesarzie. Knemuz ciesarz wecie. Ti si
czlowiek welikeho krale sluzebnyk. procz my me rityerzie
odemne ludys. asobie gie osobuges, Swati pawel odpowiedye
Netolik ztwe wlasty. ale zewssiech wlasty swieta. ksobie gye
przygymagy. gymzto kral nass wssemohuci slawne dari da,
aodnych wssye nedostatky odzene; Chcesly wtoho poslussenstwi
byty. spasen budess. nebt yest tak moczni. ezt yest sudcie
wsseho swieta. ama obnowity olmem wden sudni wsseho swieta
postavu. To uslyssaw nero welmi sie rozhuyewa. anaywiece
proto ez dyesse swati pawel. Ma swiet ohnem obnowen byty.
Kaza wssyeczky krzestani zzecy. aswatemu paw || [301] lu
yako proty ciesarzowie welebnosty wynnemu. kaza hlawu stiety.
Swati pawel promluwi arzka. Nero ciesarzi wiezto. gezt ya
namaly czas budu trpiety. ale nawieky zyw budu sgezukristem.
Ktomu ciesarz wecye Setnyete mu hlawu at vzrzy ezt sem
mocznyogy. nez kral geho. proty nemuzto sem ya swityezyl.
awizmy mocslit bude geho zywity. Swati pawel ktom^ odpo-
wiedye. aby wiedyel ciesarzi ezt pomey smrty nawieky zyw
budu. pome hUiwy styety tobiet sie zyw ukazy. atu poznas.
ez gezus kristus gest moczni kral nadsmrty ynadzywotem.
Yakzto swati pawel domluwi tak geho nasmrt powedu. akdiz
bychu u branye. gesto ydnes slovve hostiensis utka geho gedna
slechetna pany gieyzto gmie lemobia. gijzto biesse swati pawel
nawieru obratyl. ata wlastnye sestra faustiniauowa swateho
Sitzungsber. d. phil.-hist. Cl. LXXXIX. Bd. I. Hft. 27
o82 Gebancr.
klimenta otcie biesse. Tii uzrziewssy ano swateho pawla swa-
zana wedn. srdecznye zaplakawssy poczie sie geho swatey
modlitbie porucziety. Tu gie swati pawel poprosi. aby mu
poziczila ruchy sswe hlawy gijzto by oczy yeho byle zawa-
zanye. arzka. zasiet yii opiet wrati. akdiz yemu ona poda
te ruchy; pocziechu sie giey gyny posmiewaty arzkuee. Ne-
smyslna zena pozyczye tomu czarodyeynyku tak drahe ruchy
giesto wiecz zasie miety nebude. akdiz swati pawel narozhranye
przigide. obratyw sye nawschod sluncie. spen rucie. oczy
wnebesa wzwede. ypoczie hospodynu szalostywymi slzanii sie
modlity. snaznye krali nebeskemu dyekugie. poklonyw sie
wssyey okolo bratrzy oczy sobie russicy zawaza. nakolenu
poklek ssygie poskitl, atu geniu hlawa gednu ranu stata. hlawa
odtyela skoczywssy. yezus cristus rzekla. Neb yakez yest byl
gezukrist gemu zazywota myl. takez yna smrty geho poymeno-
wal. Tak yest swati pawel to swate gmie gezus cristus milo-
wal. nalezeno yest. ez wswych epistolach yesus akristus patset-
krat psal. Wtuzhodynu swati petr naukrzizoAvanye weden. atak
oba gednoho dne. wgednu hodynu. ale podal odsebe swuoy
swati zywot progezukrista gsta dokonala. || [302] kak sta nasrart
zalostywie wedena kakli sta odsebe zalostywie odpusczenye
brala. otom swati dyonisius genzto przygich smrty byl wsseczko
porzad swatemu Thymotheowi milostneiuu vczenyku swateho
pawla list napsaw poslal. wtato slowa tak i'zka ;
Pozdrawugy tebe twenin sie zdrawi radugie. vczennyku
asynu wlasczy. duchowneho amileho otcye swateho pawla apo-
stola. yehoztos byl milostnyk. ayehozs wuoli plnyl wzdi ubozie.
yakzto sweho mileho mistra. snj'-niztos mnohe protyvestwie
naswietye trpiel. odzlych lidyu weliku nenawist. wrozliczne czasi.
hlad ziezy. mnohe potupy. posmyewanye tresktanye. zlobiwa
otazanye. siiyinztos take prodan byl. Tus snym tiezku praci
nesel. sbolesty shorzkosty. wsmutciech. wpokussowany. wntrpeny.
Avnespany. vmodlitwach. wsile. yvmdlobie; wemnohich putech
snym potupen. byczowau triznen. odneprzatel. yodnemilostywych
przatel; wssak si swu sluzbu snaznye snesl. nykda sie neoblenu-
gie. ale wzdi hotow gsa. kuposlussenstwi sweho mileho mistra.
snyraztos czasto bit byl. pouliciech wlaczen . ; zedran zlomozen.
wemnohich miestech. snymztos take nebezpecznye priesmorze
plawal; Nakorabech zamuczowan. vmiestech ranen. wuuzy
Ceber die weichen e-Silben im Alttrihmischen. 383
ywhcanbach zalost trpiel wzalarz sazan. wedne ywnoci snym
uwiezieny. wokowach. wrucznyciech zeleznich ywgynich rozli-
cznich smutciecli. anetolik wtyechto wiecech. ale ywtyezssych.
muczeny. gestos snym ukrutnye azalostywie trpiel. snaznye
yvstawnye. sswym mylym mistrem swatini pawle. Grenzto yest
byl otecz wssyech duchownich otczow. mistr nadmistri. Jenzsto
byl ukrzyzowan svietu. anaswem tyele giezwy nasseho spasitele
nosil. yenzto byl bezprziemna hlubokost mudrosty. pisczalka
prziezwuczna. kaza || [303] tel prawednosty nykda neustaly. O
pawlowi rzku oprzieslechetne apostole. yenzto gest oswietyl
svvatu cyerkew. potwrdyl uwierzie krzestani. zlamal wrata
hi-ziechö Mecz naobie stranye ostry, gynizto zahnal pohani.
modli pohanske swrlil. gich oltarzie zborzyl; dyablowe obrazy
zlamal. ygich prziebywadla russyl. ychwalu. slowutnost hodow
gich stawil. Neb zagiste biesse andyel zemsky, ezlowiek nebesky.
obraz ypodobenstvie swateho bozstwie. Wssyech ubuoli wierzi-
cych chwala. przietel kagycych. sweho naroda rziecznyk. mily
aprziezadni wssyeni swym od pohanow rozehnalym. byl yest
take obiet zydowska. gehozto nenawidyechu liczomiernyci. ne-
bo rnssyesse gich zydowske skuoly. ygich bludna vmyenye.
Vstawcie swatich kostelow snaznye stogie pogich duchoAAeustwi.
Byl yest take sczyt wieri krzestanske. sluha gezukristow. wo-
lagici byrzycz swateho cztenye, usta bozska. yazyk duchowni.
hledacz ztracenich. otecz sirich. snazni sudjjye ystrazie wdo-
wicz. syla mdlych. posilenye pracznych. bezpeczna lody na-
niorzy tapagicich. genzto sie ge wsczytyl proty welikym wlnam
nahlych tohoto swieta hnyewow. Byl yest take zwykly korabnyk.
wduchownyey mudrosty, genzto yest wsse zgednal slycznye.
zadagie nepromyenneho gednostawenstwie.; Byl neprzietel
kacyerzowy. wezley mysly zkazenich. Byl otecz obmyslni.
pastirz ymistr prziedobri. wityez svvati aduostoyni. Dnch bo-
ziemu obrazu przyrownani. Wiz mily Thymotee. kakt ni chude.
a neduostoyne wtomto wezlem swietye sirzye ostawil. ysel
kswemu milemu gezukristu. kswemu bohu. ykswemu wiernemu
przietely. Bieda mnye bratrze prziemily. kam sie nam dyel
nas mily otecz duchowni. Mily vczennyku Tymotee. sweho
mistva milostnyku. Ktot yuz bude wiecz psaty listi. smorzie
nebo szemie tyezye sie. aradngie sie twemu zdrawi. zrozlicznich
zemi. Odgalatie. odhyspanye. odazye. odkoriuta. Ay tot si yuz
,'j<S4 Oebauer.
osirziel. yostal si sam. Yuz pi-ziestal ydokonal sie bieli twuoy.
g-enzto czynyesse. sswym mily || [o04] otcem duchownim. kne-
muzto spiesnye przibiehnyesse. yuzt wiecz nebude psaty swu
swatu ruku arzka. Tobie synu muoy. Tymotee prziemily. anyt
yuz wiecz posle wzkazug-ie aby knemii brzo przissel. arzka.
Czakagy tebe wtakemto miestye. O mily synu. yuzs to wsse
dokonal. oneraztos mi byl psal. ywzkazal tyezie sie kde muoy
mily mistr; powiezmi at knemu przidu.J Dnes sie yest wsse
dokonalo gestoy gezys rzekl. swym vczennykom arzka. Budete
zadaty gedne hodyui wasseho inistra. anebudete widdyety. any
miety mocy budete. Bieda bratrze muoy mily tymotee. czo sie
ge nam przihodylo. skuodi ywelike trucblosty. gezs my tak
osirzieli; Ba odkad nam przidu tekucie silzy. abychom plakali
wedne ywnoci. nebo swietlo swate cyerekwe zhaslo yest. Wrz
yuz mysli wewsse pismo knyh yvproroczstwie. yuz nemainy
yzadnelio g-enzto by nam vvylozyl ywyprawil nesnadnost vpi-
smi®. rozlicznicli rozumow. Protoz muozem dobrzie sprorokem
amos rzecy. Pasu ya napuscznich miestech. anapastwisczych tu
kdezto pastwiscz nenye. Okde su Jeremie proroka zalostywa
slowa. geho kwielenye gesto sie tak wyprawugy. Srdce me
zamuceno yest odwelike trucblosty stonanye. neb mi nenye
vtyessenye. any odpoczynutye. Bieda mnye bratrze myly ty-
motee gyzt wiecz psaty nebude swych listow. wnyclizto psano
bywasse. Pawel pokorni sluha gezukristow. Wieczt take psaty
nebude. Avzkazugie miestom arzka. Przygmiete ochotnye S3'na
melio mileho tymotee. Byeda mnye myly bratrze tymotee. Kto
sie yuz neotda whrozni placz auwelike Ikanye. Kto sie yuz
neoblecze. wzalostywe; rucho. kto sie yuz nepodywi tomu
wssy mysly. Omily tymotee. wlasczy knyeze. sluho gezukristow.
aswate cyerkwe. Oblecz sie uplacz awzyny. Nebo blas wolagicy
powssyech wlastech slyssan yest. welikelio placzie ynarziekanye.
ostrastney swatelio petra aswateho pawla smrty. yonassiey
slrobie. Tot sta tye dwie hroznyey aprzykrzyey ranye. nani ||
[305J gednobo dne przyssle. ayuz sie nam dokonalo poAviedye-
nye. Jacob patriarclie. kdizto yosepb syn geho ztratyl sie
biesse. adruliy sin symeon dluho sie newratyl. Tu yakob gicli
zielegie takto raluwil placzie kswym synom. zbawiliste mie
mych synow. tye pomozete mym starim ssiedynä spiesse ksmrty.
Aytot swati petr apostol poczatek yzalozenye swate cyerkwe.
üeber die weichen e-Silben im Althöhmischen. 38ö
chwala yczest Avssiech swatich apostolow g'yz ssel odnas prycz. ani
sire posobie ostawil. Takez swati pawel wieinich krzestanow czele-
dyn. vtyessytel swych przatel. zasscl odnas. yuz ho wiecz zde
nenaleznein. yuz sie to dokonalo yest. czoy dauid prorok rzekl,
Powrhli SU twych swatich tycla yako vmrlu mrchu. napokrm ptacz-
stwu. Kde yest yuz bieh swateho pawla a pociestna pracie geho
swatich noh. yuz yest wsseho zbyl. yvssel. anebogie sie any g-yetye
any zalarzie. any zawornyeho zawrzienye. any geho swietyey
rucye. wiecz budeta kswazany poskytenye. Kde su yuz usta dostoy-
neho mluwenye. kde yuz yazik radi mudre. aduch dobrzie liby
bohu swemu. Obratrze mily tymotee. chwalmy ztoho hospodyna.
gez mu gyz nenye tohoto swieta modlitew trzieba. neb sie yuz
tarn nawieki raduge. Ykto by nekwielil tuto. tak slawnu dwu
otcy apostohi. genzto sta slawnye obdrzaUi czest ychwahi uho-
spodyna.J Aytot sta wedena yako dwa zlorzeczena. hanebnye
nasmrt,. Obratrze muoy tymotee. By byl widyel swyma oczyma
zalostywe gich skonanye. pro weliku zalost. samby sobie byl
az dosmrty zateskl. ale ycz si tu toho sani newidyel. protozt
sie lehcziegie zda gich zalostne skonanye. Kto by byl tu
nezaplakal. kdizto gie otsudychu nasmrt; swateho petra aby
ukrzyzowali. aswatemu pawlu aby hlawu styeli. byl by widyel
tehdi mnozstwie zydow ypohanow. any zanymi gduce. tepu gie.
poruhagy sie gym. awswatu twarz giin pligi. Ana yako tycha
dwa beräky nycz neodmluwata. Akdiz ta hodyna przigide
prziehrozna. ruozno gie rozwedsse. gich ru j| [306] eye swietyey
swazachu. Nato nassie mnoha bratrzie zdaleka hledachu.
asrdecznye zalostyecz plakachu. Tehda swati pawel odswateho
petra odpussczenye bera takto wecye. Mir bud tobie zalozyteli
swate cyerekwe. apastirzy wssiech krzcstanskych owczycek.
swati petr ozrziewsie naswateho pawla takto knemu propo-
wiedye. Gdy sboheni upokogy prziedrahy kazately. wssyech
dobrich prostrziedku swateho sgednanye. wuodce wssyech spasi-
tedlnich. Akdiz gie ruozno rozluczychu gidech zaniym ruylyni
mistrcni swatim pawlem. Neb nenagednom iniestye su gie
zahubili. ale podal odsebe.]. Akdiz sie ta hodyna zalostna przi-
blizy. bratrze muoy mily timotee. kat swatemu pawlu ssygi
ztahnuty kaza. Wtu dobu swati pawel nanebesa wezrziew krzyz
naswem czele ynaprscch vczynyw. pomodli sie arzka f wtwogy
rucie mily gezukriste poruczyegy dussy uiu. awtu hodynu geho
386 Genauer.
swatu hlawu styechu. Tu swuoy zywot probuoh skonaw vviecznu
koronu przygal. Bieda mnye mily moy bratrze tyinotee. Wtu
dobu uda mi sye wezrziety na gelio tyelo newynnu krwi
zekrwawene. Bieda mnye muoy otcze duchowni mistrze ynau-
czyteli prziedrahi. Kterims ti czynem tak ohawne smrty za-
sluzyl. kam sie ya yuz siri obraci. kam puoydu hledat tebe.
chwalo krzestansl^a. yczty wssyech wiernich prziewierna. kto
gest tak mlcziedliw vczynyl twuoy prziesladky blas pisczalko
prziewysoko zwuczna. wznyele huslky desaternich strun. nau-
czyteli muoy. kde tebe hledaty budu. kde tye naleznu. owodce
prawy. czo yuz otobie powiedye twym vczennykom. Zda gym
powiedye ezs yat neb nyekde udawen. Paklit yuz koho posslem
znas. at by hotowie posluzyl. yuzt wiecz znas yzadneho trzieba
nenye. yuz si sscl. Kswemu milemu bohu. gehoztos nasledowal.
ywssym srdcem zadal. Obieda mnye ez tye newynyey rueie
twogy. gesto biesta nyekdi wgerusalemie dwogimi rzetyezy
swazanye. tye gsta yuz wrzymie rozwazanye f || [307] Dauid
prorok sweho syna plakasse arzka. Synu muoy bieda mnye
tebe synu muoy absolon. aya pak smutni zalostywie placzie
rzku. Bieda mnye tebe otcze muoy. bieda mnye tebe. Zdali
yuz neprziestal sbor twych vczennykovv. ktobie dorzyma sbie-
hugicich. atebe hledagicich. yuz wiecz nedye zadni Podmy
wyzmy kde gsu nassy mistrzi. aotyezcm gich. kterim bychom
czynem duostoynye Aviasty mohli kostely nam poruczenimi. Kto
nam yuz wyprawi przikazanye nasseho mileho gezucrista. ane
snadenstwie proroczstwic pisma swateho. Jeruzaleme arzyme.
miesto. krzywa mezy wama prziezn. obie sta rownye wezlosty.
gerusalem gezukrista ukrzyzoAvalo. Rzymske miesto apostoly
nasmrt otsudylo. Jerusalc skizy gemu gehozto ukrzyzowalo.
Rzym slawnye slawi tyecb swatich apostolow gmyc giestoy
nasmrt otsudylo. Znamenay dyw Aveliki bratrze muoy tymotee.
azazrak neslychani genz syey stal toho dne pogich smrty.
Widyel sem gie swyma oczyma ana gdeta dorzimskeho miesta
brani. drziece sie zarucie. obleczena wswietle rucho. wkoronaeh
przielis stwucich. anetolik ya sem sam gie widyel. ale ylemo-
bia sluzebnycie krale sezten. gesto take swateho pawla na-
wieru obracena poslusnycie biesse. Ta lemobia kdizto swateho
pawla nasmrt wedyechu. utkawssy geho gie sie zalostywie
plakaty. Tehda giey swati pawel powiedye arzka. Ncplacz
Ueber die weichen t-Silben im Altböhiuiüchen. 387
lemobia. ale day mi ruchii: gijztos swu hlawu zawila. awetczast
gj wraci. Pak kdiz swatemu pawlu hlawu styechu. tehda swati
pawel swu wlastny krew sebraw Aviusku. ywratyl lemobij Tclida
lemobia knemilostywemu ktomu rityerzy katu wecie. kdes osta-
wil rneho mileho inistra. Odpowiedye g"yey arzka: Tarnt lezy
sswym towarzisse. prziedmiestem naudoli. gesto slowe Avitye-
zowe udole. atwym slogierzem obwita yest twarz geho. Tehda
lemobia otpowyedye arzkucz. Wetczas swati pawel yswati petr
wkrasnem russye awstwucich koronach wesslasta. domiesta,
atot slogierz || [o08] geho swatu krwi zekrwaweni. To vzrziewsse
mnozi krzest swati przygemsse uwierzichu wgezukrista. Aprotoz
yuz mily bratrze tyniotee, gieztos mylowal zewsseho srdcie tat
sta sie yakzto saul kral asyn geho yonata nasmrty nerozdie-
lila. aya take smutni odmeho mistra swateho pawla neodluczyl
sem sie. nez wtu dobu gesto mie zli lidye odneho odstrczychu.
Wssakz to rozluczenye wzdi nebude. nebta swata dussye zna
swe mile. Kakz koliwiek giz knym nemluwi. neb otneho zde
gsucz daleko su wzdaleny. ale wden sudni kak bude przie-
zalüstywe rozluczenye ktoz sie tchdi odnych odluczy. Ayuz
bratrze moy mily tymotee. przieteli duchu nieho. pospies pro-
sity mileho hospodyna upostu. ywrozliczney pracy. at da hospo-
dyn milost mistra tweho. Jako ge dal elyzeoui vczennyku helye.
genzto yest bil ustawicznye snym dotowad. az ho hospodyn
upowietrzy wzdwihl odneho. neb zagiste zlosty welike trpiesse
odrozlicznich nenavistnykow. gesto snym wzawisty mluwiechu
arzkuce. Ay tot vczcnyk nepraweho proroka bozieho ustawenye
prziestupnyka. To slyssye helizeus wnywczemz nezufal. od-
mistra sweho. aprotoz czoz nabozie prosil. dwuoge posporzeny
ducha swateho obdrzal. Takez kakzkoliwiek swati pawel miel
mnoho vczennykow milych. wssakz wnykteremz neodpoczywal
duch yeho yako wtobie tymotee. Nebo ti si snym trpiel ro-
zliczna pokussenye. ybezczysla mnohe truchlosty. atos uczynyl
sweselym yspokornim srdcem. Zagiste tis sä gedyni duostogen
byl obdrziety takych darow podarzenye. Tot take bud znamo
mily bratrze tymotee. ez kdiz swateho petra skrzyzie snyeli
geho swata hlawa wcielosty styelem biesse. Alekdiz swateho
pawla styeli. odtyela hlawu wzemsse mezy gyne state doyamy
zaAvrhly. gyezz krzestyene potom nalesty dluho nemohli. akdiz
mnozy- czasi prziesly. Tu yamu kral wycidyty kazal. tu su
388 Geh an er.
srozlycznim choniradem swateho pawla hlawu wywrhli Mymo-
nyzto gda yeden sczastni pastirz naswu yu sikolecz Avzdwihl.
apodle stagie swych owczi [309] czek postawil. nadnyzto potrzy
noci nebesku swietlost widyel f Sed domiesta rzymskeho po-
wyedyel. panu swemu zetaku swietlost widyel. Pog'eho rzieczy
ten gisti pan geho wyssed, tuuz swietlost widyel. Domiesta sie
zasie wratyw. rzymskemu patriarssye knyezy yknyezatom y-
wssyem starostam powiedyel. gijzto wyssedsse aohledawsse rzechu.
zagiste totote hlawa swateho pawla. Wyssed fabellio patriarcha.
ssewsseho rzima mnoztwym. wzem hlawu ynesl yvi nazlatem
stolci. ypokusychu sie chtyecz swateho pawla hlawu kgeho
swatemu tyelu przylozyty. Tehdi patriarcha poczie toho branyty
arzka. My to wiemy ez wtomto miestye muozy swiety wdawne
czasi SU smrt wziely. gichzto udi yhlawy odpohanow rozraetani.
apotom neshledani. protoz teto hlawy kgeho swatemu tyelu
nesmyegy przyczynyty. ale wyloziecz tyelo swateho pawla tuto
hlawu vnoh polozmy. a kbohu prosbu snazuu wzdaymy. Jestly
toto geho SAvata hlawa przygednay sie kgeho swatemu tyelu.
Wtom gemu wssyczkny powolichu. ayakz rzekl patriarcha
vczynychu. Tu sie tyelo kswey swatey hlawie obraty. yspogy
sie tak ciele ytak krasnye yakzto kdi zageho zdrawie. Ten
dyw wssyczkny Aviduce. slaAvnu chwalu bohu Avzdachu. yenzto
kraluge wswem Aveleslaweustwi wieky Avyekom amen.
0 lerowy.
Potom yakzto yeden mudrzecz prawi aristotiles: Male
zabluzenye napoczatcye welike bluzenye czyny naskonany.
Kdiz ge to ten nemudry Nero cyesarz dyablowyni nauczenym
chtyel nadapostoly konaty. prozleho czarodyeynyka symona.
apostoloma zywot otgyety. Przyepustil nan buoh hrozne wsmysle
bluzenye. apotom hanebne skonauye. kak gest wsmysle bludyl
otom sie takto pisse. Gez nero gednoho sweho mistra myegyesse
gemuzto seneca dyechu. Ten ho zmlady piestowal. ayakzto
.slussye wkazny chowal. A kdiz nastarost zauerowa ciesarzstwie
odplati zaswu sluzbu czakasse pozwaw geho Nero kaza gemu
wolity. Nakterem drzye || [310] Avie chce obiessen byty. tot
chey tobie zaodplatu vczynyty. akdiz ho poczie seneka tazaty.
kak sc ya toho natobic zasluzyl. Wtu dobu nero kaza nahy
üeber die weichen e-Silten im Altböhmischen. dö9
mecz wjtrhnucz nadsenekowu hlawu rozvvesty. ' Wta doba
poczie seneca ysieiu ytaiii hlawy iiliybaty. gemuzto nero wecie.
Procz hlawu uhibas. Mistr ütpowiedye. Czlowiek sem proto sie
smrty boyu. Nero wecye. Takez sie ya tebe gescze boyu. yako
zdyetynstwa sem sie tebe bal. proto uem^hu iityessen byty
dokad tye nasswietye wizy. zywa gsuce. Mystr seneca wecie.
kdiz mi iest smrty nelzie zbyty. asa mi to nawuoli day. kteru
chcy smrty snyty. Cyesarz Avecye. Czot libo to vczyn gedyne
tyem pospies. Tehda seneca kazal sobie wlazny kad ukropa
przyprawity. atu wsied ykaza sobye obie medianye zatyety.
Dotowad odneho krew tecze. aztu omdlew vmrziel. To nero
blaznowstwo vczynyl. Take sie to onem pisse, ez nero kazal
swe materzy brzycho rozrziezaty chtye wiedyety kak" yest
wsswey materzy lezal. Proty tomu mistrzy lekarzy. poczieclm
mluwity arzkuce. Ciesarzy neslussiet proten zamysl swe mile
matky zahubyty ana tye tak tyezcye nosila. asnaznye wzclio-
wala. ktomu gym nero wecye. ale vczynte to swym mistrow-
stwem. at dyetye ubrzyssye ponesa yvrozy. abych potom poznal.
kako yest weliku bolest promie ma matye trpiela. Mistrzy
weciecliu. Tomu ygedno przyrozenye nechce. any kto to muoz
vczynyty. by ti mohl dyetye urodyty. Rozhnyewaw sie Nero
krzikl nanye arzka. To vrzy - neuczynyteli toho. chcy was
wssyech ohawnu smrty utratyty. Tehda mistrzy nemohucz
tomu gynak vczynyty vradywsse sie. wlekarzstwi gemu zywu
zabku pozrziety dachu. ato mistrowstwem vczynychu. ez zaba
ubrzyssye poczye zywa byty. Gyeducz a rostucz brzychu gemu
obtyezyla. Wtiech czasiech poczie Nera brzicho bolety. pozwaw
lekarzow ksobie wecye gym. Przizrziete ktomu totot mie dyetye
wel II [311] mi dussy. gyzt dale trpiety nemohu vczynte at
porozy. Tehda gemu lekarzstwie dachu gyzto hroznu zabu
zhrdla sekrwi Avywratyl, Jrzechu mistrzy gemu. Proto te tak
hrozne to czozs urodyl. gezs czasu przyrozeneho nechtyel
czakaty. tomu porozeny. Tu Nero przikazal aby ten gehe narod
byl krmen ychowan : wgednom sklepie dluhe czasi f Atake sie
to onem pisse, ez sie gednu rozpomanuw kak yest byl krasni
ohen. kdizto troya to welike miesto horzalo. kaza rzym sedm
• So die Hs., vielleicht für vzvesiti.
2 So die Hs. statt uzfi.
390 Gebauer. TTeber die weichen c-Silben im Altbohmischen.
dny asedm nocy zaziohaty nawssye strani. Wssed pak nawysoku
wezy ypoczie sie wkrasie wclikcho plamene kochaty. nawssye
strani hlcdagie. awesele pozpiewugie. yakzto onem rzymska
kronika pisse. Tyech ygynich blaznowstwi dele odneho rzymiene
trpiety nemohsse sewssy obczy nan sie oborzichu. yAvyhnachu
gey ziniesta. Akdiz zanym tak bieziechu. wida giz ez utecy
nemoze. polapiw gedno drziewo ziiby mu konecz ob ostrzyw.
naleh brzychem nato drziewo, yproklal sie nabie stranye. atak
uwelikem bludye hanebnye swuoy zywot dokonal.
Bauer. Herodot's Biographie. o"!
Herodot's Biographie.
Eine Uutcr!9uchung
von
Dr. Adolf Bauer.
In der Geschichte Athens gibt es keinen Zeitraum glor-
reicheren Schaffens als die anderthalb Decennien nach der
Eroberung- der Stadt und des Landes durch Xerxes; aus dem
Nichts hatte dieses Volk, dessen Männer zur Zeit der höchsten
Nüth auf ihren Schiffen zur griechischen Flotte nach Salamis
stiessen, während die Frauen, Greise und Kinder von der
Älildthätigkeit der benachbarten Städte und Inseln lebten, den
ersten Staat Griechenlands gebildet.
Eine Geschichte dieser seiner Thaten von dem Zeit-
punkte der schliesslichen Verdrängung der Perser bis zum Be-
ginne des peloponnesischen Krieges besitzen wir nicht. Thuky-
dides ' wusste keinen andern Darsteller als Hellanikos zu
nennen , und fand sich veranlasst, da dieser nur kurz und
genauer Chronologie nicht entsprechend über den Zeitraum ge-
handelt habe, in seiner Pentekontaetie, eine gedrängte Ueber-
sicht der Ereignisse eben dieser Zeit zu schreiben. Die beiden
grossen Historiker der Griechen, Herodot und Thukydides, ge-
hören eben ihrer Eigenart nach den geistigen Strömungen der
beiden Zeiträume an, die vor dem Ende der Perserkriege und
nach dem Beginne des peloponnesischen Krieges wirkten, und
es kann nur durch ein Verkennen dieses Umstandes für Herodot
vorausgesetzt werden , er habe sein Werk noch weiter führen
1 Thuk. I. 97. 2 (ed. Krüger) EypaAa ok aüxi /.ai xr^v ixßoXriv tou Xoyou
£j:otr(aa[jLr;V oia toos, oti Toi"? r.po I[jlou ajiaa'.v £xXi7:£i; touto f,v to /tüpiov zal
7^ Ta T.^o Töjv ^lr,0'.xä)V 'EXXrjVtxa ?'jV£T(Oc<jav '/; aura Toe Mr,8ixa • to-jtcov
o' öar.Ep xat fji^axo iv t^ 'Attix^ ^'jyypacpr], 'EXXavixo; ßpa/_£w? T£ xat xoT;
ypo'voi; ojx. axpißoj; £-c;j.vr|a8T,.
392 Bauer.
wollen, als er es that. Mögen wir immerhin den Kampf der
Hellenen und Barbaren, den Hcrodot, wie er in der Einleitung
seines Werkes sagt, schildern will, erst mit der Eurymedon-
schlacht beendet sehen, ITerodot sah das Ende in der Bela-
gerung von Sestos, und da sollten wir nicht klüger sein wollen
und ihm dies zugestehen.
Wie Herodot zu seiner eigenen Zeit stand, das zeigt die
Art und Weise, in welcher er derselben gedenkt; vorüber-
gehend und an Avenigen Stellen ' nur berührt er Ereignisse,
die er selber erlebte. So sehr war er mit seiner Denkweise
abhängig von den grossen Eindrücken der in Kleinasien ver-
brachten Jugendzeit, deren Ideale eben der Kampf und Sieg
der Griechen über die Barbaren waren. Ein solches Werk,
dem doch alles ferner liegt, als die Verherrlichung der neuen
athenischen Demokratie auch nur in einem seiner Theile, die
neuestens aus dem dritten Buche erschlossen worden ist,^
musste in Vergessenheit gerathen, sobald die Erinnerung an
die grosse Vergangenheit der politischen Thätigkeit der Gegen-
wart wich. Wie Thukydides in der Pentekontaetie damit um-
geht, ersieht man leicht: es wird deutlich, aber ohne den Autor
zu nennen, einzelnes rectificirt, im übrigen scheint es eben
schon für antiquirt und unlesbar gehalten worden zu sein, be-
nützt hat es Thukydides nicht.-' So wurden Nachrichten unseres
' Vgl. die Zusammenstelluug' der Notizen, die sich auf Ereignisse nach der
Belagerung von Sestus beziehen, bei Scholl Philol. 1854. Bd. IX. ö. 196 f.
Dieselben können selbstverständlich nicht alle als von Herodot , erlebt'
bezeichnet werden, da ein guter Thcil in seine frühe Jugend fällt.
2 Wilamowitz-MöUendorf im Hermes Bd. XH. 3. H. S. 326 f. macht dies
S. 331 Anm. 11 gegen Büdinger zu Gunsten der Kirchhuff'sciien Ansicht
geltend, vgl. Hachez, de Herod. itineribus et scriptis. Götting. 1878, p. 5.
3 Die bezeichnendste Stelle bei Thukydides ist die über den Mord der
Kyloneer. Man vergleiche :
Thuk. I. 126. Herod. V. 71.
KjX'ov ^v X)Xu[j.-toviy.ri(;, i^r^p ^Hv KuXojv twv 'AOrjva i w v ävf,p
'AOrjvaTo;, twv -otAat cOyE^»!? te y.ai 'OXu [jl;:iov{xt); • oO-o; lr.\ rupav-
ojvaxb; . . . . kEiBr) £::^XOov 'OXü[i;w'.a v(o'. £y.d[Jir)a£ . . . . y.aTaXaßsrv Tr,v
-k iv ÜEXoTiovvr^aw , xaTs'Xaßs -TjV (xxpd::oXiv ETiatpjiOrj toütou;
äxpoTzoXiv o)i Ir.X T-jpavv(oi avtaiotai [lEv o\ -putxviE? twv vaj-
ivaCTTYjoaVTEi; Bs aOxoli; ol twv '.\0r)- xpaocüv,
vaicov £;:iT£Tpap.jiEvot xrjv ^uXaxjjv . . .
Herodot's Biographie. 39/)
Autors, soweit sie hellenische Geschichte betrafen, beurtheilt
und verurtheilt , aber auch was er von der Vergang^enheit
Es ist nnuiiigänj2^1ich nöthig anzunehmen, Tlnikydides habe Herodot vor
sich liegen gehabt; wenn seine Darstellung also abweicht, so hat er ab-
sichtlich corrigirt. Es heisst aber Thukydides für sehr thöricht halten,
wenn man wie G. Gilbert (Fleckeis. Jahrb. Bd. 111, S. 10) gegen Wecklein
(Sitüungsber. der Münchner Akad. phil.-hist. Klasse 1873) behauptet,
Thukydides wolle an dieser Stelle sagen, es habe keine Prytanen der
Naukraren gegeben; dies schlagendste Argument hätte sich der Autor,
der hier berichtigen will, gewiss nicht vorenthalten. Ebenso muss Herodot
an dieser Stelle um des Schlusssatzes willen: -auTa r.po x^c IT^'.a'.aTpäTou
r^Af/.frj; iyEvsro sich vorwerfen lassen, diese Zeitbestimmung mit besonders
parteiischen Absichten gewählt zu haben, während doch nichts nälier
lag, als den Versuch Kylon's die Tyrannis zu gewinnen, vor der T3-rannis
der Peisistratiden liegend zu bezeichnen. Damit fallen aber auch
die weiteren Schlussfolgerungcn vind angeblichen Bestätigungen von
Kirchhoff's Ansicht über die Abfassungszeit des fünften Buches.
Die Auffassung des Charakters des Themistokles bei Thukydides
und Herodot ist eine gleichfalls abweichende, und man wird, da wir noch
anderweitig die Polemik des ersteren Schriftstellers feststellen können,
mit Wilamowitz (a. a. O. S. 364) annehmen dürfen, er habe I. 188
oixs(a yap ?uv£ci£t xal oute -po(xaO(ov sc auT/jV oOSsv ojt'' STitjAafJwv twv te
-a.payp7]^ai oC EÄaytjTr,; ßouAfj; xpaTtaro? yvoj^jiwv xai twv [ieX^ovicuv inX
-XciGzo^ TOJ YEvr,aoixE'vou äptaro; v./.xaxr^i . . . Verwahrung einlegen wollen
gegen die Anekdote bei Herodot VIII. 58, Themistokles habe auf des
Mnesiphilos Rath den Eurybiades zum Ausharren bei Salamis vermocht:
EvOaüta ö 0£[j.iaTOxX^r]; 7:aotl^o[jL£vo; o'. xaTa^syEt ixsTva te -xmx, xot »jxouaE
^lvr,ar^iXou, Icjutoü -oieujjlevoi; xa\ «XXa :xoXXa TzpocsxiQzii . . .
Eine Stelle bei Thukydides, wo abermals ganz ausdrücklich auf
Herodot Beziig genommen wii'd, allerdings nicht mehr in der Pentekon-
taetie, ist II. 8. Wenn es hier heisst: £Tt 0£ A^Xo? ixiv/jÖr, oXt'yov rpo
TO-jTdJv (d. Anfange des pelop. Krieges) j;poT£pov oUtco) aEiaÖEtaa, as"
oij "KXXr,vEC aE'avr,vTa'. * eXe'yeto oe xai egoxe; z~\ toX^ aE'XXouat jEvr^aEiOat
ar,a^vai, so liegt in diesen Worten die Absicht, die Behauptung in Abrede
zu stellen, es habe früher schon auf Delos ein Erdbeben stattgefunden.
Dieselbe spricht aber Herodot VI. 98 aus, Datis kam auf die Insel: ixETa
Oc TOÜTOV EVÖEUTEV E^ava/ÖEvxa AtjXo; ixivr/örj, w; eXe-j-ov AtjX'.o;, xai Trpw-a
xa\ 'ja-axa \i.i/ p <. £[j.eu OE'.aÖEtaa. Die richtige Erklärung für den
Gegensatz der beiden Autoren hat vielleicht Stein in der Anmerkung
zu der Stelle, der das Ereigniss in der Mitte zwischen 490 und 4.S1
eintreten lässt, oder aber beide Autoren geben entgegengesetzte Meinun-
gen von Deliern selbst wieder.
Auch die Ditierenzen zwischen Thukydides I. "20 besonders VI. 54
und Herodot V. 55 — 59, betreffend die Peisistratiden — Thukydides stellt
selbst die Geschlechtsverwandtschaft der Mörder Hipparch's, die bei
394
Bauer.
des Orientes auf Grund seiner Reisen und Forschungen er-
kundet hcatte, erfuhr lebhafte Ane^riffe und ward in den Auffen
des Publikums discreditirt. Ktesias ' von Knidos bezeichnete
ihn als schlecht unterrichtet in der Geschichte des Kyros,
Kambyses, Dareios und Xerxes, und erzählte dieselbe g-anz
abM-eichend. Für das grosse Publikum der spätem Zeit wurde
unser Autor ersetzt und überflüssig gemacht durch Ephoros,
Herodot als ursprünglich phoinikische Gephyraier ersclieinen, in Abrede,
indem er Aristogeiton nur als [j-ejo; -oXiTr,; gelten lässt — gehen zum
Theil auf dasselbe Bestreben des ersteren zurück, wenn auch Thuky-
dides grundsätzlich (VI. 54, 5) ein Verehrer der Peisistratiden ist; kurz,
man sieht, Herodot existirt für die Generation des peloponnesischen
Krieges nur mehr um bekrittelt und widerlegt zu werden. Besonders
characteristisch für Thukydides Urtheil über Herodot ist I. 20. Wie Herodot
VI. ä? sich die Abstimmung der Geronten als Stellvertreter der Könige
dachte, ist schwer zu erkennen, gegen mögliche Missverständnisse richtet
sicli Tliukydides: r.olla. ol /.al «XXa hi y.a\ vuv ovia xai ou ypö'/w a[AV7jaxou|jiEva
y.ai 0'. aXXoi "hXXrjvs; oux. opOw? o'iovcai, war.zp tou? te Aa/Ccoaifj-oviou;
ßaatXs'a? ^r, [j.ia <lrffi,i ;:poaT(0£<TOai ixatspov äXXa ouotv, xai löv ITtTaväir,v
Xo/ov xjToti; sTvai, de, ouS' iye'vsTO tjiütiote- outw; a-aXa{;ctopo; rot? roXXoi";
h CJl^rjui; T^? aXrjÖEi'a; zai z-\ za. iTot[j.a jj.aXXov ■rp£x:ovTai. Die
Existenz eines Xo'/o; ntiavaTr;; liatte aber Herodot für die Zeit der Schlacht
von Plataiai in der That beliauptet IX. 53. Und wenn Thukydides I. 21
sagt, er wolle nicht schreiben: oute w; -oirjta'. jp/jzaai . . . o'jte fo;
Xoyoypa-foi ^uvsösgav, so ist damit die Perseis des Choirilos einerseits und
des Herodot Werk andrerseits gemeint, von welchem letzteren der meiner
Ansicht von dessen Entstehung ganz entsprechende Ausdruck EuvTt'ÖEaOai
gebraucht ist. Wenn dann I. 22 dem /.Trjij.a ei; äst ein aycüvia[j.a s; -b
rapa/p^jia ä/.ouEtv gegenüber steht, so ist damit der Vortrag des Choi-
rilos an den Panathenäen weiter bezeugt (Hesych. fr. 7. No. 75 Müller
IV. 177. a, Suid. s. v. Choirilos ed. Rernh. II. 2. p. 1691) und es ist
gestattet, da die friihei-e Distinction zwischen Dichtern und Logographen
nicht beibehalten wird, auch an Herodot's Vorlesungen zu denken, zumal
Thuk. kurz vorher sagt, dass seine Arbeit wegen Mangels an mythischen
Geschichtt'hen weniger erfreulich zum Anhören (ei; äxpoaaiv) sei. Dem-
nach kann man gespannt sein, wie Ch. Rose seinem Versprechen (Neue
Jahrb. f. Phil. Rd. 115, S. 268) gemäss, die.se Thatsachen entkräften und
zeigen wird, Thukydides habe keinen geschriebenen Herodot benützt.
' Photios bibl. cod. 72 ed. Bekker, p. .35 (K-rrjafa;) oi^^Etai ra rspt Kupou xai
K«[jLßü<Tou xat Tou [layou AapEi'ou te /.»: roü Z.ip'zo'j, jyEobv Iv a'jiaaiv avTixsi-
[XEva 'llpoooTd) taropwv, äXXa /ai 'Iz-jirr^v auibv uKeXiy/u)^ iv roXXot? x«\
Xoyo-oibv 3(-o/.aX(üv. Vgl. Diod. bibl. IL 15. 1 Kirjata; i5' 6 Kvi'Sio; ä-o^ai-
vöfAEvoi; TouTov ('IFpoooTov) a/EOta^Eiv, aurd; ^rjat ....
Herodot's Biographie. OVO
der ihn zwar ausg-iebio- benützte, ' aber die Nachrichten des-
selben dem phrasenbedürftigen Publikum nach allen Regeln
der Rhetoren zurecht zu machen wusste; daran musste man
eben bis zum Ueberdruss genug haben, bis man die Reize des
naiven Erzählers selber wieder zu würdigen vermochte.
So darf es uns nicht wundern, wenn über den Verfasser
eines solchen Werkes die eigenen Zeitgenossen und die un-
mittelbar folgende Generation nichts berichten,, in der Thätig-
keit des Tages aufgehend , so dass sie nicht einmal zur Auf-
zeichnung der wichtigen politischen Ereignisse Zeit fanden.
Von den Späteren, denen das Zutrauen zu des Autors Glaub-
würdigkeit genommen war, ist dies um so weniger zu erwarten.
Dies konnte freilich nur so lange angehen, als man nicht be-
gann an der Vergangenheit ein rein gelehrtes Interesse zu
haben, was in der That erst dann geschieht, wenn die Gegen-
wart hervorragenden Talenten nichts mehr zu geistiger Erhe-
bung bieten kann. So ist denn auch in unserem Falle Herodot's
nicht gedacht worden bis zur Zeit des Unterganges der
griechischen Weltmonarchie , und zwar vornehmlich , bis in
Alexandreia die Gelehrsamkeit sich aufthat, der wir für die
Kenntniss griechischer Vergangenheit so Ausserordentliches
verdanken. Damals ist aber, da die Ueberlieferung, wie wir
sahen , nur sehr dürftig sein konnte , das Verlangen gefühlt
worden die Lückenhaftigkeit der Nachrichten über Schriftsteller
zu ergänzen, an deren echter, alter Biederkeit die vom Ge-
lehrteneifer erfüllten Generationen sich erfreuten , welche sie
eben deshalb wieder hervorgesucht hatten. Dies geschah im
guten und schlimmen Sinne, je nach dem historischen Gewissen
derer, die an diese Frage herantraten. Erwägt man noch,
dass diese Resultate der Studien der Alexandriner noch man-
cherlei Umwandlungen durchzumachen hatten, bis sie in unsere
Hände gelangten, so ist nur das eine zu verwundern, dass man
im allgemeinen in den meisten Stücken diese Nachrichten ge-
glaubt hat, während man doch ihrer Genesis nur nachzugehen
' Auch Kirchhoff im ITermes Bd. XI, der delische Rund etc. F5. 6, hat die-
selbe Ansiclit ansgesprodien; deren Richtigkeit bestätigt eine Unter-
suchung des Verhältnisses von Ephoros zu Herodot, die der Verfasser
au anderem Orte zu führen gedenkt.
396
Bauer.
braucht, nni das Wahre vom Falschen zu sondern. Dieser
Versuch soll im Folgenden gemacht werden und zwar selbst
auf die Gefahr hin , dass nur eine geringe Anzahl von Nach-
richten die Untersuchung aushalten sollte, da es doch besser
ist, Weniges sicher als viel Unsicheres über eine Persönlichkeit
wie Herodot zu wissen.
Was man über unseren Autor von Thukydides an bis in's
dritte Jahrhundert gewusst hat, kann nach dem oben Gesagten
nicht viel gewesen sein, gleichwohl lässt sich ein Theil dieser
Kenntniss aus der Menge des Ueberliefei-ten , wie ich glaube,
ganz sicher erkennen. Dass man Falsches und Unrichtiges für
richtig hielt, und dass dies einer dem anderen nachschrieb,
darf uns bei Herodot's Verschollensein nicht wundern. So hielt
man Herodot zu Alexander des Grossen Zeit für einen Thurier
und nicht für einen Halikarnassier. Diese Ansicht muss so
bestimmt aufgetreten sein, dass auch die einleitenden Worte
PTerodot's demgemäss umgestaltet wurden ; so las Aristoteles in
seinem Handexemplar das Proömium : 'HpcB5-ou ösupioj v-s' IcTsp-r,;
a-sos^'.^, denn so citirt er die Anfangsworte in der Rhetorik
(ni. 9. ed. Ber. p. 1409. a). Wenn man daran Anstoss nehmen
sollte , dass Aristoteles nicht gewusst habe , Herodot sei in
Halikarnass geboren , so ist die Art und Weise, in der er
unseres Autors sonst gedenkt, durchaus geeignet diesen Zweifel
zu benehmen. Er kennt Herodot überhaupt nur für ganz wenige
naturgeschichtliche Angaben, in denen er demselben auch gar
keinen Glauben beimisst, ' er nennt ihn desshalb [xjOjXoyo^^ und
wenn er auch auf Ktesias nicht gut zu sprechen ist,^ so beweist
die Anführung des Letzteren im Zusammenhange mit Herodot
doch nur, dass seine Polemik mindestens in sofern von Erfolg
gekrönt war, als man von Herodot's Angaben nicht mehr
sprechen konnte, ohne auf dieselbe einzugehen.' Die fjibel-
hafte Naturgeschichte rechnet also Herodot allerdings zu ihren
1 rispi Ta (^(oa laTop'.öJv. !^. 31. ed. Ber. p. 579. b. 2, oder aber er benutzt
ihn ohne ihn zu nennen, vgl. Her. IV. 129. 28 und Ar. r. xa I^tüa laT.
6. 25 p. 605. a. 21, ::. ^wwv ysvs'a. ß. 8. p. 748 a. 22.
2 Tispi ?(i)wv YEVEasüj; p. 756. b. fi.
3 Depi Ta ^w« iCTTopidiv. ß. 1. p. 501 a. 25, ibid. 0. 28. p. (506 a. 8.
* Us.p\ ^wwv Y^vEaew; ß. 2. p. 736 a. 2 und r.E.p\ tot ^wa laroptüiv y. 22.
p. 523 a. 26.
Herodot's Biographie. 397
Quellen und Spätere möo-en immerliin auch ihm für die Ge-
schichte des Orientes manche Nachriclit entnommen haben,
aber »das blosse Citat des Anfans^es des Proömiums als ein
Beispiel, der alten v.poiJ.vrr, As^'.; in der Rhetorik kann doch
unmöglich beweisend sein für die Ansicht ^Herodot sei noch
für Aristoteles der Typus des Historikers', und einen anderen
Grund für diesen Ausspruch von Wilamowitz ' wüsste ich nicht.
Freilich ist man sich über die Bezeichnung- Herodot's als
Thurier nicht vollständig; klar g-eworden, man dachte eben,
das sei irgend ein Beiname oder unser Autor selber habe in
der That so geschiieben^ um sich als Bürger dieser athenischen
Kolonie zu bezeichnen , man vergass dabei auf die sonst mit
Recht hervora^ehobenen Sympathien für Halikarnass, und auf die
Analogie mit anderen Schriftstellern; so nannte sich Hekataios
einen Milesier^ und Thukydides einen Athener.'^ Wenn aber
schon das Citat bei Aristoteles allein dies nicht zulässt, so
kommt dazu, dass auch Duris von Samos Herodot als einen
Thurier bezeichnet, und zwar ausdrücklich Thurioi als Ge-
burtsstätte im Auge hat. Suidas-* citirt nach demselben in
der Biographie des Panyasis , den er einen Halikarnassier
nennt, fügt jedoch hinzu, Duris mache denselben zu einem
Samier, wie er denn auch Herodot einen Thurier nenne. Man
sieht also diese Ansicht von der Herkunft Herodot's war min-
destens in der aristotelischen Schule, der Duris durch seinen
Lehrei- Theophrast angehörte, ganz gang und gäbe. Dieselbe
muss aber eine ziemlich unumstössliche Geltung gehabt haben,
da Duris, der nicht Anstand nahm, den epischen Dichter von
Halikarnass aus Localpatriotismus zu einem Samier zu machen,
ein Gleiches bei Herodot nicht zu thun wagte, sondern der
Vulgata folgend ihn eben einen Thurier nannte.
Ein ähnlicher Localpatriotismus hat es bewirkt, dass die
schriftstellerische Thätigkeit und mehr als diese bei einer An-
' a. H. O. S. 33H, Anm. 13.
2 Frgra. 332 bei MüUor Frgm. bist. gr. I. p. 25. b.
3 Thukyd. I. 1.
* Suidae. lexic. s. v. rTavüaat; ed. Rernbardy vol. II. 2, p. 57. ITaviaai;,
IloXuap/ou , '.VXizapvaaasüc, "ipatoa/.o-o; zai zoirjTT,; in(jy/ ' oi; aßsdOsTaav,
TTjv :;otT)Tr/.r)v snav/jyays. Aoupt; ok AtoxXsou; Tt T.oiirJx ävs'ypaJie xat X(X[x'.ov *
0(101(1); o£ xai 'Hpdooxov Ooip'. ov.
Sitzungsber. d. phil.-hist. Gl. LXXXIX. Bd. I. Htt. 28
398 Bauer.
zahl griechischer Autoren nach Unteritalien und Sicilicu verlegt
ward. Dies geschah auch bei Thukydides und für diese Fäl-
schung ist Timaios von Wilamowitz ' verantwortlich gemacht
worden. In dem Leben des Thukydides von Markellinos -
heisst es c. 25: [xy; yap oyj 7U£;6(b[;,£0a Tqj.ai'w X^y^vn to; c/uyiov urA-qoEV
ev 'ItaXia und c. 33: xh c' sv 'haXia Ti|j,a;ov aüibv -/.a; jTaaojc XsY^tv
•/.stcOai [KT, y.at c^oopa y.aTaYe^vacTbv ^. Die Stellen an und für
sich berechtigen nicht zu der Annahme , Timaios sei der Er-
finder dieser Nachricht; für Herodot's Thätigkeit in Unter-
italien und dessen Tod daselbst ist er mindestens nicht der
erste Gewährsmann^ sondern folgte darin, falls er dies berich-
tete, einer altern Vorlage, da diese Behauptung zu Aristoteles
Zeit schon die Form angenommen hatte, Herodot sei ein Thurier
gewesen. Obwohl aber nicht einmal bezeugt ist, dass Timaios
für Herodot des gleichen Fehlers schuldig ist, so meint Wila-
mowitz doch noch weiter gehen zu können , und er vermuthet
Timaios habe von einem Grabe des Thukydides, wo möglich
neben dem Herodot's gesprochen ; dies ist ein Gedanke ex
apparatu auctoris, der in das Capitel von der mit Recht ge-
schmähten combinatorischen Kritik gehört.
Die Ueberlieferung der späteren Zeit liegt uns bei ver-
schiedenen Autoren vor; daran aber zweifelt Niemand mehr,
dass Herodot halikarnassischer Herkunft war, das rauss also
festgestellt und untersucht worden sein , so dass es zur allge-
meinen Geltung kam. Als man Herodot's Werke wieder hervor-
suchte, hat man natürlich auch mit deren Text sich beschäftigt.
Zweierlei von dieser Thätigkeit der Alexandriner können wir
noch erkennen: die schöne Eintheilung in neun Bücher, die
so geschickt gemacht ist, dass einige mit dem Nachsatze einer
mit [j-sv und oi verbundenen Periode beginnen , deren erster
Theil mit [xev den Schluss des vorhergehenden Buches bildet;
die Abschnitte sind durchaus äusserlich gewählt.'^ Aber auch
das 'HpoGCTCu 0cup(ou -J^B' IcTopiY)? «-öcs^'.c wurde beseitigt und an
dessen Stelle lesen wir in unserem Texte gewiss richtig : 'Flpoodtoj
1 a. a. O. S. .S29.
^ S. 188 — 190 des Abdrudcps in der Kriig'ci'sclicn Tlinkydides-Ansgfabe.
3 Vgl. darüber Ansführliclieros in des Verfassers Schrift: Die Entstehung
des herodotischen Geschichtswerkes. Wieu, Brauinüller 1878.
llerodot's Biographie. 399
'AXaapvr^ccio? Izicpir^q ocr^öoe^tq r,ce. Noch ist der Grund erhalten
der von gelehrter Seite für Beseitigung der obigen Leseart
geltend gemacht wurde. Noch zu Plutarchs Zeit ' war sie er-
halten, aber man hielt sie für falsch. In der Schrift über die
Verbannung 2 sagt dieser Autor: viele schrieben anstatt 'HpooÖTOu
"AXty.apvaacswc tciopi-/;^ a-öosHi; r,^e — 'HpooÖTOu Goupt'ou, denn er
habe an der Kolonie nach Thurioi theilgcnommen. Derselbe
Plutarch •' berichtet in der Schrift von des Herodot Bosheit,
unser Autor hätte es gar nicht nöthig gehabt über die Hellenen,
die es mit dem Perserkönige hielten, so herzufallen, da er doch
von den Uebrigen zwar für einen Thurier gehalten werde, selbst
aber Vorliebe für Halikarnass habe, das, obwohl dorisch, doch
unter Artemisia mit Xerxes gegen Hellas zu Felde gezogen
sei. Dieselbe Argumentation wie an der ersten Plutarch-
stelle kehrt wieder bei Strabo;"* wenn dieser Gewährsmann
sagt, man habe ihn später einen Thurier genannt, so zweifle
ich, dass er dabei wusste , dass schon Aristoteles und Duris
dies thaten, er konnte sich eben diese nach seiner Ansicht
unrichtige Nachricht nicht so früh entstanden denken, wie ich
' Wenn noch Julian in dem Briefe , den Suid. s. v. 'Hpo'ooxoi; aufljewahrt
hat, von dem Qo'jp'.o^ Xoyo-oid; spricht, so beweist dies eben für den
Gang unserer Untersuchung, dass der Irrthum noch lange nacliwirkte.
2 Plut. de exil. ed. Wyttenbach vol. III. 1. p. 378 [ieTwxr)a£ yap et; 0oup''ou;
xal TTJ? otTTor/Iai; izsi'vr); [j.eT^(jj(£.
3 Plut. de malign. Her. c. 3.5. ed Wyttenb. vol. IV. 1. p. 408 "Eost jjlev
ouv [irjok Tot; [iTjöfaaatv 'F,),Xr5vojv ayav £7:£[J.ßa{v£tv, xai tauta Houpiov [xkv
U7:ö Twv aXXwv vo(j.tuO[X£vov, auxov 0£ 'AXr/.apvaaaEwv 7:£pt£/d[ji£vov, o" Ati)pi£t5
ovt£; [lETOt TTJ; yuvai/.wvdwo; £7:1 Tou; "EXXrjva; £aTpaT£uaav. Es bleibt mir
unverständlich, wie G. Rawlinson: Hi.story of Herodotos 2. ed. London
1862 introd. essay p. .S zwischen den beiden Angaben Plutarchs einen
Gegensatz herausfinden kann, dahin gehend, der Verfasser der Schrift
V. d. Herod. Bosheit (Rawlinson hält sie wohl dieses vermeintlichen
Gegensatzes wegen für pseudoplutarcheisch) wolle hier Herodot als einen
Tliurier bezeichnen. Dass übrigens diese Schrift Plutarch zugehört, hat
G. Lahmeier: De libelli Plutarchei, qui de malign. Herod. inscribitur et
auctoritate et auetore. Göttingen 1848, längst gezeigt.
■» Strabo, p. 6.50 1. XIV. c. 2 ed. Kramer vol. HI. p. l.'il avop£; 0£ yv[6-
vaaiv iE aui^; ('AXr/.apvaaaou) 'lIpdooTo; t£ 6 ctuyyP*9="J?) o'' üaT£pov ©oüptov
£xäX£aav oia to xoivcüv^aat x^; £?; 0oupfou; «7:01/1«;.
28*
400 Raüci-.
dies <ijezelg-t zu haben glaube. Bei allen anderen Schriftstellern '
erscheint lierodot nur mehr als Halikarnassier.
Diese Betrachtung- ist nun aber auch von grosster Wichtig-
keit für die Beurtheilung der Nachrichten von Herodot's Lebens-
schicksalen überhaupt. Wir lesen nämlich jetzt bei Suidas ^ am
ausführlichsten etwa Folgendes. Herodot sei der Sohn des Lyxes
und der Dryo gewesen, vornehmer Leute in Halikarnass, habe
einen Bruder Theodoros gehabt, und sei mit dem epischen
Dichter Pauyasis verwandt gewesen. Wie, das weiss freilich
des Suidas trefflicher Gewährsmann nicht genau; Lyxes, des
Herodot Vater und der des Panyasis, Polyarchos, sollen Brüder
gewesen sein, dies ist die eine Version ; nach der anderen sei
Rhoio (man kann gerne zugeben, dass Dryo und Rhoio der-
selbe Name sein soll), des Hei-odot Mutter, die Schwester des
Panyasis gewesen.
Da man hier den Grund einer Erfindung nicht gut ein-
sah, so hat man dies geglaubt und mehr als das, man hat
dieser Verwandtschaft auch auf geistigem Gebiete nachgespürt
und sie da natürlich bestätigt gefunden. So Scholl ^ und die
ihm folgten. Diese Nachrichten erweisen sich zunächst als
spät entstanden, weil sie von der allerdings richtigen aber nicht
ursprünglichen Voraussetzung ausgehen, Herodot sei ein Hali-
karnassier gewesen. Das war es aber eben : 'Hpccsro; 'AXiy.ap-
vaccsu? war für einen w^ieder hervorgesuchten, nun bewunderten
und bald vielberühmten Schriftsteller zu erbärmlich, und da
1 Luciani de domo c. 20. vol. VIII. p. 107 ed. Bipont, Herod. siv. Aetion
c. 1. vol. IV. p. 116, Dionys. Halio. jnd. de Time: 6 o' 'AXi/.ocpva(j(j$u;
'llpoooTo; S. 820 ed. Reiske Leipz. 1774, Plutarch und Rtrabon
vergl. die drei vorliergehenden Anmerkungen. Stephanus Byz. vergl. unten,
von Späteren wie Ptolemaios Cliennoa bei Photios bibl. 148 b ed. Bekker
oder Suidas s. v. nmss abgeseben werden.
' Snid. lex. s. v. 'MpoöoTo; ed. Bernb. II. 2. p. 893 und id. a. v. rTaviiaui^
a. a. O.
3 Scholl: Herodots Entwicklung zu seinem Beruf, Pbilnlog. Bd. X. 1855
S. 25 f. Modifieirt ist dessen Ansicht von den chresmologischen Ge-
dichten als Vorlagen Herodot'.s für einen guten Theil seiner Darstellung
von Fr. Benedikt: de oraculis ab Herodoto commeinoratis Bonn 1871.
Ebenso Wecklein: Tradition der Perserkriege. Sitzungsber. d. Münchn.
Akad. 1876.
Herodot's Biograjihie. 401
ward er denn schnell mit der guten Gesellschaft seiner ihm
zurückgegebenen Vaterstadt in verwandtschaftliche Beziehung
gebracht. Der Charakter der Ueberlieferung zeigt noch deut-
lich die Mache, trotzdem ist sie, soviel ich sehe, nur von
G. Rawlinson (a. a. O. intr. essay. p. 4) verworfen worden.
Es konnte dies auf zwei Arten geschehen, da jeder Mensch
einen Vater und eine Mutter hat, durch den ersteren oder die
letztere; es ist bezeichnend genug, dass man, um die Ver-
wandtschaft mit Panyasis zu statuiren, beides versuchte. Die
Namen wusste auch Niemand sicher, Herodot's Vater heisst
auch ausser Lyxes, Xylos oder Oxylos. ' Schon früher ver-
muthlich als im vierten nachchristlichen Jahrhunderte, konnte
mau, wie damals Themistios, - darauf rechnen verstanden zu
werden, wenn man von dem Sohne des Lyxes sprach, zumal
Lukianos ^ bereits diese Namensform kennt , und auch die
ürabschrift ' Herodot's , die das Gepräge gelehrter Erfindung
an dei- Stirne trägt, dem Vater Herodot's diesen Namen gibt.
Es ist bezeichnend genug, dass Duris von dieser Verwandt-
schaft nichts wusste, er nannte (a. a. O. bei Suidas) den Vater
des Panyasis Diokles und machte ihn zu einem Samiei",
Herodot aber zu einem Thurier; dies Citat des Suidas kann
nur besagen, dass Duris von der bei ihm auseinandergesetzten
Beziehung Beider nichts berichtete. Durch die Verbindung
unseres Autors mit Panyasis hatte man aber eben das Rich-
tige getroffen, um auch von desselben politischer Thätigkeit
etwas berichten zu können und so die mangelhafte Kenntniss
über sein Leben zu ergänzen. Der Charakter des Unsicheren,
der mich veranlasste, die verwandtschaftliche Beziehung als
eine spätere Erlindung zu bezeichnen, kennzeichnet auch die
Nachrichten über Panyasis und die über diesen Mann erhalte-
nen Notizen beweisen uns, wie sehr die gelehrten Alexandriner
' Vergl. Stein Herodotos, Berlin 1877, 4. Aufl. S. VI Anm. 5 d. Einleitung.
2 Themistios II. 27 ed. Diudorf e[J.o\ ol r.sp\ Ocwv £yaTO[j.a xsfaOw • xara röv
Aü^oj. Vergl. Her. II. 171.
3 Luc. de domo. c. 20. vol. VIII. p. 107 ed. Hipout.
* Stephan. Byz. a. v. öoup-.oi ed. Westermanii p. 139, darnach von Musurus
in das Scholion zu Aristoph. nub. 332 gebracht. Vergl. Dübner Schol.
in Aristoph. adnotat. p. 429 a.
402 Bauer.
im Finsteren zu suchen genöthigt waren, als sie Herodot's
und Panyasis Schicksale vei'knüpften. Wann Panyasis eigent-
lich gelebt hatte, das wussten des Suidas ' Quellen nicht genau:
er gibt uns zwei Ansätze, die er eben vorfand, nach dem einen
ist seine Blüthe (so fasst mindestens, wie ich glaube richtig,
Clinton und nach ihm Krüger in den fasti Hellenici das ys^ovs
des Suidas) auf Ol. 78 bestimmt, nach anderen Angaben soll
dies viel früher gewesen sein, und dies ist auch des Eusebios,'^
also auch Apollodors Ansicht, der bereits Ol. 72. 4 dessen
Akme setzt. • Suidas selber sagt : y.al -{xp i^v i-\ iwv Ilspc'.y.tiüv,
womit die Schwierigkeit nicht gelöst wird, das ist so, wie wenn
wir sagen : auf alle Fälle lebte er zur Zeit der Perserkriege,
also wird's schon richtig sein, dass er mit Herodot das gleiche
Schicksal theilte von Lygdamis vertrieben zu werden und im
Kampfe gegen diesen getödtet ward. Daher erzählt uns dann
Suidas -^ auch von Letzterem, er habe vor Lygdamis flüchten
müssen, sei nach Samos gegangen und habe dann von da
zurückkehrend den Tyrannen von Halikarnass vertrieben; war
Herodot einmal in der Familie, so ist doch nichts selbstver-
ständlicher, als dass er dann zum Rächer des Oheims wird.
Für Panyasis mag dies ja immerhin richtig sein, aber wie
unbegründet diese Behauptung für Herodot ist, soll gleich ge-
zeigt werden.
Man hat sich nun bemüht, zwischen dieser Erzählung und
dem bekannten Gange der Geschichte des Perserreiches und
der kleinasiatischen Griechen in ihren wechselseitigen Bezie-
hungen die nöthige Uebereinstimmung herzustellen. Es war
freilich ziemlich unbequem. Lygdamis war, wie die Quelle
des Suidas ' berichtet, der wir den Roman über Herodot ver-
' Suidae lexic. s. v. Pauyasis: 6 ot Ilavjaai; yc'yovi xara Tf,v or^ oX'j[i.7:iäöa •
/caTa 0^ Tiv«? 7:oXXfjj TipsdßÜTcpoi; • v.aX yäp r,v iret -wv üepaiy.wv.
2 Eusebi chron. ed. Schöne vol. II. p. 102, 103.
3 Suid. lex. s. v. Herodotos ed. Bernh. vol. I. 2 p. 893 [Xcifdir, 8' ('Hpo-
OOTO?) £v i^ajj.0) otä Aüyoaiitv iXOtov oe £?; 'AXtxapvaacröv, xai tov
xüppavov E^cXacaac sreiOT) üaiEpov eiSev Eauiov '^Oovoijjaevov \jko xwv -oXitwv,
£15 TÖ 0ojp'.ov a-01/.'.^diJ.Evov \)t:o "'AOrjvaitov eOeXovttj? ^XOe.
* ibid. [XET^arr) .... 8ia AuySajxiv xöv oItio 'ApTE[j.i<itas xpäov xüppavov yevo-
(J.EVOV 'AXixapvaaaou. ll'.otvSrjXt; yap ^v ulö? 'ApT£[jLi<j{a;, xoD ok IliatvörJX-.oo;
Ajy3a[j.i?.
Herodofs Biographie. 40d
danken, der dritte Nachkomme der Artemisia, deren Sohn
Pisindelis hiess. ^ Dieser Sohn war, wie wir aus Herodot -
erfahren, als Xerxes gegen Hellas zog, noch nicht alt genug,
um regieren zu köunen, weshalb seine Mutter nach dem Tode
ihres Gemahles ein vormuudschaftliches Regiment besass. Ol.
81. 3 = 454: jedoch zinst Halikaruass au Athen,^ und zwar
bereits selbständig, der Tyrann Lygdamis muss also schon
vertrieben gewesen sein. Da wir über die zwischenliegenden
Ereignisse nichts wissen, so ist es immerhin möglich, dass der
Zeitraum ausgefüllt sein kann durch das Ende der Regierung
der Grossmutter, die des Vaters und des Lygdamis selbst; der
Letztere müsste nach der einmal gegebenen Ueberlieferung
freilich doch auch längere Zeit geherrscht haben, da Herodot
erst später nach einem gescheiterten Versuche der Demokraten
wieder in Halikaruass erschienen sein soll. Ich denke, wenn
Pisindelis im Jahre der Schlacht vou Salamis noch ein vsaviaq
war, der eine Vormundschaft brauchte, so ist mit den grösst-
möglichen Concessionen nur denkbar, dass Lygdamis sehr
kurze Zeit geherrscht habe, und es bleibt die grosse Schwierig-
keit sich den ganzen Streit mit der demokratischen Partei in
einer so kurzen Zeit abgespielt zu denken.
Die ganze Ueberlieferung verdient aber gar nicht das ihr
geschenkte Vertrauen, und es muss die ihr soeben zur Noth
zugestandene Möglichkeit durch folgende Erwägung vielmehr mit
als ein Argument gegen ihre Zuverlässigkeit erscheinen. Sie
steht nämlich mit den bestbeglaubigten Nachrichten aus Hero-
dofs Leben in unheilbarem AViderspruch. Herodot, besagt sie,^
sah sich nachdem er den Tyrannen vertrieben hatte, später
von den Bürgern beneidet und gieng freiwillig nach Thurioi,
das die Athener gründeten.
' Bei Phitarch de Herod. mal. 43 ed. Wytteub. IV. 1 Ö. 509 heisst er
Pigres ; das spricht nicht gerade für eine gute Tradition.
2 Herodot VII. 99 Twv [j.£v vuv ä/.Äojv oO ::asa[xsjj.vri[xa'. 'ApTEfitatri;
0£ f;-i? a-oOavdv-oc toj ocvSpb; auTT^ ts i'/oucra Tr,v •:upavv{oa zai
-aiobi; uTzapyovToi; v£r,v(£w .... iaTpaTSuETO ....
3 C. J. A. V. I. p. 96. Nr. 226.
^ Vgl. S. 402 Anm. 1.
404 Bauer.
Herodot las 445/4 in Athen vor, und von 444/3 ab giengen
Ansiedler nach Thurioi, es ist gar nicht anders möglich, als
dass Herodot eben von Athen aus an der Colonie theilnahm.
Es wird doch Niemand glauben wollen, er habe sich noch
einmal nach llalikarnass begeben, nachdem er in Athen so
gefeiert worden war; denn man könnte, falls er dies wirklich
gethan hätte, nicht einsehen, warum er beneidet wurde; die
Quelle des Suidas wusste von der Vorlesung in Athen gar
nichts, war also schlecht unterrichtet und wir haben keinen
Grund, ihr dies damit im Zusammenhang Berichtete abzunehmen.
Man hatte sich den Gang der Ereignisse so zurecht gelegt,
dass man sich Herodot als den Repräsentanten der Gegner des
Lygdaniis dachte, ihm eine bedeutende politische Rolle zuwies,
und ihn um dieser seiner Verdienste willen beneidet sein liess.
Später als Stephanos von Byzanz ' kann die Erfindung nicht
sein (und das ist doch spät genug), da dieser bereits in der
Lage war eine Grabschrift, die von den Studien über Herodot's
Dialect Zeugniss gibt, zu benützen. Da nun diese Grabschrift
dasselbe Motiv für unseres Autors Auswanderung nach Unter-
italien nennt, so ist sie sicher unecht, wenn sie auch die Ent-
stehung derartiger Nachrichten genügend cliarakterisirt. Wir
sind aber wieder in dieselbe uns schon bekannte Werkstätte
gewiesen, in der man den Bau der Herodotvita zimmerte, auf
die Studien der Alexandriner, die gerade auch in dieser sprach-
lichen Hinsicht sich äusserten, wie wir unten sehen werden
und in der Textemendatiou des Proömium bereits sahen. Einer
so unverbürgten Ueberlieferung gegenüber kann eine beiläuhge
Möglichkeit, dass unter dem Eindruck der kimonischen Siege
ein derartiger Versuch wie der angebliche Herodot's denkbar
sei, mir nie und nimmer als eine Stütze derselben erscheinen.
So . scheint mir denn auch das gewichtigste Argument für
Herodot's Antheilnahme an einem Versuche Verbannter aus
Halikarnass den Tyrannen zu vertreiben aus mehrfachen Grün-
den nicht stichhaltig. Es ist dies die Vertragsurkunde zwischen
' Stephanus Byz. s. v. Öoüpioi ed. Westerniauu p. 139.
'llpööoTov A'j:£oj y.f,'jT:zz: /.öv.: rfiz Oavdvia,
'läoo; äpy(X'.r](; \azof,ir^i, npÜTav-v,
Atüpii'wv r.ixprii ßXaa-o'vi' dtTzo • xwv ap' a;:XT)Tov
MwijLov •j;:£x;:fio:p'jycuv 0o6piov sd/^e ::äTp»)v.
Herodot's Biographie. 405
Salmakis und Halikarnass, die Newton ' in dem heutigen Budrun
entdeckte. Ich will von ihr ausgehen und zu zeigen suchen,
was dieselbe besagt, wenn man aus der Suidasüberlieterung
nichts hineinträgt. Das Denkmal ist nicht der eigentliche V^er-
trag, sondern auf diesen, der in dem Apolloheiligthum hinter-
legt war, wird an zwei Stellen - Bezug genommen. Da unsere
Urkunde Bestimmungen für die Regelung der Besitzverhältnisse
enthält, so kann sie nur als Amendement zu diesem eigent-
lichen Vertrage angesehen werden, dessen Verfügungen in der
Ausführung auf Schwierigkeiten stiessen, die eben die ange-
gebenen Aeuderungen nöthig machten. Bisher hatte nämlich
Jemand seinen Anspruch auf Land oder Häuser dadurch recht-
fertigen können , dass er unter seinem Eide sich als recht-
mässigen Besitzer angab, vorausgesetzt dass die Mnemonen von
der Gültigkeit desselben überzeugt waren. ^ Dies sollte anders
werden, auf achtzehn Monate noch von dem Erlasse unseres
Decretes sollte der alte Usus mit einer Moditication, wie gleich
ersichtlich sein wird, Geltung haben, nach deren Ablauf aber
stand dem momentanen Besitzer in Gegenwart des Anspruch-
erhebenden ein Manifestationseid vor den Richtern zu. ^ Es
folgt noch die Bestimmung, dass als Besitzer zu Rechte alle
diejenigen betrachtet werden sollen, welche Land und Häuser
inne hatten, als Apollonides und Panyames Mnemonen waren,
• Newton: Discoveries at Halicarnassos etc. plate LXXXV. Textbd. II.
S. 671. Kirc-hlioff: Studien zur Gesch. d. griech. Alphabetes 2. Aufl.
8. 4. f. Abei'mals publicirt mit Verbesserungen nach einer Revision u.
Abklatsch von Newton Transactions of the Royal Society, vol. IX. -',
p. 183. Für die zweite Auflage der Studien zur Gesch. d. griech. Alpha-
betes, Berlin 1867, benützte Kirchhoff einen Abklatsch; iu der dritten
Auflage seines Werkes, Berlin 1877, änderte er seine Auffassung mit
Ausnahme der einen unten zu erwähnenden Stelle nur unbedeutend.
- Z. 19 u. 43. Vergl. für erstere die folgende Anmerkung, die andere
Stelle lautet: ö; av Taura [-apjaßaivrj zät' ojrsp xa opy.ta £Ta[|jLov] zal w;
Ycypix:;T|a'. iv xw '.\7:o/.X[wvi]i.) sTjtxaXsTv.
3 Z. 16 'MIv o[c xt]; OAr, oiy.a?[£] cxOai rspl y^[? i^] otzfojv lT:i>'.aX[£i] tw iv
oy.x(jjy.a[ios]y.a |j.r,a\v ä-'öx[ou]|[ö] ocooc £Y3V£[xo], voji-to ok y.xzi T:[t] p vjv opy.eo
i[. . . .]y.8'.y.aaxa;, ox av ol [j.vr)jj.o[v£;j lOiWCtv touxo| y.apxEpbv sivai.
* Z. 2*2 [j^v] oi TIC, 'jaxspov iztzaXr) xou[xo'j]xoij ypovo'j xwv| öxxoj/.aiosy.a [iirijviov
opxov itvai t|w veixojjLi'vti} [xjrjv yi^v 5) xa o;z[i] a . opxov o\ T[oy;] Si/.aaxi;
' f,[j.t [rjx.xov Si^aij.[ivo'j]; . xbv 3k opzov £t [v]at 7:ap£Övxo;[xou £]v£axr)zo'xo;.
406 Bauer.
falls sie dieselben später nicht verkauft hätten. ' Dies kann
nichts anderes bezwecken als eine Annuliruug; von Amtshand-
lungen der genannten Mnemonen, die nach dem älteren Ver-
trage vorgenommen waren, zu verhindern. Der negative Theil
der Bestimumugen geht dahin, dass die Mnemonen den Mne-
monen weder Land noch Häuser übergeben sollten, während
Apollonides, dos Lygdamis Sohn, und Panyames, des KasboUios
Sohn, Mnemonen seien, und zwei andere Genannte in Salmakis
dies Amt bekleideten.- Combinirt man dies mit der oben er-
sciilossenen Formulirung des ersten Vertrages, wie man dies
rauss , so ergibt sich , dass durch unser Rechtsinstrument ein
Gerichtshof auf achtzehn Monate mit der Regelung der Besitz-
verhältnisse in derselben Weise, wie dies bisher durch die
Mnemonen geschehen war, betraut wird, der nach achtzehn
Monaten aber nach einem anderen Grundsatze zu erkennen hatte.
Diese negative Bestimmung lässt uns aber auch die Con-
trahenten des Vertrages erkennen. Z. 10. ^zt 'ATioXwIvfOiW tou
Au[YOaj[xioq [xv/][ji,ov[c] uovTOc y.a; [lla]va[j,uü) toö Kaaßw AAtoq 7.at ^[aA]|xa/.i
Tsojv jj.vy; [/<;VcuivTa)[v 'Il]p[j-((ovoc toü fi [a] vjaT'.o?. Da je zwei und
zwei dieser Mnemonen genannt sind, die beiden Letzteren aus-
drücklich für Salmakis, so sind die beiden Anderen natur-
g-emäss für Halikarnass anzunehmen. Dies bestätigt der Kopf
des Documentes in erwünschtester Weise. Z. 5 i]7:\ Ascvto^
zpuTav[£'jov]To[(; -jcj X)a-äTio; y.a[' sv] ila[A;ji.ax'!]o[i -q'j oiha.. Die
beiden genannten Gemeinwesen also sind die Parteien, dem
entspricht vollkommen, wenn in unserem Exemplar (der Fassung
für Halikarnass) in der Prohibitivbestimmung gegen Annullirung
der bisherigen Entscheidungen nur die Mnemonen von Hali-
karnass genannt sind und es in der Strafandrohung für die
zuwider Handelnden am Schlüsse nur heisst: Z. 39 (ji.r]joa[jLa-/.aOooov
[eivjai iq 'AXixapv/jcjcov, und ebenso ist es natürlich, dass bei dem
Prytanen sowohl als bei den Mnemonen von Salmakis diese
1 Z. 28 y.|apT£pou? 8s efvai yR? y-]*' olzicov oItivesItot' £T)(^ov, ots 'A[7:o]Xtüv(57);
xai riava'jjLÜrj; £(jLvrj[Ao[v£u]ov, £i [irj !5oT£po|v iztKipa<ja.'^ [rbv] vo|j.ov toutov|.
' Z. 8 jj.[vrj]ij.ova? [AT) -ap[a] 0'.8o[vai] [J.i][t£] y^v |i.r]T£ oix[(:a] xoT? fj.vrjjjL[oa]tv
£711 'A;:oÄco;vtosto tou Au[Yoä]iJ.ioc [i.vr][j.ov£ -jovto? xai [IIa]va[j.ioj toj Kaaßw X-
Xio; y.(x\ — a[X|[xaxii£'a)v av») [j.ov£uovTa)[v MjEyaeßaTEw tou 'Aj^uaaio? xa[i 'll?]p-
[Aftovo? TOU n[a]lvuaTio? .
Herodot°8 Biographie. 407
ihre Zugehörigkeit ausdrücklich vermerkt ist; für Halikarnass
brauchte man dies bei der eigenen Behörde nicht zu thun. ,
Dem gegenüber kann ich Kirchhoff' s Ansicht, Lygdamis
erscheine, wie er aus der Eingaugsformel schliesst, als Con-
trahent, unmöglich für richtig halten, mag derselbe immerhin
nachstehen und mit y.x'. den beiden Gemeinden coordinirt er-
scheinen. Die Berufung auf die Decrete von Mylasa ' scheint
mir nichts zu beweisen ; denn obwohl der zweite Mausollos
Satrap ist, beschliessen eben doch die Mylasier, und der ganze
Unterschied ist der, dass er einmal ausdrücklich als Satrap
bezeichnet ist und voransteht. Ob Lygdamis sich au der Spitze
der Urkunde mit A-r{ci[j.'.oc s^aiÖpa-euovTO? einführen musste, wage
ich nicht zu entscheiden ; aber das zeigen die angeführten
Decrete, dass trotzdem er Tyrann war, Salmakis und Hali-
karnass einen Vertrag schliessen konnten. Damit fällt aber
schon ein guter Theil der Folgerungen Kirchhoff's für die
Geschichte von Halikarnass, und man ist so noch der schlinlmen
Combination überhoben, die Kirchhoff zu macheu sich genöthigt
sah, nämlich trotzdem Suidas ausdrücklich sagt, Lygdamis sei
von Herodot vertrieben worden, anzunehmen, er sei nach der
Rückkehr dieser Schaar Verbannter irgendwie in der Herr-
schaft verblieben. Für die ganze Interpretation war Kirch-
hoff's ursprüngliche, jetzt von ihm selber aufgegebene Con-
jectur ä-' otoj y) /.aöoooq e^svexo anstatt des von Bergk- richtig
erkannten ä-' oxou 6 xooc i''(vn-:o verhängnissvoll gewesen.
Der Suidasartikel erhält also, weil die Urkunde unter des
Lygdamis Herrschaft abgefasst ist , keine Bestätigung. Aus
gleich zu erwägenden Gründen hatten Besitzstreitigkeiten
zwischen beiden Gemeinden stattgefunden , die so beigelegt
werden sollten. Und Panyasis und Herodot? Für deren Ver-
hältniss ergibt sich eben auch nichts, wir hören von einem
Panyasis in Salmakis ebenso wie von einem Lygdamis (nicht
dem Tyrannen, vielleicht aus dessen Familie) in Halikarnass.
Kirchhoff hatte gemeint in den gestörten Besitzverhältnissen
eben die Folge politischer Streitigkeiten sehen zu müssen, er
nimmt an, dass der eigentliche Vertrag Bestimmungen ent-
' C. J. G. vol. II. 2691. c. d. e.
2 Jahrb. f. kl. Phil. 1873. p. :!7. Vergl. S. 4Uö, Aum. 1.
408 Bauer.
halten habe, welche den beiden Gemeinden ihre Autonomie^ den
Anhängern des Tyrannen Amnestie zusicherten, und Lygdamis
in unserer Urkunde als Vertreter eben der Interessen dieser
seiner Partei erscheine. Der Ausdruck y.ai Ajvoai/tt; in diesem
Sinne von den autonomen Gemeinden gebraucht, erscheint mir
sehr unwahrscheinlich. Ich glaube gezeigt zu haben, dass es
eben mangelhafte Verfügungen des ersten Vertrages waren,
welche den Erlass dieses Decretes zur Folge hatten ; wie soll
man sich denken, dass diese Abhilfe geschafft wird? War bei
den Gebietsregelungen die Partei des Lygdamis im Nachtheil,
woher die neuen Concessionen an den jüngst vertriebenen
Tyrannen? Dass aber die demokratische Partei im Nachtheile
gewesen wäre, ist noch weniger einzusehen. Man müsste also
n)it Kirchhoff annehmen, dass Lygdamis sich nach der Rückkehr
jener Verbannten noch einen ziemlichen Einfluss bewahrte,
also unmöglich vertrieben worden sein kann. Unter dieser, wie
mir scheint, einzig zulässigen Voraussetzung haben wir aber
nur wieder einen Beweis mehr für die Mangelhaftigkeit unserer
Suidasüberlieferung, deren Angaben mit der Inschrift also
gewiss nicht combinirt werden dürfen, wohl aber als im Gegen-
satze zu derselben stehend zu verwerfen sind. Die Autorität
der Ueberlieferung über Herodot's Leben ist also auch eine
sehr unzuverlässige bezüglich der Geschichte von Halikarnass,
mit der sie unseren Autor, weil er eben aus dieser Stadt
stammte, in Verbinduny- zu brineen nicht Anstand nahm.
Diese Tradition erweist sich aber noch in einer Hinsicht
als beeinflusst von der gelehrten Thätigkeit der Alexandriner,
die eben, weil sie Sicheres nicht wusste, frischweg combinirte
und ricth. Nach Samos wird Herodot vertrieben und von
Samos aus vertreibt er Lygdamis. Das war der kühne Griff,
mit dem man eine Schwiei-igkeit löste, die sich in Herodot's
Leben ergab. Das wusste man recht gut, dass man in Hali-
karnass eine dorische ' Gründung zu sehen hatte; man hatte
also alles Recht, Herodot als ,A(opi£iov ßXxaTovt' äiro' zu bezeichnen;
aber nun hatte er im ionischen Dialect geschrieben Ix^oq
' Da brauchte man nur Herodot selber zu lesen: VII. 99 twv ok xai^Xs^a
::oXia)v jJYcij^veüi'.v «uir^v, to eOvo; äno^atvw zäv ebv Awpr/.ov, 'AXuapvaaas'a;
[AEV Tpoi^rjvfo'j;, zohc, ok aXXou? 'E;;ioaup{ou?.
Herndot's Biographie. 409
y.py^0Lvr,z '.zxcp'.T,c zp'Jrav.v , den musste er doch irgendwo gelernt
haben; er fand also auf Samos eine zweite ITeiniat; eine Notiz
aber, die ihn von da aus nach Halikarnass zurückkehren lässt,
verdient auch um dieses Grundes willen keinen Glauben.
Dass man noch weiter ging- und auf Samos sein ganzes Werk
entstanden sein Hess,' braucht uns nicht zu wundern. Wir
sind so glücklich zu wissen , dass Halikarnass in seinen
officiellen Actenstücken den ionischen Dialcct anwendete (die
oben besprochene Urkunde) und können daher immerhin, gern
auf diese Auskunft verzichtend, zugeben, dass Herodot bei seinen
Reisen sich auch auf Samos aufhielt, von dessen Monumenten
er ja berichtet (III. 00) und dessen Geschichte er eine be-
merkenswerthe Aufmerksamkeit schenkt.'- Wir dürfen also
füglich die Angaben des Suidasartikels mit der Grabschrift auf
eine Linie der Unzuverlässigkeit stellen, da sie sich uns als
Producte derselben Officin gezeigt haben.
Ebendahin führt uns noch die Betrachtung eines anderen
Theiles der Ueberlieferung über Herodot. Hier haben wir es
allerdings mit den Studien höchst achtungswerther Gelehrter
zu thun , die aber auch nur wieder zeigen mit welch' unzu-
reichendem Material sie arbeiten mussten , so dass sie zu
schematischen Ansetzungen ihre Zuflucht nahmen. Es war für
die geschichtskundige Zeit ein Bedürfniss um den bekannten
Verlauf der liistorischen Ereignisse in festgestellter chrono-
logischer Ordnung alles sonst Wissenswerthe möglichst über-
sichtlich gruppirt zu sehen. Dies zu thun war das Bestreben
des Chronologen Eratosthenes und Apollodors, der des ersteren
' Suid. lex. s. v. 'HpoooTo; , der ihn auf Samo.s ionisc-h lernen und seine
Geschichte schreiben lüsst. Vergl. unten.
2 Ich pjlanbe deshalb die ganze Geschichte von Ilerodot's längerem Exil
auf Samos nicht; or war auf Samos, wie er in Aegypten war oder in
Libyen oder in Asien als Reisender, er spricht mindestens ganz eben so
über die samischen Bauwerke, wie er von den ägyptischen sich ver-
nehmen lässt. III. 60 £[xrj/.jva os -:pl 2a[i.(wv |i.aXXov, oii asi rpia satl
{i^ytdTa a;:avTwv 'KXX»]Vfi>v i^£pYaa[j.E'\/a .... II. .35 spyojxat 0£ TCEp*. Aiyü::to'j
u.rj/'jvs'(i)v tbv Xoyov, oTi izkiiii 0'o|jLaCTta sysi '/j aXXr^ 7:aaa "/'üpr) .... Die
Vorliebe für Samos, die man als Dankbarkeit des Autors gegen seine
Gastfreunde aufzufassen geneigt ist, erldärt sich aus der Benützung
saniischer Quellen genügend. (Vergl. d. Verf. Schrift S. 86 f.)
410 ßanpr.
Ansätze populär machte, daher sie uns noch heute erkennbar
sind. Da genaue Quellen nicht vorlagen , so setzte man bei
jedem Dichter, Philosophen oder Historiker eine Zeit des
höchsten geistigen Schaffens, die ol.^Jx^ an, die man auf das
gereifte Mannesalter, etwa das vierzigste Lebensjahr fixirte,
von da war die Geburt und sonstige Daten zu berechnen. Man
brauchte aber auch nur ein denkwürdiges Ereigniss, eine be-
deutende Bethätigung eines Schriftstellers auf literarischem
Gebiete nach dem Jahre zu wissen, um in dasselbe seine ax[j//^
zu setzen , und so legte sich dann alles zurecht. Es ist nun
gerade für unseren Herodot das Verdienst Diels ' gezeigt zu
haben, dass die Ansätze über Alter und Geburtsjahr des
Herodot, Thukydides und Hellanikos, wie wir sie besitzen,
auf dieses Schema Apollodors zurückgehen. Dieselben sind
erhalten bei Dionysios von Halikarnass,^ der Herodot kurz vor
der Epoche des Xerxeszuges geboren sein lässt, allgemein
stimmt dazu Diodor, •* der sagt: y-a-ca H£p^-/]v yeYovwi; toTi; ypovotc;
demselben Ansatz folgt Eusebios, "^ wenn er zu Ol. 78. 1 be-
merkt: 'HpoSoTot; lyvoipii^sTo , (er wäre also sechzehn Jahre alt
gewesen), seinen grossen Erfolg in Athen berichtet derselbe
Gewährsmann Ol. 83. 3. Am ausführlichsten sind uns und am
genauesten zugleich die Ansätze Apollodor's erhalten in den
Angaben der Pamphila, ^ die Herodot beim Ausbruche des
peloponnesischen Krieges dreiundfünfzig Jahre alt sein lässt,
also seine Geburt in das Jahr 484 verlegt. Dies ergibt seine
Akme 444 , und diese knüpft sich ganz vortrefflich an das
Epochenjahr der Besiedelung von Thurioi, an der Herodot ja
1 Diels im neuen rli. Mus. P.d. .31. S. 47 f.
2 Dionys. Hai. jud. de Thuc. 1. c. o o' 'AXixapvaaoeu; 'UpdooTo? Y£vo|j.£voc
oXfyo) rpoTspov t'Tjv rTepaixtÖv . . .
' II. 32 •'IIpoooTO? [xkv oOv zata S^p^/jv ysyovwc tot; ypövoi? , . .
< Die arm. Uel»ersetKung' setzt dies Ol. 78. 2. Vergl. Schöne: Euaebi
chron. can. vol. II.
* Bei Gellius noct. Att. XV. .35. llellanicus, ITorodnt.us, Thueydidos, bisto-
riae scriptores in isdem fere temj)oribus laude ingenti floruerunt et non
nimis lonj^e distantibus fueiunt aetatibns nam Hellanieus initio belli
Peloponneaiaci fnisso rpiinqno et sexagfiiita .annog natus videtur, Herodotus
tres et quinquap^inta, Tlnicydides qnadmij'iiita. Scriptum est hoc in libro
undecimo Pampliilao
Herodot'B Biographie. 41 1
Theil nahm, damals nach des Eusebios Notiz eben von den
Athenern mit einem reichen Geklgeschenke g-eehrt. Dies mag
wohl den Alexandrinern bekannt gewesen sein (die schlechter
Unterrichteten derselben, die Suidas benützt hat, wussten davon
nichts, wie oben gezeigt wnrde) imd eben daraus die Chrono-
logie des Lebens unseres Autors berechnet worden sein. Plinius '
endlich folgt derselben Ansicht, wenn er Herodot im 310. .Jahre
der Stadt den Anfang seiner Geschichte in Thurioi schreiben lässt.
Aber auch Panyasis und Herodot sind um ihres gegen-
seitigen Verhältnisses willen in den chronologischen Tabellen der
Alexandriner in die richtige Entfernung gebracht; Ol. 72. 4 sagt
Eusebius: Ilavuaci? TioivjTY]? iy'/hipi^zzo. Herodot's Bekanntwerden
fällt nach demselben Gewährsmann, wie wir sahen, Ol. 78. 1,
wir haben also eine Altersdifferenz von genau der Hälfte jener
in den Tabellen viel verwendeten Zahl vierzig. So entsprachen
sich die Chronologie und das Verwandtschaftsverhältniss von
Panyasis und Herodot vollständig; wenn aber Eratosthenes
und Apollodor , auf die auch diese chronologische Angabe
zurückgehen wird, zu derartig schematischer Berechnung ihre
Zuflucht nehmen mussten, was sollten dann den Verfassern der
ausführlichen Herodotvita für bessere Quellen für ihr Mach-
werk zu Gebote gestanden haben?
Immer und immer Avieder waren wir in den bisherigen
Betrachtungen der gelehrten und ungelehrten Arbeit der Ale-
xandriner auf die Spur gekommen ; diese Beschäftigung mit
Herodot ihrerseits ist aber auch ausdrücklich bezeugt. Ich
hatte oben gesagt, dass man in Alexandreia Herodot in neun
Bücher gewaltsam genug getheilt hatte; dass man ebenda mit
dieser Eintheilung operirte, bezeugt Porphyrios. - Das erste
scheint den Titel geführt zu haben , unter welchem es noch
Pausanias •' kennt Xc^oc b zlz KpoTcov, das zweite hiess A'-Y'j'jrTiay.y;
' Plin. liist. nat. XII'. 4. 1,S ed. Billig p. 384.
- Porphyrios qnacst. Homer, in der Sammlung Homeri interprotcs Argontor.
l^>?>{) p. IS und 10: sv xr^ TCpwTT; 'llpo'ooto? X'ov 'iG~opu~'>v jispi Kpotaou toü
Auooü 7:o)J.a xs aXXa oisO.jxxai . . . Inl xa'Xst x^; A ly'JTixtax^; ßiß/.0'j, yjxt;
iaxt osuxcpa x^ xa^si. Dies citirt, Porphyrio.s nach Alexander von Kotyaion
und erstercs nach Philrmon. Vorgl. üh^r diese da.s unten Ge.sagte.
•* Pau.'ianias citirt nie nach den neun Hiichern, wohl aber Paus. III. 2. 3
ed. Schubart p. 19.5 »^oyo; 6 =1; KpoTaov'.
412 Bauer.
ßtßXoi;. Nachdem die Nounzahl zur Vulgata geworden , als
welche sie schon Diodor kennt, ' konnte man erst die Namen
der neun Musen auf dieselben vortheikm, was aber noch vor
Lukian ' und der Abfassung eines Epigrarames der palatinischeu
Antliologie geschah.-' Dieselbe eben angeführte Stelle, aus der
das Vorhand(msein der uns geläufigen Eintheilung bei den
alexandiinischen Grammatikern erschlossen werden musste,
gibt uns aber auch einen Anhaltspunkt über die Art, wie
Herodot studirt ward, so dass wir abermals eine erwünschte
Bestätigung für die früher ausgesprochene Textänderung des
Proömium erhalten, — Porphyrios * citirt das Buch eines
Philemon: cup,[j,t7.'ra -spt 'HpoSo-csi'ou o'.opOtö[j,aToc und einen Gewährs-
mann Alexander von Kotyaion in Phrygien , der als oiopOwr/^;
bezeichnet wird. Der Dialect, dessen Eigentliümlichkeit den
Verfasser der Grabschrift zu seinem Erklärungsversuche ver-
anlasst hatte , und die handschriftliche Ueberlieferung wird
durch die Vergleichung des Sprachgebrauches festgestellt. Bei
Suidas ''' haben wir überdiess die Angaben , dass ein Sophist
Salustios und ein attischer Rhetor Ileron sich in seinen Gzop-v/^jj-axa
mit Herodot beschäftigt habe. Apollonios '' schrieb : i^rt-(T)Gsic
YXtocaöiv 'HpoBöxou, erhalten sind uns von derartigen Arbeiten nur
die 'HpoooTou Xicst«;, welche Gaisford" abgedruckt hat. "^
' Diod. Bibliotli. XI. .37. ß 'lIpdooTo; äp^äjxsvo; r.po itTJv Tpoixwv /pdvwv yiypoLtfz
zoiva; aysobv toc? t^; otxou[j.£vrji; 7:pa^£ti; sv ßißltoic svv^a.
2 Er lässt nach der fingirten Vorlesung in Olympia dieselben nach den
neun Musen benannt, werden. Lucian. Herod. slv. Aetion. c. 1. vol. IV.
p. 117 ed. Bipont. u. quom. histor. sit couscrib. c. 42. vol. IV. p. 205.
3 Anthol. pal. IX. IGO ed. Jacobs Bd. IV. p. 54, Bd. II. p. 32. d. Ausgabe
V. Dübner.
* Por])hyrios quaest. Hom. a. a. O,
^ 8ui(l. lexic. s. v. waJvouCTTio? ed. Bornh. II. 2. p. (Juli. üaXouaTioi ao^taTjj; •
sypaiisv Et; ArjfxoaOs'vriv xai 'llpdooTOv 'j;:o'[j.vr]ij.a • ■/.oCi aXXa. Id. s. v. "Hpwv,
I. 2. p. 891) "lIp'Dv, Kötuo;, ' AOrjVatb;, p>^Ttop ta; sv ''.\07Jvj)(iiv ofxa; yeypa^w; •
Eira . . . -jnoiJv/jfxaT« ei; 'llpdootov, Hsvo-^fovTa, OouxuotSrjV.
6 Etymol, majjn. a. v. xw^d; cd. Sylburg. p. f>00. outw; '' \r.oXkt!ynoi sv rat;
yXiöaaai; 'IIgooo'tou, s. v. ao-^iaTr]; p. 654/.'» ouro); 'ATioXXtövto«; ev i^riyriaEi
T'ov 'llpoödrou yXwaatöv.
7 Herodoti Hai. bist. IIb. IX. ed. Tli. Gaisford. Lips. 182f.. vol. IV.
p. .S84 sqq.
8 Vergl. im Allgemeinen Herodoti liistoriae ed. C. Abicht Lips. 1860. vol. I.
De Her. vita et scriptis commentatio p. XXI. sqq.
Herodot's Biographie. 41ö
Wir haben nun des Autors Lebensschicksale bis zu
seiner Uebersiedehmg nach Thurioi betrachtet, welche zu der
unrichtigen Anschauung geführt hatte, Herodot sei ein Thurier
gewesen : sie hatte aber auch für den Schluss der sagenhaften
Biographie herhalten müssen, und der Dichter der Grabschrift
Hess unseren Autor daselbst auf dem Markte begraben sein.
Man dachte, ferne von der Heimat, in der man unseren Autor
so sehr beneidet hatte, habe er als verkannter Patriot, zurück-
gezogen von allem politischen Treiben, schriftstellernd sein
Ende gefunden. Dasselbe besagte ein Theil der Quellen des
Suidas ' und auch Plinius (a. a. O.) scheint der gleichen An-
sicht gehuldigt zu haben. Nach diesem Orte verlegten denn
diejenigen, welche dieser Tradition folgten, auch die Abfassung
der neun Bücher, eine andere Herodotvita behauptete aber,
dies sei auf Samos geschehen, der betreffende Passus derselben
ist bei Suidas 2 allein enthalten, Lukian ^ scheint wieder einer
anderen Ansicht gefolgt zu sein, da er von Karlen herkommend
den Autor das fertige Werk mitbringen und in Olympia vor-
lesen lässt. So hatte denn diese Biographie die Zeit des
Ferneseins von Halikarnass als Herodot angeblich von Lygda-
mis vertrieben auf Samos die beliebte , zweite Heimat' gefunden
hatte, nützlich für die Nachwelt auszufüllen gewusst, und man
wusste auch woher des Herodot ionischer Dialect kam, Dass
diese beiden Viten sich ausschliessen, hat den Versuch beides
als Thatsachen zu combiniren nicht verhindern können. Wie
wenig bei all diesen Erfindungen und Schlussfolgerungen das
Werk selber zu Rathe gezogen wurde , zeigt der Umstand,
dass von einer abermaligen Anwesenheit Herodot's in Athen
nach 432, wie aus V. 77 hervorgeht, nichts berichtet wird,
sowie dass die Unmöglichkeit beider Angaben für den Ort der
Entstehung nicht auffiel ; dies lässt das Studium des Werkes
als ein höchst oberflächliches von Seite der betreffenden Ge-
währsmänner erscheinen.
' Suid. s. V, Herodot: zU tb öoüpiov a:coixi^6[j.£Vov ut:'' ''AOrjvafwv iOsXovTrj«;
rjXOs • za/csT tsXeuTTja«? IkX tf); ayopa? T^Oaxxai.
2 ibid. £v oOv Trj SäjjLW y.ai ttjv 'laoa rfly.-q^ri SiaXexTov xat £Ypa<]<£v ia':op{av ev
ßißX(o'.; 8', . .'. .
3 Her. sive Aetion. a. a. O.
Sitzungsber. d. phil.-liist. Cl. LXXXIX. Bd. I. Hft. 29
414 ßaner.
Aber noch nicht genug; über Herodot's Tod gab es noch
andere Nachrichten, die auch bei Suidas ^ erhalten sind : Herodot
soll am makedonischen Hofe zu Pella gestorben sein. Diels -
hat gezeigt, dass durch die Art der Anlage der chronologischen
Listen es geschah, dass der Todesort des Thukydides und
Hellanikos verwechselt wurde, welche beide Autoren ja mit
Herodot in der chronologischen Berechnung der Alexandriner
verbunden waren, wie oben gesagt wurde. So kam es zu der
unsinnigen Behauptung, Thukydides sei in Parparon, dem noto-
rischen Todesorte des Hellanikos, gestorben. Wilamowitz hat
nun diese gewiss richtige Beobachtung noch weiter ausdehnen
zu dürfen geglaubt. Da er beweisen zu können meint, Thuky-
dides sei in Pella gestorben , so sieht er sich genöthigt anzu-
nehmen, dass eine Verwechslung auch für diesen mit Herodot
anzunehmen sei. Der Zufall müsste in der That ziemlich
sonderbar gewesen sein, aber möglich wäre dies immerhin.
Allein die ganze Hypothese fällt mit der Unzulässigkeit der
versuchten Nachweisung, Thukydides sei am makedonischen
Hofe gestorben. Wilamowitz macht dafür Einiges geltend^ er
selbst gibt zu, ^ dass keiner der aufgeführten Beweise schlagend
war, meint aber doch sehr wahrscheinlich gemacht zu haben,
,dass im Alterthum eine von Praxiphanes ausgehende Ueber-
lieferung bestanden hat , nach der Thukydides an Archelaos
Hofe gelebt hat und gestorben ist^ Diese Tradition hält Wila-
mowitz für ,noch sicherer Avahr als praxiphaneisch'. Und als
Grund wird die rühmende Erwähnung der Thätigkeit des
Archelaos in Makedonien angeführt. Ich möchte von dem
letzteren ausgehend zu bedenken geben, dass man dasselbe für
die Tradition bei Suidas, einige hätten von Herodot's Tod in
Pella berichtet, geltend machen könnte, ohne dass man diese
deswegen für wahr halten müsste. Herodot ^ bringt mit grosser
Emphase an zwei Stellen, deren erste ich auch für einen
späteren Zusatz halte. Gründe vor zu Gunsten der hellenischen
Abstammung des makedonischen Königshauses , an der einen
* Suid. lex. s. v. 'HpöSoio; : xivs? o' vi fTf)>).T) auro'v TeXsuTfJaat aaai und s.
V. 'KXXävizo?. Vergl. darüber unten.
2 N. rh. Mus. a. a. O.
3 A. a. O. S. 359.
* Herod. V. 22. VIII. 137.
Herodot'B Biographie. 41 0
den ganzen Stammbaum, an der anderen führt er als Beweis
ihre Theilnahme an den olympischen Spielen an. Aber auch
die Combination von Wilamowitz, auf deren gute Methode und
i'ichtig-en Geschmack ausdrücklich aufmerksam gemacht wird, ^
halte ich für unrichtig. Ich gebe gerne die Möglichkeit zu^
dass der verworrene Satz - des Markelliuos , richtig gedeutet
ist, und dass Praxiphaues den Thukydides und jene fünf
, Dichter unter Archelaos angesetzt hat'; aber das eine ergibt
sich aus Markellinos, trotz des , stümperhaften Scribenten', dass
von dem Tode des Thukydides gerade Praxiphanes nicht be-
richtet hat, denn nachdem die Stelle des letzteren ausgeschrieben
ist, fährt der Biograph fort: 0-. [j.ky ouv auibv v/Si Xe'YCUJ'.v
äxoOavsTv £v6a y.ai StSTpißs w^ac oiv, er folgt also einer anderen
Vorlage, damit fällt diese angeblich praxiphaneische Nachricht
und tritt zu der grossen Zahl der mit Recht von Wilamowitz
discreditirten legendenhaften Angaben, freilich auch das positive
Resultat, das für die Thukydidesvita gewonnen zu sein schien,
und wir werden uns auch hier bescheiden müssen nichts zu
M'issen, und auch diese Negation den anderen glänzenden, auch
nur negative Resultate ergebenden Ausführungen von Wilamowitz
anfügen. Für die Annahme einer Verwechselung von Thuky-
dides und Herodot's Todesort scheint mir also kein Grund
vorzuliegen. Ich halte allerdings für möglich jedenfalls aber
nicht für sicher, ^ dass Herodot in Athen gestorben sei , und
gestehe eben über seinen Tod ebenso wenig zu wissen, wie
über den des Thukydides. Des Letzteren Aufenthalt am Hofe
des makedonischen Königes ist ja immerhin wahrscheinlich,
wenngleich die Menge der an den makedonischen Hof gezau-
berten Literaten mich bedenklich macht. Mag die Stelle bei
Suidas ' unter Hellanikos noch so verworren sein, das besagt
' A. a. O. S. 361.
- Marc. vit. Thiic. 29 ed. Krüger p. 189 auvs/povias o' w; o/jo-l ripa^i^avr,;
;v T(T) r.zp\ '.crrop la:, IlXaiwvi tw zojtj.i/.w, ''AyaOwvi Tpayi/.o), Ni/.rjpaTfo i-o-otw
/.a\ XoipO.o) zal !ME/.avt7:7:'!Sr] • zai etisI (j.ev s^rj 'ApysXao;, aoo;o? rjv w; iT:\
-Xitarov, co; auib; flpa^tsavT); SriXot, 'jarspov os 8ai[xovta); iOauu-ajOr].
3 Wie dies Wil. a. a. O. S. 350 ausspricht: ,Herodotos ist in Wahrheit in
Athen gestorben, walnscheinlich an der Pest'.
* Suid. lex. s. v. 'ID'Kiy.y.o; ed. Bernh. I. 2. p. 169 oicTpuJ/s Sk 'KÄXavi/.o;
auv 'IlpoSoTw rap« 'Ajaüvtoc tw JMay.soövtüv [saatXei, xara tou; ypdvou; 'Ivjpi-
-;5oj /.a'. ilopoy.XiOj; .... i^i'-ctve 0£ •/.a\ p--/,p' ~^'' HtpoUv.oJ ypöiM'/ . . .
29*
416 Bauer.
sie eben so sicher, wie die oben erwähnte des Markellinos,
dass es eine Ti-adition gab, die Herodot am Hofe des Königes
zu Pella lebend sich dachte, die schliesslich zu desselben Tod
an diesem Orte aufgebauscht wurde; und auch noch ein anderes,
glaube ich, kann man aus beiden Stellen entnehmen. Der
Synchronismus ist nämlich der Grund der gemeinschaft-
lichen Erwähnung. Derselbe wird an letzterem Orte dadurch
betont, dass ausdrücklich bemerkt wird, auch auf des Perdikkas
Regierung habe sich des Hellanikos Aufenthalt erstreckt. Der
Charakter dieser Nachricht, so weit sie sich auf Hellanikos
bezieht, ist allerdings ein anderer als derjenige der Notiz des
Markellinos, es heisst dort cuv£-/p6v'.c£ und die ausdrückliche
Erwähnung des Komikers, Tragikers und Epikers zeigt, dass
für die ganze Angabe, entsprechend dem Zwecke des Buches
■Kzpl i7Top(ac, ein literarisches Interesse massgebend war, von da
bis zum apollodorischen Synchronismus ist jedoch so sehr
weit nicht, wie der Schritt beweist, der für Herodot in dem
Suidasartikel Hellanikos gemacht ist. Ob Markellinos Quelle
in dieser Absicht ihre Nachricht gibt, ist bei der schlechten
Erhaltung nicht ersichtlich, aber dass man auch die makedo-
nische Königsreihe zur Anknüpfung literarischer Daten benützte,
beweist einerseits die Menge der an ihren Hof gebrachten
Autoren (so bildete sich nämlich der blosse Synchronismus um)
und andererseits die Thatsache, dass bei einigen dies fälsch-
lich behauptet wird. In makedonischer Zeit mag man dies
gerne gehört haben, aber glaublich erscheinen die Nachrichten
darum nicht, wenn sie nicht sonst ausdrücklich bestätigt er-
scheinen.
Nach dieser Abschweifung, in die Thukydides mit ein-
bezogen werden musste, kehren wir zurück, um noch eine
Version der Herodotlegende, über den Tod ihres Helden zu
berühren. Markellinos ' Quellen berichteten auch von einem
Grabe Herodot's und Thukydides vor dem melitischen Thore,
nahe den Gräbern der kimonischen Familie. Hierin stimme
1 Marc. Vit. Thuc. 17 p. 187 ed. Krüger -pb; ykp ral; AhX'.Tt'ai TtuXai; xaXou-
[A^va'.j euTiv £v Ko{Xrj ta zaXo'j|j.cva Ktatovia lAvrjijiaTa, svOa öetV.vuTat 'Hpoodxoj
■/.aX 0ouy.uoi8o'j xaao; • Daraus soll man ersehen , dass Thukydides zur
Familie Kimons gehört, y.a.\ IIoXs'jjlojv ok £v tw zepX äxpoT^oXscü; tojto'.;
[lapTupeu
Herodot's Biographie. 417
ich den Ausführungen von Wilamowitz * um so lieber bei, als
ich früher den Resultaten desselben entg-eg-entreten musste,
dass wir es mit einer auf Polemon zspl a/.pc::6Xca); zurück-
gehenden Tradition zu thun haben, der in einem Excurse auf
die Gräber der beiden Autoren zu sprechen kam. Ich sehe
darin eine Bestätigung meiner früheren Auseinandersetzungen;
erst nachdem das Mährchen von dem Thurier Herodot seine
allgemeine Giltigkeit verloren hatte, nachdem seine halikar-
nassische Herkunft allgemeiner feststand, konnte Athen mit
dem Anspruch auftreten, ihm einen letzten Ruheort gegeben
zu haben und ihm ein Kenotaph neben Thukydides errichten;
damit hatte das literarisch beobachtete Verhältniss beider
Autoren nun in den Augen der Welt eine monumentale Be-
glaubigung erhalten.
Noch ein Schluss, der früher gezogen werden musste, er-
hält damit seine Bestätigung, dass nämlich eine solche Unsicher-
heit der Tradition nur erklärt werden kann durch die oben
behauptete Thatsache, dass Herodot und sein Werk den Zeit-
genossen entrückt wurde. So konnte es geschehen, dass schon
früh Thurioi, wohin der Autor mit der von Athen entsen-
deten Colonie gekommen war, mit dem Anspruch auftrat ihm
ein Asyl gewährt zu haben und seine Leiche zu besitzen , so
dass der Autor als Thurier proclamirt werden konnte. Dann
folgte Athen, wie uns der allein verlässliche Zeuge, das Werk
selber, heute bestätigt mit der besten Begründung : die dank-
bareren Epigonen errichteten dem grossen Vorfahren ein Grabmal
an der Seite des Schriftstellers , der mit vornehmer Gering-
schätzung über den , Logographen' hinweggegangen -^ai: Syn-
chronistische Ansetzungen, wie ich für wahrscheinlich halte,
gaben zu der Version Anlass, Herodot sei in Pella gestorben
und dort begraben, und dem literarischen Streite über das
Grab unseres Autors entstammt die Grabschrift, die uns Ste-
phanos aufbewahrt hat.
Andere Nachrichten aus Herodot's Leben glaubt man
schon lange nicht mehr, sie mögen hier der Vollständigkeit
jener gelehrten Tradition wegen Platz finden. Es ist das Ge-
schichtchen von Herodot's Vorlesung im Hause des Oloros in
1 A. a. O. S. 339 f.
418 Bauer.
Athen, den Thränen dos begeisterten Knaben Thukydides und
dem prophetischen Blick Herodot's für dessen literarische
Befähigung, von dem uns Markellinos in der kürzeren Vita
und Suidas ' zu berichten wissen. Auch dem Ptolemaios
Chennos ^ glaubt Niemand mehr , dass nicht Herodot selber,
sondern sein Liebling und Erbe, der thessalische Hymnendichter
Plesirrhoos das Proömium des Werkes geschrieben und die
Edition des Ganzen, wie man denken sollte, besorgt habe. Die
Erfindung Lukians von einer Vorlesung unseres Autors in
Olympia hat bereits Dahlmann ^ angegriffen und Scholl ' end-
g-iltig als solche erwiesen.
Es bleiben also noch einige wenige Nachrichten, die, wie
ich g-laube, allein zuverlässig sind, Herodot's Vorlesung in Athen
445/4, unabhängig von einander bezeugt von Eusebios und
seinen Uebersetzern und durch Diyllos bei Plutarch, der die,
wie mir scheint, freilich zu hohe Summe von zehn Talenten
als von dem Volke zuerkannte Belohnung für dieselbe angibt,
was an der Ueberlieferung der Zahl liegt; die Nachricht ist
sonst actenmässig authentisch und setzt directe oder indirecte
Bekanntschaft mit dem betreffenden Psephisma voraus. Auch
an der Angabe eines Avährend des Aufenthaltes sich entwickeln-
den näheren Verhältnisses mit Sophokles ist kein Grund zu
zweifeln, da beider Werke davon Zeugniss ablegen. Was
Herodot in Athen vorlas, ist streitig, ich habe mich darüber
> Marc. Vit. Thiic. 34 ed. Krüger p. 194 Xs'yeTa'. os ti /.a\ toioutov, w; r.ojt
Tou 'HpoSoTOu Tot? töfa; latopfa; £7ci8eiy.vu[Ji^vou, ::apwv t^ axpoxaa 0ouxuoiÖ7]c
xat dy.oÜCT«; EÖaxpuaev • eneiia 9aat tbv 'llpöooTov toüto O£aaajj.£vov slr.evi
auTOÜ r.poc, tov Trai^pa xov 'OXopov • w 'OXope, öpya rj cpüai; tou u'.ou uo'j
r.poi ]xai^lxaz(x. Suidas verlegt die Affaire auf die lukianische Vorlesung
in Olympia. Suid. lex. s. v. 0ou/.u5iori; ed. Uerhard. II. 2. 1193. Vergl.
Suid. .s. V. opyav ibid. II. 1. 1148. Vergl. W^ilamowitz, a. a. O. S. 331.
2 Photius bibl. p. 148b, ed. Bekker: xal '",-, OXr^aippooc, 6 B£<i7aXb:, o O[j.vo-
Ypa-fo;, ipa)[X£vo; ysYOVw; 'lIpooÖTOJ xal xXr)pov6|j.o; xiov auroü, oOto; roirjuae
To rpooi'jxiov T% TipwTT)? i'JTop{a; 'UpoSorou 'AXixapvadfjiw;. Vergl. Hercher:
Ueber die Glaubwürdigkeit der neuen Geschichten des Ptol. Chennus.
Leipzig 1856. Kirchhoff, Abfassuiigszeit d. herod. Gescbichtswerk. Abhandl.
der Berl. Akad. 1868. S. 2.
3 Herodot aus seinem Buch sein Leben. Forschungen auf dem Gebiete der
alten Geschichte. II. 1.
* Philologus 1855. Bd. IX. Herodot's Vorlesungen S. 410 f.
Herodot's Biographie. 419
an einem anderen Oi'te ausgesprochen. Ich gehöre zu denen,
die annehmen, es sei die Geschichte des Krieges des Xerxes
gegen Hellas gewesen, und glaube gezeigt zu haben, dass die
Kirchhoff'sche Ansicht von der Abfassung des Herodotischen
Werkes, da sie unrichtig ist, dieser Annahme nicht zu wider-
sprechen vermag. Die Nachrichten von Vorlesungen in anderen
Städten Griechenlands, für Theben (bei Plutarch de Herod.
malign. c. 31 bezeugt), in Korinth (bezeugt von Markellinos
ßt'o; ösuxuoioo'j § 27 und Dio Chrysostomos or. XXXVII. 7)
halte ich gleichfalls für richtig und meine, dasg nicht Vorgänge
in Halikarnass , wie die alexandrinische Gelehrsamkeit diese
richtige Angabe verdrehte, unseren Autor veranlassten an der
Colonie in Thurioi theilzunehmen. Es war dies vielmehr die üble
Aufnahme desselben in Athen ' und anderen Städten Griechen-
lands. Verbot man ihm doch in Theben, mit der Jugend
sich weiter abzugeben! Den Grund dieses Verhaltens sehe ich
aber in der rationalisirenden Richtung der Arbeiten Herodot's
nach seiner ägyptischen Reise , die Athen sich wahrscheinlich
auch nicht hätte gefallen lassen. - Diese fällt nach meiner in
' Wo er seine Aiyii;:Tioi \6fO'. schrieb.
- Meiu Herr Recensent in der Zeitschrift für die österr. Gymnasien. 1878.
4. Heft, wundert sich schon im voraus, dass ich diesen Theil der Ueber-
lieferung fest halte. Ueber Werth und Unwerth der Suidas- Biographie
habe ich mich oben ausg-esprochen. Die Nachricht vom Neide der Mit-
bürg^er in der Grabschrift und bei Suidas habe ich stets für abhängig
von einander gehalten (wie ich mit diesem Worte auf der letzten Seite
meiner früheren Arbeit dies Verhältniss bezeichnete), Cwikliiiski's Polemik
ist also in diesem Punkte, so weit sie mich betrifft, gegenstandslos.
Diese Angaben werde ich jedoch fortfahren für richtig zu halten,
da das Werk Herodots mir dieselben bestätigt, und nur so sein langes
Fernesein von Athen sich erklärt. Auf die übrigen Einwendungen Weil's
(Revue critique 1878, p. 26.), dem Cwiklinski vielfach folgt, kann ich
hier nicht eingehen, so wenig als auf die neue in der Göttinger Disser-
tation von Hachez (De Herodoti scriptis et itineribus. Göttingen, 1878)
vertretene Ansicht, für welche der gute Glaube an die Ueberlieferung
massgebend war. (Vergl. Abschnitt II, pag. 8 ssq.)
Die von Kirchhoff abgegebene verständliche Erklärung, welche
Cwiklinski für alle Wankelmüthigen zur Darnachachtung wiederholt, ver-
anlasst mich Kirchhoff zwar nicht , sträfliches' vorzuwerfen, was ich meines
Wissens nie that, ich möchte nur die Möglichkeit nicht in Abrede ge-
stellt wissen, dass Kirchhoff sieh irren könne. Da eine Verwechslung der
420 Bauer. Herodot'8 Biographie.
jener grössern Arbeit begründeten Ansicht nach der Vorlesung
445/4. Zur Abfassung seines Werkes in der Form, wie es uns
jetzt vorliegt, schritt Herodot erst in Unteritalien, wo er seine
Schlussredaction begann , indem er die früher geschriebenen
Einzelarbeiten, seine lydischen, ägyptischen, persischen, Einiges
von samischen, skythischen und griechischen Geschichten, eine
Darstellung des ionischen Aufstandes und des Zuges des Xerxes
zu einem Ganzen vereinigte. Diese Schlussredaction setzte er
dann nach 432 in Athen fort. Zur Anlegung der letzten Hand
gelangte er nic^t aus uns unbekannten Gründen und so blieb
in diesem Sinne das Werk allerdings ein Torso.
Namen in der Pausaniasstelle anzunehmen mir unmöglich scheint, so
bleibt nur denkbar, dass statt [x t: zu lesen sei und König Pausauias
sowie das Jahr 400 n Chr. gemeint ist, womit alle Folgerungen KirchhofiTs
fallen.
Goehlert. Keltische Arbeiterbezeichnnngen nnd Arteitzeichen. 421
Keltische Arbeiterb ezeiehnungen und Arbeitzeiehen
in vergleichender Weise erörtert
von
Dr. Vincenz Goehlert.
Quellen für keltische Sprachforschung: Zeuss, Grammat. celt. E. a. = Z. Gr. celt.
Quellen für Inschriften aus Noricum, Pannonien, Dacien, Dalmatien, Gallien
(cisalp.), Hispanien und Britannien: Mommsen und Hübner, Corpus in-
scription. latin. = C. T. 1.
Quellen für Inschriften aus Germanien und Gallien (Belg.) : Steiner, Codex
inscription. roman. =; St. C.
Andere benützte Quellen werden an den betrefi'enden Stellen besonders genannt.
I. Arbeiterbezeichuiingen.
1. Sar.
Das keltische Wort sar, im Altirischen noch in säer vor-
handen, bezeichnet im Allgemeinen einen Handwerker (opifex)
und kommt auf Thongefässen und Ziegelsteinen häufig vor; die
verschiedenen Ligaturen sowie die Schreibung mit anderen als
den gewöhnlichen lateinischen Schriftzeichen erschweren oft die
genaue Bestimmung dieses Wortes in alten Inschriften.
In Noricum findet sich dieses Wort, vollständig aus-
gedrückt, nicht in den Inschriften; desto häufiger erscheint es
in Gallien, Britannien und Hispanien, als: Sar, C. Sari, Celer.
Sari in Gallia cisalp. (C. I. 1. V, 2) auf Hausgeräten, zumeist
auf Patellen; Sar R. zweimal auf Amphoren, Sar . . . und
Of. F. Sar. auf Patellen in Britannien (C. I. 1. VII); Sarus auf
einer hispanischen Vase (C. I. 1. II) und Jas;iiS als vorletztes
Wort in der Cursiv-Inschrift auf einer dacischen Vase (C. I. 1.
m, 1. 1635).!
In den Inschriften: S. Irus auf einem norischen Thongefasse (C. I. 1. III,
2. 6010) und S. SVCCOM (retrogr. = Moccus, C. I. 1. III, 1. 965) lässt
sich S wol gleich sar annehmen; demnach Sar irus = opifex ultimus
(im Altirischen ire = ulterior, ultimus) und Sar moccus = opifex servus
(im Altirischen mugh [genit. moga] = servus).
422 G 0 e h 1 e r t.
Bei den Ligaturen sind die Buchstaben A und R oder das
gleichlautende ältere Schriftzeichen P zumeist mit einander ver-
bunden, wie in DM. SM. Felseninschrift zu Pola (Gall. cisalp.
C. I. 1. V, 2. 81G1), in Jt auf einem gallischen Ziegel (C. 1. 1.
V, 2. 8111), und in I. i'S auf einer hispanischen Amphore
(C. I. 1. II) die entsprechenden drei Buchstaben aber mit ein-
ander vereiniget; hieher werden auch die Zeichen ß, am Ende
der Inschrift auf einem norischen Würfelboden (C. I. 1. III, 2.
5561), (K und FK. auf gallischen Vasen (C. I. 1. V, 2) gehören.
Mit älteren Schriftzeichen erscheinen cv>AP auf einem galli-
schen Ziegel (C. I. 1, V, 2) und ( AT auf einer britannischen Vase
(C. I. 1. VII). 1
2. Cerdo.
Ein zweites Wort für Arbeiter ist cerdo, im Altirischen
cerdd und mit faber cerarius glossirt. Dieses Wort erscheint
weniger häufig in Inschriften, es findet sich in Dalmatien,
Gallien und Hispanien.
C. Fadius C. Fadi Cerdonis Li. in Dalmatien (C. I. 1.
III, 1. 3081) und Vitruvius Cerdo Architectus in Gallia cisalp.
(C. I. 1. V, 1. 3464) auf Grabsteinen, (C)erd auf dem Henkel
eines Topfes (Gall. cisalp. C. L 1. V, 2. 8112), L. Clodi Cer-
donis auf einem Erzi'ing (Gall. cisalp. C. I. 1. V, 2. 8116) und
Cerd. Titi auf einer rothen Vase (Hispan. C. I. 1. IL 4970).
II. Bezeichnungen für Hausgeräte.
1. Logirn.
Dieses Wort, im Altirischen locharn, im Kymrischen lugarn
noch erhalten, bedeutet lucerna (Lampe) und kommt auf Haus-
geräten vor; ob unter diesen in vorkommenden Fällen jeder-
zeit eine Lampe zu verstehen sei, wird nicht immer genau
angegeben. Locirn(i) und Logirn(us) findet sich auf Geräten
in Germanien (St. C), Logirn in Gallia Belg. (St. C), Logirn
auf Patellen (?) in Britannien (C. I. 1. VII) und Logirn auf einem
hispanischen Thongefässe (C. I. 1. II).
' In besonderen Formen erscheint noch das Wort sar auf gallischen
Patellen (C. I. 1. V, 2. 8115):
Qi
Sar e(iuru).
Keltische Arbeiterbezeichnungen und Arbeitzeichen. 423
2. Mach.
Mach oder Macc, Macca, im Lateinischen mit dem Genus
femin. gebraucht, entspricht dem irischen Worte mach = vasum.
Dieses Wort erscheint sehr häufig, besonders auf Amphoren,
Vasen und Patellen; sein Verbreitungskreis erstreckt sich über
Noricum, Germanien, Gallien, Britannien und Hispanien.
In Noricum erscheint Paternia Mach (MAX) auf einer
Vase (C. I. 1. III, 2. 6010), in Germanien Mach (MAX) S.
(Becker: Römische Inschriften der Stadt Mainz pag. 113, 8) auf
dem Bruchstück eines Gefässes, in Gallia cisalp. Galli Mach
(MAX) und Galli M auf Vasen, Licini Mac auf Patellen (C. I. 1.
V, 2. 8115), in Britannien Matern. Mac und Smert. 0. Mac
auf Patellen (C. I. 1. VII), in Hispanien Mach(i) auf einer Vase
und Mac auf Patellen (C. I. 1. II). Ligirt findet sich dieses Wort
in^(retrogr.) auf einer gallischen Amphore (C. 1. 1. V, 2. 8111).
Wird Mach in Verbindung mit dem lateinischen Worte
officina gebraucht, so bezeichnet diese Verbindung im Allgemei-
nen eine Thonfabrik, wie aus folgenden Beispielen hervorgeht :
Of. Maccar(um), Of. Mac. und Of. Ma. in Germanien
(auf Vasen und Patellen);
Of. Maccia., Of. Macca. und Of. Mac. in Britannien (auf
Patellen) ;
Of. Maccari., Of. Mac. und Of.Ma. in Hispanien (auf Vasen).
Hiernach werden die auf Hausgeräten aus Thon vor-
kommenden Siglen MA oder M, welche die Epigraphiker ge-
wöhnlich mit manu erklären, wol in den meisten Fällen auf das
Wort Mach zurückzuführen sein, wie z. B. in den Inschriften :
Aeliani Ma., Ricci Ma. (auf Vasen) in Noricum, Sacreti Ma. (auf
Patellen) in Britannien schon mit Rücksicht auf die Bedeutung
dieser keltischen Personennamen, wobei angenommen wird, dass
der in der Genitivform vorausgehende Personenname nicht den
Fabrikanten oder Töpfer, sondern den Eigenthümer bezeichnet. '
III. Arbeitzeichen.
Als Arbeitzeichen kommen die keltischen Wörter aged,
ieuru und iurad vor (Z. Gr. celt. pag. 35). Das altgallische
' Von dem Worte mach lässt sich der Name Macur ableiten ; Macuri
(Maguri) erscheint als Töpfername in Noricum (C. I. 1. III, 2. 6010/128),
424 Güehlert. Keltische Arbeiterbezeichnnngen ncd Arbeitzeicben,
Wort aged; ' auch in der Form agt = fecit, nimmt gewöhnlich
den letzten Platz in einer Inschrift ein, wie agt auf einem
Ziegel in Salona (C. I. 1. UI, 1. 3214), T. Fl. agt auf einem
gallischen Ziegel (C. 1. 1. V, 2. 8110), aged auf einer britannischen
Patelle (C. I. 1. VII.); am Anfange der Inschrift findet es sich
gleichfalls auf einer britannischen Patelle : Aged Ilici S. (:= fecit
Ilici opifex), ferner in der Ligatur auf einer gallischen Amphore
IK (retrogr. C. I. 1. V, 2. 8112).
Die Siglen S. A., welche auf norischen und pannonischen
Ziegelsteinen zuweilen vorkommen, können wol mit Sar aged
(agt) erklärt werden ; dem Epigraphiker bedeutet S in diesen
Fällen gewöhnlich servus.
Ohne Zweifel wird auch das Wort acte als gleichbedeu-
tend anzunehmen sein; dasselbe findet sich in den Grabstein-
Inschriften: Albucia acte filise et sibi (Salona, C. I. 1. III, 1.
2167) und Viriae (Dativform) acte Ampliatus, qui fabricse
signorum prsefuit (Hispanien, C. I. 1. II. 3771);, dann in der
Inschrift auf einem Erzring: Onesimi L. N. V. acte (Gall. cisalp.
C. I. 1.V, 2. 8116).
Das Wort ieuru (stwpou) = fecit erscheint in der Inschrift
auf einer gallischen Metallschale : Doiros Segomari ieru (= Servus
Segomari fecit [Revue arch. 1867]) und auf einer hispanischen
Spielmarke aus Elfenbein: Petr. lEPON. IB. (P = r, 0= uu;
C. I. 1. II. 4963).
Die gleiche Bedeutung wird dem im Irischen noch vor-
handenen Worte iurad beigelegt, welches eigentlich mehr dem
lateinischen factum (est) entspricht.
In der Ligatur auf einem pannonischen Erzgewichte:
R4) (C. I. 1. III, 2. 6015), sowie in der Inschrift auf einer
dacischen Vase: 10. IIAQ (C. I. 1. III, 1. 1635) lässt sich dieses
Wort herausfinden. ^
Magurius mit der Beifügung faber ferox in Gall. cisalp. (C. I. 1. V, 1. 2787)
und Maguria, Name einer Sklavin, in Noricum (C. I. 1. III, 2. 4962).
• Auf einer gallischen Münze kommt das Wort AFHD vor (Revue numism.
Glück : Keltische Namen etc.).
2 Hiezu wird erwähnt das Monogramm Q^q) (:= Sar ieuru) in dem Buch-
staben O der Inschrift auf einem im k. k. Antiken-C'abinet vorhandenen
Goldring: Desideroi vivas (C. I. 1. III, 2. 6019).
SITZUNGSBERICHTE
DER
KAISERLICHEN AKADEMIE DER ^HSSENSCHAFTEN.
PHIL0S0PHISCH-HIST0K18CHE CLASSE.
LXXXIX. BAND. II. HEFT.
JAHRGANG 1878. — FEBRUAR.
Sitzb. a. pliil.-hist. Cl. LXXXIX. Md. II. Itft. 30
Ausgegeben am 25. September 1878.
V. SITZUNG VOM 6. FEBRUAR 1878.
Herr Regierung-srath Dr. C. Ritter von Wurzbach er-
stattet seinen Dank für die dem 35. Bande des , Biographi-
schen Lexikons des Kaiserthums Oesterreich' gewährte Sub-
vention.
Herr Capitular und Stiftsarchivar P. J. Wich n er legt
den mit Unterstützung; der Akademie erschienenen 3. Band
seiner , Geschichte des Benedictiner-Stiftes Admont' vor.
Das w. M. Herr Professor Hartel legt eine Abhandlung des
Herrn Dr. Alois Rzach, Privatdocenten in Prag- vor, welche
betitelt ist: , Grammatische Studien zu Apollonios Rhodios',
und um deren Aufnahme in die Sitzungsberichte ersucht wird.
An Druckschriften wurden vorgelegt :
Academie Royal des Sciences, des Lettres et des Beaux-Arts de Belgiqiie:
Bulletin 46" annee, 2« Serie, Tome 44, No. 11. Bruxelles, 1877, 8".
Aceademia reale delle Scienze di Torino : Iscrizione trilingue sopro Lamina
di Bronzo, parte d'ornato di una colonna votiva trovata in Pauli Gerrei
in Sardegna ncl Fcbrajo 18G1; dall' Academico Giovanni Spanoflio.
Berlanga, Manuel Kodriguez de: Los nucvos bronzes de Osuna. Malaga,
187G-, 40.
Carapanos, M. Const: Dodone et ses Ruines. Paris, 1877, 8».
De Witte, J.: Satyre bronze trouve k Dodone. Paris, 1877; gr. 4".
Dorn: Collections scicntifiques de l'Institut des laiiguos orientales du Miuistere
des affaires etrangeres. II. Monnaies des Klialifes etc. St. Petersbourg,
1877; 80.
30*
428
Mittheihingen aus Justus Perthes' geographischer Anstalt von Dr. A. Peter-
manu. 2-4. Band, 1878. I. Gotha, 1878; 40.
,Revue politiqiie et litteraire' et ,Revue scientifique de la France et de
l'Etranger'. VII«= annee, 2« serie No. 31. Paris, 1878; 4".
Rosen, Victor Baron: Collections scientifiques de ] "Institut des langlies
Orientale« du Ministere des affaires etrangeres. I. Manuscrits arabes.
St. Petersbourg, 1877; 8".
Schuerman, H. Inscriptions Romaines d'Arlon. Liege, 1876; S". — Sur les
Horae Belgicae du Dr. F. X. Kraus. Liege, 1872; 8". — Inscriptions
Beiges ä l'Etranger (Suite). Liege, 1871; 8".
Statistisches Departement im k. k. Handelsministerium: Nachrichten über
Industrie, Handel und Verkehr. XIII. Band, IV. Heft. Hauptergebnisse
der österreichischen Eisenbahn-Statistik im Jahre 1876. Wien, 1878; 4".
Strassburg, Universität: Akademi.sche Gelegenheits-Schriften pro 1876/7.
53 Stücke; 4« und 8».
Verein, Militär-wissenschaftlicher, in Wien: Organ. XVI. Band, 1. Heft
1878; Wien; 8«.
Ezach. Grammatische Studien zu Apolloiiios Rliodios. 429
Grammatisehe Studien zu Apollouios Eliodios.
Von
Alois Rzach.
J_/as Verliältniss des ApoUonios Rhodios zu den gram-
matischen Stadien der älteren Alexandriner hat Merkel in
seinen gründlichen Prolegomena nach verschiedenen Seiten hin
beleuchtet; nicht minder lernen wir daraus vielfach die Unter-
schiede zwischen der homerischen Sprache und der des Apol-
lonios kennen, soweit es sich namentlich um Wortbedeutung und
Sprachschatz handelt ; auch fanden die letzterwähnten Fragen
sowie die Darstellung der Diction des Dichters in einigen guten
Arbeiten ausführliche Erörterung. Dagegen mangelte es bis jetzt
an einer systematischen Darstellung der Grammatik, respective
Formenlehre dieses Hauptvertreters des gelehrten alexandrini-
schen Epos, obzwar sie bei der eigenthümlichen Stellung, die
der Dichter in dieser Hinsicht einnimmt, interessante Beiträge
zur Würdigung desselben liefern und auch in textkritischer
Beziehung nicht ohne Belang sein muss. Die vorliegende Arbeit
nun will eine solche Exposition der Formenlehre des ApoUonios
sein. Im Grossen und Ganzen erweist sich der Dichter einer-
seits als genauer und bedächtiger Nachahmer der alten epischen
Sprache, auch in Details sucht er ihr ehrwürdiges Gepräge zu
wahren, indem er sogar solche alterthümliche Formen da und
dort in seinen Text einflicht, deren Verständniss ihm bei dem
damaligen Stande der grammatischen Kenntnisse nothwendig
abgehen musste. In dieser seiner Nachahmung der altepischen
Sprachformen folgt er übrigens nicht nur seiner eigenen Ein-
sicht, in manchen Punkten hielt er sich vielmehr an ältere
alexandrinische Grammatiker; namentlich ist es Zenodot, dem
er sich mehrfach anschloss, leider auch da, wo dieser, wie z. B.
430 Rzach.
auf dem Gebiete der Pronomina, entschieden auf Irrwegen ging.
Apollonios versucht jedoch auch selbständig vorzugehen und neue
grammatische Gebikle zu schciffen, wie sie im alten Epos nicht
unmittelbar vorlagen. Mehrfach gelingt es ihm denn auch,
richtige, den Sprachgesetzen entsprechende Bildungen durch
Beobachtung der alten Muster zu Stande zu bringen, allein
auf der anderen Seite gewahren wir wieder, wie unsicher das
grammatische Verständniss zu seiner Zeit war, wo das Genie
eines Aristarch noch nicht die feste Basis der epischen Gram-
matik gelegt hatte. Manche Missgriffe von Seite unseres Dich-
ters zeigen dies ungewisse Schwanken in ziemlich deutlicher
Weise. So bietet uns der Einblick in die grammatische Seite
seiner Thätigkeit so recht das Bild des Eklektikers, der zwar
in der überkommenen zu einem eigenen poetischen Dialekte
gefesteten Sprache dichtet, doch aber wieder keineswegs zögert,
selbständigen Impulsen in der Schaffung neuer grammatischer
Formen zu folgen oder, wenn er solche bei anderen Zeit-
genossen oder Vorgängern fand und für angemessen erachtete,
sie sich zu eigen zu machen. Nicht immer freilich war dies
Vorgehen von Erfolg begleitet.
Ueber Aceeiit und Spiritus.
Zur Betonung.
Hinsichtlich der Betonungsweise bilden die Participia
a7.riyi\ie'/oq A 1260 aXaA7^[j.svo^ A 1190 und apY;p£[;-cvcv T 833 zu-
sammen eine Gruppe. Apollonios folgte in Bezug auf die
Accentuation der beiden erstgenannten der homerischen y.o'.vr^,
welche '^ 29 a.7:r,yiij.vni und v 333 ; 122 p 245 o 327 aAaA-(^iJ.evo;
bot. Herodian dagegen betonte nach Ptolemaios Askalonita diese
Participien wie die sonstigen Particip. Perf., vgl. Schol. T 335
Etym. Mag. 56, 26, Und diese Betonung bietet wenigstens bei
aXaXr,lji.£vo? auch Cod. G, in dem wir öfter die Normen Aristarchs
und seiner Schule beobachtet finden werden. Selbständig ohne
homerisches Vorbild Hess unser Dichter dieselbe Betonung bei
dem dritten der erwähnten Participien, bei äp-^p£[j.£vov eintreten,
wo G abermals apY;p£(JL£vsv aufweist.
Grumniatische Studien zu Apollonios Rhodios. 431
An die genannten Wörter schliesst sich eng- an TusTTTaixsvov
B 405. 1145. 1270 (so L) ava-sTJTÄiXiVov B 609 (L ava7i£7UTa[X£vov
jposter. acc. del.^ Merkel). Da xs-iap-at frühzeitig Präsens-
bedeutuug- annahm, so ist diese Accentuation leicht erklärlich.
Herodian freilich betonte strenger Analogie folgend auch hier
7:£7:Ta[;.£vov, wie uns das Schol. zu Apollonios Ji 1270 berichtet:
'Upwotavbc; Trapo^UTovo)? ; wiederum findet sich im Cod. G diese
Regel befolgt. Die homerischen Stellen 'r:e.'KTa[jA'/a.q <I> 531 äva-
7i£7:Ta[j,£vaq M 122 sind für die Accentfrage dieses Particips
ohne Nutzen.
•ripCia^x: \ 1309. 1323. 1358. Die Ueberlieferung stimmt
hier genau mit der von Herodian festgesetzten Norm der Be-
tonung überein, die uns das Schol. zur erstgenannten Stelle
bewahrt hat: xpsTCcpiffTrwjAdvwq 'Hpwo'.avb^ £v to) ix fr^ivi, zv, a•JvcCKO'.vr^c,
Tcu r^gtJi'.Qaa. r) avil tou '/-pcoTvai.
|jt.£Aav£T A 1574. L [AcXav£i ,priore accentu transfixo^
Merkel; die Unsicherheit in der Ueberlieferung rührt von der
homerischen Stelle H 64 her: [X£Aav£t oi x£ tcsvto; •j'k auT^?.
Ptolemaios Askalon. betonte nach dem Berichte des Schol. zu
d, St. ,y.£Xäv£i WC o'.oavit, allein das demnach vorauszusetzende
Wort |j.£Xavw ist fast ganz ohne Analogie, vgl. Curtius Verb.
I 260. Apollonios las aller Wahrscheinlichkeit nach [;,£Aav£T,
wie die corrigirte Schreibung in L bietet. Dafür spricht eine
Stelle bei seinem Lehrer Kallimachos Ep. 53. 1 xbv io -/.aAbv
[j-cXaveCiv-a ; auch sein Zeitgenosse Aratos schrieb [XiXavcuaa 817
;/.£Aav£'j(jat 877, wonebeu [ji,£Aav£T 836 nicht in Betracht gezogen
werden kann, da hiezu die Variante [j,£Aav£i vorliegt.
-Ar,[^.y.jp(-: B 576 A 1241. 1269, so LG. Das Schol. zu B 576
aber berichtet von einer doppelten Betonungsweise : TrA-^jj.upc;;
(siel -/.al ■ÄAr,[/upi!;. o'./w;. i;j-£'.vov 6k 7wAY)[x[j,upi(;. toc yap axb ßapuibvwv
pT,[/äT(ov O-rjA'jy.ä 0V5[j.aTa de, t; o^üvöTat, ßa!jrA£uco ßaafAiq ';uA-/;[;.[j,upw 'r:\rt]i.-
[rjpi?. Unser Dichter folgte der gewöhnlich gebräuchlichen Accen-
tuirung, vgl. Hom. 1 486, wenngleich auch hier die Meinungen schon
in alter Zeit auseinandergingen. Schol. 11 zu d. St. ■;:A-^[j.[;.upt;
•TTpcjcapo^üviTat, t'.ve; oi o^utövoj;. Eustath. 1640,50: xo oi 'i:kT^\).\j.\>^\c,
vMzq Twv 'nraXatwv 7üpo7:apo;uvo'ja'. y.al cf vioq C£ [j. -^^ic^O'^j'JVK
Täp^£a A 1238 Tapo£7'.v A 13 als Substantiv gebravicht, da-
gegen -rapcpix A 1195 (wie Hom. A 69) als Adverb regelrecht
betont. Apollonios hielt sich an Aristophanes' Kanon : Schol.
432 Kzach.
0 606 : Täpc-e^'.v w? ßeXetJiv ol rcAeioj?. 7.al r)[t.t{q ce QU-^y.a'.xav.fii[).z.^x.
oh -{dp icT'.v £7:iÖ£tix6v, w; a^'.oT Tupavv(o>v. 5 [xevioi '.\pi(jTOsävY); ey.eTv;
(Sir]a'V, CT', eav [xsv Totc oacssiv w? ßiAsci, Txpsectv sav ch xb exiOstixiv,
xapcpEC'.v w; ozss'.v, vgl. auch Schol. E 555 A 69 und La Roche,
Hom. Textkrit. 361.
oÜAay.o; A 132 (Nominat.) Schol. . . tcu os suXaxcc o^uTovrjTsov
Tr,v -Kpcorrjv. 'Hpwo'.avb? 0£ rr,v TSAe'JTai'av o;üv£'.. Aristarch betonte
ebenso wie Herodian : Schol. ü 566 ApicTap/o; y.at' i;ETav Tas'.v
xposcpspeTO wg ©poupou?; das Appellativ ffha-AÖc begegnet bei Homer
nur au dieser Stelle in der Form sjAay.oJc. Apollonios betoute
also auch das Appellativ so, wie bei Homer nur der Eigen-
name 4>'jAaxoq accentuirt ist, z. B. <I>'JAay.ov Z 35 *I>uAäy.o'.o o 231.
wjj.rjC-so) r 852 wjXf(Gr/^v ß 1259 ibiJ.r,7-:f,(jiv A 672. In den
homerischen Gedichten betonte Aristarch auch so, Tvrannion
aber w[j.Y]3rr;c, vgl. Herodian zu A 454. Hom. A 454 X 67
Q 82. 207.
Spiritus.
aoivoq. Die Ueberlieferung bezeugt an der weitaus grössten
Zahl der Stellen den Spiritus lenis: aotvc«; T 616 äoivw B 478
aotvcv A 276 F 748 aSivf, A 29 (L von erster Hand aotv^, von
zweiter in ao-.v^i corrigirt) 1422 aoiv(^v F 635 OLO'yd A 1083 aoi-
vwTspov A 269. Abweichend liievon hat L aotvw F 1104 aoivy;c
F 1206 aciv^ A 1528; G hingegen schreibt überall den Lenis.
Merkel setzte im Texte durchwegs den Asper, allein ohne
triftigen Grund. Die Schreibw'eise der Homerhaudschriften ist
schwankend, doch zeigen sie überwiegend den Lenis, und das
scheint die vor Aristarch gewölinliche gewesen zu sein. Die
Aspirirung des Anlautes gehörte, wie La Roche Hom. Text-
kritik 180 richtig vermuthet, wahrscheinlich Aristarch an;
sicher ist, dass Herodian den Asper setzte (Schol. Hom. I» 87).
Die ältere Schreibweise nun zeigt auch die Ueberlieferung
unseres Dichters, da wir sogar in G, einer Handschrift, welche
sonst an verschiedenen Stellen die Umformung des Textes
nach den grammatischen Regeln des Aristarcii darstellt, con-
sequent den Lenis durchgeführt finden. Zweifelsohne ist dem-
nach überall der Lenis zu setzen.
Ebenso verhält sich die Sache mit äOpso;. Apollonios' Text
kennt nur den Lenis: aOpco; A 428 15 97 aOcccv A 1446 %;;••
Grammatische Stadien zn Apullouios Rhodios. 4dd
A 1007. 1051 B 828. 1064 A 674 ÄOpca-. 1 1297 «öpca r 1361.
A 24. 34. 610. 666. 710, L und G stimmen durchwegs überein.
Unser Dichter folgte allem Anscheine nach dem Vorgange
Zeuodots, welcher nach Aristonikos zu I 641 aOpic. r/. Aavawv
(für -a-^6jo; ix A.), also mit Lenis, schrieb. Aristarch und Hero-
dian setzten den Asper, Schol. 1 38 a 27.
a[/.o:;iT6c. eupslav -/.ax' aixa^-.Tcv T 874. 1238. Die Psilosis ist
auch homerisch X 146 xa-:' a[xa;'.Tiv, ebenso Hom. Hymn. Dem. 177
y.c'A-rjv 7,7.-' a[jLaq'.Tcv. Dagegen finden wir bei unserem Dichter
A 845 in L (G hat hier eine Lücke) (k\).dqoi.'.c. Selbstverständ-
lich ist auch hier die Psilosis herzustellen, vgl. Hom. Q 711
ir. iV.a;av (Eustath. 913, 44. 1156, 19).
aijL^i t' äpa'.ä; Ivac T 762, so L; G ö' apaia;. Diese letztere
Leseart repräsentirt wiederum die aristarchische Vorschrift
(vgl. La Roche, Hom. Textkrit. 201 sq.) nach Schol. ß L zu
E 425. Der aristarchisch - herodianische Kanon (Herodian zu
:!^ 411) steht auch hier im Gegensatze zu der genuinen Schrei-
bung des Apollonios.
ispar; r 1020 L ; G eeparj. Den Asper wollte Herodian (zu
N 453) und Eustath. 1546, 47. Der rauhe Hauch ging auf den
vor dem einstigen Diganima stehenden Vorschlag £ über, ist
also unorganisch. Gleichfalls aspirirt erscheint das hiezu ge-
hörige Adjectiv ipor,i-: A 751. 881 A 1302 kporivm ß 1004
kp<jr,vnx. A 970 kpariz-ca: A 1172 (nur A 751 steht in L offenbar
aus Versehen der Lenis, ebenso ß 1004 in G). Homer hat nur
hpar,e'.(; mit der Variante £epa-/;e'.; ü 419.
£'J/t6a)vT0 B 811 r 118 i'J/iaasOzi T 950; diesen aspirirten
Formen gegenüber hat L i'}j>.ibiviy.i A 459 ; hiezu bemerkt der
Scholiast: rapoi. rr^v £'i/(av, r, eaii cia Aoywv Traioia, olsv iizeaix Tic
ouc7a, ■::apa to 'i7:o:. oih y.al -V-XoDiat. ot£ ok cxa6v£-a'. avTi toü «xo-
AouOcjff'.v. Zu diesen Erklärungen führte den Scholiasten das
Schwanken des Spiritus, das uns auch in der homerischen
Ueberlieferung entgegentritt. Der Ursprung des Wortes selbst
ist dunkel. Hesychios leitet es von £-oixai ab und erklärt es
als i[).''/J./., doch ist es wahrscheinlich dasselbe wie das
hesychische 'lud^zvf und das aristophanische tbiicoza Lysistr. 1304
und darnach der E-Laut eine Art Vorschlag wie sonst vor
digammatisch anlautenden Wörtern (vgl. Curtius, Grundz. 710
sqq.). Für den Spiritus sind die zwei homerischen Stellen, wo
434 Rzacb.
dieses Verbum vorkommt p 530 cp 429 auch nicht massgebend,
wohl aber das Compositum e^c'j/'.owv-ai t 331 sos^J^iöojvto t 370.
Ist jene Zusammenstellung- mit J^iai^stv richtig, so ist der Spiritus
asper nicht organisch begründet. Im Hinblicke auf s.otfl».7.o\xa'.
scheint es unzweifelhaft, dass auch Apollonios die Form mit
dem Asper angewendet hat. Auch bei Kallim. Artem. 3
Dem. 39 haben die meisten Codd. den Asper.
teixevoi A 923 L ; G dagegen hat ie[j.£voi, wie A 738 auch
L bietet. An allen übrigen Stellen, wo t-^[j.t oder tc[j.a'. vor-
kommt, ist es aspirirt. Schon in den homerischen Gedichten
findet sich die Psilosis öfter (vgl. La Roche, Prol. z. Odyss.
XXXIV), so gut bezeugt l'scOs M 274 Isviat ■/ 304, klar liegt
sie vor bei Hesiod Th. 830 Tuavxo'/rjV Ht:' ?sT:7at und im homer.
Hymn. XXVII 18 (Baumeister) a[j,ßpo(7r/]v ox' le^aaL Es ist
daher durchaus begründet, wenn die neueren Herausgeber die
Ueberlieferung von L an der berührten Stelle festhalten.
Auffallender Weise begegnen wir bei Apollonios auch
dem Adjectiv 'Eioiou ß 686 und 'Eonov 700 als Beinamen des
Apollon. Es liegt also hier eine dem epischen Sprach-
gebrauche fernliegende, vom neuionisch-attischeu smc, abgelei-
tete Form vor, mit dem illegitimen Spiritus asper. Das Ein-
dringen dieser Form (statt 'q(^oq oder rioXoq) an den genannten
Stellen erklärt sich aber, wie ich in der ,österr. Gymnasial-
zeitschrift' 1877 p. 103 ausgeführt habe, dadurch, dass der
Dichter hier der Erzählung des Mythographen Herodoros folgte,
welche das Schol. zu B 684 erwähnt, und die prosaische Form
'Eöisc, die er bei demselben vorfand, weil sie hier die Geltung
eines Nomen proprium hatte, unverändert aufnahm. Keineswegs
aber gestattet er sich, koaoq als Appellativ anzuwenden, wie sich
aufs Deutlichste aus der Zusammenstellung von 'Ewioj und -/jwc;
ß 686 sqq. ergibt:
£t o'ä'Ys oy; vYjsov [jiv "Ewiou Atucaawvo^
r/^vB' i£pY)v 7.A£i(0iJi,£v, ezz\ xavTcCfft ^aävO-/]
■fi (]) 0 q |j,£Tta)v.
Kallimachos freilich, der auch sonst specifische Atticismen
nicht scheut, schrieb £<|)c; als Appellativ Fr. 52. 3. Später hat
Nonnos von dieser attischen Adjectivform mehrfachen Gebrauch
gemacht.
Grammatische Studien zu Apollonios Rhodios. 4oO
Ziiiu Yocalisnius.
1. Kurze V o c a 1 e.
OL. Bemerken swerth ist das Adverb inraiOa B 735; es gehört
zu den homerischen Aeolismen (vgl. Hinrichs de hom. eloc.
vestig. Aeol. 61), von unserem Dichter nach Homer 0 520,
<1> 271 X 141 entlehnt; a steht hier gemeingriechischem e
gegenüber.
a erscheint im Präfix api, das neben spi^ welches wenig-
stens der Bedeutung nach jenem nahesteht, oft begegnet. Die Zahl
der mit den beiden Präfixen zusammengesetzten Wörter ist bei
Apollonios fast gleich gross : api'cYjAo; T 727 aptor^Aa F 615 api'CvjXoq
r 958 ipi'Qr^hO'. ß 250 ap'.-(;xoo; A 1707 apiTcpsTueiov A 1192 aptcppa-
Uoiq r 315; spt bei: epißwir;? A 71. 73 B 1040 IpiO-^Xia ß 723
eptcOevicov A 41. 543 epuoXat A 1778 eptwXa; A 1132.
£. Zvi erwähnen ist nur das vor einstigem Digamma-
anlaut vorgeschlagene s, das unser Dichter bei einigen Wör-
tern, die es bei Homer aufweisen, beibehalten hat: seXotop A 282
und das zugehörige Verbum ssXosxo ß 949 F 383. 747. 819
eeXBcixevoc; F 1259 A 186 ££Xco[j.£vyj F 956 eeXcoi^ivw ß 50 scXoo-
[jt£voiai A 984 ß 1092. 1285 F 522 A 1415 ££Xoopivou; F 601.
Scheinbar abweichend hievon lautet die Ueberlieferung A 110
lj.eia. o' 'i5X'jO£v £Xoc|X£vo'.(j'.v. Allein jenen Formen gegenüber, die
stätig den Vorschlag des £ zeigen, ist zweifellos [j-tzcx. o' -i^XuO'
££Xoc[Ji.£vot(jiv herzustellen. Der Abfall des £ oder t vor fol-
gendem Vocal anstatt Herbeiziehung eines v ephelkystikon
findet sich öfter : TiEjAs' 5 Y£po3v ß 463 ££ii/' toc, F 455 Xäß' "^via
F 1153 £!7t' ccvqq A 1262. Ebenso muss A 546 aür^ £v ££Xo£to
vv^ffw mit Wellauer und Lehrs geschrieben werden, während in
LG die Präposition zum Verbum gezogen ist, £V££X3£to. Merkel
schrieb nach dem Vorschlage von Facius und Hermann £vt
£'X5£TC, Avodurch die Zahl der Hiaten, die an und für sich bei
Apollonios gering ist, unnöthigerweise um einen vermehrt wurde.
Den Vorschlag £ finden wir ferner bei ££pY£'.? F 427 idp^Etv
A 1207 iipye~xi A 309 ££pYot;.£VYj F 649 ee.p-'(o\j.vfO'.G':f F 184 espYÖ-
lj,£va'. A 775 ££pYov ß 201 (££pYiJ.£vov ß 550 und ££pYij,£vct A 1580
gehören nicht hieher, da £ hier liest der Reduplication ist).
Daneben nun sagt unser Dichter allerdings einmal auch atSoT
436 Rzacli.
o' £pYC|xevr;v T 653, aber das ist Nachahmung' des homerischen
^ TS /.al epYoijivY) P 571; ebenso verhält es sich mit dem nur
einmal bei unserem Dichter vorkommenden sTpye A 1639, in
dem die zwei zusammenstossenden e in den Diphthongen zu-
sammenflössen. Auch in diesem Falle hielt er sich an Homers
Vorbild, wo diese Contraction auch nur ein einziges Mal vor-
liegt: M' 72 T^A£ [).e El'pYcuffi ^jy^ai.
i. Die Bildung IIoG'.c-i^tov mit i, während wir in Iloae'.oäojv
den Diphthong sehen, verwendet Apollonios einmal A 1279
nach dem homerischen Vorgange B 506 C 266 Hom. Hymn.
Apoll. Pyth. 52.
0. avaßpo^aaa A 826 y.ataßps^aaat B 271 ; obwohl L an beiden
Stellen ein w statt des kurzen o-Lautes aufweist, so ist doch der
letztere zu schreiben. Die Scholien berichten darüber Unbrauch-
bares. Schob E zu Od. 0 222: •/.ai;aßps;c'.£v. YpäosTai y.ai (j-'.y.pbv /.al
[j.i^(a. 0T£ p.£v yäp Aa[J.ßav£Ta'. avil toj y.aTa-iv], t6t£ tö ßpo [xapbv «Trb
xoü ßpc/w. oxav 0£ avTi tou y.axacpaYTf], I-'-^Ys: ßpw. Schob H: ct/w;
'0 Ypa^Y^. Diese vom Scholiasten versuchte Differenzirung der
Schreibweisen basirt aber auf der Annahme der ganz unmög-
lichen Form y.aTaßpw^£i£v ; das zu Grunde liegende Verbum kann
nur ßp=xoj sein, da ein Aorist E'ßpw^a zu ß'.ßpwcy.o) überhaupt gar
nicht, ein Futur ßpwHw erst bei Lykophr. 678 vorkommt. Apol-
lonios Soph. 96, 5 bewahrte das richtige y,aTaßpc;£'.£v. Wir wissen
ferner, dass Zeuodot o schrieb, Schob zu P 54: Zv)v63oto; oia tou o
ävaßsßpoxcv, 6)q ixcT ,aAA' ex' avaßpö;£t£ (ia\düGT,q' [t. 242. So schrieb
natürlich auch unser Dichter, G hat wenigstens B 271 das o bewahrt.
oij,apxYi A 538; die homerische Paradosis und Herodian
schrieb aiAapxvj, Aristarch «[^.apxr,, daneben aber bestand die
Schreibweise bM-apxf, seit früher Zeit (vergl. La Roche, Hom.
Textkrit. 188), ja auch im Veuet. A steht bei ^571 b[f.apvfi am
Rande. Unser Dichter schrieb mit der Paradosis wie sein Lehrer
Kallimachos Hymn. Artem. 243 ^p.apx'f). In G fehlt das Jota
subscriptum, was eine Annäherung an die aristarchische Schreib-
weise darstellt, wie uns das bei dem bekannten Verhältniss der
in diesem Codex enthaltenen Redaction der Argonautika zu den
aristarehischen Normen nicht Wunder nehmen wird.
Aus dem homerisch - epischen Sprachgebrauch entlehnt
Apollonios einmal auch das Subst. :p/aiJ.ov A 330, worin o aus
a verdumpft ist.
Grammatische Stadien zu ApoUonios Rhodios. 4d7
■j. äVAustc. Dies den homerischen Aeolismen angehörige
Adverb verwendet unser Dichter fast nur in bestimmten For-
meln mit ä'AAo; vereint, wie er es bei seinem Vorbilde vorfand:
iAAuo'.? ä'AXoc A 1293, 1462 ä'XAuo;; a'AAo-. A 513 öTaauc'.c akXri
ß 980 äAAüOt; xAAa-. A 794. Nur A 353 steht iAAuot; für sich
allein: sx'jrpo/.aAsscajj.evr, äysv äXAJO'.c.
dcp-jotc. Diese g-leichfalls äolische Adverbialform gebraucht
ApoUonios nach homerischem Vorgänge A 239 und an weiteren
zwanzig; Stellen, wie auch Kallimachos Fr. 216.
Dem homerischen Sprachgebrauch ist ferner entnommen
der Comparativ S'TuaffauTSpo; A 579 sTraccutsp-/; B 472 s-acrauTspou?
A 994, worin das j äolisch aus o getrübt ist, Schob Hom. A 383
iTzxzGd-epov A'OAr/.sv eartv aciov aacixspo; ass'jxspo;, w; övo(;.x ovu[xa,
/.at £T:a(77UTspoc.
Endlich ist zu nennen cp-uvsponepov B 244 c[iu-(ipMXo^-o'. B 374
rsii'jyzpG):; A 380, das die äolische Form zu [xo-fspo; (bei Apollon.
\xo-(tpoh r 853 A 37) darstellt. Homer hat das Adverb eTcicjAu-
Yspw; Y 195, vergl. das Scholion dazu; das Adject. kraaij:j-(zp-fi
Hesiod A. 264.
2. LangeVocale.
5. Langes a haben ionisch - epischem Sprachgebrauche
gemäss statt der später eintretenden ionischen Brechung in r,
bewahrt:
Osa im Nomin. A 289 und an fünfzehn weiteren Stellen,
e£a; A 226. 721. 768. 802. 1150 B 423 Y 147. 940 A 436. 643
Osa A 251 Osav V 1037 A 781. Dagegen findet sich Osr,;
r 252 A 241 Osf, r 549, und zwar sowohl in L als G.
Merkel änderte diese Formen in die gewöhnlichen um, doch
gewiss mit Unrecht. Im nachhomerischen Epos bricht sehr
bald das Bestreben hervor, auch in diesem Worte das all-
gemeine ionisch-epische Gesetz vom Uebergange des langen a
in r, durchzuführen. Schon im Hom. Hymn. auf Dem. 183 und
279 lesen Avir wohlbezeugt Os^c und im späteren Epos tauchen
derlei Formen immer häufiger auf, so hat Kallimachos Osi^ im
Hymn. Zeus 37. Artem. 119. 151, fhf,z Hymn. auf Del. 431 Fr. 164;
Nikandros Or^c Ther. 16 Oe-z^v Ther. 487 Quintus Smyrnaeus Ö£^?
XH 1 12. 378. 455 XI V 464, Osv^v V 563 f vgl. auch Koechly, Prolegg.
zu Qiiint. LI § 2), Triphiod. Oer,; 57. 137. 444. 648 Musaios fhf,q
438 Rzach.
55. 126. 145 Dionys. Perieg. Osy] 828. In Zusammensetzungen
ist •/) bereits bei Homer und Hesiod vorhanden: 'AixtpiOsY) - 416
E-osOi-o 0 366 As'jy.oOsr; e 334 llaciOer)v E 269. 276 IlaGiÖey] He-
siod Th. 247. Wir werden demnach durchaus berechtigt sein,
an jenen genannten Stellen die handschriftliche Ueberlieferung
als die genuine Schreibweise des Dichters anzusehen.
Weiters haben wir eine Reihe Eigennamen anzuführen,
die a für -q bewahrten, und zwar nach homerischem Gebrauche:
TpiJ,£fac B 1145 A 121 'Ep\j.öiy.v Y 588, nur A 1137 haben
L und Gr 'Ep\iöir,q, was zweifellos auch hier im Hinblicke auf
die constante homerische Schreibweise und die sonstigen Stellen
zu ändern ist. Ein Missgriff von Brück war es, B 1145 A 121
gegen die Ueberlieferung 'EpiJ.ti-qq zu schreiben. Apollonios stand
hier im Gegensatze zu Kallimachos, der Hymn. Artem. 69. 143
'Epi).sir,q, Del. 272 'Kpij.d-ri sagte.
ä statt r, ohne homerisches Vorbild finden wir bei etlichen
Eigennamen, die der Dichter in ihrer epichorischen Form in
sein Gedicht aufnahm: Q-qpocq (aus Sparta, Schol. zu A 1763)
A 1762, "loa; (Peloponnesier aus Arene) A 151. 462. 485. 1004
B 830 r 516. 556. 1170. 1252, "TXac (Herakies' Gefährte) A 131.
1207. 1258 "VXav A 1324. 1354; zu diesen Personennamen
kommt der Name des bithynischen Flusses 'Pi,^xq, im Accus.
Tv^ßav ß 349. 650.
Dagegen lesen wir bei Apollonios 'Psir^v A 1139, 1151
B 1235, während Aristophanes und Aristarch nach dem Schol.
Hom. i 203 diesen Namen mit ä schrieben : o'.a toj a Töi'a^ al
Ap'.c7Tap)^ou. o'JTO)? y,al 'ApiaTO^av^c;. Merkel Proll. LXXX und La
Roche Hom. Textkrit. 302 vermutheten mit Recht, dass Ze-
nodot hier r, bevorzugt haben mochte, da wir wissen, dass er
z. B. Aixciäpr^o? 0 244. 253 'Xpvqirr, Z 592 X 231 schrieb, vgl.
Düntzer, Zenodot p. 50. Diesem Kritiker mag Apollonios sich
angeschlossen haben und dies um so eher, als auch Kallimachos
in jenem Worte r, schrieb : 'Veir, Hymn. Zeus 10. 28 Vdr,q
ibidem 13.
Unser Dichter schreibt ebenso Auy£iy;c 1' 440 Aüys'-iqv
r 197. 363, während wir bei Homer AuYet'a? A 701 vorfinden.
Möglicher Weise schrieb auch hier Zenodot Auysiy)^ und folgte
ihm darin unser Dichter. Leider schweigen hier die homeri-
schen Schollen.
Grammatische Studien zu Apollonios Rliodios. 4:öv
Wie im alten Epos Ianjo;es a statt r, in den mit dem
Dativ vauji zusammeng^esetzten Eigennamen begegnet, so bei
Apollonios in NajjiOoor A 550 Nrja-.Gio'.o A 539. 544. 547, vgl.
Hom. r, 56 Hesiod. Tb. 1017. Derlei Namen sind Reste sehr
alter Bildungen aus einer Zeit, wo das ursprüngliche lange a
noch nicht im altionischen Dialekte in •/; gebrochen war. Der-
selbe Fall liegt z. B. in dem obenerwähnten 'Ep\).v.oLc, vor.
Endlich haben wir noch zweier Worte zu gedenken:
YäTO[j.£ovT£c B 1006. Der Dichter verwendete bei diesem
Compositum die dem ionisch - epischen Sprachgebrauch nicht
angehörige Form mit öt statt •/), vgl. dagegen z. B. -(r,-^{v/rfC.
O. Schneider wollte daher Aa-oiJ.eov-s; schreiben, was jedoch
unstatthaft ist, da man nicht wohl sagen kann iXXä t:'.or,po5cpov
cTU(pcAr)v yOiva AatJixs'ovTsc.
Langes a für •/; liegt noch vor in \)Av A 869 B 48. 1207,
und zwar in der Verbindung oh [xav im Versanfange. An der
ersterwähnten Stelle ist nun zwar die Leseart von L oü [j.äv
s'j/.Xi'.sIc nothwendig in ou (xsv staXs'.öTc zu ändern, wie schon
Hölzlin vermuthete (G sjy.As'sTc), an den beiden anderen Stelleu
aber ist [/.t/ festzuhalten, da ApoHonios hierin Homer folgte,
vgl. z. B. Hom. A 512. Auch dieses ij.t/ ist als ein Rest
uralten Sprachgutes aufzufassen, das den Urvocal x erhielt.
Uebrigens ist bei unserem Dichter der Gebrauch von [j.t/ auf
jene genannte Formel cü [j.av eingeschränkt, während die home-
rische Sprache eine weit freiere Verwendung desselben zeigt:
so in der Verbindung r, [j.iv B 370 r, er, [j.xv P 538 [xv] p,av
0 512, auch für sich allein steht es E 765 6 373 11 14 u. a.
Apollonios sagt sonst überall [j.y;v, so allein A 896 B 677.
812 r 125 7.at ij.-/;v z. B. A 69. 146. 161. 199 u. s.
r,. Dieser Vocal findet sich an Stelle eines sonstigen
kurzen y. in mehreren der epischen Sprache angehörigen Aus-
drücken.
rrrMiö r 981 A 11;U -qv^Oir,^^ A 308 A 1329.
vi;j.af):£VT2; A 948 -o-tJ-aOsscffav A 932. Die Länge des Vocals
trat höchst wahrscheinlich als Ersatz für einen ausgefallenen
Nasal ein, der in der Nebenform a'p,p.o? noch vorliegt.
o'Jc/^Vi|j,2v A 593.
Eine Reihe von Wörtern, die theils von a^f^tp abgeleitet,
theils damit zusammengesetzt sind, luit gleichtalls r, statt a:
440 Rzarh.
y-vopiY] r 189 A 1468 vjvopf/;; A 1052 y^vopiv) A 1198 T 512. 1053
r,^/opir;) A 75. 205. 483 av-z^vwp B 237 aY-/^vopo? B 2 aY-^ivopiY]?
B 150 xxrr'opir, B 481 AYY)vopic-/)c; B 178, und sechs Mal, Ayy)-
vopioao H 293 G-sp-z^vcpt A 212. 1051. Der arund der Vocal-
läng-e ist der Schwund des einstigen Digamma im Anlaut, wie
denn auch bei avr]p selbst das a an vielen Stellen unter dem
Schutze der Arsis lang ist.
avY]vuaT(p A 1307 nach Hom. x 111 und in der erst seit
den attischen Tragikern üblichen Form av/^vutoc V 502, von
avjo), das zur W. van gehört, deren einst anlautender V-Laut
das lange -q in der Zusammensetzung erklärt.
•^uxo|j.ov A 568, das einzige Beispiel bei unserem Dichter,
in dem der Ueberlieferung nach die Form ijüq erscheint.
Nicht homerisch ist arr^kezq A 1047.
ö. Nach homerischem Sprachgebrauch finden wir auch bei
Apollonios das eigentlich äolische Adjectiv i\).(i[j.My, wo ö für
gemeingriechisches o) eintrat, aber nur mehr an der einzigen
Stelle r 190 a(AU[;,ova «^I^pi^ov, wenn man von dem demselben
Stamme angehörigen Eigennamen A[xujji.wv/] A 137 absieht, m hin-
gegen steht regelrecht im Verb [/«[j.rjc-ovrai F 794.
(0. Unser Dichter gebraucht nur die Namensform Ato)vuaoi;
mit 0): Atwvucoto A 116 A 540 Aiomcw A 424, die ja auch bei
Homer die herrschende ist, während sie Hesiod ausschliesslich
anwendet.
In vdjGato A 1409 ist w das Product einer Contraction
= voY^caTo. Vor Apollonios finden wir sie schon bei Theognis
1298 'ma(x[).v/Qc, in derselben Form bei Kallimachos Fr. 345,
woher sie unser Dichter haben mag. Häufig ist sie bekannt-
lich in der neuionischen Prosa, so Herod. I. 68. 86 ewwcjac.
Homer bietet zwar kein Beispiel bei diesem Verbum, aber doch
£7:tßü)G0[j,at OL 378 ß 143 (= £'!rißo-/](70iJi.ai).
Statt des Stammvocals s im gemeingriechischen ttaso) haben
wir (.) in der ionischen Form dieses Verbs, welche Apollonios
ausschliesslich gebraucht: ttXwste B 348 tuXwouciv A 525 ava-
xX<oovTt A 905 otaTTAws'.v B 629 £^£7i:Aa);.».£v B 645 stc£-Xw[X£v
B 152, £7:'7:Xw£ay.ov A 549 {tOmm ist aus TrXcFjd) gebildet).
Endlich haben wir der Form wXy.ac V 1054. 1333 zu ge-
denken, welche wir neben auXay.ac V 1347 lesen, vgl. Hom.
N 707 c7 375. Kallimach. llymu. Art. 180. Dagegen liegt die
Grammatische Studien zu Apollonios Rhodios. 441
Form wAx; dem Compositum c[)Mka7.eq ß 396 b\).MXT/.a.q B 787
zu Grunde, sie wird vom Scholiasten als doriscii bezeichnet.
Scliol. zu B 396 oitMKTAtc- C[;.ojpo'.. ioKx/.y. vip Tv;v TjKxv.y. Awp'.y.öi;.
7.y.\ "O;x-/]po; /isij.evwv v.y.zx to'kv.y.'.
3. Eigenthümlichkeiten der Vocalquantität.
*ä. Lang-es y. statt des zu erwartenden kurzen erscheint in
der Arsis 1. in allen Formen des Adjeetivs aöavaxoq wie in der
epischen Sprache seit Homer, da dies Wort drei nothwendige
Kürzen enthält und sonst im PTexameter nicht zu verwenden
wäre. Aus demselben Grunde 2. in axai^aTO«; A 1656 a/.a[j.xTO'.o
r 519. 1028 ay.a[jLaTW V 1343 axa[^.aTov B 275 a-/.a[j.aTOt V 765
axa^-äist; A 1687 a-/.a[xa-Y)C'.v ß 661.
Die Quantität des a wechselt in folgenden Eigennamen:
In der Arsis ist a lang bei 'A'.oa T 61 A 1510 wie bei Homer;
die Länge des Vocals, die sich wenigstens in der Vershebung
erhielt, geht auf ursprüngliches \'J:zx aus "\rioa zurück (^Hartel
Hom. Stud. III 23). Dagegen zeigen die Formen von 'A-c-^;,
dessen a überall in der Thesis steht, dasselbe nur kurz: Aioao
B 353. 609. 642. 737 r 810 A 1666 AiBsto P 704 Aßv] A 1699.
Ebenso ist das a in AtcöXawv in der Arsis lang : AxsXXwvo;
A 403 B 686 A 528 'ArSkLui^n A 966. 1186 B 927 T 1283
A 1714 ATr6AA(.)va A 410 B 493. 700. 952 A 1729, dagegen
kurz in der Thesis: A-6aao)v A 307. 759 B 502 V 1181
'A-öAAtovo? A 612. 1548.
"Apy;; hat langes a in der Hebung: "Aprpz T 1357 'Apsot;
A 743 B 989. 990 T 1187. 1366 und als Appellativ äptoq
A 189, "Apst B 1205 r 1282, endlich äpsa A 1024; aber auch
in der Thesis 'Apr.t B 991 clpr,'. V 183.
Kurz ist das y. in der Thesis: "Ap-qq V 1227, 'Aprfiq B 385.
1169. 1230 r 411. 754 A 166 Ä'pr.o; B 870 «p-/;t T 393 i'pr.a
B 797 r 1385 Apsc; B 404.
Bezüglich der Quantität des a sind weiters bemerkenswerth:
a.x-(ic r 1251 im Versanfang, beide a sind lang. Die Länge
des zweiten ist nun allerdings organisch begründet, indem das
Wort ursprünglich äFaYe; hiess (W. fy.-{), und sie findet sich
denn auch regelrecht bei Homer a 575 atlv aavi? (Versschluss).
Apollonios aber gestattete sich auch die Längung dos anlau-
tenden a privans oöenbar aus falscher Analogie nach aÖävaTc;
Sitzb. d. phil.-hist. Cl. LXXXIX. Bd. II. Hit. 31
442 Rzach.
und a7.a[j.aTo;; doch ist zu beachten, dass die genannte Quan-
tität nur in der ersten Arsis des Verses Phitz hat; diesem
Vorgange folgte später Quintus Smyrnaeus VI 596 aavec cöp'j
[xa/,p6v, gleiclifalls im Versbeginn,
aacxjrr^v. Das anlautende a, das nur in der Vershebung vor-
kommt, ist überall lang A 1333 (II. Arsis) B 313 (I. A.) 623 (I. A.),
vgl. Hom. I 116. 119 T 137. (Bei Homer ist es auch in Thesi
lang bei aaaaxo A 340, kurz jedoch I 537.) Die in der Hebung
durchweg erhaltene Länge rührt von dem hinter dem a ver-
klungenen Digamma (Hartel Hom. Stud. III 25). Im Passivaorist
variirt die Quantität des a auch bei unserem Dichter: die Länge
finden wir in ädcOv) A 817. 1080, beide Male im Versanfang,
kurz in der Thesis bei aäffOr// A 412 (Versschluss). Bei Homer
steht in diesen Formen das a nur in der Senkung als Kürze,
z. B. T 136. Wohl aber steht im Hom. Hymn. Dem. 246 aäoOy;
[j-iva fyj\xM mit der Länge des a in der vierten Arsis. Unser
Dichter ahmt diesen Vorgang nach, doch insofern nur bedingt,
als er vorsichtig nur an der hervorragendsten Versstelle (in
der I. Arsis) die Länge des « zulässt.
Bei asi'so) und den zu diesem Stamme gehörigen Wörtern
überhaupt ist das a bei Apollonios überall als Kürze in der
Thesis, nur aeioouca'. A 1399, das den Vers schliesst, zeigt es
in Arsi lang. Auch bei Homer haben wir nur eine Stelle, wo
unter dem Schutze der Arsis sich die durch das einstige Vor-
handensein eines Digammas (aFsiow) begründete Länge erhielt:
p 519 dccicY) osoaw; l-e' IfxsposvTa ßpotcTci. Ausserdem begegnet
die Länge in der älteren epischen Sprache in der Ilias \v:/,^i
Fr. 1, 1 "I/viov a£{o(j) -/.al Aap3av(r,v eÜTcwXov^ dann in den Hom.
Hymn. allemal bei «si'ooj in der zweiten Arsis XII 1 XVIII 1
XXVII 1 (nach der Ueberlieferung auch XXXII 1 in äcicstv);
ein unmittelbares Vorbild hatte unser Dichter an Kallimachos:
asi'oio in der IL Arsis Fr. 138 2, «sicst in der I. Arsis Fr. 42,
u'Tuaei'Souc'.v in der II. Arsis Hymn. Del. 304.
«saav A 884 mit langem « in der IV. Arsis (W. ar Curtius
Grdz. ^ 390), vgl. Hom. äica t 342, ascaiAcv y 151, woneben bei
Homer in Thesi das a auch als Kürze erscheint ä'ssav v 490 o 188
aecat o 40.
ä'is A 124, äicv R 1256 mit langem a in Arsi, vergl. das
homerische äiov 0 252 ä'ic K 532 <I> 388; auch hier ist die
GrammatiEclio Studien zu ApoUonios lihodios. 440
Länge etymulogisch begründet (ursprünglich dFi'o)). In den
übriaen Bärmen des Verbums steht a in der Thesis als Kürze.
aij.äü). In der Vershebung stellt sich die Quantität des an-
lautenden a durchweg als Länge dar: a[j.wiov F 1382 (I. Arsis)
aijtwovxe; T 1187 (II. A.) a[i.T,czv^0L\ A G88 (V. A. Versschluss)
ay:r,^Tntq A 1183 (V. A. Versschluss) ai/v^cacOai A 989 (V. A.
Versschluss); in der Thesis ist die Quantität" eine wechselnde;
die Kürze finden wir bei aij/^cai A 374, aiJ.r^Gy.xo A 1305, daneben
aber ist nach der besten Ueberlieferung auch einmal die Länge
möglich: T 859 KacTriY) sv -/.ö/Xw aij/Z^caio oapfJLaaGcffOai, wenn KaaTciY)
mit kurzem i gelesen wird. Durch die einzige Stelle, die nach
der Ueberlieferung bei Homer in der Thesis ein langes a aufweist
t 135 dq &pxq a|ji.w£v wird jene Länge bei ApoUonios nicht gestützt,
da die Leseart nicht sicher ist: H. vp. ajxjxowsv (La Roche «[x;o)£v?).
Ausserdem ist im Medium dieses Verbs a bei Homer überhaupt
überall kurz, da der rhythmische Werth dieser Formen, wenn
das a als Kürze in der Thesis verwendet ward, sie geeigneter
machte zum Gebrauche im Hexameter. Es wird sich daher
empfehlen, statt des überlieferten sv nach Brunck's Vorschlag ivi
zu schreiben, welches unser Dichter zwar nicht ausschliesslich,
wie Gerhard, Lectt. Apollon. 97, meinte, doch aber mit Vor-
liebe braucht. Zugleich erhält der Vers dadurch einen besseren
Rhythmus. Die in Folge dieser Aenderung erforderliche Länge
des '. in KacziY) aber darf kein Bedenken erregen, da doch den
Eigennamen betreffs der Quantität der Silben eine Ausnahme-
stellung eingeräumt war.
Ein auffälliges langes a bietet die Ueberlieferung von L
(G hat hier die Lücke) in A 821 y.'li av£pyc[j.£vouc 0p7;/.wv oi-rzo
|xY)7.£Ti TTup-j-cci;. Die Herausgeber blieben theils bei der hand-
schriftlichen Leseart, sich auf Homer A 392 berufend (so
Wellauer und Merkel), theils schrieben sie er.y.'npy^o[j.ivo'jq nach
den Codd. Regg. (Brunck). Allein an jener homerischen Stelle
haben Cod. AHNO Townl. Ilarl. Vrat. a. ex corr. oi'b avaspyo-
[jLsvo), andere Codd. ä'h xnpyo'j.vH,) (wie die Ueberlieferung bei
unserer Stelle in L lautet). Bentley conjicirte nach Z 187 ol'l
ä'p' avcp/o[j,Evw, was zumeist Anklang fand. Allein mit Recht
hat La Roche neuerdings avaspxojxevw in den Text aufgenommen,
denn der Hiatus im Innern des Wortes ist ganz derselbe wie
in TW 5' £TCio!Jscp.£vw P 381 an derselben Versstelle; ebenso lesen
31*
444 Rzach.
wir an anderer Versstelle e-'.idtz\ion I 167 ß 294; da bei diesen
Verben an einen ursprünglich eonsonantischen Anlaut nicht zu
denken ist, so bieten sie eine ganz treffliche Parallele. (Un-
vorsichtig aber Avar es von La Roche, in der kritischen Aus-
gabe auch i-oyiipio /.xtasbaTO i~<.iKiJ.vfzz u. a. heranzuziehen, da
alle dort genannten Verba ursprünglich consonantisch anlau-
teten, daher mit' avasp/cij-svw durchaus nicht in Vergleich ge-
bracht werden dürfen). Nach diesem Sachverhalte ist denn
auch bei Apollonios, der an der erwähnten Stelle entschieden
sein Vorbild nachahmt, zweifellos ä^ avaep-/c[j.£vou<; zu schreiben;
zugleich spricht diese Nachahmung fast mit Gewissheit dafür,
dass unser Dichter jenes ava£p/o[x$vw selbst auch im homeri-
schen Texte las. Ja sogar wenn ihm, was wir aber durchaus
nicht annehmen, jene Stelle nicht in der wieder hergestellten
Fassung vorgelegen wäre, könnten wir an dvaspyo[j.£'vcu; nicht
den geringsten Anstoss nehmen, da es durchaus nicht gewagter
ist als Bildungen wie aTLOs/Auc-sv A 366 £'ä'£tpc:r£v F 628 u7iO£'<jTY;v
r 501 (vgl. p. 466 sq). Unsere Lesung bestätigt denn auch ein
Codex, Laur. 16.
otrr,p. Unter dem Einflüsse der Ai'sis erhielt sich in der
epischen Sprache der anlautende Vocal in seiner gewiss
ursprünglichen Länge (vgl. Hartel, Hom. Stud. I^ 108), die
wohl auf den einstigen Digammaanlaut zurückzuführen ist.
Unser Dichter folgt dem homerischen Gebrauche, a ist lang
in Arsi bei arz-p T 438 (I. Arsis), dann in VI. Arsis \ 479
B 469. 1073 A 199. 1486 avipo? A 6. 703 B 841 r 79rx 1314
A 199 av£p' r 421. 743 A 1107. 1119 ävipa A 154 B 102. 218.
798 r 457 avapc; A 612. 948 B 27. 80. 451 r 316. 345. 977
A 109. 1075. 1183. 1213. 1281 av£pa; A 883 B 753. 1014. 1130
r 204 A 667. Kurz ist a in Thesi bei «vv^p A 182 A 1436. 1604.
avo[j.£vo'o zeigt A 651 B 494 F 1340 langes a in der He-
bung, wie Homer K 251 ä'vixat (in der Thesis ist bei Homer
das a kurz s'pYsv ävoiTc !i 473, bei Apollonios fällt der Vocal
nie in die Thesis). Die Länge des a erklärt sich durch den
Ausfall eines aus f assimilirten Nasals, indem, wie Curtius
Verb. I. 244 auseinandergesetzt hat, aus der anderen bekann-
teren Form des Verbs, «vjw, zunächst *a'vF{o und äwo), dann ä'vw
mit Ersatzdehnung waixl; später verkürzte sich das y. und die
einstige Länge erhielt sich nur mit Hilfe der Arsis. Bei Apollonios
Grammatische Studien zu ApoUoiiios Ehodios. 44ö
war die Verwendung des a als Kürze ausgesclilossen, da er
nur die erwähnte Participialform überhaupt gebraucht : wäre a
kurz, so kämen dann drei noth wendige Kürzen zusammen,
die im Hexameter keinen Platz haben.
!fapo;. Bei Homer ist a stets lang, auch in der Thesis,
z. B. Q 588 s 230. Unser Dichter aber folgt diesmal einem
anderen Vorgänger, Hesiod. Er braucht nämlich das a nur in
Arsi als Länge: oi^-^z B 30 F 1204 A 187 (allemal in der
VI. Arsis), cpapsciv r 454. 1031 ; au der einzigen Stelle, wo a in
der Senkung steht, ist es kurz F 803 C7uv spcpvaici; ©apissciiv, wie
bei Hesiod E. 198 As'j-/.oTt;iv sapssaai.
•aivoj. Bei Homer hat einmal eine nicht augmentirte Form
iav6^ X 59 im Versanfang ein langes '., das sich aus dem
einstigen Digammaanlaut erklärt, da lai'vw wohl mit löc. ('.) skt.
visham lat. virus zusammenhängt (vgl. Lobeck Rhem. 157) ;
bei Apollonios kann jedoch die Länge in lavOr; A 24 (I. Arsis)
und '.aivov-o A 109G (Versschluss) selbstverständlich als Augment
gefasst werden, während die Formen -avO-f; B 639 A 1591
•aivETs B 102 r 1019 mit kurzem '. in der Thesis als nicht
augmentirt anzusehen sind.
Ebenso verhält es sich mit der Länge des i in uyw, das
in den homerischen und hesiodischen Gedichten auch in nicht
augmeutirten Formen öfters -. zeigt, welche Länge auf den aus
der Vocalisirung des ursprünglich anlautenden F (F-.Fa/oj) ent-
standenen Lautcomplex ut zurückgeht (Hartel Hom. Stud. HI 33j.
Unser Dichter aber gestattet sich die Länge nur da, wo i als
durch das temporale Augment gelängt aufgefasst werden kann,
und zwar nur in der Arsis: IV/ev A 524. 1314 F 1371 A 130. 581
(vgl. Kallimach., Hymn. Dem. 40), xikt/v) F 253 avTia/sv A 76
l'r/ov B 573 F 1370 avia^ov B 270 irJ-x/yt A 387. Als nicht
augmentirt sind folgende Formen . mit kurzem t in Tliesi zu
fassen : \iyr,zv) A 592. 640 \iyr,QT) B 90 A 200. 592 ivTir/jocav B 828.
Von Formen, bei denen das Augment nicht in Betracht kommt,
findet sich nur das Part. Präs. tayovxoc A 1240. 1200 mit kurzem t.
!;t;|ji.[ und U\).(x\. Wie bei Homer zeigen diese Verba avich
bei Apollonios wechselnde Quantität des '.. Lang ist es durch-
weg bei den medialen resp. passiven Formen, und zwar allemal
in der Arsis: iqxevo? F 333 \i]}.v>y.o F 371 A 793 e^tspivoio W 024
ui;.£vou B 73 l£|A£vov B 953 •s'ixevo-. A 738. 923 F 388 icixEvo'.a'.v
446 Kzach.
B 248. 430 Uja-evr] A 314 T 890 U[;.sVr;v A 1148 hxo A 174. 1218
r SOG A 391. 725. 903. 911 e^ic-o T 497 '(vn A 1005, ferner die
Formen des Activs: '(r,av/ A 1269 Tssav A 729. 903. 911 esierav
B 1088 e(f'.ii).E') B 329 [j.sO'.iiJ-sv F 476, wobei die Formen des
Präteritums allenfalls als aug-mentirt gelten können. Au zwei
Stellen aber ist das i selbst in der Thesis lang: t'^c;'. B 356 und
ict A 634. Dagegen kurz: vr.ai B 973 T 141 A 290 xnr,cv> F 498
i£{<; r 1210, leicra A 731, dann in den nicht augmentirten Itera-
tiven eqavi'saxov A 622 [;.£0{eay.£v Y 274 A 799. Die Länge des :
erklärt sich aus dem ursprünglichen Anlaut jt (*J!Jv;iJ/.), indem
sie als Ersatz für das abgefallene j eintrat.
lepoq. Die Quantität wechselt in Hebung und Senkung wie
bei Homer. In der Arsis erhielt sich die ursprüngliche Quan-
tität, die Länge, die ihre Begründung in einem nach dem i
sich entwickelnden Spiranten j hat, der uns inschriftlich in den
kyprischen Inschriften vorliegt in Ijepioq, auf Nr. VIII bei
Deecke — Siegismund in Curtius Stud. VII. In der Arsis ist i
lang bei unserem Dichter: Izpöq B 1173 '.spsv A 960 1092 1119
B 182. 515. 658. 807 A 100. 123. 331. 1218. 1417 -.spä A 433
B 486. 523. 532. 1175. 1268 A 651. Kurz in der Thesis: kpw
B 699 A 1139 tepov A 1208 T 915 A 134. 262. 423. 614. 1019.
1153. 1396. 1414. 1428 'Ispv; A 1019 up-^ A 991. 1268. 1758.
hpriq r 533 A 458 'Upf,q A 1109 Ispoi T 165 Upotstv A 1133
B 158, dann in isprisc B 526 A 259, und i£psu7C[;.£vo'. B 1170.
Langes i hat in Arsi ferner i-/.£aiY]v A 1043, r/.£aiao)v A 709
und das zugehörige Adjectiv 'HidGio A 358. 700 'ly.eabu B 215.
1132. Im alten Epos kommen diese Wörter nicht vor. Apollo-
nios gebrauchte den anlautenden Vocal in Arsi lang, weil er
es so wohl in verloren gegangenen epischen Stücken gefunden
haben mag. Die Länge ist auch etymulogisch begründet, da im
Anlaut ein F schwand, W. Fa, vgl. Curtius, Grdz. '137.
ijj.a;. In der Hebung ist i lang: A 890 TOL^iüax^neq ev l[j.Tnea5i
7.ipoär,q nach Hom. 0 544, aber auch in der Tiiesis findet sich
dieselbe Quantität B 67 ot o' £-£• ouv '.[xiat O'.auTaobv T^pTÜvavro nach
Homer W 363, vgl. K 475 <J> 46; daneben in der Thesis kurzes -.:
B 52 ooiouq £y.aT£pOEv q/avTÄC, 15 63 wxa o' iixävxat;, wie öfter bei Homer.
Ic;;. Die etymologisch begründete Länge (aus ursprüng-
lich '^■'■f'.zfoz laaoz ward Igoq) erhielt sich bei Homer überall. Aber
schon Hesiod beschränkt diese Quantität meist auf die Stellung
Grammatische Studien zu Äpollonios Rhodios. 447
in der Arsis; da bei den attischen Dichtern die Länge ganz und
gar der Kürze weichen musste, so konnten sich die Alexan-
driner diesem Einflüsse nicht ganz entziehen und hieheu sich
daher nicht an den homerischen, sondern an den dem späteren
Gebrauche näher stehenden Vorgang, wornach -. in der Thesis
kurz ist. Diese Praxis übt Kallimachos, bei dem in der Arsis
das • lang ist: hr, Hymn. Del. 38 ^scv Hymn. Zeus 85 Ep. 4
Fr. 110 lox Ep. 59 '^air, Hymn. Zeus 63, vgl. Fragm. 328,
Etym. Mag. 477, 12 s. v. l'cjoc; in der Thesis ist es bei ihm
aber kurz: l'cov Hymn. Artem. 211. 253 l'aa Hymn. Artem. 53
(Fr. 525?) hi^K^'^.y. Hymn. Del. 175. Ebenso verfährt unser
Dichter: a) Länge des '. in der Arsis: ico; A 774 A 1449 Isov
A 972 r 345. 734 A 384 hr^i Y 207 ho^ B 1255 A 1246 hz-
Ococ A 1513 hyJ\i.T. V 1108 isosap-Zct? A 482 iiosapiCoi B 1206.
b) Kürze des t in der Thesis : 'j.-o-\i.f,-(i cy.oTct^ "asv • oX s'ea'.ocvTc^
(Jj G l^cv mit falschem Accent) B 582, ferner aXXa OsoT^^v ba-
i^3(ji,£v aöavaio'.aiv V 1045.
hl'.zc. Die etymologisch begründete Länge des Vocals i
(aus *£vc'.ric;) ist auch in der Thesis voll erhalten A 603 ^asov
e? £vo'.6v y.£v ejstoao; 5Xy.7.; avj^sat vgl. Hom. A 726 EvBto». lx,ö-
ij,£sO' und 0 450 £v5'.o; 3' 6 Yipwv, vgl. Kallimachos Fr. 134. 3
l'oco; ivsto'.o, Theokr. XVI 95 zo'.!j.£vac £vc(o'jc; doch kürzt Äpol-
lonios auch schon den Vocal A 1322 svs'.ov •f,iji.xp £r,v, worin er
später bei den Dichtern der Anthologie Nachahmung fand.
Durchgehends verfährt er so mit dem t in den Compositis
£Üowi A 521 und j-rjoic; A 584 T 1202 Gz-jo-.a A 1731 5 diese
Wörter kommen im alten Epos nicht vor, so dass unser Dichter
an keinen vorliegenden Usus gebunden war. Die ursprüngliche
Länge findet sich aber doch bei Aratos, und zwar bei öjq'.s;: 784
£jBl:c y,' £1'y] 823 5x' £uc(ou, y.v/j^r^iJ.vtzq 916 i-CT' £jstO'. -o-io^nx'., bei
•jzcjo'.or : 1012 zhzt TzaA'.ppcO'.;'! y.£v -jziyo'.o'. ocpiotvTS, obzwar bei
diesem Worte das •. auch kurz gebraucht erscheint , u-£joio;
v.Tf 827 'jT.tJO'.oq v.r^q 990 •jZ£uo'.a '/:j'/yx 1035.
Durchwegs lang erscheint '. in £7:i0j£i; B 1154 f 354
£7:;6'jsj7a A 1238 nach homerischem Vorgange iTZiÖJouai Z 175
£'K'.6'jsavT£q •:: 297 ir.i^'jzK Hom. Hymn. 475. Der Grund dieser
Quantität liegt in der doppelconsonantischen und daher position-
bildenden Kraft der folgenden Aspirata, vgl. Koscher de aspirat.
vulg. apud Graecos, Gurt. Stud. I b 214.
448 Rzach.
Spr,:^ und Deriv. Die Quantität des -. wechselt, lang ist
es in der Arsis bei: Qpr,'.y.<. A 24 (::)p-/^'.-/.sc A 632 0pr)i/.tcc A 905
0p-^(v.'.ov A 1110, kurz in der Thesis bei öpv^-.y.ac A 637 0pr/ato;
A 214 epr,ty.(o'.o A 1300 Bpr.r/.'oj B 427 A 14s4 Op-o'.xi'o'.c A 954
Sprm A 602 epr/.y.i-oc A 20. 795. 826. 1113 Öpy;'.y,(r,v A 614. 799.
Homer kennt nur kurzes t, die erste Spur der Länge findet sich
bei Hipponax Fr. 42 und 120. Zu Apollonios Zeit war die
Quantität schon schwankend, wie der Gebrauch des Kalli-
machos zeigt: Länge in Arsi öpY^r/.». Hymn. Artem. 114; Kürze
in Thesi: Qpi'xoc Del. 63 epviaiYiv Fr. 109, 1.
c(a). In den offenen Formen des Präsens steht t überall
in Arsi als Länge (A 196 B 441. 1166 T 28. 88 A 818); die
Formen des Aorist's, die bei Homer stets langes ; in Arsi zei-
gen, z. B. - 390 ofeaTO, weisen bei unserem Dichter doppeltes
Sigma auf, so dass sie zunächst hier nicht in Frage kommen;
doch aber finden wir auch eine Form Ci<.ci\j.r,'i A 291 (im Vers^
anfang) mit einfachem 7, die also den Vocal i als Kürze hat
vgl. o)(7aT' bei Moschos I 8 (L A.) und jenes wicäirr,"/ Anth.
Pal. V 247. 2 (I. A.) VI 70. 4 (IL A.). Dieser Fall ist ganz
vereinzelt und ohne homerisches Vorbild, jedoch insoferne
berechtigt, als auch Homer wenigstens in den präsentischen
Formen i in der Thesis kurz misst, z. B. A 558, im Aorist
konnte dies schon deshalb nie der Fall sein, weil er sich nie
augmentirt findet.
u. Wechselnde Quantität zeigt dieser Vocal in den Eigen-
namen üsßpjy.c? und Bsßpuxir;; in solchen Ausdrücken war den
Dichtern stets eine grössere Freiheit hinsichtlich der prosodi-
schen Messung gestattet, zumal wenn es Fremdwörter waren.
Apollonios konnte auch insofern freier verfahren, als die er-
wähnten Eigennamen dem alten Epos unbekannt sind. Das u
ist lang in der Arsis: Bsßpu/.E; B 792 ßeßpj/.a; B 129. 768, aber
auch in der Thesis Bsßpj/.wv B 2. 70; kurz in der Thesis ße-
ßpuy.£? B 98 Bsßpjy.io; B 136.
Ohne homerisches Vorbild ist u in der Arsis lang bei:
3jcix£vcu A 925 sjoixsvrjG'.v r 225 oüeio A 581 F 1191 A 1524
ävcCjiTO A 1128. Diese Messung gestatteten sich die Dichter des
alexandrinischen Zeitalters, so Kallimachos Su3ijl£vcj Ep. 22. 2
o'jo;a£vwv Ep. 20. 6, dem Apollonios wahrscheinlich folgte; vgl.
auch Aratos ojoiJ.Evoto 840. 880 o'jo\).vjo'j 853; spätere Epiker
Grammatische Studien zu Apollonios Rhodios. 449
ahmten es nach, Orph. Lithik. 503 ODO[j.ivr, Nonn. Dion. VII
28(3 cÜETa-. Triphiod. 452 ioJz^o.
Bei fyj-(drr,p wechselt die Quantität von j in Hebung und
Senkung, wie in den homerischen Dichtungen. Lang ist es in
Arsi bei ej^aispa ß 947 A 1493 Ouvaiip' A 897 OyvaxEpojv A 10,
kurz in Thesi bei allen synkopirten Formen und dem Vocat.
O'jvaTcp r 11.
T;XY)[A|j,yp(:. An zwei Stellen, B 576 und A 1241, ist j in
der 1. Thesis lang, indem unser Dichter dem Vorgange des
Panyasis gefolgt zu sein scheint Fr. 12, 18 (Kinkel, Epicc.
Graecc. Fragm.) -^aOa'. 7:).r,[j.|j;jpcvTa XsAajjxsvov suspcsuvawv. Kalli-
machos brauchte u auch lang, aber, so weit wir aus den
Ueberresten seiner Poesie schliessen können, nur in Arsi:
Hymn. Del. 263 xp'JJw o'£-X-<];x;rjp£ ßxÖJC 'Ivw-^rb; ik'.yßziq. An
einer Stelle aber brauchte Apollonios u als Kürze A 1269,
weil er das ganze erste Hemistichion aus Homer entnahm -. 486 :
zAr^jxiJ.'jpl; £•/. zsv-o'.o, wo der Vocal kurz ist.
Endlich ist noch 'jowp zu nennen, dessen j im alten Epos
in der Arsis lang, in der Thesis kurz gebraucht ist. Bei Apol-
lonios steht es damit ebenso ; kurz ist es in der Senkung in
den Formen jowp B 590 Y 225. 343 A 1615 uoaxcaciv ß 939
r 860, lang in der Hebung in allen übrigen (34 an der Zahl)
und im Compositum isucaTiV^ A 1229; der Nom. 'jowp ist hieran
mit ß 791 und weitern 13 Stellen betheiligt.
4. Diphthonge.
at. Dies steht nach ionisch- epischem Sprachgebrauch in
der Conjunction a- = $-., fast nur in der Verbindung al' v.i.
und zwar: A 171. 623. 678. 706. 1293 B 1128 T 26. 404. 1056,
einmal ohne v.i T 712 a? vap sssXXev.
«•£• A 374 und au weiteren 14 Stellen, e-saui A 1138, aisv
A 499 und 17 Stellen, s-cra-iv ß 716. Daneben aber lesen wir
asi A 861. 1225 B 738 A 536. 794 wie bei Homer; dagegen
nur asvao'. F 222 und äsvaoiai T 860, woraus zu folgern ist, dass
unser Dichter an der homerischen Stelle v 109, wo La Boche
auf Grundlage der Handschriften und nach Eustath. 1735, 56
£v c' uBat' äivasvra herstellte, dies auch gelesen hat.
Den Diphthong hat constant aiiioj Y 852 a-sTÖv B 1250.
1259 wie bei Homer.
450 Ezach.
Während im einfachen Verbum vaico und im Compositum
evvaio) (evvabua'.v A 519 evvaiovTö? A 107Ö), dann im Substautivum
Tcepivaistac A 1149. 1222 B. 18G A 405. 470 das ursprüngliche
ai erhalten ist, kennt unser Dichter nur £vvai'r/]v B 1033 evvaexa;
A 921. 1048. 1180 B 1085 A 1174 br,aixaiq B 1273 h^xivr^z:
B 517 A 410, ebenso ewasw A 1126. Schol. zu B 1085:
evvaixai • /.ai' e^aipeatv toü i, cv' 75 evvasxa'.. Der Grund dieser
Gebrauchsweise ist einfach. Da £vvatexT,c und die Casus obliqui
in den meisten Fällen für den Hexameter unbrauchbar sind,
der Dichter aber das Wort öfter anwenden musste, so sah er
sich genöthigt, eine sprachliche Form zu wählen, die auch dem
Metrum Genüge that. Den Weg hatte ihm Zenodot gewiesen,
der für vaTs die Form vae brauchte. Schol. Z 34 vaTc ok Sat-
vtöevTO;; • ÖTt ZrjviooTOc ypoctpst, bq vas Zy.vn6vncq und N 172 OTt
Zvjvöooxoq Ypacei Sc vas n-/]Satov. Von dieser zenodotischen Schreib-
weise, die durch ähnliche Erscheinungen veranlasst war wie
attisches 'ttoeo) neben Tuotsw, konnte der Dichter die benöthigte
Form iT/(xi-r,q sich bilden.
Neben itaTpoc, das ausser A 318 noch 33 Mal vorkommt,
begegnet uns fast ebenso häufig die dem epischen Sprach-
gebrauch gleichfalls geläufige, nur anders gebildete Form 'ixapoq,
A 429 und noch 30 Mal.
£t. Dieser Diphthong ist in einigen der epischen Sprache
angehörigen Worten durch Ersatzdehnung in Folge Ausfalls
eines Nasals aus e hervorgegangen, und zwar, in
^sTvoc und den Derivaten (ursprünglich ^svFoc, das F in-
schriftlich belegt auf der Grabschrift des Menekrates Z. 3
Tupi^evFo?, daraus ^svvoc und ^=Tvoc). Das Substautivum Hiivo;
findet sich A 208 und an 27 anderen Stellen, weiter Hstvicj
B 1132 r 193 a^ci'voto B 548 'A;ecvov B 984 'Ej^civoio B 378
eu^sivotat A 1018 B 804 eu^s-vw? A 963. 1179 ^sivoÜaOai A 849
e-jjs^etvouvxo B 763 ^s(vt' A 1553 ^siviqiov A 770 und an 8 wei-
teren Stellen. Ferner sind hier zu nennen das Adjectiv y.ö'.vag
r 1346 (aus ursprünglich *äcvjo; /.ewic), woncben 7.vfe6q (eben-
falls aus der Grundform, indem sich j vocalisirte und zu c
schwächte) öfter: xsvcoTat A 285 xsvcai B 445 Y.evs.(x'.q Y 126
v.B'teiq H 254 F 1120; weiter ctsivöv A 311 cxevr/i A 1576 ats'.vy^v
A 1452 aizvfdq A 43. 1230, und das Substantivum cxc'.vtoTrto B 1191
(7X£'.vu)-6v B 333. 549, endlich ehiv.x (vergl. lesb. evvexa) A 666
Grammatische Studien zn Äpollonios Bliodios. 451
B 180 A 191. 398. 650. 809. 1099 tbevC B 261 r 721 avcy.sv
B 216. 1131 A 1034. 1716. Daneben findet sich vereinzelt
£vcx' A 1523 und svsxsv A 364, wie Homer p 288. 310 u. s.
Eine zweite Gruppe bilden die Adjectiva auf eioq mit dem
Suffix io (im Attischen auf zoq), und zwar atoyjpeirj B 340 ü(ot,-
pdriz A 733 c'.CYjpiiiov A 776, daneben aber ciSv^psa B 376; xciX-
7.eioq A 1638. 1676 yaXxetoto A 1670 /aXy.iuo A 430 yak-zAr^c,
A 1641 yXAxeiY) A 746 T 1308 /aXxsiriv B 1055 T 1264. 1281
yß.-Ai',o'. A 762 -/yAxsioic; A 1059 A 1644 xaAxciYjj'. A 1532 yx\-
xcia'.c r 1339 yjxX'Atiixq B 1069 /xXxeta A 627, woneben zahl-
reiche Formen auf eoq vorkommen : ydX-Azoq A 1646 ya/aeov
r 1309. 1318 XOLkvAri (L das unmetrische ya/asiY)) A 1207
Xa>.y.£ojv r 62 yaXv.ioic T 499 xaXyiYiJiv B 1249 Y 218 yaXy.sa
r 230. 1284 a'i093; endlich ypuaetsv A 4. 889 B 1144. 1193.
1224 r 88. 180. 404 A 87. 162. 341. 439. 1709 /.pu^s-r) T 46
yp'jztir,v F 1228 ypuaefotc T 118. 877 yput7ctat(; x\ 221; daneben
ziemlich häufig die andere Bildung: y^poitd B 1271 XP>J<^£y] A 740
r 156 xpÜJEov r 13 A 176. 1142. 1319 yp'ja£y)v A 729 ypicsoi
B 676 ypjcrecov A 1146 ypucrscq A 978 ypuar/);:! A 1366 ypussa
r 137 7:aYyp'jc7£Cv A 120 TcavypJcrE?. A 1397.
Dieselbe Bildung wie die genannten Adjective hat oloik-
cps'.oi r 731, das vereinzelt neben dem gewöhnlicheren aSsAq/ec?
A 192 ao£A9siv A 92 aSeX^soi F 657 vorkommt.
Endlich ist hier noch des Eigennamens Teir^v A 1139. 1151
B 1235 zu gedenken, woneben die Form 'Pir, A 506 begegnet.
Diphthongischen Anlaut gegenüber dem gewöhnlichen
blossen s finden wir in zwei nicht augmentirten Formen von
säw: etaxe A 873 (impcrat.), elüai T 409, (letzteres freilich nur
nach einer plausibeln Conjectur von Gerhard oCeq, elüci für
das handschriftliche otc^iwci), vgl. Homer du A 55 c?w5'. B132 5
daneben hat Äpollonios auch die Formen sa (imperat.) T 1120
nach Homer 0 472 ii<Jr^q A 825 nach Homer E 684.
Bei dem Verbum £ia(scü) resp. iXiiou> jedoch weicht unser
Dichter von der homerischen Gebrauchsweise weiter ab. Wäh-
rend wir bei Homer dem diphthongischen Anlaute, von M 49
abgesehen, wo die Ueberlieferung zweifelhaft ist, nicht einmal
in den augmentirten Foi'men begegnen (nur Hom. Hymn. VH 40
ist srAicasTO beglaubigte Leseart), hat dies Verbum bei Äpollonios
auch in den nicht augmentirten Formen der Diphthonge ebenso
452 Rzach.
häufig wie den eiiifaclien vocalisclicn Anlaut. Wir lesen näm-
lich: ciXiaacxat Ji 981 siXicaiv-ai V 138. 1220 A 140. 261. 1281.
1452 tl'/J.qocax'. 1 949 tT/d'/ßziioi. V 055 (dazu die eventuell aug-
mentirten, resp. reduplicirten c'.X((7J£to A 1001 e-.XwaovTO A 844
A 937 s'.Xrj'pivoc A 1541) 5 der Diphthong lässt sich etymologisch
begründen, indem vor das einstige Digamma der Verbalwurzel
FcX der Vorschlag s vortrat, der dann mit dem folgenden £ contra-
hirt ward. Mit einfach vocalischem Anlaut begegnet: Ddaav.q A 463
akkaei A 1062 sXiaasTai ß 368 sXiacjojvTa-. A 934 iX'^a; B 25 iXta(JO[jiE-
vow A 145 £Xw(jö[;.£vov r 1277 £Xiaa6iJ.£va[ A 1198 D.v/ßiiq A 1520.
Weiter treffen wir den Diphthongen £'. gegenüber ge-
wohnlichem £ : in der Präposition s-.v A 460 A 232 (die aus
elvi hervorging) und im Compositum £ivaX(-^ A 583.
Besonders hervorzuheben ist die singulare Form des Ad-
verbs aa/£'o£ia); T 897 für aoeioioic. Wir haben hier eine falsche
Analogiebildung zu statuiren.
z'Mq A 1658 (und durch wahrscheinliche Conjectur auch
r 1326) zeigt wie t£':w? A 359. 406. 640 B 132 r 965. 1134
A 76. 285. 821. 1588. 1617. 1687 den Diphthongen, während
wir swq B 398 T 98 A 302 und tsw? A 507 r 844 A 1474
lesen. Jene diphthongischen Formen repräsentiren im altepischen
Dialekt nur die falsche Schreibung für rjoq und x^oq (skt. jävat),
während £0); und tiw? aus diesen letzteren durch Umspringen
der Quantität hervorgingen.
Aehnlich verhält es sich mit •A£Tav A 588 (= x^av) im
Versanfang. Frühzeitig war in den Homertexten £i für r^ in
diesem Worte eingedrungen : Schol. H zu X 74 r, -/.sivy) y.ay,x£iai,
'ApicTapxo? y.ay.y.^at, Eustath. 737. 14 o-.a oioOiYTO'J ^£ >^a'' vOv xb
v.v.d'no "zoLpx -olq -kolXt.'.o'.c avTivpa^ot? ; Apollonios schloss sich der
gewöhnlichen voraristarchischen Schreibweise an.
Neben v£aTo; (z. B. v£aT(;) A 946, sonst noch 4 Mal) braucht
unser Dichter einmal die Form vciaTov Y 763, die bei Homer
ziemlich häutig begegnet, z. B. Z 295. Der Diphthong reprä-
sentirt die Ersatzdehnung für den Ausfall des einstigen Di-
gammas (vsFoc, lat. novus, wir sollten übrigens vr^aTc; erwarten).
Der Diphthong £'. erscheint woiters in einigen Verben,
die sonst auf £a) ausgehen, indem hier eine Bildung nach der
J-Classe vorliegt. Sie gehören sämmtlich bereits der alt-
epischen Sprache an :
Grammatische Stadien zu Apollonios Rhodios. 453
Osiwsiv B 280 an erster Versstelle, nach dem homerischen
ösiY] Z 507 0£'£'.v K 437 u. s. w. Alle übrig-en Formen des Präsens-
stammes (23 an der Zahl) sind von Oso) gebildet.
7cv£(ou(7iv B 499 (Homer z. B. -vstsi P 447) ava-vEiwv A 472
avaTCvsiou?« B 737 aixzvstovTs; F 1292 a[X'::vci£(r/.ov F 231 (aber
avEzvcOv B 607) e-tTTVctouctv F 937 extTrvci'wv A 1359 eTC'.-vsiovtcc
B 961 s-tTcve-lovTö F 1327.
ßaöuppsi'ovTO? B 795 ßxO'jppsbvTÄ B 659 (L. Dindorf in Steph.
Thes. ßaOi» psi'ovTa) nach dem hesiodischen -KOTaixil) peiovii ioixo)?
Fr. 237 ; bei Homer kommt ein psi'w nicht vor.
0'.. Zu bemerken ist nur, dass unser Dichter von der
epischen Form tüvct^ (F 343 und an sonstigen 22 Stellen), deren
Diphthong organisch durch Ansetzung- des Suffixes -a an den
Stamm entstand, häufigen Gebrauch macht; ebenso verwendet
er die mit demselben Suffix gebildeten epischen Formen üoi-qq
A 576. 1143 F 898 ^roir.v F 1424 und -/potf^ F 122. 855 A 656,
dann das Adjectiv r.ovf^^vnu A 115.
ui. Zu verzeichnen ist hier söu'.ev F 755, welches L be-
wahrt hat. Der Diphthong j'. erhielt sich gemeingriechisch in
G'j'.x;; (A 636 Öuiac.v), während das i im Verbum durch die
Mittelstufe des Spiranten j hindurchgehend, gewöhnlich ganz
ausgefallen ist. Cod. G hat eOusv. Das Scholion bestätigt die
Ueberlieferung von L: topfxa iy.vnho ■ svOsv Gutacs; a'. Baz-xa-,
vgl. die Glosse des Hesychios : eOu-.sv • hz\t.7hzxo etpE/sv. In
unserer Ueberlieferung der Ilias und Odyssee lesen wir das
Verbum jedoch nur mitT*, z. B. A 342 Gje-. im Versschluss. Aber
an einer Stelle der Hom. Hymnen, H. auf Herm. 560, ist uns
öjtwriv gut überliefert, so dass wir, wenn Apollonios nicht auch
in Ilias und Odyssee den Diphthongen las, diese Stelle als sein
Muster ansehen können. — An einer zweiten Stelle F 865 bieten
übereinstimmend LG ÖOsv; gewiss that Merkel Recht daran, auch
hier im Einklänge mit jenem sOuisv den Diphthongen zu restituiren.
vj. Bemerkenswerth ist dieser Diphthong in sjäcs \ (597
B 501 F 1083 suvsuacs F 30. In der homerischen Sprache hatte
sich durch Vocalisirung des P im ursprünglichen sracs (W. cFao)
der Diphthong cj entwickelt (vgl. z. B. tc 28); unser Dichter
machte von dieser alterthümlichen Form Gebrauch, indem er
wahrscheinlich dem Beispiel des Kallimachos folgte, Hynin. Art.
183. 187 Fr. 191.
L
454 ß z a c li.
Zu nennen ist ferner euY.-q\oc, A 1290 V 709 A Gl zavsyy.r/Aoq
r 119G surr.Xo) A 1249 süy.Y)Xci A 568 V 219. 1172 A 390
tuyJiMiavi B 935 su/.v'^Xo)? B 861. Auch hier entstand der Diph-
thong, indem aus urspi'. *£rr/.*/;Ao; (mit prothet. e) durch Synkope
eFxYjAo; und hieraus euxr^Xo? ward ; Homer z. B. A 554. Daneben
aber gebraucht Apollonios ebenso wie Homer auch die Form
exYlXo? A 303 £XY]Xot T 176. 969 A 1778, Homer z. B. E 759.
ou. Diesem Diphthongen begegnen wir in einer Reihe
von ionisch-epischen Wörtern , und zwar zunächst in Folge
Ersatzdehnung für den Ausfall einer Liquida:
oh\6\).vfoq (aus *6aXo(ji.£voi; oXvo|ji,£vo<;) nach bekannter homeri-
scher Weise. ouXo[j.£voj T 436 cuXojxEvoto B 1184 A 1252 cuXci^svw
A 1011 ohlo[j.tiT,q A 802 ouXoix£vov B 153 F 677 ouXc[;.£vai A 446.
1485, ebenso oüXocv B 85 T 1402 A 367. 410. 1033. 1024,
daneben äusserst häufig die Form 0X06? V 1338 und 31 Mal,
dann oXootppovo? A 828.
Youva (aus *YovFa vowa) B 202 Yoivaxa T 706. 964 A 779.
1048 Y^üvax' r 804. 1350 A 116 -(O'xm-^ Y 817 A 82. 1013
Ycuvafftv r 1313 A 93. 940, dann in der Ableitung youvou[ji,£vo?
r 988 Youvoüto B 1274.
[j.o5vo? r 556 und an weiteren 23 Stellen, im Compositum
[xouvoYEv^ r 1035 [jiouvoYsvE'.av F 847 (j-oüvo^OsTcxv F 742.
Soupato? B 1111 cojpaTi B 1118 Soupi B 139. 831 F 416.
1046. 1187. 1281. 1330 3o6paTa A 1003. 1163 B 1126 A 414.
1050. 1056 ooupaT' B 1065 coupaci B 1062 F 1356. 1375 osupatioic
B 381. Im Nominativ und Accusativ Böpu (A 446 und 8 Mal)
erscheint der Diphthong nicht, da er eben nur möglich war,
indem u consonantisch zu f ward.
xoup-^ A 712 und an sehr zahlreichen anderen Stellen
(ebenso y.oupcx; und Deriv.) aus v-öpfrj 7.oppr,. Nur an einer einzigen
Stelle liegt in der Ueberlieferung die attische Form des Nomi-
nativs 'AÖp-ri vor: A 811 aü-co); B' äoiJ.r,-:ic, -z -AÖpy.'. xhpal -i inX vrfvt
(L xöpot). Die Herausgeber haben sich an diese überlieferte
Form gehalten, obzwar sie das grösste Bedenken erregen muss.
In den homerischen Gedichten kommt sie nirgends vor; das
vereinzelte 7.spY;v Ardxy^xspoq ayv^v im Homer Hymn. Dem. 439 ist
sehr verdächtig, Vers 438 — 440 sind übrigens auch für unecht
erklärt worden (so van Hermann). Wenn Kallimachos -/.bpTi
schrieb Hymn. Del. 67 xöpry? Epigr. 54. 3, so ist das ohne Belang,
Grammatische Studien zu Apollonios Rhodios. 455
da er mehrfach rein attische Formen braucht. Es muss dem-
nach im Hinblick auf den constantcn epischen Brauch und die
so überaus zahlreichen übrig-en Stellen, wo unser Dichter die
hergebrachte Form hat, die Ueberlieferung* an der genannten
Stelle für verderbt erklärt werden. Die richtige Leseart ist
durch leichte Aeuderung zu gewinnen : aÜTwc o' aof/^xs? xiijpa'.
•AO'jpi; A 18 abgeleitet von 'Asppr, (urspr. 7.6pc-q)j Schob:
•/.oupt^ c£ y.ata 'AÖppr,:^ y.axa /.scpaA^c.
Durch Epenthese des u aus der folgenden Silbe entstand
der Diphthong ou in
OuXu[/.7cc'.o A 504. 598. 1099 T 113. 159 A 770 0'6Xo[xr.ivBe
B 300 r 1358 A 781 OjXu.j.-övo' B 603, wobei die erste Silbe
allemal in der Arsis steht. Ein einziges Mal begegnet daneben
'OX6[ji7:{o B 1232 (Versschluss) mit einfachem Vocal in der Thesis.
TuouA'jc A 27G TcouAüv B 479. 944 Y 211 -ouXÜ B 351. 902.
Daneben fast ebenso oft zoXu; B 364 A 105 ttoauv F 424 ttoau
B 338 r 798 : ausserdem in einer Reihe von Compositis.
Sonst findet sich der Diphthong ou noch in
ouvo[j.a (urspr. *0Yvc|xa) A 20 und an 17 weiteren Stellen, wo-
neben ein einziges Mal ovcjy.a begegnetB 1139, das Homer öfter hat.
oupo? (urspr. *YFopoc, mit Abfall des y und Ersatzdehnung
für Fo, Brugman de prod. suppl. Stud. IV 135) in den Formen:
ojpso? A 739. 989. 1108 B 1258 A 444 oüpst B 169 cüpsa A 501
B 1016. 1089. 1214. 1239 V 70 A 300. 576. 1215. 1340 ouperov
r 162 oupsc'.v A 26. 1150 B 476. 523. 1100 T 969. 1085 A 265.
Wie bei Homer ist auch bei unserem Dichter daneben die
Formation cpo; gleichberechtigt: Nominativ A 941. 1178 B 1015
A 323 Hpsc; A 37. 50. 553 A 324. 1150 ipscov A 1100. 1226 B 400.
976. 1247 opscctv B 26 F 858 A 287. 518. 1682 cpixp^ioq B 34.
Endlich ist noch vojcro? B 856 F 676 voucro'.at A 1674 zu
erwähnen, dessen Diphthong noch keine genügende Erklärung
gefunden hat.
!5
5. lieber den Zusammenstoss von Vocalen.
Was zunächst die Patronymika auf eio-r;? (resp. otcY);) be-
trifft, so sind die Vocale eV durchweg offen. Schon Brunck hatte
mit Recht in seiner Ausgabe die offenen Formen eingeführt,
die neueren Herausgeber aber machten hier einen Rückschritt
456 R z a c h.
und schrieben durchaus wieder diese Vocale als contrahirt.
Wellauer polemisirt noch zu A 58 gegen Brunck, er schreibe
, contra poetae vohmtatein'. Wenn auch die Ueberlieferung nur
die Contraction kennt, so lehrt doch der Umstand, dass die
Silbe £1 niemals in der Arsis steht, zur Genüge, wie ApoUonios
schrieb. Zudem wird die weitere Darstellung zeigen, wie wenig
Contractionen und unter welchen besonderen Umständen er
solche überhaupt zuliess. Die Zahl der berührten Fälle ist im
Ganzen nicht erheblich, doch aber gross genug, um die Norm
deutlich zeigen zu können. Es stehen an der ersten Versstelle
folgende Patronymika: Katveio-/;? A 58 Nr^Acto«'. A 959 Ohdor,c
A 190. 1046 II-/iA£>!o-ov A 558 'Üpeto-^; B 110. Den Versschluss
bildet Kpr,0£ioao Y 357, so dass £t in die Thesis des fünften Fusses
fällt; sonst lesen wir noch cuv oh 7.y\ Ohzior,q T 518 (£V in der
2. Thes.) und 'Ep£/0£iBa; dviy.acrTO A 101 (£t in der 4. Thes.).
Ebenso verhält es sich mit Ar,zoior,q (aus A-zj-cFicr,;). Es steht
an erster Versstelle, so dass 6( in die 1. Thesis fällt: A 66. 144
B 181 A-oTc(oYi B 771 A-qT0'2T, (Vocat.) A 1706; im zweiten Fuss
(ov in 2. Thes.) Ar^xoPyqc B 698 AriToicao A 484, im fünften Fuss
(oV in 5. Thes.) Arjo(oao A 439 A 612.
Ausser den gewöhnlichen offenen Formen von ä£OXc; resp.
asOXov (A 15 und an 53 weiteren Stellen) a£eX'.ov A 997 und
dem Verb. a£0A£ucov A 362 F 778 aEOAsuovT'. T 480 aseXsjsuaa
r 624 finden sich zwei contrahirte Formen : d'öXwv A 1304 und
aÖAEuwv B 783, beide an erster Stelle im Verse, wobei somit die
Contrahirten Silben in die stärkste, die erste Arsis fallen.
ApoUonios ahmt damit aufs Genaueste Homer nach, bei dem wir
gerade auch diese beiden Formen an erster Versstelle contra-
hirt finden: ä'OXwv 0 160 äOX£JO)v Q 734 (sonst noch in dem bei
ApoUonios nicht vorkommenden Adjectiv aOXooipiuc I 124. 266).
AaTpav, so G T 847 statt Koyp-ov, wie in L steht. Diese
Bezeichnung der Persephone stammt aus der ersten Recension
der Argonautika, das Schob L kennt sie und bemerkt, dass
sie für Aa£ipa stehe: AaTpav |j,ouvoY£V£tav. to AaTpav xax' ih\Bi<]tvf
izxi Toj £, ota To [jiTpov Ax£'.pa yctp sati. Die contrahirte Form
AaTpav gestattete sich ApoUonios nur an der ersten Versstelle
und auch da wohl nur, weil er sie in dieser Gestalt schon bei
einem anderen Dichter vorgefunden hatte, bei Aischylos in
den ^JV/aY^Yoi, wie uns das Scholion weiter berichtet.
Grammatische Studien zu Apollonios Rhodios. 457
fy für eäv wendet Apollonios nach homerischem Vorbilde
ziemlich häufig- an: A 891. 898. 907 B 228. 329. 345. 1028
r 332. 344. 1069.
£u erscheint nur A 356 nothwendig oflfen: osupo ßsa; aYsXYjOsv
ib y.pivavTx; iXa^aat (Homer z. B. q 247), sonst hat die Ueber-
lieferung überall sy, auch wo in Thesi eu hergestellt werden
kann, was wir im Hinblick auf jene Stelle auch zu thun berechtigt
sind; dies ist der Fall in 1. Thesis B 332. 496, in 2. T 155,
in 3. r 1034. An allen übrigen Stellen steht eu in der Arsis
und zwar in der I. A 76. 1199 T 1294 A 1536, in der H.
B 523 r 1209, in der IV. A 369. 797 T 918, in der V. A 199.
1187 B 867 r 1324. In der Composition bleibt eu offen vor
folgender Doppelconsonanz , dagegen ist es vor folgendem
Vocal oder einfacher Consonanz contrahirt. Dieser Regel wider-
spriclit die Ueberlieferung in A 869, wo L ou [xav süy.XstsT? bietet,
während wir £u/.A£iy] A 447 i-s/Xti-qc, A 73. 141 A 379 finden. Wie
schon an anderer Stelle bemerkt ward, ist ou [asv hi%\t%€iq zu lesen.
Neben OaäGasi V 659 Oxaacwv A 1026 Oaascstv A 1274
(W. OxFr/.) braucht Apollonios die aus O:o)y.cc (das auf *OaFav.o;
zurückgeht) contrahirte Form Owy.ov A 667 F 111 nach Homer
0 468 0 439 (Homer hat auch Oiwy.oq ß 26 \x 318).
Ausser den offenen früher schon erwähnten Formen 0pv.^
0pr,aio; begegnet uns einmal auch die Form OpVjy.*/;: A 213
£(7/aT'.-^ 0?'fl"''-'1? Bus/s-i^epcj , wie bei Homer ständig (Opfiy.r,? an
derselben Versstelle N 301 Y 485). Für Homer hat übrigens Nauck
Bullet. 1877 p. 26 sqq. wahrscheinlich gemacht, dass überall
wo r^ in die Thesis fällt, dafür eV zu schreiben ist, mit Berufung
auf Steph. Byz. 317. 1 xo sOvrAÖv oac. y.al Öpeas; y.al OyjXuy.w; Opeicca,
'lawAy.:? offen im Nominativ T 1091 (L IwXxcc G das Rich-
tige) und in der Verbindung v.c, 'laovaöv T 1114 (so nach Brunck's
nothwendiger Conjectur statt des hdschr. iq 'JwAy.öv, da sonst
das i gegen den ständigen Usus lang wäre) ; beide Male stehen
die Anfangssilben in der zweiten Thesis. Oefter aber findet
sich die contrahirte Form : i'voov 'Iw/aoj A 906 (Versschluss)
£vOiv CTMC, £; 'lioXy.bv a.rr,^(/x'(e T 2 voor/5(J£iv iq IwAy.öv F 89 ex' IwAy.bv
ar.a-. T 1109 '.£pY;v iq 'IwAyiv T 1135 voc-r.ca; iq 'IcoXy.iv A 1163
Ya^av 'IwAy.ioa A 572. Homer kennt nur die offene Form B 712
£uy.-i[X£vr;; 'laioAyiv (Versschluss) A 256 £v £up'j-/6p(0 IxmXvm (Vers-
schluss), aber schon in den hesiodischen Gedichten begegnet
SiUb. d. phil.-hist. Gl. LXXXIX. Bd. II. Hft. 32
458 Rzach.
neben zweimaliger offener Form (in der streng nach homerischem
Muster geai'beiteten Aspis 380. 474) einmal xou; isXsaa; £<; 'IwXxbv
d^i'y.sTO Th. 997 ; Apollonios hat diesen Ausdruck i; 'IcoXy.öv
viermal verwendet und gestattete sich darnach noch zweimal
selbständig die contrahirte Form.
Ipöc. Diese aus hpzq contrahirte Form hat unser Dichter
nach homerischem Vorbild mehrfach verwendet, jedoch nur an
der ersten Versstelle, wo er, wie man vielfach beobachten
kann, zumeist zusammengezogene Formen zulässt und zwar
cpov A 1691 tpv^v A 531 \pi A 418 Ipoic, T 1214; ebenso muss
B 1015 die hdschr. Ueberlieferung Izpy/ B'au-:' e7:t toTctiv nach
Schneider's Vorschlag in '.pbv o'auT' v.tX. geändert werden. Dagegen
widerspricht der erwähnten Observation Brunck's Aenderung
der hdschr, Leseart B 718 xsTc' '0[j.ovoi*/;(; Ispov — das folgende
Wort lautet in L s^povo? mit über © geschriebenem u, in G
£|j.^povog, jüngere Codd. haben £'j:ppovoq — in x. '0. tpbv su^povoc,
da tpo? hier in die Mitte des Verses kommt. Die Argonauten
geloben sich gegenseitigen Beistand und bauen der Homonoia
einen Altar; das in G überlieferte ep-sp^^^?? dessen \j. in L ur-
sprünglich ausgelassen und dann, ohne dass die metrische
Schwierigkeit beachtet ward, wegen des bekannteren Adjectivs
e6app(ov als u ergänzt worden war, kann ganz wohl ein Epitheton
der Homonoia bilden, wenn man es in der Bedeutung von
, dessen (d. i, des gegenseitigen Gelöbnisses der Argonauten)
bewusst' ,es im Sinne bewahrend' fasst; es repräsentirt dann
G die ursprüngliche Leseart, ohne dass irgend welche Aenderung
nöthig wäre. Ausser in dem Adjectiv lässt Apollonios einmal
auch im zugehörigen Verbum IpeÜGmxo B 302 die Contraction
zu, doch abermals nur an einer hervorragenden Versstelle,
nämlich am Schlüsse, während dies bei Homer an verschiedenen
Versstellen der Fall ist ^ 94 p 181 t 198 u 3. 251.
xeap; die offene Form A 274 B 231 T 56. 551. 641. 760.
954, am Anfange oder Schlüsse des Verses aber die contrahirte
Form: xyjp äyei cfjiu/ouca F 446 OapcaAsov y.v^p A 477 ©tXov -ATip V 492.
Homer kennt nur die contrahirte Form (xsap nur Batrach.
212) ; es zeigt sich daher hier sehr deutlich , wie ängstlich
unser Dichter bei der Anwendung von Contractionen vorging.
Beim Verb. xXst'w und den Deriv. hat unser Dichter entgegen
dem Gebrauche bei Homer, wo nach Nauck's überzeugender
Grainmatisclie Studien zu Apollonios Hbodios. 4o9
Darstellung (Bullet. 1872 p. 472 sqq.) offenes eX anzunehmen ist,
wenigstens in der I. Arsis sicher den Diphthong. Da sonst ei
in die Thesis fällt, so ist es dann wahrscheinlich als offen zu
lesen. y.Ast'o) steht in der Arsis in: xAsiojcriv A 217 F 357 A 987
(I. Arsis) xAsioviat A 238 (I), sonst in der Thesis: y.Xeioujiv A 59
(4. Thes.J r 277 (4) 1003 (4) A 829 (4) y.XsTov ß 163 (2) xA£':o)[j.sv
B 687 (2) vlziea^x: B 977 (5) iTrr/.Xeioüciv A 18 (4) A 571 (4)
1599(4) £7:'.xXctotT£ B 1156 (4) e-r/.Xstovxs; B 700 (2) 1553(4)
\j.i-x/Xv.o\j'j' B 296 (4). Ausserdem lesen wir ei in der Arsis beim
Eigennamen KA£iozaTpY;v B 239 (Versanfang), in der Thesis bei
£-j7.Asi-^; A 73 (4) A 379 (2) staas-sTc A 869 (2) euxXeiYi A 447 (2)
iuxAS'lr;;; A 141 (4). Ebenso begegnet es uns in rrjXexAe'.tv^v F 1097
(4. Tlies.), dann im Eigennamen Kasitt, A 976. 1063 Ka£ity;v
A 1069, an der ersten und letzten Stelle im Versanfang, A 1063
in der dritten Thesis. Mit Hyphärese des einen e aus dem
Stamm y.Asec ist y-Asa gebildet A 1 A 361 und ebenso das Verbum
eV.Asov F 246 nach homerischem und kallimachischem Muster
(y.A£0|xa'. V 299 £y.A£j Q 202 sxaso Kallimachos Hymn. Del. 40) 5
doch weicht Apollonios vom homerischen Sprachgebrauche in-
soferne ab, als dieser ein actives Verbum /.asw nicht kennt,
sondern nur ein mediales y.A£OiJ.a'..
Neben y.Xr,iu£Txi A 1153 y.sy.AT^i^xat A 618 exAr^t-iat A 990
ey.Ar/.cTo A 267. 1202 kommt einmal auch eine contrahirte Form
vor F 993 v^pwsc y.AYjCOuc.v ic, 'EAAäoa vocnQaavTSc ; Vorbild für
Apollonios war hier der hom. Hymn. XXXI 18 ey. ch o'ap;a[j.£vo;
y.AYjcco [j.£ps'::o)v ^ivo; avopwv -^[j.'.öiwv (vgl. Homer. Epigr. IV 9
rfiz-Xivr,'/ y.Afjirai oTav yßyjoL).
AuxoopYcc A 164 A'jy.oopYi'.o B 118 bleibt offen, dagegen
gebrauchte Apollonios contrahirt Kop'.vOtoupYic in der y.Tist;
KavwTTOj; Steph. Byz. s. v. KiptvÖi; et tS/J.toc. KopivO'.c. • -b (jjvOcTov
Kop'.vO'.ojpYT^^ w; 'A-x'.y.o'jpYO^ ■ 'A'^cAAwvto? c 'PsB'.o; K-r/Mr.M Czj-ip(<)
Kop'.ve'.s'jpYe? £ST'. vgl, Michaelis de Apollon. Rhod. fragm. p. 6.
Hier muss auch der Falschbildung jA-zjOjpYO'' B 80 gedacht
werden =^ jAcjpYoi. Apollonios behielt den a-Stamm 'JAr, bei
und setzte zum Zwecke der Composition noch ein 0 an, so
dass dann jene Form sich ergeben konnte.
Yq/.t'.QZ A 476. 1503 (Versanfang) yc^/.z'm: A 610. 1214
B 626 A 986 (an den drei ersteren Stellen im Versanfang).
Bei Homer kommt noch keine Form mit dem Diphthongen
32*
k
460 lizach.
vor, dii statt der Contraction Hyphärese des einen £ eintrat,
wohl aber beg-egnet uns vr^Xeis; an erster Versstelle im homer.
Ilymn. Aphrod. 245 und an derselben Stelle Yqkzir,q bei Hesiod
Th. 770. Die synkopirte Form verwendet unser Dichter gleich-
falls: vy;A£ec A 389 an erster Stelle irr^Aziq A 1047 nach Homer
z. B. n 33. Endlich finden wir auch noch die weiter con-
trahirte Form YQKr,q \ 1438 an erster Stelle nach Homer I 632,
vr)X£a A 588 an erster Stelle nach Homer T 229. Was die
A 703 an der Spitze des Verses in L überlieferte Form Yqrr,v.q
'.y.sxai betrifft, so ist diese offenbar in Yqktietq zu ändern, was
G bietet; die Bedeutung ist eine passivische ,mit denen man
kein Mitleid hat'. Auch die Stellung im Verse spricht dafür,
dass nicht wj^eiTsT? , was man nach ßekker's Lesung in Homer
conjiciren wollte, zu schreiben ist. Yr,Ke':/jq steht bei Apollonios
überall an erster Stelle, er folgt hier streng den erwähnten
Vorlagen bei Hesiod und im Aphroditehymnos.
otv r 1199 ctwv B 465 o'.c B 491 mit offenen Vocalen,
aber A 1090 evi /.wcaiv oiwv im Versschluss wie bei Homer
u 142 y.wcciv ctwv (sonst ist oiwv noch ziemlich häufig bei Homer
im Versschluss contrahirt, so A 678. 696 0 323 i 448 |x 299
^ 100).
eq 'OröcVTo; A 69 (Versschluss) offen wie Homer Z 326 elq
'Otocvtä und B 531 'OTuöcvia; Apollonios verwendet aber auch
die contrahirte Form A 1780 'O:rouv-ia t' äcrea Aoy.pwv. Die
contrahirte Silbe steht in der vierten Arsis; zugleich wird die
Contraction auch durch die Stellung des Wortes am Anfange des
zweiten Verskolons nach der trochäischen Cäsur entschuldigt.
hib) (urspr. cFiw) ist zumeist offen A 196 B 441. 1166
r 28. 88 A 818, contrahirt im Versschluss A 829 T 523 (nach
Homer E 252 K 105 T 71 u. s.) und einmal in der Hebung
des dritten Fusses B 1222 aXXa -/.y.l •r)[j.£a; ol'w szicTraiJ.svcj? zoAeixoto.
Diese letztere Gebrauchsweise ist bemerkenswerth , da ein
homerisches Vorbild dafür nicht vorliegt. Alle übrigen Formen
des Verbums sind offen: o(c[7.at A ()90 B 645 J^ .479. 1079
A 197. 1654 oieaO' B 342 oi6iJ.£vov A 1037 bU'o T 623 otasaxo
r 456. 1189 A 14 otGc?aiJ.£voc \i 1135 F 926 wicra|j.Y;v A 291.
T.ix'.q. Der homerischen Gebrauchsweise entsprechend ge-
braucht unser Dicliter das Wort offen, ausgenommen die Fälle,
wo es in die Arsis kommt. Wir lesen es zweisilbig und zwar
GrammiitiKche Studien zu Apollonios Rhodios. 461
1. beide Silben in der Thesis : A 67. '202 R 703 T 241. 361
A 460. 912. 1762 durchwegs in der 4. Thesis; die Ueber-
lieferung bietet hier auch überall die offene Form bis auf
A 202 und F 361, wo in L und G r.cdc steht; doch ist selbst-
verständlich kein Zweifel, dass auch an diesen Stellen die
zweisilbige Form hergestellt werden muss. Ausserdem lesen
wir das bei Homer noch nicht vorkommende Compositum
ßsüra'.c A 760 im Versanfang als zweisilbig überliefert, so dass
der zweite Bestandtheil in die Thesis fällt; auch hier werden
wir consequenter Weise die offene Form herstellen können.
2. T.i'.: ist zweisilbig, indem die zweite Silbe in Folge Positions-
länge in einer Arsis steht : A 224 (IV) 570 (III) Y 866 (tc vor
einem Vocal lang wie Hesiod E 376 in III. Arsis) A 905 (IV)
-äiv A 697 (IV). Contrahirt erscheint TiaTc an erster Versstelle
A 96 T.odq ccyäOoj TcXiovTsc vgl. Homer r^ 300 u 216 ■: 530;
ausserdem noch B 1046 in der V, Arsis: -cotdtv 5' A'/^'.ox'j.x;
[;.j6-r;caT0, r.saq AXsoTo; der Ausdruck r^od- AXsoTo ist durch Inter-
punction und bukolische Diärese von dem übrigen Verse ge-
trennt, so dass die Stellung von zaTc derjenigen am Anfange
des Verses analog wird und der Gebrauch der contrahirten
Form an dieser Stelle auch ohne homerisches Muster ent-
schuldigt erscheint.
cioc. Dies Adjectivum ist bei Apollonios durchweg offen
A 490. 1258 A 364 göo: A 650 göt, B 330 (vgl. Homer n 252).
Unser Dichter hat, da er nirgends aw? gebraucht, also auch
bei Homer die offenen Formen gelesen, während Aristarch die
contrahirten bevorzugte, vgl. Schol. des Didymos zu A 117
ccov £[x(j.£va'. • c'jTw; GÖiv al 'Ap'.rcapyo'j, yj 0'.Y]pE[j.£vojc soov, aXXä iwv.
c'jvaoc'. xal xo ,vuv [t.o<. cw; aiTrli; cAsOpoc' (s 305). saO' s-ko'j ok vtat
z'.x'.pti ,cscv B'äv£VEU(j£' (FI 252j. Mit Ausnahme von X 332 lässt
sich überall, wo in unseren Texten cS>q steht, auch sio; her-
stellen und dies war, wie das Verhalten unseres Dichters zeigt,
die voraristarchische Lesung. Bemerkenswerth ist weiter der
Comparativ awsTEpo'. A 918 an erster Stelle, den wir bei Homer
in dieser Formation nicht finden (nur cawTipo; A 32 von Gioq),
den Positiv G&zq gebraucht die ionische und attische Prosa,
vgl. Herodot I 66 Xenophon Kyr. VII. 4. 13. Diese Bildung
ist offenbar eine sehr alte, aus urspr. cxFo; entstand in Folge
Verflüchtigung des r und regressiver Assimilation des in Folge
462 Rzach.
dessen gelängten ersten Vocals crwo<;. Derselbe Vorgang, nur
mit Dehnung des zweiten Vocals, ist in der Bildung des Eigen-
namens ^oojvaüxYjv ß 746 zu constatiren, über dessen Ursprung
das Scliol. zu d. St. berichtet. Schliesslich sind die Formen
des zugehörigen Verbums zu erwähnen, zunächst die des
Präsensstammes: cwcia A 197 (an erster Stelle) gwovto ß 1010
ffweaöai ß 610 (an erster Stelle), dann auch B 296 (am Versanfang)
wie Merkel nach dem Etym. M. 689, 24 schreibt (LG aeusaeat)
ctoo[ji.£votq r 307 (Versanfaug). Der Dichter gebraucht also nur
solche Formen des Präsensstammes, in denen die beiden ersten
Vocale von aaco) contrahirt sind, wie sich dies vereinzelt schon
bei Homer findet cwovts? t 430 ffwscxov 0 363, zwei Formen, die
Nauck, Bulletin de l'academie imp. 1877, 34, gewiss mit Recht
für spätere Aenderungen der ursprünglichen aacio^neq uijd ca6£a/.ov
erklärt. Bemerkenswerth ist der Umstand,, dass unser Dichter
die contrahirte Silbe nur in der Arsis anwendet, während sie
in den zwei homerischen Beispielen in der Thesis steht, ja noch
mehr, die contrahirte Silbe findet sich bei ihm mit Ausnahme
von B 1010 durchweg in der ersten Arsis des Verses, ofi'enbar
weil ihm bei der Spärlichkeit der homerischen Vorbilder die
Contraction ausser an der hervorragendsten Stelle des Verses
zu gewagt schien. Ich möchte daher auch B 1010 aeuovTO statt
{jwovxo zu schreiben vorschlagen, indem jenes besser in den
Context passt und leicht verwechselt werden konnte, wie die
oben erwähnte Discrepanz B 296 zwischen den Codd. LGr einer-
seits und dem Etym. M. andererseits zeigt. — Allen nicht dem
Präseusstamm angehörigen Formen aber liegt bei Apollonios das
offene Verbum aacw zu Grunde: ecawca A 786 eaäwcev F 323 A 918.
1458 ecjawcav B 817 cacojY)^ T 1005 ca(i)j£p.£vat A 837 EcäcoOev
r 1127 A 639 aaa)6£{? F 786 £;£Gawa£v B 748. 1143.
(fao; und Deriv. Das Substantiv cpäo; ist durchgehends
ofi'en ß 184. 333. 669. 720 F 1143 A 111. 1019. 1296 oxüc^aiv
r 1021 A 1170. Zweimal begegnet die Form ?ia); ß 441 Y 1223
(aus 5xFoq mittels Assimilation und Ersatzdehnung). Ebenso
sind die Derivata offen: (paöc^öpo«; A 885 «DaäOwv T 1236 A 598
<l>a£6jVT0? A 623 <Py.i^ovxx Y 245 ^aiOouaa A 971 9a£eouaav A 1690,
auch das Adjectiv <pa£tvoj A 973 <paeivw A 774 Y 154 »asw^
A 1282 ^aEivo« A 239 (poeetvoT? A 519 9a£iva; A 605. Was das
zugehörige Verbum betrifft, so lässt sich nicht entscheiden, ob
Orammatische Studien zu Apollonios Ehodios. 463
die Form ^ai'vo) aus ^asi'vw contraliirt oder aber direct aus dem
Stamme cpa (wie ßaivw aus ßx) gebildet ist; Apollonios aber hat
aller Wahrscheinlichkeit nach das erstere angenommen, denn
bei ihm linden wir die kürzere Form fast nur am Anfang
oder Schluss des Verses oder nach der bukolischen Diärese,
also an Stellen, wo er Contractionen zulässt. Die Formation
sasi'vw liegt vor in cpaeivo; T 728 A 1287 (fa£ivo[j.£vc'j B 42
^asivop^svYjv r 828 fa.z.vK[).vnq \ 1362. Assimilation erscheint in
c^o^tSt, B 687. 1041. 1285 r 1361 ?aavOr;C A 1597 ^aavOr] B 449
f 956 A 1711 e^syaavOr, A 1310 F 855 A 1001. 1602 ^aavOsi;
B 693 r 961. Von oatvw liegen vor und zwar am Anfange des
Verses: ooavz B 23 9a(voi£v A 1274 ^aivsxo A 583. 1114 V 165,
am Schlüsse: oaivs'.v B 315 7:aix<paivouca A 1310; nach der
bukolischen Diärese : «faTve A 782 (vorher auch Interpunction)
^aivE-cai B 853 ?ai'v£To A 746 B 1104 T 425, ferner in den Com-
positis /.ata^aivcTO A 1231 xpousatvei' A 1123 TcpouyaivsTO A 922^
wo die Silbe at gleichfalls in der fünften Arsis steht, so dass
eine Analogie in Bezug auf den Gebrauch des Simplex nicht
zu verkennen ist. Scheinbar widerspricht der genannten Regel
oaivovTO A 583, allein der Vers lautet ©aivexo §' zhfoudr, ^/.laOo;,
»aivovTO o' auwOcv y.xX., es ist also ^ai'vovxo nur eine anaphorische
Wiederholung des an der Spitze des Verses stehenden saiveto.
Auch die Aoristformen verwendet der Dichter fast nur am
Anfang oder Ende des Versös, jenes ist der Fall bei iresavsv
A 1430 £;ca>ävrj B 676, dieses bei (pav^vat F 819 fT/eJ.aai A 1415,
nur -po!pav£VTi A 786 steht mitten im Verse.
y^p^bi und xps'.w, X?£o? Xp-^o? ^^nd xp'^or. Wie Homer, so
braucht Apollonios xp-^^ und x?-'^'' neben einander. Doch findet
sich die erstere mit Hyphärese des einen s gebildete Form
nur an drei Stellen B 167. 817 A 1164, allemal in der vierten
Thesis vor folgendem Vocal. Viel zahlreicher ist die durch
Contraction entstandene Form XP-"^> wobei die contrahirtc Silbe
sowohl in die Arsis als auch in die Thesis zu stehen kommt.
Doch ist zu bemerken, dass Apollonios sie in keiner anderen
Arsis als in der ersten verwendet. In der Arsis: A 491 B 845
r 332. 500. 599 A 721. 814 yptioX r 988 A 358. In der Thesis
A 440 (4) 649 (2) 660 (4) 1092 (2) B 8 (4) 390 (4) 1201 (4)
r 33 (2) 52 (4) 173 (2) A 191 (2) 348 (3) 411 (2) 556 (2)
760 (2) 1769 (2j. Unser Dichter nahm die Form aus den
464 Rzach.
homerischen Texten wie er sie vorfand, in einer unrichtigen
Schreibweise ; denn ursprünglich stand gewiss /p"^w da, aus
Xp£Fc7(i) mittels Ersatzdehnung für f und Contraction entstanden,
vgl. Brugman de prod. supplct. Curt. Stud. IV 159. Ebenso
hielt er sich an die homerische Ueberlieferung bei /pcw? A 710.
Dass er aber doch irgendwo noch die richtige Schreibung mit
■q vorfand, dafür scheint mir die Stolle V 1198 cruv Traaiv -/prjSCTC'.
zu sprechen (y,prßc hat sonst noch Maneth. II 309). Es ist
nämlich durchaus unwahrscheinlich, dass Apollonios einmal
"/^peioq und dann wieder ypv^sact geschrieben haben sollte, ohne
dass er für beide Formationen Muster im älteren Epos ge-
funden hätte.
Neben den genannten Formen findet sich als die ge-
läufigste das homerische y^pioq A 236 und noch achtmal, ebenso
gebildet wie xpew.
Eine eigene Gruppe der Contractionen stellen die mit
vocalisch schliessenden Präpositionen zusammengesetzten Wörtei",
die selbst wieder vocalisch anlauten, dar. In solchen Fällen
erfährt nur die Präposition ■Trpö Contraction mit dem folgenden
vocalischen Anlaute (der öfter das Augment ist). Apollonios
verfährt ganz genau nach dem Vorbilde Homers, ^ wir lesen nach
homerischen Vorbildern : TrpouOscav T 627 wie Homer -po66r]-/.cv
Q 409; TrpouTud/cv A 953 nach Homer w 319, TrpouTU'i/av T 1397
nach Homer N 136, Tupojtpat'vcTO A 922 nach Homer v 169,
TTpou^aive-c' A 1113 nach Homer -. 143, r.poüyo'noq A 1583. 1626
TTpo'j/ovTa A 379 nach Homer W 325. 453, zpou/oucav A 925 nach
Homer 'C 138 (vgl, Kallimachos Hymn. Del. 218), Tupou/cvTo A 513
nach y 8, eTcixpoü/ovio A 524. Ohne directes homerisches Vorbild
findet sich nur Trpoußaivsv A 809 F 686. Diesen contrahirten
Formen gegenüber steht vereinzelt aTJOTiposXswov B 1230, was aber
kein Befremden erregen kann, wenn wir uns das homerische
u7C£/.7:poiXu(7av t, 88 (die offenen Silben an ganz derselben Versstelle,
in der vierten Thesis) gegenwärtig halten, das für unseren
Dichter zweifellos das Muster war (vergleichsweise lässt sich
auch TTpceyouca bei Kallimachos Fr. 125. 1 heranziehen, während
derselbe Dichter Hymn. Del. 218 Trpo'jyojaa sagt). Dagegen sind
' Bei Homer will jetzt Nauck, Bulletin de racademie imp. 1877, 4, durchaus
die offenen Formen heratcllen, nur w 300 TzpoÜTze^L'^'' toi av (Versanfaug)
fügt sicli diesem Verlangen niciit.
Grammatische Studien zu Äpollonios Rhodios. 465
mit jener Formation nicht zu vergleichen Bildungen wie TCposrjxe
A 97. 258 B 562 zpiiYjxav A 589. 640 ezt^rpoir^xa r 379 etc.-
7:por/)X£v A 1185. 1617 exiTrpor/j'/.av A 406. 1357. Diese enthielten
ja von Haus aus keinen inneren Hiatus ; Äpollonios übernahm
sie als starr gewordene epische Bildungen in sein Gedicht.
Alle übrigen Präpositionen, die vocalisch auslauten (von
rsp-;, dessen •. natürlich fest ist, abgesehen), erleiden in dem
oben berührten Falle entweder Elision des Vocalauslauts, oder
aber nicht, dann aber wird dieser mit dem folgenden Vocal
nicht contrahirt.
Bei diesem letzteren Falle haben wir zwei Gruppen zu
unterscheiden : theils recipirte unser Dichter aus dem im alten
Epos vorhandenen Bestand, theils gestattete er sich neue
Bildungen nach den alten Mustern, freilich zumeist mit falscher
Analogie.
Zu der ersterwähnten Art gehört:
a;j.5'.i7:o'j!7[ A 1102 aij.oiz.'^:.-/ B 761. 1158 a[j,^iS7uovTas F 547
aij,cpi£7:£a/.£v A 571 aij-s/'-STrscy.' A 562, bei Homer z. B. ü 804.
Der innere Hiatus kann im alten Epos nicht auffällig sein, da
er nur scheinbar ist, indem in diesem Worte die Wurzel cstc
steckt. Doch lesen wir schon in den homerischen Gedichten
auch T^oz7:vf ü 124 S 348 und so schrieb denn auch unser
Dichter A 1145, wozu allenfalls auch noch T 1304 kommt, wo
es durch Conjectur versucht ist.
avaspyopivouc; A 821, das aus dem hdschr. überlieferten
avcpyopisvcjc hergestellt werden muss. Ich führe es unter den
Nachahmungen derartiger homerischen Bildungen an, weil ich
überzeugt bin, dass unser Dichter so an der homerischen Stelle
A 392 gelesen hat (vgl. oben). Sonst findet sich durchaus das a
elidirt: ävepx6|/svo; B 674 Tnpyy^Arri B 576 A 54. 1170. 1714
ivspxc|j.Evoia'.v A 442 A 1777 avip/sTj:'. V 1230.
' avxsovov B 1149 nach Homer 1 146. 288 N 366; hier ist
avx jedoch nicht Präposition, sondern die ursprünglichste vollste
Form der Negationspartikel, wie wir sie z. B. auch in aväsATrco?
bei Hesiod Th. 660 vorfinden. Ursprünglich stand zwischen den
beiden Vocalen ein r (ävarscvoi; wie avareX^TOi;).
dTOspYsi A 865 wie Homer 0 325 (urspr. aTzcPip-^h)).
e-iavoavct V 171 nach Homer 11 407 singulär, während an
anderen Versstellen wie bei Homer das spätere ssavoavs'. steht:
466 Rzach.
A 675. 700 r 34. 485. 537 A 419, ebenso £?r|V$av£v r 950,
während Homer doch auch £-iY^voav£ hat, z. B. v 16. Die Prä-
position £-■: steht dabei in der vierten Thesis; zwischen den
beiden Vocalen stand einst ein F, W. arao.-
£-'.£>.7:o;j,a'. B 1225 wie Homer 9 126 £7:'.£A7:d;j.£vo; ; an anderer
Versstelle bei Homer auch z. B. ir.'.ehr.eo Homer A 545, W. F£Xt:.
izie>\).vtoq A 179 £t:i£iijl£vy) T 45 nach Homer H 164 0 214, W. H^.
£TC'.(aTopa B 872 A 1558 eTzdczopctq A 16. 89 nach Homer
9 26, W. F'.B.
. ETciopxov A 1086 nach Homer T 279.
ETcioupov r 1180 ETTioupoi A 87 nach Homer v 405 o 39 N 450,
W. hp vgl. Curtius Grdz.^ 349.
zpotc6ac70[xat A 895 A 1372 B 889 nach Homer X 356 £ 389,
dann ■KpcTicccETai B 889 ; der Hiatus im Inneren des Wortes lässt
sich hier nicht durch einstigen consonantischen Anlaut ent-
schuldigen, da die Wurzel cz, = ctc ist.
•J7:6£'.y.£v B 1266 wie Homer n 305, ut:c£i;£ A 1676 wie
Homer 0 227 - 42, G-;£';av A 41, aber 'jr.eilta A 408 \jt:zI^o[).v/
B 23 nach dem homerischen 'jT,tilo[j.0L'. A 294, woneben Homer
auch uTtcEi^u) 0 211 u7:o£(^oiJLai W 602 hat; die W. ist Fiv, (vgl.
Curtius Grdz.4 135).
Selbständige Bildungen des Apollonios und zwar
a) nach richtiger Analogie anderen homerischen Com-
positis nachgeformt:
imi\oo\): A 783; da dem Verbum die Wurzel Hkl zu Grunde
liegt, so ist diese Bildung eine regelrechte Analogie zu £-'£X7:oiJ.a'..
£i:t£'J;£-:' B 18 nach dem Muster von äjxs'i-co ; daneben braucht
der Dichter I^exou^; B 384 £cp£7;ovTa'. A 576 T 315.
■jzoic7X£Ta'. A 169 •jzo(c-/£TC A 473 nach dem Vorbilde des
homerischen ■/.aTa'cr/£-:a'. 1 122; durch den inneren Hiatus differenzirt
unser Dichter das genannte Verbum, das gleichbedeutend ist mit
■j-£/w, von 'jTdr/^o-^.x>. = jT.:(r/yio\).<x<., das er B 24 in der bei Homer
üblichen Form braucht; hatte er aber einmal •j7:o'!cr/,£Ta'. sich
gestattet, so musste er auch •j7:o'!axav£ T 120, das jenem hin-
sichtlich der Bedeutung gleich ist, zulassen. Ursprünglicher
Anlaut war a, da IV/w aus i'.qv/m hervorging.
Wir schliessen hier auch das Adjectiv ÜT:o£pYÖ; A 266 an,
das wie TaXaEpvd; A 1062 regelrecht gebildet ist, vgl. Homer
W 654 u. s.
Grammatische Studien zu ApoUonios Rhodios. 4b7
b) Nach falscher Analogie gebildete Formen liegen fol-
gende vor:
aroiy.A'jasv A 366 (G hat das metrisch unmögliche ä-r/.Xjcsv);
wahrscheinlich Hess sich ApoUonios durch homerische Formen
wie ä-c£pcj£ Z 348 oder j.'zv:/,t V 406 bestimmen, auch jenes zu
wagen, allein da er nicht wusste, dass in den genannten Verben
dereinst consonantischer Verbalanlaut Platz hatte, so entging
ihm die Einsicht, eine Missbildung geschaffen zu haben.
Biac'.pivo; B 372 /.aTas'ixsvo; A 939 y.aTasiixsva- T 830 (von 5'.-
resp. 7.ae{£iJ,a'.). Dem Schol. zu A 939 war es nicht recht klar, woher
er y.aias'.ixevo? ableiten sollte, er erklärt es durch ■/.y.-.y.^ptb\).v)Oc,
^^ y,OLxrK-)tö\).tvoc, r) y,s-/.aAJ[JLiJ.£vo; ^utoTc. Abermals ist eine falsche
Analogie zu constatiren und zwar nach dem von ApoUonios
selber gebrauchten £-'.£'.|jivoc (von sjpevvjij.'.) und dem homerischen
•Mi7.t<.\}.v)Z't - 431 (von y.a8£vvu|X'.).
£-'£Tp£-cv r 628, daneben aber erATpir^o^/ A 642 £7:£Tp£'^£v
A 1700 (der Schreiber von G nahm wiederum Anstoss an der
Form und schrieb das metrisch unmögliche £-£ip£::ov wie oben
a-£y.X'jc£v). Unser Dichter ward vielleicht durch das homerische
£7:iv^vcav£ v 16 u. s. zu dieser Falschbildung geführt.
■jT.oe-jTr,') r 501 (Versschluss; ; daneben lesen wir aber die
regelrechten Bildungen jz£7-y;; A 412 T 983 A 89 j-dstr, B 92
r 905. 1232 A 341 O-saxav A 1389. i
Wir sehen, dass ApoUonios durch sein Bestreben, alte
Muster nachzuahmen, mitunter, ohne natürlich selbst eine Ahnung
davon zu haben, sich einen ziemlichen Missgriff zu Schulden
kommen Hess. Das aber muss man doch wieder zugestehen,
dass er seine Neuerungen so weit als möglich nach alten Mustern
zu schaffen bestrebt war, wobei ihn natürlich nur die ganz
äusserliche Analogie leiten konnte, ein Unternehmen, das bei
der damaligen geringen Kenntniss des Sprachbaues nur schwer
gelingen konnte.
Die Adjectiva auf ov.c; bleiben wie bei Homer ahe uncon-
trahirt bis auf
' Aehnlichen Falschbildungen begegnen wir auch sonst in der epischen
Sprache, so bei Nikandros i-or,pj-fz Alex. 257 'j::oc'x),aac Ther. 728 ür.o-
cTpaaav Ther. 86, beliebt sind sie bei Tzetzes, z. B. <x-oini-jzo Posthorn.
136. 307 ki7]Xu8E Posthorn. 15 /.aia^xiavE Hom. 193 Posthorn. 125 ujio-
3'Tp£3£ Hom. 84.
468 Kzach.
'ApY(po? A 658. 1620 \Kp^((fr,q B 211 A 554 'ApYoV/] A 319 A 938
(nicht homerisch); mit Ausnahme der erstangeführten Stelle steht
die Contractionssilbe überall in der Tliesis; ebenso erscheint
durchaus contrahirt das in der altepischen Poesie nur an einer
und zwar interpolirten Stelle der Hymnen (Herrn. 17 an erster
Stelle) vorkommende Adjectiv v;o)s;, und zwar im Versanfang, so
dass die contrahirte Silbe in die erste Thcsis fällt A 1274 B 688
■»50)01 B 899 (vgl. Kallimachos Ep. 22. 1), in die zweite Thesis
fällt sie bei -^^too'.civ V 1021 und u:cr/ooi A 841. Das B 745 über-
lieferte homerische Feminin r,ciT,v ist aus sachlichen Gründen
anzuzweifeln, worüber Merkel's Note p. 107 zu vergleichen ist.
Offen aber ist die schon früher besprochene Form 'Ewiov ATcöXXwva
ß 700 (so LG), wornach dann selbstverständlich auch ß 686
statt des überlieferten prosodisch fehlerhaften swou im Vers-
schluss 'Ewiou ATr6X).a)vo(; herzustellen ist, wie schon Wellauer
richtig gethan hat. Dass hier unser Dichter von seiner sonstigen
Gewohnheit, die ionische Form dieses Wortes zu contrahiren,
abwich, kann uns nicht befremden, da er, wie schon früher
bemerkt ward, 'Eioto? durchaus als Eigennamen gefasst wissen
wollte und sich demgemäss ganz wohl eine Differenz in Bezug
auf "^wo? gestatten konnte.
Endlich haben wir noch des Adjectivs zaxpwio; zu ge-
denken. Es ist offen im Nominativ T 359, zaTpw-.ov A 410
xatpwto'. ß 1160, Aber ß 486 verlangt der Vers die Form
TcaTp(o-/;v : lepoi. xaTpoV^v aJtsupLevov aTcav aXy^at. Da Homer auch im
Feminin (vgl. v 188. 251) nur die offene Form braucht, so ist
wohl mit Synizese zu lesen, also -aTpwjr^v.
Aehnlich verhält es sich mit dem Adjectivum ov^io? (urspr.
BaFio? Alkman Fr. 79 B. -irvcuij-a T^jp te oaF'.ov). Es ist dreisilbig
in den Formen ov«/.ov T 1304 oy-'.o'. A 497 cr^-.x A 635 wie bei
Homer z. B. A 281 1 76 u. s. Ebenso bildet das t eine eigene
Silbe in den Ableitungen 0Y;'.cr7;Tsc A 682. 1030 V 1059 A 396.
1010 oYi-oTviTt r 234 A 338 or/.oTr,Ta A 420 o^iöcovcs? A 489 (wie
Homej- A 153) crj-xaay.ov B 142 so'/jiov Y 1374, die beiden letzt-
genannten Formen ohne homerisches Vorbild.
Hingegen finden wir eine Reihe von Formen des ge-
nannten Adjectivs, wo der Vers das Verschwinden dieser Silbe
verlangt. Der Laur. enthält das -. hierbei stets als Adscriptum. Im
Hinblick auf die oben genannten Fälle werden wir anzunehmen
Grammatische Studien zu ApoUonios Ehodios. 469
haben, dass der erwähnte Vocal in der Aussprache in den
Spiranten j übergeht, wie dies für Homer Hartel vortrefflich
nachgewiesen hat (Hom. Stud. III 11 sq.). An eine Correption
des r^ vor t (neuerdings Nauck, Bullet. 1877, 26 sqq.) ist nicht
zu denken, da das y; sich auch in Arsi findet (bei unserem
Dichter bei dem Verb. S-^iw A 244 B 117 ^ 1044 A 81). Der
Pentameter der Anjte Anth. Pal. VI. 123 yaXy.sov a[;.5' cvu/a
CTa^s ocvcv or^iojv, den Nauck in's Feld führt, könnte für das
alte Epos nichts beweisen, selbst wenn o-qiwi ganz sicher wäre
(vgl. Dübner's krit. Commentar p. 236). Merkel schrieb i als
subscriptum bis auf A 533, wo er inconsequent \).i{Koxz xyjv oTjic.aiv
avacxv^cscOai eoustv in den Text aufnahm. Die Stellen sind: o-rji'ou
TusXsi e^ siAaBoTo B 1077 (L ausdrücklich Br/iou, ebenso G) vgl. Homer
0 181 zupbc; cy;(oio, or^iw u-b coupi B 139 (L or^im G o-r;to)) vgl.
Homer H 241 o-Ciii^ (jLsXTcsaOat 'Äp*o'., or,lw) 6obv s'yjj.a ßoXawv A 201
(LG CYjiwv) vgl. Homer 0 533 cr^iwv avopiov aXewp'/^v, su osoaü)?
OYjiotc'v A 76 (L OYjtoiciv G oaiotaiv), \>:^^-ox^ ti\v orjio'.atv avacr/jcscöai
louciv A 533 (LG o-/;b'.(7'.v), ovjbcciv o-aacw A 1109 (LG o-^ioiciv)
vgl. Homer I 317 P 148 [j.dpvacOa'. B-^ioistv £■::' avopac. ; ebenso
sind unserer Ansicht nach die Formen des Verbums oyjwo) zu
schreiben, in denen das i im Verse seine Stellung als selb-
ständige Silbe verliert; die Ueberlieferung von L spricht fast
durchweg dafür: or^iyj^ntq A 614 (L or/. . . ouv-csq), auch bei Homer,
wo wir die contrahirte Participform im Nom. Sing. P 65 im
Versanfang lesen, findet sich neben o-r)wv als Variante o-/)(wv
überliefert; o-^-.was'.av A 244 (L cTj-.wcaiav) vgl. Homer A 416, wo
als Variante o-/;Vw(7a)5'.v überliefert ist; ov^iojcscöat B 117 (so L)
or/.(j)0?jva'. A 1044 (L cy;Vo)e-^vai) und so ist auch A 81 zu schreiben,
wo in L ausnahmsweise einmal or,o)0-^va'. wohl in Folge eines
Schreibfehlers steht. G lässt theilweise das i ganz weg.
Es bleibt uns noch übrig von einigen Wörtern zu sprechen,
die nur mit Contraction vorkommen, und zwar
OciAtc-ou/wv A 347 und ro/acjou/ov B 846; das erstere ist
von unserem Dichter selbst gebildet in der Bedeutung des
homerischen 0£[j.isTo-iXot, das zweite verwendet er nach dem
Vorgange des Aischylos, bei dem wir es öfter finden, z. B.
Hepta 804 Eum. 745. 843. 964.
Eine besondere Erwähnung erheischt das von ApoUonios
als Adjectiv gebrauchte 0£U[ji.op(-/j V 676 (vouco«;) 0£U[j.opir) V 974
470 Rzaoh.
(ä'xY]) ; die erste Silbe, welche an der erstgenannten Stelle in
der zweiten, an der letztgenannten Stelle in der ersten Arsis
steht, ist nach ionischer Weise aus Oeo contrahirt. Das Adjectiv
6£6[jLcpo; kennt schon Pindar Ol. III 10, unser Dichter jedoch
entlehnte den Ausdruck HvjiJ.opir, offenbar dem Kallimachos
Epigr. 32. 4 (Anth. Pal. XII 71. 4), der ihn übrigens nur als
Substantiv in der Bedeutung , göttliche Fügung' anwendet.
Eine Diärese im eigentlichen Wortsinne liegt bei Apol-
lonios nur in dem dem allgemein epischen Sprachgebrauch an-
gehörigen oiQjq und den stammverwandten Wörtern vor, denen
das onomatopoietische Klagewörtchen c'i mit ursprünglichem
Diphthong zu Grunde liegt. Wir lesen oticus? A 192 otCuv T 959
A 1387 ctCupou; ^ 1630 o-Iusi A 1374 o^wv A 1324.
Symzese.
Fälle von Synizese sind bei unserem Dichter nicht gerade
sehr häufig ; neue ihm speciell eigenthümliche finden sich nicht,
er Hess nur solche zu, die schon der altepischen Sprache an-
gehörten. Innerhalb eines und desselben Woi'tes begegnet uns
die Synizese bei folgenden Lautverbindungen :
ea: c<piaq A 1108 (II. Arsis) 1308 (II. A.).
SY) : ipuaeri-/ A 729 (III. A.). Dagegen ist der Eigenname
'HpaxXsr;?, der in dieser Form 9 Mal und im Accusativ 'HpaxXsYjv
ein Mal (B 767) vorkommt, nicht mit Synizese zu lesen, sondern
da die zweite und dritte Silbe stets in die Thesis fallen, als
viersilbig zu fassen.
£Y): yjxXv.iri A 1207 (L metrisch unmöglich '/oCkv.v.t,'., jenes
L. 16, III. A.) xa\xir^a'y B 1249 (L wiederum ■/aX-/.£(Y;'.!Jt G
yaAy.ctViatv, III. A.) T 218 (III. A., LG das unmögliche /aX/.siai?)
XpucEYj A 740 (IV. A.) r 156 (IV. A.) xpoiriai A 1366 (III. A.).
eo: yipdQBo^f A 176 (eov als Länge in der IV. A.) 1319 (IV. A.).
£0'.: xaX/.eo'.q T 499 (III. A.) xpjasci B 676 (III. A.) xpuaio'.Gi
A 978 (IIL A.).
£0): in der ionischen Endung des Genet. Sing, der a-Stämme:
^"M A 1537 (6. Thesis) Aiax(c£(o A 853 (IL Arsis) A{c£w T 704
(III. A.) Aiv'.TcO) A 245 (IL A.) 1316 (IL A.) r 27 (III. A.)
86 (IIL A.) 214 (IL A.) A 1044 (IL A.) A?ea/a5£(o A 649 (IL A.)
A?crov(B£(o A 887 (IL A.) T 542 (IIL A.) A 1012 (IL A.) A[jL7:j7.{5£a>
A 1106 (IL A.) Apa^£a) A 133 (6. Thesis) C^ixT^c^ko T 852 (IIL A.) —
Grammatische Studien zu ApoUonios Bhodios. 471
in der Endung swv des Genet. Plur. derselben Declinatiou:
AtoXtBswv r 339 (IL A.) [^.sX-.cciwv A 1132 (6. Thes.) Mcuc-ewv B 845
(IV. A.) ^ 896 (IV. A.) Nup.9£a)v A 1218 (II. A.) xacsojv A 620
(III. A.) n-ziYitov A 1243 (IV.' A.) —
in der Endung swv der Stämme auf eo: osvopewv T 207
(1. Thes.) A 1429 (1. Thes.) /aXy.ewv T 62 (III. A.) xpuaswv
A 1146 (III. A.) — '
in der Endung swv des Genet. Phir. der consonantischen
Declination: ■/.•/jciiov A 280 (V. A.) Aa-<pi(i)v B 903 (1. Thes.)
Ar.vswv A 173 (III. A.) oüpstov r 162 (1. Thes.) ^-q^ior, B 50
(IV. A.) r 289 (1. Thes.) 755 (IV. A.) 954 (III. A.) 962 (IV. A.)
1015 (V. A.) Tsu/Jwv r 1249 (III. A.) -
bei Pronomina in der Endung £0)v : cncewv A 980 (6. Thes.)
r 230 (6. Thes.) 'Viwv A 1031 (1. Thes.).
Im Inlaute bei yaXxswva F 41 (III. A.) vgl. Homer 8 273;
TcBvsüj-rwv dagegen, das F 748 von Stephanus statt des hdschr.
unmetrischen tsövsiw-wv hergestellt ward, wobei die mit Synizese
zu lesende Silbe sio in die zweite Thesis fiele, ist, wie wir sehen
werden, eine unmögliche Conjectur.
SO): xpujEw B 1271 (IV. A.)
'jw : nur im Eigennamen 'HXey.-rpuwvc; A 748 im Verssehluss
(jü) also in der VI. Arsis). Hier folgt ApoUonios Hesiod A. 3,
bei Homer kommt eine derartige Synizese nicht vor.
Die Synizese bei zwei aufeinander folgenden Worten findet
sich nur in der Verbindung 3r) swetTa. Doch ergibt sich sowohl
aus der Ueberlieferung, als auch aus der Betrachtung der Grund-
sätze, die unseren Dichter bei Anwendung der Synizese geleitet
haben, dass wir hierin eher einen Fall von Krasis als von
Synizesis zu erkennen haben vgl. p. 46. Jene Normen sind
nämlich folgende :
Regelmässig steht die mit Synizese zu lesende Silbe in
der Arsis, in der Thesis nur am Anfange oder Schlüsse des
Verses. Was die Stellung der Synizese an den einzelnen Vers-
stellen betrifi"!, so ist sie am häufigsten in der III. Arsis an-
gewendet (von 53 Fällen überhaupt 18 Mal), dann folgt die
IL Arsis mit 11 Fällen, die IV. Arsis mit 9, die V. mit 2,
endlich die VI. mit einem Falle, beim Eigennamen 'HXsxTpjwvo?.
In der Thesis sind die Fälle am Anfang und Schlüsse des Verses
fast gleich an Zahl, in der ersten Thesis finden wir nämlich 6,
472 Rzach.
in der sechsten 5 Fälle. Ganz singulär steht diesen Normen
g-egenüber die in die Texte allgemein aufgenommene Conjectur
des Stephanus tsOvewtwv T 748 mit Synizese von £oj in der zweiten
Thcsis statt des von LG überlieferten TeOvs'.w-wv. Das einzige
homerische Beispiel der Synizese in diesem Particip - 331 'Cmm,
a-cap TeOvstoTi -f bs'i^iiwvTa-. zeigt, wie zu erwarten, die betreffende
Silbe in Arsi, kann also gar nicht in Betracht gezogen werden.
Es ist daher die Form anders zu emendiren. ApoUonios schrieb,
glaube ich, an der genannten Stelle |j.T,T£pa Tsövas-wv aoivbv zspt
xw[j,' Ey.äXu— ev, indem er neben -eOvyjw; (oder, wie er schrieb, mit si
TsOvetiüTa T 461) ebenso eine zweite P'orm -sövau); construirte,
wie er nach homerischem Vorgange neben s(7r/;ü)-o!; T 1384 ein
esecxac-a; T 1276 brauchte; für diese Annahme spricht der
Umstand, dass wir jene Form bei Quintus Smyrnaeus, der so
Manches dem ApoUonios entnahm, mehrfach vorfinden und zwar
den hier in Frage kommenden Genet. Plur. xsOvaÖTwv I 821
(wohl überliefert durch AM), ebenso TsÖvasto; II 392 (so M,
A hat das metrisch unmögliche xeOvawTo;), ferner VI 250,
TeSvadTa; II 536 (AM), endlich hat Koechly VII 65 statt des
von A überlieferten TcOvsotoc nach den übrigen Stellen -eOvaö-oc
hergestellt. Daneben gebraucht Quintus aber auch -CcOvs-.wti
V 502 wie ApoUonios T 461, ein Grund weiter zu der Annahme,
dass er sich im Gebrauche der Formen dieses Particips nach
ApoUonios richtete, und dieser auch in Bezug auf die Anwendung
jener anderen Form sein Vorgänger war.
Krasis.
Von der Krasis macht die epische Sprache im Allgemeinen
wenig Gebrauch und es sind nur bestimmte Wörter, auf die
sie beschränkt ist. Unser Dichter gestattete sich hierin keine
einzige Neuerung, er folgte nur den homerischen Vorlagen.
Wir finden in der Krasis
1. den Artikel in
wXao'., in der Verbindung w; os /.y). wAAoi A 1101 B 874
r 365. 992, in der Verbindung abv oe -/.al wXXoi A 253 A 998,
mXkoi sonst A 1081 T 176. 356. Der Cod. L bietet überall den
Asper, G den Lenis bis auf B 874, wo gleichfalls der Asper
steht; der Asper wird durch das Scholion zu A 998 bestätigt:
C7UV Zk xal ü)Xao'. • rTfC, vecoTspai; 'laSo; xb waaoi, und zu A 1081
Graumatische Studien zu ApoUonios Rhodios. 473
heisst es : wXXoi sxsv p- -q TO'.a'jvr, cJvxAotcpY) r^; vswTspa; 'liloq hui-
l:'z 7.x\ ;/£[j,a;ovTa'. Zifjvjoi-w £?7:sv-i ,(oAAO'. (sie) ]J.v> pa Ose! t; y.al
avips;' sj v,iypr,Tx: yxp txjty; "O[j.-/;po;. Apollonios folg'te hier Zenodots
Vorgaiig-e, der jedocli nach den Berichten der homerischen
Scholien waXo- mit Lenis schrieb, zu R 1 cti 7/r,^/zoo-zq Ypxsst
wXXoi, vgl. auch zu K 1. Aristarch wandte dieselbe Krasis,
wenn auch nicht in diesem Worte, so doch in wpiGTc. an, Schol.
des Didymos zu K 539 'Ap^sTap/oq 'ApYS-cov üp'.c-o: xat xvsj toO i
(ähnlich E 396 suts jx'.v wüxbc av^p). Wenn das Scholion zu den
zwei genannten Stellen des Apollonios diese Art der Krasis
als neuionisch bezeichnet, so hatte der Scholiast offenbar die
Belege bei Herodot z. B. I 48 im Auge.
Krasis des Artikels mit dem folgenden Worte begegnet
bei unserem Dichter weiter noch in
-äXXa B 335 (L x' aXXa) nach dem homerischen taXXa z. B.
A 465 B 428 -( 462, wobei wir der Variante ■:'' a/.Aa, auf welche
die Schreibung des Laur. zurückzugehen scheint, begegnen.
-a[j.ä r 102, zu vergleichen mit dem homerischen ojixsc;
0 360 und mit Toijpiv bei Kallimachos P^pigr. 34. 2, 49. 6.
2. Die Conjunction y.ai erscheint in der Krasis bei :
•/axslvo^ A 1441 y.ay.sivw A 972 y.ay.sivojc A 83 y.xy.sTva A 996
y.iy.eiOsv A 1731. Der Cod. L hat überall a mit •. subscriptum.
Die Krasis in diesem Worte, wo wir also die Form iv.tv/z: zu
substituiren haben, wandte Apollonios nach der homerischen
'Azvrri seiner Zeit an (vgl. La Roche Hom. Textkrit. 247 sqq.)
im Gegensatz zu Zenodot und Aristarch, die v.y.': y.ihzz u. ä.
schrieben; vgl. Schol. A. 0 179 y.al y.iviz-- h. -rzKrtZO-jq rbv TJvoeqj.ov
'Apiciap/oc und Schol. V zu d. St. y.icy.eiv;; iv. rArjpoj; fwofür
natürlich /.xl v.zhzz zu schreiben ist, Düntzer de Zenod. stud.
Hom. 59 Note 35), z y.x\ 7yr,'izzzxzq Ypxs£i. Uebrigens ging unserem
Dichter sein Lehrer Kallimachos voran, dem jener den Vers
A 972, wo y.xy.c'vw vorkommt, entnahm; vgl. Kallimachos Fr. 44
(Schneider), Schol. Laur. zu Apollonios A 972, (jlerhard, Lectt.
Apollon. 7 sq.
3. Schon oben ward bemerkt, dass wir auch bei dem
öfter wiederkehrenden oy; sTrsita eine Krasis zu constatiren
haben. Der Laur. schreibt mit Ausnahme des fehlerhaften
g' £-£'.tx A 70 an allen Stellen o -q-f-x oder 5' r,-v-x. Merkel
setzte darnach mit Recht or^-E'.-rx in den Text; das vor dem
Sitzb. d. pliil.-hist. Cl. LXXXIX. I'.d. II. Htt. 33
474 Rzach.
folgrenden ffleichartiffen Vocal s im Verse verkürzte r, Avard so
eng mit demselben verknüpft, dass sich thatsächlich eine Krasis
Liklete, welche die von L überlieferte Schreibung offenbar
anzeigen will. Hiefür spricht ganz besonders auch der Umstand,
dass die betreffende Silbe an allen Stellen in der zweiten Thesis
steht, wo, wie wir früher gesehen haben, eine Synizese bei
Apollonios keinen Platz hat. Unmittelbares Vorbild für unseren
Dichter war Kallimachos Hymn. Del. 160 Dem. 88, wo die Ueber-
lieferung S' y^-ei-a an ganz derselben Versstelle bietet, das
Schneider richtig als or,-e:xx in den Text setzte. Die früher
beliebte Schreibung o' r,~t'.xoL schmuggelt eine unerhörte Form
■qize'.-oi. in die epische Sprache ein. Die Stellen sind : B 435.
899. 1169 r 770 A 70. 1393. Vgl. übrigens auch Gerhard
Lectt. Apoll. 95 Merkel Proll. LXXIX. Schneider Callim. 1 289.
4. Endlich findet sich die Krasis nach homerischer Weise
in o'6v£y.a A 616 Y 246. 1125 o'jvs/; A 1325 Y 356. 370 o'jvs/.sv
r 334. 470. 626 A 793. 1032 -cüvsy.a (mit ionischer Psilosis
wie bei Homer) A 338 li 642. 1128 toüvs-/.' A 204 A 1272
Toüvcxsv A 1354 A 534; besonders bemerkenswerth ist cöoüvsy.ev
r 933 (LG o6' ouvcv.sv, von den Schreibern missverstanden, da
es nicht = '6v. ouvev.tw ist, sondern oxo'j iv£y.£v) ; dass Apollonios
in diesem Falle die Aspiration zuliess, obwohl er sonst To'jvay.sv
schrieb, kann nicht befremden, da er den Ausdruck der Sprache
der attischen Tragiker entnahm, vgl. Aisch. Prom. 330 Sopli.
Ai. 123 u. s. Das alte Epos kennt diese Formation nicht.
ApoJcope.
Die Apokope findet sich bei Apollonios wie sonst in der
epischen Sprache bei i'pa und den Präpositionen avä y.a-a und -Kxpx.
äcy.: B 1011 i'vO' iz=\ oip y.t -ivMy-x'. und A 1076 \lr,rqz
0 OUX dp VaiE'. C/_£02V.
ava : äv = äva A 494 av ok y.ai 'Opavjz Xaiy; avac;/c[J.£vo; v.i^xp'y
T^v.py."^z') äo'.cv;c, vgl. Aristarchs Leseart H 110 ävä o' avs/sc, die
Merkel passend in Parallele zog; sonst steht äv os A 1110
ß 492. 928 r 874. 882. 1231. 1236 A 1677 äv 3' A 1350.
ävo'./a A 908 B 575. 927. 973 Y 23 A 31. 1291 oiävcr/a
A 934 b'i109 Y 991 A 453.
avO£T5 A 1237 dvOqxsvo; A 189. 1589 avO£;j.£vo; 1} 1060
A L376. 1771 (LG £vO£;/£vs'.) ävO£tj.ivoj; A 1386.
Grammatische Studien zu ApoUonios Khodios. AiD
ävöopsv r 556.
iymhio-jay. 1 708 Tr/Shio^n^c, A 1125 oc^r/Shi'^yiz V 1212
oL'r/.ochizaGX r 861.
äY/.£i[j.a'. B 628 vgl. Kalliraachos Epig-r. 50. 2 und 57. 3
avy.eTcrOai.
ayxXtva'. A 62.
ävaxrjjov A 1325.
avs/o'.To Ti 230, aber oj-x-xötoc B 272 nach der Ueberliefe-
rung von LG. Ernesti wollte ojsavr/STo; , doch weist Merkel
mit Recht darauf hin, dass die überlieferte Lesung nach
Zenodots Vorbilde von unserem Dichter stammen kann, vgl.
Schol. Ven. B 694 öv. Z-/;v:ooto; vpaos'. 0L<jvr,:szz()3.'. (für av^-v^jicOa'.)
£tji.£AAsv /.TA. Freilich verfuhr er dann, da er selbst avc-rjaov
braucht, inconsequent, wenn nicht etwa dies in ä'cr/)70v zu
ändern ist.
avTsXXwv B 44 r 520 av-iXAcvxo: A 776 avieXXsuia T 1224
av-sXXs'. B 1007 r 959 dvTOAa- A 85 «v-oaswv B 527.
dv-iSiaYwv B 119 so nach der sehr glücklichen Conjectur
von Sanctamandus für die corrupte Ueberlieferung von LG
cx:/liu [j.iAav TSTÄ-fwv, S. [).i'/C dvTST. Vgl. Gerhard 124 Wellauer
Note z. d. St.
^YX^Axcac JJ 585.
Mit Uebergang des v in ;x vor [j. und den Lippenlauten :
d|i.ßoA{-^ A 861 r 144 diJ.ßo>,{Y;v A 396.
ä[). [J.i^fy. A 127.
dix[A'.Y« A 573 B 983 F 1405 A 628. 898. 1196.
ä.j. -soiov A 1061 B 514 A 976.
äi>. TTsAa^o; B 363. 808. 1089 A 1538. 1744.
Ol.\).ZtX!iz7.C B 255.
oi.[).z'hav.ir,z B 476 aixxAa7.'//;v B 484.
aij-TTAY^cwv B 1195 (so LG, Merkel conjicirt 3.\()T,~i>y>).
d|j.T:v£(07T£; r 1292 i;j.-v£':£T/.ov r 231 ' ä;;.-v£Jcr£av A 1264
a|x-v£J(7a; B 208.
ä[j. rSk'.y A 166 B 996.
a[A xtoAisOpov A 812.
dixsaBov B 983 r 570 A 1316. 1511 ä.^.'.ai-V V 97. 982.
di^-öas-:-/; r 284. 1372 aijr.xzir, B 40 V 811 A3.
d|j.9£p£Ta'. B 170.
■/.x-y.: ■/.■j.-J)yMii Y 796 ivi/.ätOav' B 834.
33*
476 Rzach.
y.:(T0£T2 r 867 aT.o-/J.TQt-o T 817. 1287 ivaatesTO T 283
itapa-icätOsto ß 504 A 17o4 r^zpvm-:^txo V 156.
Mit Assimilation des x an den folo-enden Consonanten :
yJßßaAs B 34 r 1308 A 188 ivr/.äßßaXs A 1239 TTEp-.y.äß-
ßaXcV r 707.
xao o' ä'[xu5ic A 434 y.ao o' autoü A 565 /.ao es ßapsTav B 91
xoe3 3' apa B 931 -mo ok oolzvh} V 154 y.io es [j.'.v i/X6; Y 725.
y.ocX)aäov A 559 B 766 Y 1233 xaX)a-£v A 7. 105 ß 994
A 5. 29. 434.
Y.d[).iJ.op^ A 1318.
yt.d~r.eGt B 831 A 1688 vn-mTZTZzav) Y 655 Trspty.ocTiTcescV Y 543.
xapa : TzapßoXaovjv A 936 zap oe ol £YX°? ^ ^23 -rrotpOcTO B 249
TuapGscOat A 346 TrapjjiiJ.ßXw/ev A 1167 lüapcTairj F 1239.
Zum ConsoTiantisnms.
1. Einfache Consonanten.
Labiale. Zunächst ist der Wörter mit dem Anlaut r.x
statt des sonstigen r. zu g-edenken (das t entwickelte sich höchst
wahrscheinlich aus Jod, Kuhn Zeitschr. XI 340). Unser Dichter
gebraucht nach altepischer Weise folgende derartige Formen :
TTToXtsOpov mit ständigem Anlaut tct wie bei Homer, die
Ueberlieferung von L ist durchwegs fest. Mit Positionsbihlung
steht r.z A 398. 825 B 760 I' 824, ohne Noth A 186 (wo G
vereinzelt T^cXtsOpov hat) 812. 1316 B 1143 Y 1405.
Nur zum Zwecke der Positionsbildung werden die Formen
mit TTT (neben solchen mit::) verwendet bei folgenden Wörtern:
r.-:oki\).oio A 971 ■7:xoki[).o>.<7iv A 467, ferner im Inlaut bei
cpiXc-ToXe[;.oio B 778 siXozToXeiJ.su; B 991. Daneben steht -öXsjj.3;
A 1218 und 9 Mal, ebenso nur -oltij:f,'.y. T 562 A 1180 ::^Ai).'Zz
A 43 TToXq/uov B 758; darnach ist auch, wie Merkel that, Y 1234
das von LG überlieferte svavrßtov -TsXqj.'.^sv (G -J^ev) in rSkiix'.zvf
zu ändern.
TTTÖXtv A 247. 653. 838 B 459. 654 (L hier ^sDys -oXiv
'Opxo|jL£voTo , Brunck richtig tctöX'.v, Wellauer cpsDvsv zoX'.v) 890.
1093. 1267 r 573. 621. 679. 749 A 1068. 1174. 1281. -iXt;
steht daneben z. B. A 1052 und sonst liäufig.
Weiter haben wir die Namensform «Pepscscv/; W 916 zu
erwähnen, welche Homer und tiesiod nicht kennen; im Epos
Grammatische Studien zu Apollonios Rhodios. 4r77
lesen wir zuerst ^zpGe^^övv.x im Hom. Hymn. XIII 2, die bei
Apollonios begeg'nende Form findet sich zuerst bei Simonides
Ep. 128 B.
Schliesslich bleibt zu bemerken, dass unser Dichter einmal
%-£/£v braucht B 1104 nach dem homerischen ä-a; £?pir)[X£vsv
L, 225.- Die Aspirata 9 musste in die Tenuis tc übergehen, weil
zwei aufeinander folgende Silben nicht mit einer Aspirata
anfangen dürfen. Wie mechanisch Apollonios in der Reception
homerischer Ausdrücke verfuhr, zeigt dies Beispiel deutlich.
Denn da er das Wort nur ein einziges Mal in den homerischen
Gedichten vorfand, wagte er nicht, es auch noch ein zweites
Älal anzuwenden und schrieb daher an einer anderen Stelle
A 324 die gegen die griechische Lautlehre Verstössen de Form
i'^.ciytz, die nach seinem Beispiel später Quintus Smyrnaeus
gebraucht.
Dentale, c vor jj. wird in ionisch- epischer Weise be-
wahrt in
l'$[x£v A 135 A 1076. 1319 (zweimal) 15G9 l'c[^.£va'. B 11
r 355 A 725 odcixvni A 1360 £;':o[X£vai r 332. 1083, im Eigen-
namen "IBiJ-cov A 139. 436. 475 "lcixov=; B 449. 850 "I$[^,ova B 816.
Ö3(xv^ B 272 A 158. 430 o^[j.fr, B 229 ooijx^ A 622 oS[;.yjv
B 191 A 112.
ä;paStJ.05'JvYj A 560 B 647 spaci^oaüvYjaiv A 122 TCoX'Jspacf^.wv
A 1311, wozu noch aus einem Fragmente der v.v.T.q Nauxpaiito?
bei Atiien. Deipnos. VII 283 D (7u;;.opxo(jLova hinzutritt; endlich
T.pz-z(fpoiii).v/x Y 1315 nach Hesiod E. 655.
6 ist vor \j. bewahrt in
y.£7.:pje;x£voc A 209.
Bald 0 bald 'C erscheint in ap(cr;Aoc A 727 äp{cT;Aa F 615
('mit kurzem i) neben äpi'^r,\oq T 958 ipi'Cr^Kc. H 250. Etymo-
logisch sind beide Formen gleich berechtigt, da der zweite
Bestandtheil entweder von dem urspr. cj mit Ausfall des j den
einfachen c-Laut behielt oder aber Sj in 'C übergehen Hess
(vgl. Curtius Grdz. ' 603). Apollonios hielt sich in Bezug auf
die letztere Form an die hergebrachte Ueberlieferung der
homerischen Texte, in Bezug auf die ersterwähnte aber an
Zenodot's Vorgang; Schol. zu Homer B 318 ap-l^'^Xcv cti Zr,v;-
scTo; Ypi^ei ap'IBr/Aov. Doch wich Apollonios insofern von Zenodot
ab, als dieser an der genannten Stelle äp'tv>cv mit langem i
b
f
478 Rziich.
lesen musste, wälireud unser Dichter es nur mit kurzem i ver-
wendet, da aber, wo eine Länge erforderlich ist, die volgäre
homerische Form braucht.
Erwälmenswerth sind weiter die Adjectiva mit dem Präfix
^a, das aus Zvj. hervorging. Sie gehören zu den Aeolismen in
den homerischen Texten. Der Ilias und Odyssee entnahm
ApoUonios nur Q^Ur^v Ä 933 ly-'/sr^üc A 1095 V 321 A 835
!^ayp-/;£aiv A 1159, hiezu kommt noch 'C,<x\}.v)r\c, A 1029 nach dem
Hom. Hymn. Herm. 307. Neubiklungen gestattete er sich nicht.
Bezüglich des Consonantismus haben wir noch einige
Bemerkungen hinzuzufügen.
Für das der epischen Sprache angehörige Adverb \J.ö^(iq
verwendet ApoUonios durchwegs nur die der attischen Prosa
geläufige Form [jiX-.; A 674 B 207. 488 T 188. 634. 1025.
An allen diesen Stellen hat L [ji/ac, nur A 1233 hat L und G
[^.6^1? (dies G auch F 634) ; diese scheinbare Abweichung aber
fügt sich sofort der Regel, denn nach der Note Merkel's zu
d. St. steht hier in L und G der Vers <I> 417 der Ilias bei-
geschrieben \}.ö-^^\c, B's^avstpaTo Ojij.öv, woher die Irrung der Ab-
schreiber rührt. Uebrigens sah schon Gerhard Lectt. Apoll. 95
das Richtige. Den alexandrinischen Dichtern war ofienbar das
Bewusstsein, dass \).i>^i^c> die allein berechtigte epische Form sei,
entschwunden, denn auch bei Kallimachos lesen wir nur \jSk\q
Ilymn. Dem. 27, vgl. Theokrit. XV 4. Der Scholiast zu Apol-
lonios A 674 tadelt die Schreibweise [xiAic • y.r/.toc otä toj a • sosi
Neben -/spao-.o A 1582 yjpco'j A 1268. 1649 /ipaw A 939.
1009 li 860 r 575 A 79 -/ip^cv T 199 A 1580 yi^i^v, A 1264
braucht ApoUonios die Form Xspövrjsov A 925, die auch der
Prosa, besonders Thukydides geläufig ist; hier ist natürlich
nicht das c als ausgefallen zu denken, sondern vorher eine
Assimilation zu p (wie im Attischen) und dann Ausfall der
einen Liquida anzunehmen und zwar nach falscher Analogie
von diJ.oippuTOc; und ajj.sipjTG; und ähnlichen Gebilden. Ja sogar
noch eine Synkope des o im ei-sten Wortbestandtheil gestattet
sich unser Dichter, doch nur am Versschlusse A 1175 Maxpioir;?
STul zeipau'. "/£pv/;aoio.
Das oben erwähnte äolische ap-uYspcä? A 380 af^uYspoKspov
B 244 i:]}:j^(E^iji~y.io<. B 374 hat den ursprünglichen Anlaut be-
Grammatische Studien zu Äpollonios Ehodios. 479
wahrt, während er im Gemeingriechischen [xz^fipiq ([jLsvspoTo F 853
A 37) abgefallen ist.
2. Doppelconsonanz.
a) Liquidae.
Das Wesen der griechischen Liquidae hat Hartel, Hom.
Stud. I - 40 sqq., in's rechte Licht gestellt. Er hat für sie eine
, vollere Articulation, so dass sie dem Werthe von Consonanten-
gruppen nahezu gleichkamen und wie diese Position bilden
konnten^ nachgewiesen. Die epische Sprache vor Allem bietet
die meiste Gelegenheit die flüssige Natur dieser Dauerlaute zu
erkennen, die sich sowohl in der Längung kurzvocalischen
Auslauts vor denselben als auch in der Zusammensetzung offen-
bart. Die späteren Epiker hielten sich an den Vorgang der
alten Sprache, ja Äpollonios blieb nicht bei den überkommenen
Beispielen stehen , sondern versuchte auch selbständig vor-
zugehen, indem er solche Liquidaedoppelungen (resp. Län-
gungen) auch ohne homerische Vorbilder sich gestattete. Indem
wir uns vorbehalten über diese ganze Frage an einem anderen
Orte ausführlich zu sprechen, können wir uns hier darauf be-
schränken zu erörtern, in wie weit unser Dichter den in der
Natur der Liquidae gelegenen und fast ausnahmslos nur unter
Unterstützung der Versarsis wirklich zum Ausdruck gelangten
Doppellaut auch durch die »Schrift bezeichnete. Wir werden
vor Allem die Liquidae im Inlaute in Compositionen und
nach dem Verbalaugment zu betrachten haben.
Von Aristarch wissen wir, dass er im Anlaut die Liquida,
wenn sie Position bildete, consequent nur einfcich schrieb
(vgl. La Roche Hom. Textkritik 391 sqq. Hartel Hom. Studien
I- 49 sqq. j\Ierkel Proll. CIV sqq.) und auch im Inlaute sich
meist für die einfache Setzung dieser Laute entschied, während
Aristophanes selbst im Anlaute mitunter den doppelten Laut
setzte, vgl, Merkel a. a. O.
Doppelung begegnet uns hier nach dem Augment sowohl
wie bei Zusammensetzungen mit Präpositionen, und zwar L jenes
nach homerischem Vorbild bei: eA/.aßs A 1197 /.a-E'X/.aße ß 108G;
so fand Äpollonios gewiss zu seiner Zeit in den homerischen
480 BzacU.
Texten geschriebeu und so behielt auch er es bei, die Ueber-
lieferung- ist hier einstimmig. Auch Aristarch hat gewiss in
solchen Fällen den Doppelconsonant geschrieben, vgl. La Roche
Ilom. Textkritik 392; nach dem Hom. Hymn. auf Dem. V. 87,
wo wir iXXa/sv lesen (vgl. Kallim. Hymn. IV 97 '€k\y.yeq)j ge-
stattete sich Apollonios sAXa/ov B 881 (die erste Silbe in IV. Arsis),
wie L bietet, während G iXayov hat. Dagegen bildete unser Dichter
ohne ein älteres Vorbild nach dem Muster der genannten Formen
£Xa'.-£v B 1032 (die gelängte Silbe in V. Arsis) Till (II.) vd'/Xir.z
A 515 (IV.), an welchen drei Stellen denn auch die Ueber-
lieferung einstimmig den Doppellaut bietet.
2. Nicht ganz so consequent erscheint die Ueberlieferung
in der Schreibung der gelängten Silben in Compositis. Nach
homerischer AVeise erscheint eine Längung vor X in der Arsis
bei a-cXX7^;£'.v A 1353 (IV. A.) a-sXX-r-;£-.£ A 1154 (II) A 767 (II)
wie an denselben Versstellen bei Homer, vgl. für die IV. Arsis
0 31 \j. 224 V 151, für die IL x 166; die Ueberlieferung bei
Apollonios bietet nur Doppelliquidae, was dafür spricht, dass
er auch in Homer so geschrieben wissen wollte, während wir
von Aristarch ausdrücklich erfahren, dass er den einfachen
Consonanten schrieb Schob zu 0 31 OL-o'hhr,zr^; • otä toj i-epcu X
ai Ap'.aTzp'/oj; daraus schloss La Roche Hom. Textkritik 390
mit Recht, dass Aristarch auch an den übrigen in Betracht
kommenden Stellen so geschrieben haben wird. Schwankend
ist die Schreibweise bei einem anderen Compositum, wir linden
nämlich in L zwar iJ.t-3.X/.r,zt'. V 110 (mit der Längung in der
IV. Arsis, wie bei Homer 1 157. 261. 299 Hom. Hymn. Dem. 339),
aber p-etäX/^ycov A 1271 (IV. A.) und i^.cTaXvrsc/.sv I' 951 (H. A.);
Cod. G. hat an der erstgenannten Stelle gleichfalls den doppelten
Consonanten, an der zweiten [j.£t' äXXvjvwv, an der letztgenannten
stimmt er mit L überein. A\'ir werden uns natürlich für die
Doppelung entscheiden, da hiefür schon die genannten Formen
von ÖL-o'Kr,-(D) überzeugend sprechen. Aristarch schrieb ebenso
consequent auch hier nur ein X, Schob I 299 o'.x toj eiipoo X
TO p,£TaXXr,;avr'. ai Ap'.sxäpyoj.
Endlich gehört zu diesem Stamme ein drittes Compositum
aXXr^y.Tcv, dessen gelängte Silbe jedoch nur au zwei Stellen in
der Arsis steht Y 74 (IL A.) und V 805 (I. A.), während sie
sich dreimal in der Thesis vorfindet A 1148 (2. Thesis)
Grammatische Stadien zu ApoUonios Rhodios. 481
1299 (4. Thesis) und B 940 (2. Thesis). Beide Fälle sind der
homerischen Spruche entnommen vgl. für die II. Arsis Homer
B 452 A 12, für die 2. Thesis Homer [>. 325. An säinmtlichen
Stellen des ApoUonios hat L die doppelte Liquida, G dagegen
überall mit Ausnahme von A 1299 die einfache. Ob dies
letztere etwa die Schreibweise des Aristarchos war und als
solche in den Cod. G eindrang, lässt sich nicht entscheiden,
für unseren Dichter kann es aber keinem Zweifel unterworfen
sein, dass er auch hier so schrieb, wie es L bietet. An
dies aAAr,/.T:v schliesst sich eng an die Form sAAYj^av ß 84,
deren gelängte Silbe in der 2. Thesis steht. Homer kennt diese
Bildung nicht, ApoUonios gestattete sich sie im Hinblicke
auf aÄAY;y.T3v [). 325 und seine eigene Gebrauchsweise dieses
Wortes A 1148 B 940. Auch hier ist der Doppelconsonant
überliefert.
Zwar nicht nach einem homerischen, doch aber nach
einem altepischen Muster liess unser Dichter die Doppelung
der Liquida a endlich noch zu in eTi'.AAS'ßwv A 1133 (IV. Arsis)
und £z'.AA£'i3ov-3(; A 1721 (IV. Arsis). An der ersten Stelle hat
zwar L nur ein a, allein die zweite Stelle sowohl wie die
oben angeführten Fälle sprechen laut dafür, auch hier con-
sequent den Doppellaut zu setzen. Die Leseart von G, der
A 1721 eTT'.AS'ßcvTa; hat, während die erste Stelle eine corrupte
Schreibung bietet, kann nicht in Betracht kommen. Das alt-
epische Vorbild für die Längung in diesem Worte ist das
hesiodische azcXe-'I/aq Th. 793, wo die Ueberlieferung nur den
einfachen Consonanten aufweist.
Nach homerischem Vorbilde lesen wir o'j7i\j.\).zpoc A 253.
286 I' 809 cjja.u.;j.:p;v ß 218 a;83 cj^oi[i.[j.op: A 685; das Doppel-pi
dieses Wortes, das nur ein durch cj7 gesteigertes ix[>.iJ.opz;, (un-
glücklich, so Hom. Z 408 Q 773) gleichbedeutend mit cJ3[j.:po;
ist, erhielt sich unter dem Einflüsse der Arsis als Repräsentant
des wahrscheinlichen ursprünglichen Anlautes der Wurzel cjJLap.
Ohne homerisches Vorbild lesen wir von demselben Stamme
das Adverb c'.a|jL[;,o'.pr,oä F 1029 (gelängte Silbe in der IV. Arsis),
wozu ApoUonios aber offenbar sjA.y.opcv als Muster nahm.
Zu nennen ist ausserdem i\)\j.'^.z\ir,;, A 96 (IV. Arsis)
1043 (II. Arsis) wie bei Homer.
482 Rzach.
Was die Schreibung aller der genannten Bildungen be-
trifft, so bietet L durchaus die doppelte Liquida, G hat zwar
Byaaixjxopoc, aber oi:L\j.o'.prfid und £'jij.eA'-^c, welch' letzteres auch im
Scholion zu A 96 sich so geschrieben hndet: £U|j.£M-/)(; o£ o tcoXc-
(Aivcoq, axb vqq [/.e/daq.
V.
Von dieser Liquida kommt nur ein Fall in Betracht,
nämlich ah^nyiq B 738 (die gelängte Silbe in der I. Arsis)
aüvsyioj; A 1271 B 189 (beide Male L Arsisj. Die Längung ist
etymologisch begründet, da sich darin die Nachwirkung des
ursprünglichen Anlautes der Wurzel c:i/ zeigt; für Gjveyi? lag
dem ApoUonios Hom. M 26 als Muster vor (vgl. auch i 74),
3Uv£/£0); aber verwendet er nach dem Vorgange Hesiods Th. 636,
wo wir es an derselben Versstelle sehen. Was nun die Schreibung
betrifft, so bietet L bei dem zweimal begegnenden cuvs/ea); nur
ein V, dagegen ist auvvs/i«; geschrieben ,altero v exiliter postm.
ascr.' wie Merkel angibt. G hat überall nur ein v. Die home-
rische 7.3'.vy5 zeigt uns der Venet. A : c'jvvsyeq (vgl. La Roche
Hom. Textkrit. 354). Dieser ward von Didymos die Schreib-
weise des Aristophanes und Aristarch entgegengesetzt Schol.
zu M 26 QUTiv/iq ' 'Aptffxap'/o? -/.at 'AptaT02)äv/](; ota xou STspou v.
Merkel schrieb auch bei ApoUonios überall den einfachen Con-
sonauten, da sich nicht leugnen lässt, dass Cod. L sonst den
aristophanischen Vorschriften über die Gemination der Liquidae
folgt, so dass die Argonautika, wie sie in dieser Hdschr. vor-
liegen, als eine Recension aristophanischer Grammatiker sich
darstellen, vgl. Merkel Proll. CIV sqq. Wenn wir aber die
sonstige Gepflogenheit der Ueberlieferung von L, die ganz
entschieden für die Doppelsetzung der Liquidae spricht, in
Betracht ziehen, wenn wir fei'ner erwägen, dass dieselbe Hdschr.
zwar gerade bei dem in Rede stehenden Worte das v nicht,
wenigstens nicht consequent, doppelt, dafür aber zappaX'-^? A 1560
bietet, das einen ganz ähnlichen Fall repräsentirt (Trxpx und
akq, das urspr. mit a anlautete, lat. sal), wenn endlich gebührend
berücksichtigt wird, dass in den Scholien zu A 769 und Y 37
der Schreibung ;ppa unseres Dichters die aristarchische mit
einem p geradezu entgegengesetzt wird, so können wir mit
ziemlicher Bestimmtheit annehmen, dass ApoUonios auch cuweys;
und c7uvv£y£(o? schrieb.
Grammatische Studien zu Apolionios Rhodios. 483
P-
cppoi mit der ersten Silbe in Arsi lesen wir Y 37. 845
A 68. 251 ;pp' A 769 B 718; doppeltes p ist sowohl in L als G
durchgäng-ig geschrieben ; ebenso muss -6pp' A 526 F 867 A 582
geschrieben werden, wenn auch hier die Ueberlieferung es nicht
überall bietet. L hat an der ersten Stelle nur ein p, an der
zweiten steht tjv p' yjv' e^avsXouaa verschrieben aus ■T:opp\ an der
di'itten endlich ist nach MerkeVs Angabe das zweite p von
zweiter Hand hinzugefügt. G stimmt an allen Stellen mit L,
nur ist an der letzten ~6pp' von einer Hand geschrieben. Die
Schreibweise mit Doppel -p stimmt vollständig mit der sonstigen
bei Apolionios. Zu vergleichen ist mit den genannten Stellen
bei Homer 11 228 z6 px tst' £■/. /yjXoTi Xcßwv £-/a9y;pc Oi£Üo -pokov,
wo Aristarch, wie uns das Scholion des Didymos zu dieser
Stelle bezeugt, nur ein p schrieb : c'jto); Apistapyo; t6 pa c'.a toD
hoc p. Ausdrücklich wird der Schreibung unseres Dichters die
aristarchische gegenübergestellt in zwei Schollen zu den Argo-
nautika : zu A 769 cpp' ATaXavtv; • . . . oi 0£ 'Apiaiap/eto'. oi exspou p
syo'jG'. -xq TO'.xJTa? -(pxoy.:, w; 'HpaxXstov i-r;7lv h r^ ■::' zfiq 'IXiäoo?
,-i pa tot' £•/. yT,Lolo /.aßtov ; ferner zu T 37 cppa t£ oi 5ia Büo pp •
od C£ "ApiG-ip'/ßioi \cC k-ipo\) p] vpacoucv, ' w; y.al T:apa tw Tzzir^xf^ ,t6
pa tot' £•/. yr^^olz Aaßwv- ir)7tv 'Hpay.Aicov. Wie Antimachos, der
diese Läugung auch verwendete — Fr. ine. 66 Kinkel : to pa
0- oL'iy'Mv/iq 7.p£[j.aT0 ~ip\ -ädaaAov yXv. — schrieb, ist ungewiss.
Wie durchgehends oppa, so hat der Cod. L auch in zwei
anderen Fällen, wo Längung eines kurzen Vocals vor folgen-
dem p bei zwei getrennten Wörtern stattlindet, die Doppel-
lir^uida: F 1020 steht corrupt '::£p'.ppo£o;7'.v, während G '::£pippoo££aa'v
zeigt, was von Schäfer richtig in r.tp\ poorr,-'// emendirt ward;
ähnlich lesen wir £7:'.ppr,v£(7otv A 1497; beide Schreibweisen gehen
auf die Gepflogenheit des Aristo phanes zurück, von dessen
Regeln mehrfach Spuren in L wahrzunehmen sind. Apolionios
schrieb gewiss hier nur den einfachen Consonanten, man vgl.
nur z. B. A 251 oppa öea f,piäzz i-\ 'pr^-y:.z<M £0£i[j.av, wo zwar öppa,
aber £-'; pr,Y[j.Tciv mit einem p neben einander steht.
' So ist statt des hdschr. a: o; 'Ap'.aTap/Eio'. ypa'JOJUiv zu schreiben im
Hinblick auf das erstcitirte Scholion ; Keil ändert uunöthigerweise auch
a'. in ol, es können hier ganz gut Exodaet; gemeint sein.
484 Rzach.
Zu nennen ist ferner ~y.ppx'/J:r,c \ 1560 an erster Versstelle.
Die Längung der ersten Silbe kommt zwar in der altepischen
Sprache nicht vor, ist aber g;leich\vohl etymolog-isch vvohl-
begründet, indem sich der einstige Anlaut des zweiten Wort-
bestandtheils äXc (p) geltend machte, wie wir es sonst bei Homer
sehen: vY;a; «AaB' B 165 TrcTaiJ-bv aX'.[j.'jp-/;£VTa e 640; vgl. Kalli-
machos Hymn. III 238 T.7.ppy}J.r^ (II. A.). L schreibt das p doppelt,
G aber nach aristarchischer Weise einfach. Eine Nachahmung
des Apollonios finden wir bei Dionysios Perieg. 253 ~xppx/sr,'f.
Alle übrigen Geminationen von p stellen Assimilation eines
einst vorhanden gewesenen anderen Consonanten (meist F oder a)
dar und sind der alten Sprache entnommen. Ständig ist die
durch Assimilation hervorgerufene Doppelung des p in der Arsis,
in der Thesis jedoch tritt mitunter der einfache Consonant ein,
indem die Unterstützung der Vershebung zur Erhaltung des
ursprünglichen Lautcomplexes verloren geht. Diese im alten
Epos hervortretenden Gesetze hat unser Dichter getreulich
bewahrt. Wir haben nur einen Fall mit der Liquida v und
eine Reihe solcher mit p zu betrachten.
ivvcTJsv A 241 A 586. 1596 £vv£-cv A 1057. 1277 vnzTzi
A 2 iJ.£T£vv£7:£ T 1168 -ap£vv£-£v F 367 :rpoa£vv£-£v A 711. 792
r 51. 78. 433. 474. 710 (überall steht die erste Silbe in Arsi).
Das auf ursp. vt: (W. es-, lat. in-sece) zurückgehende w erhielt
sich unter der Mitwirkung der Arsis, während nach Aufhören
dieser Hilfe der einfache Consonant erschien : hiizio A 985
£V£7:ojc?tv A 26 £V£::j'.[x'. B 1059 £V£7:c'. A 1388 ivizor/ B 310
£V£7C0VTC; B 771 £;£V£7CCVT'. A 764 £;£V£Tr5VTa B 391.
Fälle mit p.
ippai^av A 617 ^'.ippx:GV/ A 33 ippa-jOr^ A 1034 C'appa-.sOr/Ta;
r 702 (wahrscheinlich ursp. Digarama-Anlaut), überall steht die
Silbe mit dem geminirten p in der Hebung.
eppi^^r^ B 1115 avxpp-r^;a; 1' 581 azoppo); A 637 y.ppr,'/~o:a\
A 1265 (I/jycppaviovTx B 833 W. fpoL'c, während die genannten
Formen die Silbe mit pp in der Arsis haben, erhielt sich auch
in der Thesis die Gemination bei äpprjy.T:? A 63 (1. Thes.)
A 1646 (2. Thes.) ai^.stppwYa; A 995 (2. Thes.). Apollonios wich
hierin von Homer ab, w^o wir bei ippr,y,-o^ stets nur die erste
Silbe in Arsi finden, während das zweite Wort überhaupt nicht
homerisch ist.
Grammatische Studien zn Apollonios Rhodios. 4:85
£jppr,vc? r 1086 suppv^vccc'.v A 49 -oXOppr/^sc B 377 (Wurzel
rapv rpav).
äpp-r-Tju; A 917 (W. rsp).
y.r/.cpp£7.TY;c'.v F 595 y.aTappscasa A 087 (W. rzp'( fpv{) ; die
Silbe mit Doppel -p erscheint aber auch in der zweiten Thesis
'ipp^^t'/ B 523. 1146 wie bei Homer I 530 K 49.
•/.ÄTappc-sc B 593 W. fpz~.
■/.a-cippiYrjSiV F 1132 eppi-(r,cv/ T 438 W. fp'^(.
ipp'CwOsv B 605 ipp'CoJVTai A 1122 B 731 F 969 ßaeüpp-Zov
A 1199 W. ptC, wozu wohl auch -sp'.ppY]o-(^c A 431 ■::£p'.pp-/(CY)v
A 1581 i-ipp-f^-r^j B 040. 847 gehört, Curtius Grdz.^ 353 (so
dass auch hier das eine p die letzte Spur des einstig-en r wäre).
ejpp'.vs'. F 1299 roA'Jppivov F 1231 (W. Pp-.v).
i'jpp'lvwv B 125 (W. ap'j? Curtius Grdz.^ 355).
a~oppi'^T/-z^ B 884 (W. rps").
£-{ppc62; B 1068 F 184 i-ippo<io; B 225. 1050 F 559 A 1045
£Z'!ppcOoi B 1193 mit pi^oq zusammenhängend.
eppee^f F 805 A 1531. 1703 aYxtppoo; B 367 ä-f/'-PP--' B 963
ßaeuppciov-c^ B 795 ßaOjpp£':ovTa B 059 £-ipp27.{ A 023 i^üppso; A 269,
was wohl nach Analogie von r/rAoiJ.oq gebildet von Apollonios
geschrieben ward, L hat unmetrisch iuppso; G £'Jpoo:; Merkel
setzte die unwahrscheinliche Conjectur Meineke's s'jpjppos; in
den Text. — In der Thesis finden wir dem homerischen Gebrauch
entsprechend die einfache Consonanz: a;j.jtp'jr/) A 1305 süpupeovia
B 1201 zpop££(7y.£ F 225 o)y.'jpirjV B 349. 050, dies letztere kam
auch als Eigenname 'Qxjpiy;v in der -/.-.iziz Nxjy.paiiw; vor, Athen.
Deipnos. VII 283 D :
TW pa 7:;t' 'üy.jpirjv v'j[j.s7Jv Tizp'xxKhix xoüprjV
Xr,c'.k^ £'jraT£p£'.a T£y.£v cCKÖrr,-'. \).i^(eiaoi,
'Qy.updrjv, fi vAkKc- azstpfcov tö-asav ^Qpat.
ippwsavTo A 385 £-£ppw:vTo B 001. 077 A 504. 1033 £7:£ppwjÄVTo
F 1258 (pa)s;j.a'. hängt wahrscheinlich mit W. 'pj zusammen).
h) Andere Consonanten.
'S
£2o£'.cav F 1293 -sptcSeicavTs; A 1050 G-ooss-ca; F 318 A 394
'j-ooo£';Gai; F 435; überall steht die Silbe mit der Gemination
des 0 in der Versliebung. Diese nach homerischem Vorbilde
486 Hzach.
angewendete Doppelung- des o liat ihren etymologischen Grund
in der ursprünglichen Beschaffenheit der Wurzel oFi, deren
einstiges f iu dem Namen AFcivia; inschriftlich vorliegt (Korinth.
luschr. Mitth. des deutschen archäol. Instituts zu Athen I 1. 43);
zu vergleichen ist auch die Längung iu iizl oioq A 639 wie öfter
in der altepischen Sprache.
77.
Wie Homer, so brauchte Apolloniös otzizöhe A 42. 83. 1349
B 1212 r 299. 954 A 530. 755. 1355. 1656. 1720 ctttuö-' B 654
r 764. 1273. 1302 A 507 oztoO' A 1242 oTu-cOt B 1137 ci:r.r,
B 983 V 316; das Doppel -t: erklärt sich aus der Grundform
cxFoTc oTüFoTc. Die geschwächte Form mit einem tu erscheint,
wenn die erste Silbe in der Thesis steht: oTioxe B 387 V 38
A 1452 B 1052 A 933, so durchgehends bei otty) A 854. 1344
B 980. 1185 A 297. 532. 1470. 1701.
G.
Doppel -(7 erscheint in einer Reihe von Wörtern, bei denen
es etymologisch begründet ist. Sie sind alle der altepischen
Sprache entnommen und zwar [xsaaov A 427 und in verschie-
denen P'ormen an über zwanzig weiteren Stellen, dann in den
Ableitungen [j.z.Gc-q-{ü T 1317 (und 4 Mal) [j-scc-^yü? A 85 (und
13 Mal) [j.sTOÖOsv A 1168 [j.sggoOi A 1278 B 172 [j.iaaoLuXo; V 235,
dann im Superlativ [j.saaoTaTOv A 649; daneben sind Formen mit
einem g verhältnissmässig sehr selten und zwar nur [xesov A 1033
B 620 A 374 ixiato T 1002 [j.sgy; A 1239, wozu nur noch der Superlativ
[AscraiTatTj A 999 hinzutritt ((j-satjo; entstand aus *iJ,£6jo; lat. medius).
Hieher gehört ferner cggo^, das in der Form cggov z. B.
A 84, im Ganzen an über 40 Stellen mit doppeltem Sigma vor-
kommt, woneben die jüngere Form mit einem g jedoch fast
ebenso oft begegnet, z. B. Bcov A 371, im Ganzen 36 Mal.
TÖaio; findet sich an über 20 Stellen, z. B. xsjcov A 84, wogegen
die Form mit einem g nur 9 Mal vorkommt, z. B. licov A 468
(cGGO- und ■:zGGOz gehen auf oxioq und tz-ioc, zurück). Ausserdem
braucht Apolloniös auch das abgeleitete occattsv A 372. 468 und
Toaaaxtov A 962.
oTticcu), dessen Doppelsigma gleichfalls etymologisch be-
gründet ist (o-iOj(i)), braucht luiser Dichter A 5 und an weiteren
23 Stellen, wogegen er die jüngere Form o-iffto nur spärlich
verwendet A 1017. 1298 15 44(1 1' 964.
Grammatische Stadien zu Apollonios Khodios. 487
'::p6aatii lesen wir B 274, Trpiaw gleiclifalls nur einmal A 1268,
doch ist jenes Conjectur von Schneider.
Etymologisch begründet ist weiter höchstwahrscheinlich
die Gemination des a in zacj-o Y 12S9. 1380 A 595. 14(57
i;i(7cuT0 A 40 [j,£T£G(jJ7a'. A 1270 hc^'jov-o T 885, bei Homer auch
in der Zusammensetzung z. B. s-'.acEJto 0 347 ; wahrscheinlich
haben wir hier eine W. cru, vgl. Ahrens Phil. IV, 600.
Ebenso steht es mit sjcetovro B 1070 wie Homer V 59
von der W. cFa, vgl. Curtius Grrdz. ^ 375 Ahrens a. a. O.
uTTOffffaivwv r 396. 974 A 410 gestattete sich Apollonios im
Hinblicke auf das homerische 7:£picaa(vov:£? y. 215 -spi'affatvov ti 4
TCsptccatvoufft ■:: 10. Auch hier glaube ich mit Ahrens a. a. O.
an das einstige Vorhandensein des Anlautes er, was freilich
Hartel Hom. Stud. I 75 sq. nicht zugesteht.
Nach dem Muster des homerischen und hesiodischen Xascrcio?
(z. B. N 128 Aspis 37) bildete Apollonios rciOGau,) B 927 vy;oc32cv
A 570; das Wort hängt wahrscheinlich mit der W. cpj zusammen,
anderer Ansicht ist Brugman de prod. suppl. Stud. IV 156
Note 71.
TTO/aücsü/ov B 846, das unser Dichtei- neben 7:o\':r,iyzu \ 312
gebraucht, verdankt sein Doppelsigma, wie Curtius Grdz. ' 282
mit grosser Wahrscheinlichkeit annimmt, einem doppelten hypo-
koristischen Suffix, indem der darin vorhandene Stamm TroXtcaa
auf rS/d-v-p. zurückzuführen ist (das •/. auch und zwar aspirirt
in -jT^Ai-y-vY]). Apollonios entnahm das Adjectiv der Sprache
des Aischylos.
Durch Assimilation entstand aa bei Traacuotv), so lesen wir
in L A 323. 634 B 759. 1063. 1169 F 195; nur A 859 steht
T^xvG'jz'.T, , welches die geläufige Schreibweise in G ist. In der
letzterwähnten Hdschr. haben wir eben die aristarchische Schreib-
weise vor uns Schol. B 12: o'6-a); ch oix tcj v xb Travauo-Yj 6 'Ap--
STap/o; 7.7.1 -y. TrocpaTrAr^cta tojto'.c ,av7r/;50v'- -/.xl ,Taya 5' avaTY^sscOz'.
sjj-^AA^v'. Apollonios hielt sich wahrscheinlich an Zenodots Vor-
gang, von dem wir wissen, dass er äaTv^scaSxi für av-Tr^cecOat
schrieb (Schol. Hom. B 694 vgl. Düntzer Zenod. 60) und sonst
die Assimilation begünstigte (La Roche Hom. Textkr. 394 sq.).
Bei Kallimachos Hymn. IV 159 ist die Sache zweifelhaft.
Etymologisch unerklärbar ist die Gemination des c: im
Eigennamen MsvaAojffa/.sa A 1045 (die betreffende Silbe in der
488 Bzach.
IV. Arsis). Doch scheint es mir keinem Zweifel zu unterliegen,
dass hier eine falsche Analogiebildung vorliegt. Wir lesen bei
Hesiod A. 13 ec 0-r^ßa; iv.i-fJGt Z'Spzcza.-Ais.c, Kao[X£{G'j;; nach
diesem c;£p£sjay.sac, dessen Doppelsigma sehr wohl begründet
ist (Thema sepe? und aiv.o:, vgl. sspsj-ß'.j; Hesiod Th. 693
Hom. Hymn. Apoll. 341 u. s.), gestattete sich unser Dichter
jene Bildung mit ganz äusserlicher Analogie, doch mit Ein-
haltung derselben Versstelle wie in seiner Vorlage.
T.
Die Gemination von x findet sich nur in ctti (urspr. *ot-J'.,
auf *c-/-jt zurückgehend) A 159 B 145 T 131. 699. 1011 und
zwar überall als Neutrum von 5t7xt;; die Form c-ct lesen wir
nur einmal B 126.
Declinatioii.
1. Vocalische Declination.
a) A- Stämme.
Nomin. Sing. Der Ausgang zvc, bei Abstracten, die von
Adjectiven auf y;; herkommen, kommt wenigstens in einem
Beispiel vor: £U7.Xc(yj A 447 suxXsiyj; A 73. 141 A 379, wie tlomer
z. B. 0 285 0 402.
Die Nominative masculiner Stämme auf a, wie '-ziia
vsosArf^epexa u. dgl., die sich im alten Epos nicht selten vor-
finden, hat unser Dichter ganz und gar gemieden.
Von Nominativen masculiner Stämme auf ac, wie 'Epixv.x;
Qr,pxz "loxc "VXa; ward oben p. 438 schon gesprochen. Wir
haben hier noch hinzuzufügen, dass der Grenetiv Up'S/.xz B 780
einen ähnlichen Nominativ auf a;, llpiöXa;, voraussetzt. Dieser
repräsentirt aber einen Eigennamen mit abgeschliffener Endung
=r ripisAao;, vgl. das Schob zu d. St. toiw; tcv 6p-^voj'/£vov IlptdXaiv
»yjcjI, twv ä'XA0)v Büipixiv AivivTtov Tiv TiT'Oü utiv, w; N6[X9'.; v-xl
KaXX'CTpaTo; ; das erste Schob zu d. St. führt den Nominativ
OptöXac, aber den Genetiv Ilp'.oXacj an. Das alte Epos kennt
den Namen nicht.
Genetiv Sing. Hier sind die verschiedenen Formationen
der Masculina zu betrachten :
(xrammatische Studien zu Apollonios Bhodios. 4:89
1. Der gewöhnliche Ausgang ist der auf as, wie in den
homerischen Gedichten: 'AßavTiäoao B 857 Av-^vipioaG B 293
'krnP.oLo A 560 B 557 'A-cao A 353. 609. 642. 735 r 810 A 1666
Aiavioa: Y 382 A 503 AIt,'olz A 337 B 403. 459. 890. 1094.
1143. 1151. 1164. 1197. 1207. 1221. 1279 r 13. 142. 153. 177.
212. 228. 241. 247. 269. 449. 492. 508. 528. 538. 609. 621.
1404 A 84. 102. 440. 512. 684. 697. 731. 740. 814. 1007. 1102.
1204. 1297 AisAtoao B 849 T 361 Aicovicao A 46. 123. 407. 1084
r 60. 86. 194. 318. 574. 752 (so Stephanus, LG unmetrisch
AiacviBca) t:s6(o) 1017. 1214 A 92. 688. 1313. 1755 AxTcpioao A 72
B 911. 916 apYiaTao B 961. 993 A 1628 Biav-iaoao B 111 Bopsao
A 1300 B 234. 241. 273. 427. 440 A 1464 ßopszo A 652. 1308
B 362. 1098 A 286. 1232 'EpiJ.-J.xz A 51. 642 T 197. 1175
Kprßz'oxz y 357 Kpsv-2ao B 1211 A 520. 753 \-qxoiooLo A 439.
484 A 612 M'.vJas A 230 NaußoA-oao A 134 Nau-äXiacac A 136
'OpvjT-cao A 207 neliao A 3. 225. 242. 279. 323. 902. 981. 1304
B 624. 763 A 242 IlpidXao B 780.
2. Ziemlich spärlich ist der ionische Genetiv auf £0) ver-
treten ; bis auf das dreimal (wie bei Homer H, 395 ^ 692 ^ 533)
vorkommende Bopsw, dann "losd) und 'IzTröicO) ist der Ausgang sw
mit Synizese zu lesen : a'/^-ceto A 1.537 Afaxioeo) A 853 AitTiTcO)
A 245. 1316 r 27. 86. 214 A 1044 Aiosw r 704 Aiaovioeo) A 887
r 542 A 1012 Apä;sio A 133 Bspsw B 288. 308 A 1484 (in
diesem P^igennamen ist das eine s durch Hyphärese ausgefallen)
"loeo) A 470 'ItttustcO) A 778 wp-r^c-ew Y 852.
3. Ganz vereinzelt findet sich der nach dorischer Weise
gebildete Genetiv TXa A 1350. Wie Apollonios den Nominativ
"VXa; A 131. 1207. 1258 und den Accusativ "VXav A 1324. 1354
in der epichorischen Form in den Text nahm, so flectirt er
auch den Genetiv in dorischer Weise.
Genetiv Plural. Wir begegnen drei Formen, wie im
alten Epos :
1. Die geläufigste ist die ursprüngliche auf atov: aXXäcüv
A 506. 792 ao'.cawv A 27 auTaojv A 377 A 514. 941 ßoXawv
r 32 A 201. 847 ßuy.Tawv Y 1328 ofj.wäwv 1' 666 oo-.äcov A 1708
ivvcjtäwv r 1364 iscTiAÄtov B 1152 Osäwv r 54 A 1347. 1420. 1434
e-jpaoiv r 44. 822 V/.zc'.ihi'f A 709 Aa-'.Oäor; A 41 XtTäojv B 477 [xavio-
ouvaiov A 81 |j,£Xt77au)v B 130 Moipäwv A 1217 MiJciojv A 1381
vjixcäojvA 1223 zaps'.awv B 676 A 1662 zaaawv A 113. 1122 Trs/.c'.awv
SiUl). d. pbil.-hist. Ol. T.XXXIX. P.a. II. Hit. 34
490 Rzach.
^ 486 TTEipatov B 330. 340. 346. 553. 577. 587. 892. 1190 A 955.
1254. 1658 •K'jXiwv A 884 poatov Y 1348 ai-.awv B 1172 cruvecciäwv
A 390, endlich xatov B 273. 283. 319 1^ 342. 895. 930. 996,
überall steht dieser Genetiv Tawv an der Spitze des Verses.
2. Wie von den Formen des Genetivs auf sw, so macht
unser Dichter von denen des Genetivs Plural auf cwv nur
ziemlich beschränkten Gebrauch. Wir lesen Ab)aoitov Y 339
avToXewv B 527 Gjpecov A 41 [xeXtcarscov A 1132 Moucriiov B 845
A 896 Nu[j.^ea)v A 1218 r^aaeMv A 620 n-^ystov A 1243 TTjXitov
A 634. 782 Z7.uOio)v A 288. Mit Ausnahme von avxoXewv O'jpewv
(Hom. (f 191) TCu/itov (Hom. H 1) ZxuOeoiv ist ewv mit Synizese
zu lesen.
3. Der contrahirte Ausgang wv findet sich nur sporadisch
in besonderen Fällen.
a) Bei Substantiven nur:
[xsA'.ccjcüv r 1036 ; so die Ueberlieferung. Das Wort schliesst
den Vers Gi\j.fkr,'.(x ep-(a [j-eMaGClyt wie A 1132, wo wir aber die
Form ixzkiaciii)'/ mit Synizese finden. Diese Inconsequenz der
Gebrauchsweise an derselben Versstelle muss uns von vorn-
hei-ein stutzig machen. Dazu kommt der Umstand, dass das
alte Epos (Homer und Hesiod) den contrahirten Genetiv [xeAiacwv
nicht kennt. Es ist daher jedesfalls auch statt (j-eXiaadiv aeXiccetov
(mit Synizese) zu restituiren.
Tcapstwv r 1118 im Versschluss; es ist dies einer der
seltenen homerischen Fälle dieser Contraction, wie Q 794 o 198,
auch bei Hesiod A. 267. Contrahirt ward hier schon in früher
Zeit wohl deshalb leichter, weil ein Diphthong vorausgeht.
b) Bei Adjectiven, resp. Participien und Pronominen:
Twv (= -xMv) Y 202 im Versanfang, mit Bezug auf -piy.aAo-
T£ 7.ai Ixia:-^ die Contraction ist schon homerisch und hesiodisch.
«AAtov A 830 im Versschluss, mit Bezug auf Yr,zi>y/ {r.ep\
Y^p ßaO'jATjto; «Xawv vr,c7(ov) ; ebenso lesen Avir diese contrahirte
Form A 894 an der Spitze des Verses («aaiov Ia xoA-cov). Da
unser Dichter in diesen beiden sicheren Fällen die Form auf
(ov nur je an einer der beiden hervorragendsten Versstellen
zulässt, während er sonst nach der Ueberlieferung die Form
aAAawv gebraucht, so wäre A 1637, wo wir Kpr,Tr,v, r, -' äAAo)v
uz£p£T:A£TO £iv öcAt v/^Gu>v finden, also ä'AAwv in der Mitte des
Verses, dies von vornherein anzuzweifeln. Nun hat noch Cod.
Grammatische Studien zu Apolloiiios Rhodios. 491
L ä7v , . Awv mit einer Rasur, so dass ich kein Bedenken
trage, an dieser Stelle äXXewv, das dem Abschreiber, da es bei
unserm Dichter nicht weiter vorkommt, ungewiihnlich erschien,
für die genuine Form zu halten, die dann mit Synizese zu
lesen ist.
oC a'jTwv, nämlich -zi^pior/ B 330 im Versschluss, ebenso
auch B 563 gleichfalls mit Bezug auf TisTpa; (V. 558). Abermals
steht die contrahirte Form an einer hervorragenden Versstelle.
Hiezu kommt: tiov xai k~ äy.poiaxwv T 202 (auf das oben
genannte r.pi[).y.).o{ ~z xai hiai bezogen) ; die Silbe o)v steht in
der III. Arsis und die Contraction erfolgte wohl in Folge der
Einwirkung des an der Spitze des Verses stehenden contrahirten
Tö)v; apac7so[jivo)v ze-rpatov B 553, ooupcjjivwv T 709 mit Bezug auf
Medeia und Chalkiope gesagt ; in diesen beiden letzterwähnten
Fällen steht die Contractionssilbe in der V. Arsis, Endlich ist
zu nennen 7:xXa[j,va(wv (-i[j/r^opcv ly.öciäwv) F 709 ; die Contraction
(in III. Arsis) erfolgte hier, weil die offene Form vier auf ein-
ander folgende Längen mit einer Kürze davor repräsentirt,
ein rhythmischer Complex , der sich nur schwer hätte ver-
wenden lassen ; zudem stünde vor der Endung awv auch noch
ein Diphthong.
Im Allgemeinen lässt also Apollonios den contrahirten
Genetiv auf tov am Versanfange und Schlüsse in bestimmten
Fällen zu; ausserdem bei einigen längeren Wörtern, doch so,
dass die contrahirte Silbe in die III. oder V. Arsis fällt.
' Keine Femininformen sind aYpoTspwv B G96 seil, aivwv und
y.spawv B 691 seil. ai-;(7jv, da der Dichter alz nur als Masculin
kennt: alya? xepaoüq B 279.
Dativ Plural. Im Dativ der A-Stämme haben wir wie
bei dem der 0-Stämme zunächst den Ausgang auf c; und auf
blosses Sigma, welch' letzteres durch Abschleifnng des ursprüng-
lichen Suffixes allein übrig blieb, zu unterscheiden, d. h. die
Form auf r^ci einerseits und die auf •/]; resp. aic anderseits.
Der erstere Ausgang überwiegt weitaus, denn von 437 Dativen
dieser Stämme gehen 330 auf r,c'. aus, so dass drei Viertel
sämmtlicher Fälle dieser Bildung angehören. Diese Dativendung
hat ihre bestimmte Stellung im Verse, wie wir dies ebenso bei
dem Ausgang oic. der O- Stämme beobachten werden. Die
wichtigste Stelle ist im dritten Fusse vor der Cäsur ax-x xpiiov
34*
492 Bzach.
TpoyaTov, von den 330 Fällen gehören 145 hieher ; die näcbst-
wichtige Position ist der Versschluss fresp. das Ende des zweiten
Verskolons, wie die trochäische Cäsur das erste Verskolon
abschliesst), an dieser Stelle finden wir den Ausgang r,s'. 94 Mal;
als dritte wichtige Stelle haben wir endlich den fünften Fuss
zu bezeichnen (t,z'. bildet den fünften Trochäus) mit 70 Fällen ;
ausserdem findet sich dieser Ausgang nur in etlichen Fällen
an einer andern Versstelle. Die einzelnen Bücher der Argo-
nautika enthalten den Ausgang r,a<. im Einzelnen vertheilt
wie folgt:
Buch A. Im III. Fusse zählen wir 36 Fälle, am Vers-
schluss 19, im V. Fusse 21 ; einmal lesen wir -r^i». A 627 im
I. Fusse, und einmal fällt der Ausgang in den II. Fuss, bei
OTC)vO-£pY)Gt A 693, wo diese Stellung durch die rhythmische
Beschaffenheit des W^ortes sich ez'klärt. Fünfmal fällt die End-
silbe c'.v in die IL Arsis in Folge Positionsbildung, wobei
der betreffende Dativ an der Spitze des Verses steht: A 502.
567. 734. 1145. 1246.
Buch B. Im III. Fusse finden sich 32 Fälle, im Vers-
schluss 26, im V. Fusse 15 ; einmal steht f,Gi B 213 im I. Fusse,
zweimal steht der Ausgang im IV. Fusse vor dem Wörtchen t£
in der Verbindung Acßr^^-! te jj.ö'.XiracÖa'. B 692. 923 ; dreimal
findet sich die Silbe aiv in Arsi in Positionslänge, wovon 2 Fälle
der II. Arsis angehören B 33. 749, 1 der IV.: B 998; in den
ersteren steht der betreffende Dativ am Versanfange.
Buch r. Im III. Fusse zählen wir 27 Fälle, im Vers-
schluss 16, im V. 14 Fälle ; ausserdem gehört 1 Fall vor der
Partikel t£ dem IV. Fusse an : T 986 IvA-r^T. ze.
Buch A. In 50 Fällen steht der Dativausgang yjs'. im
III. Fusse, 34 Mal im Versschluss, 20 Mal im V. Fusse;
ausserdem einmal im I. Fusse bei^^tv A 1115, zweimal im IV. Fusse
vor T£ und oi: rj-9;s( t£ A 1674 und va-jirjct oe A 936; dreimal
endlich steht cv in der Arsis als Positionslänge und zwar A 363.
1685 in der II. Arsis, indem das betreffende Wort den Vers
anhebt, und A 1665 in der III. Arsis.
Der Ausgang ais- findet sich zwar einmal in der Ueber-
lieferung A 627 -xic. an erster Stelle, aber schon Brunck hat
mit Recht diese Form in r?i5i geändert, vgl. an derselben Vers-
stelle fta: l\ 213 und A 1115.
Grammatische Studien zu ApoUonios Rhodios. 493
Die zweite gi'osse Gruppe der Dative bildet die mit
dem abgeschliffenen Ausgang aic resp. Tf]c. Der Ausgang- ai;
findet sich bei Homer nur bei zwei sicheren Fällen : ay.-aT«;
M 248 ftsal; r 158 £ 119 (-rrasa-.; / 471 ist nicht fest überliefert),
allein im Laufe der Zeit wusste diese Formation, offenbar unter-
stützt durch die Prosa, auch in der epischen Sprache sich
mächtig Eingang zu verschaffen und verdrängte allmälig den
bei Homer noch geläufigen Ausgang r,;. Es ist die Frage, ob
wir bei ApoUonios die Formen auf y;c, die sich da und dort
in der Ueberlieferung finden, aufrecht erhalten, oder aber
gänzlich zu Gunsten derer auf y.:: eliminiren sollen.
Zunächst ist hervorzuheben, dass die Zahl der Dative
auf ai; in den Argonautika 86 beträgt, wogegen der Ausgang y];
nur in 18 Fällen sicher überliefert ist. Lässt sich für diese
letzteren nachweisen, dass in ihrer Verwendung irgend welche
Norm befolgt ward — denn Normen lassen sich bei den
gelehrten Dichtern des alexandrinisclien Zeitalters in fast allen
grammatischen Puncten erkennen, — so wäre die Zahl der
Fälle gewiss hinreichend, um die Existenz dieser Dativform
auch noch bei ApoUonios zu wahren. Ist dagegen eine gewisse
Gesetzmässigkeit im Gebrauche derselben nicht erkennbar, dann
müssen wir sagen, dass die Zahl der vorkommenden Formen
an und für sich schon Bedenken erregen muss.
Die Endung a-.; hat wie Yjat ihre bestimmte Stellung im
Verse. Sie findet sich in den Vershebungen, und zwar in der
IL III. IV. und V. Arsis, ausserdem in der Thesis des ersten
und sechsten Fusses (Versanfang und Schluss ) ; ganz ausnahms-
weise begegnen uns zwei Fälle in der 4. Thesis und ein Fall
in der 2. Thesis. An allen den genannten Stellen (mit Aus-
nahme der nicht zu berücksichtigenden 4. und 2. Thesis)
finden wir ebenso die Formation auf y;s und zwar ebenfalls
sowohl vor folgendem Vocal wie vor folgendem consonantischen
Anlaut. Im Einzelnen ist der Sachverhalt folgender:
a-.c steht in der IL Arsis, wobei das betreffende Wort den
Vers anhebt und zwar vor folgendem vocalischen Anlaut bei:
•TTCpsupsaic EK'.y.e'j'j'y A 438 aiöstxevai; , 'jtcvo'j A 518 äXXr,Xa'.;- rj o'
r 101 w/.E-:?.'.; i'J/oppo-. A 42 rj'^.o'.oix:c, up.£va'.sv A 1160 ixavxsrjva-.; •
:o A 1504; mit folgendem consonantischen Anlaut: /pjcs-a-.;
cuJ.l-zzi A 221 wy.E'a-.c y.£iJi.ac£OT'. F 879 Or/Autspat; • tÖ) A 368
494 Kzach.
afoiiispatq zpivOevTec A 454. Hiezu kommt noch F 1227, wo LG
(joojiT£p-/]; ti>X£vpaTov bieten, aber das Schol. P. z. d. St. beweist,
dass die Form auf a-.; dastand: c-'fw.xspa'.c '/ep?''* xatt; sauxoO loia-.;.
Diesen Fällen gegenüber findet sich r,; in der Ueberlie-
ferung in der Arsis, wobei das Wort an der Spitze des Verses
steht, und zwar in der I. Arsis: bei folgendem vocalischen Anlaut
in ffi, i-(M A 360 x-^c h: A 884 ; in der II. Arsis bei folgendem
Vocal in keinem sicheren Falle, denn A 1067 schrieb zwar
Merkel o;;-/^; tlXtX-o, aber L hat r)t ,in rasura' ; bei folgendem
Consonanten : xp-/]/£'/r]c zrSkdoeaav/ \i 550 yjy'ky.v.r^z yr^KTf:) V 1339.
In der II. Arsis steht c/.<.- vor folgendem Vocal, ohne
dass der betreffende Dativ an der Spitze des Verses steht in :
<I>£paT(; "kZ^:r{zzz A 49, vor folgendem Consonanten in -/.sviocl«; gI>v
yeps'v r 126 \r.ylz Oci^iv/; A 1669 ; y;; findet sich in dieser
Weise nicht.
In der III. Arsis steht a-.; vor vocalischem Anlaut: x'.;j.a'.;
•^pfoi7'. A 1048 Tüvoapioa'.i; 'A/^spouaioi; Ji 806 -äaai; i-'.\>.'.Q^(v:y.'.
r 658 otvaiq, ax£ A 613 aOavaxa'.; -j^e A 795 oiva-.v; x-izov.'by.io A 918
oüpav(ai; £vap(6[;,iot A 1412 7.!X-:o(.yßo'/''.OL<.q, clVA1413; vor folgendem
Consonanten : swaixat; x£ OeoT; B 1273 ap-aoxEpa'.; Ospivr^ A 695
(G r]?) Miv'jaic ^£ir<]ia A 1220 eyye'^iimiq vcctw A 1549.
Yj; steht in der III. Arsis vor folgendem Vocal bei : ivvcair);;,
r, xo; r 942 r.ocpdzviv.fiq hci.\b('A'.a: A 899 aüp-rj; r/.£x' A 994; zweifel-
haft ist £vv£(j(y](; wpci£v A 774, wo L -^q G v); bietet; Merkel nahm
wohl mit Recht brnzir,c, auf (abhängig von jj.jOov) nach der
ursprünglichen Schreibung von L; vor consonantischem Anlaut
steht -f); an dieser Stelle in der Ueberlieferung nie.
In der IV. Arsis begegnet a-.; vor Vocalen in: ßoXaT;
äv£[j.sio A 607 koäq vn yjpG'.y B 332 cp-iXai? £vl "/cp^^v B 710 -poyoaT;
tTZ', ß 970 kodq £V'. X£pt7i r 140 '/ix'.q £7:i sspßäaiv F 276 £«1? £va£'.paxo
/£po{ A 171 £iJ<aTc "Hoai(7xov A 818 -ixpaiq £7riy.ayAaJ^£a/,£v A 944
kodc, e~\ 7:aiG' A 1089 YAv^va'.? i'vi A 1093 •/.£9aAaT? it:: A 1406;
vor Consonanten: xzf^a: iiXa-.? rxpyßaao A 281 laT«; Tcpouoai'vsx' A 1113
ßoXal; xcsov A 679 (G ßo-jA^? ^= ßo'jXYJ?) iaT«; oöpij/.YYo; A 906 «üxaT;
CUV 'E/'.vac. A 1230.
7)? dagegen steht in IV. Arsis vor Vocalen bei if,z 'jt.o-
0'/;!j,cu'jvY)a'.v B 1146, vor Consonanten: "/Oov'Y]; ■TrapaxäxOcXC B 504.
In der V. Arsis findet sich atc vor Vocalen: OEO-poüiai;
'Ey.axo'.o A 958 ior,\).oa'x/(X'.z 'Ey.xxcio Ji 518 £la(A£vaT? Tmo'.o B 795
Grammatische Studien zu Apollonios Rhodios. 495
AaO'.cposjva;; hir,/.T/ A 356 ; vor Consonanten : 'i'U/a'; -z xaij.ivTOJV
ß 1273.
r^:; lesen wir in der V. Arsis in der Ueberlieferung vor
Vocalen bei : c'.oyjpsir;; sXäaay.ov A 733 zAsjpY]; apapuTai A 946
zvoiY]^ av£[ji.O'.o A 1013 em -poyoYJt; Aj^üpsTs A 617; vor Consonanten:
O'.y^ocTxdri^ /,£OC(jüv-ai A 500.
In den Senkungen an den zwei hervorragendsten Vers-
stellen, d. li. im 1. und 6. Fusse findet sich
x'.z und zwar in der 1. Thesis vor folgendem vocalischen
Anlaut in : XotßaT? eya^escciv B 715, vor consonantischem in auTOiq
AY;:äo£7j'.v A 823.
Yj? dagegen in 1. Thesis vor folgendem Vocal in äy.p-r;: sv
YEvjsac. ß 281, vor consonantischem Anlaut kein Fall.
In der 6. Thesis am Versschlusse steht otiq, und zwar
indem der folgende Vers vocalisch anhebt: Ou-/;XaT? (cO) A 361
xx-aTc (f,[).x-') A 588 ßaOeiai; (autiixa-O'.) A 685 ai^-ä^a;.; (ay.r^v)
A 845 O'j-^XaT; (ävtatr,) A 1140 aüpa-.^, (al) A 1159 7:y.Gy.iq, (öcaat)
A 1223 ao'.oaT;. Ta-.) A 1225 v^fj-^xi;, (ai) B 504 ävu-aic. (cuo')
ß 1022 ßouXaTc (w; t^) A 734 i/ävOaic (äy.pov) A 1614 e'jyjXaT?
( A !7A-/]Ty;v ) A 1729; bei consonantischem Anlaut im folgenden
Verse : ifisipocz (^''o) A 672 apojpa'.c (ysiotöjxov) A 686 y.o'jpai; (oäüp')
A 801 O'vat; (y.cTÖEv) ß 368 [JLSffora'.c (JlArjYact) ß 595 Traaaiq (/.uavs-^)
r 139 ^Zzixiq (ocvopewv) F 206 av.oitja'.'; (y.puataAAo)) F 226 aeAAat^
(Tzpöfföc) r 1295 äo'.oatc ([j,v/;sa[JLiv'^) A 59 äo'.oaT? (pJ'-^'''^) -^ 157
i'ü.x'.c (_|J.Yjo£J A 824 O'VÄ'.c (y.'javeo'j) A 842 x'(\j:xic, (yivuvx') A 1173
■/■x'-j.\z (p'^i^-^a) A 1366 ßaps-a-.; (■/p'!;j.'J/avT£;) A 1566 OjiA/.a-.; (v^a)
A 1567 icc'.sai? (-rpiq) A 1668 AiJLÜy.Aai; (tcOAaoc) A 1704. Hiezu
kumnit äs'.saT; (pixvoTc'v) A 42, wo in L zwar die erste Hand
ä^'.or;'.; schrieb, was jedoch von zweiter corrigirt ward, indem
über %K x<. gesetzt ward. Dies ist offenbar die richtige Leseart,
da der Vers auch mit einem solchen Dativ auf ci.<.z, anhebt
or/.sia'.; y.TA.
r^z begegnet am Versschlusse nur in drei Fällen vor folgender
Consonanz im nächsten Verse : ßi^car,; (sepßcto) A 126 rd-pr^q,
(•irov-iov) A 990 i'^v:\).rfi (-acauot-/]) A 858.
Ausserdem findet sich ausnahmsweise a-.^ in der 2. Thesis
bei Tai; auT'.; A 579, von zweiter Hand über das zuerst geschrie-
bene "'. c' gesetzt; dann in der 4. Thesis kot-\).7X^ Abovioas V 574
und A 688.
496 Kzüch.
Tliilten wir nun die Ausgänge a^ und r,;, deren Stellung
im Verse im Vorhergehenden entwickelt worden ist, einander
gegenüber, so lässt sich keine bestimmte Norm angeben, die
den Dichter bewogen hätte, einmal atq, das andere Mal f]? zu
schreiben. Keine Versstelle ist der einen oder andern Endung
ausschliesslich eingeräumt, ausser etwa die erste Arsis, wo wir
nur YJ: und r?i; treffen, was bei der Singularität dieser zwei
Fälle nicht viel heissen will. Man könnte sagen, Apollonios
habe regellos von den Formen auf y]; Gebrauch gemacht, weil
er sie bei Homer vorfand, allein diesem Einwurf müssen wir
entgegnen, dass er, wenn er sich in diesem Puncte hätte an
Homer halten wollen, gewiss nicht die Formen auf a-.; in so
grosser Zahl zugelassen, vielmehr dem alten Ausgange auf -f;;
mehr Raum gegönnt hätte. Vielmehr werden wir nicht fehlgehen,
wenn wir annehmen, dass die bei Apollonios in der Ueberlieferung
enthaltenen Dativausgänge auf yj; auf Rechnung der Abschreiber
zu setzen sind, indem einerseits homerische Reminiscenzen sie
dazu bewogen und sie anderseits durch den Gleichklang des
Vocals bei den in der Nähe stehenden vielen Dativen auf rjai
verleitet wurden, statt at; y)c zu schreiben, so z. B. F 1389
/i 1067. Dass dann auch andere Stellen geändert wurden, ergab
sich von selbst, aber die virsprüngliche Lesung zeigt sich
mitunter doch noch, vgl. T 1227, wo das richtige aic von dem
Scholion bewahrt ist, A 42, wo die zweite Hand at; nachbesserte.
Hiezu kommt, dass die Zahl der Ausgänge auf y)c recht spärlich
ist. Es ist sicherlich kein allzu kühnes Wagniss gegenüber
86 Dativen auf a-.c (hiebei ist das A 806 aus der corrupten
Ueberlieferung von L herzustellende ozpi7.vr,~y.'.c, vgl. Et. M., nicht
mitgerechnet) 18 Fälle auf riq (da zwei unsicher sind) für ver-
wechselt oder verschrieben zu erklären. Wie häutig derartige
Verwechslungen von Flexionsausgängen vorkommen, darauf hat
Wellauer in der Note zu F 1020 hingewiesen, wo er über das
Durcheinandergleiten der Ausgänge o'.ai und r\a'. in den Hdschr.
des Apollonios spricht. Wie leicht war es, neben 330 Dativen
auf fjc;'. etliche Male den Ausgang y;; statt x:q zu schreiben !
Nehmen wir die überlieferten Ausgänge auf yjc zu denen
auf (x'.c nun hinzu, so ergibt sich die Thatsache, dass Apollonios
mit Vorliebe die ältere Endung auf t^c: brauchte, sie reprä-
sentirt drei Viertheile sämmtlicher Dative Plur. der A-Stämme,
Grammatische Studien zu Apollonios Khodios. 497
während der andere Ausgang- nur ein Viertheil derselben
umfasst.
Wir haben bei den A-Stämmen noch zweier Substantiva
zu gedenken, die in verschiedener Gestalt bei unserem Dichter
vorkommen: das eine betrifft den Namen 'AO-^va'/r), dem wir
A 110 und noch 14 Mal begegnen; die andere Form Wb-qv-r,
findet sich etwas weniger häufig B 602 und noch 9 Mal. Das
zweite Substantiv ist yaTa resp. 7-^. Die letztere Formation
gestattet sich der Dichter, dem homerischen Vorbilde folgend,
nur ausnahmsweise. Denn Avährend wir y^'^-^ i" den verschie-
denen Casus nicht weniger als 115 Mal vorfinden, kommt y^
im Ganzen nur dreimal im Accusativ vor, hievon zweimal an
der Spitze des Verses in der Verbindung yV' Mapir/cuvöv B 352.
748, einmal im Innern KcX/joa yV' -^ 132. Anders ist das
Verhältniss der genannten zwei Formen in dem mit ihnen
zusammengesetzten Adjectiv y^-"17-''''(? ^^nd Y"1T^''''(?- V^on dem
ersteren brauchte der Dichter einzig die Form ^(M-q-^(zvrj T 1186,
das letztere aber in verschiedenen Casus 14 Mal. Diese Incon-
sequenz in der Verwendung der Formen -^(ody. und y"*/ erklärt
sich dadurch, dass Homer keines der beiden genannten Com-
posita kennt, Apollonios sich also nicht gebunden fühlte.
b) O- Stämme.
Genetiv Sing. Der ältere Genetivausgang auf 010 ist der
bei weitem häufigere. Er findet sich in den Argonautika 568 Mal,
und zwar im Buche A 127 Mal, in B 134 Mal, in T 117 und
in A 190 Mal. Dieser Ausgang hat gleichfalls seine feste
Stellung im Verse, die Hauptstellen sind der Versschluss und
die trochäische Cäsur, wozu noch der fünfte Versfuss kommt
(tojj.t, v.x'x ■K£[;.rTcv Tpo/aTov). Das Vorkommen der Endung c.o an
anderen Versstellen ist ganz singulär und ohne Belang. Im
Einzelnen verhält sich die Sache folgendermassen:
Buch A : Im Versschluss steht ot: 48 Mal, in der trochäi-
schen Cäsur 47 Mal, ausserdem im fünften Fusse (den fünften
Trochäus bildend) 23 Mal. Im zweiten Fusse (den zweiten Tro-
chäus bildend) 7 Mal und zwar A 9. 412. 570. 643. 851. 1077.
1325, im ersten Fusse ein einziges Mal 1351 -zclz Be p-jaC
oTracaav, desgleichen im vierten Fusse 98 jripoLZ^ 'Siaz iyvi ß'.OTOtö
498 B z ;t c h.
Buch B : Im Versschluss 58 Mcil, in der trochäisclicii Cäsur
52 Mal, im fünften Fusse 17 Mal; sonst im zweiten Fasse
4 Mal: B 253. 297. 724. 878, im ersten 1 Mal B 12ö9 toTo Gecj,
im vierten desgleichen 400 iztoioiö t£ K'.pxaioto; ausserdem kommt
1 Mal der auslautende Vocal o in Folge Positionsläugung in
die V. Arsis ß 118 Aux.o5pYoto Opacb? ulo?.
Buch r : Im Versschluss 52 Mal, in der trochäischen Cäsur
40 Älal, im fünften Fusse 16 Mal ; dazu im zweiten Fusse ü Mal
r 331. 577. 621. 866. 1030. 1078, im vierten Fusse 2 Mal
r 304 'Kociohq e[).f,q xojpoi ^l>p<.B,0'.6 T£ und 746 uttvo'.o ok xai uq
boivfiq] im ersten Fusse findet sich gar kein Fall. In der Arsis
steht auch in diesem Buche das auslautende o 1 Mal F 42
vY^ffoio 7{k<x-^-Aifiq (II. Arsis).
Buch A. Im Versschluss 88 Mal, in der trochäischen
Cäsur 77 Mal, im fünften Fusse 18 Mal ; daneben im zweiten
Fusse ein einziges Mal A 1282, im ersten Fusse ebenfalls
1 Mal A 145 Toio o' k\iccoi).v/o'.o , im vierten 3 Mal A 517
T'jjxßo;; 'v' 'Ap[j,cvi-^; Kdoixo'.o t£, 1302 -Koxau.öiö -e vSkci pisOpa, 1584
%y.lj.d-coio 0£ ij:q v.q äviy;. Hiezu kommen zwei Fälle, wo o in der
Arsis steht in Folge Positionslängung A 140 -Aazvob aTposaX^Yei;
(II. A.), 578 [/.Tfizixirq ävuctv xöio tiXoou (IV. A.).
Der Ueberblick über diesen Sachverhalt ergibt ein inter-
essantes Resultat : die Endung oio hat ihre Stelle zumeist am
Ende der Verskola, dem Versschlusse und in der trochäischen
Cäsur, und zwar an der erstgenannten Stelle bei 568 Gesammt-
fällen 246 Mal, an der zweiterwähnten 216 Mal, wozu als nächst-
betheiligte Stelle der fünfte Fuss hinzukommt mit 84 Fällen.
Im zweiten Fusse steht die genannte Endung nur 18 Mal, und
sonst nur in ganz bestimmten Fügungen ; im vierten Fusse nur,
wenn die Partikeln -.i (5 Mal) oder oi (2 Mal) auf den betreffenden
Genetiv folgen, im Ganzen 7 Mal; im ersten Fusse endlich nur
bei -sb, im Ganzen an drei Stellen. Ganz selten tritt der Fall
ein, dass im Ausgang oto die erste Silbe (ot) in die Thesis und
die zweite (o) in Folge einer Positionslängung in die Arsis fällt,
im Ganzen nur 4 Mal.
Die jüngere Endung oj ist weitaus weniger häutig ange-
wendet, sie steht im Buch A 81 Mal, H ebenso oft, V 57 Mal,
A 96 Mal, zusammen also 315 Mal, so dass o-.; nahezu doppelt
so oft vorkommt. Was die Vertheilung auf die einzelnen
Grammatische Studien zu Apollonios Rhodios. 499
Versstellen betrifft, so mögen die im Buche A vorkommenden
Fälle ein Bild der verschiedenfachen Verwendung' des Genetiv-
ausgangs cj geben. Er steht in der Arsis vor Consonanten
29 Mal, am häutigsten in der IV., 15 Mal, halb so oft in der
IL, nämlich 7 Mal, in der III. 4 Mal, in der I. o Mal, aber
nur in tou (A 952. 1240) und ou r.iaio: (1064), in der V. Arsis
nie. Mit Erhaltung- der Länge vor Vocalen steht der Ausgang ;u
in 8 Fällen in der Arsis A 123. 367. 553. G25. 644. 764. 987.
1350, wovon die meisten wieder auf die IV. Arsis entfallen (3).
In der Tliesis steht oj als Länge vor Consonanten 8 Mal (4 Mal
in der 1. Thesis, je 2 Mal in der 2. und 4. Thesis), ausserdem
im Versschluss 9 Mal, mit Langerhaltung- der Silbe vor Vocalen
1 Mal (V. 72); endlich vor folgendem Vocal gekürzt 2(> Mal,
hievon in der 4. Thesis d. h. in der bukolischen Diärese am
öftesten — 13 Mal, — ausserdem in der 1. Thesis 9 Mal,
wovon zwei Fälle die Kürzung in der 1. Thesissilbe zeigen (203
Aipvoj £■;:'!■/. Ar, G'.v und 800 Br^iJ-Oj aTropvJf^.svoi), zwei Fälle g-ehören
der 3. Thesis an mit Kürzung in der 1. Thesissilbe, endlich
zwei der 5. Thesis in der Verbindung 'VTcspacbu •S'.eq 176 und
E'jp'jTO'j uis^ 87.
Vocativ Sing. In der bekannten homerischen Weise findet
sich einmal A 1073 val d\oq als Vocativ (vgl. z. B. Homer p 415
ooq o'.Koz) ; offenbar waltete hier eine metrische Rücksicht auf
das folgende vocalisch anlautende il o' äve ob, denn unser
Dichter gebraucht sonst den eigentlichen Vocativ oO.i noch in
derselben Rede A 1086 tw, d'/.t, \J.r,-' cuv xjz'o-/ iy.wv ir.iopv.o^t
o;j.i!jGa'., und noch einmal A 1741 tswv xposc;, w siAs, zx'Swv.
Dativ Plural. Der ältere Ausgang ciai überwiegt gegenüber
der abgeschliffenen Endung o'.c bei weitem ; er findet sich in
Buch A 95 Mal, B 95, Y 123, A 124 Mal, zusammen also 437 Mal,
während der jüngere Ausgang o-.; im Buche A 55 Mal, H 47,
r 57, A 73 Mal begegnet, im Ganzen also 232 Mal, demnach
weist er etwas mehr als die Hälfte der Ziffer der älteren Endung
auf. Die Endung- oisi hat ihre ganz feste Stellung im Verse,
wie wir es bei co im Genet. Sing, gesehen haben; da c.o und
cz: rhythmisch denselben Werth repräsentiren, so kann es nicht
Wunder nehmen, wenn wir fast ganz dieselben Resultate hin-
sichtlich der Stellung im Verse finden ; abermals ist es der
Schluss des ersten Verskolons vor der trochäischen Cäsur und
500 Rzach.
der Versschluss selbst, der die Hauptposition der erwähnten
Endung bildet; ein Unterschied ergibt sich nur insofern, als
diesmal die meisten Fälle auf die trochäische Cäsur entfallen
und der Versschluss in Bezug auf deren Zahl erst den zweiten
Rang einnimmt^ Avährend das Verhältniss beim Genetivausgang
c'.c das umgekehrte war. Die nächstmeisten Fälle von cc. weist
(wie bei c.o) der fünfte Fuss auf (wo o-u'. den fünften Trochäus
bildet), in den übrigen Versfüseen steht es nur ausnahmsweise
(wie bei oio) in bestimmten Fällen.
Es begegnet ca: im Buche A in der trochäischen Cäsur
von 95 Gesammtfällen 49 Mal, im Versschlusse 20 Mal, im
fünften Fusse 14 Mal; dazu kommen 3 Fälle im zweiten Fusse
(A 60. 1028. 1338) und 6 Fälle im ersten Fusse bei den Wörtern
Towt A 90. 331. 605. 1112 toTciv M A 1310 und cosTa-.v (TrcpcjvwvTa'.)
A 909, endlich 3 Fälle, wo der Ausgang gi durch Positionsbildung
in die Arsis kommt: Ov/;-oT(7iv • -avTY; 1036 (IL A.) xjtoTc.v
T5;o'.atv 1195 (IL) auTSÜc'.v asY^vscc.v 1204 (II).
In Buch ß steht o'.ai bei 95 Gesammtfällen in der trochäi-
schen Cäsur 45 Mal, am Versschluss 23 Mal, im fünften Fusse
15 Mal;- ausserdem im ersten Fusse 6 Mal, wieder bei xoTii B 51.
674. 698. 902. 1002 xotatv U 1046, 1 Mal im zweiten Fusse
Ntaaiciai ts 847 ; endlich sind 5 Fälle zu verzeichnen, wo die
letzte Silbe der Endung in die Arsis kommt: G£C[ji,cT<j'.v poTraXa)
B 150 (IL A.) TcTaiv t' 'EvEir,ioq B 358 (III. A.) abv toIt-.v o Ty.avs
B 456 (II.) ävTpoiff'.v %c;x££aOat B 510 (V.) vcixcoTaiv • cuvapacss
B 614 (IL).
In Buch r findet sich o-c. unter 123 Fällen überhaupt
63 Mal in der trochäischen Cäsur, 25 Mal im Versschluss,
22 Mal im fünften Fusse; dazu kommen 3 Fälle im ersten Fusse
bei -coiai T 210. 531 icTa-v 3' ( AvjoviS-oc) V 491 ; 3 Fälle in zweiten
Fusse r 373. 540. 1193, 1 Fall im vierten Fusse T 454 ohiai xz
(vgl. die Fälle von oio im vierten Fusse, das nur bei folgendem
T£ oder oi au dieser Stelle steht) ; schliesslich sind auch hier
6 Fälle zu erwähnen, bei denen atv in der Arsis steht : Acuy.oTaiv
o' VAdxicbe r 45 (IL A.) a'j-oTij'.v TÖqotc. T 96 (IL A.) o/aoiaiv
Ayjou? r 413 (IIL) auToTj'.v t6B' T 537 (III.) /.exTpo'.s-.v -pr^v/',?
r 655 (IL) -AauAoTs'.v o'.o6|j.s'.(7'.v T 856 (IL).
Das Buch A endlich euthält bei 124 Gesammtfällen die
Endung oif:: 54 Mal in dei- trochäischen Cäsur, 33 Mal im
Grammatische Studien zu ApoUonios Rhodios. 501
Versschlusse, 25 Mal im fünften Fusse ; ausserdem 5 INIal im
ersten Fusse bei xoTcriv o' (a'/CviO)) A 1551 ToT-t oi itc A 1711 und
0I71V A 8. 667. 1071-, 2 Fälle kommen auf den zweiten Fuss
A 750. 1440, bei 5 endlich steht ci in der Arsis: vj-j.vo'ia'.v oi
A 43 (II.) vw-o'.c'.v copswv A 117 (II.) aü-vo'Jt T^po-.swv A 128 (III.)
Tsis'.v ii A 294 (III.) spsTfJLoTstv S£$oy.-r;iJ.svo'. A 1660 (III.).
Ziehen wir das Gesammtresultat, so ergibt sich für die
Stelhing von otcji im Verse: In der trochäischen Cäsur 211 Fälle,
im Versschluss 101, zusammen 312, d. h. fast di-ei Viertel aller
437 Fälle; auf den fünften Fuss kommen 76 Fälle; der Rest
vertheilt sich: auf den ersten Fuss 20 Fälle, zumeist bei tc^c.,
einige Male bei 0'.7i, einmal bei cozh'., auf den zweiten Fuss
kommen 9 Fälle, auf den vierten überhaupt nur ein einziger
(T 454), endlich steht in 19 Fällen die zweite Silbe der Endung-
in der Arsis.
Gegenüber diesen festen Stellungen des Dativausgangs ois'.
vertheilt sich der jüngere Ausgang oi;; so ziemlich auf alle
Versstellen. Nehmen wir beispielshalber das Buch A, so findet
sich die genannte Endung am öftesten wieder im Versschluss
fl5 Mal), ziemlich oft auch am Schlüsse des ersten Verskolons
in der Penthemimeres (^10 Mal) ; in die zweite Arsis (also in
die Trithemimeres) fällt c.c 11 Mal (hievon 6 Mal bei Wörtern,
die den Vers anheben), weiters in die vierte Arsis (Hephthe-
mimeres) 6 Mal ; ausserdem steht die Endung 4 Mal in der
ersten Arsis, aber nur bei den Wörtchen ■:dlz (A 95. 399. 979)
und olc (A 630), 3 Mal in der fünften Arsis (A 153. 350. 1262),
endlich einige Male auch in den Senkungen und zwar in der
vierten Thesis, d. h. in der bukolischen Diärese 3 Mal (A 519.
1187. ]20r)), in der ersten Thesis 2 Mal (A 129. 392), und in
der dritten Thesis 1 Mal A 482 bei olc, vor dem die Penthe-
mimeres ihren Platz hat: ulxc AXw-aBa;, o'.q oüo' sssv isosap^et;.
Es sind demnach Hauptstellen für c.z die Kolaschlüsse nebst
der Trithemimeres.
Nomina mit £ oder s vor dem Themavocal. Diese bleiben
durchwegs uncontrahirt bis auf zwei Fälle. Der eine betrifft
das Substantiv voC»;, das wir in dem unter des Dichters Namen
in der Anthologie (Anth. Pal. XI. 275) auf uns gekommenen
Spottepigramm auf Kallimachos am Schlüsse des ersten Verses :
KaX/.i'ixa/o; xb ■Axhxpy.x, t'o Tra'YV.iv, 5 ^üXivo; voü; vorfinden. Des
502 Rzacli.
grösseren Effects halber benöthig-te der Verfasser im Vers-
schlusse ein einsilbiges Wort. Apollonios, wenn anders er der
Verfasser ist, konnte sich die contrahirte Form um so leichter
an einer so hervorragenden Versstelle gestatten, als ja schon
Homer dieselbe Form kennt y. 240 (III. Avsis), ebenso hat
Hesiod Fr. 222. 2 an erster Versstelle vsGv (o' AH.aÖaovicatc).
In den Argonautika jedoch finden wir nirgends ein Appella-
tivum contrahirt, wohl aber zeigen die Adjectiva yd\v.eoq und
ypücsoc in einer Anzahl von Formen Synizese (siehe oben).
Dagegen haben wir einen Eigennamen jnit Contraction zu ver-
zeichnen A 103 im Versanfang Ils'.piOw £c;'r:ö[j.cVOv xoivyjv oocv.
Homer kennt bei diesem Namen keinerlei contrahirte Form :
n£'.pi65o'o B 741 o 296 Uv.p'Moj M 129. 182 nsip^Oosv A 263
S 318, der Dativ gleichfalls oflfen ß 742 t;v p' j-b Ih'.p'M«)
T£X£TO y.XuTO? 'läTcoGaj^.sia, ebenso der Dativ I-ttoOcw -cp'.ßavxa P 313.
Doch hat sich unser Dichter offenbar den Dativ Ilavöw iv yziztaa:
P 40 zum Vorbild genommen und sich darnach jene Contraction
gestattet, indem er im homerischen Texte den zusammen-
gezogenen Dativ llavOc.) las, wie ihn die Ueberlieferung uns
bietet, ohne an der Erhaltung der Länge des w in der Thesis
vor folgendem Vocal Anstoss zu nehmen. (Die ursprüngliche
Form war offenbar FlavOsw wie auch 0 522 P 9. 59 HsivOsou
statt des überlieferten IlavOoj, während V 146 die offene Form
llavöoov auf uns gekommen ist.) Die Annahme, Apollonios hätte
den Dativ FIsipiOw etwa von dem abgeschliffenen Nominativ
HiipiOoc gebildet, empfiehlt sich dem genannten homerischen
Beleg gegenüber gar nicht, zumal er selbst Naoaiöocc A 550
Nau(7t05o'.o A 539. 544. 547 sagt. Auch Iktp'.OÖM mit Synizese
der auslautenden 0-Laute unter gleichzeitiger Kürzung vor
dem folgenden Vocal lässt sich nicht annehmen, da bei unserem
Dichter ein anderes Beispiel von Synizese bei ow (oder oo))
nicht vorliegt und überhaupt selten ist.
Sogenannte attische Declination.
Diese Declinationsform begegnet uns nur in ganz verein-
zelten Beispielen, zunächst in einigen Eigennamen : Nominativ
TaAto; A 1638 Genetiv TäXco A 1670 {o^.\mQ<. yßkv.sioio Ta>ao
i[).i'(r,pev c-wTrac, der Genetivausgang in IV. Arsis) "Aöw A 601
(•^pi 8s v'.ct7o[xsvo'.7'.v "AOd) av£T£'.A£ 7.1 Atovr, , 0) wicdcr in IV. Arsis)
auch bezeugt durch das Etym. Mag.; Homer hat vom Nomin.
Grammatisclie Studien zu Apollonins Rhodios. oOo
:\6:(.)c: E 229 £; 'A0oto r e-1 rcv-ov eßi-csTO (Nomin. 'AOio; Hom.
Hymn. Apoll. 33 Conjectui'). Unser Dichter steht also hier auf
einem jüngeren Standpuncte als die homerische Sprache, was
wir ihm aber bei Eigennamen nicht verdenken können, obzwar
er leicht hätte *op'. ok ^ncGO\j.ho'.c, AOiw aviisiXs y.oAwvv] und o[).\j.oi.a:
/aXy.stou TxXio) schreiben können. Auch das Compositum Asojodv.o;
A 119 ist hier zu nennen, dem als erster Bestandtheil die
speciüsch attische Form Xswc zu Grunde liegt, während unser
Dichter sonst regelrecht nur Aocöc (B 781 und sonst noch 17 Mal)
kennt (auch im Eigennamen Aotovior; A 191. 192).
Von Appellativen kommt nur das bei Homer so oft be-
gegnende ä'v£(.) in Betracht und zwar in der formelhaften Ver-
bindung ä'vsw y.a'. ävauoo'. T 503. 967 A 693 an fester Stelle im
Verse (w stets in der II. Arsis). Was die Schreibung betrifft,
so steht in L überall ä'v£o)i mit Jota mutum, G aber hat av£0),
was wieder die aristarchische Schreibung repräseutirt, der wir
in dieser Hdschr. öfter begegnen. Apollonios fasste also nach
der besten Ueberlieferung ä'vsfo als Nomin. Plural ; für diese
Annahme bietet auch der Umstand, dass er es nur in Ver-
bindung mit ävauso'. gebraucht, einen klaren Beweis, während
Aristarch wegen der Stelle 'b 93, wo er r, o' ä'vso) oy;v r,(jTO
(y.-nM als Adverb) las, der Consequenz wegen auch an den
übrigen Stellen so schrieb, obzwar diese Stelle aus dem letzten
Theile der Odyssee für den homerischen Sprachgebrauch nicht
massgebend sein kann. Mit Recht schloss daher l^a Roche
Hom. Textkrit. 191, dass xvsw die y.O'.vr; ava-fvo)?;; im hom. Ti^xte
gewesen sei, und dieser pflichtete unser Dichter bei.
Von älteren Casusbildungen hat Apollonios nur sehr
wenige nachgeahmt.
Locative finden sich gar keine. Dagegen begegnen uns,
wenn auch ganz spärlich, Bildungen mit dem Suffix oi, die
der homerischen Sprache entnommen sind : i-' ezyy.pi^>M \\ 494
an derselben Versstelle wie Homer £ 59, a-' ap-.i^'.v A 80 wie
Homer p. 414, s-' '.y-piöc-tv A 566 A 1663 wie Homer v 74 o 552
I vgl. V 353 £ 283). Man sieht, dass derlei Bildungen nur noch
als zur Sprache des Epos einmal gehörige Antiquitäten hie
und da ein Plätzchen fanden (vgl. Lehrs, quaest. epic. 306 sqq.).
504 Rzach.
2. Conson fintische Declination.
Stämme auf '..
Apollonios befleisst sicli, dem liomerisclien Vorbilde folg-end,
der streng ionischen Bildungen; so lesen wir nur Genetive auf
'.o;: r,^noq \ 174 o^to; T 414. 498. 1028. 1055 x5)ao; T 887 toa'j-
p/^Tio; A 851 t.6g<oc A 1064 A 1064. 1108 xpo-icc A 1244. Im
Dativ Sing, ist das Casussuffix mit dem Themavocal zu langem i
contrahirt: [j.-qii A 560 B 383 T 548 (wie Homer W 315 v 299);
o-fip: A 1400 bei Merkel ist Conjectur. Der Accus. Sing, bietet
nichts Bemerkenswerthes, ausser dass eine Reihe von Stämmen,
die sonst in die Dentalen übergingen, den ursprünglichen Accu-
sativ bewahrt haben: aypÖT'.v A 509 'ApT£tj.iv A 571. 1225 aOXtv
A 577. 1173 A 1293 (aber AuXioa A 1779) Qivy A 759. 773
Ipiv B 963 Ko'jpf^vy A 1229 Kpaxai-.v A 829 (Homer [j. 124)
KÜTupiv A 860 r 25. 76. 127. 559 opv.v B 1034 r 1121 <l>aciv
B 1261 tI>pövT'.v A 72 /aptv A 421 und 10 Mal. Von Doppelformen
der Stämme der letzteren Art begegnet nur Mav.ptv A 540 und
Mäy.p'.oa A 990. Von suw-'.c findet sich vereinzelt nur eh6)-'.oy.
A 1090. Interessant sind aber zwei Bildungen, die durch falsche
Analogie hervorgerufen wurden : Neben dem regelrechten Accu-
sativ vv^'.oa T 32 (wie Homer Z 198) lesen wir vr;'.v V 130,
während doch hier das c ein primäres ist (W. Fic) und sich
nicht erst durch den bekannten Lautprocess (aus einein t-St.)
entwickelte, dem wir bei den zu scheinbaren Dentalstämmen
gewordenen '.-Stämmen begegnen. Doch hatte Apollonios hierin
schon einen Vorgänger an Kallimachos Fr. 111. 3 vau-iXi-/]«; £i
vf^iv i'/c;; ßiov. Selbständig bildete unser Dichter nach derselben
falschen Analogie von dem Nominativ tJa^ den Accusativ r.ä'.-j
A 697 : M-ip t' Al-q-xo tJ.v) y.Tavsv ; das genannte Substantiv ist
wie ein secundärer Dentalstamm, als ob es sich aus einem
'.-Stamm entwickelt hätte, behandelt. Dieser Accusativ r.ivi ist
zweifellos auch noch an einer anderen Stelle, wo die Ueber-
liefei'ung ihn nicht bietet, zu restituiren : A 276, wo die Ueber-
lieferung sbv -aTS"" a.-(7.a.c, v/o-jgu lautet. Nun braucht aber unser
Dichter den Accusativ zaToa, wenn die erste Silbe in die
Arsis fällt, und zwar in die I. Arsis am Versanfang A 167
A 802. 874. 1088, in die V. A 905 A 298, ausserdem nur A 778
Al'oXov 'I-TCÖTcO) rS'Zy. y-AUTsv, wo der Auslaut oa in die Arsis fällt.
Es wird darnach mit ganz leichter Aenderung der Schriftzeichen
Grammatisch« Stadien zu Äpollonios Rhodios. 505
statt IIAIAArK-\Z zu schreiben sein nArNAFKA^; vgl. Oppian
Kyneg-. III 218 sbv xa-.v ajjis'.ßsßwjav und Nauck Bull. 1877, 8.
Von Vocativen tiudet sich J) •/.a/.:,u.xv:'., 7.a/.5spac£c Y 036 Siv.
cTa A 783 Ipi sOvY] A 757 ; die Stellung' im Verse schliesst jede
Möglichkeit aus, etwa die Nominativformen nach Zenodots Vor-
gang in Homer (0£T'.; Tavü-s^Xoc lil 385. 424 statt des Vocat.) als
ursprünglich anzunehmen.
Nomin. Plur. regelrecht: oiv.puq T 166 o-ja'.eq A 85 iJ/(^v'.£;
A 1205, der Genetiv gleichfalls: osior; A 503 A 1517 tcoXiojv
A 894 nebst o(wv ß 465, woneben die bereits früher berührte
contrahirte Form siwv A 1090 am Versende vorliegt (wie bei
Homer u 142). Ein Dativ Plur. kommt nicht vor. Accusativ-
bildungen gibt es folgende: mittels des urspr. Suffixes vc nur
c'.c 1)41)1; mit dem Suffix xq: äy.p-.a; A 520. 1273 T 1192 -/.üpß'.ar
A 280 -öX'.a? A 982. Ausserdem finden wir T 1088 c; -cü-zz
7:o(-/]jE zöXs'.i; xat £0£t[xaTO vr^ouc. Man erkennt die Nachahmung
der homerischen Stelle lil 490 in der auf uns gekommenen
Gestalt: vj ok ojo> -Koi-qoc. ttiXci; [xspöxcov avöpwTtojv. Die attische
Form des Accusativs, zcXcic, kann unser Dichter schon im
Homertexte gelesen haben, wenngleich sich nicht bestimmt
entscheiden lässt, ob nicht -iXsu statt des regelrechten urspr.
■TToXi? erst nach Äpollonios in den Homertext eingedrungen ist
und darnach auch in die Handschriften der Argonautika. Jeden-
falls aber haben wir nicht die Berechtigung, izzkic statt des
überlieferten -iXec; in den Text zu setzen.
Das Substantiv ttöX'.; declinirt Äpollonios übrigens nach
homerischem Vorbild auch aus dem gesteigerten Stamme -oXsi :
::iXr,:; A 317. 321. 781. 823 T 1237 A 1028 (vgl. Homer r 40.
263) -dX-r;cc H 373 (von Merkel statt xsXsüOo' auch B 543 con-
jicirt) wie bei Homer A 45. 51 i 174.
Stämme auf j.
Den Dativ Sing, mit Erhaltung des Themas bilden iXüi
IJ 819 XiYvüi B 1008 c-CO: A 192 sj'! T 1351, vom gesteigerten
Stamme aber ausser hqi'. B 1251 das Substantiv ~i'/.iv.v. A 430
mit nothwendiger Contraction des Ausgangs in der III. Arsis.
Bei Homer und Hesiod findet sich dieser Dativ noch nicht.
Beim Accusativ vr/.jv A 1534 und ßapjv A 600 ist die Länge von
UV in IV. A. Nachahmung der ursprünglichen Quantität, vgl.
Hora. P 394 -. 257 (Hartel Hom. Stiid. I- 105). Den Accusativ
Sitzb. d. phil.-hist. Ol. LXXXIX. Bd 11. Hft. :jü
506 Rzach.
auf jv bildet auch das den DentaUtämmen ang-ehörige y.spu;:
yip'jv r 1228 wie Homer N 131 P 215, bei Homer ist übrigens
•/.cpjöa gewöhnlicher. Neben dem regelmcässigen eupjv ß 401.
701 r 42 lesen wir eq ehpia y.üxXov A 1604, einen Accusativ,
der nach Art der consonantischen aus dem gesteigerten Stamme
cüpc'j gebildet ist (urspr. *£up=Fa). Vorbild war Homer: zhpix
xöATOv :i: 140 4> 125 0 435 s-jpioc zsvtov Z 291 I 72 co 118.
Von Vocativen lesen wir TTsu B 622.
Der Dual ist vertreten durch den Accusativ xig/sc A 268,
vgl. Homer E 314.
Im Nomin. Plur. sind erwähnenswerth die Formen der
Adjectiva vom gesteigerten Stamme ^poiaiec T 687 Ttp.'.Gitc B 1061
(zweimal) A 201. Neben diesen offenen Formen begegnet auch
die contrahirte ßapsTc T 636, wobei die zusammengezogene Silbe
in der IV. Arsis steht. Im Dativ Plur. ist neben 'EY/cAsscaiv
(Eigenname) A 518 und Opacesccr'. A 100 besonders bemerkens-
werth die Form -elvAeaai A 1003 A 1683 (Homer z. B. N,391).
Der Accus. Plur. weist die Bildung mit dem Suffix v; und a;
auf. Die erstere liegt vor in ^{poL~zuq A 279 (Homer w 229),
L hat ypa.'Kxhq G -(pxTzxxc. Schon Brunck sah richtig, dass -/.jpßta;
epexegetisch zu ^paiz-zuq stehe (Wellauer wollte ypa'TrTOu; mit
Bezug auf xüpßia? schreiben). Die zweite Bildung haben wir
in: ipivOaq A 714 'Epiviia? T 712 l^uocq A 949. 1349. 1611 und
in r,|;.'.(7£a; T 1383, das vom gesteigerten Stamme gebildet ist.
Von neutralen Stämmen auf j lesen wir im Nominativ,
resp. Accusativ öiavj A 696 und an 14 anderen Stellen, -cöü A 486,
im Genetiv ä'aTso; A 237 und 13 Mal, im Nomin. Plur. ä'jxsa
r 164 und das substantivische 'dpoea A 1238, im Dativ ttwej'.
A 1340 A 1486 und Tapscj-.v A 13, im Accusativ äVtea T 349
A 1780 %6izy. B 657 und die Adjectiva Atysa A 1299 b^zey. ß 546
r 281 A 1466 Tapssa A 1195. Ausser diesen offenen Formen
aber gestattet sich der Dichter am Versschlusse einmal Con-
traction A 274 [j.'jpi/x o' «er/; (wie aAirr, B 1268).
Stämme auf eu.
Die gewöhnliche Form des Genet. Sing, ist die auf rpq :
'Ayjlf,oq A 868 ßacXrio? A 3 und 11 Mal Ehp•JG^oz A 130. 1347
Kprfir,o; B 1163 V 538 NriX^o; A 158 Nr.p^o; A 1311 A 772.
1743 O'.AYJo; B 1037 Oivy;o; A 192 'Op^rjo; A 23. 540. 915.
1134 A 1159 nv/?i5; A 853 tox^o; A 412. 643 <P'.rr,oq ß 277.
Grammatische Studien zu Apcllonios Khodios. 507
294. 647. 769. 1051. 1090. 1135 r 555 A 254. Hiezu kommt
llpoij:rfir,cq T 853; L hat npo\)xfiehq, was Merkel in den Text
aufnahm: ,Laur. scriptura recipi potuit, cum talia veteres pi'O-
miscue admisisse videantur. certe nee Aristarchus sibi con-
stitit schol. IL B 517^ (Ow/.rja)V xk xotau-a oiyß:; £v Tat; 'Ac'.cr-apxsu
£Op'!cxo[J.£v, 7.x\ CiÄ TC'j £'. *I^cox£iü)v /.ai oiÄ Toü '/] <P<jiy:r,Mv). Das von
Merkel beigebrachte Beispiel passt insofern nicht, als <t»io7.£(wv
von einem Nominativ tpor/.c'ot; abgeleitet werden konnte. Besser
hätte er für seine Ansicht -/.sTav = y/qxv als Beispiel anführen
können, das unser Dichter selbst braucht A 588. Solche ortho-
graphische Eigenheiten aber beschränkten sich auf bestimmte
Wörter und wir haben der grossen Zahl der anderen Formen
gegenüber durchaus keine Berechtigung, die Schreibung des
Cod. L für die genuine des Dichters zu erklären. • — Vereinzelt
gebraucht Apollonios die Genetive auf £o; (ohne Ersatz für
einstiges F) : Ku-«i£o; B 403 T 228 npoiJ.Tfieoq ß 1257 Tucpwio; B 38.
Der Dativ weist nur Formen auf -^i auf: ßaatA^. A 362.
889 B 839 T 274 A 1515 E'jpuaö?-'. A 1317 Q-qrr,'. V 1100 vo[j.f,'. A 675
n-rjA-v- A 816 tP'.vYJ'. B 530 ^ov^. F 1184. Im Accusativ halten
sich die Ausgänge auf r,y. und £a so ziemlich die Wage: A/'Xr,'j.
A 558 ßas'.AYja A 558. 1116 BajtXr.a (als Eigennamen) A 1043
0-/;7Y;a V 997 taroßc^a V 1318 Ituixov^a A 1046 B 105 Nv]p-^x
A 780. 1599 lIriX-?;a B 868 ^irr,a B 277 (zweimal). Etwas
geringer ist die Zahl der Fälle der zweiten Art: Aypia B 507
e^Gia A 101 Katvia A 59 'Opcpea A 32 Hpo^iia A 1044 IvicÜT.
A 105. Auch der Vocativ findet sich: 4>'.v£Ü B 438.
Der Nomin. Plural zeigt regelmässig den Ausgang rizq mit
Ausnahme von Kpi]i:aiiec (so Etym. M, L Kp-^-ca££c;) A 1129.
Ebenso ist der Genetivausgang y;wv der regelmässige und nur
durch ihre Stellung am Versanfange (zum Zwecke der Hervor-
hebung) waren zwei Formen auf £wv bedingt : 0£c-::i£wv A 106
Mr/.p'iwv A 1024. Den Dativ Flur, dieser Stämme bildet der
Dichter regelmässig mit dem alten Suffix zcq: (vor dem der
Vocal £ in Folge des Digamma-Ausfalls lang wurde): aauTr^Effc.
A 70. 206 B 464. 685 F 505 A 349. 1553 •"v^£S7-. r 1274
(Hesiod Th. 439). Nur der Eigenname 'A'i/üp-£j?tv A 481 erscheint
Wie Merkel an der geuannten Stelle bei Apollonios, so will Schneider
bei Kallimachos Fr. 87. 3 npo|jLr;8£ro; statt ripoixr/J^o; schreiben.
35*
508 Ezach.
im Versschlusse in der jüngeren Form. Auch im Accus. Plur.
iöt die Form auf Y;a; die regelmässige und zugleich einzige.
Stämme auf r,u.
Vom Substantiv v^k (Nomin. ß 51)0 A 210. 226. 1268)
findet sich ausser dem regelmässigen Genetiv rqiq (A 401 und
an 54 Stellen) auch vsöc A 1201 (wie bei Homer). Hiezu käme
nach der Ueberlieferung auch vswc A 208 : azacaäjxsvo; 7:putj,vaTa
v£w: a-b zeisy-a-r' iV.o'^ev (so L, G vab; octco). Es sollte also dem
Cod. L gemäss Apollonios einmal die Schrulle gehabt haben,
die attische, dem Epos fremde Form vcw; in sein Gedicht auf-
zunehmen. 1 Ich glaube vielmehr, dass mittels einer leichten
Aenderung die ursprüngliche Schreibung herzustellen ist, wenn
man nämlich vsic mit Läugimg von o; in der IV. Arsis setzt
(vgl. Hom. 7. 172), wie tuoXsö; i[)Ayr,pz -i/.O'.o A 289 (bei Genetiv-
ausgängen sonst noch aXy.Jcvö; a/.ir,; A 1096 in der II. Arsis,
~jpb; evaA'vy.ta A 1544 in der III. Arsis; in der IV. Arsis vgl.
noch /Oiv'.oc osi; A 1398). Die ungewöhnliche Längung mag
einen Abschreiber veranlasst haben, statt vsd; das naheliegende
vcü); zu wjlhlen. Diese attische Form drang bei Homer selbst
an einer Stelle ein, wo die Form ^/töq vollständig am Platze ist.
Zu 0 704 "Ey.twp c£ ■::pu[j.v^; vebq vjJ^aTO TovTCTripoio — einer Stelle,
an welche die unsrige ofi'enbar anklingt — sagt Eustathios
1039, 10 T'.vä -0)7 •::aAa'.cov avc'.YP^swv oiä toj o y.'.7.poj Ypäoouci tb
vsbc und auch sonst ist so vew^ überliefert, vgl. La Roche's
Ausgabe. Für unseren Vorschlag spricht endlich auch die
Leseart des Cod. G vaöc, wo nur das von vornherein unmög-
liehe a in e zu ändern ist. Im Dativ lesen wir nur ypr;'! F 72
und rqi A 304 und 21 Mal. Im Accusativ findet sich 69 Mal
die Form rqoi., ganz singulär ist daneben eine Neubildung unseres
Dichters: vr/jv A 1358. Apollonios bildete diese Form nach
Analogie der u- Stämme, indem er nur auf den auslautenden
Vocal j, nicht aber auf den Diphthong y;j Rücksicht nahm.
Die nächste Veranlassung zur Bildung derselben mochte für
ihn das attische vajv sein. Theilweise entschuldigt wird die
Mit Berufung- auf die kalliniachisehe Forin vsoj; Fr. 110. 8 lässt sich die
UeV)erlieferungf unserer Stelle nicht entschuldigen, denn dieser Dichter
brauchte auch sonst attische Formen: vajv Ep. 20. 2; daher kann ich
auch der Vcrinuthung; Schneiders Callim. I 2U9, Apollonios habe ihn
hier nachgeahmt, nicht beipflichten.
Grammatische Studien zn Apollonios Rhodios. 509
Kühnheit dieser Bildung dadurch, dass Apollonios sie sich nur
einmal und nur an der Spitze des Verses gestattete. Parallel
mit dieser Formation ist der Accus. Sing. 7pr;jv beim Gramm,
in Cramer's Anecdot. Oxon. IV 337, 28 (Fragm. anon. 325 in
O- Schneider's Callimachea) und der Accus. Plur. tz; vr,j; bei
Demosthenes Bithyn. IV. B. im Etym. M. 437, 18.
Der Nomin. Plur. v^sc A 235 F 341, ebenso der Genetiv v/;wv
(A 113 und 6 Mal) sind ganz regelmässig. Im Dativ begegnet
sowohl die ältere Form vr^sss'. B 749 als die jüngere vt,-jz''. A 237.
453. 1236. Der Accus. Plur. lautet nur vv-a; A 237. 319. 653. 1207.
Stämme auf cj.
Erwähnenswerth ist nur der Dativ und Accus. Plur. Nach
homerischem Vorbilde (M 105. 111) braucht der Dichter einmal
die alte Form ßsscc. V 623, während sonst nur ßoja; vorkommt:
A 425. 747 T 435. 469. 905. 1190 A 364. 551. 973. Der
Accusativ zeigt nur die Bildung mit dem Suffix a; : ßi:<; A 356.
1108 r 417. 508. 626. 1052.
O- Stämme.
Ausser dem häufigen Nominativ sind folgende Formen
zu verzeichnen: Genetiv 'Ap^ojc A 591. 724 A 1609 Ar,oj; V 413
A 89(). 986 A-oToDc ß 213. 257. 676. Dagegen lautet der Genetiv
zu Vop^(6) nur Fosvivoc A 1515 im Versanfang; ausserdem ge-
brauchte Apollonios diesen Genetiv noch in der -Av.aiz AXs^av-
Spsia^, so viel sich aus einem Fragment im Schob zu Nikandros
Ther. 11 sehen lässt (vgl. Michaelis p. 5 sqq.) Trept vsOv zr,q twv
äay.vsvTwv 6r,p(a)v '(vdatMq, 'ix<. kcxh iv. -cwv T'.txvojv toj aV'^.aToc . . .
'A-oXA(i)vtoc C£ 5 'Psoioc £v rfi r^c AXc^avopeiac v.-.'.Gt'. 0.7:0 twv sTavivoJv
toj ty;; Fopifcvoc 0!.'([).ol-zc. Apollonios folgte hierin dem Vorgange
Zenodots; Schob t) 349 b Zr,viooTo; Ypxc-s'. Fop^ovo; ;;j,!xa-:' 'iyor/
T,k ßpOToXo'.YOj 'Ap-/;o;. 5 ok "0;rA;po; y^pl: -o\> v Xiyv. ,zf, 0' i-\ \ih
FopYw' w; Zar.so) • oCo '/A'(Ei Yzp-(o\)C o)c iazscOc. Von Dativen lesen
wir: IIjöoT A 413. 418. 536 A 1704 xps'.cT F 988 A 358; von
Accusativen 'Apvw A 4. 633 A 509. 1473 Bpiixcö F 861. S(y2. 1211
nuöd) A 308 A 530 UJiuioi A 209. Für den Vocativ verwendet
der Dichter die Nominativform 'EpaTw F 1, Schob zu d. St.:
avTt Toü 'Epa-oT- ATT'.y.wc, w; to ,'H£X'.o;, ö; tzt/t:' ioopa' ] vgl. A 1073
val zif^z: statt des Vocativs; wahrscheinlich schrieb Apollonios
so durch Zenodots Vorgang - 38.5 und 424 ermuthigt, der
für OST'. Tav'j7:£-A£ — Qiziq Tavu-srAo; schrieb nach Schul, des
510 Rzach.
Didvmos zu den beiden Stellen ; vgl. auch La Roche Hom.
Textkrit. 395 sq.
Sigmatische Stämme.
a) Stämme auf oc mit dem Nominativausgang o;. Der
Genetiv Sing, dieser Stämme auf s:; bleibt durchweg, der Dativ
zumeist uncontrahirt. Nothwendige Contractionen im Dativ sind
und zwar 1. in Vershebuugeu : Oapsst t£ -£-K5'.65Ta A 274 (III. Arsis)
xap-ä'. T£ -eXo'.tg r 850 (V. Arsis). 2. Die contrahirte Silbe £•.
wird in der Thesis vor folgendem Vocal verkürzt: äX^ci bn
cy.tcpfi) A 1715 (Versanfang) ep'.aOsvsoiv [jivs; ciMlpw) A 543 (Vers-
schluss) [j-sva/u.) zj.^v. • aXio B' TAh)V.r, T 1253 zavxl gOevs»., ospa
xsAxjcY) r 1307 (die zwei letztgenannten Fälle finden ihre Ent-
schuldigung in ihrer Stellung vor Interpunction und bukolischer
Diärese), endlich noch 7;r^T£'. livioc A 887 im Versschluss (vgl.
Homer - 35 yr,-zi htxniur/ im Versanfang). Nicht begründet
ist dagegen die Schreibung 'Apv£'. o- ;;.G'p' iciiv A 1317 im Vers-
anfang (vgl, aVij.att 0'. A 665) und xr,T£i •/,r,o^'^.i'f^^)'f A 91 an der-
selben Versstelle, vielmehr ist "^pvcV und yj-.v: zu schreiben.
Im Nomin. und Accus. Plur. bleiben die Ausgänge £x
uncontrahirt. Nur vereinzelt an hervorragender Versstelle ge-
stattet sich Apollouios die Zusammenziehung: oi\z-q B 1268 im
Versschluss (wie das erwähnte clz-r, A 274) %r, erA-.v.cx. A 1217
in der IV. Arsis und -sAavr, T 349 in der III. Arsis und Haupt-
cäsur (und zwar in der Verbindung ä'7-£a xat ::.). Der Genet.
Plur. bleibt gleichfalls offen, nur tritt in einigen Fällen Synizese
ein : -/.r^oECDv A 280 (ewv in der V. Arsis) Aai^iwv B 903 (1. Thesis)
Ar,veo)v A 173 (III. A.) c'jpiwv Y 162 (1. Thes.) c-r.eicov ß 50
(IV. A.) r 289 (1. Thes.) 755 (IV. A.) 954 (III. A.) 962 (IV. A.)
1015 (V. A.) xeuxJwv r 1249 (III. A.). Im Dativ ist die schon
früher erwähnte Form /pr,£!75'. F 1198 von ypr,o:; besonders be-
merkenswerth.
Von dem eine eigene Stellung einnehmenden Substantiv
xXso; (Nomin. A 154 B 754 Y 992) kommt von den Casus
obliqui nur der Accus. Flur. vjJx c-iotwv A 1 und Träxp-^jv xe xXea
x£ |j,£Y-/po}v A 361 vor. Da das a bei Homer in der Phrase xXea
ävopwv 1 189. 524 Ö 73 gekürzt wird, weshalb Nauck, Bull. 1872,
182 •/./.££' verlangt, so hielt sich Apollonios für berechtigt, das
auslautende a kurz zu brauchen. Im jungen Hum. llymu. XXXII
ist y'hioL 90)7(1)7 V. 18 wahrscheinlich Nachaiimung des Apollonios,
Grammatische Studien zu Apollonios Rliodios. 511
wie bei Christod. Ekphr. 378. Eigennamen, die mit y.Xso?
zusammengesetzt sind, hat der Dichter zwei: 'Hpr/.Xir,; A 349.
426. 864. 993. 1040. 1163 B 967. 1052 1 1459, also stets
offen ; ebenso ist uncontrahirt die heteroklitische Form 'Hpay./.sYjv
B 7(i7 im Versanfang. Dagegen sind alle übrigen Formen con-
trahirt: 'Epxv.'/.r^oz A 122. 197. 531. 855. 1303 B 793. 957 A 1469
'Hpr/.Av. A 397. 997. 1253 B 772. 913 A 538. 1400 'Hpa/.X-^a
A 341. 1242. 1291. 1316 B 146 r 1233 A 1477. Hiezu kommt
der Accusativ Tr^/.i7J.r,y. A 1040.
b) Stämme auf o; mit dem Nominativausgang oj;. Von
männlichen Stämmen dieser Art sind zu nennen : ript&q (A 781
und 14 Mal) bildet den Accusativ (der Genet. und Dat. Sing,
kommen nicht vor) vjpw B 766 im Versschluss contrahirt. Homer
kennt die contrahirte Form nicht (denn Z 63 N 428 X 520 ist
r,pLii' die richtige Ueberlieferung), dagegen hat schon die Ilias
mikra Fr. 2. 2 v;pw n-/;A£ior,v am Versanfang. Flur. Nomin. f,pw£c
A 1000 und oft, Genet. '^ptowv A 21 und sonst häufig, Dat. f/pwcac.v
A 100 A 1099. 1226 (Homer B 483), Accus. -J-pwac A 552 u. s.
Dieser Flexion folgt bei Apollonios der Eigenname Mivo); (F 1000.
1100 A 1491); hievon lesen wir den Genet. Mivwoc T 1098 und
den Accus. M{vw T 1107 mit Contraction (wie yjpw) an erster
Versstelle. Unser Dichter hielt sich hierin wieder an Zenodot
Sehol. £ 322 Apitjxapyoc Mivwv suv to) v, Z-/;vöooto(; xwpk toü v. Die
uncontrahirte Form Mivoia findet sich bei Homer N 450 a 567.
Besonders merkwürdig ist ein weiteres dieser Flexion angehörige
Substantiv, nämlich y.xXtoc. Wir finden hievon bei Apollonios
den Nomin. Plur. xaXws? B 725 (LG durch Versehen xäXwa;)
im Versschluss und die Accusative yS/Mocq A 566, 1277 an der-
selben Versstelle. Unser Dichter hat also vom attischen Nomin.
Sing. y.äXwc ausgehend, der im Attischen selbst nach der 0-Decli-
nation flectirt, das Substantiv, da es äusserlich gleich r,pMz
erschien, in die Flexion der o;- Stämme übergehen lassen. Der
Schol. bemerkt zu A 566 y.aXoja; a~' eLiOiia; vr,: /.aXco; v.olxx 'A~'.-
y.;jc. Homerisch ist bekanntlich nur y.äXou; z 260. Diese Neu-
bildung wird auch vom Et. Mag. 74, 9 erwähnt: A-cXXwvto? ok b t3c
'ApYcvajtr/.ä v.ze y.äXojsc. Nicht zu übersehen ist jedoch, dass der
Dichter seine Neuerung nur am Versende braucht. Der Verfasser
der urphischen Argonautika übernahm die beiden Formen in seinen
Text y.f/.ws^ 621 vS/Mxz 253 und bildete selbst neu xiXwsi 237.
512 Rzach,
Von den weiblichen Stämmen dieser Art haben wir die
Casus obliqui zu erwähnen: •/)oü; A 13<jO T 1341 A 111. 670
aiooi ß 1238. r 649. 653. 659 -qoi A 651. 985 r 1172 A 244
>0io A 1151 r 820. 828 A 1622. 1690.
c) Stän)me auf ac. Das a behalten xr,poic, A 684 B 183,
221 A 872 Yica; A 829 B 249 oi-a; A 472 y.spa; T 1306
lipo^c A 258 und 9 Mal. Genet. Sing. yY^paoc A 98 os-ao; T 1036,
Dativ, offen: Yr^pai A 669 an erster Stelle (Homer z. B. T 150)
und cssAat T 1159 (cssXaV /.Xivr^pc; ivspOav) ; contrahirt aber ist
YT^pat: A 263 qXqm uro jqpsLi im Versschluss und B 200 aopaviY]
Y'f^pai TS (a-. in der III. Arsis). Merkel schreibt an beiden Stellen
YT/pa (an der zweiten hat LG Y'O?«) mit Unrecht, indem das a
kurz ist und daher mit -. nur in den Diphthong-en a: contrahirt
werden kann. So liegt Yv^pa-. bei Homer X 136 d> 283 vor nach
dem Zeugniss Herodians zu A 385 und den sich daraus er-
gebenden Folgerungen, vgl. La Roche Hom. Textkr. 297. Der
Nomin. Plur. dieser Stämme kommt nicht vor. Der Genetiv
ist natürlich offen : -{tpior/ A 615 zepäixi^f A 1364. Von Dativen
begegnet zspasccr'.v A 431 T 1297 A 1616; ausserdem ist y.epaecGi
überliefert A 978, wo L stoip.sva-. /pjcciotat (corr. in /pjcreotc.)
v.tpdcGGi 7.uctäac/.cv bietet. Brunck schrieb -/pjcsot; xepascrsiv. Die
neueren Herausgeber aber folgen dem Vorschlag Gerhard's
Lectt. Apoll. 157 xpuaeoici -/.cpaa^i zu schreiben. Er stellt p. 154 sq.
folgende Regel über die Verwendung des v paragogicum fest:
Hoc (v parag.) a bonis poetis in ceterorum pedum primi et
secundi thesi ponitur; in tertio enim per caesuram non licuit;
in quarti thesi non ponitur, quoniam fugiunt eam productionen),
quae ex positione nascitur. Die sämmtlichen diesem Kanon
widerstreitenden Fälle (darunter zwei wohlbezeugte homerische
M 55 w 240) will Gerhard durch Conjectur beseitigt wissen
und meint danach p. 157, es müsse auch ypjjeo'.c. vspiocui gelesen
werden. Aber einmal ist der Gerhard'sciie Kanon nur künstlich
liergestellt, indem die bestimmte Ueberlieferung bei verschie-
denen Dichtern gegen ihn spricht und dann muss die Kühnheit
der Bildung /.späac. selbst Bedenken ei'regen. Denn die von
Wellauer angezctgencn Missbildungen /.späaToc bei Arat. 174 und
■/.spaaTa Oppian. Kyneg. H 494 (nach Analogie von /.paats; mit
dem Suffix at), zu denen Schneider Callini. I 186 noch andere
Stellen beibringt, sind für einen Dativ y.£päaa bei ApoUonios nicht
Graminatische Studien zu Apollouios Rhodios. 513
beweiskräftig-. Wollte man aber etwa in dieser Form eine
Dativbilduno- sehen mit der Endung asi wie in uiac; bei Homer
und Apollonios und äpvaa; bei Arat. 1104, so wäre erst noch die
Länge des ersten a unerklärt. Wir sind vielmehr der Ansicht,
dass die einfache Aenderung Brunck's, wobei die mit dem
sonstigen Gebrauch des Dichters durchaus übereinstimmende
Form 7,=pi.fjZ'. nach der Ueberlieferung bewahrt bleibt, der
ursprünglichen Fassung der Stelle zunächst kommt. Auch Kalli-
machos kennt nur die Form y.£pa£7aiv Hymn. Apoll. '62. — Den
Accus. Plur. finden wir nur einmal -izs. A 1410 mit der aus
der Contraction hervorgegang-enen Länge des a.
Den Vocal des Ausganges ac verändert ouSa; (A 1516) im
Genetiv cjssc; Y 22. 1022 A 536. 726, und im contrahirten Dativ
ouSci B 827 in der IV. Arsis (o;u B' öv£ xXaY;a; ojosi tüsctsv) und A 952
im Versschluss (tq o' o-j-ots mAvaia'. oüos'.) ; hiezu kommt y.öia;
(im Nomin. und Accus, sehr oft) im Dativ Plur, -/mzz'.v A 1090.
Adjectivstämme auf sc.
Bei diesen kommt nur die Frage nach der Contraction
in Betracht. Die zahlreichen Genetive Sing, sind durchwegs
ofi"en. Im Dativ jedoch begeg-nen wir neben OjojosV F 224. 867
7:cp'.r,Y£'. A 950 folgenden Contractionen in der Arsis: «/.pasT
üeojpw B 721 im Versanfang; die Leseart ay.pasi, die G bietet,
ist unstatthaft, da sonst auch bei Apollonios das naturgemäss
lange a faus *ay.paFyi(;") seine Quantität behält: A 606 -ävp ^xiV
a/.prr,; A 1224 ay.par;; y;Ö)6s-> j-ky. A-i;. Weiter lesen wir ol'jxz\).ov.
T£ ß'/fi A 1375 (III. Arsis) yji'k-i.^^'^joi^v. pozÄco A 1196 (III. A,);
hiezu kommt baTfiOst evcoOsv c^Xo) A 368, wo die contrahirte
Silbe vor folgendem Vocale in der bukolischen Diärese ge-
kürzt wird. — Die sehr zahlreichen Accusative Sing, bleiben
gleichfalls offen bis auf folgende: -;y.ir,-;vrr, zhy.-o Xaiv V 1186
(von Wellauer aus dem verderbten -(v^^-(vn^ des L mit Hilfe
des Schob hergestellt): die contraliirte Silbe ist vor folgen-
dem Vocale in der bukolischen Diärese gekürzt. Durch die
Stellung an der Spitze des Verses entschuldigt sich die
contrahirte Form \>.oxr.-;vrr, c' 'Iv/.xrr,-^ V 1035; ebenso durch
die Stellung der contrahirten Silbe in der IIL Arsis und Haupt-
cäsur der Accusativ cüy.xjj,-^ F 1388 : äp-Y;v £Üy,a;j.T:^ vscOr.via yi^v.
lj.si;.ap-a)c; endlich ist noch -rr./.-^lr, B 482 (in der III. Arsis
und Hauptcäsur) anzuführen.
514 Rzach.
Im Nomin. Plur. ist neben zahlreichen offenen eine Reihe
contrahirter Formen zu verzeichnen, die ihre Entschukligung^
ebenso wie die schon angeführten Contractionen durch ihre
besondere Stellung" im Verse finden. Und zwar steht 1. an der
Spitze des Verses : «[xcpiAafpsTc TrAaTavicio'. ß 733 oi.Gv:rfi=ic jj-ev B 176
^a-/pr)cTc. tciYjv A 1095 i^a/pr,i^. yxt-zcjc, V 321 Zaypr,e<.q K-q^o'Jü'.v
A 835 (an den beiden ersten Stellen steht die contrahirte Silbe
auch noch vor einer starken luterpunctiou) Oj[ji.y)GcT; ß'.oxow
r 812 v/jAc'.cT? ty.diai A 703. 2. im Versschluss w; -ix aoXXsTc;
A 1455 (neben aoXkeeq B 122. 497 T 255 A 1182). 3. in der
Hauptcäsur: ou [jiv iu7.\eieiq ys A 869 (III. Arsis) oty-Atcs? suttyjycT:
OaÄa[j.oi' t' r 326 (III. Arsis) Xa^2[j.svo'. Ttp-^vsT; , ol o' £[j,iraXtv
r 1394 (III. Arsis und Interpunction). Sonst ist noch ein Fall
zu nennen : aav.rfiv.q JTraXu^av B 603, wo die contrahirte Silbe in
der V. Arsis steht, offenbar durch Anlehnung an das oben-
erwähnte y.T/:rßv.c mit veranlasst (acv.r^ÖEs; hood: IIövicj dagegen
B 346). Alle übrigen Formen des Plurals bleiben offen, so auch
die Neutra z. B. avaicea (seil, oaai) B 407.
Dentalstämme.
An dieser Stelle ist nur der Nominativ vriArao; F 646 zu
nennen. Unser Dichter hat ihn ganz regeh'echt nach den home-
rischen Vorbildern aeAXoTro; 6 409 0 77. 159 apii-o; I 505
6 310 xpiTco^; X 164 (ebenso Hesiod A. 312) neu geschaffen und
sich nicht durch die nichtepische Form v/]ai-ou; (Soph. Oid.
Kol. 249) verleiten lassen diese anzuwenden. Im Eigennamen
McAa[j,zo'j? A 121 dagegen musste er natürlich bei der gewöhn-
lichen Form bleiben.
Liquidastämme auf sp.
Bei diesen handelt es sich um Feststellung des Gebrauches
der synkopirten und vollen Formen. Die einzelnen hieher
gehörigen Substantiva zeigen hierin ein verschiedenes Ver-
halten — und zwar weist
avTQp im Allgemeinen weit mehr synkopirte Formen auf.
Im Genetiv überwiegen allerdings die nicht synkopirten avipc;
A 6. 703 B 841 r 795. 1314 A 199, avopc? nur A 1338. Der
Dativ kennt nur die volle Form: avipi V 421. 743 A 1107. 1119.
Im Accusativ sind beide Bildungen fast gleich zahlreich : mipoi.
A 154 B 102. 218. 798 V 457 ävSpa dagegen A 1153 B 29
r 421. 580 A 1030. 1655. Im Dual, nur avcps V 1174. Im
Grammatische Studien zu Äpollonios Rhodios. 515
Nom. Plur. sind die beiden Formationen wieder fast gleich oft
verwendet avips? A 612. 948 B 27. 80. 451 T 3. 16. 345. 977
A 109. 1075. 1183. 1213. 1281 ävBpsc A 1149. 1251 B 98. 468.
650. 874. 1179 r 326. 1366 A 569. 1719. Der Genet. Plur.
erscheint ausschliesslich in der Form avopwv A 543 und 34 Mal,
ebenso ist der Dativ nur durch die synkopirten Formen ver-
treten: ä'vopscj'.v A 673. 1059 avGpxcjiv A 17 und 43 Mal. Im
Aecusativ überwiegt wieder die nicht synkopirte Form avipx;
A 883 B 753. 1014. 1130 T 204 A 667, avopa; steht nur A 236.
465 ß 917.
aaxTtp. Von diesem Subst. kommen überhaupt nur die nicht
synkopirten Formen vor: äsTspi A 108. 774 B 41. 523 «sTspeq
A 240 r 1195 aGxipaq Y 745.
YÄCTY^p. Hievon lesen wir nur je einen synkopirten und
nicht synkopirten Dativ: yoi.aT:ipi. B 233 ^actpi A 1176.
O'jvär^p. Hier überwiegen die synkopirten Formen. Sie
sind ausschliesslich im Genet. b'j-(x-p6q A 813 T 102 A 1094
und im Dativ Öu^axpi A 1297 ; im Accus, findet sich einmal
ÖJYa-rpa A 591, dagegen dreimal Guyaiipa B 947 A 897. 1493.
Der Vocativ lautet Guya-ep F 11. Der Nom. Plur. ist wieder
durchweg synkopirt %^(OL-peq B 711 T 247 A 1149. 1323. 1358.
1599, im Genet. Plur. steht dreien synkopirten Bj^aTpöv A 230
r 602 A 971 nur eine volle Form OjYa-spwv A 10 gegenüber.
Von |J.r,Tr,p kommen wieder zumeist nur die vollen Formen
vor: Genet. ij:r,-:ipo- A 193 MY;T£po; (loar^?) A 1128 — [J''''rpi'~.
A 815 r 155. 524. 735; iJ/r;-ip'. B 657 A 1327. 1353 — [j.r,zpi
A 907 A 28. Der Aecusativ ist durchweg ohne Synkope [j-r^iipa
A 761. 1094 r 258. 267. 486. 609. 748. 1139. 1375 A 1372
Mr^tspa A 1125. Vocat. : jj-r^xsp A 295 A 31. Vom Plur. kommt
nur der Nomin. iJ:r,-iptQ A 812 Y 994 vor.
Bei T.x-r,p sind die synkopirten Formen die gewöhnlichen.
Durchgängig ist die Synkope beim Genet. -aipsc A 58 und
40 Mal, dann beim Dativ TuaTpi A 13. 558. 907 B 786 Y &2S
A 399. 1015. 1106; im Accus, r.aiip' B 1181, im Vocat. ::äTcp
A 1673 und im Genet. Plur. zaiepwv A 279 erscheinen die
vollen Formen.
Comparativstämme auf -.sv.
Es kommen nur wenige Casus in Betracht. Von einer
Nachahmung der zenodoteischen Schrulle, im Nominativ das v
516 Rzach.
wegzulassen (vg-]. Düntzer Zenod. 56 La Roche Hom. Textkr.
302) findet sich in der Ueberlieferung unseres Dichters auch
nicht eine leise Spur. Casus obliqui kommen folgende vor:
apstova 2.(I)Ta Y 438, daneben aber die contrahirte Form apsiw
(6u[ji,2v) A 901 im Versschluss wie Hom. K 237 y 250. Hiezu
der Nom. Plur. äpdovzq B 801. Zu «txei'vwv lesen wir den Accus.
d|j(.£(vova (TTaBa) A 801. Endlich ist noch die contrahirte Form
)^ep£bu; B 1220 zu erwähnen, die wie apsi'o) nur am Versschlusse
vom Dichter zugelassen ward.
3. A n o m a 1 a.
a) Eigennamen.
Für den Hades lesen wir bei Apollonios die zwei Namens-
formen: "A'.ca r 61 A 1510 vom St. A-o, und A-ca: B 353. 609.
642. 735 r 810 A 1666 'Aicsw V 704 'Aicyj A 1699 vom St. 'Aioa.
"Aprj? r 1227. Vom St. "Apsu: 'Ap-z^oc B 385. 1169. 1230
r 411. 754. 1357 A 106 ä'prio; B 870 "Ap-^-. B 991 äpv)-. Y 183.
393 apY;a B 797 r 1385. Vom St. 'Ape?: "Apso; A 743 B 989. 990
r 1187. 1366 äpso? A 189 'Apst B 1205 Y 1282 ä^toi A 1024.
An einer Stelle B 404 drang die Form 'Apsoj? ein: cTkicc t£ cy.'.öi'.v
'Apeo)c, TÖSi 'Mitac, st:' öi'/.pTiQ /.irX. Möglicherweise hielt sich der
Abschreiber an die spätere homerische Vulgata H 485 ^ 100.
213 (vgl. La Roche Hom. Textkrit. 203). Dass Apollonios selbst
'Apsw; geschrieben hätte, ist unglaublich, zumal nicht einmal
Kallimachos, der doch allerlei Formen des attischen Dialekts
brauchte, wenigstens so weit sich aus den erhaltenen Resten
schliessen lässt, 'Apsojc, sondern stets nur "Acr,oq oder "Apso; sagte
(letzteres Hymn. Del. 58 Fr. 449). Wie diese Formen den
Abschreibern durcheinanderschwirrten, sehen wir aus B 989
und 990, wo im ersteren Verse im L apsw^ sp-p. (G. ä'psoc), im
zweiten aber cipso: 'Ap[j.ov(r,c steht. Sonst hat L überall kurzes o.
Schon Stephanus hat daher richtig an der genannten Stelle
"Apso; geschrieben.
Eine eigene Form Aoapr^ioc statt der gewöhnlichen A^x-
peii? postulirt das Patronymikon A©apY;Tia5ai A 151, vgl. Etyra.
M. 175, 27 5 ce "AkOAAwvic? v.a\ flivoapoc Woxpr^cq (1. AsapYj-cc) üxo-
TtOouci TTjV eüOctav. Dagegen weist das dreimal vorkonjuiende
Grammatische Studien zn Apollonios Rhodios. 517
'Acpapv-s? A 485 F 556. 1252 auf die gewöhnlich gebräuchliche
Form \\5ap5'jc.
Zeüi;. Apollonios bildet von drei Stämmen die Formen dieses
Eigennamens: 1. A'F: A-.i; A 1071 und 47 Mal, At- A 511 li 40.
1147 A 119 Mx A 762 A 617. 783. 932. 2. Vom St. Zeu: Zej;
A 468 und 13 Mal, ZsO A 242 A 1673. 3. Zy]v: Zr,v;; A 150
und 12 Mal, Zr,v-: A 731 Z-^va A 229. 558. 709.
'Hpa/.Asr,; bildet wie erwähnt neben 'Hpay.A^a einmal den
heteroklitischen Accusativ 'Hpa7.A£r,v B 767 an erster Stelle, vgl.
Theokr. XIII. 73, wo wir die Form freilich nur als Variante
neben 'Hpay.Ada vortinden.
4>öp7.uc. A 1598 lesen wir den Accus, ^cpy.uv, wie Hesiod
Th. 237 (bei flomer finden wir den Accus. <i>6p/.uv wohl auch
P 218. 318, aber als Namen eines troischen Bundesgenossen,
daneben ^Pöp/.uva P 312). Dagegen ist die Ueberlieferung A 828
schwankend: y;v (Zv/j'/'kt^ -iy.i <I>dp/.w J vjy.-cf::;Ac^ 'Ey-äTv, schreiben
Wellauer und Merkel nach Brunck und Beck gemäss der Ueber-
lieferung von G. Die Leseart von I. ist nicht sicher zu con-
statiren (Merkel söpy.o;?). Gegen «I^ipy.w aber spricht das Schol.,
dessen Urheber offenbar diese Form nicht las: 'Ay-SJciAac; (J^öp-
xuvs? y.al 'Ey.ar/;;. tyjv Sy.uAAav As^i'., 0[J.r,p:c o£ ohy^ 'Ey.är^v aX/.a
Kpa-Ä'.'.v. aixsoTspoic cüv 'Attoaawv'.o? y.x-:r,y.o'A5jOr,a£v. Deshalb, glaube
ich, ist nach Wellauer's Vorschlag in der Ueberlieferung zweier
geringeren Hdschr. Vatt. A. D., welche <Pcpy.Jv | vuy,Ti7:ÖAo? 6'
'Exärr, bieten, die Spur der genuinen Schreibung zu sehen,
nämlich der Dat. <l>ipy.j'., der in dieser Form auch wirklich bei
Hesiod Th. 333 vorliegt (vgl. Wellauer's Note und Verf, Dial.
des Hesiod 405 und 415, Flach schreibt nach M 3 <t>spy,'j). Diese
Emendation, die übrigens auch Merkel als probabel bezeichnet,
scheint mir um so evidenter zu sein, als unser Dichter sonst nur
noch den Acc. <l>öpy,'jv kennt, den er, wie bemerkt, aus Hesiod
herübernahm, so dass der Schluss erlaubt ist, dass er sich auch
in der Form des Dativs an die hesiodeische Vorlage gehalten hat.
h) Noraina appellativa.
Ausser den Subst. -(irj und ospu, deren Formen aus dem
kürzeren und längeren Stamme bei einer früheren Gelegenheit
schon erwähnt wurden, sind folgende Appellativa hier zu ver-
zeichnen :
518 Rzuch.
vsAw?. Ausser dem Norain. T 102 kommt nur der Accus.
YSAw A 1723 vor mit Uebergang in die a-St. (IV/siv h Gvffieazi veXw
cöevov) nach G, L hat die Corruptel ^(i'KM:. Die schlechteren
Codd. Vatt. A B C D und Regg. ACE (Wellauer) haben vsXwv,
was von Brunck in den Text gesetzt ward. Doch kann man
im Hinblick auf die homerische Ueberlieferung nur die Form
yi'/M für berechtigt erklären. Bei Homer ist sie theilweise noth-
wendig : j 346 äcßcciov vsXo) wp es, ebenso ist sie u 8 durch
Eustath. bezeugt, a 350 sind beide überliefert. Wir werden
daher vsXw an unserer Stelle für die richtige Lesung erklären,
zumal da diese Form an dem von Apollonios ausschliesslich
gebrauchten -.Spw eine weitere Stütze findet.
iTa\j.dp~iupoLq \ 229. Diese Form verdient insoferne eine
eigene Erwähnung, als sie einen der Fälle repräsentirt, in denen
unser Dichter dem Vorgange Zenodots folgte; dieser wollte an
verschiedenen Stellen bei Homer die Formen nach der conso-
nantischen Declination hergestellt wissen, vgl. Schol. B 302
r 280 1 274. Obzwar wir von Zenodot's Ansicht speciell über
das angeführte Compositum keine Nachricht haben, so scheint
dieser Kritiker doch an der einen Stelle, wo es bei Homer
vorkommt, etwas anders gelesen zu haben, als uns die Ueber-
lieferung bietet: H 76 Zrj; o' äV-i^.' s-ttj.xfxupc? 'ia-M. Dies lässt
sich aus Apollonios' Gebrauch wenigstens vermuthen. Auch
Kallimachos brauchte, so weit wir sehen können, nur die Form
aus dem cons. Stamm, vgl. Ep. 50. 2 [xipvjpx.
epw;. Regelmässig sind die öfter vorkommenden Formen
des Stammes ipun: spto; Nom. ß 297. 1078 A 213 "Epto; B 120.
1018 r 275. Voc. "Epw; A 445 "Epono; B 972 epwxi F 3 A 569
"EpwTs; r 452. 687. 765. 937. Ausserdem aber begegnet uns
einmal der aus Homer bekannte Accus, epov A 613, der eigent-
lich, wie auch der Schol. richtig bemerkt, ein Aeolismus ist:
Schol. £pov avtl [to'j] spwTx, aioAiy.w? oCx toü o. Ueber die Formen
bei Homer vgl. Hinrichs de hom. eloc. vestig. Aeol. 97. Auch
bei Kallimachos konnte Apollonios diese Bildung vorfinden,
vgl. Ep. 42. 2 "Epo?.
6£|jL'.q. Vom St. U\JA der Accus. Ösiaiv T 193 A 700 und der
Eigenname \K[).yM[i.'y A 1494, vom St. 0£[i.'c- aber der Accus.
Plur. eiiAtTT«; A 917 B 17. 98« A 1179. 1207.
Grammatische Studien zu Apollonios Rhodioa. 519
iSpco? (A 1261 B 663) bildet den Accus, lopcö B 87 A 656
mit Uebergang in die a-Stämme nach homerischem Vorbild
Hom. A 27 K 572, vergl Kallimach. Hyran. Lutra Fall. 11.
/.äXwc. Die von Apollonios neug-ebildeten Formen y.xAajE;
B 725 und y.d'/My.q A 566. 1227 wurden bereits oben besprochen.
y.ipr,. Von dem mit dem Suftix ai erweiterten Stamme
y.pa-aT: Genet. y.pxa-o; A 222 A 1611 (Hom. E 177) Accus.
Plur. -/.pio^zx A 1010 B 1013 A 1158 (Hom. T 93 1. Contrahirt
erscheint derselbe Stamm in y.päroc B 1213. 1402 (Hom. z. B.
'. UO) y.paTi r 1228 (Hom. oft) y.paTa B 93 (Hom. Ö 92). Vom
St. y.apa; : y.apv] A 427. 739. 1312 T 151. 707 A 164. 663. 1294.
1543. Von demselben mit dem Suffix a- erweiterten St. (unter
Verlust des c): xapv-aTog A 1084 T 1017 A 1314 (Hom. W 44)
y.apy;aTt T 834 (Hom. T 405) y.sipr.aciv B 852 T 1398. Daneben
endlich noch die Nebenform vApr^'/y. A 513 T 161.
7.£A£j6cc. Ausser den reg-elmässigen Formen lesen wir den
metaplastischen Nomin. und Accus. Plur. y.eXejÖa A 246. 352.
574 ß 628 A 1253 wie bei Homer.
[löi'jm. Dies in den Formen p.:(:cjv'. B 1026 und ixdccuva;
B 1017 (und im interpol. V. B 383 a) vorkommende Substantiv ist
bei Apollonios ein v-Stamm, während es sonst auch als 0-Stamm
vorkommt. So das Schob zu B 378: Moacüvoty.c. ce eOvc? y.al auxo oltzo
xriq ctaYwv-^c rr;v zpocrjvopiav icyrixcq. [j.oaauvoi yap oi ^uXtvoi oiy.oi
Ktp'na.'. c'.q y.at auTol eypwvio. Die weitere Bemerkung- aTub ^ouv toj
|j,6cauvoc, "ö Av{e-:ix'. o ^jaivo; oixo; r/,A-/;6r;aav Msaffuvo'.y.c. rührt offenbar
von einem andern Verfasser her. i\ls 0-Stamm gebraucht es
auch die Glosse zu B 1026 sv 'jihr^/M [jlocjuvo). Xenophon, bei dem
es in der Päteratur zuerst begegnet, braucht es im Sing, als v-
und im Plm-al als o-Stamm. Anab. V. 4. 26 sagt er £v tw [jLÖaauvt
und gleich darauf cüv tcT; [j.occuvo'.q.
cTa-fs; A 626. 1516; Apollonios bildete diesen meta-
plastischen Plural zu Qxy.-;6i'/ neu vom St. siay, aus dem das
Verbum gebildet ist. Schob zu A 626 w; a^b toD zzi^ ^1x7:;
u'.i:. Wir finden bei unserem Dichter Formen von vier
verschiedenen Stämmen: 1. j- : Genet. uTo? A 742 Accus, j-x
A 69. 859. 1055 B 114. 163. 509. 814. 905 r 1175 A 1134.
1733 jV B 655 A 117 Nom. Dual. jU A 118. 163 A 81. 1465.
1483 (Hom. z. B. B 679) Nomin. Plur. uTe; A 72. 87. 176. 211.
520 Rzach.
1300 B 273. 440. 492. 956 r 245. 360. 366. 517 A 1383. Ger-
hard wollte r 517 die Apollonios sonst unbekannte Form mziq
schreiben, weil die Epiker einen durch Position entstandenen
Spondeus im 4. Fusse vermieden hätten ; Koechly schlug uUs
vor, was Merkel annahm. Doch kann es mit Rücksicht auf die
vonWellauer zu d. St. angeführten homerischen und apoUonischen
Stellen bei der Ueberlieferung bleiben. Dat. Plur. ulaciv T 450.
692 wie Hom. z. B. E 463 mit dem alten Suffix ac. Accus.
uTa? A 98. 482 B 241 r 178. 776. 2. St. üb: Nomin. Sing, u'.i;
Ä 331 und 14 Mal, Accus, uliv T 357 A 1194 Vocat. mi B 214
(Hom. z. B. H 47). Den Pluralformen dieses Stammes, die bei
Homer Seltenheiten sind, ging unser Dichter ganz aus dem
Wege. 3. St. uw (der Nomin. hiezu utü; ist inschriftlich belegt
vgl. Neubauer Hermes X 158). Hievon der Genet. meo? T 604
Accus. me7. ß 803 A 1493 (Hom. z. B. N 350). Nomin. Dual
utse A 735 B 426 Nomin. Plur. jIss; A 52. 748 Accus. ■Mac
A 1352 B 235. 308. Als Vocat. PI. ist w u\elq Bopico B 288 über-
liefert und steht so in der Merkel'schen Ausgabe. Wenn die
Form auch ganz vereinzelt ist, so werden wir sie doch im
Hinblick auf das homerische w uIeI; ripiai^ois E 464 als zulässig
erklären müssen. 4. St. uleu : Nur pluralische Formen : Nomin.
mfieq B 1093. 1107 A 441 Accusat. ut-?iac B 1119 T 196. 256.
303. 595. 713. Diese Formen sind eine Neubildung des Apol-
lonios. Offenbar wurde er darauf durch die Analogie der
£u-Stämme geführt, von denen er neben einander Formen auf
•rjs? und es; resp. r^ac und eocq vorfand. So bildete er von dem
gebräuchlichen Nomin. ulseq und dem Accus, utea? aus die
Formen ur^s; und mf,aq. Spätere gingen dann hierin weiter und
so finden wir bei Antipatros in der Anth. Pal. IX 23. 3 auch
einen Dativ Plur. ulr^ssaiv und bei Gregor. Theol. eine Singular-
form ul^i Anth. Pal. VIII 88. 3, wozu Nikandr. Fr. 110 (Schneider
p. 131) und Nonnos in der Metab. XIII 131 den Accus, ur^a bieten.
©6Aay.cc (Nomin.) A 132. Schon Homer hat die Form aus
dem 0-Stamme ©jAay.su? Ü 566 (und sonst als Eigennamen).
Das Schob zu unserer Stelle macht auf diese Bildung eigens
aufmerksam: (^ukav.oq Irniv-üq o <f6Xa;. "Iwvsq 0£ £/. lüiv -(z^':/.Gy^
Ttoioja-.v cüOiiac, tou 9ÜXay,oc 5 (puXay.oc, toj [jApvjpoq b [j.ipxupoq.
■/dp. Vom St. y-sp braucht Apollonios folgende Formen:
yepöc A 85^ (nicht homerisch, wol aber /spt z. B. 6 289) y.spotv
Grammatische Studien zu Apollonios Rhodios 521
r 50. 408. 1014. 1237 A 125. 1290 yipeq T 81 /epat A 281 und
35 Mal. Vom St. xetp: xeipc; A 313. 842 F 106. 120. 1067 A 751.
1578. 1663 xetpi: A 155 und 15 Mal yßpoc A 344 und 9 Mal,
yßpe r 378 A 1447 yßpaq A 944. 1171 F 1258 -/e-.pwv A 1162
B 188 r 84. 136. 570 yßpeaai A 373. 552 B 14. 834 F 346
A 695. 808 xetpac A 248 und 28 Mal.
Xpucaöpw F 1283. L yp'jaacpt 'AxsXXwvt, das i ist aber in w
con-igirt, xpjtraipw auch G und Laur. 16; dies ist natürlich die
richtig-e Leseart, da der sehr unangenehme Hiatus behoben wird
und Homer nur Formen aus dem vocalischen Stamme kennt.
E 509 xpuaaopcu O 256 yp'jcdopo^. Erst Hesiod hat den Nomin.
Xpucraojp Th. 281. 287 Xpuaaopt Th. 979 als Eigennamen, dann
XpuQdopa E. 771, doch auch yp^adopo^j Fr. 227, 3.
Xpwc. So lautet der Nomin. B 200 auaiaAeo; ypöyq im Vers-
schluss. Apollonios hielt sich an die von Zenodot bei Homer
begünstigte Form. Schol. zu N 191. oütw; ai 'Apiaiapxcu ypöoq
w; AOYo;. ßo'jAETa'. Se oir,pf,a^ocf. ty]v euBsTav. ZyjvöBctoi; os ^(py.(fei yp6ic.
Die sonstigen Casus sind: xp^s; B 1129 F 762 A 1531 xpo-
A 872. 1524 yp6x F 725. 832.'
Zum Genus der Substantiva.
a-/;p. Durch Missverständniss homer. Fügungen wie v^epa
zsjAÜv E 776, wo neben r,ipi -oaa?, F 381 di,p scheinbar Mascul.
ist (vgl. Hymn. Dem. 383 ßaöuv r^spa), veranlasst, braucht Apoll.
d-^,p meist als Mascul. A 177 F 211. 275. 1379 A 678, wogegen
es nur zweimal A 648. 1667 als Feminin erscheint.
al'5. Dieses bei Homer sowohl als Femin. wie als Masculin.
gebrauchte Substantiv hat bei Apollonios nur das letztere Genus:
B 279 aTva; y.epaou; (wie Hom. O 271 ^ 530); darnach sind
auch die an und für sich zweifelhaften Genetive B 691 y.epawv
£7:1 ixT,pia ^GO\J.E^ aiytöv und B 696 sq. v^ ä^poTeptov ec-Sotev aiy^v
als Masculina zu fassen.
ßwAi; ist bei unserem Dichter F 1055. 1336 A 1552. 1736.
1756 wie sonst in der Literatur Femininum, nur F 1393 lesen
wir T£Tpr;/CTa ßwAov, so dass wir scheinbar hier ßwAs; als Mascu-
linum gebraucht finden. Allein es empfiehlt sich weit mehr
die Annahme, dass der Dichter hier das Particip in der Älascu-
linform für die feminine setzte, wie wir das bei Homer und
unserem Dichter oft bei Adjectiven sehen. Dasselbe konnte auch
bei Participen geschehen, vgl. Hesiod Fr. 103 oy.'.i,o[xv/sio rShT^oq.
Sitzb. .1. phil.-liist. Gl. LXXXIX. Bd. II. Hft. 3Ü
522 Hz ach.
AsXo'jvY). B 706 A£Ac.6vr;v -o^zic. zsXcJJptov s^svapi^sv. Aus dem
Wortljiut des Textes ergibt sich ebensowenig wie aus Nonn.
Dion. XIII. 28 A£A(piiv/jv 8' =oa[j.x(Jcr£ -/.y). afOspa väTev 'AtöaXwv
EtwHs zur Bestimmung des Genus jenes Eigennamens, da das
Adject. TUiAwpioc auch zweier Endungen ist (vgl. z. B. Hesiod
Th. 179 TCS/vwp'.cv i'XXaßsv ap-ür,v). Schon die Alten waren in der
Bestimmung des Genus dieses Namens, womit die Formation
des Nominativs zusammenhängt, uneius. Seliol. z. d. St. to
ovo[j,a TOü opay.ovTOc o\ txsv appcV'.y.(7)^, ol c£ 0'^Xuy.wc siircv, o y-a! ßeX-
Tiov. Dagegen weiter ä'XXwc • sii A£Xa'Uv/;(: sy-aXcT-o c s'jXäcswv to iv
AsXcpoI? yp-/)cr^p'.ov Maizvopto;; fL Xcavopo? doch vgl. Schol. A 1126)
V.OU KaXXi[j.a)^oc stiücv. opr/.3!ivav ck au-/(V c-yjc.v siva; 0"r;/.uy.wc xaXou-
[jLsV^v AsXffuvav 0 auibc KaXX'![j!,axoc. Vgl. hiezu das Schol. zu 711
TY]v o£ avaiptSsTcav opay.aivav AsXsuvav xxXeTcOat OvjXuy.wc cpr^a'. Ma'.av-
cp[o<;. Ueber die ganze Frage hat 'sich jetzt eingehend O.Schneider
Callimach. zu Fr. 364 ausgesprochen, dessen Erörterungen wir
uns nur anschliessen können. Schneider gelangt zu dem Schlüsse,
dass Kallimachos nur den Nominativ AeXi-jv-/; kannte, wofür auch
sein Nachahmer Dionys. Perieg. 442 Zeugniss ablegt, wenn er
schreibt : fluOtovo? Quosv •äsScv, Ti-/'. zpx/.ovTOz AsXc;'jvr,c ipi-doest:'. Oeoj
Trapay.exX'.Ta'. oXy.sc; vgl. Apollod. Bibl. I 6, 3 : y,aTicr/;a£ AeXo'jvt/;
cpay.a'.vav. Nach den genannten Zeugnissen werden wir annehmen
müssen, dass auch Apollonios sich der Meinung seines Lehrers
anschloss und den Eigennamen als Femin. fasste, und demnach
das Adjectiv -EXwp'.o; hier als zweier Endungen anzusehen ist.
xiwv. Dieses Substantiv , dessen Geschlecht bei Homer
schwankt, kommt bei unserem Dichter nui' einmal voi- und zwar
als Masculinum F 216 £Üp£iac T£ tcüX«; y.al y.'!ovac, z'i zipi -oiyo'jz
i^dT,q ä'v£/ov, vgl. Hom. t 38 y.i'ova ij.ay.p6v und das Schol. des
Aristonikos zu der St. sti v.y.i ap(j£viy.(oc c y.i'ojv.
Adjectiva.
1. Zur Flexion.
Bemerkenswert!! ist vor Allem die Declinati des Adject.
7:0X6;. Aus dem St. ttoXu sind folgende Formen von Apollonios
verwendet worden: Nomin. ttoXj; B 3()4 A 105 Gen ttoXeoc A 289
B 365 r 1359 Accus. tcXjv T 424 ttoXü H 338 V 798 Nomin. Plur.
T.oXiec A 751 B 883. 982 V 564 ttoXeTc (dreimal die contrahirte
Grammatische Studien zu ApoUonios Rhodios. 523
Silbe in fler IV. Arsis), und zwar A 261 oi).C)iq rs ttoXhT: oi^wai t'
ä.^(ipo'no B 898 'Ayv-a'-w ok aOActc Y^v/;cav itaipwv (in diesen beiden
Fällen steht rS/.tiq auch in der Hauptcäsur, der Hephthemi-
meres) A 1039 iJ.asvaij.svov xsivoiu'.. rSKztq o' ezap-^y^^^? «aXoi. Die
contrahirte Form gestattete sich ApoUonios nur, weil er bei
Homer eine Vorlage fand A 708 r^'/Scv ciJ.wc; aüxci ts ttoXsT; y.al
[uhrjyjc VzTrii, wo ttoasT; dieselbe Stelle im Verse einnimmt. Gen.
Plur. 7:oA£ü)v A 1127 B 454 A 901. 1336. Als Femin. steht
-oAswv mit Bezug auf rr,zzDz A 333 Dat. zcasscciv A 273 ß 1027.
1216 r 900 A 993 zoass-.v A 427 Accus. xoAsaq als Mascul. B 7. 357
r 1056. 1382, als Femin. aber F 21 r.okioLc, 3' eTTcSotatja ßouAaq.
(Der Gebrauch von -oXewv und -oAs'aq als Femininformen wird
unten näher besprochen.) Einen Accus. Plur. zoAcTc, wie ihn
Zenodot in den homerischen Text einführen wollte, kennt Apol-
lonios nicht, vg'l. Schol. L zu A 559 -okeac • Zy;vcooto; tcoAsT«;;
die Angabe des Aristonikos zu B 4, Zenodot habe auch tzoXüc,
für zcAsa; geschrieben, kann nicht richtig- sein, vgl. Heffter de
Zenod. 15 La Roche Hom. Textkrit. 342 sq., dagegen Düntzer
Zenod. 55. 56 Anm. 20). Vom St. ttcuXu beg-egnen die Formen
TcojA'j; A 276 TTouAuv B 479. 944 T 211 t:ouaü B 351. 902.
Die Formen desSt. -oaao sind: Norain. r.z'/Xcq X 760 T 1352.
Der Genetiv und Dativ kommen nicht vor, dagegen häufig der
Accus. -oAAÖv A 316 und 18 Mal (auch als Adverb, so A 160,
in der Verbindung- -sp-.TCoAAov als Adv. B 437. 472 Y 427) r^oWr,
B 565 A 1525 -oaat.v A 286 -c'aao-: r 1396 zoaaoic A 1190, nie-
mals aber -oaaoü;; tSij.t. Y 200, 235. 1092 -oAAa A 248 und
an 27 weiteren Stellen.
Unserem Dichter eigenthümlich, respective von ihm zuerst
gebildet sind die Formen zweier Accusative von Neutris der
Adjectiva auf s'.c, nämlich B 404 aXao; xe c-v.itv) Af£o; und
A 1291 cay.pjöstv x-(y.r^aizv; die Endung siv bietet die Ueberliefe-
rung an beiden Stellen, nur G hat an der ersteren cry.iöiv ; dafür
aber lesen wir im Schol. zu d. St. aAco; zz ^/.'isiv • a-;T; -z-j
z'/j.iv/ . . . . TO 5s cxiöstv avTt ~cu S'/.'.Ö£v /.aia Mojv.y.-i^v TrpiaOiC.v tcj i.
Es wäre möglich, in diesen beiden Formen Fehler zu sehen,
die inetri causa sich eing;eschlichen hätten, und nach Hom.
Q 269 7:J;'.v:v s;j.5aA6ev, vj ci-z-xsctjtv apr,pi; (welchen Vers Hermann
Orph. 705 anführt) Hessen sich allenfalls die s^ewöhnlichen
Formen herstellen, allein die Bestimmtheit der üebcrlieferung;
3ü*
524 Hzach.
und das Schol. mahnen zur Vorsicht. Wir können viehuehr
diese falsche Analogiebildung^ nach dem Masculinum der Adjec-
tiva ganz wohl unserem Dichter zuschreiben, zumal sich eine
Spur späterer Nachahmung in der Ueberlieferung bei Nonnos
Dion. XXV 440 r^ßv;--}); epistv sbv oijvo[;,a yeiio'/'. tcövio) v'K. (Koechly
epöeiq) erhalten hat, vgl. Hermann Orph. 705, der auch bei Anti-
pater Sidon. Anthol. Palat. VII 218. 10 (Dübner) eine solche
Form Öuos'.v statt des überlieferten Ousev hergestellt wissen will
(/.«• XiT.apal öuöctv aaO[;.a xvsouat 7.c|j,a'.). Bei Nikandros Ther. 748
vermuthete schon Spitzner de vers. Graec. her. 40 ostpf, [j-sv
■Kupisiv, aCv) Y£ y-xX. und Schneider schreibt auch Alex. 42 S-/;A-(^i'.v
ay.öviTOv. Wo das Metrum jene Bildung auf eiv nicht erheischte,
behielt Apollonios selbstverständlich die hergebrachten Formen
bei z. B. r,epöv/ GT6[j.a A 1114 r^itpiev ßsAo; B 1038.
Zu aiuüc verwendet Apollonios neben dem regelmässigen
Neutrum aiTuu (B 807 lepcv aku) auch dem Plural al-d (pssOpa) A 927
gerade wie es in der Ilias in Verbindung mit pseOpa der Fall ist.
Das Feminin zu wxu;; lautet neben dem regelrechten wy.stY;
r 759 (w7.£(ai? r 879 A 42 wxs-ac A 820) nach homerischem Vor-
bild ionisch wy.ea in der hergebrachten Verbindung iby.scz '^Ipic B 286.
Von eigenthümlichen Adverbialbildungen ist nur ein Fall
erwähnenswerth : aTixepswq A 1765 (mit sogenanntem a intens.,
Schol. erklärt es als Taxstoc, Hesych. TCpo6'j[j.a)c). Es ist wie von
einem Adjectiv aTixepv^? gebildet. Im Etym. Mag. 133. 34, das
für ä-Tspew; fälschlich Hesiod als Q.uelle anführt, wird damit
das Adverb atJ/ociwc (zu ä'd/oioc) verglichen. Uebrigens ist die
genannte Form nicht eine Neubildung unseres Dichters, sondern
findet sich vor ihm schon bei Parmenides Prooim. 17.
2. Zum Genus der Adjectiva.
a) Adjectiva sim/pUcia.
Gv.'jc erscheint in der Masculinform als Feminin ver-
wendet r 1199 6f,Xuv [).h ctv wie Hom. y. 527 (svÖ' civ apveibv
pe'Csiv Or^Auv t£ iJ.£Aatvav) ; als Mascul. aber V 1032 x<o o' £vi Ö^Xdv
apv£ibv acä'Cciv.
Von 7:oX'j; lesen wir A 333 den Genet. Plur. -jtoXecov, wie
erwähnt, als Femin. Brunck änderte gegen die Ueberlieferung
die Form in TraXXöiv, allein der Dichter schrieb ebenso T 21
Grammatieche Studien zu ApoUonios Bhodios. 525
iroAea; o' sTueBoia^jx ßouAa?. Es wäre nichts leichter als auch hier
-Kokkdq zu schreiben, aber mit vollem Rechte bemerkt Wellauer
(in der Note zu d. St.) es sei die auffällige überlieferte Form
beizubehalten, ^.praesertim cum intelligi nullo modo possit^ quid
commoverit librarios, ut -oXiaq illud, quod soloecisrai speciem
prae se fert, scriberent, si usitatissimum illud ttoaXä; iuvenis-
sent^ Hiezu kommt als weitere Stütze und Bestätigung der
Ueberlieferung der Vorgang des Kallimachos, der, weil er im
homerischen Texte die singulare Masculinform als Feminin
gebraucht fand (K 27 B 709 ttouauv so' 'JYPvO, auch Pluralformen
so zu verwenden sich gestattete: Hymn. Del. 28 d os ai'yjv
Tzokeec ae TrsptTpo-zcwaiv äoioai v.tX. Artem. 42 r^okeixq o' sTCsXe^aTO
vjjjLcpac (vgl. Xikandr. Georg. III 12, Schneider 81. 83). Hiezu
kommt das oben bereits erwähnte Particip xsTpr^/sTa ßwXov T 1393,
wobei die Femininform durch das Masculinum vertreten wird.
b) Adjectiva composita.
Eine eigene Femininform weisen folgende zusammen-
gesetzte Adjectiva auf:
'Ay/ia/v-^ A 1130, aber nur als Eigennamen, während
das Appellativ nur zweier Endungen ist: B 914 i-" x^('/j.£ko'j
OävGv ÖL7.-f,: B 160 Bäsv-f) . . ävyiäXw. Dieser Umstand ist einiger-
massen auffällig, indem Zenodot, dem unser Dichter so vielfach
gefolgt ist, bei diesem Adjectiv die selbständige Femininform
bevorzugte Schol. Hom. B697 cti Zyjvöocto; Ypäoc-. aYytaA-/;v t' 'Avipwva.
asixsX'r, A 340 T 753 A 637. 724 aca£A(o? B 1126 aer/.cAtr^v
A 5 wie Hom. z. B. p 357 äcacXi'-*;;; eirl ^/,po;. Doch braucht es
letzterer auch als Adjectiv zweier Endungen, z. B. t 341 asi-
7.iXu|) £vl •/.c'tY], was ApoUonios vermieden hat.
aOavä-ai; A 795 : tqs abv äOavata'.c r,k Ovr,Tr;C7'.v taJ:'.-^ ; bei Homer
schrieb Aristarch aOavärf|ai H 32, vgl. Hesiod aOava-ratc ce O^at;
E. 62. Doch sagt unser Dichter auch aOava-roq von einem Femi-
ninum A 872 wie Homer oft.
i'.ovY^ A 389: Tcepl se ccpiv atovr; /.v/.ts X'-^vj; nach Hesiod.
Th. 860 £v ßY^7(jY)(7iv a'.5v^? ; bei Homer kommt das Wort nicht vor.
ay.aixätrjff'.v £7:£ppü)ovi' iXäxYjc.v B 661 gleichfalls nach Hesiod
Th. 51 9. 747 a/.xiJ.ä-Y;^. yJptQci (Hom. hat ein Femin. überhaupt nicht).
äij-ßpcciv; zz[::f] A 430 'l»v aixßposiv; r/,£Ö£v a'jof, A 512, vgl.
z. B. Hom. 0 429 X[j.^jpzair, vjq.
526 Kzach.
äy.c './,•>/. y;v J{ 671 schon substantivisch g-ebraucht. as-tov B'
i-K'.oiopciJ.z. vjy.T! c-i'YY^?» o'f' ä|jLi)tAJ-/.r,v ;j.'.v avs^pciJ-^voi xaAecjs-.v nach
Hom. H 433 ä|j.5'.Xj/.r( vu^.
ai/s'.p'JTYj A 1305: Tv^vw iv «[j.s-.pÜTY; wie Hom z. B. x 50
rr,cii) £v ajj.s'.puTY) /. 325 A(r, £v «[Asipürf;.
ivT'.TTSpa'.av A 521 : v^aov s? av~'.-£px'.av, ausserdem als Adverb.
B 351. Homer kennt es nur als Neutr. Plur. ß 635.
axö'.pecjiv;; A 1478 aTueipscjiY) F 1044 a-sipEcrov A 159 ß 1242
A 124 aTus'.psdiYjffi r 1295 «Tcetpeat'a? A 143 nach homerischem
Vorbild,
apcfHo-Tf-j r 1075 : Y;vTtva Tr,vo' ovc[Ar,va? apiYvwrr,v veyauiav
naT'.axzr;;. Hom. (^ 108 las Aristarch pcTa t' äpt^vw-ry; TrsAstat.
auToiXÄTr^ cp'js vaia Tspaivv;? ä'vOsa tto'/^c A 1143 nach Hesiod
E. 117 sq. y.apTcbv o' ^(psps i^etowpoi; äpojpa aüioixd-nQ; Homer sagt
auT6[j.aTa'. -jXa-. iJ.6x:v E 749 0 393.
oivjspr-r/; A 954 auf v?;x bezogen, ferner ß 227 wo' al-^a
O'.-^ep'.a». TtOTsovTa'. ("\pTCJta;) nicht homerisch und hesiodisch.
O'.w/vUyit;? . . -/^zsipoto A 1258, nicht homerisch.
cop'.y.Tr,Ta'.c A 806: auiap A-/;;aotaj'. ocp'./.rr,Ta'.c -xptxjov, vg-l.
Hom. I 343, wo Aristarch oojp'.xrr^r/;'/ schrieb.
£'.vaXi-rj A 583: oa-vcio o' civaAiv; -y.ixöoc vgl. Hom. o 479
c?vaAi-r; y.Y^q s 67 y-opcüva; s'.vaAiai Kallim. z, B. Hymn. Del. 243
civäX'.a'. söiy.ai.
I
Ewu/tY) A 1063 seil. Y'J'''Ö; A 1225 "ApTe[j-'.v ivvjyjyjcrtv äet |j,£A-
-ecOai ao'.caT? vgl. Hom. y 178 (v^ec) swü/ca-. y.ix-iyo'no Hesiod
Th. 9 brij'/'.y.'. a-v.yz'K
£zr,,aäTia'. T 895 auf -(Dvodv.eq bezogen, nicht vor Apollonios,
dem Simplex Ti\)Ax:oh Hom. 1 72 nachg-ebildet.
£'jy.Ti[j.£vr^; t£ usAovTai Tpyj/Tvc; A 1355 vgl. Hom. z. B. -. 130
V^70V £'jy.T!|J,£Vf^V.
£J^£C:TY)5'.V £7:£ppiU0Vl' SAXTYjS'.V A 1633 Uach HoUl. H 5 £'j;£GTy);
rAxTrja'.v.
£uaT£ipr(C seil. vr,:c A 401 nicht homerisch.
s^'joaT'Y; seil. v'j[j.5p-/] A 1229 nicht homerisch.
^aO£-/;v A 933, wie oft bei Homer.
Y^YxOer^v A 308: Av.sv x/ q'fx^iir,^, A 1329 vr^^rr/y i? 'Axa-.iSa
wie Hom. z. ß. s 702.
y.atx/Osv'x'.c; seil. Öcf,s'v A 1413 im Geg-ensatze zu ojpavlatc,
nicht vor Apollonios. Homer hat nur das Masculinum.
Gramiiiatische Stadien zu ÄpoUonios Rhodiüs. Öj?7
iX£Ta-/pov{-/; ß 300 ("Iptc) 587 {rr,'k). L hat an diesen beiden
Stellen jj.sTaxOc/ir,, vgl. dag-egeu die Noten Merkel's ; F 1151
('^■jy;/;) [j.£-ca/povi-/;v A 952 (azxipr,v) 1269 1385. 1568. (v^x) • nicht
homerisch, aber hesiodisch, Th. 269 von den Harpyien gesagt:
[j.£Taypcviai y*? I'äaXov.
vr,YaTiY)c7iv . . . y.aA6ßY;!7'.v A 775; bei Homer kommt das Femin.
nicht vor.
Tiavr;[j,sp(v;v \ 1358: vr^jv ci ::3:vrj[.».spiV,v ävsjxc; ^ips, vgl, o 356
::avir;iJ.cp{r, 'fKy.z>Jzr, vr,'jc. Das Homer unbekannte Adjectiv '::3cv^[.;,spo;
jedoch braucht unser Dichter nur als zweier Endungen, wie
Kallim. Hymn. Del. 261 zavr,(j.£p:c \i\j.rq: \ 1015-^ 2' söscv Aaf-
(jiGGt -av/jtj.spo; ß 1191 Tiav/^ij.spo'. ("s-pa'.) F 251 -avv][j.£po; von
Medeia gesagt.
-avvj-/ia'. A 1304, vgl. ß 434 Trxvvyy(r, vr;^;.
TY;Xe7.A£VT7^v t' 'ApiäovYjv F 1097 das Feminin ist zwar nicht
homerisch, aber nach x';T/Xi(-rf £y.aTC[j.ßr( y 59 u. s. gebildet.
■:y;AUY£Tr,v ';z^((x'jiy.-/ ('V'i/'.7:j"A'/;v) A 719, L merkwürdigerweise
rr,"AuY£xcv 5 da aber Homer dies Adjectiv als dreier Eludungen
braucht, so ist nach dem Vorgange der Herausgeber jedenfalls
jene Femininform herzustellen, indem, wie wir sahen, Apollo-
nios überall diese Regel beobachtet, ja mehrfach selbständig
solche Femininformen bildet. (Ilom. z. ß. F 175 zaTca x£ ty;auy£tyjv
von der Hermione.)
'jTTcßpjy'Yjv (ßöjAsv) A 1757; in der Ilias und Odyssee kommt
dies Femin. nicht vor, wohl aber Hom. Hymn. XXXllI 12
-t;v (zp6[j,vrjvj o' äv£[j,5; ■:£ ]J'i\'x~ Y.ot.'. y.^i.y. (JaAxGff-/;? 6'^y.av ur.oßpjyirjV.
3. Zur Comparation.
Von den Adjectiven auf sc sind folgende Comparations-
formen zu erwähnen :
!j.£Gr:i; bildet bei Apullonius den Superlativ \i.iQX'.-y.-T^ A 999,
der erst seit Herod. IV 17 vorkommt (von der Locativform
[Xiia'. gebildet, die im homerischen [Ascat-TisAioc N 361 erscheint);
daneben bildete aber der Dichter selbst einen neuen Su])er-
lativ [j.tc'jQzoLxz'i A 649. Wahrscheinlich ward er hiezu dadurch
bewogen, dass ihm der homerische Superlativ £v ij.£ccaTw 0 223
A 6 den gewöhnlichen Formen nicht analog erschien.
(xJy'.o: (im Positiv nur B 742 ^jaawv -i -/s'.-?;s'. T'.vacso|X£v(i)v
[j.jy'7j7'.). Der Superlativ von einem einfacheren Stamm nach Ana-
f
1
r>28 Rzach.
logie von vsaxo? gebildet lautet \i.i)'/y.-z't A 596 (Masc.) \ijyivr^iz
A 630 \>-^VJ^-(i A 170 B 398 A 1243 ij.'j/aiyjv A 1625 [j-j^aTcov
(Neiitr.) A 1698. Diese Superlativform übernahm unser Dichter
von Kallimachos Hymn. Artem. 68 o 05 oü^axoc, iv. [>:jydzoiQ
sp/£Tai 'Epi).e.ir,q.
v£o;. Apollonios verwendet im Superlativ (der Comparativ
kommt nicht vor) nur die Form via-oq und zwar : veä-rw A 946
vsarrjq B 166 veaiv; A 313 vsaTr^cv B 320 vsaxa? F 1192, ausser-
dem v£iaTov r 763.
Von (pfAD; gebraucht Apollonios nur den Superl. j-fATato:;
B 457.
Unserem Dichter eigenthümlich sind zwei Superlativ-
bildungen auf cffTXTc; von Adjectiven, die eine andere Form
erwarten lassen. Wir lesen B 4 u-cpoiiXviecTarov zu dem vom
Dichter selbst B 110 gebrauchten Positiv 'jr.ipozLOz, wie von
u7:öpo7:A-/)£i(;, während doch das Simplex den regelrechten Super-
lativ zeigt oTtXÖTa-ov A 71 •äavo-XoTxxrjv F 244. Ebenso bildete
Apollonios den Superlativ Trccw/.YjssTaTcv A 180 zu dem Positiv
T.zo6r/:qq, als wenn dieser r:oow/.-r,c'.(; hiesse. Etwas Aehnliches
haben wir ja auch bei Homer, wo ß 190 der Compar. avtrjpeaTepov
zu av'.Y;pi; erscheint, wie dann später Antimachos äi^vetdaTaTO?
bildete zu asveicc Fr. 73 Kinkel.
Von Adjectiven auf c?, die die Comparationsendung '.wv '.aro;
annehmen, sind zu nennen :
•/.aXöq • der Superl. v.aXXcaTat B 41, ausserdem als Eigenname
KaAAt'cTr, A 1758 Ra/vAtcrr^v A 1763.
xuBpoi;; hiezu gehört /.jBicto'.o F 363 x.'jci'(7ty;v B 719.
o?7.-p6c, das selbst nicht vorkommt, bildet nur den Superl.
o'-xTicTw A 1296 obMozciq B 782, während bei Homer ausserdem
auch die Formation o?/.TpoTaTr,v vorkommt >, 421.
Zu j'^r^As? gehört der Superl. Ü'}(sto) B 1026, der bei Homer
noch nicht begegnet.
Adjectiva auf u:.
YAu/.L»;; hievon der Compar. vajxiwv F 815 wie bei Homer.
Ör/Aj; wird nach homerischem Vorbilde gesteigert: ör^X'JTspai;
A 368 6r;AJTEprj7tv A 1345 Or^XuTepac F 209.
Tcpeaßu? hat den Superl. zpsaßJTaTO? A 157 wie bei Homer
z. B. Z 26. In den homerischen Hymnen jedoch finden wir
auch einmal -ps'sß-.jTo; Hymn. XXX 2, was Apollonios vermied.
Grammatische Stadien zu ApoUonios Rhodios. ö2u
T:pr,tc bildet das bei Homer noch nicht vorkommende
•::pr,ÜTÄ-cc'J B 937.
xayjj;; hievon nur das Adverb -^i'/j-cxy. A 1243.
(1)7.6; zeig-t eine doppelte Steigerung-sart, regelmässig wy.JTepr,
A 847 (Homer nicht) w/.jtx-s; A 1017 (Homer 6 331), daneben
das Adverb w/.'.j-:a A 242 wie Homer x '^'^- 133. Homer be-
vorzugt die letztere Formation, während wxu-aToc nur an jener
erwähnten Stelle vorkommt.
An sogenannten anomalen Comparationsformen haben wir
zu verzeichnen :
Zu aY«6i;: a;j.£''vü)v A 58 oi\).zv)Z')x A 801.
apc(o)v A 1336 äpiisva (cwta) F 438 apeiw (Accus. Masc.)
A 901 ä'pstov A G65. 676 F 136. 399. 546 äpsiovs; B 801 äp'.axov
A 338. 1285 B 15 A 805 aptciy; A 1104 i'p'.7T:; A 231. 548
A 6. 1181. 1307 ipicTou; A 1351.
ße/vTiwv kommt wie bei Homer nicht vor, ApoUonios braucht
nur ßsATcpsv als Neutrum A 254 B 338 T 501 A 1255, weil er
nur diese Form in den homerischen Gedichten vorfand.
Von Aw'üjv finden wir nur das Neutrum Xw'.gv F 527 A 1102
wieder ganz nach homerischem Vorbild, z. B. p 417. Eine andere
Form hievon kennt Homer und auch Hesiod nicht. Daneben
ist aber eine Weitersteigerung' vom Comparativstamme im Ge-
brauch AojiTspoc F 850 AwiTEpov F 187, bei Homer nur das Neu-
trum in der Verbindung AW'xspcv y.x'. ä;j.c'.vov a 376 ß 341.
Endlich gehört zu yr(yfyöq der Superlativ ospta-ro; (derCompar.
«spTspo: kommt nicht vor) in sspxaTcv A 1593 sipTato-. A 1031.
1383 ; daneben einmal ©sptcTov F 347, beide Formen homerisch.
Zu y.ay.cc lautet bei ApoUonios der Comparativ nur y.a/.(OT5po)
F 421 /.ay-wTEpsv F 79. 910. 1082, während Homer sowohl diese
Form, als auch -/.ay-itov kennt. Der Superlativ kommt nicht vor.
Xepeiwv B 77 F 465 yi^v^jq B 1220 (Positiv yi^^^t F 403).
Zu [j,ay.pö? lesen wir nur den Superl. ;rr,/,'.cTov A 82 A 1364
(Hom. H 155 a 309), während Homer auch [xxy.pi-aTo; braucht.
]).'.y.pbz. Statt des homerischen Comparativs [j.ei'wv verwendet
ApoUonios eine selbstgeschafFene Weiterbildung- aus dem ge-
nannten Comparativstamme : lAc'.CTepo; B 368, die nach ihm von
einigen Späteren gebraucht ward, so Dioskoi'ides 17.
-o>.j;: -/.£Tcv A 472 B 343 A 864 TCAsiveaaiv A 339 -Ae'cv B 888 ;
der Superlativ: zas-stoio B 711 tXv.qxzk A 231 ■::X£T(7Ta B 471 zweimal.
530 Rzach.
pr;(s'.o;: pr^'l-cipov A 104. 629. 725 wie bei Homer.
Wie Homer, so braucht unser Dichter mehrfache Com-
paratioiisfüi'men, denen der Stamm eines Substantivs als Positiv
zu Grunde liegt und zwar ßac.XsjTspo.; A 1 102 (ßaaiAsüc) -/.spoiov
r 798 (-/.Hpoo;) -/.üvTspov V 1064 B 474 y.ivTspa A 921 -/.üviaToc
r 192 A 1433 y.üvTaxov F 514 v/jnoLTx A 1262 (-/.Jwv); vom Stamme
b-'kc (mit Aufgeben der ursprünglichen Bedeutung) o-XÖTspoc A 43
c~Koxipr, A 971 c-AOTcps'. A 175 CTrAoiepcov A 316 s-XoTSpoictv A 992
öuXoTspYjai A 693 c-XoTaxov A 71 xavc-AOTaTrjv P 244; pr,".ov B 430
A 402 p'Y'.aToc B 215 piYiccY) B 292 (p'-y). Positivlos ist auch der
Superl. -J:j.aTsv A 1082.
Von Adverbialstämmen sind ausser dem häutigen Trpcxspo;
gebildet:
von ;?: lüyy-zt B 1261 r.x^tiayxio^) A 308;
von TiÄpo;: Tcapstxspr, F 24 A 982 zapoitspov A 1146 F 179
und das Adverb -apot-spw B 425 F 686. Dem Comparativ
begegnen wir bereits bei Homer, nicht aber dem Superlativ
TrapoiTÄ-o;, den unser Dichter mehrfach anwendet: A 910 B 29.
610. 1122 A 494 (Schol. zu A 910 xapct'xaTo;. icv-t toj Tupoiepo;.
ea/'/jiJ-äx'.aTa'. Be aub toO Tuapo;) ;
von -ipa: TicpaiTs'pco B 425, nicht homerisch. Das Adjectiv
TTspaiTöpoc selbst hat erst Pindar Ol. IX 113;
von -j-ep : uTripTspo? F 989 u-iptspov A 196 G-epTspa A 682
'j-epTaxa A 362 TravoTrepTata'. A 1122; daneben 6-aTOu A 553 Girä-co
A 222 B 207 A 180. 1348. 1610 'jxaxov A 146. 282 O-ar^v A 506
UTTCCTWV F 1213.
Schliesslich ist zu bemerken, dass ausser den bereits
erwähnten AwiTspoc; [Asiöxcpoc und pY)iTcpoc auch noch ein vierter
Comparativ vorkommt, der eine Steigerungsform von einem
Comparativstamme ist, es ist das aus Homer herübergenommene
äolische sTzaaajtepoc V 579 sTrauajxipY] B 472 szaaaiciepoji; A 994
(ä'aaov A 702 und noch 4 Mal).
Nuuieraüa.
1. Cardinalia.
Neben |j.(a braucht Apollonios wie Homer auch die Form
Vrr. A 192, wie Homer z. B. LI 173.
Für die Zahl zwei finden wir nach homerischem Vorbilde
die Ausdrücke :
Grammatische Stnilien zu Apollonios Bhodios. 531
1. ojü) und zwar als Nomin. Masc. mit einem dualischen
Substantiv verbunden j'.c cjoj 'AXsoO A 163 uie g'jco «Pp'cou A 81
ii'.i cJd) {Bopiao) A 14G5 ; als Accus, Masc. mit einem Substantiv
im Dual : sjw ßis A 407 ojo) xa-jpw '/jx/:/.z~zci Y 495 ä'vope ojoj
r 1174. Mit einem Substantiv im Plural steht es als Nomin. Masc.
Süd) CISCO'. A 752 oj(i) j'.cc Bcps'xc A 1300 ß 273, im Accus, ojw
u'.ac ßopeas ß 241 cJw c' s-'t to-s'.v s-a-psu; F 178. Mit einem
Subst. Femin. im Accus. cty^Aä; -.e cjw y.aÖJTispOsv steu^cv A 1306
Kuav£:z; öiLiGÖs Suw B 318. Der Genetiv und Dativ kommen
nicht vor.
2. 0605 dies indeclinable Numerale findet sich (wie bei
Homer) mit einem Masc. Dual im Nomin. : aAAo) cüo r^T.oi
A 185, mit einem Femin. Flur, im Nomin. a'. (xb (-/cipcc) axo
CT'.ßocpcöv öjjxwv §60 (-/jcpc'öovTa: A 945).
3. p]ndlicli begeg-net öfter ocw und oo'.o-, und zwar das
erstere: Als No)ninativ mit einem Subst. Masc. im Dual: ä'vcp'
£vrjva[j.$vw ccoi) jj.iav (y.Xr,Toaj A 396 ulis co'.o) \ 735 ß 426 cco)
-raupt.) -/aXy.c-ocs T 409 j-e T£ ooiw A 1483. Mit dem Substantiv
im Flur, nur oz'm ot 7:okok V 161. Im Accusativ oo<x>i seil. o\z
B 490 und in Bezug auf äaTpavaACJc steht es V 123. Der Plural
co'.ci findet sich : Ic.yjz iy.äT^pOsv \\xTnxz ß 52 oo'.sj: vap -piTrccxc
A 529 a;j.3'7:0AS'. oo-.a- Y 870 oo'.a( 'z:poyoy.i A 311 Cv'.äwv auf -STpa;
bezogen A 1708 (noch nicht bei Homer) oc.^; seil. Yqzzuc A 330
OCX seil. aY5[^.xTa ß 853.
Ebenso wie cxo erscheint auch äij-^w nur in einer Form,
und zwar für alle vier Casus : Nomin. Dual Masc. allein A 39.
90. 103. 484. 1011. 1045 ß 264 F 360. 628. 660. 947. 1022.
1292. 1296 A 373. 378. 690. 1769 Gjva;x50) A 134, mit dem Dual
des Masc. 'ioxopt 0' «[/^o) A 188. Feujin. nur mit Flur, ß 565
a!j.50J ;i;.5j ;jv'.0J7a'. (z:£Tpz'.j F 25 äTcrcXiixeva'. oi [j.vj ä'[J.5a) 112 ä'|.».50)
~y.''. Y£ 248 AlY]Tao OuvaTpe; ä'iJ.sa) 708 ä'ij.jü) £-' aXX'/^XYj^'. Oscav y6gv
(Mr,5i'.cz und XaXy.-.c-r,). Im Sinne von y.y.'ii-ipc'. steht ai^sa) \ 1011.
1054 wie Homer ß 124. — Genetiv : twv ä'tj.^o) yvwt'oc -povivsaisps;
A I60 vgl. Homer y, 515 ojw zctxjxwv sp'.oijzojv, von ii^sw kennen
die homerischen Gedichte keinen Genetiv. — Dativ: aiäp rpüso;
iXXo ;j.iv a'j-rb; | ä;/;o) "/spsiv i'/rov ttste ci/j/'.s; A 1 169 nach dem
Muster im Hom. Hymn. Demet. 15 r, c' i'pa Oxij.ß-r^jas' wpsqaTo
'/tpch ä'i.' «'[x^ü) y.xXbv i:'0'jp[^.a XaßeTv (die Massaliotike hatte <I» 162
ccjpaj'.v ä:;j.i(o). — Accusativ: iy.ico r/s 7:£-rr,(]5":a: 1' 1312 mit dem
532
Ezach.
Plur. des Masc, aber »'(x^pw /sTce tteSw xat atepvov ipziaxq \ 1447
mit dem Dual des Feminins.
Neben Tpeiq (Osätov), das nur A 1347 vorkommt, braucht
unser Dichter in derselben Bedeutung auch -pwcxi: B 373
ayiooOvf ok ü6\r,eq rpiacai 'A[j.a2;ov(oa)v, was Homer gar nicht, Hesiod
nur in der Bedeutung .dreifach' kennt: Fr. VII 2 o'jvexa xp-.caYjv
YaTav kxocq T.:i-priq eoaaxvto. Das Neutrum rpt'a findet sich als
Accusativ mit r,[mm verbunden A 1057 ß 837.
T£C7(jap£q begegnet nur einmal A 946 (yßpec), dafür aber
viermal die äolische Form xicupsc, die unser Dichter neben
jener bei Homer vorfand: A 671 (TtapGevaai) B 1110 (allein als
Masc.) r 222 (xp-^VÄi) und 1367 (ävops; al^-rioi). Auch Kallimachos
gebrauchte rdaupaq Hymn. Artem. 105.
Sonst ist von Cardinalzahlen nur noch ouo-/.aiScxa I' 838
i^ 1386 anzumerken, Avoneben häufiger ouwO£y.a vorkommt A 1079.
1318 B 531 A 1221; beide Formen sind homerisch.
2, Ordinalia.
Zu erwähnen sind die Comparationsformen von diesen
Zahlwörtern, die unser Dichter nach homerischem Vorbilde
verwendet: Neben -pwTo? (A 363 und noch 28 Mal in ver-
schiedenen Oasusj finden wir •äpwTwrrj A 422 lo 7:ptbT'.(7T0v B 632
Toc ■iCpwTKJÖ' B 266 ; neben Träfj.xpwTOv (A 368 und öfter) xai^'äpio-'.ata
A 1693. Die Form zpimToq ist sogar häufiger als das einfache
TpiToc, indem dies nur im Nominativ A 74 V 516 und im Accusativ
ipiTov A 777 vorkommt, jenes aber im Nomin. Masc. A 53. 163,
dann in den Formen Tpaaic.) A 589 TpiTaiov ß 720 T 1340 tp'.TaxY)
r 224 ipiTäTY) A 244.
Der siebente heisst nur e^oi\).ix~oq in der Form ißoo[j,aT(i)
A 1223, der zwölfte nur oucooexato?, gleichfalls im Dativ Suto-
OcxotK.) ß 899, beides ist homerisch.
Pro 110 111 ina.
1. P e r s 0 n a 1 i a.
1. Person. Der Nominativ lautet ausser dem gewöhnlichen
e^u) vor folgendem Vocal in der ursprünglichen Form £ywv:
A 689 B 236. 290 r 61. 142. 177. 636. 788. 944. 976 A 194.
1021; die verstärkte Form ^^(uiyi lesen wir A 345. 840 B 483.
Grammatisclie Studien zu ApoUonios Rhodios. 533
634 r 470. 513 A 747. 835. 1370. Geuetivformen braucht der
Dichter folgende: e^AH^/ A 901 T 352. 904 ^ 30; iixsTo B 317.
487 r 93. 307. 310. 403. 477. 716. 721. 1112 A 383. 743;
besonders bemerkenswerth sind ausserdem drei Stellen : A 829
izoLzpoz e\i€io 0öavTC(; iy^oic, '•(ipxq 891 c/.r^-Tpä xs ■:ra:pb; £[j.£To Y 1076
fi T.a-phz biiz-'fniz icxiv e\j.üo. Statt des gewölmlicheren Possessivs
steht hier der Genetiv des Personalpronomens bei einem Substantiv
im Genetiv. Doch ist wohl darauf zu achten, dass dies einzig
beim Subst. TzaTpcc der Fall ist. Wir haben hier abermals eine
Nachahmung eines kritischen Vorgangs des Zenodot zu con-
statiren. Wir wissen, dass dieser an einer Reihe von Homer-
stellen (sicher S 118 a 413 'C 290 - 180) zaipb; kixv.o für ifj-oTo
schrieb, während Aristarch dies letztere las (vgl. z. B. Didymos
zu Z 118 £[JLoTo* c'jTw; Api'aTap/oc, Z-r;vöooTOc Bs £[j.£Tc, ouy. opOwc).
Aus der Beschränkung auf die Ausdrucksweise zaTpbq eixeio bei
ApoUonios lässt sich auch vermuthen, dass Zenodot X 458
nicht Tcatob^ e\).v.o, sondern wahrscheinlich eiJ.d'.Q las.
Ausser den genannten Formen verwendet ApoUonios
ziemlich selten noch i[j.e'j A 1343 ß 888 F 109 und nur ein
einziges Mal die schwache enklitische Form in der homerischen
Phrase y.r/.Auxs [jls'j A 1654.
Im Dativ wechselt, je nachdem das Pronomen stärker oder
schwächer betont ist, die volle mit der enklitischen Form.
Auch i[jLoiYs begegnet A 2.
Im Accusativ ist die enklitische Form die gewöhnliche,
ilj.i nur B 779 T 18. 464 A 249. 796.
2. Pers. Sing. Nominativ. Neben au steht das verstärkte
cJYc A 894 r 75. 135. 935. 1050 A 373. 825. Daneben braucht
der Dichter nach homerischer Weise die dorische Form tjvy;
(aus TUV--0) Ä 901 B 615 T 508. 940. 1109 A 88. 414. 1706.
Der Genetiv hat die Formen: cs'Osv A 283. 837 B 244.
438 r 291. 733 A 446. 748. 1751 csTo \ 286. 1097 B 636
r 80. 151. 1110 A 59. 371. 1087. 1199. P^in Genetiv atio bei
einem Substantiv im Genetiv (statt des Possessivs) wie ü 486
Zenodot schrieb ixv^aa'. 7:aTpb; iv.o kommt nicht vor. gzz A 1.
1291 B 415 r 688 A 406 7£u r 1080 an erster Stelle (c£u
£7:'.Ar,G£c0a'.) A 398 (thv/.x (i£5).
Als Dativformen erscheinen d;is durchweg oi-thotonirte coi
(-oi'yc A 840 r 703) und das enklitische ■:;(, welch' letzteres
534 Rziich.
nach unserer Zählung A 828 und noch 39 Mal vorkommt.
Selbstverständlich wird es daneben auch als Interjection ver-
wendet, z. B. r 188. 958. 976 A 279. 285 u. s.
Vom Accusativ ist nur zu bemerken, dass auch das ver-
stärkte ct{t sich vorfindet A 1598.
3. Pers. Sing-. Dieses Pronomen erweckt in seinen Formen
und Gebrauchsweisen bei ApoUonios ein besonderes Interesse.
In den ältesten Denkmälern der g-riechischen Sprache finden
sich noch Spuren einer Erscheinung, die in anderen stamm-
verwandten Sprachen, besonders im Slavischen, ganz gewöhnlich
ist, nämlich der Bezugnahme des Pronomens der 3. Person
nicht nur auf diese, sondern auch auf die beiden anderen
(vgl. Bi'ugman, ein Problem der homerischen Textkritik und
der vergleichenden Sprachwissenschaft). Ebenso schwankt schon
das ältere Epos in Betreff der Verwendung der singularischen
Form für den Plural. In Folge dessen trat bei den späteren
Epikern und Hymnendichtern eine ziemliche Verwirrung in
dem Gebrauche dieser Pronomina ein. Und hier ist es vor
Allen zuerst Apollonios, der seine eigenen Wege ging. Auch
die Formen des Pronomens selber stimmen nicht alle mit dem
Gebrauche des alten Epos überein, unser Dichter lässt hier
mehr denn sonst den Einfluss der zenodotischen Kritik erkennen.
Im Einzelnen liegen die Verhältnisse folgendermassen :
Genetivformen: 1. Bsv in reflexiver Bedeutung mit Bezug
auf a) den Singular eines Masc. : B 973 A 1084. 1764, auf ein
Femin. Sing. F 77. (lieber die eigenthümliche Ausdrucksweise
SU sOcV A 362 A 1471 siehe unten.) b) Für den Plural der
3. Person steht eOev A 279 als Genetiv des Reflexivs: oi or, tc.
vpa-j^Tj; zaTEpiov k'Osv Eipjovtat. Eine derartige Gebrauchsweise
findet sich im Epos vor Apollonios nicht, doch mag unser
Dichter sich eine Stelle aus den homerischen Hymnen, wo der
Accusativ desselben Pronomens i im Sinne des Plurals sje
verwendet ist, zum Muster genommen haben Hymn. Aphrod. 267
(Baumeister athetirt freilich den Vers nebst dem folgenden, be-
sonders auch an dieser Gebrauchsweise des Pronomens Anstoss
nehmend).
2. zh. Dieser Genetiv steht reflexiv für die 3. Pers. Sing.
A 460 o'.cO'. o' avT'.y.pl) jj.sttwv r,z'.pr,aoL-o p.öOc'.c v.o -/.actYVY^rr,; ^ ausser-
dem für die 1. Pers. Sing, aü-ip svw^s £'.o [xsv ouS' i^ßatbv arj^ciAat;
Giaminatjsche Studien zu Apollonics Rbodios. OOO
in den Schollen uaachl die Glosse «vtI sjjia'JToy darauf auf-
merksam.
3. io'j, nur an einer Stelle A 803 zzi[).y.-:'. [):q t'.c zz'j avTx;'.:;
öTkkzc iwiGcoi mit Bezug auf die 3. Pers. Siug. Die dem epischen
Sprachgebrauche nicht angehörige Form sou ist eine Nachahmung
der zenodotischen Schreibweise im homerischen Texte B 239
c; y.a; vijv 'A/iX-^a soi (Aristarch io) [tA^ «[ASivova 9WTa; Schob hiezu:
CT'. ZrvioOTOC Y5XSS'. scu • touto os cuvapöpov xa; cuv apu.cJ^ov to) aöyw;
Vgl. die Schob zu T 384 r, 217. Das Schob zu unserer Stelle
bemerkt übrigens auch -h ko'j i-n': toj es.
4. iolc. Diese merkwürdige Form begegnet A 1032 aXXa
[x'.v A'jovtsr,; T£Tpa[j.p,£vov 16b; eoTo ■^rX^^sv £T:a(;a; sr^Oo: |j.£cov Schob
hiezu (bei Keil unter A 1040) to oe soTc vjv y.xy.wc y.cT-o:'.. e'--'.
Y^tp -pc^AY;^!^/."^/ '.croSuvÄfxo'jv tw sx'jtou. B 6 :a~' erl y.al C£'!v:'.s'.v
dtity.sa ÖEjjxbv £Or,y,iV (X'/^tiv' aT:oaT£iy£'.v -plv zi'.pr,axz(i3i.i koio '!:j^(\).y.yiriZ.
V 1065: Nachdem Medeia dem Jason die Mittel zur Erlangung
des Vliesses angegeben hat, heisst es: w; dtp' i^Qj "'■*' ^^T^ TzcoCr/
■Kipoq CGGS ßaASJsa | Beszsjisv A'.apolsi '::apr,t5a ox/.pu!;'. Bsuev | [j,upo[AEVf,,
ö t'' i\i.eXKVJ a.T.6~pob'. tcoaaov solo ttcvtcv e-fKAacYCccOat; Schob hiezu:
ecio] Tr, y.TYjT'.y.vi avTt ty;; •^pcoxoTu-ou. itj-sTo y^P [''-^''] '^'^^ '0? "'^ ay.ÖAOjöov
£'.0 av-1 abr^c. F 1335 tvjAs S' ioTo ßaAASv apY;pc[j,£vrjV ale\ y.axa ßtoXov
ooovia; £VTpozaA'.iIo[7.£vojc (Jasonj. A 782 heisst es von Hera, die
zu Thetis kommt : r, o£ [j.tv äacov icTo izapsiai ~e cpaTve te [j.wOov.
Dieser Genetiv wird also durchweg in reflexiver Bedeutung
mit Bezug auf die 3. Pers. Sing, gebraucht. Die Form selbst ist
eine Missbildung. Ob sie Apollonios, wie Merkel Prolegg. LXXX
vernuithet, von Zenodot übernahm, ist darum sehr fraglich, weil
wir überhaupt nicht wissen, ob Zenodot irgendwo diese Form
angewendet wissen wollte. laicht unwahrscheinlich ist es, dass
der Dichter von jener nach Zenodot angenommenen Genetiv-
form eoj ausgehend selbst soTo bildete nach Analogie der Gene-
tive der 0-Declination, deren Endung bald o-j bald oto ist.
Darnach mag er nach Bedürfniss sich eoTo neben eoj gestattet
haben.
5. cu. Diese vor Apollonios in der Sprache des Epos
niemals vorkommende attische Form lesen wir zweimal in der
Verbindung oO IOev im Sinne von au~oO söev an erster Versstelle.
A 362 Tciw; z' aJ v.xl ßoj[j.bv izäy.T'.cv 'E|j.ßa7'!o'.o | 6£(o;j.£v 'AtcoaXiovo;
5 [j.z'. '/^pvM't 'j-ilty.-zz I zr^]J.T)iv^^ oe(;£'.v te -rripcu; iXb;, v. y,t OüT,AaT; |
536 Rzacli.
cO eOiV e^ipyMij.y.: asS/.s'jtov . ßacrO.v;'. A 1471 [xijj-ßAöTO -^dp o'. \ su sOsv
3:|j-<p' siapoio [j.£i:aAAv;axi la Ixacta. Eine Glosse hiezn bemerkt:
avTt lauTou. Auch in diesem P'alle folgt unser Dichter Zenodot,
der Q 293 {= 311) statt der regelrechten Form eu oü schrieb
Schol. xai £'j -/.pdzoq hv. [x^yictov • cxi Z'/)voootoc yP^T^^ ^-^z' ^^' -^'^i
Ss avirl Tou iauio'j y.al aStocfpopoc 6 AGycc; an zwei anderen Stellen
schrieb derselbe Kritiker oü, wo Aristarch so setzte T 261 £ 459
(vgl. die Schol. zur letzteren Stelle, die Restitution durch Düntzer,
Zenod. 58).
Der Dativ lautet: 1. kol und zwar a) mit Bezug auf die
3. Pers. Sing. A 460 evO' aOt' AiaovtB-fjc [j.v/ iij.qyxvcz ih ioi auxw |
T:op!pijp£a/.£v ixacxa •/,aTY](pt6ojvT!. eoix,ü);. b) für die 1. Pers. Sing. V 99
[;.£T£7C£tTa y' d-£;xßoi[j.r(V £oT aui^. Das Schol. bemerkt (Keil zu 98) :
xb 0£ £oT ou/, £'j •/.£TTai (spätcr hinzugesetzt: avtt tcj ijj.ot yotp Aajj,-
ßävExai). c) Für die 2. Pers. Sing. A 893 p-^ioi'wc o' olv IcT y.al
aTCEt'pova Xabv ayEipaic | ä'XXwv iz. tcoaicov ; £oT hat L, darüber steht
TOI, weil dem Abschreiber der Gebrauch offenbar ungewöhnlich
vorkam. Dem Schreiber von G war die Sache noch unklarer,
er schrieb £cTo, aber dies zeigt klar, was in der Vorlage stand.
Daher beging Brunck einen Missgriff, indem er toi in den Text
setzte; vgl. Gerhard Lectt. Apoll. 93 Brugman a. a. O. 80. Auch
hier tadelt das Schol. die Ausdrucksweise : pYjioi'o); o' av £;• •
ßouA£-ai Xe^eiv paotw; o' av cauxw xal -o'auv dbpoi(7y.q hai'K ohy, £j o£
£6-r)7,£v tb £oT • £CTi yäp TpiTO'J TTpocTwiTOu orfkbi-iiv.o'f, tb; aap' 'Oij,-/^pw •
OTp'/jpouc ÖEpalTTOv-a? eTTitJTrdciSai kol aÜTW.
2. oi. Diese Form ist ganz gewöhnlich. Nur eine Stelle
ist bemerkenswerth. F 5 schreibt Wellauer tw y.ai ol izrjpaTov
cijvo[j.' avvjTCTai. Hier soll ci = coi sein mit Bezug auf die vom
Dichter angeredete Muse P^rato. LG haben to». Vat. B von
2. H. (nach Well.) ao-. Wellauer einigen Codd. und der Vul-
gata folgend, vertheidigt seine Schreibung : ,nam ol significat
tibi ut supra I 893 bT, ubi item libri nonnuUi toi praebent.
Haec vero lectio praeferenda est, quia non facile potuit a
librariis proficisci^ Wie man sieht, missverstand Wellauer ganz
und gar das Wesen des Gebrauches der 3. Person für die
beiden anderen. Dies war nur in reflexivem Sinne möglich,
da sonst die heilloseste Verwirrung eingerissen wäre.
Der Accusativ £ bietet nichts Erwähnenswerthes. Neben
diesem braucht Apollonios öfter [j.(v, so für den Sing, des Masc.
Grammatische Studien zu Apollonio-; Rhodios. 537
z. B, A 5. 41, das Femin. z. B. A 782. Allein dies Pronomen
wird auch als Plurale verwendet = auiouc und zwar ß 8 xat
CS TST£ -poxl Yr,a y^wv, y^pe'.il) [j/.v spssOai | vauTcAi-/;c, cT t' sTsv, G^ep-
ßaciYjciv at'.cffcv ('Ä[j.i»-/.oc), toTov o' iv TravTSCo-i ■Kapac/eobv i'xsaTO |j,uOov.
So lautet die beste Ueberlief'erung (LG). Die Codd. Regg.
A. C. und Viud. p.iv, was durch Unverstand der Abschreiber
in diese Hdschr. gerieth. Auf beide Lesearten beziehen sich
die Schol. in L: ijli'v las der Verf. des folgenden Schol. : xb
(X'.v evtxbv avTt ■::A-/]OuvT'.xcij tcj auTou;, xohq r,pu)OLq-^ [).vf aber liegt zu
Grunde dem Schol. : y-ccI ok tots. o voüc, y.at -öte 5$ Tupbc irjv
vaüv sAÖwv Toü 1J.SV xa Tupbv; xy)v /psi'av TuuOeaÖat xou tcAou xouTso-xt xi'vo?
5(p£tav e'xouct y.at xiveq eictv, -^spov-i'aTYjaev, xoiauxa Se zpbq auxouc ciTcev.
Die Schol. Paris, enthalten geradezu noch die Bemerkung:
dvxt Ss XP-'^ ?--' TCOAAa xöiv avxiypa^wv /petw [J-iv s'/ct •/i[j.apx-^(;.£va.
Zu jenem erstgenannten Scholion ward aber offenbar von einem
andern Scholiasten, dem [jm'v als Plural nicht behagte, hinzu-
gefügt: Büvaxai §£ y.al svty.bv civa-.^ Ivx Tzzpl xou A[j.'jy.ou Aaßa)[j.£v *
£§£[ yap aüxbv xbv "A[Ajy.ov epon^cat xob;; v^pwa?. Diese Bemerkung
ist läppisch. Nichts zwingt zu der Annahme, dass Amykos
selbst die Argonauten hätte befragen müssen. Der Zusammen-
hang erfordert klar [xtv als Acc. Plur. zu fassen. Statt die
Argonauten nach ihrer Fahrt und Herkunft zu fragen, wie er
es schicklich hätte thun sollen, thut Amykos ihnen sofort
Schmach an. Ein Object ist durchaus nöthig, bei axiccsv steht
keines, weil es in der vorausgehenden parenthetischen Fügung
schon ausgedrückt ist, eben unser i)h. Hätte der Dicliter {jA-j
geschrieben, so müsste jedenfalls ein Object bei axtac;£v stehen ;
dann würde übrigens die ganze parenthetische Ausdrucksweise
sehr auffällig sein, und wir würden bei axtccsv ein os ver-
missen (denn das folgende oi hinter xoTov ist ein anreihendes
und verbindet axiscsv mit r/.oaxo).
Die zweite Stelle, wo \jh für einen Accusativ Plur. =
auxou; steht, ist A 1209 cy; xoxe (jitv ßasiX^ot; £Oij xpo[j.£ovxa; vn-Koiq \
ciyßa^ [/.siAi^avxo suvv^jxovag. L bietet merkwürdiger Weise oy; xöxe
By^, G die angeführte Leseart (so auch Ivaur. 16 nach Merkel),
vgl. übrigens die Note Wellauer's z. d. St, Schon W'ellauer
sah richtig, dass das zweite er, nui- an Stelle des unverstandenen
[xiv eingesetzt ward. Auf Alkinoos lässt sich \j.iv kaum beziehen,
da sonst der Dichter nicht ßxaiX-^o; ioO gesagt hätte, welches
Sitzb. d. phil.-hist. Ol. LXXXIX. Bd. II. Hft. 37
538 Rzacli.
Proii. liier (wie an andern Stellen) für das phiralische steht.
Gerade die Nachbarsclialt der beiden sonst für den Singular
gebrauchten Pronomina spricht dafür, dass das eine eben so wie
das andere gebraucht ist, d. h. als Plurale.
Dagegen ist A 941 "Apv.-(.<y/ [j.'y y.aAsoujtv cpcc ■jrsp'.vatsTäovTi;
der Accus. [J.tv nicht nothwendig auf den vorausgehenden Plural
x/.-al a.[j.(iio\j\).oi V. 939 zu beziehen, sondern er ist ganz allgemein
neutral zu fassen : ,das Arktosgebirge nennen das die Anwohner^;
Merkel weist richtig auf Hom. E 306, obzwar er selbst Proll.
LXXXI die Möglichkeit annimmt [j.(v als Accus. Plur. zu fassen.
Fragen wir nach dem Beweggrund weshalb ApoUonios
[xtv auch als Plurale verwendete, so ist es wieder ein Vorgang
des Zenodot. Schob Hom. K 127 sv fjXoLy.eca'. ha. ^dp (7cp'.v] cti
Zr,v6oOTo? TP^?^' '''■'* T'^'P V-'-''- '^^'^'^ ^- -''•'^''^'^ "^'^ [xiv, ßouXstai Ss o tto'.-^-
x-qq Bta xoü ctplv auToTc Gr,iJ.-^vat. O'.b y.a\ k^r^q kitioipei ,7.£ivo'J? Ss y-'///-
ao[j.£6aS Wohl linden wir auch sonst bei Homer \jh scheinbar
auf einen Plural bezogen (so ■/. 212 p 268), allein da ist er als
Einheit zu fassen und es waren deshalb diese Fälle für unseren
Dichter gewiss nicht das Muster.
1. Pers. Plur. Der Nomiu. r,\j.zic steht nur B 1152 am
Versaufang. Häufiger sind die Casus obliqui : Genet. ri[j.i(>r/
Ji 152 mit Synizese, und yji^.suov A 339, LG zwar jij-siwv, doch
vgl. die Note Wellauer's. Im Dativ begegnet uns sowohl die
orthotonirte Form y)[xTv B 414. 882 A 1378 als die schwächere
l)\).'.v mit zurückgezogenem Accent, wie die Schreibweise von
L an vier Stellen ist (B 1047. 1278 T 487 A 451); die übrigen
Fälle sind bei kurzem Ausgang in L Perispomena (bis auf
f,[ji.w r 1111), wobei also der Accent statt auf die erste auf die
zweite Silbe gerathen ist ; jene oben genannten Stellen weisen
darauf hin, dass auch die übrigen Fälle als Properispomena
und nicht als Oxytona zu betonen sind. Die Stellen sind A 420.
897 B 616. 787 r 483. 1111. — Der Accusativ weist nur die
offene Form 'OfJi.sac auf, durchweg ohne Synizese : A 866 B 439.
612. 1222 r 328. 995 A 499. 1252. Mit Ausnahme von B 439
1222 steht es an der Spitze des Verses.
Ausser von den genannten Formen macht unser Dichter
auch von den äolischen äy-jj.'. und öi\).\).z nach homerischem Vor-
gang ziemlich ausgedehnten Gebrauch und zwai- y.\i[j.'. \ 337.
820.' 837. 921 B 22. 228. 248. 1133. 1160. 1193 V 359. 492.
Graminatische Stntlien zu Apollonios Rliodios. 039
559. G40. 713. 777. 784. 1082. 1101 A 501. 1262. 1415. 1435
iV.M.£ A 6(30 B 892 T 323. 1129 A 1354. 1373. 1675.
2. Pers. Plur. Nomin. 0[xeTc A 827 B 210. 212 Genet. up.iwv
mit Sjnizese A 665 (L das metrisch unmögliche jiaeiwv) B 796
A 1031 JH-sitov B 1139 r 92. 989 A 196. Dativ. u|j.'v A 440
(Versanfang) und JiJ.'.v opiiipvi (Versschluss) F 314. Accus. \}[).ioi.q
B 1128. 1183 r 261 A 84. 1046. 1352. 1383.
Ausser diesen Formen sind die äolischen zu nennen :
W-s; nur A 195 wt A 677. 686 B 11. 311. 388. 802 T 91.
104. 172. 494. 545. 562. 727 A 257. 861. 1038. 1582. 1654.
1776 uix[;.£ B 637 A 1328. '
3. Pers. Plur. Für den Genetiv linden wir zweimal a^s'or/
A 980 (orthot.) F 230 (enklit.) am Schlüsse des Verses, mit
Synizese ; daneben ebenso oft cseiwv A 766 F 966 im Innern
des Verses. Der Dativ lautet csi'st (24 Mal) und croji (40 Mal).
Hervorzuheben sind hier nur die Stellen, wo c^istv für eine
andere als die 3. Person gesagt ist: für die 1. Pers. Plur.:
B 1278 KoX/ioa ij.kv or, -^tt.xv ty.ävo;j,£v i^os pseOpa *Piciooq ■ ojpy; S'
r,\t.v/ £V[ csi'ct jj.YjT'.äaaOa'. zugleich mit reciproker Bedeutung.
Ebenso F 909 o&pa tx ij.sv oaacp.ecOa [).t~oi. ac-itjiv, z.'( y.sv oTcac^Y] owpa
!S£pcov. Medeia spricht von sich und ihren Dienerinnen. Reci-
prok ist c3/i(7'.v von der 3. Person gebraucht B 127 Ta ok ((x^Aa)
■rravTsOev ax>~Mc CTcivovtat ttiztovtx r.zpl ^c-ic.v. Das Schol. maclit
hierauf aufmerksam : sos; zl-zh -£pt äXXr/Aoi; -(Triovca, oü ^;xp rspl
ixjTx. TS o£ a;j,apT/;[j.x twv |j.c6' "Oij.-^pcv. Ebenso statt des dualischen
Pron. (mit Bezug auf ai^-ow, Jason und Medeia) F 1023 bxk B'
auTic £-1 ciia: ßäXXov ö-w-ac. — Im Accusativ ist neben den
häutigen Formen so* (10 Malj und 7s£a; (^theils enklit. theils
orthoton. 13 Mal) besonders zu nennen der orthotonirte contra-
hirte Accus. Goiq aÜTOuc B 959 an der Spitze des Verses. Ob-
zwar Homer nur das enklit. sca; kennt (E 567 y.£Ya ii. zfxc
azos^r/Ac'.c r,zvo:o), so ist gegen das Vorkommen dieser Form bei
Apollonios kein Bedenken zu erheben (wie es z. B. Spitzner
de versu Graec;. her. 190 that). Denn der Dichter folgte hier
offenbar der hesiodischen Stelle Th. 34 ssac o' tjtxc -pwxov -c£
■/,at öataTov a?£v aet'oEtv.
Dualformen des Personalpronomens finden sich nur von
der 1. Person: Nomin. vöä-. F 944 Dativ: vöv.v B 250 F ,56. Wir
haben sonach keine Gelegenheit zu sehen, ob Apollonios etwa
37*
540 Rzach.
Zenodot's Schrulle vcöiv auch für den Accusativ zu verwenden
billigte. (Vgl. Ariston. zu 0 377 X 216, Düntzer Zenod. 57).
Eine eigene Form für das Reflexiv kennt ApoUunios
ebenso wenig wie Homer, er hielt sich genau an dies sein
Vorbild, obzwar schon bei Hesiod Th. 126 (u. s.) sich die
besondere Reflexivform findet. Soll das reflexiv gebrauchte
Personalpronomen stark betont werden, so steht eben nur auiö;
dabei: so eij.ol aÜTw \ 395 [xot aÜTW F 171 i\j.k 3' autöv B 1156
TOt a'JTw r 485 cio t' auT'^? T 701 aot y' auiv) A 840 col auTY, V 34
£iv koi auTw A 460 ol aÜTw A 1189 T 594. 626 a^ac autou; B 959;
mit Voransetzung des auTo; nur selten: auTr,v \).i T 1113 aüxoTo
aeOev F 331 xutojv o' u[j.£{ü)v A 196.
2. Possessiv a.
Ueber die Pron. Possess. der 1. und 2. Pers. Sing. £[j.6?
q6q ist Nichts zu sagen. Neben cöz braucht unser Dichter nach
homerischer Weise das Pron. tsoc und zwar viel Öfter als jenes,
nämlich 24 Mal, während oiz nur 13 Mal vorkommt. Die
Formen von teö? sind: Nomin. A 489 F 1101 A 811 tsoj B 615
A 813 T£u) F 85. 734 t£6v A 464 F 331. 348. 387. 1043 A 1026
T£v^ A 368 Tef,q F 722 ts-^v F 486 t£wv A 1295 A 89. 1741 t£o;c
F 4 A 1745 T£o6? F 713 T£f,ac A 281 -tdq A 415.
Von grossem Interesse ist jedoch die Verwendung des
Pron. der 3. Person. Es erscheint in den Formen :
1. izq. a) in Bezug auf die 3. Pers. Sing.; hier ist nur
ein Fall besonders hervorzuheben. Die Ueberlieferung von
A 225 lautet in L: l(i^i[).o'j ri£X(ao S6jj,o'.c; evi -Tra-pbc ivjoq; dieser
Leseart der einen Handschriftengruppe steht die von G gegen-
über : 'rraxpb? kolo. kffic kennen die Schol. Paris. (Wellauei- zu
A 224 am Schlüsse) : TauTa Sl So/,£i xal 6 ATuoAAwv'Oi; ahn-i:i\iv>oq
AEyeiv, OTi O'jy, tj6£As pAiiyd^ev/ £v otoixacji TCaxpbc i'^oc, w«; Syjaovöti toj
::aTpb; TTE'iOovxo; (xsvsiv. Es ist die Frage, ob das Pron. soTo oder
der aus den homerischen Texten bekannte Genetiv krfiq die
genuine Leseart sind. Diese Form war schon den alexandri-
nischen Gelehrten nicht klar, was für ApoUonios ein Grund
sein musste ihr aus dem Wege zu gehen; wir finden sie auch
nur au der einen Stelle und auch da nicht in der gesauimten
Ueberlieferung, was von vornherein bedenklich machen muss.
Hiezu kommt der gewichtige Umstand, dass Zenodot, dem unser
Grammatische Studien zu Apollonios Bhodios. ö4:l
Dichter ganz besonders in Bezug auf die Pronomina gefol^^t
ist, die Form ir,oc in den horaer. Gedichten perhorrescirte.
Auf der anderen Seite wissen wir, dass es besonders
Aristarchs Bemühen war, diese Form nach Kräften im homer.
Texte zu halten, wenn wir auch nicht zugestehen können, dass
er sie, wie Brugman a. a. O. meint, überhaupt nur zweimal
bei Homer vorfand, an allen anderen Stelleu aber für ioh ein-
setzte; vgl. Hartel's Recension in der österr. Gymnasialzeit-
schrift 1876. Gerhard suchte (Lectt. Apoll. 93 sq.) die doppelte
Ueberlieferung so zu erklären, dass er kf,oz der zweiten Recen-
sion der Argonautika von Seiten des Dichters zuschrieb,
während in der ersten Ausgabe hh gestanden sei. Doch man
muss fragen, was ihn hiezu bewogen hätte; das Umgekehrte
Hesse man sich allenfalls gefallen, indem man annehmen könnte,
er habe das in den homerischen Texten vorgefundene kf,oc
wegen der Schwierigkeiten, die dieser Ausdruck in gramma-
tischer und sachlicher Beziehung bot, nach Zenodots Vorgang
in das naheliegende kdlo geändert. Doch spricht auch gegen
diese Annahme wieder der Umstand, dass Apollonios Ueber-
lieferung sonst öfter 7:aTcb; loTs, wie Zenodot schrieb, bietet
(A 667 B 475. 656 A 801. 1162), ohne dass wir auch nur
einer weiteren Spur von ir,zz begegnen. Demgemäss, glaube
ich, ist auch an der obgenannten Stelle die Ueberlieferung des
Cod. L kffOc nur als eine nach den aristarchischen Schreibungen
im Homer in den Text eingedrungene Glosse aufzufassen,
während der Cod. G die genuine Schreibung des Dichters dar-
stellt. Diese Ansicht, i^o; rühre nicht von Apollonios, theilt,
wenn auch nicht ganz entschieden, Merkel Proll. LXXXHI,
entschieden Brugman a. a. O.
Ausser in Bezug auf die 3. Person Sing, wird es; (wie
das Personale) auch für den Plural dieser Person, dann aber
auch für die anderen Personen und zwar sowohl im Singular
als im Plural angewendet ; und zwar
b) für den Plural der 3. Person, statt c^i; oder asiizpzz :
A 617 sü/. 012V Tjv ~fiZ'.'i £o'u; s'ppa'.aav x/.oi-az ajjis' sjvy;, zäv 5'
ä'p7£v 5|j,oij ^{i'ioz. A 1113 toTg'. CS Myy.p'.iot: r/.s-'.xl y.at t.S.gx Tzpair,
Qpr,i'/J.r,c £v! yzp<sh ioTc -pousaivcT' loicöa-.. Das Schol. tadelt hier
den Gebrauch von kylz: x; es /epctv iai; ijx £u sl'pr,)C£7 • w^eiXc
7ap (j(p£T£pa'.;. B 36 xjv.y.x V £7766'. /wpsv eaBixa -a7:Tr,vavT£(; uov
04:Ij Kzacll.
eohq l'.yx 7iTny.q vA <\oL\).yfyy.z<:t i-ra-pou; B 452 aisv ;[xä)C sopeovtc;
kriq caio \j.y.pT/ icwov;? B 513 v.T. ij-'-v süiv [r/^Xwv öeaav -J^pavov T 167
■Jjpwec; B' a-avcjÖ£v irjq, im afky.oia^ Yr,öq ! ev -o-a|j.w y.aO' IXos; XeXo-
yr,\}.v)0'. r,'(cc6byKo Schol. : Be: cksiv c^-^;, Vv' -fj tv;; eauidiv (Laur.
ou) To §£ kf,q iav. r/jc sauTOJ. T 327 aXX' o^y' ävopsc aTd^Kaoa^i eSa-
TcoßavTsc I vY;b; i-^? xpoTspw evt ■Jjp.aTt. Schol. tadelt abermals diesen
Gebrauch: vr;b; iv;? TupOTspw • xr/.tjj; xb r^(; eni TCAr^Oouc. äsTi ^ap
£Vf/.cv, £§£1 Ik siTTsTv acp£-£pYj;. T 591 OKQ'. i;,£[ji,-/jA£v ! o6v£{oi>; £tc1 '/Elpa
r/jv /,T£XT£5aiv a£tp£tv r 1375 o\ 8' £tc1 ^(aHoL^i \ \v<]iipa. tjTtttov ioTc uTib
Soupaciv i^uTE TC£!jxa'. y) cp6£(; A 235 Ttajav £y;v 'j7:cli^(]j.vK'. iVr^v A 484
KoAxt'Soq «7x66-. vr/cc £r;v zapä v9;a ßäXovTo -^pwcc A 1089 X(-^v yap
S6c^-/]Xo'. iaT? £Trt Tuacui Toy.-^£c A 1113 ayvi^t^av Ss ^(wa\v.zq I aixspizoXot
oeaTioivav £y;v [XETaroiTivuoujai A 1029 Br, TbT£ ij.'.v ßaacX^o? £0Ü xpc-
[Asovxa? ivixac ce/öa-. [j.£'.X(^avTO auvi^t/ovac; A 1301 r^ ot£ /.aXa vaovTO?
£tc' 0(pp6t7'. nay.TcoXoTc | xuxvoi /.ivYjuwa'.v ibv [j-eXo;. Die älteste Vor-
lage für diesen Gebrauch von töc, ist Hesiod. E. 58 w /.£v azav-
T£(; T£pT:(DVTai y.axa 6up,bv £bv xay.bv aij-saYaTcäivTEi;, worüber ApoUon.
Dysk. ■äcp: avt. 403 B bemerkte : 'Hciooo? (zävToi £'n;([i.£jj--TÖ? laitv
£'7:wv Ibv /.ay.bv a;j.9aYa7rwvT£c, £v lo ivr/.w avil '::X'oOjvT'y.oij E/p/j^ato.
Zugleich weist Apollonios Dysk. auf zwei Beispiele aus Kalli-
niachüs hin: Mouaat |x'.v (so Schneider Fr. 420 statt des über-
lieferten vt'v) £0^ £•;:: xavvbv £Ö£vto ; das zweite Beispiel ist aus
den Aitia Fr. 11 (y.oOpo'. xbv ^'.XEOuaivj ko-t oi p.'.v (so seit Ruhnken
für [j-oi) oia ^(o')r]y. (yv.pot ii:' ohdr^/ äyp-.c ä'YOUcr'. ö-jpvjv). Der
genannte Grammatiker fügt hinzu : oeov Yap J'/cv y.a- (1901;. Der
Gebrauch bei Kallimachos scheint für unseren Dichter den
unmittelbarsten Anstoss abgegeben zu haben, auch seinerseits
das genannte Pronomen in derselben Weise zu verwenden.
c) £0; steht für die 1. Person Singul. B 226 xXXä v.t peia
auTc; £bv \e/J.%z:iJ.'. vbcv o6p-oio i).ti):r^/Mc,. In L und G steht allerdings
S[a6v statt iiv, allein die Schol. Laur. haben die ursprüngliche
Leseart bewahrt: (Keil zu 225) v.t/m; Bk -0 iiv Tiöcty.ev avTt -oj
i[f.i'/ £'-(l)v. Das ursprüngliche i:v hat denn auch Cod. Vat. A.
Das Schwanken in der Ueberlieferung erwähnt die Bemerkung
in den Schol. Paris, zo zk k\j.y^ \'pxzie-:x<. 01 y.xl ibv. Die neueren
Herausgeber schreiben demgeraäss auch richtig iBv. Auf die
Hinfälligkeit der von Brunck für Ej/dv vorgebrachten Gründe
wies Biiigman hin a. ä. O. 80 Note I, vgl. auch Gerhard Lectt.
Apoll. 93 und Wellauer zu d. St. Ebenso ist nach Brugman's
Grammatische Studien zu Apollonios Rhodios. 543
Vorschlag dasselbe Pronomen herzustellen B 776: iO ^;xp lyti)
[^.'.7 Aacx'JAO'j £v [xz-^fipy.Q'. -/.aTa'J-öO'. zatpc? ioiz O'.o' scrwcov ; L ioTo
mit von anderer Hand überschriebenem (jl (siehe Merkel). Eine
Zweideutigkeit war nicht möglich , da die Argonauten wohl
wussten, dass Daskylos nicht Herakles' Vater war, weshalb
icio nur auf den Sprecher Lykos gehen kann. Brunck, Well-
auer und Merkel schrieben i,u.oTc.
d) iic steht für die 2. Person Singular B 634 z-j o' cüixa-
psw; aY^pcücic cbv irjc '^^yr,q aXsYW' '-i^^P T 140 ärap cl' [x'.v iaTc ivl
ytpol ßäAoio aatrjp wc, oAsvsOovTa IC 'qepzc i/.xbv !,'-/;-'.v, Schol.: ioet
-eaT; ä'.TcsTv. F 511 il o' oj t:-. [xxXa fJjiJ,5; ir, £-; izi'f/y zs'äoiOcV
Ti'/opir,. Schol. : y.a/,(i)c tb zr,. -piTOu yip sjt'. zpiacoTroj, ioi'. zk af^.
r 1041 \j:r, TZMq xa sxaaxa y.oXoüaa; ouo' aüibc /.a-a 7,;a[x;v ioig £-«-
po'.Gi -sAäasy;;. Was diese Gebrauchsweise bei den Vorgängern
unseres Dichters betrifft, so lesen wir schon bei Hesiod E. 381
col o' £•! •::aojtoj 9'j[j-bc eeaoetä'. ev ^pealv fjciv, darnach schrieb Kalli-
machos Hymn. Artem. 103 bv zoTt ()'j[j,bv eeracc, ebenso erwähnt
Apollon. Dysk., dass Kallimachos statt xsä tc. ■/.■/;ccx a£;ov gesagt
habe sä, Trspl ävt. 139, bei Schneider Fr. 530. Auf die home-
rische Variante o(öi;,actv cb'.v ccvxcco'.^ a 402 neben 7oTg'.v kann
natürlich nichts gegeben werden.
e) Für die 1. Person Plural steht iic : A 203 vuv B' i%\
•/cpctv -atSac kohc niipr,'/ ts oCkz: ^(epoi.poüc -t TO-/.-?;ac | la^cp-sv.
Gleich darauf fährt aber der Dichter fort mit: ■q\j.=xepT^ 3' i-s-
pcioiTa'. 'EAAa? icopii,-?,.
f) Für die 2. Person Plur. steht sbc: B 332 xaa' sü aprJ-
rxmz i'r.z i-n yj.p'Z':) spsx[J.ä, T£,av£9' aXb; uxcivw-öv l' 267 xi oi
y.£v zbX'.v 'OpxO(^.cvcl!o, ocx'.; so' "Op/oiJ.cvbc, y.xsävwv 'AOä[j.avxc; r/.r,x'.
;;.r,x£p' ir,v iyiojay.'/ izo-poA'.Tcbvxsc ''y.s'.sfJs Schol. irjv] ävxi [xouj üiJ.e-jpav.
2. 5;. Auch in dieser Form wird das Possessiv der 3. Pers.
Sing, nicht allein in seiner eigentlichen Bestimmungssphäre,
sondern auch für den Plural der 3. Pers. und für die anderen
Personen angewendet.
Es steht daher a) für die 3. Pers. Sing. Diese Fälle
bieten nichts Erwähnenswerthes.
b) Für die 3. Pers. Plur. also für i-^i; oder a^ixspo: :
A 384 xcl zz -■xpi'zz'yt j m 'Kpi-ii lipi<jx'ni [j,'.'?; ax'Jc;iA'.;av ipcof, v£'60£V
iq 'iopr,z \ 529 mc isxazvxD zäpiiOsv £p£cJ£iJ.£v w vn "/.wpw 5 noch in
demselben Satzgefüge braucht aber Apollonios !:^£Xcpo;: i'jy.bjjxw;
544 Kzach.
(79£T£pO'.!7'. Tiap' SVTSC'.V Ico'.CWVTS V. 530. A 805 OY] vjep y.o'jpiS'ac
[i.£v aTCiST'jYOv, £7, 0£ |X£/,aöp(ov I •/; [J.aT'.Y) £'.^avT£c a7r£aa£jcvT0 ^uvaty-ac.
Schol. : Y) [j.äT'!y] • TY] iauTwv [xaTatCTrjTi y.«! iJi.wp{a /.al op£voßAa3£''3c
vr/.-/;6£v-:£; ß 132 ai 3' r-.zi xvMq ]).h acXXei; (o i-n oi\)J^\u) ßc[xßY;cbv
■/.'hzvezv^x: ß 145 9paC£3Ö\ ottc •/.£v •^aiv avaXx£(Yja'.v ip^^av ß 559
7:s'.Y;aavts £ip£a{r,v .... y.apicV w ztajvc. T 170 oi o' jza/.ojov | •^p£[j.a;
^ £•/; -/cüpr; £-is/£pa) Bp'.swvxc«; A 1071 y.ojpY;; zepi ixr^xiaaTy.ov ('AXy.i-
voo; und 'Ap-/;nf;) olatv h\ kzyiecc: c-.x y.väoac.
c) c? steht für das sing-ulare Possessiv der 1. Person:
A 1015 [J.7J C£ [).e KcA/otc £y.O(orjc m xatpl y.op.'.i^£[j.£v sag^t Medeia
zu Arete. A 1036 ^,B' svw, r; TcotTp-zjv t£ xai s'ut; (oX£!Jca Tcy.^ac. Die
Vorlage für diesen weiteren Gebrauch des reflexiven Possessiv-
pronomens bot der homerische Text •- 28 oü tc. ^ycove | ^c -plt,:
cuva|xa'. Y>'^'Jy--pw'^^?-v «''^Xo iSäcöai (Brugman a. a. O. 65 sq).
Für die 2. Pers. Sing, sowie für die 1. Pers. Plur. kommt
cc nicht vor, wohl aber
d) für das plurale Pronomen der 2. Person. A 1384 svw
c' JTraxouc^ aeicM | Hicpi'owv, y,ai Tr,vo£ T:avaTp£y.£c ixXuov ojacy^v i upiai;,
w TTspl By] [J-£Y5'- cp£pxaTCi ui£? avay.T'.ov y) ßiY) y; t' ap^T-^ AtßÜY;«; dvä
ötVÄC £p-f([j.cuc I v^a [ji.£Tax6ovi'/jv caa t' ivooO-. vr/c>; ä'Y-<^Ö£, | av6£|ji,£V0'jc
ü\).oia<. 9£'p£iv ouoxaic£ya xavxa | Y^[j,aO' o[j,c;y vjy.-ai; x£. '
Ueber das plurale Pron. der 1. Person ist nichts Beson-
deres zu sagen, als dass das in den homerischen Gedichten
vorkommende äit^öc sich nicht findet, sondern eben nur Yiiji,£T£poc.
Dagegen lesen wir neben •Jixi-s.pzq (an 8 Stellen) einmal auch
&q \).h yap Ttaiip' jf^bv uize^v.p'jxo ipovoto \J.r^■:pmr,^ ß 1181. Der Vers
> Die Ansicht Brugmaii's a. a. O. p. 80 Note 2, es Hessen sich, da öfter
die freie Gebrauchsweise der Pronomina iu den Hdschr. des ApoUonios
ganz au.sgemerzt sei und man die echte Leseart nur durcli die Scholien
erfährt, diese aber vom 3. Buche au knajjp werden, vermuthen, dass in
den beiden letzten Büchern noch einige Stellen anders lauten als die
Ueberlieferung sie bietet, ist nicht begründet. Denn 1. geschieht ja
überhaupt bei einer grossen Auzahl von Stellen, wo die Hdschr. die
freiere Gebrauchsweise des Pronomens bewahrten, dieser Thatsache in
den Scliolien keine Erwähnung, und zwar auch im 1. und 2. Buche nicht;
2. weist gerade das 3. und 4. Buch mehr dergleichen Fälle auf, als die
beiden ersten; 8. müssten sich denn doch wenigstens Spuren eines solchen
freieren Gebrauchs auch in hdschr. Varianten vorfinden, wie dies B 77ß
im Laur. der Fall ist. Warum sollte ApoUonios den freieren Gebrauch
des Pron der 3. Person gar so sehr ausgedehnt haben?
Grammatische Studien zu ApoUonios Ehodios. 545
ist in L von zweiter Hand zugeschrieben, aus Merkel's Schweigen
über 0;;iv muss man schliessen, dass es so und nicht wie Well-
auer angibt als 'j|j-wv (,Med.') geschrieben stehe.
Für die 3. Pers. Plur. kommen die Formen g^öc (josc;
und ossTipoc vor.
Qccq findet sich nur einmal und da in seinen) eigentlichen
Gebrauch als pluraiisches Fron, der 3. Person: A 908 tv' ävoiya
ToTo ä'vaxTOc | csoTatv TuopTjvcovTa'. ioiav.o'. sv \j.v(ipo'.a'y.
G(^eoc, steht a) in eigentlichei" Geltung A 489 y.al o' aÜTcl»;
^sivoüaöat It:: aoix Bwi^at' aviffv-ov p'/jccitoc.
b) Als Vertreter von YjfxeTspo; : A 872 sagt Herakles zu
seinen Gefährten l'c[j.£v auti;; exaG-c. s-::! scpsa. Schol. : oiJx '^T'^'*''' "^
(jifea xsl^Tat • ?Joouva[;.£'i ^(kp tw aaä, exl xpiTOU -poawTcou xaaaöjxevov •
£C£t CUV EiTCciv lop-sv auTti; £7.a(7TCi io' r,i).exepo(. ' 'icv. Y«p aul^UYia twv
zpcawTüwv a'Jr/;, r^iJ-s-epa 'j[.r,£T£pa acp£T£pa. toü o£ (7<pa, a[ji,a u|JLa acpa.
Nie aber brauchte ApoUonios das Pronomen für einen
Singular, obzwar schon vor ihm Alkman es so verwendet hatte
Fr. 31 TW ok Y'jvx Ta[JL(a c^iaq ££'.q£ yüpy.-.
ci£T£po; endlich wird a) nur an zwei Stellen in seiner
eigentlichen Bedeutung gebraucht A 530 cÜ'/.C(j[ji.w; asE-räpoic. -ap'
evTccv icpiiwvTO A 1294 £v o£ •/.'xpr^ rAiCky.Q'. y.aXu'ixtj.Evo'. a9£T£poi(7'.v
a7.;x-r;vc'. y.al äzxcTO'. i'KV.ctr.o V'jy.T' £-'. xä^av | y.al oäo?. Sonst steht
dies Pronomen (theil weise nach älteren Mustern) für das singu-
lare Fron, der 3. und für die pluralen Pronomina der 1. und
2. Person. Dagegen vermied es ApoUonios auch für das singu-
lare Fron, der 1. und 2. Person ffy£T£po; zu gebrauchen, hiefür
war nur Ibc. und c; bestimmt.
b) Für s;; und c; steht 7a;£X£po;, indem ein Unterschied
zwischen dem Singular und Plural -Pronomen der 3. Person
nicht gemacht wird : V 167 -xToa 1" £bv ssETspoisi y.aa'.-jfvi^'rc'cr'.v
'i-xQzvi B 1040 k'/ao; 0£ cuvio-zjsiv, airb G'SfV^ipo'j y.oA£oTs /v'J7ajj,£vo;
T£/.a[j.wva y.xzrflpo't F 186 (a*/; c' aÜTw; a/.y.^, "plv z-tGoi y- 7:£'.pYi6y;va'.
■civc' ä7:aiJ.£'pa)[;.£v, aciTspsv y,zipy.z. Schol. : G^iicpsv '/.iipy.z • obv. opOw:
TS ci£':£pov. i'aTi väp ipiTCv zpiaojzov zX'/jÖJviiy.bv y.al a[j,xpTäv£'.. £0£'.
yap £V'.y.bv xal cü "KAYjOüvx'.xiv, a7:o-/a)p(sa'. £bv y.-£pa;. F 302 £y. os
To5 A'.-<5ty;c a!p£T£pY;c £p££'.v£ fyj-^oi':po: j'.-^a; tc'O-.s' -xpY;Yop£0)v £-££C7'.v.
Schol. : y.ay.bv to c:5£Tspy;:. F 622 yj oi t-. tsTo i'y.v;^'. [A£-x ztöXiv
Atr;Ta5 £XO£[j.£v, c^px 0£ i^tv Gcp£T£pov C5[xciv slgavavo'.TO y.oup'.i{r,v rapä-
xoiT'.v. Schol. y.y.'. vjv y.ay.w; Tb a^£T£pov. zX-r,OuvT'.y.bv y^p sc7T'.v £V'.y.;j
546 Rzach.
■KpojXvjTCT'.y.öv, sSs'. Bs sbv o6[xov stzsTv. F 643 £~t ffcpsiepoic a/souaa '
Tratet Schol. or^STspoiq] avxl xoü soI;:. T 817 y.al tyjv jxev pa tcoIaiv c^s-
xepwv aTrov-diÖcTO yo'jvwv Schol. cjssTepcovj avil toj iwv. A 149o >^v
TtOXc Mivwc I eq AtßÜYjv ä'TrevafJTc Osou ßapl» y.u[;.a ceps'jciav | Ou^arspa
crs£T£c-/;v, Das älteste Vorbild dieser Gebrauchsweise des Pro-
nomens liegt vor bei Hesiod A. 90 ö; r.pcK'.-iy/ scpE-spöv xe o6[jt.ov
c^sTspou? T£ xo-/.-^a;. Zu vergleichen ist auch Pindar Ol. IX 78
XIII 61 u. s. Darnach gingen dann die Alexandriner vor,
zunächst Kallimachos Hymn. Artem. 229 co\ o' 'ÄYaj^ipwv | zr^ii-
Atov vribc c^STsp-r,; SY^äxÖSTO v/;o) Hymn. Del. 233 •/.eirr, y ^'^^^ ''^oxe
TOSxep-^«; sTTfA-z^OsTai £op-/)c. An diesen seinen Lehrer mag sich
Apolloniüs angeschlossen haben. Häutig hndeu wir dieselbe
Gebrauchsweise bei den Bukolikern, so Theokrit XII 4 und XX
209 Ahrcns (XXII) XIX 60 Ahrens (XXIV) Moschos I 26. 163
Incert. id. VIII Ahrens (Moschos IV) 12.
c) Für ■q\)A-:zpoc, steht das genannte Pronomen: A 1353
lJ.Y)T£pi o£ a^STspY) [).v/oeiY.ec(. Ttffat a[j,0'.ßY^v, | ö)v 'i-/.(X[J.v/ o-^pbv y.axa vrjS'Ji;
«[xjjLS (fepouaa xta. 8o spricht Jason von- der Argo als der
Mutter der Argonauten: vgl. das Folgende, A 1327.
d) Für 6[jL£T£pO(;: A 1327 o-q pa tote asEXspY] scTub \i-t]xipi t'V£t'
xp.oiß*/^v ; dies ist der Auftrag der libyschen Göttinnen an Jason,
den er an der vorgenannten Stelle den Gefähx'ten niittheilt.
Schol. J<f£T£pY] • iSet sitceTv u[j(,£T£pa. Ein altes Vorbild hatte Apol-
lonios an Hesiod E. 2 : oeuts A{' ewettete acpetEpov -axEp' GixvEiouaai.
Merkel vernuithete Proll. LXXXI diese Gebrauchsweise gehe
auf eine zenodotische Interpretation von I 327 und K 398
zurück, was Brugman a. a. 0. 81 Note 1 im Hinblicke auf
die erwähnte Hesiodstelle mit Recht zurückwies.
Es bleibt noch über das ursprünglich nur für den Dual
der 2. Person stehende Pronomen «j^oJiTEpo; zu sprechen. Dieses
braucht Apollonios überhaupt gar nicht mehr in der ursprüng-
lichen Bedeutung. Der Grund hicvon ist übrigens ziemlich
einfacher Natur. Bei Homer steht das Pron. nur an einer
einzigen Stelle A 216 ypr, jjiv acpw'Tspdv yE Osa 'inoc sipüaaaOa'. (mit
Bezug auf Athene und Here, von welch' letzterer nach V. 208
und 209 jene abgesendet ward). Die Verse 208 und 209 aber
strich Zenodot: Schol. 5t'. atxsoTEpoj; Zy;vöootO(; rfii-:r,Y..VK — In
Folge dessen sah er sich gezwungen in V. 21(5 ^^(o'TEpiv als
singularisches Pronomen der 2. Person zu fassen, was er auch
GrammatiBche Studien zu Apollonios Bhodios. 54^
ohne Bedenken wagte, vgl. Schol. zu 216: et-. -Kpoq 060 aij.sißetat.
TO '[kp c^wiTäpcv iov. O'JiV.öv, xavMq i'poc aOeiel Zr^voooxo«; xbv ,7i:pb ci
[j.' r;%£ Oea' y,ac tov ,a[j,(p(«) ojj-wi;'. Diesem Vorgange Zenodots
folgte unser Dichter, nur dass er die Functionen von (jow.iepzz
erweiterte.
a) Für die 2. Fers. Sing, steht das Frononien nach dem
angeführten zenodotischen Vorbild F 395. Der Aisonide sagt
zu Aietes, die Argonauten seien bereit ihm zu helfen — dx ouv
]Saupo[ji.ata? ^(e XtXxieat eixs xtv' «aaov | c-^jxov ccpo^ixepciaiv 67:0 (jy,-(^'äxpo'.o-i
Bap-aacai. Auch hier spricht der Scholiast seinen Tadel aus :
•AavMq xw c'f w.xspoiaiv e^^pv^aaxo £"1 ivtxo'j • £0£'. ^ap siTueTv xsotfjt.
Von dieser Gebrauchsweise ausgehend gestattete sich
Apollonios ji)0)tx£po; auch b) für das singularische Fronomen der
3. Fers, zu verwenden, und zwar in so zahlreichen Fällen (8),
dass man klar erkennt, wie verwirrt seine Begriffe über die
Fronominalformen waren. A 643 Xciw? 0' aüx' iv. vr/oc apiax^s?
7cpo£Y]y.av I Ai6:zX(or;V /.•(^puy.a Öoöv, xonuEp x£ [jL£).£(jOa'. | ic^Y^'^^''*? >'>■*"'
ax-^TTxpov £TC£xp£-cv ''Ep\iz'.(xc | Gtpwtxspoio xoxr^o;. Schol.: Ot.Y.a'.pMC xw
oui/,(;) £-/pv}(jaxo ävxl ivty.au. ß 465 ai']/a 0£ x6vy£ | aa.ü)'.x£ptov 5io>v ext?
£^o}(o?, £1; £ y>.C[j.'!a!jai | '^xiv iiroxpOva?. -ß 544 to; 8' 3x£ x'.; -äxp'/]0£v
äAw[j.£V0(; .... ccp(i)'X£pouq 0' £vcr,(j£ B5[ji,ou(; y.xA. Schol. : a^totxipou; •
y.axd)? E/pv^aaxo xw s^wix^poui;. £0£' y«? stirEtv (j9£X£pou>;. (Der Scholiast
meint also, aiExspc; könne ohne Weiteres für die 3. Fers. Sing.
stehen. ) ß 763 Aiaovior^? (X£v ci y^'-''^'' '^~ *^^'' oüvc[x' iy.aaxou | <j(pw[X£-
po)v i/'j0£'i6' £xapwv. Schol.: asw'.xEptov ävxl (ja)£X£pa)v (wie im vorher-
gehenden Falle), r 335 xy^oa x'.c iqxivo; Träxpr,»; a7:av£u6£v iAa^aai j
xai xxcjCvwv ßaff'.XEu? iccpiwa'.ov, 0'JV£y.£v äXy.f, c7'|(i)txcp'f] 7:ävx£(7(7i [A£X£7:p£-£v
AioA'Byjc'.v, j Tzq/uEc osüpo vsscOa'. y.\).i{/Tio>. Schol. : sa/wtxip-fj • 7.oi-/,G):
xb c^tü'.xipY) £'TC£v £zt £viy.o'j ' S.CV. ';o!.p o'Jiy.bv. F 600 XP^^*** t""'"' ~'jy>-i'''bv
X£ SbXoV ßoUAXC X£ '{EVefi'/,r,Z \ C^W.XEp-fj? äV^V X£ TvOAUXpO'äOV £^aA£aGOxi.
Schol.: c^w.xep"/;;;] y.r/.wc xo asa)'.x£pY;; 0'jV-/.bv £-1 ivr/sj r/p'/^jaxo. Bei
Yap £'Tr£Tv £■/;?, ?/ -^ xr;; ia'JxoO. F 625 0'!£X0 0' ä[x:pt ß2£ac;iv a'jxr;
ä£ÖA£!jo'jax ixxa' £'j!/5!p£(.)c Toviscöa'. • I a-^iii'.T ipo'jq ?£ xoy.'^a? u-ory^iair^;
äöspi^E'.v. Schol. : oaiai-ipo'jq] ohy^ 'r^Mq ohok vuv xb s^pfotxepou?. Su'.'y.bv
Y^p £3X'.v £Tct £vixo'j. £0£'. oOv £'.T:£tv £0'J;. r 1 227 . . . ££Jt; O(op-^y.a
GxaS'.ov, xbv ;i ':rbp£v £;£vap(^ac c^w.x£patc <Ka£YPä'.ov "Apr,c j-b X£p(J'.
Miixavxa. Schol. Faris. : cf (oixEpai? X£p'i " xatc iauxoü »äfa'.;. A 274
£'vÖ£v Bi^ xiva ipaa'. ~£pt^ cii -äsav boijaa'. | lvjpü)zr,v 'Ag't^v x£ ßtr, y.x'
y.apx£'.' Aaiüv | scw.xipojv Öxpjc'. xs ZiTTO'.öixa. In demselben Sinne
548 Rzach.
findet sich a(^(jy.T:epoq gebraucht in Incert. id. IX 55 Ahrens
(Theokr. XXV) (oot yap Ali-fei-qq, u'.ö; ^ihoq 'HeXi'oto | c^wi-epw cuv
Tiatoi, ß{y) tp'jA-r^o? ayauGu, | yßiCoc, S' etXv^Xo'JÖev du' äcxeo;.
Endlich steht c) das Pronomen c(^oii-:epoq auch für das
pluralischc der 3. Person = c^sTepo?. A 1286 el tov dptctov anro-
zpoAi7uivT£(; 'i^Ttaa^i \ ccpwtTspwv Ixolpwv. üer Scholiast tadelt wiederum
diesen Gebrauch : cc^hmepuy/] zs/ uy.w? ouabv /.a-ä 7:Ay}6oi»? iör^xev,
ISet Yäp ■KAr,ÖJvTabv siTreTv. A 454 toI \).bi pa Biocvoi/a v/]'jj[v 'iv-ikcx/
a<pü)tT£pa'.<; -/.ptvOevTcc.
Diese an Regellosig-keit streifende freie Gebrauchsweise
der Possessivpronomina fand ebenso wie die freie Verwendung
der Pron. Personalia bei den späteren Epikern, ganz besonders
bei Quintus Smyrnaeus, vielfache Nachahmung, vgl. hierüber
Brugman a. a. O. p. 34. 82.
3. Demonstrativ
a.
Von den Pron. Demonstrativa verlangt nur der Gebrauch
von /.eivo«; und sxeTvoc eine Erörterung. Apollonios befolgte hier
eine stricte Regel. Er braucht nämlich die vollere Form eY.ehoq
niemals ausser in der Krasis mit y.ai (vgl. oben p. 473), ebenso
verwendet er niö exsTöev und £y.£Tce, sondern stets xsTOev und -AV.ae
mit Ausnahme des einmal begegnenden -/.äxetöcv. Der Dichter hielt
sich also im Allgemeinen an dieselbe Norm wie Zenodot und
später Aristarch, die beide 7,ev/oq begünstigten (Schol. a 177 und
0 179, vgl, Düntzer Zenod. 59 und Note 35), aber er wich von
den Ansichten dieser Kritiker ab, indem er exetvoc doch in den
genannten Krasisfällen beibehielt. In der ^apaSoctc des homeri-
schen Textes findet sich ivSvjoq namentlich am Schlüsse des
Textes fast durchweg (vgl. La Roche Hom. Textkr, 248),
Apollonios aber blieb sich streng consequent an allen Stellen des
Verses: Am Versanfang steht /.sTvo;: A 182. 765. 1149. B 402.
760 r 29. 133. 785. 1250 A 760. 1134. 1153. 1573. 1577. 1689
v.eteEv A 597. 867. 922 B 351. 369. 1242 A 1022. 1765 xsiae
A 305. 416. 442. 955 ß 718. 1223 A 832. Im Inneren des
Verses ist nur -/.slvsc möglich A 28. 112. 278. 571. 958. 986.
1039. 1180. 1292. 1320 B 147. .534. 752. 853. 1029. 1189
r 87. 320. 550. 721. 734. 850 A 120. 333. 342. 403. 415. 488.
534. 601. 618. 652. 794. 809. 861. 988. 1388. 1468. 1517. 1622
xsTOcv B914 A 1214 /.she A 1224; mit Synizese wäre allenfalls
Graiuraatisclie Studien zu ApoUonios Khodios. 549
hehoq möglich in A 726 -^ xsTvo A 1070 Jr, y.sTvo B 227 ^ vsvnz
A 1754 v^ y.eTvog; doch ist die Ueberlieferuug hier ganz fest für
xc'ivoc ebenso wie in den Fällen, wo, wenn hXaoq stünde, vor
demselben Elision eines voi-ausgehendeu Voeales möglich ge-
wesen wäre : ß 6G JctaTa y.sTva B 798 avspa y.sTvov B 1021 izsizc^d,-
(x£6a, y.cTva B 1238 -J^Oea v.zhx, was Y 1122 wiederkehrt, w; tsts
xeTvo A 143 oaxsa y.eTva A 481 ; bei /.sTösv : A 1357 puaia /.eTOev
r 777 v^vaYS y.sTOsv (nach der richtigen Schreibung von L) B 451
£7:' r,\).oiX'. v.ehe A 1217 S' sti xsTcs L, G hat hier ganz ausnahms-
weise M t' eY.v.Gs, was uns übrigens nicht wundern wird, wenn
wir uns erinnern, dass in dieser Handschrift vieles nach den
Normen Aristarchs gemodelt ist. Zu Ende des Verses, wo bei
Homer ey.sTvo? fast ständig ist, hat ApoUonios wie erwähnt
durchweg y-sTvoc auch an Stellen, wo exsTvs; durch Elision des
vorausgehenden auslautenden Vocals möglich wäre, und zwar
avepa y.sTvcv A 154 ouvo[xa Xc'vyjv T 1098 opyta y.stva A 920 Osay.eXa
y.£{vü)v A 657 ; der Vocal t im Dativ Sing., der auch in der
homerischen Ueberlieferung nicht elidirt zu werden pflegt, steht
vor y.cTvoq: Y;|j.aTt xetvw A 547, was B 1097 V 922 wiederkehrt
dcTspi y.sivcü B 513 ev yöovl y.£ivY) B 841, ferner in den Partikeln
eqev. xsivou ß 782 A 250. 430 oüS' £Tt xE-ivac Y 325. Ohne
Möglichkeit der Elision des vorausgehenden Vocals steht y.sTvic
am Versende in: al -£pl y-sivr^v T 1219 £/. §£ vu y.£(vwv A 1428
£y. §£ vu x£(vy;c A 1727 ; hiezu kommt o'j oi ti y.£Tc;£ A 1239,
da das '. in tI nicht elidirt wird, vgl. Homer v 111 obM Tt
xE'vYj, wo gegen den sonstigen Gebrauch bei Homer y.sTvo; am
Versende stellt.
4. Relativa.
Nur das zusammengesetzte Pronomen oaTt; resp. ot'.c bedarf
einer Erwähnung. ApoUonios braucht ausser den regelrecht
doppeltflectirten Formen östi; (A 704. 713. 1154 Y 20. 2(^6
A 1655) ovTtva (A 6 ß 781 T 714 A 746. 1053) r^vnva (B 799
r 949 A 1660) oTtiv£; (A 963 ß 1124 Y 315. 335) öui (A 159
B 145 r 131. 699. 1011) cv. (ß 126) mehrfach auch die
bemerkenswerthen Formen des Pron. cti<; (aus 6-t'.;, ebenso
zusammengesetzt wie s--oTo(; u. dgl.), dessen erster Bestandtheil
den starren Relativstamm darstellt, so dass nur der zweite
ttectirt wird. Die Fälle sind im Einzelnen folgende : h:^ A 347
550 Rzach.
B 22. 215. 453. 465. 1148 r 192. 195. 239. 905. 1201 A 498.
894. 1597 nach Hom. V 279 p. 40 r. 307 Kalliinach. Apoll. 9.
Deraet. 47; ctw A 4G() B 412 A 258 (vgl. li.-q^iö A 802) wie
Hom. M 428 (wo Zenodot aber otsw las) ; '6x<yoL B 875 : rüiv oxiva
■Tzpüy.rqq £'KtßY^TO[j,£v ouiic lix<h£'. vau-tX{r,v ; L hat 6 . T'.va mit Rasur,
G Twv, Tt'va unmetrisch. Dem Schreiber von L war die Form cx-.vx
eben nicht geläufig- und so mag er erst bei nochmaliger Durch-
sicht nach der Vorlage das v ausradirt haben. Das homerische
Vorbild ist 9 204 twv c' aXA(.)v ÖTiva Y.py.oiri Ou[j,6? t£ v.cXeusc (vgl.
d. Schol. zu d. St.), ebenso o 895 twv o' aAAo)v Suva y.paoiY] y.at
Ö'jfjLog avwyc'., 2'J0£T(i) eqsAÖwv.
Verbum.
1. Ueber das Augment.
Statt als c erscheint das syllabische Augment als y; bei Apol-
lonios in •»^[JLSAXe A 1809: v.al ta [xh loc, -J^fj-EAAs jj.sTa /pövov rAXcAss-
aOat. Schol. : KaAAq.'.ays'j 5 ffTr/oc. v.c.vbv c£ a[^.xprr][j.a TrävKov twv [jisö'
'0[j,-^pov ■TTOir^TÖJv T« oLTzo TJ[j-cpo)vou äp)^c[;,£va pT^f^-axa '/.axä tov ivscTcoTjc
/pövov o'.a TO'j y; s-Acpspsiv 1::'. Trapa-a-aoj. Nacli diesem Schol.
entnahm also unser Dichter den Vers dem Kallimachos, bei
0. Schneider Fr. 212. Da aber derselbe auch sonst noch
■/^[jLeXXe sagte, — eine Stelle wenigstens ist uns erhalten Hymn.
Del. 58 o'jV£/.a jaouvt; | Zr;v! Ttxeh •i^p.cAAE cp'."AatT£pov 'Apsoc u'.oi. — so
ist es zunächst auffällig, warum Apollonios sich das Augment
r, bei [.>.£AA(.) nur ein einzigesmal gestattet haben sollte ; denn
die Formen des Indic. Präteriti sind sonst entweder nicht
augmentirt oder aber haben sie das Augment t : 'i[).th\E. A 78.
373. 1080 B 116. 1092 F 752. 887 A 1259 iyiAAET^ V 260
£V.£Xaov B 625. 747 A 638. 904. 989. 1636. Jener Umstand
erklärt sich aber durch die Thatsache, die uns das Schol. zu
Hom. M 34 berichtet: r, 0'~Kf, cv. 7//;v:oo-o: vpacs'. ,w; '/^i^.EAAov
'ö'K'.G^e'- (für (b; ä'p' e'[;,£AAov otj.^j^z). h'i ok ßapßapov. Ta yap airb
cu[ji.sa)v(i)v äY/6[ji,£va s.%\ tou '::ap£A-/;A'jOiTC; "/pivou arb to'j £ äpy£TÄ'..
Apollonios, dessen Aengstlichkeit bei Nachahmung homerischer
Muster wir schon mehrfach zu beobachten Gelegenheit hatten,
wagte es nicht eine Form •?,[j.£AAov öfter in seinem Epos zu
verwenden, als er sie in seinem (dem zenodotischen Texte) de?
Homer fand, obzwar er z. B. auch bei Hesiod, den er ja da
Grammatische Studien zu Apollonios Rhodios. 551
und dort zum Vorbild hatte, drei unbestrittene Stellen mit dem
Au<>nient r, vorlinden konnte Th. 478. 888. 898.
Ein zweiter Fall des Aug-ments r, ist r,üoz.i B 822 i^sicsiv
A 1700 vgl. Hom. X 280 rr-icr,q und i 206 v^etcst. Das r, rührt
hier von der Einwirkung des ursprünglichen Digamma her.
Was die andern sonst -q als Augment aufweisenden Verba
betrifft, so kommt ßo'jAO[i.a! in keiner augmentirten Form vor;
cüva[j,a'. hat im Präter. kein Augment: ouvaio A 314 A 854 ojgs
oüvavTo r 1249 nach LG, während Merkel ou o' souvav-o schreibt;
sOeao) endlich kommt ausschliesslich im Präsens vor, während
die einzig begegnende Präteritalfonn vom kürzeren Stamme
ohne Augment gebildet ist B 960 oüä' iv. [h:[).vä'C^vf OsXov qxireoov.
Aristarch's Gesetz verbannte bekanntlich die kürzere Form ganz
aus Homer, aber die älteren Exemplare hatten jedenfalls öfter
OsXo), wie wir es von 1 114 wissen, wo statt des späteren ari-
starchischen -jigtI "l/aov r^veiJLÖs'Tcav Zenodot "IXiov alizh OeXovxcc
geschrieben hatte (Schob z. d. St.). An Zenodot also hielt
sich wiederum unser Dichter; aber auch andere Zeitgenossen
brauchten OsXw, so Incert. id. IX (Theokr. XXV) 53 w; toc -av
ö OsXctc al'ia ZP^^? ey-TS-ciAsaxai. Moschos I 110 i^v ösAsv apTcäcac.
Die meisten späteren Epiker hielten sich an Aristarch's Kanon ;
vgl. Gerhard Lectt. Apoll. 91.
In einer Reihe epischer Verbalformen ist das syllabische
Augment vor folgendem Vocal erhalten worden, da ursprüng-
lich consonantischer Anlaut vorhanden war. Von solchen ver-
w(!ndet unser Dichter folgende :
Ia;£ B 1109 iy.'(rt T 954; augmentlos aber a;cv A 1168.
£Üaoe A 697 B 501 T 1033 A 568 auvsuaos F 30 nach dem
bekannten homerischen Vorbild Z 340 P 647 - 28 (aus einstigem
*ecFac£ ify.ct) ; neben dieser alterthümlichen Form hat der Dichtei-
auch EaoEv V 568 mit Lenis, eine Bildung, die bei Homer noch
nicht vorkommt (saSev A 867 mit Asper ist Perfect mit Präsens-
bedeutung). Im Imperf. ^/Bavs A 717 B 656. 1069 V 912. 1381
£(fr,vcxvcv r 950 braucht der Dichter (wie Homer z. B. A 24.
378 u. s.) auch das temporale Augment, das nach Verflüch-
tigung des urspr. Diganimaanlautes das natürliche war.
ü'.-a und k's'.zov in den Formen h'.r.y.c A 480 V 1106 'ii'.r.v/
A 674. 1091. 1289 B 144. 242. 409. 769. 1198. 1276 V 90. 505.
686. 726. 890. 9.39 A 56. 120. 189. 254. 738. 1097. 1127. 1201.
552 Rzach.
1331 let^' r 455 ^i-üt^zv A 331. 864 ß G40 V 522 A 881
ix£-ra . . . ££'.7:£v T 1276 TrpoaEcraev A 294. 835. 899. 1336 B 419.
437. 443. 621. 868. 885. 1140 r 17. 55. 101. 107. 128. 319.
400. 1119 A 82. 394. 1114. 1563 TrpoaietTcov A 1317.
hiaaxo A 522. 855 von der W. FiS wie Hom. ß 320 z 398
T, 343 ■/. 149 u. s.
svseiaaxo A 188 von W. cso : 'Äp6|j.vY] B' Iväst'aa-o xcüp-^v | ävO£[j.£voq
(dag-egen B 1166 vuv S' gacacös -apo-.Osv). Jene Form ist eigentlich
eine Missbildung', denn der Diphthong e>. enthält schon das
Augment, das im homerischen siacaTO oder iiaaa-o ^ 295 (kq
AißuTjV [j' iizl vvibc kiGC(x-o Tcovio-opoio) noch frei erscheint. Doch
ist Apollonios zu entschuldigen, da er auch bei Homer den
Diphthong in Formen vorfand, wo er nicht hingehört: zhov
(] 163, Hiezu kommt, dass Zenodot an der oben genannten
Homerstelle s^sicaTO las, so dass Apollonios leicht zu der An-
nahme gelangen konnte, es sei diese Form ohne Augment, und
demgemäss eine Form esiaaio sich gestattete. Dass die Bedeu-
tung des £1 im Laufe der Zeit schwand, dafür sind Formen
der Prosa wie Herod. I 66 sta^jj-Evc. ein klarer Beleg.
£Y]y,ev : av£y]y.£V A 478 ev yap £Y)-/,£v B 274 evivjy.av A 356 £-'.-
7upo£-/]xa r 379 e::i7upo£Yi7,£v A 1185. 1616 Ir.vKpoirfm^i A 406. 1357
^irc/,z A 712 B 1083 [j.£e£Y]y.£ B 1037 r 632 A 802 \>.zUr,y,T> A 122
T.^Qirc/.t A 97. 258 B 562 ::po£Yixav A 589. 640 cuvet^xe A 1086.
Beim Simplex aber braucht Apollonios nur T^y,t A 622 und
11 Mal, und einmal ecpv's F 211.
I'wsav A 104 £V£ü)(7£ A 1243 ^uvEwcav A 1251, aber wje
B 599.
Besondere Beachtung verdienen die Formen £(iV/£[ V 189
(Hom. 1 474) und iü'kr.ti V 370 (LG ib\-Keu seit Stephanus
steht das Richtige im Texte) A 10 (vgl. Hom. s 96). Diese
Verbalformen mit scheinbar doppeltem Augment, sind durch
Umspringen der Quantität aus irjC'./.£'. und vjoatce'. zu erklären ;
vgl. Curtius Verb. I 118.
Apollonios hielt sich also, wie wir sehen, durchaus streng
an die homerischen Vorlagen, und selbst der eine Fall, wo er
selbständig vorzugehen scheint, ist in der Beschaflfenheit des
homerischen Textes begründet.
Das syllabische Augment erscheint mit dem folgenden
Vocale in die Silbe ei contrahirt bei folgenden Verben :
Grammatische Studien zu ApoUonios Biiodios. ÖOÖ
etkEq A 367 elXs B 20. 577. 1216 T 726. 967 1067 sTActo
r 157. 631 A 1040 s^siXeTO F 844; beträchtlicher aber ist die
Zahl der nicht aug-mentirten Formen Ias A 449, das ausserdem
16 Mal noch vorkommt, iXov A 957 A 1314 'ikexo B 184 saovic
B 858 r 901. 1485. Im homerischen Texte findet sich das-
selbe Schwanken zwischen den augmentirten und nicht augmen-
tirten Formen.
sTXy.ev r 1307 erAxsTo A 533 el/aov B 668 A 888, von nicht
augmentirten Formen ist daneben nur sseXy.eTO A 1162 über-
liefert. Entschieden las aber ApoUonios im homerischen Texte
nach der älteren Weise die augmentirten Formen, während die
aristarchische Kecension das Augment mied, vgl. Schol. A 213
A 457 N 383 n 406. 504, La Roche Hom. Textkrit. 238 ; jenes
eqieAy.sTO, das Merkel beibehielt, ist offenbar nach den Normen
des aristarchischen Ilomertextes in die Ueberlieferung ein-
gedrungen und daher in eipetXxexo zu ändern. Dass unser Dichter
nur die augmentirten Formen verwendete, dafür spricht auch
der Vorgang des Kallimachos, der keine augmentlose Form
dieses Verbums kennt: sIaxsv Ep. 43. 4 Fr. 275 eiA/.ov Hymn.
iVrtem. 93. Vgl. über jene Formen auch Gerhard, Lectt. Apoll. 96.
e'i-sTo A 71 r 440. 916. 1334 A 149. 1486, wobei die Silbe
V. überall in der Arsis steht; ohne Augment aber lesen wir
ixsTo B 74 ixicÖYiv B 275 szovio A 652. 681.
sIcEv A 789 r 49 A 719 et^aio F 1186 A 119. 550 izapCiae
A 782 (svcSi'aaTo A 188 siehe oben).
e\<j-rf/.z'. A 1681; diese Form las ApoUonios wie das oben
genannte v.'kv.v/ gewiss auch in seinem Homertexte, Aristarch
mied die Augraentiruug vgl. Schol. A 329 Z 373 X 36.
ciyev B 596 T 424 'm-:v:/j.io A 1249; an allen weiteren Stellen,
wo das Imperfect steht (31 au der Zahl), ist es aiigmentlos.
Ausser den genannten Verben ist nocii eines zu nennen,
bei dem der Diphthong st auch in den nicht augmentirten
Formen Einlass fand. Es ist dies eiAi'ccw, das unser Dichter in
der Form saiüjo) nicht kennt (urspr. Anlaut H'k). Es sind daher
die bei ihm vorkommenden Präterita als augmentlos zu fassen :
£'.a{cc£to A 1061 siA'ijcovTo A 844. 1135 A 937.
Sitzungsber. d. phil.-hist. Cl. LX.\X1X. Bd. II. Hft. 38
ÖÖ'i Rzacb.
2. Reduplication.
a) Reduplication des Aorists.
Hiebei folgt Apollonios bis auf einen Fall durcbweg-s der
homerischen Sprache und gestattet sich niemals eine Form,
für die nicht schon bei Homer ein Beleg zu finden wäre:
W. «y: -oTave F 777 A 444. 680. 1762 Trrr(or(v, A 977 T 2
•/.aTvr^T- '^ 31 -JjyaYOv A 556 zh7.-((i'(Oi^o T 622.
«A/.: aXa/aoi A 872 aAaAx£(j.cvat B 262 (hievon weiter gebildet
das Futur. aXaXx-f^aoujiv B 235).
ap: Tipape A 99.
a^: Y^Tra'fs? F 130 Tiapr^Tuacpev B 952.
ay'. ot.vJ.'/oizo B 190.
£V[7c: T^viTua-e T 931.
stc: is-c'cörjv A 690 ecT.oi\):r,'> T 35 ia-o\iivo>.o A 470 £J7:c|ji,evov
A 103 ior.oiJÄrr, V 615 £c-oiJ.£vr,v A 434.
epuT.: £p'j/,ay.£ B 432.
xeX: y.'exAs-o B 464 T 838 A 230. 1548 y.sxXöiJ.svo; A 383
xexAsiJ.ivY]? A 163 x£xa6ij.£voi B 493 A 1717 -/.sxAoijivtov A 311 B 640
eTT'.y.sv.AoixEvoto A 1343. Von diesem Aorist ausgehend bildete Apol-
lonios ein Präsens zr/Aoi/at B 693 T 908 y.£-/.A£Tat A 716 y.£y.A£0
(Imperativ) A 707 £7:a£XA£C3 T 85.
y.Au: x£y.AuOi A 783 y.sxXuO' B 11 y.ly.XuTE A 1654.
XaO: A£AaOoi[j.'. B 226 T 779 £xA£AäOo'c T 1112 A£A3!Ö£sÜat
B 150.
mfi: TisxiÖov A 964 7:£'::i0oiiJ.t A 417 7:£7:ieot[j.£v 1479 z£-i6s'.£v
r 14 T^eruM^^ T 536.
TCuO: 7:£"jeoi-o A 1469 (Hom. Z 50).
TaY: av-staYwv B 119 nach der zweifellos richtigen Con-
jectur von Sanctamandus; für das verderbte hdschr. avhx [jiXav
T£TaYwv ist ald/a i^.äA' avT£TaYwv zu lesen ; das Simplex tetäywv
steht bei Hom. A 591 0 23.
T£|x: T£tiJ.£ B 1236 Timov T 1275 A 537 t£T|j.yi A 908.
o£v: £-£5V£v A 1044. 1213 B 798 A 1497 £7r£5vov A 550
7:£9V£v A 1305 r 1180 xaT£7:£<pv£v B 112 A 1488.
Gpao: -£ooac£v A 267 B 768 F 550 A 754. 1126. 1450
-iifpaoov A 260 £7:£cppa3c/v B 959 £-£c;pao£v A 654 A 773 Si£7:£(fpaO£v
A 848 B 846 F 741.
Grammatische Studien zu ApoUonios Rhodios. • 55o
Xap: y.£xapov-o B 1157 A 998. 1628 y.£/aps'.T5 A 920.
Der oben erwähnte, durch ein Missverständniss von Seiten
des ApoUonios bedingte Fall betrifft den Aor. 'i[).[j.optc B 4 A 42.
Indem er nämlich die homerische Form des reduplicirten Perfects
£jji.[j.op£v (aus *y.£',!xop£, Curt. Verb. II 131), die er selbst T 208
A 1749 gebraucht, für einen Aorist ansah, bildete er hievon
ausgehend eine zweite Person i\ii).opeq.
h) BediLplication heim Perfect.
Die Reduplication mangelt bei ävuiyoc A 693 ävwYcv A 328
A 687. 755. 1207 y/myßi A 759; im Plusquamperf. avtoYci A 47
B 1138 r 825. 1084 A 100, aber auch 7^voäY£i A 247 wie bei
Hom. (z. B. M 355). Da Homer nie -/^vwYa sagt, so ist bei
Y^vioYS'. Augment des Präter. anzunehmen. Die sonst noch
begegnende Form r,^/i)r(t A 1217 A 166. 589, die bei Homer
ziemlich selten ist (y]va)Y£ Hom. Hymn. Dem. 297. 348 -i^vwYov
1 578 Z 216 ; 237 Hymn. Ap. 105) ist danach als Imperfect
vom Perfectstamme gebildet aufzufassen.
£5X0 r 454; LG haben zwar übereinstimmend ^cto und
das scheint mit der Angabe des Schol. H. zu X 191 zu stimmen:
r,cTOLi • ouxwc Z-qvoooioc, • 'Apistapyc; -^cto. Mit Recht aber wird diese
Scholienangabe fast allgemein bezweifelt, denn wir finden sonst
hzo im Homertexte überliefert z. ß. p 203. Es ist Aristarch
nicht zuzutrauen, dass er eine solche etymologisch unerklärbare
Form in den homerischen Text eingesetzt haben sollte. Ebenso-
wenig ist anzunehmen, dass ApoUonios r,::':o schrieb, da wir
daneben ££ffTO finden T 1225 (vgl. Hom. M 464). Schon Brunck
änderte mit Recht die hdschr. Ueberlieferung r^ozo in 'ia-z und
hierin haben wir ein Plusqpf., bei dem die Reduplication
wenigstens scheinbar fehlt. Aus urspr. FcFöcto ward ecco, vgl.
Curtius Verb. II 147.
2. Nur der Rest einer Reduplication zeigt sich in den
Verben :
iaSev A 867 io^ZÖToc B 35 A 1127 vgl. Hom. A 173.
izk\>.v)oi A 870 ££A[j.£va'. A 604 (Conjectur von Gerhard)
wie Hom. N 524 von der W. fih; hiezu kommt das von Apol-
lonios allein angewendete Plusqpf. £2/.-^t5 F 471 ; LG haben
zwar x'SKr,-o, aber das Et. Mag. 325. 2 hat die richtige Form
bewahrt, womit Hesychios' Glosse iöXr^Ta-. • T£Tdpay.Ta'. stimmt,
38*
556 • Kzach.
Vgl. auch eöXsi bei Pindar. Pyth. IV 233 nach Boeckh. Im
homerischen esAjj-sGa Q 662 ist der Pest der Reduplication auch
bewahrt.
espYiJievov B 550 eepYi^ivo-. A 1580 (Hom. E 89). Der Vor-
schlag des £ im Präsens ist jedoch selbstvei-ständlich anderer
Natur, siehe oben p. 435.
Ug-o T 1225 wie Hom. M 464, W. r£7.
£S'.y.a häufig, hiezu das Plusqpf. j'i'/.to B 39 A 1612 vgl.
Hom. W 107.
hl-x A 1342 B 147 r 506. 783 A 1379 soX-ac r 387 wie
bei Hom. z. B. T 186.
sop^a A 381 wie Hom. T 57.
3. Einzeln bemerkenswerth sind folgende Perfectreduplica-
tionen :
Wir lesen ev.'KT,i~-y.'. : A 990 Aps-avr, toGsv ey.Av^'.sTa'., ey-Xv^icxo:
A 267 -oAuXr/.Gc exAY^tcjTo A 1202 yd[).o'j -zekoq iy.Xv^tffto; diesen drei
Fällen gegenüber steht einmal die regelrechte Bildung y.£y.Xv^'.-
cxa; : A 618 /.al Ta (ji,£V ax; y.etvotai [j,£t' avopas-. y.£/.X-/^'.(;Ta'.. Von selbst
bietet sich hier die geringe Aenderung [j,£-' avopacnv r/.Xr/.cTa-.
an, da nicht abzusehen ist, von welchem Beweggrunde geleitet
der Dichter, der an drei Stellen eine Neubildung sich gestattet,
auf einmal die landläufige Form gebrauchen sollte. Zu der
eigenthümlich reduplicirten Form aber kam Apollonios offenbar
deshalb, weil ihm das homerische Perfect iy.rr^cOai I 402 vor-
schwebte. Die äusserliche Aehnlichkeit verleitete ihn hier zu
einem grammatischen Schnitzer. Aehnliche Abweichungen von
der Regel begegnen übrigens auch bei anderen Schriftstellern,
z. B. Aristoph. Thesmoph. 131 y.a-eY>'^wxt'.a(xevov ; vgl. Curtius
Verb. II 126.
Metathesis des RedupHcationsconsonanten finden wir in
£;j,;j.op£v r 208 A 1749, einer Form, die freilich Apollonios selbst
unmöglich füi- ein Perfect hielt, da er sonst nicht die 2. Pers.
£[j,;j.op£; B 4 A 42 geschrieben hätte. So erklärt es sich auch,
warum er ein anderes Perf. ;x£yipr,tai A 646 [xeijiprjTO A 973
[j.£;xop;jiv;v T 1130 braucht. Vor Apollortios erscheinen diese
Formen nirgends in der Litteratur, nur sagten die Aeolier nach
Eusiatli. 790, 6 \).i[j.zp^x>. (für £;[j.apOx'.). Bei Apollonios begegnen
wir also in dem Paiticip. einem St. [xop und in den beiden
anderen Formen einem hievon weitergebildeten p.op£. Die
\
Grammatische Studien zu Apollonios Uhodios. 557
Scholien suchen nach ihrer \A'^eise die Formen zu erklären, zu
A 646 iJ.t[>.ipTtZ3i.'.: Y,3.-:x r/.ÖA'.'i/iv xoy t • h-: -(xp \j.e[).oipy.xx'. avTt toj
•/.E-/.>.-^co)Ta'.; A 973 ;j.cp-ipf,-o : e-v/Xr,pi)ii:o 'j-h xrjq i{)yr,q, |/£ixo'.p3:jjL£vto;
c?/£v. Nach Apolh>nios werden die von ihm g-ebrauchten Formen
dann einig-e Male verwendet : iJ.e[j.opi).v/oq Lykophr. 430 Nonn.
Dion. XI 520 iJ.sy.opiJ.i'/ci'. (von den v.fipzq) in der Anthol. VII
700. 5; ixz\iopri[j.v/cq hat Nikandros Alexiph. 229.
Die Reduplication ist nach Art der bei den Intensiven
g-ebräuchlichen gebildet in :
ci^iyjx^o A 319. 1180 A 996 wie bei Hom. A 4 u. s.
csvSsaa A 1100 Ssi'cia B 636 T 637 5eioi[/£v r 60 ^rcpios-c-.a
B 1203 j-sostS'.sav B 821 os-.ouav T 753 osio-.cts; T 1329 oeiB-.O:
B 617.
Die sogenannte attische Reduplication wendet Apollonios
nur nach homerischen Vorbildern an :
TAr/r,^o A 1324 r/.r;/£iJ.£voc A 1260 ay.v;x£[j.r/r, T 101. 672
T/.r;/ziierq'/ T 618.
aAäÄTjiJ.X'. A 1041 aXxAr,VTO A 812 aAa/,y;tx£voc A 1190.
äp-^pcv B 1075. 1202 (Hom. ap-opv) e 361) apöpst A 957 T 218
r,yr,pz'y-o A 947 ipr,p6-x B 1163 Q'^npr^zöict B 1112 äpapj^xv F 1324
apap'jTa'. A 946 a.pT^pz\}.i-iO't F 833 äpY;pc[j.£vou; A 677 apr,p£[ji.£va5
A 787.
apv^poT3 F 1343 ap-/;po[j.£vr/^ F 1336, bei Hom. nur das Par-
ticip - 548.
e/.v,AaTo F 235 IXt^^x^vio') B 231.
£pY;p£-.vTa; B 320 -^pr^pEi^TO B 1105. 1172 (Hom. F 358) r^pr-
pv:>" F 1398.
ÖTUwxa B 1054.
opiop£v A 713 fund 6 Mal) cpüpv, B 473 F 457 wpwp£t
A 1698.
3, Personalsuffixe.
a) Endungen des Actlvs.
Die alterthümliche Endung- cöx der 2. Pors. Sing, finden
wir ausser in oTiOa A 784 nur noch in dem formelhaften homer.
£fi£/.r,cÖa : B 55 ov % iUkrf^x F 404 xl y/ £6£Ar,c6a. L hat zwar
an beiden Stellen IH'krp^x^ allein das •. mutum drang nur aus
Missverständniss ein, denn ein '.-Laut war ja in dieser Forma-
tion nie vorhanden (Curtius Verb. I. 53). G hat wenigstens
558 RzacU.
an der zweiten Stelle die richtige Schreibung eOiAr^sÖa, B 55
jedoch das unmögliche eOsAotcrÖa. Daneben finden wir aber auch
fc> . . . £0£/-Y]q A 892 r 332.
Die Endung at der 3. Pers. Sing. (= urspr. rt) begegnet
bei Apollouios nach homerischem Vorbilde ziemlich häufig im
Conjunctiv; doch ist die verhältnissmässig grosse Zahl von
Neubildungen bemerkenswerth. Aus Homer sind nämlich nur
entnommen : ixdyrfiv) A 1286 (Hom. A 480) «[j.stßaXYjaiv A 437
TrpoßotAYiai r 1082 (ßäXY)aiv Hom. * 104. 576) äv-Y^civ "r 498 {\>r.-
OiY]aiv Hom. N 234) x%y)jiv A 1247 (Hom. P 658) epptyricrtv f 438
(Hom. r 353) ^epYjfftv A 826 (Hom. Z 308 e 164 x 507).
Nach diesen Mustern bildete dann Apollonios folgende
neu: avTtacYj-iv F 643 oty.aaYjai A 347 oic^eAaaviat F 879 ^aps^öXäcrjcv
A 764 7.a6J^y]!ji A 608 (so L von 1. Hand, Subj, ist 'joaxa, die
2. Hand schrieb ein w darüber, und so hat Gr -/.Aü^wutj augyjcv
A 1355 öpa-fici F 1039 xcir/jct A 1581 £vixp{[x-];Y)civ A 1512. Es
ergibt sich die Thatsache, dass Apollonios mehr Neubildungen
verwendet als homerische Fälle.
Die 3. Pers. Plur. der secundären Tempora hat die alte
einfache Endung v in folgenden Fällen :
a) Im Imperfect ?av A 636 A 1357 scpav B 1197 A 1330.
b) Im starken Aorist Activi nur bei den zwei Stämmen
-ßa und cTa: ßäv F 1176 A 1293 sßav A 152. 825 F 219 A 514.
1214. 1537 d^i^^a^) A 1692 eiaaveßav A 985 siaazeßav A 846 A 650
exeßav B 946.
GTöcv B 683 eaiav B 102 F 40. 215 A 1314. 1350 STraviaTav
A 363 GTueaxav A 1389.
c) Im starken Aorist Passivi nur in der Falschbildung
y-axeoapösv ß 1227 und in e^s'cavsv A 1430.
d) Im schwachen Aorist Passivi in ayspOev V 356 iy.eoacOcv
B 135 sVAtÖev. F 1196 eV.piGev A 1462 S-.r/.p'.Oev A 498 s-AxaGr/
A 1040 aet^Osv A 1325 uJ.olz^v) F 966 A 353. 1305 svaaOev A 513
xaxevaaOev A 91 ■:zü^rfivt F 1147 eppitwOsv B 605 hiiSvi F 1127
£;eGäa)6£v A 639 eaxaOsv A 1330 evsaxaOsv A 380 A 1778 STiva/Osv
A 641.
e) Als specifische Eigenthümlichkeit des Apollonios treten
hinzu drei Formen, die nach falscher Analogie jenen der älteren
Sprache entnommenen Fällen nachgebildet sind. Es sind dies
rpi'M B 65 Y^siSc'.v A 1700 und vipv^pe-.v A 947, also drei Formen
Grammatische Studien zu Apollonios Rhodios. 559
des Plusquamperfects Activi, das in der 3. Pars. Plur. sonst
stets die spätere Endung- aufweist. Statt -/jp/^pciv bietet zwar
LG r^pv^pstvTO, allein der Zusammenhang' weist auf die urspr.
Leseart. Der Vers lautet in L -^p/^pstvto ok zoaaov ur.v'.peyßv ayp'.ov
o'.o\xy. ; das. erstgenannte Verb gehört zum vorherg-ehenden Satz,
und muss vom Folg-enden durch ein Komma getrennt werden ;
es liegt dann offenbar eine Corruptel vor, die am besten
behoben wird, wenn so gelesen wird, wie sich thatsächlich
in zwei jungen vaticanischen Handschriften (36 und 146)
findet und wie es Merkel in den Text aufnahm: '(^py^psiv, xb
Ss TToXXbv ij-£i'p£}(£v oloy.a. Die Form -/^p-^ps'.v stimmt dann genau
zu '(^eiosiv. Die Corruptel war leicht möglich, da eben jene
Form durchaus ungewöhnlich ist und den Schreibern unerklär-
lich war. Apollonios gestattete sich zweifellos die Verwendung-
des alten Personalsuffixes zunächst bei dem Plusqpf. von oloa,
da dies Verb ihm an und für sich unregelmässig- vorkommen
rausste, und erst von da aus wagte er auch -^pv^pctv. Mit Recht
tadelt diese Formen Cobet nov. lection. 467 ; vgl. auch Curtius
Verb. II 239.
Das alte Suffix der 2. Pers, Imperat. Activ : Oi begegnet
bei Apollonios in: ävi^yßi \ 759 ostotOi ß 617 lOi A 420 T 486.
736. 940 FAaOt A 1014. 1600 Tkrfii B 693 (zweimal) xXüÖt A 411
y.£y.Au6i A 783 opvuöi T 487 xXffii A 300 ^i^Xa^i A 64.
b) Endungen den Mediums und Passivs.
Die Endung der 2. Pers. Sing, der primären Zeiten aat
erscheint (mit Ausfall des a) fast ständig ohne Contraction mit
dem vorausgehenden Vocal, wie dies ja auch bei Homer die
Regel ist, und zwar im Indic. : a^Eat F 975 0£p/,£ai F 363 £;£{p£ai
F 19 i'^acai F 1050. 1124 djy^o^: B 22 'tq£ai F 1073 XiAo^ieai F 394
;x£T7./äaa£at F 436 [j:r,'7Z0L'. F 12 oiazon F 1061 a-äoi^Ext F 419 ovoo^aEai
F 475 9£pߣa'. A 1016; im Conjunct. [rfi \).0'. xt '/ohüiitai A 1332,
dann x-iiJ.{t>qy.'. \i 56 '(O'jvica-qy.'. A 747 '(or,-xi A 862 ar^a-. F 944.
1069. 1109. 1122 'Xiaar^oL'. F 1037 T£y.Y]ai A 905. Contrahirt sind
nur zwei Formen: F 136 r^q lu 7UY~ lJ-~'-X'.o') äXXo X£'.pwv 'll^aiaTco
y.aTay.TEaTiuaY) ä'p£tov und A 357 twv o' cüx-. [X£xaxp£TrY) Bcs' ä-^öpvjez
yjpv.zl £v'.(7-/6p.£vcc ; bei letzterer Form liegt also eine Contraction
aus Eai, bei der ersteren aus r^a-. vor.
560 R z a c h.
Ebenso bleibt der Ausgang clo im schwachen Aor. Medii
fast durchweg offen : aEipao A 746 £7:acip3:o F 734 sxuBäccao A 1337
[j.r,aao A 739 tap/ücrao Ä 281, contrahirt ist nur ■^Xsüco A 797 (II. A.).
Der Ausgang so findet sich im Indic. der secundären
Zeiten nur selten: r/.sc A 1706 cuV.so B 411 T^^^'.irXto F 130,
ständig contrahirt ist IttAsu : A 414 I-Xsu äeOXwv A 743 ä^Xsu qj-eio.
Im Imperativ erhielt sich die Endung so nur in zapä
6' Texaco F 1 OzsptsTaco A 370. Apollonios steht hiemit Zenodot
gegenüber, der wie auch später Aristarch K 291 -«pic-ao gelesen
wissen wollte, Schol. zu d. St. outw */wpl; "oj c Trapisiao al Api-
GTocp/CJ. Zr,vocc~oc -apicTac y.al T:6p£ xuoo? * xwpt; ce toü q y.xl aÜTÖc.
(Das Simplex tatacro steht A 314 T 197, Düntzer de Zenod.
stud. Hom. 63 vermuthet, dass auch A 314 Zenodot tcxao las,
r 197 ist es unmöglich : VaTac;' £[ji.£To.) Sonst aber ist sowohl im
Präsens als auch im Aorist das n ausgeworfen und der Aus-
gang £0 bleibt bis auf einen einzigen Fall uncontrahirt. Wir
lesen: b.-^aT.a(^to A 416 adpeo A 420 aXs^io A 414 äp/jo F 11
£vtßaAA£o A 295 B 256 a£'.o{ac£o B 1219 el'pso F 982 ii-io
F 420 ETceiyco F 512. 1059 Ipxöo F 434 A 64. 745 TOpaxäx8£o
A 1743 rcx£o B 22 A 395 y.£/.A£o A 707 iTrixdxXso F 85 xopiaaso
A 448 Aiaffso F 946 [j.£i}a'ac7£0 A 1026 ij.y^o£o A 822 ij.vü)£o A 896
F 1069. 1110 v(aa£o A 888 F 1061 p£o A 1073 c/so F 386 Gtis-
pai'Bco F 978 (ppä^£o A 490 F 1026 A 411 /äreo F 1051 avaxai;£o
F 1038 yakiizxzo F 109. Die einzige contrahirte Form ist ßaXsj
B 57, die contrah. Silbe in der IL Arsis: äXXa ßäX£u Tuept x^'P'--
In der 1. Pers. Plur. verwendete Apollonios in einigen
wenigen Fällen metri causa das ältere Suffix iJ,£c6a: oa7Ö[j.£c6a
F 909 aö[j.£crÖa F 311. 896 veöixsaOa B 647 £Z£Tpa-6ix£s6a F 488
£VT'jvo)[A£<76a A 354.
In der 3 Pers. Plur. findet sich neben den gewöhnlichen
Bildungen nach epischem Spi-achgebrauche auch das alte Suffix
axai und axo, freilich nur in spärlichen Belegen, und zwar :
1. Beim Indic. Perf. und Plusquamperf. a) nach voraus-
gehendem Consonanten : Iv.ziyjxx'' A 319. 1180 A 996 ■:z-:zi>yjx-7.<.
F 137 b) nach einem Vocale : x£(aTai A 481 Ixs^axo A 1295 (da-
neben y.EivTai A 940 £X£ivTO B 61) /.Ey.AYjaTa: A 1128 -re-ovr.ato
A 752 B 263.
2. Beim Optativ Präs. und Aor. x/Eyoixxo A 1005 apapo'a:;
A 369 ßiwato A 1236 ■^.rqoxio^-.o A 841. '
Grammatische Studien zu Apoüonios Bhodios. 561
4. I n fi n i t i vö uf f ix e.
Das ursprüngliche Suffix [j.iva-. verwendet unser Dichter
nicht selten und zwar
a) im Präsens: ßatvEjjLsva'. A 523 'iiJ.[iv>0Li A 173. 332. 1022.
1339 B 245. 870. 1074. 1204. 1221 r 362. 457. 1107 A 239.
377. 684. 814. 987. 1559. 1643 7üaps[j.p.evai ß 489 ip£GC£[;.£vai
B 574 IV-svat A 774 B 684;
b) im Futurum : ou)^i[j.v/y.: B 950 saw^qj-sva; A 837 ;
c) im starken Aor. Activ: äXaAy.s[JL£va'. ß 262 e7t'.ß7^[j.sva'.
B 556 r 1236 A 86 avsAeii^svai A 999 eizeij-evar. A 766 tot^svat
B 11 r 355. A 725 cdo[,.v,ai A 1360 e^i^-vm T 332. 1083;
d) im starken Aor. Passiv : oa[j.r,[xsvai F 480 Tap'x-rjfj.svÄ'.
r 660 T£p(rriiJ.£vat T 1390 (Homer t 98);
e) im Perfect Activ : üoecxiiJ.v/x'. T 619.
Das durch Abschleifung" der Endsilbe aus [;.iva'. hervor-
gegangene Suffix [j.sv braucht unser Dichter an ganz bestimmten
Versstellen und zwar :
1. zumeist in der Thesis des vierten Fusses vor der
bukolischen Diärese, meist mit folgender Interpunction :
a) im Präsens: aOsptuqj.Ev A 1101 aij,'jv£|j,£v F 611 A 399
£TCa[;,uv£(j.£v A 490 avzc;c£p,£v A 719 £TC'ßatv£[/£v A 707. 716 O'.y.a'^eiJ.sv
A 1105 COy.cJ£[JL£V A 755 £AaUV£[J,£V F 1154 £p£GC£[^.£V A 529 B 533
£puy.£[;.£v A 1678 £C'£|j,£v B 329 i/£6'.£ij.£v F 476 '[j-cv A 198 tcai:£i^.£v
F 1045 y.a'.£ij.£v F 204 y.o.j.'.j;£iJ.£v A 1015 T£y,Taiv£[j.£v F 592;
b) im Futurum : 7,'.yr,Gi\j.vf A 1482 '::£'.!j£ij.£v A 499 ;
c) im starken Aor. Activ: £7:£aO£|x£v A 197 ij.£-£a6£!j.£v F 370.
547 -Äpaay£;j.£v A 1217.
2. In der Thesis des ersten Fusses, bei der Hälfte aller
Fälle folgt Interpunction :
a) im Präsens: £[x£v F 629 A 4 6£Xy£|j.£v A 436 i[;.£v A 843.
1188 F 113. 1176 A 878. 1293 ?c-/£|j.£v ß 390 X-^0£[;.£v A 15;
b) im starken Aor. : £X6£[j.£v F 622 A 438 mit folgender
Interpunction ;
c) im Futurum: oü)5£[j.£v F 767 mit folgender Interpunction.
3. Am seltensten ist die Stellung in der Thesis des fünften
Fusses ; es folgt stets ein zweisilbiges Wort ohne Interpunction :
a) im Präsens: £-aiJ.'JV£iJ.£v A 843 va'.£;j.£v A 278. 919. 1038;
562 Kzach.
b) im Futurum : ctat^csij.sv T 769 ;
c) im starken Aor. : irAcyiiJ.v/ T 526.
4. Endlich sind noch die F'älle anzuführen, wo der Aus-
gang |j.£v in Folge einer Positionslänge in die Arsis kommt.
Dies beschränkt sich auf IV-sv A 720 B 540 A 50. 849, wo |j,£v
überall in die II. Arsis fällt, und auf ii.EQi\j.e^j A 280, IV. Arsis.
Darnach lässt sich als Gesetz für den Gebrauch der
Infinitive auf [xev bei ApoUonios aufstellen : Diese Formen stehen
gewöhnlich in der Senkung des vierten Fusses vor der buko-
lischen Diärese, ausserdem in der Senkung des ersten Fusses,
wobei in der Mehrzahl der' Fälle Interpunction eintritt, nur
ausnahmsweise ohne folgende Interpunction in der Senkung des
fünften Fusses.
Betrachten wir diesen Infinitiven auf [xsv gegenüber die
auf £'.v ausgehenden (die Infinitive des starken Aorists auf eiv
mit inbegrilfen, doch mit vorläufigem Ausschluss derer auf setv),
so ergibt sich über ihre Gebrauchsweise Folgendes:
Auch dieser Infinitivausgang hat seine bestimmte Stellung
im Verse: er darf nur in die Arsis fallen, ausgenommen die
erste und letzte Stelle im Verse, an diesen hervorragendsten
Versstellen darf s-.v auch in der Thesis stehen (1. und 6. Th.).
1. In die Hebungen fällt der Ausgang e-.v und zwar:
a) in die II. Arsis, wobei der Vers mit dem betrefienden
Infinitiv anhebt:
im Präsens : c'/jOüvetv B 75 tlz^xiwii^i A 1275 A 1590 teuveiv
B 868 vai£Tä£iv A 828. 903 cr^ixa-vs-.v A 343 cacij-xccsiv T 478;
im Futurum: v-^Or^Ts-.v ß 442 ixowsc-.v A 1119 e^avü-stv
A 1190 Ao)5Y-c7£'.v r 874 A 819 viaTy^cretv F 89 A 561 vwjjiYiaetv
A 1006;
in die II. Arsis, ohne dass der betreffende Infinitiv selbst
den Versanfang bildet:
im Präsens: äyE'-v B 1193 \j.vn:v A 1257 v^ias-.v B 501
zsAE'.v A 1373 ssps'-v A 300 B 814;
im Aor. Activ : ßaXeTv B 849 A 1467 sXsiv A 1050 icsTv
A 1712 [j-oaeTv B 1223 -ejsTv A 393 tsxsTv A 802;
b) in die III. Arsis vor die T.z'ff)r,iJ.:\).zp-qc :
im Präsens: aTcoßAtö^xciv T 1143 o-a-Awsiv H 629 £;azTi'v
r 207 iJ.i;j.vä!;e'.v B 960 vaisxas-.v V 680. 1134 vaie-.v A 1744
csäl^eiv r 1033;
Grammatisclie Studien zu Äpollonios Rliodios. Ood
im Futurum : avacTv^Citv A 1349 ava-A-r;ae'.v A 1323 x^eiv
B 895. 897 S£(;£iv A 361 ixapyiffcsiv B 1049 ?/i;£cv r 582;
im Aorist: si-eTv T 26 losTv T 923 Xi-eh A 1291 [j.sXeTv
A 704 £y.-psiJisA£tv A 1539. 1587 zcpti-f T 148;
c) in die IV. Arsis:
im Präsens: av£,v A 658. 1316 T 404 ::£[/z£'.v r 601 -sas-.v
A 1736 9sps-.v A 1386;
im Aorist: ßaXsTv A 596 i/.E'iv ß 1207 Xi-ksTv T 799 [j.sAeTv
A 759 Tr.-'.%=h Y 536 r.opv.^j A 590;
d) in V. Arsis:
nur im Futurum: äza-Xv^^Eiv A 15 a7:0AAr,;e;v A 1353 az;-
Tp.-o;£'.v A 1120.
2. In die Senkungen fällt s'.v und zwar:
a) in die 1. Thesis mit folg-endem consonantisclien Anlaut:
im Präsens : C^-'-v A 265 [xiij.vc-.v B 233 vaistv A 1319 A 547 ;
im Futurum: cwaeiv F 498.
Ausserdem findet sich mit folgendem vocalischen Anlaute
überliefert in der 1. Thesis IV/s-.v hl ar/^ÖEjs'. A 1723 (so L,
Merkel hyiv^ sv crrfizcc.), was mit Bezug auf B 390, wo wir
'.a/e;j.Ev in der ersten Thesis lesen, in lT/i\j.vi v/ ar/^Ösast zu emen-
diren ist ; ferner cy/^sE-v h Oj[^.w F 700, das ebenso in Gyr,üi\j.v^
geändert werden muss, endlich der Aorist i'/Sih dq ay.Tac A 761,
der gleichfalls der Form £a6s;j.£v weichen muss, vgl. das zwei-
malige e/M\).v/ an dieser Versstelle F 622 A 438.
bj in der 6. Thesis (Versschluss) :
im Präsens: a7sp£j£'.v A 649 aEiBsiv A 921 A 249 a£(p£'.v
A 266 A 65 aÖEp-lEiv F 548 du.tjxiiv^ F 1105 x-rjvE-.v F 553. 694
Büve'.v A 627 iic-{zrj A 1208 ipetv/tvi A 1462 Oaäacrciv A 1274
■aOE'.v A 795 './.ave-.v A 348 Xs'jgceiv A 1307 A 575 (x'iuvsiv B 463
65eii£..v A 838 ss^Xetv B 801 7;:A£;r:E;£'.v A 408 caivs-.v B 315;
im Futurum : ä/.j;£'.v A 585 ä[j.s'./,aAj«l/£'.v B 583 ava^£'.v F 29
07.\}.iüGi<y A 1654 Ga)S£iv F 768. 984 £pj;c'.v A 820 /.oij.'sse-v A 1705
T-sE'.v F 351. 594 •j-aA:;£'.v F 336;
im Aorist: i~xjpih A 82 £'Z£'v A 1511 iXOe-v A 764 [j.etsaQe'v
F 438 £vi7-£'v A 1333 F 685. 917 A 736. 783.
Ausserdem findet sich einmal in der 4. Thesis B 1190 saGeTv,
äTt' £V! TTcvTip; selbstverständlich muss hier £aO£|j.£v geschrieben
werden, vgl. £-£a6£ij.£v A 197 ebenso mit Interpunction, dann
l).zzOM[j.vj F 370. 547. Auch Merkel bemerkte Proll. CXII:
564 Ezach.
,ß 1190 edendum fiiit ¥)M\j.zv' , ohne dass er es im Texte
wirklich that.
Im Ganzen finden sich in den Arö-onautika 42 Infinitive
auf iJ.v/7.'., 55 auf [xsv, 84 auf s-.v ohne die aoristischen auf siv,
deren Zahl 29 beträg-t. Zu den letzteren kommen noch die
Infinitive auf
seiv hinzu. Da in diesen Infinitiven eia Rest des Suffixes
sva; vorliegt, so ist mit Recht von Renner in Curtins' Studien
I 2 32 sqq. behauptet worden, dass sie ursprünglich auf ssv
ausgingen (woraus sich die contrahirte Form eiv ergab). Renner
zeigt auch a. a. O., dass bei Homer von 102 Fällen nur 14 vor
einem Vocal stehen und zwar in der Arsis, so dass eine Resti-
tution nicht unmöglich wäre. Bei Hesiod finden sich diese
Infinitive nur in der eng an die homerische Sprache sich an-
schliessenden Aspis vor. Apollonios folgte genau dem homeri-
schen Vorgange: alle anzuführenden Infinitive kommen bereits
im homerischen Epos vor, bei allen diesen Infinitiven fällt die
letzte Silbe in die Arsis, ebenso stehen sie nur selten vor Vocalen.
In der II. Arsis, wobei der betreffende Infinitiv den Vers-
anfang bildet, steht vor Consonanten : i\j.^oC/dv.v B 589 s'.aßaXsetv
A 639 esßaXss'.v A 826 i^eAs'siv T 809 Tai^eetv B 479 ix^u^setv
A 741;
in der III Arsis: Gavietv A 443 datUevt T 775 A 854
TU£G£c'v A 388;
in der IV. Arsis : eavsetv B 854 T 429 lohvj A 175 ojv^s-v
B 616.
Vor Vocalen stehen derlei Formen nur: in der II. Arsis:
iBsetv A 1479 (vor Trithemimeres mit Interpunction), in der
III. Arsis vor der Penthemimeres avac/sOsetv A 876 (vgl. xjt/z-
Oee'.v Homer = 320) mit Interpunction, in der IV. Arsis ßaXss'.v
A 602 6avsstv r 768 mit Interpunction, y.0L\).iv.w A 19. Im Ganzen
zählen wir 19 Fälle solcher Infinitive, wovon 5 vor vocalischem
Anlaute.
Nicht häufig wird das Infinitivsuffix va'. gebraucht. Es
erscheint
1. im Präsens: bei af;va'. B 1098 eTvat A 1038 B 22. 31.
39. 887. 1274 r 507. 603. 713 ?£vai r 1165. 1173;
2. im starken Aor. Activ: äXwva'. B 814 ßTjvat B 341 £-.-
ß^va; A 1226 Souva-. B 1129 A 148;
Gi:uiimatische Studien zu Apollonios Rhodios. 565
3. im starken Aor. Passiv: Z'J.r^-rJ.\ A 1306 oap.v;va'. T 774
A 1658. 1676 H-'-T'i^'^' -^ Hlö. 1164 oav^va- F 819;
4. im schwachen Aor. Passiv: £v'.y.p'.vOv;va'. A 48.
5. Zur T e m p u s b i 1 d u n g.
a) Schicacher Aorist.
I. Wir haben hier zunächst den Aorist mit Doppelsig-ma zu
betrachten. Apollonios verwendet eine ganze Reihe solcher
Aoristformen. Je nach der Art der Entstehung lassen sich
verschiedene Gruppen dieser Aoriste mit geminirtem c be-
trachten :
1. Bei Verben mit ursprünglich sigmatischem Auslaute:
Homerischem Sprachgebrauch entnommen sind:
Ep'jaay.c T 913. 1306 ipüsjai A 382 B 1282 e^stpusss B 1039
epuccap-svoc A 1250 Ip'jccrafj.cvii B 102. 931 epu(ja-a;j.£va'. A 1351
von der W. Fsp'Js (ziehen); indem frühzeitig damit die \V. Föpu
(wahren) verwechselt ward, konnte auch hier Doppelsigma
erscheinen, und so hat es Apollonios in spüsjai A 932 ipuacato
A 689 wie die homerischen Gedichte.
s-£;j,xcsaTS T 106 A 18, die Wurzel war wahrscheinlich [j.xc,
Leskien in Curt. Stud. II 88 sqq.
ssca-G r 1205 a.\).o'. os <säpoq icsa-c -/.'javEOv, W. Fc7, ej/sc^x-o
A 1326 y.uiJ.' äXiacTOv ioE^^axo vs'.dG; oj'iac.
v^J^Gz r 150 A 26 v.'jcsai A 1238, daneben -/.üctev (u) A 313,
die jüngere Form.
vaccaTo A 93. 1356 A 275. 567. 988. 1140 a-evaass A 1492
h[Y.!X-hoi.Gavf r 116 ewäacavio A 1213 /.aTcvacaaio B 520. 906;
W. vac, Leskien a. a. 0. 87 sq.
czacc;a(j,£vc; A 208, daneben 'iz-y.zt A 1239 z~iQy.'i B 924,
Leskien 90.
Tpssjsv A 12 ■j-o-piTcioG'. A 1050 'jTroTpesaavTOc A 1507, W. Tpscr
(lat. tcrs — terreo), daneben äipssav A 1522 ürsTpscav A 1049.
Zur Wurzel aßec findet sich, obzwar bei Homer ein Aorist
mit Doppelsigma vorkommt, ein solcher bei unserem Dichter
nicht, sondern nur die jüngere Form mit einfachem Sigma
sߣj£v r 1349 A 668.
Nicht der homerischen Sprache entnomnicn ist das hieher
gehörige
566 * Rzach.
öscrcräjj.svc. A 824, von der Wurzel Osa bitten (öijjajOa-. -(ap
xb a-.T^crai y.al ly.cieucai Schol.), Wohl aber fand sich diese Verbal-
form bei Hesiodos an einer Stelle, die uns das Scholion zu
unserem Verse bewahrt hat : vS: 'Hsfsso;. (^eafjiiJ.e-foc, y£V£y;v Kasc-
cociou y:jiyXi[j.o<.o (Fr. IX Gr.); auch Archilochos gebrauchte nach
dem Schol. das Particip Osccai^-svoi. Zweifellos entnahm Apollo-
nios den Ausdruck aus Hesiod.
2. Verba mit dentalem Stammauslaut :
a) Homerische Fälle:
aoXtsaa? A 863
a2/U(j(ja[j.cVC(; A 1209 Y 1349 A 1768 io'Jzzy.\j.iYri A 669
a9U3ca[j.£va)v A 456
Sa[j.ac7ff£v B 786. 954 ic<i^7.aae A 218 B 29. 85 A 450. 542.
1475 oa[j,ac(7ai F 395
SixacjcY) A 376, daneben of/.acrjfj'. A 347
£ccac8£ B 1166, W. £0
•/.aSiaraTo B 947 A 278. 1219
■/.sassa; r 378 /.Eaacx' A 392
x6[xwc£v B 146 h,i\).'.Gai A 556. 1269 £7.o[j.{c:c7a;j.£v A 1568
ey.cixtcaav B 303 A 1501 y.oij.ijsat B 465. 1129 T 620 A 1106,
daneben y.c[j.tJc'.ac A 1488 >toij.(!7£iav A 889
y.T£aTi(j-aTo B 788 y.a-ay.T£aT'!!:7Yj F 136
voGsiGaExat A 182, daneben svoc^t^av B 793 vGai/iaajji,Yjv
A 362
c::a77£ A 167. 326. 722 B 616. 947 A 220. 1220 cxaccav
A 1351 F 657 cr.dzcr, B 690 F 909 czä^ca-.; F 349 c-aaaa; B 813
o-äcaai A 249. 676. 885 F 180, daneben ü-^qe B 32 F 1182
o-j{ca'.(j.'. F 132 ozäss'.av A 1026
£&0'iwX(7a£tav A 1720 eooTuXiJcaaöa'. A 332, daneben icptoTcXisav
B 157 '
•äaccacOai A 1072 zacjai^ivr; F 790 A 21, daneben izasavto
B 1177 -izy.'.-o F 807, von einer anzunehmenden Stammform
zai, Leskien 121 sq. (von dieser ward -jcaTicp-ai gebildet).
rSKaGGtv B 439 ixeXaccav A 1017 A 1407 ^iXaacav F 1166
:rcXac7C7); F 1041 rShdaar] B 13 F 1307 ::£Xac5a'. A 692 B 293
■;i£Xa!7aa; B 230, daneben rAXacE A 994 ireXasav A 637 ;
TZziJ.-rzizca-o A 350
e-oX'.ffjr/ A 178 rSKiczx'. F 1095 -ziJ.zcxz A 1472 •:r;X'.jja-
[xevor A 1346
Grammatische Studien zu Apollonios Rhodios. 567
hpiacoi-co A 15 5ca-sG)VTa'. T 604 ©pacrsaceai T 20. 501. 918.
933 9p3;7j:t|j.evo'. A 1362 siCfpacjasOat T 720 sjix^pajca'.i 1' 698,
daneben espdsxxo A 50. 577.
b) Nicht homerisch sind folgende in diese Kategorie
gehörige Fälle:
iOip'.jcrs ß 488
sTrapTiffcsiev A 1210
flCTiaaö B 9 ä'T'.ffsav A 615 itT-isa-. A 1100
aüvacsauSa'. B 682 y.aTXJYasaav-o A 1248
YouväciTjai A 747, bei Homer nur das Futur Youvacop-ai A 427
in der jüngeren Form, natürlich aber mit ä;
sy.joascao A 1337.
3. Verba mit dem Suffix ez :
a) Der homerischen* Sprache entnommene Formen:
ocloiGzocGde B 1132 (vgl. aioscOsic A 1316)
äpzGCOLv r 301 ap£Sjäij,Evo^ B 462 F 846 ap£C7c-ä[/.£vot A 353
apicffacÖÄ', r 187 A 246 ^uvapsjcats F 1100 cjvapeccTaixsv A 373
ffuvapssssTS F 901, daneben -iipscrav A 1110 apj^acröai St. apsa von
der W. ap gebildet mit dem Suffixe sj; derselbe Stamm wie
im Verbum liegt vor im homerischen Vocativ 'Apeq «pdq, wie
schon in alter Zeit Ixion las E 31, vgl. das Scholion des Didy-
mos; es ist die Fositivform zu ap£'!cov, vgl; auch Bekker Hom.
Bl. 195 Curtius Grdz.^ 342;
■/.yXtzzy. A 666 v/,i\izzx A 807 IySkzczt/ B 518 7,ot.kzzzx[j.irri
A 848 A 1114 £/.7:pcy.aA£7sa,aevrj A 353, daneben aY^xAscac F 1212
oL^f/.oChizoiizx F 861
y.opsccavT' B 307 xopsctjaixsvci B 1227, daneben xspeatofASv
F 897
XoiccaTo F 1203 Ao=t:ca[xevO(; F 1030 Xoesjafjivr, F 860. 877
v£(y.£!7C£v A 875, daneben veixeccv A 462
iÖA£"a A 1036 o/dzz-r, A 17 F 689 bXizzaq F 125, daneben
^A£C£ F 660
£Ta£C!:ac A 252 A 742. 757 k^azzzTf B 765 'O.izzxi F 801
A 1161. 1276, daneben TcA£G£t£v A 382 t£X£cov F 131.
b) Nicht homerisch ist:
xp/Azzx: B 1124 £7:apx£cca'. B 1161; doch finden wir oft bei
Homer r,py.£ca mit kurzem Vocal, also die jüngere Form.
Zu 7Top£vvu[j.' (St. c-op£7) finden wir bei unserem Dichter
nur die jüngeren Formen £::Tcp£7£v A 1155 z-ipzzx'/ A 405
568 Ezach.
BG-ipzca-) A 1141 cTopscavTc A 375, wälirend bei Homer die Formen
mit Doppelsigma vorlieg-en.
4. Verba mit dem Suffix az, und zwar durchwegs home-
rische Bildungen :
e^eXasccv A 485 h{i\ixGGT/ A 1171
Soaffcai r 955 SoasiraTi V 770
eldcGGo^q B 115 iXacaai A 356 B 288 T 333 A 211. 1576
£-cXaffuat B 797, daneben kommen 27 Fälle mit einfachem er vor.
ipaaGd\j.tvoq A 542
IXacT^at r 1037
y.iBaffcev B 1189 vAoxaco'.'/ T 1360 exsoaffcav B 1126 xeSacca'.
B 5, daneben aTiScy-sBacev F 214 «TCoaxeoacsiai; F 996
■/.epaucafxevot A 516 A 1128.
5. Einzeln stehende Verba.
a) Aus der homerischen Sprache
avuffffai A 603 TiVDGzx A 413 daneben r^vjca A 1039 r^vucev
A 1065 yjvucav A 600 Btr/vu-av A 935 icavjcrrj A 1320 £^avj-ai[x'.
A 897 e^avucsicv F 188. 788; das Doppelsigma im Aor. erklärt
sich aus der Nebenform ocvjto), die neben avüto steht.
Nach Analogie von ävucaa'. ist gebildet :
Tavucca? A 993 F 278 A 601. 906 Tavuaaaxo A 344 B 91
F 1209 A 1571 Tavu(jci[j.£voi A 564. 590 xavuacaaevY] A 771 daneben
xavuaavTec A 890.
Eine eigene Stellung nimmt ein :
Sjxoccev A 797 op-dac-/)? B 252 hixoGcon F 714 A 1086, daneben
c[j(.oaov F 699 und wfjisaev B 291 ; am einfachsten lässt sich die
Gemination des c noch erklären, wenn wir mit Curtius Verb. I.
392 diesen Aorist zu einem '"-biJ.ölM stellen.
b) Nicht homerische Bildungen.
apoccY;; F 1053 apiscat F 497. Das alte Epos kennt nur die
jüngere Form oLpöariq Hesiod E. 485. Nach richtigem Sprach-
gefühl bildete der Dichter, von der vorgefundenen jüngeren
Form ausgehend, eine entsprechende ältere mit ca.
Ganz singulär und eine Neubildung des Apollonios wäre
oicca-o F 456. 1189 A 14 owc-ai^svo; B 1135 F 926, daneben
dnaairrjV A 291 am Versanftmg. Das doppelte Sigma ist durch
die Ueberlieferung von L und G an allen Stellen durchaus
gesichert. Eine innere Begründung hat die Gemination des
Sigma nicht. Da wir nun bei Homer ö'laaTC (i) a 323 i 213
Grammatische Studien zu Apollonios Khodioe. 569
ötffa(ji,£vc; 0 443 vorfinden und die sämmtliclien bei Apollonios
mit aa überlieferten Formen diese Gemination an ganz der-
selben Versstelle zeigen, an der die zweite Silbe jener homeri-
schen Formen steht, nämlich in der IV. Arsis (bei Homer
steht übrigens auch ö'5a[j.£vo; mit der zweiten Silbe in der
II. Arsis 1 339), so steht zu vermuthen, dass wir in der
Doppelung des i<j in der Ueberlieferung des Apollonios nur
eine Aushilfe zu sehen haben, um die Quantität dieser Silbe
gegenüber wtcajXYjv A 291 zu erklären. Denn mit kurzem '. findet
sich eine Aoristform dieses Verbums bei Homer nicht. Apol-
lonios ist unseres Wissens der Erste, der in diesem Aorist das
'. als Kürze verwendet, spätere Dichter ahmten es dann nach,
so z. B. ausser den p. 448 erwähnten Fällen Orph. Lith. 562.
563 oicacOa-. neben oicaTO (mit langem i in der IV. Arsis)
Lith. 123, wo Hermann gegen die Vulg. ciaaaTO schrieb. Um
nun diesen dem homerischen Musterepos fremden Quantitäts-
wechsel einigermassen zu maskiren, griff man zu dem Mittel
der Doppelung des c, indem man einer falschen Analogie
folgend sich solche Verba zum Vorbild nahm, die berechtigter
Weise in der älteren Form (mit ca) und daneben in der jüngeren
(mit kurzem Vocal und einfachem u) vorkommen. Ob dieser
Vorgang aber auf Rechnung des Apollonios selbst zu setzen
ist oder aber auf die der Schreiber, ist schwer zu entscheiden,
obzwar ein solcher Fehlgriff dem Dichter schon zuzutrauen
wäre. Für das Letztere scheint der Umstand zu sprechen,
dass er, diesmal freilich richtig, Formen wie apscrav;; und apiaoat
sich gestattete, ohne dass er sie im alten Epos fand, das zu-
fällig nur solche mit einfachem a und kurzem Vocal anwendet.
Hiezu kommt noch die an allen Stellen coustante Ueber-
lieferung.
IL Von den epischen Aoristen, deren Sigina (wie in mehreren
griechischen Dialekten) zwischen zwei Vocalen total geschwun-
den ist, verwendet unser Dichter nur homerische Fälle:
V.cuo) A 797 v«£'jaTO A 1498 aX-jai^.svo; A 91 F 886 A lU.
340 i;x>^^^'.^Ö£ B 339 s^xXsasOai ß 319. 611 F 466. 600.
az(jxx B 540 A 849.
iyeux A 367 /eusv A 34. 613. 648 v/z^x^* B 851 y.eOav A 565.
1067, woneben einmal auch e/sav B 902 vorkommt, das
Homer gleichfalls nur an der einen Stelle Q 799 kennt; weiters
Sitzungsber. d. phil.-hist Ol. LXXXIX. Bd. II. Hft. 39
570 Kzach.
Xsüa-co r 2\)\ yt\)OL\Jsvoi Ä 454 ciiyjDX^/ T 320 sTcexsuato A 268
y.aTSxejaxo A 25.
Neue Bildungen dieser Art gestattete sich Apollonios
nicht, er hielt sich streng an die homerischen Vorbilder. Wohl
aber sei hier eines sonst bemerkenswerthen schwachen asig-
matischen Aoristes gedacht, der im Epos hier zum ersten Male
betreffnet, nämlich avijpaxo A 1133. Diese Form entnahm der
Dichter der alexandrinischen Redeweise und wir dürfen es ihm
nicht übelnehmen, dass er etwas, was er im alexandrinischen
Dialekt fand, einmal auch in sein Epos aufzunehmen sich
erlaubte. Derlei locale Einflüsse waren ja allezeit massgebend,
was uns z. B. die griechische Lyrik schlagend beweist.
III. Statt des dem schwachen Aorist eigenthümlichenThema-
vocals a erscheint in der epischen Sprache mitunter s oder o
in Folge Hinüberspieleus in die Analogie des starken Aoristes.
Bei unserem Dichter finden wir nur mehr wenige Spuren und
diese verdanken ihr Vorhandensein gewiss nur dem Bestreben
des Apollonios der Sprache des alten Epos auch in Details
möglichst nahezukommen, die alterthümliche Färbung, die
nun einmal ihr zukam, nicht zu verwischen. Diese wenigen
Fälle sind :
apcsTs B 1062, so hat LG, die Variante äpats haben
einige schlechtere Codd. (codd. Regg. ACE), denen Brunck
folgte. Wellauer wies zwar die Schreibung apaate zurück, aber
er hielt jene Form für ein Futurum, ebenso wie das gleich zu
erwähnende öpcsTS B 1067 : ,utroque loco meliores et plures
libri futurum praebent, quod pro imperativo saepe poni potissi-
mum est/ Ein Futur apcw jedoch kommt in der epischen Sprache
nicht vor, wohl aber lesen wir bei Homer den Imperativ
Aoristi äpcov B 353 (Indic, äpce o 45 Partie. äpc(xq A 136 u. s.),
wovon Apollonios an der genannten Stelle den Plural bildete;
bei Homer haben wir den Themavocal z ebenso im Imperativ
ä^cTc r 105 Ü 778 ^ 414. Für die Auffassung jener Form
als Imperativ und nicht als Futur spricht endlich auch
der Umstand, dass wir in der nächsten Nähe V. 1061 und
1063 die Imperative ipscGst' und opvjT' vor uns haben; dies
Moment schliesst zugleich die Annahme aus ä'pccxs sei Con-
junctivus adhortativus mit kurzem Modusvocal. Ebenso ist
aufzufassen
Grammatische Studien zxx Apollonios Kbodios. 571
zpzz-:e B 1067, wie L von erster Hand bietet, die zweite
Iland hat ein a über das t g-eschrieben und '6pay.-z hat Gr. Dieser
Imperativ hat sein Analogen an äpcsts, mit welchem er in einer
und derselben Partie steht. Bei Homer kommt dieser Plural
gleichfalls nicht vor, wohl aber der Singular öpTso T 250.
Ausser den beiden genannten Fällen findet sich der
Themavocal £ für a nur vereinzelt, und zwar zunäclist in
£-£ßiQ(j£TO A 458 ; so steht in L, Merkel schrieb aber mit
Recht £-£ßY;5aT0 analog den anderen Stellen, wo £-£ijr,(7a':3 im
selben Sinne überliefert ist T 869. 1152 (ß-/-ja-o A 382 T 889.
1237 A 1663), festzuhalten ist dageg-en die von L und G
überlieferte Form ij.£T£ßY^(7£To A 1176, vgl. die Note Merkel's
zu d. St.
£0J7£T0 A 63 oCkk äppr,*/.To; ä/.a;a7:to^ £ou(j£-o vüiOt Yair,c, aber
ic'jjax; A 865 'q y.al £'::£it' a{c-/;Xc; icücaTo ßivOiX Tcivtcu; Merkel
bemerkt gut ,credibile est diasceuasten Apollonii consulto A 63
scripsisse £0'jc£to, äv:-. toü TrapaTaT'.y.oü, schol. 11. B 35, hoc autem
loCO £0'J(jaTO^
Endlich ist zu erwähnen T^ov, als 3. Pers. Plur. Indic. Aor.
A 184. 661. 1396 nach homerischem Vorgange E 773 K 470 S 433.
h) Futurum.
Hier sind nur zwei Erscheinungen bemerkenswerth : 1 . das
sigmatische Futurum mit doppeltem Sigma; 2. das sogenannte
asigmatische Futurum betreffs des Verhaltens der coutractions-
fähigen Vocale.
Futura mit Doppelsigma finden wir analog den betreflPenden
schwachen Aorist folgende :
1. bei Verben mit dentalem Auslaut: x-i:;7ti F 181 oxij.iczn'.
r 353 oociiizG-.v, A 1654 ov/.iz-ti A 1117 Y.z^.izzi^ A 419 B 637
vi5cp(jjoiJ.a'. A 1108 b-xccbi A 1109 szassct? F 75 b7:iccv. B 1224
(^aber sTcä^w F 142) opac7s-5[j.£6' F 183 rj[j.cpiGGz.-:y.'. F 87;
2. bei Verben mit dem Suffix £s: ir.ap-Aiccvy B 1049
T£X£cc£i? F 418;
3. bei Verben mit dem Suffix uz : 'rxGzizO:^: B 747 iwäffsivca'.
A 1751.
Die Futura, bei denen in Folge Ausfalls des urspr. a
zwischen zwei Vocalen diese letzteren zusammenstossen, bleiben
im Activ regelmässig uncontrahirt und zwar:
572 Kzach.
aYYsXeovte; B 13G i^spsw A 797 V 172. 1084 A 1558
xpavesi A 404 o-.a/.pivesi F 1129 oTpuviw B 803 OTpuvse-. A 499
e-OTpuveijff« A 1115 -opcjvsstr T 1129 Tuopcavicus'.v F 1124 iropca-
vis-jsa A 428 cryj[;,avi£'.v A 361. 414 A 1379 TSAeojs-.v A 488.
Auch im Medium ist das Offenbleiben der zusammen-
stossenden Vocale Regel : e-iopayi£c6a[ A 373 ÖavisGÖat B 62(3
y.xp.e376xt V 580 x^AiaOx'. B 618. 1135 ev^^Aig^x^ A 1309. Die
einzige Ausnahme bildet TiXstcOa'. A 895 im Versschluss, nach-
gebildet dem homerischen Vorgange <]/ 284, wo wir TsXsTcOai an
derselben Versstelle bereits vorfinden, während sonst wie bei
Apolloniüs xe\izzbx'. begegnet z. B. B 36 o 664.
6. Z n r M 0 d u s b i 1 d u n g.
a) Conjunctive mit kurzem Modusvocal.
Diese Reste ursprünglicher Conjunctivbildung sind bei
Apollonios natürlich nur mehr spärlich vertreten, da er sie als
reine Antiquitäten, die eben mit zum Apparat der epischen
Sprache gehörten, verwendet. Alle die Conjunctive mit kurzem
Modusvocal repräsentiren nichts anderes als Conjunctive zu
nicht thematisch gebildeten Indicativen. Aus der Fülle derartiger
Erscheinungen einer alten Sprachperiode, wie sie in der home-
rischen Sprache vorliegt, griffen die späteren gelehi'ten Epiker
nur noch da und dort etwas heraus, um sich doch äusserlich
nicht gar zu sehr vom Kanon des Epos zu entfernen. Die
genannten Conjunctivbildungen finden sich
a) bei Verben nicht thematischer Conjugation und zwar:
1. im Präsens. Apollonios gestattet sich nui' zweimal die
Verwendung der homerischen Form l'op.iV, einmal mit langem i
A 872 im Versanfang, wie Homer B 440 1 625, und einmal
mit kurzem -. ceOp' h\).t') V 25 wie Homer z. B. Z 526-,
2. im starken Aorist. Auch hier haben wir nur zwei
Formen zu verzeichnen StüC|ji.£v A 1335 wie Homer z. B. H 351
und O£io[x£v A 360 wie Homer z. B. A 143 W 244 v 364 u. s.
In dem zweiten Falle war die Schreibung mit st die allgemeine
Ueberlieferung der alten Homer-Exemplare, wahrscheinlich her-
vorgerufen durch Missverständniss der alterthümlichen Formen
zur Zeit der Alpluil^etumschreibnng ; statt des in die Texte
Grammatische Studien zu Apollonios Rlmdios. 573
eingedrungenen s; stand hier wie in anderen Aoristen der Art
ein r,, indem der Stammv^ocal die ursprüngliche Länge bewahrte,
vgl. hierüber Ciirtius Verb. I 195 II 59 sqq. besonders II 03.
Besonders beinerkenswerth scheint uns der Umstand zu sein,
dass Apollonios die beiden genannten Formen, da sie ihm als
reine Antiquitäten wohl ziemlich unverständlich waren, nur am
Versanfang (die angeführten Homer-Stellen nachahmend) und
auch nur im ersten Buche seines Epos verwendet hat (ebenso
wie das berührte ioiJ.v/, während das Homer geläufigere "ojj.sv (Vj
in einem späteren Buche vorkommt). Das letztere gilt auch von
den bei dieser Gelegenheit mit zu erwähnenden Formen yvoKos-.
A 661 (Homer z. B. A 302 j und Bwwc. A 898. 1293 (Homer z. B.
A 137), die mit Uebergang in die thematische Conjugation ge-
bildet sind, den Stammvocal aber gleichfalls in der ursprüng-
lichen Länge zeigen.
b) bei Verben mit sonst thematischer Bildung:
1. im Präsens. Hier liegt bei unserem Dichter nur ein
scheinbarer Fall vor. Sicher finden sich bei Homer Spuren
von Conjunctiven thematischer Verba mit kurzem Modusvocal
im Präsens (vgl. Stier, Curtius Stud. 11 138 und besonders
Curtius Verb. II 72 sq.), obzwar ihre Existenz mehrfach ange-
griffen worden ist. Darnach könnte man allenfalls der Ansicht
sein, dass auch bei Apollonios ein solcher Conjunctiv vorliege
in R 1049, wo Amphidamas zu den Argonauten spricht: iWi
tr/ ä'XAr^v i/r^Ttv zopjjv(«)[/Ev sTitppcOov, z'( x' i'^rr/.eXsai [/saXcTS,
*h'.v?;o; ;;.iij,v/;[j.£vot, w; sttstcXXsv (L iJ.ikXeiOL'.). Einen Indicativ
nach £1 •/.' zu vertheidigen wird Niemandem einfallen. Bei
Homer Hesse sich damit vergleichen 5 672 w; 3!v i-'.G[j:j^(tpC')^
•nj-iu.tTX'. thf/.y. zTiTpic, hier ist jedoch wahrscheinlich vauT'XAiTa;
Aorist, indem entweder nach Peach vauifAiTai zu schreiben
oder nach Stier Stud, I 138 jenes als äolische Bildung zu
fassen ist wie ossXXsisv 0 651. Wir hätten es also mit einem
Conjunctiv Präs. ixiKKt-i zu thun. Da sich nun aber keinerlei
Vorbild hiefür bei Homer finden lässt, so kann ich nicht
glauben, dass Apollonios auf eigene Faust einen solchen Con-
junctiv gebildet haben sollte; vielmehr steckt in der Ueber-
lieferung ein Fehler : für ■/.' ist nämlich mit leichter Aenderung 7'
zu schreiben, was ganz wohl zum Sinne passt. Damit ist der
Schwierigkeit einfach abgeholfen.
574 Rzach.
2. Im schwachen Aorist. Hier sind zunächst die Reste
kurzvocalischer Bildungen bei den sig-matischen Aoristen zu
betrachten. Dass auch diese alte Formen — Conjunctive
primärer Bildung zu sigmatischen Aoristen ohne Thema-
vocal — sind, kann jetzt Niemand mehr in Abrede stellen,
vgl. Westphal Method. Gr. I 2. 266 sqq. Curtius Verb.
II 259. Da diese Formen dem Verständnisse der alexan-
drinischen Grammatiker äusserlich doch näher lagen, als die
früher erwähnten Conj. Präs. und des starken Aorists, so ver-
wendete sie Apollonios auch etwas öfter als jene, und zwar:
A 665 jjjiwv o' £1 T'.; apstov s'-o; [j-Yj-ciasTat ö/.Xyj, h(pea^ii)-^
IJi.v|Ticr£Tai ist als Conjunctiv zu fassen, da hier tl statt d y.e steht,
wie öfter bei Homer und auch den Attikern.
A 1332 AtccvioTj, \j:r, [j,o( t'. /oXwcea;, aopaBiYjGiv et v. Tcsp
B 1073 ü)? o' cx£ Tt«; y.cpaixw /.aTcpsti/STac epy.iov avv^p x-A.
r 570 atap auTOt etüI '/Oovbg sy. 'kot:ix[xoXo aiJ.cpaobv y^Sy) 'Kt'.Gi).(xx''
ava4'0[X£v, voraus geht der Imperativ 'Äp^s; [J-v/ Tcapa vr/oc . . .
CX£/xA£gO(0.
r 909 C9pa xa [;.ev oa(76[ji.£cOa [/£-a ^v.giw, d y.vj oTia^ar) cwpa
(pspwv, xoj o' aOx£ y.ay.wxEpov aAAo •i:6pw[J.£v c;ap[xay.ov.
A 182 'Kcpl Y^P 0^'^'^ ^^pi^ ^ I-'-'O "^f? avopoiv vj£ 6£Öv vo(7(pi(j<j£xac
avxißsArjcac.
A 438 Sifpa Soaov GU!Ji,cppac(j£X3!i /.XA.
A 831 [J/f^rw; cp.epcaAsr^G'.v i-ai^aca y^'^'J'^'-'' )v£y.xcuc Y;pa)wv
ov)A-r^(7£xa'. (ilxjAAy;) vgl. Homer 0 444.
Möglicherweise liegen derartige Conjunctive auch vor:
■A 417 Gc\ o' Äv otc'Iggw TÖcfftov, 5j!J0'. y.£v vcsxiQaciJ.sv, ayAxa
xaupojv ipa ^äXtv ßa)|xo) £7ci6((](jO[j.£v.
r 901 y.at o£ X£ cijv zsAEeactv ov£{2giv ol'xao' ixotcOe Y;[;.axi xw,
£1 [J,0'. C'JVap£(ja£X£ X-/^VO£ p.£VOlV/^V.
A 1418 0£{^XX' ££A0i|JI,£V0'.7lV £VlOTCaSl? ä'[X|JL'. !paV£lCa'. YJ XIVX
■7r£xpaiY;v /üctv uoaxo?, ■/) xiva vai-^^ lepbv exßXüovxa, Osal, poov, w azb
ct'|av a'.Oo[;.£vr/^ ä[j,oxov A(ji)(p'<^co|x£V.
Ausser den genannten sigmatischen Conjunctiven begegnet
uns bei Apollonios auch noch der interessante Fall eines Con-
junctivs mit kurzem Modusvocal von einem nicht sigmatischen
Aorist. Wir lesen nämlich V 25 sq., wo Here die Athene
auffordert, mit ihr zu Kypris zu gehen:
Grammatische Studien zu Apollonios Khodios. 575
oeup' \o\).t^ [).ixa. Ku-ptv • £T'.~Xc|jL£va'. Se uav äp-sw
IZOLiol £(0 £?7C£Tv 0 Tp J V 0 ;j. £ V , otl' •/.£ ziO-rjTa'.
y.O'jpYjv A'liQTEü) 7:oA'jcpäp|j.a/.cv eist ߣA£as'.v
6£Aca'. ctG'T£'j!7ai; stc' Tr^aovu
Dem Schreiber des Laur. steckte die landläufige Form
zzp'xKo\j.vj SO in der Feder, dass er die Forderung des Metrums
nicht beachtend sie niederschi-ieb (dies haben auch Vi'at. Viud.
Wellauer). G bietet die richtige Schreibung, Oft'enbar ward
Apollonios durch das vorausgehende ic[;.£v bewogen, in dem
unmittelbar folgenden Conjunctivus adhortativus ebenfalls eine
solche Form mit kurzem Modusvocal anzuwenden ; keineswegs
aber ist etwa daran zu denken, dass hier etwa ein Conjunctiv
Präsentis vorliegt. Uebrigens hätte wohl unser Dichter die
Form überhaupt nicht gewagt, wenn er nicht bei Homer eine
ähnliche vorgefunden hätte w 89
:tc y.£v zot' azo(p8i|ji,£vo'j ßai'.A'^oc;
'(wvvuv-ai T£ v£0!. y.x\ £7:£ VT'jvovxat a£6Aa.
Mit Kecht fasst Curtius Verb. II 262 evTjvoviai nur als
Conjunctiv Aor. (vgl. £vrjv£a'. ^ 63 mit kurzem Modusvocal) und
nur so, als Conj. Aor., wird man auch unsere Form ansehen
können, da ausser dem ganz und gar berechtigten h\j.z'f eine
andere derartige Bildung im Präsens nicht begegnet ; man muss
daher zugestehen, dass Apollonios in diesem Puncte richtiges
grammatisches Gefühl bewiesen hat.
h) Optativausgänge ivi schwachen Aorist Actlv.
In Betreff der Ausgänge der 2. und 3. Pers. Sing, sowie der
3. Pers. Plur. können wir bei unserem Dichter eine feste Regel
hinsichtlich der Gebrauchsweise constatiren. Apollonios begünstigt
weitaus die volleren Ausgänge auf v.y.z £t£ etav; Optative mit dem
Ausgang a».; oder a: (a'.£v kommt überhaupt nie vor) sind spärlich
und mit einer einzigen Ausnahme an eine feste Stelle im Verse,
den Versschluss, gebannt. Während bei Homer und Hesiod jene
volleren Formen nur den Vorzug geniessen, viel häufiger ange-
wendet zu werden als die anderen, ging der gelehrte Epiker
schon weiter und schuf sich eine eigene schärfere Norm.
Die Fälle sind : ava-A-/;j£ia; A 365 äviiacsia; A 806 'j.~z-
cy.£ca7c;x; Y 996 iprjvE-.a? 1^ 698 £;j,-A-(iJ£'.a; A 429 y.z\t.'.^v.yiz A 1488
lJ.£TaßA£dy£'.a; A 726 ;
570 Rzach.
aYYeiAstcv A 1122 a6p-/,G£t3 A 467 OL-n-i-fz'.vi Y 821 avT-.ass-.sv
■ r 588. 694. 1337 ai^ciev A 1507 a-oUv^^etsv A 1154 A 767
ot.izo-'kä-^'^v.v) A 1220 iTrapTi'aasicV A 1210 £7:oTp'jvs!cv A 429 £-'.-
ßp{(j£t£v A 1157 £7rtT:v£uff£i£ A 423 ^Tnov.v) r 188. 788 cr;£'.£
A 1658 £p-0Tua£i£ A 171 iOüc£icv B 950 T 629. 652 •/.•jpc£i£ B 980
Vl({^£t£V A 588 V0Crr/^(7£'£ r 468 OTpÜV£l£ A 382 -a'J5£t£V A 714
T£X£c:£i£v A 382 xictivi r 75 fStaetEv r 460;
a|j.üv£iav ß 440 aiJ.Trv£6c7£tav A 1264 avTiac£'.av V 588. 694
A 1057 äva~AY^a£'.av A 342 a7rocp0':a£iav A 1292 liOLX\}:r^zv.ct-) V 1047
SY](0(7£iav A 244 £}affC7£'.av B 265. 558 I' 597 A 386 iaoTCAfaffc-.av
A 1720 xoixtffEiav A 889 XücEcav A 903 0TAr^(7£uv A 1 227 • OTraG£tav
A 1026 p:c£tav A 619.
Die kürzeren Endungen ai; und ai begegnen nur am Schlüsse:
«YEipai? A 893 OTuacaat? T 349;
avucaai A 603 Soaccai V 955 £YYuaX(bt B 446 \>.'jxr,aoLi B 471.
Die einzige Ausnahme bildet br.ooMooL'.q T 435, das seiner
metrischen Beschaffenheit nach (- ) nicht am Versende
stehen konnte.
7. V e r b a p u r a.
Die Verba pura auf aw em und ow erscheinen im epischen
Dialekte in drei bekannten Formen: mit offenen Vocalen, mit
Assimilation und endlich mit Contraction derselben. Apollonios
folgt im Grossen und Ganzen wiederum den homerischen Vor-
bildern. Einzelne Abweichungen haben allemal ihren besondern
Grund. Bei solchen Verben, die bei Homer nicht vorkommen,
sucht sich unser Dichter stets wenigstens an die zunächst liegenden
homerischen Muster anzulehnen.
Ä) Verba auf aw.
a) Offene Formen. Diese sind verhältnissmässig nicht sehr
häufig. Von den Verben, die bei Homer offene Formen auf-
weisen, finden wir bei unserem Dichter nicht contrahirt:
Yoxouciv r 995 £7:f/.p3!$äovTÄ? A 552 (bei Homer wenigstens
xpa^Äwv öfter, z. B. H 213) vatETaei T 313 vaiEiaouc. A 799. S26.
831. 942 (so L) B 377. 395. 1016. 1205 r 1092 A 275. 792
vatexaovTo; F 991 -£ptvat£T3£0VT£<; A 229. 941 ß 909 vai£T«£-v A 828.
903 r 680. 1133 TvjXeeaovta A 1425 £Z£/pa£v (angreifen) V 431
Grammalische Studien zn AfoUonios Rhodios. 577
£TCs/paov B 283. 498 ^ 508 (vgl. Homer II 352. 356 ß 50, an
welch' letzterer Stelle übrigens Aristophanes i-f/pwv las).
Zu diesen Verben kommen zwei hinzu, die wir mit offenen
Vocalen zwar nicht in der Ilias und Odyssee, doch aber
wenigstens in den homerischen Hymnen vorfinden: ekiM Y 411
eXaouca T 888 sXaovxc? B 80. 402 iXaovta? B 575 durchwegs
Präsensformen, das nächste Vorbild ist eXacov im Hymn. Herrn.
342; hiezu kommt l-iy.uBiast; A 383 (so LG), womit zu ver-
gleichen ist xuotxouffai im Hymn. Dem. 213.
Nicht der homerischen Sprache gehören aber an die offenen
Formen :
avTtasi A 1675 avTtaotxe B 804 cKiaei A 604 criaXaei A 1064
iz'.-zpoyiti A 1266 izt-rpoyatov A 1606 yyoiov-oL B 779 /voaovtac
B 43 £zr/voao6aY) A 672 v/jpoLv> (Orakel geben) B 454 A 257,
wogegen freilich i/pv] A 302 am Versanfang; mit s/pasv ist zu
vergleichen das pindarische 'iypoLow Ol. VII 92.
b) Assimilation. Die weitaus grösste Zahl der Verbal-
formen dieser Zeitwörter gehört hieher. Wir betrachten zu-
nächst
a) die progressive Assimilation.
Diese ist bei Apollonios fast nur auf die Infinitive Präs.
beschränkt. Von sonstigen Formen sind zu nennen nur 0Y;p'.ä-
acOov ß 89 der homerischen Sprache entnommen (M 421), und
eii:t[j.£iBiaa; T 129, wie in L überliefert ist. Doch möchte ich im
letztern Falle i'K'.\j.tio:y.z{q schreiben (so haben einige schlechte
Codd., tres Regg. W.), da Apollonios' Vorbild der Hom.
Hymn. X 3 gewesen zu sein scheint: s?' tjj.spTw ck ■Trpo^wTCw aisl
[j.v.o'.ie'., während bei Homer selbst nur das Particip vorkommt.
Von activen Infin. Präs. gehören hieher vier auch schon
bei Homer begegnende: avTtaav A 971 c(sopaav V 679 eXaav
A 101 ~ipiy.') A 496 ; in drei Fällen folgt ein consonantisch
anlautendes Wort, nach IXaav aber ein vocalisches, und es ist
av lang. Daraus ergibt sich, dass Apollonios überall die Länge
der auslautenden Silbe als die ihr zukommende Quantität
ansah; jedoch ist zu beachten, wie vorsichtig er hiebei vorging:
es findet sich nämlich die fragliche Silbe bei ihm nur in der
Arsis des 3. Fusses vor der Penthemimeres, nach avttaav und
eiscpaxv ist auch Sinnespause und Interpunction, ein Beweis
dafür, dass ihm die Länge der Silbe doch als nicht ganz sicher
578 Bzach.
erschienen sein muss. Aus der Stellung im Verse allein lässt
sich übrigens auch bei Homer die Länge des av nicht erklären,
jedenfalls wirkte hier eine Verschiebung der Quantität mit,
indem die Länge des ersten a, die ihren Grund in dem Aus-
fall des ursprünglichen j hatte, auf das Zweite überging.
Von medialen (resp. passiven) Infin. sind zu nennen:
avT'.aacröa'. B 24 cuvccptaaaOai A 328 cüyiTaaaOai A 588 e'i/'.axsOa'.
r 950 iJ.r,v.doLa(i7.i B 1278 T 506. 743 eicopaaaöat B 37 T 815.
960 -aA'.vxpo-xaacOa'. A 165. Mit Ausnahme des letzten sind alle
homerisch, nur avitaacOai braucht Homer zwar nicht, doch aber
die ebenso gebildete Form avxtäacOc ü 62 (Bekker -^vt.). Aber
auch z^'hvnpo-do'.caoi'. hat Apollonios gewiss aus Homer ent-
nommen: wir müssen nämlich vermuthen, dass er es in seinem
Horaerexemplar 11 95 las, wo unser jetzige Text aXXa Tra/av
TpoJTracÖat bietet; das gleich im folgenden Verse 96 vorkommende
cr]piaacOai weist auf jene Leseart.
ß) Regressive Assimilation.
1. Die ursprüngliche Länge des ersten Vocals (die in
dem Ausfall des j begründet ist), erscheint in den bereits bei
Homer vorkommenden Formen: jj-vwovt' B 862 qxvwovTO A 518.
1073 (zu iJ.vy.o\j.<xi) 5 hier ist die Assimilation an den folgenden
0-laut ganz in der Ordnung; allein Apollonios bildete neu
einen Imperativ [xvcoso A 896 T 1069, eine Form, in der das
w gar keine Berechtigung hat, da hier eine Anlehnung und
Assimilation an einen folgenden 0-laut factisch ja gar nicht
möglich war.
Ausserdem finden wir A 1255 in der hdschr. Ueberlieferung
IxsvoivowvT«; oXscOa;, das im Hinblicke auf Hom. N 79 [j,cV5ivü)a)
zweifellos in ixsvo'.vwsvia? zu bessern ist. In der Handschrift
haben die beiden 0-laute die Plätze vertauscht; [j.evotvwwvTa;
mit Merkel zu schreiben, dafür liegt kein zwingender Grund vor.
Für unsere Schreibung in dem genannten Falle spricht
vielmehr die Formation eines weiteren hieher gehörigen Ver-
bums, die der Dichter ohne homerisches Vorbild braucht: at/wwv
r 1382 und a[j.wovTo; Y 1187, wie LG übereinstimmend bieten.
Merkel bemerkt hiezu ,a[j.o)(.)VTOc editum vellem', ohne dass er
jedoch es wirklich zu thun wagt.
2. Regressive Assimilation mit Umspringen der Quantität
ist die allergewöhnlichste Erscheinung. Wie bei Homer ist sie
Grammatische Studien zu Apollonios Bhodios. 079
auch bei Apollonios in reichstem Maasse angewendet und zwar
entnahm er zumeist die betreffenden Verbalformen der homeri-
schen Sprache, jedoch bildete er nach diesen Vorbilden auch
assimilirte Formen von Wörtern, die bei Homer noch nicht
vorkommen.
Die einzelnen Fälle sind : In der 3. Fers. Flur. Indic.
Fräs. Activi: äv-iöwciv A 405. 703. 717. 859 aayaAcwff-.v B 988
-tpzMcvj A 461 sTi/cojj'.v A 30; Medii (^Fassivi) or,p'.6wvTat A 1729.
1772 eüysTCtovTat B 359 s^i'iwvTai A 459 [rrj/avötovia'. B 1020 tho-
pcojvTa-. A 85 u'äc^y.iiwvxai A 451 ; von allen genannten Verben
kommt bei Homer entweder dieselbe Form vor oder aber eine
andere mit derselben Art der Assimilation gebildete. Nicht
homerisch sind /.aTrviowiJiv B 131 i;.y)v[ca)civ B 247.
Optativ Fräs, aviicwto A 470 T 1406 opäwxo A 814; nur
der letztere Optativ liegt bei Homer vor in cpiw-re A 347.
3. Fers. Flur. Imperf. Medii: ß-.ctovTO A 751 eceixavcwvTO
A 884 ecp'.iwvTo A 330. 530. 671. 1344 euxstswvto A 189. 231
B 1173 A 1360 i'hiöorno B 811 T 118 rr;opli^'no B 1226 T 168
layavöojvxo B 864 qxrj/avctovxo A 527 opowvto F 503 siJopotovTO A 975
ec-7>vTo A 1227 A 1181.
Nicht homerisch sind : oiy^öiiyno A 1616 TraXivipozioivio
A 643.
Fartic. Fräs. Mascul. aiJ-sasiwv B 199 avi'.owvxoc A 836
«vT'.owvTa A 1214 avTiowvTE; A 998 B 69 F 1298 A 1206 avxiöwvTac
r 416 asxaXcwvxo? B 243 asxaAsojvx-. B 498 A 1278. 1703 äa/a-
Aiwvxa r 433 ac/aÄcor/ts; B 836 T 448 aaya/icovxa; B 1114 o-^pi6wv-
x£c A 572 Sr^piöwvxa; A 493 ecpiöor/xe; T 170 Trapsopictüv ß 1039
y.xv^aAdwv r 286 y.aYxaXctovTt T 124 y.jS-iwv A 174 T 1261 ly.iJ.T.t-
TC(ov-a r 1362 [xs'.O'iwvxs; T 1025 iJ.r,xav=(ovT£; T 583 siacpctov A 241.
765. 1176 A 429 ebopiwv-s? A 1166 B 1038 A 660 tloopcM-nx^
A 1245 -x[j.5av5(i)vx'. A 788 Trspöojvx'. A 530 Trspotovxs; A 647. 1557
sy-spdwvxec A 594 zspöwvxac; A 786 ojaidtovxs B 87 sjsidwvxiC T 410.
1303 «pjuiocüvxat; r 496 ävac'jctowv B 431.
Nicht homerisch sind: ETravö'.owvxa; T 519 cJO'.iwvT; B 371
£uo-=or/xsc A 424 B 903 A 933 evsjciotov ß 935 y.axr.sistov F 123
y.axrjcp'.5o)vxi V 461 [Xcr^[xßp'.öa)vxs; B 739 s7:'7:a|J.9aA6(i)vx£; B 127.
Fartic. Fräs. Femin. ävT-.iojsa \ 703 F 35. 880 A 1078
ävxictoaav A 370 F 717 as/aXswca F 710 asyaXcwuav A 108 äa/^a-
580 ßzach.
Xdwsa'. A 138 y.yxUMZ'j. V 928 [xs-.Biswsa F 51. 107. 150 ix-r;T'.sw!;a
r 24. 210 £-'.!r/]T'iws3: r 668 cpdwca-. \ 1724 s-jopiiosa F 77. 662
sicopöwsav A 960 eiacpsoicat A 550 A 1192 -^atj-^avcwcav V 1280
TY^XeOcojjav \ 1191.
Hieher gehörige Formen von nichthomerischen Verben:
[xu36o)ffa A 1531 -XaoöwsÄV B 662 jspiYowtjai F 1258.
Es bleibt uns noch übrig von denjenigen Formen von
Verben auf aw zu sprechen, die nicht nur den ersten sondern
auch den zweiten Vocal lang zeigen. Von diesem schwer
erklärlichen Falle liegt uns bei Apollonios nur ein Verbum
vor, das jene auffällige Formation auch bei Homer aufweist,
nämlich [j.at[j.ä(i) ; wir lesen [j.a'.ij,ü)oiv A 1270 F 1351 (das an
und für sich nicht in Betracht käme), dann einerseits [j.a'.y.wovT-.
A 1544 ''so nach Lj, anderseits aber [j.a'.i^.wwvts; A 219 und
yx-fj-ww^ai B 269. Zweifellos ist die Form des Partie. Fem in.,
die wir ja aus Homer belegen können, z. B. E 661. In Bezug
auf die andern Formen entsteht die Frage, ob wir den doppelten
langen Vocal überall herstellen sollen oder nicht, da die hand-
schriftliche Ueberlieferung schwankt. Ich glaube, dass Apollonios,
selbst wenn er bei Homer die Formen mit doppeltem langen
Vocale las, dennoch ihnen in seinem Epos aus dem Wege
ging und die regelrechten Bildungen mit langem erstem Vocal
gebrauchte, so dass wir A 1544 der hdschr. Ueberlieferung
zu folgen, A 219 aber ;j.a'.;j.wov-£c herzustellen haben. Die For-
mation mit doppeltem langen Vocal musste dem Dichter bei
näherer Beachtung doch gar zu sehr als Singularität vor-
kommen, und wenn er sich auch \xy.\\KÜitioci.\ gestattete, weil er es
bei Homer so las, so spricht doch z. B. 3.]}.üo-i~oq F 1187 wieder
für durchgängige Anwendung dieser Bildung bei dem Partie.
Masc. Wissen wir doch, dass auch Aristarch I 446 -^ßwovT« las.
Wenn Merkel in der Note zu A 219 auf die Stellen A 1255.
1284. 1544 hinweist, wo ,vestigia eiusdem formationis^ vorliegen
sollen, so hat diese Bezugnahme gar keinen Werth; denn an
der ersten Stelle steht iJ,svoiv:(.)VT3!; überliefert, indem die beiden
0-laute ihre Stelle vertauschten, A 1284 entfällt, da die Ueber-
lieferung '.opd)ovTa bietet (was zudem gar kein Verb auf ao) ist),
und an der letzten Stelle spricht die Ueberlieferung ja aber-
mals gegen Merkel, denn wir lesen in L nach seiner eigenen
Angabe ;j.xtij.o)ovT'..
Grammatische Studien zu Apollouioe Rhodins. 581
3. Contraction.
Betreffs der contrahirteu Formen von Verbis auf aw hielt
sich unser Dichter vorsichtig an den homerischen Spracligebrauch.
Nur solche Verba werden zusammengezogen, von denen ent-
weder dieselbe contrahirte Form bereits selbst bei Homer vor-
liegt oder aber wenigstens andere Contractionen bei Homer
geläufig sind. Zumeist ist das erstere der Fall.
Vom Fräs. Indic. begegnen wir folgenden Formen : Sa|j,va
A 464 (als Präsens) wie Hom. /. 221 vmg: A 409 wie Hom.
ß 132 £-'.Tpto-a-:£ A 351 (Hom. z. B. a-oipw-acrös 9 112) c-pw-
oizH' A 827 c-tpwswsiv r 893 7:apac7Tpü)c;ä>vra'. B 665 (cTpa)cpxo> hat
bei Homer nur contrahirte Formenj.
Vom Optativ finden wir nur ßiioa-o A 1236 wie bei Homer
A 467.
Von Infinit. Präs. nur a-oxpto-aaOxi F 16.
Particip. Präs. aJM\j.v/zc B 541 cC/Miiirct A 51 vgl. Hom.
e 482 ■/.jy.wi^.evov A 1327 A 629 Hom. «1> 235 'hoy^(^i).vr.'. A 991 vgl.
Hom. V 268 opwjAsvo'. A 935 hophip-vfO'. B 563 TC£ipa)[j.£voc B 638
r.tiphiixirr, Y 693 7:£'.pa)[ji.£vr) T 68 (Hom. ■KtipCrno M 341).
Imperat. Präs. ajsa A 464 Hom. E 195 sx T 1120 Hom.
P 16 di-e A 873 '^.-rlzbM Y 639 Hom. 7: 391 c-vx B 254 vgl.
Homer 1 90.
Imperf. 3. Pers. Sing, rßoc A 699 Y 76. 564. 912. 1078.
1142 A 99. 1380. 1562 !J.£-Y;jSa B 54. 467. 773 A 1369 (B 54
schreibt Merkel nach G. Hermann gegen die Ueberlieferung von
LG -pj7Y;Joa, ein Compositum, das bei Apollonios nirgends vor-
kommt, obzw^ar er häufig -irpscivvE-cv 7:p:c££i-£v und einmal auch
zpc;c£0(;jv££v gebraucht); e(x B 74. 185 Hom. r, 41 vcöiax B 678
r 1231 Hom. £7wiJ.a K 358 und öfter, G-püi^a Y 424 (foi-x A 1249:
ausserdem die Media zwTax' A 1085 [X£':£Tpa)T:ÄTO Y 297.
Imperf. 3. Pers. Plur. a^r^upwv A 344. 916 bei Hom. häufig,
ßö(i)v B 554, Homer hat diese Form nicht, wohl aber z. B. das
contrahirte Particip ßowv B 224; vocov A 1057 B 837 Hom. v. 567
•A£ptov (■/.zpiiii) A 1185 nach homer. -/..tpuyr.xz i» 364, xpiö/wv Y 874
wie Hom. Z 318.
Einen einzigen Fall haben wir zu verzeichnen, in welchem
Apollonios ohne homerisches Vorbild eine Contraction zuliess :
A 302 iy^pr, an erster Versstelle (£-£! [J-^Xa oitCs. ♦J[>oißcc I £.\
während er sonst selbst zweimal die offene Form £xpx£v vor
582 Rzach.
demselben Verbum braucht B 454 (hier auch an erster Vers-
stelle) und A 257. Bei Homer findet sich keine Form, die
Contraction eingehen könnte, allein r/py; liegt vor bei Tyrtaios
III 3 und bei Hermesianax II 89, von welch' letzterem es
Apollonios wohl übernahm.
B) Verha auf eo).
Bei diesen ist die ofiene Form die Regel, wie im home-
rischen Sprachgebrauch. Die contrahirten Formen sind ent-
weder schon durch das homerische Vorbild oder durch bestimmte
Umstände bedingt. Die Lautgruppe so wird dem episch-ioni-
schen Gebrauch gemäss zu sj zusammengezogen.
Im Indicativ Präs. begegnen wir folgenden ofi'enen Formen :
ooxso) B 1142 r 548 voew F 20 A 1334 -Azp-oiiieiq T 56 Tcap-zjYo-
psst? ß 622 9pov££t<; A 476 T 509 biv. T 345 A 1017 xotssi A 701
ßpo|j.£0'jc;'. A 787 zsp-ßpoiJLsouci A 879 coviouatvT 1376 epicuai (Fräs.)
A 1354 -/.aXeouat A 941. 1068. 1221 ß 361. 382 b. 506. 671.
910 r 559. 1090. 1341 A 175. 312 y.cixsouci A 780 B 1013
A 813 v.Xovioujtv A 487 \).o-{iouci B 663 Tpo^eousiv A 606 uTuoTpo-
[jLeoufftv A 1340 yy.xko\icv/ A 1557 xpc-^iouctv A 135.
veo(A' ß 1164 Vcöp.-:7Öa B 657 xaXesffÖe A 1413 vsccOc T 306
■/.aXsovTai r 115. 553. 860 xXoveovTat B 133 xpoTsov-cai A 1608 viovcai
r 331 -jTiTssvrai B 227 Trovsovia-. B 667 üosovra-. B 528 A 264
90p£0v:at B 46 suij-sopdoviai A 39.
Contrahirte Formen des Indic. Präs. : durch die Stellung
im Verse schon bedingt ist die Contraction bei t.-)v. B 229
vs6ii.ce' ß 1153 vsTaÖ' r 373, sowie bei afasTaOs A 1048, welche
Worte alle den Versanfang bilden, ebenso bei (fQpsu[j.ai A 363,
das an letzter Versstelle steht; ausserdem steht die contrahirte
Silbe in der Arsis bei ^i-uOsTaGs F 406 (III. A.). Homerische Vor-
bilder für Apollonios waren vsj,aat i 136, wo die contrahirte
Silbe in der III. Arsis steht, vsTcOai c 88 (die Contraction in der-
selben Arsis) aiosTcös E 530 0 562 (die contrahirte Silbe in
der II. Arsis) ; für irvsT und (fopsufj.«-. hatte unser Dichter keine
homerische Vorlage, für [jljOsTjOs jedoch z. ß. lAuöeTTa'. p 580,
wo freilich die contrahirte Silbe in der Thesis steht. Ausser
den angeführten Beispielen haben wir noch zwei Fälle zu
nennen mit der Contraction in der Thesis: oltXoqz siXsT-rai
A 1271 und Zsivi'sj aiSsi-aj F 193, wo also allenfalls die ofi'ene
Grammatische Studien zu Apnllnnios Rhodios. 583
Form möglich wäre; allein der Umstand, dass Apollonios von
diesen Verben sonst nur contrahirte Formen braucht und Muster
für sie in den homerischen Gedichten vorliegen, ist für die
Richtigkeit der Ueberlieferung entscheidend ; vgl. el\=Xxo A 1067,
bei Hom. siXsijv-o <1^ 8 s-Asüvta X 573, und das erwähnte aiosisOe
r 193 bei Apollonios, bei Homer aiosTiat p 578, wo die contra-
hirte Silbe in der ersten Thesis steht.
Von Conjunctiv Präs. ist nur die Form öiri \ 1284 zu
verzeichnen, die mit Synizese zu lesen ist.
Der Optativ Präs. bleibt durchweg offen : axsot? A 765
(von Apollonios nach dem homer. av.ewv gebildet) su;j,£V£C'.sv ß 26
vioiTo A 70 r 787 TraTsotis B 17 tsasoito A 1169 ciopioi-o A 387
(cpcvsotev A 822.
Der Imperativ hat fast nur contrahirte Formen : äypei
A 487 im Versanfang, wie stets bei Homer z. B. E 765; öäpcrsi
A 300 B 421 Hom. z. B. A 184 TrapavsTcOs B 357 (die contra-
hirte Silbe in der V. Arsis) vgl, das homer. vsTsOai o 88, Nicht
zusammengezogen ist nur iztpi.=z(iz B 425, was seinen Grund in
dem homerischen Gebrauch hat, wornach dies Verbum niemals
Contraction zeigt vgl, z, B, s^episcöat y 24, Besonders bemer-
kenswerth ist der Imperativ u-spato^o T 978; vgl, das hom. al'Sco
<[> 74 y 312, 344, Während aber Homer auch einen Imperativ
a-oeis Q 503 t 269 vom Präsens aio£:;j,at kennt, bildet ihn Apol-
lonios nur vom Präsens alsop-at.
Die Infinitive Präs. sind zum weitaus grössten Theile
offen: ez-ßpopisiv A 240 £'j[j.£V££tv B 1124 fJesiv A 1368 y.aAe^tv
A 713;
oiEcspsesOa'. A 327 -upeztpiezfiai T 979 -/.«AiscjOa- T 845 A 798
y.o|x£ccfJa. B 510 vsijOa- A 156. 171. 303. 525. 708. 720. 877.
1206 B 12. 814. 1185 F 336. 376. 572. 646. 1062. 1139. 1148
A 190. 409, 774. 827 TrovesjOa'. A 1348 B 335 T 624 zix;izzOx'
B 343 ^zpiezhxi B 73 xs^aOai V 205.
Contrahirt sind nur drei auch schon bei Homer in dieser
Form erscheinenden Infinitive: ypv.c[).iv/ B 249 T 643 \).\jbthbx'.
r 103 (alle drei zu Anfang des Verses) und vsTcOa-, B 1138
r 431, wo die contrahirte Silbe in der V., beziehungsweise
III. Arsis steht, während sonst überall die offene Form sich
findet; zu vergleichen ist o 88, dagegen Nauck Bull. 1877, 5.
Das Particip. Präs. Activi ist in allen Formen offen.
584 Rzacli.
Mascul. (resp. Neutr.) : äiJ.Yj/aviwv B 410. 885. 1140 T 423
a;xr,-/av£OVT£(; A 1701 a[i/^yavicvi:ac A 825 aTurjXsYSOvxe? B 17 ay^ecvii
ß 622 YaxofjtsovTä;; B 1005 3ua[;.£veovTac T 352 £yxcv£ovt£; B 812
£^£p£o)v B 149 A 1177. 1443 i^epeovm T 317 £^£p£ovT£; B 695
e^zpio-nxq A 711 £Üi;.£V£gvt£? A 1335 B 1136 F 540 A 1421 £'j|j.£-
vdoviac A 707. 716 B 1161 £U'^pov£a)v A 331 B 437 F 484 A 1586
•;;p£[X£OVT£; A 514 0£ov-£; A 600 B 940 Oeövtcov A 58] ÜEGvxaq A 1694
■irpcOicvTCi; A 314 £-fäpo6£cvT£; A 582 6£oi:p07:£ü)v B 922 T 544
y.aX£ü)v A 1703 ■/.aA£ovT£c B 297 A 284 y,ctpav£CvTo: A 547 y,o'.pa-
vEovxo; A 34 r 406 VvAovsovTO«; A 908 xotecov F 1252 y-poxEOvia A 1195
[xoYEOVTi A 739 B 474 [^.oyEOvta A 1318 (i.OY£OvT£<; A 1388 [xoYiovTa;
A 1162 TcapaTpoTUEwv F 946 7:ap-/)Ycp£0)v B 1196 F 303 Trap-rjYopiovxEi;
B 64 -^ipiay.oTTEwv A 1265 TruyjxayiovTa B 783 pEovxa B 1261 picvTa;
F 532 c-uY£wv B 628. 629 Tpoiieo^-eq B 1106 TpoixsovTa; A 1209
•jiroTpojj.£ovT£; F 884 cpiAdovTEq F 937 q;oߣ(i)v B 74 cppovdwv A 348
B 19 F 517 ^opdcov A 117 (topsoviE? B 452 xaTEovxt F 719. 1016
/a-ioucriv A 837 B 1124 yaTiovia;; B 1167 A 1431 d/u/oppaYEOVTa
B 833.
Feinin. : aYxaAdouca A 708 axdouaa F 85 (vgl. Hom. X 141)
ai).rjyaveoi)cx A 692 ayiouira F 643. 659 a/doucav F 267 A 1054
£Y'/.ov£0'jcav A 66 £^£p£ou(7a A 1546 £u[j,ev£ou(ja B 433 F 87 eu^pi-
v£ouc' F 998 •^psii.iojsat A 1171 Odojaav A 954 B 1035 A 953
ü-£y.'7rpsO£ou7ai A 937 y,aX£0'Jca A 146 x£pTO[j.£0'jjx'. F 663 ■/.o\).iojG3i'.
B 1176 xoTEcuca A 1672 [xeMooGOi. A 917 (oopiouaa A .557 ©opsoDaa'.
F 793 9pov£Ous' B 540 ya^iouGa> F 84 yßouaoL A 250 A 1029 y.axa-
7üpO/£OUGa F 1118.
Die Contrahirten Formen beschränken sich auf das me-
diale resp. passive Particip. Präs. Dies aber erscheint niemals
offen, sondern stets mit dem ionischen Diphthong £u; nur theil-
weise sind diese Formen der homerischen Sprache entnommen.
Wir lesen atx£'jij.£vov B 486 (nicht hom.) cov£6|jL£va F 1295 (nicht
hom.) 6r,£6[;.£vo; A 436 0-/]£6[X£voi B 808 A 300 (vgl. hom. 0-/)£üvxo
z. B. H 444 £0-rj£Ü[j,£c6a •. 218) 'i:ov£6[ji,£vo'. A 731 (Hom. tzq'/e'jixv/cc
N 288 xov£Ü(ji,£vcv A 374) (pcpE6[j.£vo? B 192 (pop£U[ji,£vov A 1236
cpop£U|j.£vot B 1245 (nicht hom.). Die Contractioussilbe steht
überall in der Arsis.
Das Imperf. endlich weist im Activ w^ie im Medium als
Regel die offenen Formen auf; nur in der 3. Fers. Sing, und
Giiinnnatische Studien zu Apollonios Ehodios. o85
Plural begegnen zusammengezogene Formen, die Apollonios der
homerischen Sprache entnahni.
Offene Formen: avi'vsov A 613 a-sfAss F 607 -/^veov A 348
r 947 £-y;v£ov r 907 auvYjvsov A 463 f.pcov A 397 ä'^psev A 1327
ßXacjTcOv A 1425 ißöfj-ßecv B 569 ßpö;j,cov B 597 y'/^Osov A 93
a(X9£0£ov B 64 £5iv£ov B 695 oix£ov A 666 liv^ A 1262 A 955
6ä[jLߣsv A 73 eSai^^ßsov A 550 T 924 A 1363 e££v A 239. 1264
A 43 £6££v A 1015 Uov A 568 B 274 A 964. 1225 T:ap£^£0£ov
A 592 iOv^Acov r 221 r/.Xcov T 246 £yic|x£ov B 1263 -/.tüttsov B 83
eAU)E£OV B 648 £Atb9££V A 1627 XaT£Xd)y£OV r 616 [J.£X£XlJ)9£CV A 1161
[X£Tp£=v A 930 £[A£Tp£ov B 915 Trapsij.sTcsov A 595. 1166 B 937
A 218 rr,'/eo'^ A 403 7:xp£vv^v£0v A 1123 0[x(A£Ov A 630 £7:i7:A£C.v
r 119 av£Trv£ov B 607 aTTETuvee B 193 pes A 887 T 462. 761.
1353 A 1680 ipp££ r 805 A 1531. 1703 piov T 222 p-/0£ov
A 925 ec^opcov A 1145 |j.£T£9ü)V££v A 702. 1287 B 208. 431. 1178
r 169 7:poj£9wv££v r 1067 XE£ A 435 B 1272 T 1210 A 750
X£;v A 1142. Hiezu kommen die Formen r^vieov A 845. 931.
1183, wo a zu £ geschwächt ist nach dem homerischen Vor-
bilde H 423, wovon ausgehend sich Apollonios auch einmal
cuvt^vtee; A 1486 gestattete (vgl. Curtius Verb. I 351) ; weiter
cp.:y.A£cv A 1006 nach Homer 0 658.
Medial (passiv): äxiovTO B 156 sv. x' iph^no T 1167 v.OLKio'no
A 1149 £7:'./.Aov£ovTC A 783 i-i-poviovro A 1588 7cap£^£v£;vr3 B 651.
941. 1243 TToveovTo A 1185 T 1340 eiJ.cpop£ov-o A 626. 1699
cpcpeovTO A 1279 T 71 A 579. 1540 yüx A 1525 i/Jovto A 638
7:poy/ovTo A 635. 883.
Contractionen. Die hieher gehörigen Formen nehmen ent-
weder die beiden Hauptstellen im Verse ein (zu Anfang oder
am Ende) oder aber steht die zusammengezogene Silbe in der
Arsis. In erster Thesis mit folgendem Vocal (so dass Ver-
kürzung des Diphthongen zi eintritt) stellt: coü-ei (£-'. Gv.o-irjc)
B 1056 EiAct (aoy.ca6\iv)Qc) A 181 (wie Homer [j. 210), mit folgen-
dem Consonanten : v.iaij.z.'. T 46 (vgl. Homer r, 13 iv.6G\ie<. am
Schlüsse) aij-oETOAS'. A 1547 Täpߣ'. Y 459 A 16 wie Homer z. B.
Y] 51. An letzter Stelle: aü-c£i A 1337, 1702 gerade wie auch
bei Homer sicli diese Form zweimal an derselben Versstelle
vorfindet Y .50 <I> 582. In den Vershebungen steht die con-
trahirte Silbe ausser in d;j,9£-5A£'. bei i-?iß:'. fll. A.) A 1695
v-^0£.. iIII. A.) A 436 (Apollonios las wohl Z 140 7r/)£' für -(r^diX)
Sitzungsber. d. phil.-hist. Cl. LXXXIX. Bd. II. Hft. -10
586 ßzach.
po'Ici (III. A.) \ 129 f^pv. (IV. A.) A 619 (vg-1. Homer 6 304,
wo die Form am Versschlusse steht) zThv. (IV. A.) B 571
•/.aXc- (IV. A.) A 843 vgl. Homer N 740 iv-o^/^i: (IV. A.; T 48
(öfter bei Homer).
Die 3. Pers. Plur. Activi zeigt Contraetion zweimal an
erster Versstelle: 6ä[j,ßsuv A 1192 w[j.apT£uv A 579; bei sajxapaYsuv
r 1333 steht die contrahirte Silbe in der III. Arsis vor der
Hauptcäsur ; keine dieser drei Formen kommt bei Homer vor,
auch von sonstigen Contractionen findet sich nur cixo^py.^;:! Homer
B 210. Zu diesen drei Fällen kommt noch das von Hermann
zu Lithik. 172 conjicirte o.aaoejv T 1304, wo die contrahirte
Silbe wie bei iap.apy^^e-jv in die III. Arsis vor der Hauptcäsur
fällt. Es hat demnach unser Dichter in diesen Formen sich
die Contraetion, da er von Homer unabhängig vorging, nur
an den hervorragendsten Versstellen, wo sie leicht entschuldbar
war, gestattet.
Bei medialen Formen des Imperfects erlaubt sich unser
Dichter eine Contraetion nur dann, wenn die betreffende Form
entweder an einer der beiden Hauptstellen des Verses oder
aber die contrahirte Silbe in der Arsis steht: Zu Anfang des
Verses finden wir die einzige contrahirte Form der 3. Fers.
Plur. Med. : p-uOsivO' A 458, am Ende des Verses ^wpeTis A 639
A 1687 (vgl. das hesiodische y.aTYjwpsDvTc A. 225) i\).zis'Kovzi-:o
r 251 wie Homer M' 681; die contrahirte Silbe steht in der
III. Arsis bei siXsTto A 1067 (hom. srAsOv-c 4> 8) br,zixo A 958
wie Homer e 75, ixjÖcTto A 1346 [j.u63tÖ' ß 763, in der V, Arsis
nur Or,£iTO T 445 wie Homer s 237.
Präsentia auf v.m. Von diesen die ältere Stufe der Verba
auf £0) darstellenden Bildungen (wo das ursprüngliche j sich
vocalisirte) hat unser Dichter etliche Fälle aufzuweisen, und zwar
zunächst das P^rticip äxstsijiv/; A 1082 ; Apollonios hielt sich
genau an den homerischen Vorgang, denn bei Homer hat auch
nur das Particip den älteren Diphthongen, z. B. a/.£'.ö[j,£voi II 29
ä/.£'.6i/£vov ; 383, während die übrigen Verbalformen die jüngere
Bildung aufweisen, z. B. axiovTO E 448 X 2; demgemäss hat
auch Apollonios B 156 £Xy.£a c' ävBpwv c'j-a|ji.£Vü)v av.isvTs. Jeden-
falls waren metrische Gründe bei der Verwendung jener älteren
Form in der homerischen Sprache massgebend, und diese be-
wogen gewiss auch unseren Dichter, auf die alte Form zurück-
Grammatische Studien zu ApoUonios Rhociios. 087
zugreifen. Weiter ist zu nennen das gleichfalls der homerisclien
Sprache entnommene Particip xp^'-wv A 360 B 182. 314, welches
als Partie. Präs. zu y.päw fungirt (Homer G 79), daneben das
Medium xp£ictj.£V(o A 413. Die jüngere Form xpiwv, welche wir
Hom. Hymn. Apoll. 253 (neben jenem y^pdh)'' Hymn. Apoll. 393)
vorfinden, weist darauf hin, dass wir einen Uebergang von
Xpiw in die Gruppe der Verba auf sw anzunehmen haben (wie
z. B. das obengenannte 6[xi/.XcOv) und eine dem berührten a7.£t6[j.£vo'.
analoge Bildung. Ein ursprünglich zwischen £ und '. vorhan-
denes 7 ist natürlich keinesfalls anzunehmen, vielmehr liegt in
Xpsüov derselbe Fall vor, den Curtius Verb. I 344 für das home-
rische ixT/e>.z\iv/oc p 471 statuirt, das er aus dem St. [^aya ableitet.
Dieselbe Bildung ist anzunehmen bei dem defectiven
Particip -Apzm'/, das ApoUonios nach homerischer Weise (0 31
X 48) in den Formen y.p-io^v T 240. 1177 A 1009. 1069 y.psto'jca
A 579 verwendet; die zu Grunde liegende Wurzel ist %pa, Curtius
Grdz.^ 154 (vgl. aÜTO-z.pa-T(j)p).
Ausser den angeführten Beispielen begegnet uns eine
weitere derartige Form, die bei Homer nicht vorkommt, (^£ioujav
A 734: [).y.k=pzio 7:'jpb; i^EioJcav äu-[j.r,v neben ^se'j A 1262 u. s.
^£0v r 273; hiezu kommt das Compositum äva'C£''s'j(ja A 391. w;
sa-r' Tfx'C.aio-JGo. ßxpl»v /cAov nach der allgemein acceptirten evidenten
Conjectur von Ruhnken für das hdschr. av.a'wojcja. Das alte Epos
kennt die ältere Form mit dem Diphthongen nicht, wohl aber
hat Kallimachos Hymn. auf Artem. 60 Zv.owix. Beide alexandri-
nischen Dichter bildeten diese Formen, wofern sie nicht in der
uns verloren gegangenen epischen Literatur ihnen vorlagen,
nach den homerischen Mustern ganz regelrecht, denn die Wurzel
ist L£(j, woraus durch *^£ojo3 *i^£Jw ^£iü> ebenso wird wie z. B. aus
*V£'.y.£cj(«) Vc'.y.sito.
C) Verba auf oto.
Diese erscheinen theils in assimilirten, theils in contra-
hirten Formen:
Zu den ersteren gehört IcpwcvTa A 1284 im Versschluss
(die Länge des Themavocals erklärt sich durch Ersatzdehnung
für das einstige j ), Merkel schrieb gegen die Ueberlieferung
lopcotovTa, was nicht gutzuheissen ist, vgl. Homer '.cswovtx - 372
'.cptoivTac z ö\).
40*
588 Kzach.
Mit Umsetzung der Quantität sind gebildet die Formen
apcwct A 796 wie Homer i 108 und CYjtowvTec A 489 wie Homer
A 153. .
Alle übrigen Formen von Verben auf ow sind contrahirt
und zwar Youvouixai A 1014 youvoOto B 1274 yojvo6[j-£voc F 988
vgl. Homer yo'xfo^[).oi.\ <I> 74 -^o'j'^cdiivfoc 0 660; OYi'.cuvtec A 614
vgl. Partie. o-^-.oW P 6.5 Imperf. or^io'jy 0 708; ?coü(xxt T 1108 wie
bei Hesiod icojcOa'. E. 562, während Homer nur die Form lch)zix'.[).r,-/
von diesem Verbum kennt; an diese der alten epischen Sprache
entlehnten contrahirten Formen schliesst sich das von Apollonios
nach diesen Mustern neu aufgenommene eTCt^eivojvto B 764 an.
8 Verba auf iJ.'..
a) Themalose Aoriste.
Was diese Aoriste betrifft, so hielt sich Apollonios im
Ganzen an die Sprache des alten Epos. Nur in einem Falle
wollte er auch selbständig eine derartige Neubildung versuchen,
allein gerade durch diesen unglücklich ausgefallenen Versuch
bewies er, wie sehr ihm das eingehende Verständniss für diese
alten Spracherscheinungen abging.
Der homerischen Sprache sind entnommen:
aXwr,; A 491 vgl. Homer P 506, aAwvai B 614
a"/.-o B 286 r 1253 £;aXTO A 464 £;aA[X£vai B 268 i^nrJX-
lJ.v,o: B 825 A 873 y.XT£-aA[j.£vov B 583 (aber icry^XaTo A 878)
ap;x£voi A 1461 äp!j.£va A 237. 889
aTCGupac A 1212 T 175 A 1433
ß^r A 168 u. s. sß-/; A 209 u. s. 'i^riij.v^ A 866 T 558
£ßYlT£ r 316. 403 i'ßYjcrav A 872 u. s. i'ßav A 152 ßa(yi A 441
ß-^vat A 104 ßavT£? A 528 A 1550
ßXö[A£vcc B 914. 1038 ßX/^p.Evov B 1212 ^6;xßXY;To A 311. 1253
^U[J.ßA-01X£VCC X 121
Y£VTO (fassen) V 1321: vsvto Oowv £[x-X£'.ov oBovtwv Tm^XYjxa
^p'.yyr,-^ oipj t" ä'(7/_£TSv und A 225: ''ri'ny. B' t'-cov '[hxo yj-poi') 'AJ^'-ipTsc;
Homer z. B. IN 241. Auch Apollonios' Lehrer Kallimachos
verwendet das Wort Hymn. Dem. 44.
£YV(ov B 486 £>«) A 1254 A 48. 698 yvw F 973 yvoiy;t£
A 797
GrammatiBclie Studien zu Apollonios Rhodios. 581)
c£y.To A 1242 io£/.To B 1147 T 190. 871 Ss^o A 420 Sr/Oc
A 1554 ^iyßT. A 650. 822 B 1275 F 585 A 186. 1210 oi-([>,vioz
A 455 T.oT'UyiJ.v,oi A 1282 jTreSsy.To A 210. 360. 954 B 653. 894
r 580. 1014 A 1635 •jr.oce-nj.evo: A 235 ü-üooiyßyii T 425
oO r 1256 Bu A 1195 r 1407 A 771. 1618. 1629 '»/j
r 1444
■/XuO'. A411 y.XuTc B 209. 311 A 1347 y.sxAoO; A 783 y.r/.XuO'
B 11 /iy.XuT£ A 1654
y.axsy.xa A 1043
£uy.Ti[ji.evo; A 1355
i-^Y.axihBy.zo A 431
lJL(y.To r 1223 (Hom. A 354) l>iy.T= Y 1163 (a 433)
opco A 703 (Hom. A 204) wpxo A 159 und noch 18 Mal
(Hoin. z. B. £ 590)
ouxa B 111 r 1381 (Hom. Z 64) o'jxajAcvoi F 1396 ouTaivivwv
B 156; daneben cjtcz^s B 831 wie Hom. O 528 zu ouxäv^.wv
F 132 gehörig
tüXy-to A 697. 1052 A 17
i^e'i:Xti)\).t\ B 645 sTrsTrXwij.sv B 152 (Hom. z. B. iTrexXw?
T 15).
sviaTTs; A 487. 832, so L an beiden Stellen, während
F 1 und A 1565 sv.aTri in derselben Handschrift überliefert
ist. G hat überall vnar.e ausser A 832, der in der Lücke ist.
Ueberall steht dieser Imperativ wie bei Homer im Versschlusse.
Bei Homer begegnet uns sowohl hiüT.tq z. B. y 247 als auch
evi'cTiE resp. sv.cTce als Imperativ, letzteres 3 642. Beide Formen
lassen sich durchaus plausibel erklären, vgl. Curtius Verb. I 191;
für hi'jzez, führt der Urheber des Schol. V. zu Q 388 (wahr-
scheinlich Herodian) szia/c; als Parallele an, und hiari erklärt
Curtius richtig, indem er annimmt, dass das ursprünglich
wurzelhafte e in die Analogie des thematischen überging. Dass
auch unser Dichter die beiden genannten Formen im homeri-
schen Texte las, dafür scheint mir die Ueberlieferung des Laur.
zu bürgen. Bei der penibeln Nachahmung Homers in formellen
Dingen ist es mir auch unzweifelhaft, dass er von beiden
Formationen Gebrauch machte, so dass überall die Leseart
von L beizubehalten ist. Merkel schrieb überall svi^tte;.
hXr^q A 793 hXr, A 204 (und 4 Mal) sxX-riixsv A 192. 1252.
1360 TAai-o? r 719 TAaiV, F 389 xXyiO-. A 300 TXy;Tc B 341. 344
590 Rz'^'h.
syjr, B 584 jTTs^Or, A 307 -^^oär, A 1180. 1209 A 1768 ^po'^Oa-
|x£vo; A 913
^ÖicOd) r 778 (der Imperativ kommt vor Apollonios nicht
vor) (fObOx-. r 754 (L cpOsTsOa'.) ofi:[j.v/o:o A 1063 c-O'.ijivo'.s-. B 889
(f6t[jL£vr, r 791 a7ro96(;j-£vo; A 1529 aTroipO'-ijivou B 852 aTO^Otjjivr.v
A 1066
XUTO B bi)i A 1279 e/./jto B 97 -:y.-/iiJ.£va'. A 880 G::£;£y;jT'
r 705.
Nach einem hesiodischen Vorbilde gebraucht Apollonios
eY£VTo (= £Y£V£To) : A 1141 xx o' iov/.ixa G7^|/aT' £Y£vto A 1427
'EaTtepr, a.h(eipoc, ■7rr£/.£r; o' 'EpjOr^'.c £Y£vto vgl. Hesiod. Th. 705 tögctcc
oouTuo? eyevTo Oewv spiBt ^uvtövxwv (sonst noch -civxo Th. 199. 283) ;
unmittelbaren Anstoss zur Verwendung dieser Form mag- wohl
Kallimachos unserem Dichter gegeben haben, bei dem wir sie
gleichfalls lesen : Hymn Del. 147 r/;[j.o; £7£vt' ä'paßc; oiv.toz xöco;
zhy.wXoio, ausserdem noch Lutra Fall. 59 und yevxo Hymn. Zeus 50.
Von den angeführten der alten Sprache angehörigen
Bildungen ausgehend versuchte Apollonios eine selbstgeschaffene
Form iü sein Epos einzuführen : sXeizxo A 45. 824 A 1244
überall im Versschluss nach vorausgehendem Consonanten, so
dass nirgends eine etwaige Corruptel aus A£>v£'.::xo vermuthet
werden kann. Diese Form kann nicht etwa als ein Plusquamper-
fectum aufgefasst w^erden, wie es ehedem Buttmann that, denn
obwohl Apollonios gar manche grammatische Schrulle hatte,
so lässt sich doch nicht mit Wahrscheinlichkeit annehmen, er
habe neben dem regelrechten XiXenzxo^ das er \ 855 und an vier
anderen Stellen anwendet, ein reduplicationsloses Plusquam-
perfect iXsiTrco geschaffen. Vielmehr griff er, indem er Aoriste
wie £0£7.xo vor Augen hatte bei der Nachbildung solcher Formen
fälschlich zum Präsens- statt zum Vcrbalstamm und gelangte
so zu der genannten Form. Uebrigens fand Apollonios (vgl.
Curtius Verbum I 190 und II 148) in dieser Missbildung Nach-
ahmer, so an Nonnos, der ein äiif-To braucht, Dion. XLIV 241 :
opOio; '.Txb: xij.z'.t.to 7.y.\ a;x-£Xc£'.; 7:£X£v opTTv;; ; ferner Anthol.
Pal. XIV 4. 2 B; >' ^x^^vrvzz.
b) Perfecthildungen ohne thematischen Vocid.
Von den Resten der primären Perfectbildung verwendet
Apollonios :
Grummatische Studien zu ApoUonios Khodios. 591
TMyßi A 760 (zu TJio-;7.) wie W 158.
ßsßaoccriv \ 359 ßsßatbc T 1312 qxßcßaw; F 1241 s.AßeßawTc;
B 1127 A 999 i7:£ij.ߣßaü)? A 1681
YSYaaci'.v B 1162 T 366. 731 vevawTa F 421 vc^auia T 535
Ycva-jtav A 719 T 244. 1075 sy-YSYätr^v A 56 e7^(eydocav^ A 260
i/Y^vaä); A 208 T 364 ey.vevajTa A 233. 975 e/.YcYawTec A 952
sxYSYawTac B 1225
oeoaw? A 76. 140. 445 B 247 otoouo^e A 52 (Hom. p 519)
o£':o'.iJ.£v r 60 osi'c'.ei B 617 (Hom. S 342) Seioulav T 753
o£;ci;t£? F 1329
£V/.To B 39 A 1612 (Hom. W 107)
l'oixev A 135 A 1076. 1319. 1569 h^e B 1047 haai F 932
laToj A 466 und 7 Mal, '.'cixava^ B 11 F 355 A 725
[j.£|j.aac»'.v A 399 [j,£[;.au)? F 564 A 490 iJ.e[)Moxeq A 207. 1050
[j.£,aaoT£? A 1588 (vgl. Hom. B 818) [XEjjLjcöxa; B 1198 [j.£|j-auTa
F 809 iJ,£piauTav F 682
7r£7rTY;wTa A 1056 B 832 A 1292- r.eTzvfi&^OLC F 321. 1311
7:£'KTY;dT£(; A 1298 •::£7rTY;sTaq A 1263 ■^rciCTf/jTav B 535 A 93 -::£-
7UTr;jTa'. A 1454 iv.TTcTrrr/jTav F 973; die Form 7r£'n;Tr,dT£; ist nicht
homerisch, während die andere T.ti:xr,uix^z z. B. q 474 begegnet.
ea-raffav F 238 £aTY;tlJ? B 49. 193 isTr.wta; F 1384 isrou^a
F 878 A 163. 959 ioiaxaaa^^ F 967 htovr,toc; F 121, aber i-pecTadTa?
F 1276 vgl. Hom. hEaxaöxeq z. B. M 51. 199, während Homer
jene Formen nicht kennt, 'joe.axx\).v/(x.: T 519;
£T£tXa.JL£V A 807 T£TAa6'. A 64 T£TAr,CT£? B 542
T£Ov£'.wT'. F 461, wozu für das F 748 handschriftlich über-
lieferte aber metrisch unmögliche xzHvz'.6m,y/ (statt des von Ste-
phanns conjicirten T£6v£d)Tiov [mit Synizese], wie wir oben gesehen
haben) T£f)vai-:ü)v hinzukommt, so dass wir bei ApoUonios t£6v£iw;
resp. T£6vr,o)c und xtbvxd):; ebenso neben einander vorfinden, wie
EGvCfOK und iffxawc (letzteres in der Form Utaxixöxocc F 1276). Auf
die Nachahmung jener Form 'C£9vaw£; durch Quintus Smyrnaeus
ward oben schon hingewiesen.
c) Bemerkungen über einzelne Verba auf [j.u
y:r^\v.. Von diesem Verbum begegnen uns bei ApoUonios
die regelrechten Formen : Imperat. aoTw A 768 (nicht vor
ApoUon.) Infin. äyjva-. B 1098 (^wie Hom. y 183) Imperf. äV,
592 Rzach.
A 926 (Hom. \j. 325) Partic^p ivnoq A 241 mit kurzem Vocal
vor VT wie bei Hom. avneq E 526 aevTo; Hom. Hymn. VI 3.
Allein neben den genannten Formen finden wir auch ein Imper-
fect ä'sv A 605: toTcjiv 3' aur^;xap ij.kv ä'sv y.y} stI /.vi^aq oupoq B 1228
f,pi c' av£Ypo|j,£vo'.(7'.v eu-zpay;;: ä'sv ojpoc. Die letztere Stelle lässt keinen
Zweifel über die wirkliche Existenz der Form, bei der erstr
genannten könnte man allenfalls daran denken, dass oir, zu
schreiben sei wie A 926; so aber schützt eine Stelle die andere.
Wir haben in jener Bildung einen Uebergang in die thematische
Conjugation zu erblicken (wie wenn ein Präsens ä'to existirte) ;
fragen wir, wie es kam, dass Apollonios eine solch unerhörte
Form wagte, so scheint es mir zweifellos, dass er äsv nach dem
Muster von hw bildete, das er selbst, freilich ganz vereinzelt,
B 199 gebraucht: toIo;; dwv oloq 7u6X£|ji,6vo' i'cv. Die medialen
Formen des Verbums ci.r,iJ.i sind ganz regelmässig.
dijJ.. Die 1. Plur. lautet sV-sv B 1150 T 393 A 1322 wie
bei Homer. Als 3. Plur. findet sich neben ehi A 271 (und an
weiteren 9 Stellen) die aus anderer Bildung hervorgegangene
Form 'iaG: A 442 und noch 22 Mal (fast durchwegs am Vers-
schlusse, im Innern des Verses nur A 442. 479 B 882). Von
der regelmässigen Flexion des Imperfectes kommt nur vor ^v
als 3. Sing. T 231. 501 und als 3. Plur. das augmentlose saav
A 730 (und 14 Mal), das überhaupt die einzig vorkommende
Form dieser Person ist. Sonst lesen wir ^a T 978 (Hom. E 808)
^£v A 79 und 41 Mal, so dass diese Formation als die Regel
gelten kann. Daneben findet sich £y;v A 134 und 14 Mal. Im
Optativ Präs. konnte es sich unser Dichter nicht versagen
neben slV^v I^ 704. 1116 ^ B 231 (und 5 Mal) £t£v A 22 B 9
A 1774 auch einmal das seltene ist (Hom, 1 142 X 838) an-
zuwenden: r 548. Im Infin. Präs. ist am häufigsten die
älteste Form £;j.[j.£vai A 173 und 17 Mal 7cxp£[/tx£vai B 489, £|j.ev
kommt nur einmal vor T 629, dagegen £lvat A 1038 und 10 Mal.
Ueber den Imperativ 'iaxw (F 82 und 4 Mal) und das häufige
Particip ist nichts zu bemerken. Im Futurum sind die älteren
Formen mit Doppelsigma die Regelmässigen: s^aojj.ai T 989
|X£T£C7aoiJ.ai B 447 haeoa T 1050. 1124 iasexai A 291 und 20 Mal
Trap£Gt7£Tai A 891 eaG6[t.Efix A 870 ax£c;(76[jL£e' F 945 icG^cfiz. A 390
i'ccovTat A 840. Das als Futur verwendete mediale Präsens
(ohne Thema) Esiat hingegen begegnet nur zweimal V 184. 358.
/
Grammatisclie Stadien zn Apollonios Rhodios. 593
Auch im Infin. Futur, ist die ältere Form mit cc die geläufige
(A 469 B 646 r 524. 550. 590. A 255), wogegen ececOat nur
B 253 begegnet.
v.[jA. Ausser den bereits berührten Conjunctiven XoiJ.vf
A 872 r 25, welche die ursprüngliche Conjunctivbildung haben,
finden wir die spätere Bildung vertreten durch ^uvmc. ß 1078.
Vom Optativ begegnet nur loisv ß 277 wie schon im Hom.
Hymn. VI 12. Nur an zwei Stellen lesen wir die älteste In-
finitivform i'[j.eva'. A 774 ß 684, gewöhnlich ist l^-sv A 720 und
11 Mal, Ivjoii nur T 1165. 1173. Imperativ l'ec A 420 und 3 Mal,
I'ts A 1414. 1584. Das Imperfect wird von Apollonios nur
in einer einzigen Form nicht thematisch gebildet, nämlich in
der 3. Plur. r^^jav T 1331 -/.aiv-isav B 812. An einer Stelle T 442,
bietet die Ueberlieferung von L ol c' -j^effav ex ii.e^(apdlo (G corrupt
r^sffav), wir hätten also 'die attische Form vor uns, die jedoch
Apollonios gewiss nicht geschrieben hat. Vielmehr lief oflfenbar
einem Abschreiber die attische Form in die Feder und es ist
V-cav herzustellen, das wir an den genannten Stellen vorfinden.
Merkel blieb bei dem von L überlieferten '/^ciav. Ausserdem
braucht einmal Apollonios auch die Form ohne Augment : ix
B' "crav r 112. Alle übrigen Formen des Imperfects aber bildet
er nach der thematischen Conjugation und zwar die 1. Pers.
Sing, e^v^iov A 446 wie schon Hom. /. 274 avr/.ov, weiter die
3. Fers. Sing, ri'.e A 141 (und 5 Mal) Ottois T 1077, ff-v A 74
\ 454 in den Versschlüssen y]sv ^OO.z'jq und ^ev 'ly'^cor^ ; hiezu
kommt das ganz singulare lev B919; loloq ewv oio^ •ä:6Äc[x6v3' l'ev.
Dies Imperfect ohne Augment findet sich in den homerischen
Gedichten etwa 10 Mal vor. Von der 3. Plur. endlich ist nach
dieser Flexion gebildet avr;'.ov A 238 (Hom. /. 446).
ol5a. Zu nennen ist die 1. Pers. Plusqpf. ffier/ F 309, die
3. Pers. Sing, erscheint uncontrahirt y^sicsi ß 822, besonders be-
merkenswerth aber sind die bereits erwähnten Formen der
3. Pers. Plur. fjsstv B 65 und y^siosiv A 1700, die nach falscher
Analogie das Personalsuffix v aufweisen.
'iriii:. Von diesem Verbum ist nur die 3. Pers. Sing. Präs.
'it: zu erwähnen A 634 e'::Tx oia !jTo;;,aTtov '(ei ^io'/ ; wir haben hier
einen Uebergang in die thematische Flexion wie bei Hom.
B 752 xpciet. Doch ist bei Apollonios 'irfv^ das i'egelmässige,
so B 356. 973 V 141 A 290.
594 Rzach.
St. tXa. Von diesem Stamme lesen wir den Imperativ
Präs. tAYjO'. B 693 nach v 380 r. 184; neben dieser Form mit
y; aber gebraucht Apollonios auch 'Ch7.fi: A 1014. 1600 lAaxc A 984.
1333. 1411. 1773, das die regelmässige Bildung vom St '•Xv.
repräsentirt ; dies letztere nahm der Dichter, da es bei Homer
nicht vorkommt, offenbar nach Kallimachos' Beispiel auf:
Hymn. Dem. 139; übrigens vgl. TAa-xx'. Hom. Hymn. XXI 5
und Nauck Bull. 1875, 505. Die übrigen Formen dieses Stammes
sind nach der thematischen Conjugation gebildet iXässÖa-. B 847
A 479 (vgl. Hom. B 550 '.Xäovxai). Daneben verwendet Apol-
lonios sowohl Ihda-AoiJ.y.'. z. B. ''KxGv.ovxa'. T 1140 als auch '.Xi^y.o'.!;
B 708 nach dem homerischen iXy^j/.-fjc. s 365.
9. Iterativbildungen.
Unser Dichter hat von diesen der epischen Sprache
besonders eigenthümlichen Bildungen einen ausgedehnten
Gebrauch gemacht. Nicht nur nahm er viele der bereits vor
ihm voikomm enden Fälle in sein Epos auf, er gestattete sich
auch mehrfache Neubildungen. Während wir jedoch in den
homerischen Gedichten Iterativa aus den Stämmen des Präsens,
des starken Aorists thematischer und nicht thematischer Bil-
dung, endlich aus dem schwachen Aorist vorfinden, gebraucht
Apollonios einzig und allein solche aus dem Präsensstamme.
Denn die Form zapi^azv.t A 210, die er einmal nach dem home-
rischen azÄ^ X£Yi;j.£vov \ 104 anwendet, ist ein Imperfect zu
dem Präsens ,ja(r/.o), wovon der homerische Imperativ ßaTv.' l'Oi
öfter vorliegt (vgl. Curtius Verb. I 274 II 378). Die iterative
Bedeutung freilich ist an manchen Stellen stark verwischt, was
uns aber nicht Wunder nehmen kann, da dies ja mehrfach
schon im alten Epos der Fall ist.
Gemeinschaftlich ist nach der Lehre der Alten den Ite-
rativen der Mangel des Augmentes: E. M. p. 295, 14 la -(xp
Tota'jT« aTToßaXXo'Jc; rr// ev ipyfi y.X'.Tr/.rjv eV.Tactv. Aber wie sich
mehrfach Spuren des Augmentes bei Homer finden (vgl. Curtius
Verb. II 379), so hat auch unser Dichter mitunter augmentirte
Iterativformen gebraucht. Misslich ist es jedoch, dass die
Augraentspuren sich nur bei zusammengesetzten Verben finden,
wo also der Vers kein Kriterien für das Vorhandensein oder
Grammatische Studien zu Apollonios Kbodios. Oc/O
Fehlen desselben abgeben kann, und man einzig' auf die hand-
schriftliche Ueberlieferung- und die homerischen Vorbilder
ang-ewiesen ist. Handschriftliche Spuren finden sich deutlich
namentlich an zwei Stellen: T 687 hat L ir.v/Xo^füzv.o'/, ebenso G.
Merkel schrieb sr'.y./.ovEEsy.ov ,ex uno libro recentissimo'. Der
zweite Fall ist A 1725, wo in L die erste Schreibung- s-'.-to-
v££c/.ov in das durch den Sinn verlangte s-scxsßscsy.ov corrig-irt ist,
das auch von G geboten wird und durch die Schob Flor, weiter
beglaubigt ist: £-£SToߣ£r/.ov. izeuvt ihO'.oopo\)'no, ußp-.wov. Die Schob
Paris, haben hiefür auf die erwähnte erste Schreibung von L
zurückgehend £'::£C7To;j.£esy.ov. An beiden genannten Stellen wird
es sich empfehlen im Hinblick auf homerische Beispiele wie
7:ap£y.£cy.£T' ^ 521 av£ixcp;rjp£c:y.£ [x 238 (mit der Variante ava[j,op[rjp£(7y.£)
besonders aber j 7 a: [j,vr,7-r,p5'.v £|/;!7Y£cy,ovTc ■::apoc r.zp. wo das
Augment beim Iterativ durch den Vers geschützt ist, die hand-
schi-iftiiche Ueberlieferung aufrecht zu halten, wie Wellauer
that. Eine willkommene Parallele bietet uns Apollonios' Vor-
gänger Aratos 111: /.al ß(cv c'jtm rr,i: ari-poOöv •(^v.'vss-/.ov, ähn-
lich wie auch bei Alkman Fr. 72 B : •^r/.£ gut bezeugt ist
(statt £V/.£). Auch an zwei andern Stellen noch' schrieb Brunck
ein Augment A 1074 oitZ6itT/,zv und A 1650 ht'ApoJtT/.o^/ nach
einigen schlechten Codd. (Codd. Regg. CDE). Da aber LG
hier kein Augment haben, so ist selbstverständlich o'.o:aÖ£r/.ov
und hy:/.pojzzv.ov die richtige Leseart.
Was nun die Bildung der Iterativa betrifft, so können
wir die bei unserem Dichter vorkommenden in zwei Haupt-
gruppen scheiden: 1. Iterativa von Verben der nicht themati-
schen, 2. solche von Verben der thematischen Conjugation.
1. Die erste Gruppe beschränkt sich auf zwei Fälle: itaz
208. 747. 754. 1116 r 195. 927. 1290 A 381. 1173. 1646 iV/.sv
A 899. Bei diesem Verbum ist die iterative Bedeutung am
wenigsten zu urgiren. Iliezu kommt £;av{£ay.5v A 622 und ;j.£0(£r/.£
r 274, von Apollonios wahrscheinlich dem Iterativ hiiT/.i bei
Hesiod Th. 157 nachgebildet, da bei Homer diese Bildung nicht
vorkommt.
2. Bei dieser Gruppe müssen wir drei Unterabtheilungen
unterscheiden, indem die Iterativa der Verba pura auf ao> und
£co eine eigene Beachtung verlangen.
596 Rzach.
a) Regelrechte Bildungen consonantischer und vocalischer
Verba, und zwar a) nach homerischer oder sonstiger epischer
Vorlage :
a|j/^t£Z£ay.cv A 571 iixfisTzayJ' A 562; Homer hat zwar nicht
dies Compositum, aber ^fsiusa^ov [j. 330 ;
avay.A6(^c5y,£v B 551, Hom. das Simplex y.Au'C£c/.ov W 61 ;
otaCo)£C7.ov A 1074, nicht bei Homer, aber bei Hesiod
wenigstens das Simplex i^u)cc/.ov E. 90. 133;
otvcÜ£Gy.ov A 1184 A 1456, Homer otv£6£cy.' Q 12;
£m7rAa)£ffy.ov A 459, nicht homerisch, bei Hesiod aber
wenigstens TOMi'CzGv.'' E. 634 ;
£pryT6£cy.ov A 1301, bei Homer nur ipYjtücracy.s A 567;
Oap5'jv£(jy.£v zi 1054 Oapfj'jvcffyov B 712, vgl. Homer A 233.
y.Aa(£cx£v A 272, Hom. 0 364;
'küecv.z (^OL^id . . . Xözcv.e) T 822, Homer dXküea'/.e ß 105;
vaiec'/Le^i A 509 T 240 A 575 cuvva';£cy.£v B 657, Hom. ö 719;
0Tp6v£ay.£v F 653, Hom. Q 24 ;
7rotjj,aiv£{7y.£v A 970, Hom. i 188.
ß) Ohne homerische oder sonst epische Vorlagen braucht
unser Dichter noch folgende Iterativa dieser Abtheilung :
ä'Yeu/.ov A 489 (schon bei Herod. I 148)
a|j.'rtv£(£ay.ov F 231
avaßAu£(jy.£ F 223 (G av£ßA.)
avay,pou£ffy,ov A 1650
avacxa'/ucaxov F 1354
av[a(£(jy.ov F 1138
ßap'j6£(jy.£ A 43
octat^£(7y,£v F 819
£Atvu£Ciy.ov A 589
£VTÜV£(7y.£ F 40
£7:t66v£7/.£V F 1325
£7:ty.ayAa'C£5y.£v A 944
£7utcTa/6£(jy.ov A 972
£p£e£cy.ov F 618. 1103
£9C'::At'££r/.ov F 843
O'j[;.a{v£!:y.ov F 1326
lxacT£'jcffy.ov A 1394
[xstaAA'K^Yä'jy-ev F 951
Gramniatiscb.! Studien zu ApoUonios Ehodios. Dvi
o'.§a(v£c/,ov r 383
TwairTaivsay-s T 953
-Kapaiccsfjy.ov B 276
-irepescy-ov A 800
■jTopcaivscxov A 897
TCOpCpUpcC/.cV A 461
Tu66£ay.£ A 1530
(jy.aipscjy.sv A 1402
Te[ji.v£c/.£v A 1215
Tiv£ffy.£v B 475
Tp(ߣay.£ B 480
Tp6)(£7y.£v B 473
9ai3puv£!7y.£v A 671
)^pi£cy,£ A 871.
b) Die Verba pura auf £0) bilden das iterative Imperfect
theils regelrecht, theils mit Hyphärese des einen £-Lautes.
Jenes ist bei ApoUonios das Gewöhnliche :
a) Nach homerischen Vorlagen :
e££cy.£v A 182 e££ay.ov A 1624, Hom. Y 229
■AaA££ay.ov r 1099, Hom. Z 402
7.o,u.££cy.ov B 455, Hom. w 390.
(|/opl£o:y.£v B 34, Hom. B 770.
ß) Ohne homerisches Muster:
£7r£y.Aov££cy.ov T 687
£7:£C'C0ߣ£!jy.0V A 1725
y.otpav££(r/.£v B 998
[j(,OY££ay.ov A 962
7iapr,Yop££(7y.£v F 610 A 1410 ■äapr^YopEEcv.ov A 1740
'7:£p'.ßpoiJ.££(jy.ov A 17
'TzpopiEGV.e T 225
CppOV££ffy.£ A 1164.
Hyphärese des einen der beiden zusanimenstossenden £
zeigt nur y.i\eaY.z A 1514, wie wir auch bei Homer 0 338 J'.b?
51 ^iifr/Aoio y,aA£cy.£-co Bouy.oXiSao lesen. Es ist daher auch selbst-
verständlich derVorschhigBrunck's, wegen des früher erwälinten
y.aA££c:y.ov V 1099 an unserer Stelle statt der überlieferten Leseart
xzzt Y^p ySkitT/.i \}.'m ojvsy.a \J.r^v^^p zu schreiben, ganz und gar
haltlos. Die Hyphärese des einen £ findet sich im alten Epos
598 Rzaeh.
öfter, z. B. Hom. E 790 oi/vscv.s Hesiod. Th. 835 po^sc-/', bei
Herodot im neuion. Dialekte ist sie ständig-. Dem Apollonios
scheint diese Iterativform nicht behaut zu haben.
c) Die Verba auf zw weisen durchaus nur solche Iterativ-
formen auf, in denen der Themavocal e nach vorausg-ehendem
a zu a sich assimilirte. Auch hiefür hatte unser Dichter die
Vorlagen bei Homer und er entnahm der homerischen Sprache
folgende Beispiele :
Yoaa(7y.cv A 264 voaacy.ov A 293 Hom. 0 92;
sAczacy.ov A 733. 1156 B 1071 A 77, bei Homer kommt
zwar diese Iterativform nicht vor, doch aber die aoristische
sXacacy.sv B 199; jene Form bildete Apollonios vom Präsens-
stamme iXa, der bei ihm in den Präsensformen sXaousx T 888
iXäovTs; B 80. 402 sXaovT«; B 575, im Imperf. fAaev T 872 vor-
liegt, wie schon bei Homer in der Form fAtov Q 696 S 2.
vatstaacxsv A 68 va'.£Taac7y.ov B 997 Y 977 A 1211 Hom.
vatSTaaay.ov z. B. B 841.
Nicht homerisch sind dagegen folgende bei Apollonios
begegnende Bildungen :
avTtaacy.ov B 100
ßoaacxsv A 1272 B 588 A 923
•/.aYXotXaaay.cv A 996
y.uStaxcy.ov A 978
[ir,v.xaGv.e T 612 A 7 (j,-^Ttaaay.ov A 492. 526. 1070.
Besonders bemerkenswerth ist S-^jiaaffy.ov B 142. In dieser
Form liegt eine Falschbildung von Seiten des Dichters vor,
da es ein Verbum o-/;tato nicht gibt. Doch ist dieser Irrthum
leicht erklärlich: indem Apollonios Formen des Verbums Br^iow
vorfand, die ganz das Ansehen hatten, als wären sie von einem
Verbum auf aoj gebildet — so 3-r;toa)VTci; Hom. A 153, das unser
Dichter selbst braucht A 489, oder o-^'.owvto Hom. N 675 — so
konnte er auf den Gedanken kommen, es existire wirklieh ein
Verbum Sr)iaa), von dem er ausser der Iterativform gewiss auch
das erwähnte Particip oY;ii(ovi£; ableitete ; für den letzteren
Umstand spriclit besonders die Thatsache, dass unser Dichter
auch das Particip oy;'.ojvxc; A 614 gebraucht, das er wie die sonst
begegnenden Formen c-^uoffs'.av A 244 o-/;'.oj(7£cOa'. B 117 o-r;ta)0?;vai
A 81 A 1044 von dem richtigen Präs. ärjiöt») abgeleitet hat,
üramiuatische Studien zu Apolloiiios Rhodiüs. ö99
während er daneben ein OYjtäco und, wie wir aus dem T 1374
vorkommenden Imperfect eov^iov ersehen, auch ein ct/m als
Nebenform im Präsens ansetzte. Jedoch ist zu bemerken, dass
er soY^tov, wie die g-anze Stelle F 1372 sqq., aus dem Epiker
Eumelos in sein Gedicht herübernahm, Schol. L zu T 1372 :
Mt^osia ~poq "B[j.ova.
Zusatz.
Mit Sia[j.[j.oipr,oa F 1209 auf p. 481 ist das homerische Sie-
[j.c'.pöcTo ^ 434 zu vergleichen.
VI. SITZUNG VOM 13. FEBRUAR 1878.
Herr Dr. Anton Mayer, Secretär des Vereines für Landes-
kunde von Niederüsterreich^ übersendet mit Begleitschreiben den
I. Band seines Werkes: ^Geschichte der geistig-eu Cultur in
Niederösterreich^
Das w. M. Herr Professor Maassen legt eine Abhandlung
des Herrn Professor Dr. Thaner in Innsbruck vor, welche den
Titel führt: , Untersuchungen und Mittheilungen zur Quellen-
kunde des canonischen Rechtes I', und um deren Aufnahme
iu die Sitzungsberichte ersucht wird.
Herr Professor Dr. Richard von Muth liest eine Ab-
handlung: ,Ueber eine Schichte älterer, im Epos nachweisbarer
Lieder von den Nibelungen' und ersucht um deren Veröffent-
lichung in den Sitzungsberichten.
An Druckschriften wurden vorgelegt :
Freiburg i/B., Universität: Akademische Gelegenlieits-Schriften von 1876/77;
40. und 8».
Gesel Isc liaft, deutsche, morgenländische: Zeitschrift, XXXI. Band, 4. Heft,
Leipzig, 1877; B".
Journal the Canadian of Science, Literature and History. Vol. XV. Number 5.
April 1877. Toronto, 1877; 8".
Mayer, Anton, Dr.: Geschichte der geistigen Cultur in Niederösterreich von
der ältesten Zeit bis in die Gegenwart. I. Band. Wien, 1878 ; 4".
Orsoni, Fran^ois: Carte .<<ceuographique du chateau de Noto.
jRevue politique et litteraire' et ,Revue scientifique de la France et de
l'Etranger. VII« Annee 2« Serie No. 32. Paris, 1878; 40.
Sapieha: Revision der Oekonomic von Kobrin. Wilna, 187G; 4".
Verein für Geschichte der Deutsclieu in Böhmen XV. Jahrgang, Nr. 3
und 4. Prag. 1877; 4". XVI. .Jalirgang, Nr. 1 und 2. Prag. 1877; 4". —
Der Ackermann aus Böhmen von .Johann Kuieschek. Prag, 1877; 8^.
Thaner. Untersuchungen u. Mittheilungen z. Quellenkunde d canon. Rechtes. 601
Untersuch imgen iiuci Mittlieilungen zur Quellen-
kuüde des canouischen Rechtes.
Von
Dr. Friedrich Thaner,
Professor der Rechte in Innsbruck.
Die nachpseudo-lsidor'sche S.aninihmg des Codex 522 von
Moiiteeassino.
Der Codex Nr. 522 ' des Klosters Montecassino saec.
XII in 4" enthält von p. 7 bis 179 eine Canonessammlung-.
Da in derselben Handschrift von p. 228 bis 231 und p. 236
bis 372 noch eine Sammlung aber der historischen Ordnuno^
ohne pseudo-isidorisches Materiale vorkommt, so bezeichne ich
jene zum Unterschiede von dieser als die nachpseudo-isido-
rische Sammlung-, oder schlechthin als die Sammlung von
Montecassino, weil dieselbe aus einer andern- Handschrift nicht
bekannt ist.
Meines Wissens hat erst Aug. The in er in den Disqui-
sitiones criticae p. 338 bis 341 einige nähere Mittheilungen
über das Werk gemacht. Nachdem er von der äusseren An-
lage desselben, von der Anzahl der Capitel, die 315 beträgt,
und der Vertheilung derselben unter 74 Rubriken gesprochen
hat, fährt er fort, dass jede einzelne Abtheilung ihre besondere
Aufschrift habe, die alle insgesammt (universim) aus dem
Werke des h. Anselm entnommen seien. Desgleichen wären
auch alle Capitel aus der nämlichen Sammlung und zwar aus
* InTheiner Disquisitiones criticae, Rom 18.S6, p. 338 steht durch einen
Druckfehler in der Ueberschrift des Paragraphen num. ö52.
2 Siehe Nachtrag.
Sitzungsber. d. phil.-hist. Cl. LXXXIX. Bd. II. Hft. -il
002 T h a n e r.
allen dreizelin Büchern entlehnt. Sodann führt Theiner einige
Beispiele der vermeintlichen Benutzung Anselms an, und ge-
langt so zu dem Schlüsse: ,Haec pro nostra collectione suffi-
ciant, quae nullius momenti est, et ad nihil aliud inservire
poterit quam ut eius ope capitulorum inscriptiones in Anselmi
opere corrigantur' etc. Diesem Urtheile würde auch kaum zu
widersprechen sein, wenn die Angaben Theiner's auf Wahrheit
beruhten, allein statt dessen sind sie vielmehr so ungenau und
unrichtig, dass sich mit weit mehr Recht behaupten Hesse,
dass sie selbst nullius momenti seien; denn was das Verhältniss
unserer Sammlung zu derjenigen des Anselm von Lucca betrifft,
so bleibt von den Behauptungen Theiner's nur das bestehen,
dass eine grosse Uebereinstimmung zwischen ihnen vorhanden
ist, oder bestimmter ausgedrückt, dass die weitaus überwie-
gende Mehrzahl der Capitel der Sammlung von Montecassino
sich auch in Anselms Sammlung findet.
Ein richtiges Urtheil lässt sich über die Bedeutung unserer
Sammlung nur durch die Feststellung der darin enthaltenen
Quellen und Vergleichung aller Capitel mit der Sammlung
Anselms von Lucca gewinnen.
Diese Untersuchung lege ich nun in der folgenden Gegen-
üb^'stellung der Capitel vor, nachdem ich mir die dazu er-
forderlichen Notizen zu Ostern vorigen Jahres in Montecassino
gesammelt habe. Da ich während der Bibliotheksferien der
Vaticana auf der Reise von Rom nach Neapel nur einige Tage
für den Aufenthalt in Montecassino zu verwenden hatte, so
beschränkte ich mich dort darauf, aus der Handschrift eben
nur das Nothwendigste zu notiren, um nach der Rückkehr aus
Italien die Quellen der einzelnen Capitel zu erheben. Neben
die Capitel aus Anselm stellte ich die entsprechenden aus dem
Decretum Gratiani, und glaube damit um so weniger etwas
Ueberflüssiges gethan zu haben, als ja die Collectio Anselmi
noch nicht gedruckt ist. Die Zahlen der Capitel setzte ich nach
der Zählung des Cod. Vatic. 1363 der Collectio Anselmi, die
durch spätere Zusätze noch nicht verändert ist. und mit der
die Codices Paris 12519 und Graz 41/43 übereinstimmen. '
' Theiner muss, nach, den hohen Nummern der Capitel, die er p 339
aus dem Hb. VI. anführt, zu urtheilen, einen Codex benutzt haben, in
den später viele Capitel eiiifvesclioben sind; wahrscheinlich den Codex
Untersuchungen und Mittheilungen zur Quellenkunde des canonischen Rechtes. bOo
Die fett gedj-uckten Ziffern zeigen jene Capitel an, die in der
Reihe der Sammlungen eine besondere Stellung einnehmen.
Ich habe nämlich die Capitel der Sammlung von Moutecassiiio
nach den Anfangsworten mit mehreren der bedeutenderen all-
gemeinen systematischen Sammlungen aus der Zeit von Ps.
Isidor bis Gratian verglichen, und zwar: mit der Collectio
Anselmo dedicata, ' von der ich ein Verzeichniss der Rubriken
und Capitel besitze, mit Regino de synod. causis, mit dem De-
cretum Burchardi, mit der Collectio XII partium, von der
ebenfalls ein Rubrikenverzeichniss und eine Abschrift der ihr
eigenthümlichen Capitel in meinem Besitze ist, soweit sie in
dem unvollständigen - Exemplar der kön. Bibl. zu Berlin Ms.
Savigny 2 enthalten ist, mit der Coli. III part. nach Ab-
schrift des Berliner Cod. Nr. 197, ferner mit der Sammlung
des Anselm von Lucca nach dem verglichenen Text der drei
oben citirten Handschriften und den mit ihr verwandten
Sammlungen: Coli. XIII part. (Walter Kirchenrecht, §. 100,
Nr. 20) aus Ms. Sav. 3, Sammlung des Cardinais Deusdedit,
Sammlung in sieben Büchern (Walter 1. c. Nr. 29) nach einer
vollständigen Abschrift des Wiener Cod. 2186 ^ und einer theil-
der Barberina; denn diesen hat Theiner nach einer eigenhändigen Notiz,
die sicli in demselben findet, schon im Jalire 1835 eingesehen und eine
Lücke ans der Vatic. Handschrift 1364: ergänzt.
1 Nach der Bamberger Hä. P. I 12. Da aber diese in P. I, XI und XII
Lüclten hat, so dass ihr im Ganzen 56 Capitel fehlen, so habe ich aus
dem Codex des Domcapitels in Modena die betreffenden Capitel zu den
Rubriken der Bamberger kurz notirt. Im Herbste des vorigen Jahres
hatte Herr Hofrath J. Ficker die Güte, meine Aufzeichnungen mit der
Handschrift der Anselmo dedicata im Domcapitel zu Vercelli zu ver-
gleichen und daraus zu vervollständigen, wornach im Wesentlichen die
beiden italienischen Handschriften übereinstimmen.
2 Es fehlen demselben das ganze 2., 7., 8. und 12. Buch, ausserdem aber
auch aus dem 9. Buche über vierzig, und aus dem 10. Buche eilf Capitel.
Vgl. H. Wasserschieben Beiträge zur Geschichte der vorgratianischen
Kirchenrechtsquellen, S. 35, Leipzig 1839.
3 Dieser Codex führt zwar auch im neuen Handschriftenkatalog der Wiener
Hofbibliothek den Titel, den ihm einst Laml)ek gegeben hat: Decretale
Bonizonis; er enthält aber in Wirklichkeit jene Sammlung in sieben
Büchern, von der Theiner aus dem vatic. Codex Nr. 134H in den
Disquis. crit. p. 347 bis 355 die Rubriken veröffentlicht hat; nur ist sie
dort mit Zusätzen bis aus der Zeit Paschal's II. und Excerpten aus einer
kirchenrechtlichen Schrift, die wirklich von Bunizu Iierrührt, vermehrt.
41*
(504 T hau er.
weisen des Cod. Vatic. 1346, sowie endlich mit Ivos Decret
und Pannormie. Die durch den Druck hervorgehobenen Capitel
sind nun lauter solche, die nur in der Sammlung Anselms
von Lucca oder einer der drei als mit ihr verwandt angeführten
Sammlungen vorkommen, sich also weder in einer voran-
selni'schen, noch in einer der beiden Sammlungen Ivos finden.
Aus der neuen Ausgabe des Decretum Gratiani von Emil
Friedberg sehe ich, dass von diesen Capiteln manche im
Polycarp und der Caesaraugustana also in zwei Sammlungen
vorkommen, die gleichfalls zu den mit der Collectio Anselmi
verwandten gehören. Bei dieser Unterscheidung der Capitel
ging ich von dem Grundsatze aus, dass für die Bestimmung
des Verhältnisses der Sammlungen zu einander die üeberein-
stimmung oder Verschiedenheit der Quellen allein nicht aus-
reiche, dass es vielmehr auf Form und Umfang der Capitel,
insbesondere auf den Text der Capitelanfänge ankomme. So
kommt, um nur ein Beispiel anzuführen, aus dem cap. 2 der
römischen Synode vom 19. Nov. 465 (Maassen Geschichte der
Quellen d. can. R. §. 282 n. 8, Thiel Epist. gen. Rom. pont.
p. 161) ein Citat mit viererlei Anfängen in den Sammlungen
vor, nämlich: Cavendum ergo in'primis est — inlicitis in der
Anselmo dedicata sowie im Original, Cvrandtim ergo inprimis
est — convenerhif in der Sammlung des Anseimus und dem in der
Coli. XIII part. enthaltenen Auszug aus derselben, Cavendum
ergo est inprimis — convenerint in der Sammlung in sieben
Büchern, endlich Cavendum est inprimis — conveniunt praecepta
in Ivos Pannormie, und' Cavendum est inpnmis — prnec. con-
venerint in unserer Sammlung cap. 152. Die Nummern der
Rubriken setzte ich unter Klammern, da sie in der Handschrift
fehlen, dasselbe that ich bei der Bezeichnung der Capitel des
Anselm, wo sie sich nicht vollständig mit jenen von Monte-
cassino decken.
Der Sammlung geht eine Uebersichtstafel voraus^ deren
erste Reihe die (rothe) Nummer jedes Capitels enthält, da-
neben steht die Autorität geschrieben, der es angehört, die
dritte Reihe bilden die Nummern, die die Capitel in der be-
treffenden Quelle führen, und in der vierten Reihe stehen die
Anfangsworte der Capitel, daneben hat eine neuere Hand noch
die entsprechende Seitenzahl (fol.) des Codex hinzugesetzt.
Untersuchnngen und Mittheilnngen zur QuelleiiltuDde des canonischen Rechtes. 605
Ich lasse nun das Quellenvei-zeichniss nach der Reihe der
Capitel folgen, das ich aus diesen selbst, nicht aus ihren In-
scriptionen, die ja zu ung-enau und unvei'Iässlich wären, fest-
gestellt habe.
Diversorum patrum sententiae de primatu Romanae
ecclesiae.
1. Ex libro Deuteronoraii XVII 8 flf. Ans. II 1.
2. Pseudo-Anacletus c. 30 Anfang u.
c. 34; Hinschius Decretales
Ps.-Isid. p. 83, 84 I 2, » c. 2 pr. §. 6 D. 22.
3. „ Zepherinus (c. 6) H. 132 . . II 6, c. 8 C. II Q. 6.
4. „ Calixtus (c. 1) u. 2 H. 136. I 12, c. 1 D. 12.
5. „ Fabianus c. 15 Anf. H. 163 II 10 (— tribuitur).
6. „ „ (c. 27-29) H. 167 f. II 10 (Si quis iudicem —
Ende), s. c. 2 C. II Q. 6
u. c. 3 C. III Q. 6.
7. „ Sixtus I (c. 5 u. 6) H. 108 f. II 8, c. 4 C. II Q. 6.
8. Constitutum Silvestri c. XX. Co u-
stant App. 52, n. 27 I 19, c. 13 C. IX Q. 3.
9.2Ps.-Julius (c. 11) H. 464
10. Gelasius (Ep. 26), ad ep. per
Dardaniam H. 643 II 16, c. 17 C. IX Q. 3.
11. Ennodii libellus apolog. pro sy-
nodo p. 344, H. 672 I 24, c. 14 C. IX Q. 3.
12. Ps.-Vigilius c. 7 Anf. H. 712 . . 19
13. Greg. IV. Mabillon Vetera
Analecta 298 II 17, vgl. c. 1 1 C. II Q. 6.
14. Greg. IV. Mab. Vet. Analecta 298 I 20, c. 2 D. 12.
15. „ „ „ „ „ II 19, c. 5 D. 19.
16. „ „ „ „ „ II 20, c. 42 C. II Q. 7.
' Bei Anselm fehlt der Satz : Iffitur si quae causae di/ficilio7-e.t — iudicio, der
hier wie in Ivo Pannorm. IV J. den Schluss des Capitels bildet; ist aber
später II 5 zu einem eigenen Capitel verwendet.
- Ist das c. IV 12 in Ivo Pann.
606 Thaner.
17.' Aus Nicolaus I. Ep. ad Hinc-
marura J. 2179, Mansi XVcol. 359 (I 21) c. 30 C. XVII Q. 4.
18. Cjprianus de cathol. eccl. unitate
(c.4,5)ed.Gu.Hartelp.212 I 10, c. 18 pr. C. XXIV
Q. 1.
19. „ (c.5,6) „ „214 eod. §. 1.
20. „ (c. 6) „ „ 214 Y 2, c. 19 pr. ead.
(II.)
Item de eadem re et quod Petrus et Paulus passi sunt
una die.
21. Ps.-Anaelet. c. 30 H. 83 I 72, ^ c. 2 — §. 2 D. 22.
22. Gelasius I. Decr. de recip. et non
recip. libris. Einleitung. H. 635 I 67, c. 3 D. 21.
23. =^S. Maximi Taurinensis Homilia
LXXII, Migne T. 57, col. 404 . I 69, c. 37 C. II Q. 7.
(III.)
De privilegioruni auctoritate.
24. Ps.-Anaelet. c. 15 Anf. H. 73. . IV 1, c. 1 C. XXV Q. 2.
25. Leo ad Martianum imp. ,Magno
munere' H. 610 IV 2, c. 2 ead.
26. Siniplicius Ep. 14, n. 1 i. f. Thiel
201 IV 3, c. 63 C. XI Q. 3.
27. Gregor. I. Ep. 34 1. 8 Migne
Patrol. lat. T. 77 col. 935 ... . IV 4
28. Gregor. I. Ep. 14 1. 8 M. ' 917. . IV 5, c. 7 C. XXV Q. 2.
J In Ivo Pann. IV IG: Neminem sedis ap. etc.
2 In Ivo Pann. IV 2 hat das Capitel wohl den.selben Anfang, ist aber dem
übrigen Inhalte nach verschieden.
' £x sermone Maximi episcopi. In nat. apostolorum P. et P. c. X.
Beati Petrus et Paulus eminent — pnncipes morerentur. Am Rande: vel
morarentur. Der Text .stimmt vollständig: mit dem bei Migne T. 57,
col. 404 nnd 405 abgedruckten der Ausgabe vom Jahre 1784, die von
P. Pius VI. dem König von Sardinien Victor Amadeus gewidmet worden
war, nur dasa er die Varianten not. d. und e. hat.
* Migne T. 77 (Greg. M. T. III), wo nicht ausdrücklich ein anderer
Band citirt ist.
Untersuchungen und Mittheilungen zur Quellenkunde des canonischen Rechtes. 607
29. Gregor. I. Ep. 47 1. 2 M. 588 .
30. „ „ 111 1. 9 M. 1041
31. „ „ 31 1. 8 M. 934
32. „ „ 57 1. 9 M. 994
33. L. 8 1
Cod.
Theod.
XVI 2 . .
34. L. 16
)7
n
35. L. 26
n
n
36. L. 29
n
»
37. L. 30
n
))
38. L. 34 3
J7
»
IV 6, c. 8 ead.
IV 7, c. 9 ead.
IV 8, c. 34 C. XVI Q. 7.
IV 9, c. 1 C. XXXV Q. 9
vgl. c. 12 C. XXV Q. 2.
IV 13
IV U, c. 23 pr. C. XXIII
Q. 8.
IV 15, c. 23 §. 1 ead.
IV lö, c. 20 pr. C. XXV
Q. 2.
IV 17, c. 20 §. 1 ebda. 2
IV 18, c. 20 §. 2 „
(IV.)
De monachorum monasteriorumque übertäte.^
39.^ Gregor. I. Conc. Rom. a<* 601
Migne 1340 V 54, vgl. c. 5 C. XVIII
Q. 2.
Ep. 41 I. 2 M. 578 . . VII 164, c. 3 ebda.
1 1. 5 M 721 . . V 55, c. 26
43 1. 7 M. 902 . . V 56, c. 27
11 1. 4 M. 680. . VII 163, c. 38 C. XVI
Q. 1.
40.
V
E
41.
»
V
42.
71
V
43.
?7
n
(V.)
De ordine accusationis deque accusatorum personis.
44. Ps.-Anacl. (c. 3 u. 4) H. 68 . . . III 10, s. c. 2 C. III Q. 4.
45. „ c. 35 Anf. H. 84 . . . III 14, c. 2 C. III Q. 5.
1 L. 1 Cod. Just. I 3.
2 Vgl. c. 2 §. 1 Anf. D. 12.
^ L. 13 Cod. Just. I 3. lu der Sammlung schliesst aber das Capitel wie
bei Anselm und im Decr. Grat, erst mit: vigorem.
^ Diese Rubrik findet sich auch im Codex Vatic. reg. 1054 der Sammlung
Ps.-Isidors, Hinsch. p. XXI (n. VII).
^ Es folgen zum Schluss die Unterschriften, die in der Coli. Ans. fehlen.
46.
Ps
47.
>i
48.
r
49.
n
50.
)i
51.
n
52.
n
53.
n
54.
>7
55.
n
56.
»
57.
n
58.
)i
59.-
>
60.
n
H.
608 Thaner.
Ps.-Telesphorus (c. 1) H. 110 . . III 29
Eleutherus (c. 3) H. 126 . . III 64, c. 4 C. II Q. 1.
Calixtus (c. 17, 18) H. 141 . III 53
Fabianus c. 13 Ende H. 162 c. 6 C. II Q. 7.
„ c. 22 Auf. 1 H. 165 III 72, c. 1 C. IV Q. 4.
Stephanus (c. 2) H. 182 .. . III 5, c. 17 C. VI Q. 1.
c. 8 Anf. H. 185 III 54, c. 5 C. II Q. 8.
„ (c. 7) H. 184 .. . III 27
„ c. 11 H. 186 .. . III 71, c. 1 C. III Q. 11.
Felix I. (c. 13) c. 14 H. 202 III 7, vgl. c. 1 C. III Q. 7.
Euticianus (c. 6, 7) H. 211 . III 70, c. 18 C. II Q. 6.
„ (c. 8) H. 212. . . III 25, c. 11 C. III Q. 4.
Gaius c. 2 II. 214 III45 Aiif.,c.25C.IIQ. 7.
Marcellinus (c. 3) H. 221 . . III 24, c. 3 C. XI Q. 1.
Silvester (c. 2) u. c. 5 Anf.
449 III 23, c. 9 ebda.
61. Ps.-Silvester (c. 5) H. 449 ... . VII 149
(VI-)
U t infra provinciam accusatio terminetur et quid sit
provincia.
62. Ps.-Cornelius c. 5 H. 174 . . . .
63. „ Stephanus c. 10 Ende H. 185 III 74, c. 4 C. III Q. 6.
64. Innocentius I. ad Victi-icium c. 3
H. 530 III 75, c. 14 ebda.
65. Ps.-Pelagius II. H. 724 VI 103, c. 2 C. VI Q. 3.
(VII.)
Quod ordine inferiores non possint accusare
superiores.
66. Ps.-Zepherinus (c. 3) c. 4 H. 131 III 58
67. „ Fabianus c. 21 H. 165 ... . VII 150, c. 31 C. XI Q. 1.
• Schliesst aber mit: causam wie Anselm und das Decr. Grat.
2 Wie im Original: Clericus . . nullum.
» Untersuchungen und Mittheilungen zur Quellenkunde des canonischen Rechtes. 0(39
68. Ps.-Stephaniis c. 12 Anf. H. 186
69. „ Silvester (c. 2) c. 3 (c. 4)
H. 449 III 43
(VIII.)
Quod ecclesiarum pastores prius sint ammonendi
quam accusandi.
70. Ps.-Anaclet. (c. 20, 21) H. 77. . III 36, in c. 15 §. 4 C. II
Q. 7.
71. Ps.-Alexander (c. 8) H. 98. . III 81, c. 16 ebda.
72. Ps.-Sixtus II. c. 5 H. 192 ... .
73. „ Felix I. c. 9 H. 201
(IX.)
Quod non possunt oves accusare pastores.
74. Ps.-Anaclet. c. 38 H. 85 III 37, c. 12 C. II Q. 7.
75. „ „ c. 37 H. 85 VI 123
76. „ Alexander (c. 6) H. 97. . . . III 8
77. „ „ c. 7 Ende H. 98. III 38
78. „ Fabianus (c. 22, 23) H. 165
79. „ Dionysius c. 4 Anf. H. 196 III 61
80. „ Euticianus (c. 9) H. 212. . . III 40
81. Capit. Angilramni Cor. XV. H. 768
(X.)
De iudicio et examinatione episcoporum.
82. Ps.-Evaristus c. 7 H. 91 III 82, c. 4 C. III Q. 2.
83. „ Sixtus II. (c. 2) H. 190 .. . II 81, c. 5 C. III Q. 6.
84. „ Zepherinus (c. 2) H. 131 . . III 66, vgl c. 5 C. II Q. 1.
85. „ Melchiades (c. 2, 3) H. 243.
86.' „ Felix II. c. 12 n. 18 H. 488 III 76
87. „ „ c. 12 n. 19 H. 488
' Wie bei Anselra : Quotiens pastor vel rector ecdesiae.
610 Thaner. *
88. Ps.-Felix II. c. 12 d. 20 H. 488 II 59, c. 16 C. II Q. 6.
89.' „ I. (c. 12, 13) H. 202. III 56
90. „ Damasus c. 8, 9 H. 502 . . II 60, c. 6 C. III Q. 6.
(XL)
De episcopis sine Romana auctoritate depositis.
91.2Ps.-Fabianus c. 20 H. 165 .. . III48, vgl. C.2C.IIIQ. 1.
92. „ „ c. 17 H. 163 .. . III 39
93. „ Sixtus II c. 6 Anf. H. 192 III 49
94.3 ^ Eusebiiis c. 12, 11 H. 237 . III 50, c. 3 C. III Q. 1.
95. „ Felix IL c. 12 n. 7 (9) H 486 III 51, s. c. 7 C. III Q. 2,
c. 1 C. III Q. 3.
96.^ „ Julius c. 8 H. 460 II 43
11
(XII.)
De numero et qualitate iudicum.
97. Ps.-Zepherinus (c. 5, 6) H. 132 III 41, c. 2 C. V Q. 4.
98. „ Felix IL c. 15 Ende H. 490 III 83
99. „ Julius c. 18 Ende H. 473 . c. 4 C. XI Q. 1.
100. „ „ (c. 11) H. 465 ... . III 84
101. „ Damasus c. 16 Anf. H. 501 z. Th. in c. 2 C. IV
Q. 4.
102. Gregor. L Ep. 50 1. 10 M. 1106 III 85, c. 3 C. II Q. 1.
(Xin.)
Ut nemo absens iudicetur et de iniustis iudiciis.
103. Ps.-Eleutherus c. 5 Anf. H. 126, in III 27, c. 2 C. III Q. 9.
104. „ „ c. 3 „ H. 126, in III 52, s. c. 3 C. III Q. 3.
105. „ Calixtus (c. 6) H. 137 ... III86, c.89 pr.C.XIQ.3.
' Mit demselben Eingang wie Anselm III 56 : Si accusatus episcopus et
accusatores eins,
2 Mit dem Anfang: Stntuimu.t ne episcopi etc. wie Anselm.
^ Mit demselben Anfang: Bedintec/randa sunt ans c. 12 wie Anselm nnd Grat.
* Nur bis : nmi videntur concessa.
Untersuchungen und Mittheilnnsen zur Quellenkande des canonisclien Rechtes. 611
106. Ps.-Cornelius c. 6 Auf. H. 174 III 57, c. 4 C. Ill Q. 9.
107. „ Marcellinus c. 3 Ende, 4 Anf.
H. 222 111 87, c. 8 C. XXV Q. 1.
(XIV.)
De episcoporum iudiciis et de sinodica vocatione.
108. Ps.-Felix IL in c. 15 H. 489 . c. 2 §. 1 C. III Q. 3.
109. „ Marcellus c. 9 Anf. H. 227 c. 5 C. III Q. 9.
110. „ Damasus c. 11 H. 503 .. . c. 1 C. V Q. 2.
(XV.)
De praelatis imperitis indignis symoniacis neophitis.
111. Innoc. I. ad Aurelium ,Qua in-
dignitate^ H. 546 Yl 28, c. 4 D. 61.
112. Coelestiu. I. ad ep. Apul. et
„ Calabr. c. 1 H. 561. . . . VII 102, c. 4 D. 38.
113. „ ad ep. per Viennensem cet.
c. 5 H. 560. . VI 21, c. 13 D. 61.
114. „ ad ep. Apul. et Calabr. (c. 2)
H. 561 VII 28, c. 7 D. 61.
115. Leo I. Ep. 59 ad Constantino-
politanos H. 572 VII 101, c. 3 D. 38.
116. Item. Quisqtiis mconcessa quae-
sierit, ipse suo opere atque iudicio
universalis ecclesiae pace et so-
cietate privabit (1. privabitur).
117. „ Ep. 167 ad Rusticum c. 1
H. 616 VI 65, e. 1 D. 62.
118. „ Ep. 14 ad Anastasium Thes-
salon, ep. c. 2 H. 619 . . . VI 15
119. „ Ep. 14 c. 4 H. 619 in . . . VI 16
120. „ „ 12 ad ep. Afrieanos (c. 1)
H. 622 Yl 17, c. 25 C. I Q. 1.
121. „ „ „ (c. 1) H. 622 VI 18, c. 5 §. 3 D. 61.
122. „ „ „ (c. 1) H. 623 VI 125, c. 8 D. 61.
612 Thaner.
123. Symmachus Ep. 15 ad Caesa-
rium c. 5 H. 657 VI 66 1
124. Hormisda Ep. 25 ad ep. Hispa-
niae I, H. 690 in VI 19 bis sacerdotii digni-
tatem c. 2 D. 61.
125. Gregor. I. Ep. 109 1. 9 M. 1037 VI 67, c. 1 D. 61.
126. „ „ 110 1. 9 M. 1039 VI 68, c. 28 C. I Q. 1.
127. „ „ 106 1. 9 M. 1028 VI 69, s. c. 2 C. I Q. 1
c. 3 C. I Q. 6 u. c. 13
C. I Q. 1 (c. 4 ead.).
128. „ „ 106 1. 9 M. 1029 V 28, s. c. 27 C. I Q. 1.
129. „ „ 106 1. 9 M. 1030 VI 26, c. 3 D. 59.
130. „ „ 106 1. 9 M. 1031 VI 25, c. 2 D. 48. '^
131. „ „ 106 1. 9 M. 1032 VI 71
132. „ „ 29 1. 12 M. 1240 VI 73, vgl. c. 5 C. I Q. 1.
133. „ Lib. I hom. 4 VI 72, c. 114 C. I Q. 1.
134. „ Ep. 57 1. 5. M. 791 . VI 78, c. 3 D. 100.
135. „ Conc. Roman, a*» 595
c. 5 H. 746 VI 79, s. c. 3 u. 4 C. I Q. 2.
136. Conc. Tolet. VIII c. 3 H. 389 VI 74
137. Leo I. Ep. 12 ad ep. African. c. 1
H. 622 VI 29, der Anfang des Ca-
pitels: Ubi est illa steht
in c. 5 §. 2 D. 61.
(XVI.)
Quibus sacri ordines sint tribuendi quibusve
denegandi.
138. Ex synod. gestis Silvestri c. 7
H. 450 VII 40
139. Siricius adHimeriumc. 11 H.522 VIII 5, c. 5 D. 84.
140. „ „ c. 14 H.522 VII 16, c. 66 D. 50.
141. „ ad diversos episcopos c. 3
H. 524 VII 34
142. Innoc. I. Ep. 2 ad Victricium c. 2
H. 529 VII 10, c. 61 D. 50.
' s. c. 1 C. I Q. 6.
' Aber nur der erste Theil bis ,ascensnm'. S. Fried berg Corp. jnr. can.
zu diesem Capitel n. 44.
Untersuchungen und Mittheilungen zur Quellenkunde des canonischen Rechtes. 613
143. Innoc. I. Ep. 2 ad Victricium c. 4
H. 530 VII 11
144. „ Ep. 2 c. 5 H. 530. . . VII 8, c. 13 D. 34.
145. „ c. 6 Anf. H. 530 .... VII 9
146. „ ad B^licem c. 1 H. 533 VII 30, c. 6 D. 55.
147. „ „ in e. 3 H. 533 VII 7, c. 2 D. 51.
148. „ „ c. 4 H. 533 VII 29, > c. 6 D. 33.
149. „ ad episcopos Tolosanos
c. 3 H. 552 VII 33
150. Coelestin. I. Ep. ad episcopos per
Viennensem cet. c. 6 H. 560. . VI 61
151. Leo I. Ep. ad episc. Campaniae
(c. 2) H. 614 VIII 4
152. Hilari papae synodale decretum
c. 2 H. 630 (VII 12)'' s. c. 9 D. 34.
153. „ c. 33 H. 630 (VII 13) c. 3 D. 55.
154. Felix III. Ep. ,Qualiter in Afri-
canis' c. 5 H. 634 VII U, c. 10 C. I Q. 7.
155. Gelasius I. Decret. g-enerale c. 5
H. 651 VII 15, c. 59 D. 50.
156. Conc. Quinisext. a. 692, c. 7
s. Mansi XI col. 943 c. 26 D. 93.
(XVII.j
Ne ignotis sacri tribuantur ordines.
157. Ex synod. gestis .Silvestri c. 10
a. E. H. 451 VII 19, c. 1 D. 98.
158. Ps.-Anastas. I. H. 525 VII 20, c. 2 D. 98.
159. Gregor. I. ep. 37 1. 2 M. 575 . VII 21, c. 3 D. 98.
' In anderen Sammlungen beginnt das Capitel mit: Laici vero qui wie
im Original.
2 Aber mit dem Anfangsworte: Curandum statt Cavendura.
3 In unserer Sammlung beginnt das Capitel nicht wie im Original und
Anselm mit: Inscü, sondein wie im Decr. Grat, mit: Poenitentes vel, vind
hat doch auch den in letzterem fehlenden Satz : vel hi qui ex poenüen-
tibus sunt.
614 Thaner.
(XVllI.)
De consecratione episcoporum et archiepiscoporum.
160. Ps.-Anaclet. I. (c. 18) H. 75 . . VI 45, c. 1 D. 75.
161. „ Anicetus (c. 1, 2) H. 120 . VI 33, s. e. 4 D. 64, c. 1
§. 1 D. 66.
162. Innocent. I. Ep. ad Victricium
c. 1 H. 529 VI 48, c. 5 D. 64.
(XIX.)
De ordinatione presby terorum diaconorum et
ceterorum.
163. Ps.-Anaclet. I. c. 18 a. E. H. 82 VII 89
164. „ Zepheriuus c. 14 Anf. H. 135 VII 36, c. 3 D. 75.
165. Leo I. ad Dioscorum c. 2 Anf.
H. 627 VII 37, c. 4 D. 75.
166. Gelasius I. Decret. gener. c. 13
Anf. H. 652 VII 38, c. 7 D. 75.
(XX.)
Ut episcopi semper testes secum habeant.
167. Ps.-Anacl. I. c. 10, 11 Anf. H. 70 VI 126, c. 1 D. 59 de cons.
s. c. 2 pr. D. 10 de cons.
168. „ Evarist. c. 1, 2. Theil H. 87 VII 59, c. 11 D. 93.
169. „ Lucius c. 1 H. 175 VH27, c. 60 D. 1 de cons.
(XXI.)
De munditia sacerdotum et continentia clericorum.
170. Synod. Silvestri I, apocrypli.
c. 19 Mansi II 630 VIII 10
171. Innocent. I. ad Maxiraum et
Severum H. 544 VIII 14, c. 6 D. 81.
üntersuchnngen uml MittheiluDgen zur Quellenkunde des canonischen Rechtes. 615
172. 'Leo I. ad Anastasium c. 3 H. 619 z. Th. Ans. VII 128,
s. c. 1 D. 32.
173. Gregor. I. Ep. 60 1. 9 M. 997 . VI 181
(XXII.)
De Romano pontificatu.
174.2 Syn. Romana I. sub Symmacho
a. 499 (c. 2) H. 658 ... . VI 1 Anf., c. 2 pr. D. 79.
175. „ c. 2 H. 658 VI 1 (et post pauca), c. 2
et infra D. 79.
176. „ c. 3 H. 658 VI 1 Mitte, c. 10 D. 79.
177. „ c. 4 H. 658 YI 1 Ende
(XXIII.)
De observatione decretorum pontificum Romanorum.
178. Ps.-Damasusl. c.222Anf. H.507 IV 47.
179. „ de corepisc. a. E. H. 515 IV48, c. 12 C. XXV Q. 1.
180. Leo I. ad Rusticum pr. a. E.
H. 616 II 76, e. 2 D. 14.
181. Damnatio Vig-ilii a. E. H. 629. VI 148, c. 22 C. XXV Q. 2.
182. Gelasius I. Decret. gener. c. 30
H. 654 IIV 145, c. 47 C. II Q. 7.
183.3 Agatho jaffe 1629 e. 2 D. 19.
(XXIV.)
Ne universalis quisquam vocetur.
184. Ps.-Pelagius IL H. 721 a. E. . VI 117, c. 4 D. 99.
185. Gregor. L Ep. 30 1. 8 M. 933 VI 118, c. 5 D. 99.
^ Ad exhihendam — detegüur, aber oline den Satz: ut et qui — singulares.
2 Dieses Capitel ist in der Sammlung als c. 1 der Synode bezeichnet.
3 Die Inscription dieses Capitels liabe ich nicht vollständig notirt. es ist
aber c. 10 citirt.
616 Thaner.
(XXV.)
De episcoporum mutatione.
186. Ps.-Evarist. (c. 4) H. 90 TI 98, c. 11 C. VII Q. 1.
187. „ Calixt. I. (c. 14) H. 139 . . VI 99, c. 39 C. VII Q. 1.
188. „ Anteius c. 2 H. 152 VI 90, c. 34 C. VII Q. 1.
189. Damasus de sacerdotibus etc.
H. 516 VI 91, c. 43 C. VII Q. 1.
190. Leo I. ad Anastasium H. 620 . VI 92, c. 31 C. VII Q. 1.
(XXVI.)
Ut unusquisque suis contentus sit terminis.
191. Ps.-Annicius c. 4 Anf. ' H. 121 (II 21) c. 6 C. IX Q. 3.
192.2 „ Calixt. (c. 13 zu Anf.) H. 139
193. „ „ c. 12 H. 138 VI 115, c. 1 C. IX Q. 2.
194. „ „ c. 13 Ende u. c. 14
Anf. H. 139 VI 114, c. 3 C. IX Q. 2.
195. Leo I. ad ep. Campaniae3 IL 614 VII 23, c. 1 D. 54.
196. Leo I. ad Anatolium ,Manife-
stato^ c. 4 Opera ed. Ball er. I
1166 VI 116, c. 3 C. XXV Q. 1.
(XXVII.)
De vana corepiscoporum superstitione.
197. Ps.-Damasus H. 510 VII 108, c. 5 D. 68.
198. „ Leo H. 628 VII 107, c. 4 D. 68.
(XXVIII.)
De reparatione sacerdotum post lapsum.
199.^Ps.-Calixt. I. (c. 20) H. 142 . . c. 14 §. 3 D. 50.
200. ^ „ „ (c. 20 Schluss) H. 143
' Bis : timor&m habeant.
2 Es ist das Capitel II 305 bei Regino.
3 Nämlicli Rubrik I uiicl Text von c. 1 von nisi forte an.
* Errant — ab ira.
5 Ist Ivo Decr. VI 4'J.
Untersuchungen und Mittheilnngeu zur Quellenkunde des canonischen Rechtes. 617
201.' Gregor. I. Secundino apocr.
H. 737 c. 16 D. 50.
202.2Isidorus ad Massonam, Opera
ed. Arevalus VI col. 563 sq. . . Till 34, c. 28 D. 50.
(XXIX.)
Quod non debeat missa celebrari nisi in sacratis ab
episcopis locis.
203. Ps.-Silvester c. 9 H. 450 . . . . TU 118, c. 15D. 1 de cons.
204. „ Felix IV. Decreta H. 701 . VII 119, c. 11 D. 1 de cons.
(XXX.)
De sacramentorum oblationibus.
205. Ps.-Alexander e. 9 Anf. H. 99 IX 1, c. 1 D. 2 de cons.
206. „ Silvester c. 6 H. 450 . . . . IX 2, c. 46 D. 1 de cons,
207. Cyprianus ep. LXIII ad Caeci-
lianum (c. 13) ed. Gu.
Hartel p. 711 IX 4, c. 2 D. 2 de cons.
208.3 „ (c. 14) p. 712 IX 5, c. 9 D. 8.
(XXXI.)
De ecclesiarum consecrationibus.
209. Gelasius I. Decret. gener. c. 6
H. 651 V4, c. 6 pr. D. 1 de cons.
(XXXII.)
De ecclesiarum sacerdotumque sollemnitatibus.
210. Ps.-Felix IV. Decreta H. 701 . V 23, c. 17 D. 1 de cons.
' Item de eadem re. cap. CCXXII. Gregorius Romanae ecclesiae praesul
Secundino servo dei recluso. Sanctitati tuae a nobis requirere placiiit —
Spiritus contribulatus.
2 Ex epistola Ysidori ad Massonum. cap. X. ,Domino sancto etc. Veniente
ad nos famulo'. Mit diesem Anfange findet sich das Capitel nur in der
Sammlung des Anselm.
3 Schüp.sst : traditionem vestram statuatts.
Sitzangeber, d. phil.-hist. Cl. LXXXIX. Bd. il. Uft. 42
618 Thanpr.
(XXXIII.)
De benedictione salis et aquae.
211.' Ps.-Alexander (c. 9) H. 99 . . . c. 20 D. 3 de cons.
(XXXIV.)
Ut evangelia stando audiantur.
212. Ps.-Anastasius I. H. 525 TU 147, s. c. 68 D. 1 de
cons.
(XXXV)
De ehrismatis consecratione.
213. Ps.-Fabianus (c. 9) H. 160 .. . IX 27.
(XXX VI.)
De sacramento inanus impositionis et baptismatis.
214. Ps.-Urbanus c. 10 a. E. H. 146 IX 20, c. 1 D. 5 de cons.
215. „ Melchiades c. 6 Anf. H. 245 IX 23, '^ c. 3 D. 5 „
216. „ „ c. 6 a. E. H. 245 1X21, s. c. 2 D. 5 „
(in baptismo etc.)
217. Idiioc. L ad Decentium c. 3
H. 528 IX 22, s. c. 119 D. 4 de
cons.
218. cf. Leo I. ad Sicilienses episc.
Rubr. c. 5 u. 6, vgl. H. 611 . . IX 12, s. c. 12 u. 16 D. 4
de coDS.
219. Gelasius I. Decr. gener. c. 12
H. 652 IX 11, c. 18 D. 4 de cons.
220. Greg. I. Ep. ad Leandruiu ,Re-
spondere* Schluss H. 733 .... IX 15, c. 80 D. 4 de cons.
' Scliliesst mit: mtmdat.
■^ Nämlich mit: De kor .«. beginnend, wähnend die andern Sammlungen und
das Decr. Grat, nach dem Original: De his vero s. beginnen.
Untersuchungen und Mittheilungen zur Quellenkunde des canonischen Rechtes. 619
(XXXVII.)
Ne baptismus iteretur.
221. Leo I. ad Nicetam c. 7 H. 64 IX 28, c. 51 C. I Q. 1.
(XXXVIII)
De bis qui ab baereticis ordinantur.
222. lunocentius I. ad Rufum etc. c. 3
H. 550 VI 70, c. 18 C. I Q 1.
(XXXIX.)
De clericis in baeresim lapsis et post conversis.
223. s. Leo I. ad Jauuariura H. 614 VIII 18, vgl. c. 112 (42)
C.IQ.1U.C.21C.IQ.7.
(XL.)
De sedibus episcoporura et de potestate eorum.
224.iPs.-Urbanus c. 7 Anf. H. 145 A^I 138
225.2 ^ „ (c. 7 u. 8) H. 145
(XLI.)
De auetoritate sacerdotali et de potestate regali.
226.3 Leo I. ad Pnlcberiam ,Gaudere
me* Scbluss H. 603 - -s.c.21C.XXIIIQ.5.
227.-' Gelasius I. ad Anastasium imp,
H. 639 171 Anf., vgl. c. 10 pr.
§. 1 D. 96.
228.5 „ H. 639 I 71 Mitte
• Bis: materiam docet.
2 Bis: praecavere dehemus.
3 Omnes res aliter tuae (sie) — auctorilas.
* Duo sunt, Imperator — voluntatem.
5 Si cunctis — celebravit.
42»
620 Tlianer.
(XLII.)
Ne praesumat quis clericum servum retinere alienum.
229. Leo I. ad Anastasium ep. c. 8
H. 620 VII152,s.c.lC.XIXQ.2.
230. „ ad episcopos Campaniae,
Ruhr. u. Schluss von c. 1, s. c. 195
H. 614 YII 23, c. 1 D. 54.
231.' Gelasius I. Decret. gener. (c. 16)
H. 652 VIT 170, c. 12 pr. zweite
Hälfte D. 54.
232. Gregor. I. Synod. romana a* 595
c. 6, s. H. 747 VII 165, c. 23 D. 54.
(XLUl.)
De cantoribus Romanae ecclesiae.
233. Gregor. I. Syn. Rom. a« 595 c. 1
H. 746 VII 60, c. 2 D. 92.
(XLIV.)
Ne feretrum Romani pontificis veletur.
234.2 Gregor. I. Syn. Rom. a« 595 c. 4
H. 746
(XLV.)
De auctoritate Arelatensis episcopi.
235. Gregor. I. ad Augustinum H. 739
IX VI 85, c. 3 C. XXV Q. 2.
(XLVI.)
De pastoribus luporum laude gloriantibus.
236. Pe.-Anaclet. c. 8 Anf. H. 69 . . VI 140, c. 6 D. 83.
• Quisquis episc. — pulsaverü.
2 Ist Deusded. I 118.
Untersuchungen und Mittheilungen zur Quellenkunde des canonischen Rechtes. 621
(XL Vir.)
Ne clerici vel sacerdotes sint cupidi vel foeneratores.
237. Leo I. ad Anatholium , Mani-
festation H. 611 VII 140, c. 6 D. 47.
238. „ ad ep. Campaniae c. 4
H. 614 VII 141, c. 10 D. 46.
(XLVIIL)
De ieiunio clericorum ante pascha.
239. Ps.-Telesphorus (c. 1 u. 2) H. 109 VII 156, c. 4 D. 4.
(XLIX.)
Quod sacerdotes non debeant sacramentum facere.
240. Ps.-Cornelius (c. 3) H. 173 . . . c. 1—3 C. II Q. 5.
(L.)
De auctoritate praedicationis.
241. Anastasius IL ad Anastas. imp,
c. 7 Schluss H. 656 VII 136, c. 8 D. 19.
242. Leo I. ad Theodoritum a. E.
H. 567 VII 123
(LI.)
De vestimentis ecclesiae vel altaris.
243. Ps.-Clemens c. 45 H. 47 .... c. 39 D. 1 de cons.
244. „ Stephanus c. 3 Anf. H. 183 c. 42 D. 1 „
245. „ Soter (c. 3) H. 124 c. 25 D. 23.
(LIL)
De cubiculariis pontificum.
246. Gregor. I. Synod. Rom. a. 595
c. 2 H. 746 VI 128, c. 58 C. II Q 7,
622 Thaner.
(LIII.)
Ut destruatur quod illicite commissum est.
247. Hylari synodale decretum (c. 4)
H. 630 VI 143
(LIV.)
De consecratione virginum.
248. Gelasius I. Decret. gener. c. 14
u. 15 Anf. H. 652 c. 11 C. XX Q. 1.
(LV.)
De correptione praelatorum in sl^bditis.
249. Leo I. ad ep. Aquilegiensem
a. E. H. .575 VI 141, c. 1 D. 86.
250. „ ad Rusticum H. 616 . c. 2 D. 86.
(LVI.)
Qualis debeat esse modus poenitentiae.
251. Innocent. I. ad Decentium c. 7
H. 528 XI 25, c. 17 D. 3 de cons.
252. „ ad Victricium c. 12
H. 531 XI 79, c. 10 C. XXVII
Q. 1.
253. Leo L ad Theodorum H. 625 in XIll(etpostaliqua),c. 10
C. XXVI Q. 6.
254. Gelasius I. Decret. gener. c. 22
H. 653 XI 80, c. 14 C. XXVII
Q. 1.
(LVII.)
De illatione ciiminis.
255. Ps.-Fcibianus c. 28 (von Si quis
ergo iratus) H. 168 III 79, c. 5 C. II Q. 3.
256. Gelasius I. ad Anastas. imp.
H. 640 XII 20
üntersnchnngen und Mittheilungen zur Quellenkunde des canonischen Hechtes. 623
(LVIII.)
Ut houiü litteratus a causis vacet saecularibus.
257. Gregor. I. Ep. 27 1. 12 M. 1237 c. 8 D. 88.
(LIX.)
Ut singula ecclesiarum officia singulis coinmittantur
personis.
258. Johannes Diac. Vita Gregor. M.
II 54, MigneT.75, 110 VII 94, c. 1 D. 89.
259. Gregor.I.Ep. 71 1. 11 M. 1211 VI 31, c. 2 D. 89.
(LX.)
Ne laicis facultates committantur ecclesiasticae.
260. 1 Ps.-Stephanus c. 12 H. 186,
Symmachus Syn. Rom. III a.
502 H. 660 V 10, c. 24 C. XVI Q. 7.
261. Gregor. I. Ep. 65 1. 9 M. 1002 VI 132 (c. 5 D. 89).
262. „ Syn. Rom. c. 3 a. E.
H. 746 c. Ipr.a.E.C.XVI
Q. 6.
(LXI.)
De damnatione invasorum ecclesiasticorum
praediorum.
263. Ps.-Pius (c. 7 u. 8j H. 118 . . V 322, c. 5 C. XII Q. 2.
264. „ Urbanus ^c. 4) H. 144 . . . V 33, s. c. 16 §. 2 C. XII
Q. 1.
265. „ Lucius (c. 7) H. 179 ... . XII4, ' c.5 C.XVII Q.4.
' facultas, neque deinceps fieri permittiTniis sed omnino irUerdicentes
prohibenms.
^ Ivo Decr. XIII 39 beginnt das Capitel: Ad sedem apostolicam.
3 In anderen Sammlungen beginnt das Capitel anders.
624 Thaner.
266. Symmachus Exemplar constituti
Syn. Rom. a« 502 (c. 4) H. 661 (IV 28) Anf. •
267. „ (c. 6, 7, 8) H. 661 .... s.IV 29, s. c. 1 C. XVII
Q. 4.
268.2 Ps.-Symmachus H. 682
269. Gregor I. Ep. 51 1. 9 M. 982 . V 34, c. 2 C. XVII Q. 4.
270. „ Ep. 5 1. 10 M. 1070 V 35, c. 4 C. XVII Q. 4.
(LXII.)
De legitimis conjugiis.
271. Ps.-Evarist (c. 2) H. 87 X 2, c. 1 C. XXX Q. 5.
(LXIII.)
De coniugiis aliqua necessitate divisis.
272. Leo I. ad Nicetam c. 1 H. 621 X 22, s. c. 1 C. XXXIV
Q. 1 u. 2.
(LXIV.)
Quod religionis causa non sint solvenda conjugia.
273. Gregor I. Ep. 45 1. 11 H. 744 X18, c.l9C. XXVIIQ. 2.
274. „ Ep. 50 1. 11 M. 1169 (X 19) c. 21 C. XXVII
Q. 2.
275. „ Ep. 43 1. 3 M. 639 . X 36
(LXV.)
Incipiunt quaedam capitula a beato Gregorio in
generali synodo disposita.
276. bis 289 vgl. X 34 3
' Bis : iura transferre.
2 Hera capitulo eodevi. Generaliter statuimus tit qtdcumque — anathemate
feriantiir.
3 Anselm bat nur zwölf, es fehlen auch noch VIII und X; auch sonst
steht der Text unserer Sammlung dem Original näher, als der der
Anselm'schen Sammlung: V. Si quis fratris uxorem etc. — Ans. Si
quis sororem etc.; XIII. Si quis . . . temeraverit et non in omnibiis
observaveril, an. sil. — Ans. Si quis . . . temeraverit, an. sit.
UntersDchnngen und Mittheilungen zur Quellenkunde des canonischen Rechtes. 625
Vierzehn Anathematismen der römischen Synode unter
Gregor II. vom Jahre 721 (es fehlen die Nummern XIV bis
XVI). H. 754.
(LXVI.)
Haec capita sparsim collecta sunt et Algilranno Medio-
matricae urbis episcopo Romae a beato papa Adriano
tradita, quando pro sui negotii causa inibi agebatur.
290. bis 307. Achtzehn Capitula Angilramni.
(LXVII.)
De inventione sanctae crucis.
308. Ps.-Eusebius c. 20 H. 242 . . . c. 19 D. 3 de cons.
(LXVIII.)
Quod cum excommunicatis non sit coramunicandum.
309. Ps.-Fabianus c. 6 H. 159 . . . . XII 18, s. c. 16 C. XI Q.3.
(LXIX.)
Ne Judaeis ullum inferatur praejudicium.
310. Gregor. I. Ep. 25 1. 8 M. 927.
(LXX.)
Ne Judaei christiana possideant mancipia.
311. Gregor. I. Ep. 21 1. 4 M. 690.
(LXXI.)
De clericis raonachorum appetentibus propositum.
312. Conc. Tolet. IV. c. 49 H. 370. VII 169, c. 1 C. XIX Q. 1.
62() Thaner.
(LXXII.)
Ne quisquam sacerdotum libros leg-at gentilium.
313. Gregor. I. Ep. 54 1. 11 M. 1171 c. 5 D. 86.
(LXXIII.)
Ut propria iniuria nullus excommunicare praesumat.
314. Gregor. I. Ep. 49 1. 2 M. 591. XII 22, c. 27 C. XXIII
Q. 4.
(LXXIV.
De pastoribus iniuste subditos excommunicantibus.
315. Gregor. I. in evang. üb. II hom.
26 n. 5 XII 23, vgl. c. 88 C. XI
Q. 3.
Aus dieser vergleichenden Uebersicht ist vor allem sofort
zu ersehen, dass nicht alle Capitel unserer Sammlung auch in
der des Anselm vorkommen, es fehlen dieser vielmehr an
viei'zig- solcher Capitel; weiters dass in derselben nicht aus
allen dreizehn Büchern des Anselm Capitel stehen, aus dem
dreizehnten Buche kommen keine vor. Aber auch mit den
Rubriken verhält es sich anders, als Theiner angibt; da besteht
gerade am wenigsten Uebereinstimmung, und es ist ja natür-
lich, dass Rubriken, die für mehrere Capitel zusammen gelten
sollen, allgemeiner lauten müssen als Einzelrubriken. Ich habe
nur folgende Rubriken gefunden, die in beiden Sammlungen
ganz oder nahezu wörtlich gleich lauten , während bei den
anderen die Uebereinstimmung nur die allgemeine ist, die sich
aus der Gleichheit des Inhaltes ergibt, es sind jenes die RR.
XX (Ans. VI 127), XXIV (Ans. VI 117), XXXIX, XLV,
XLVIIl, LIII, LVII (Ans. III 79), LIX (Ans. VII 94), LXIII,
LXIV (Ans. X 18), LXXI und LXIII. '
' Die Rubrik von Auselm III 58 : Ut inferioren ordine non acctisent xiipe-
rlorejt et in re dubia certn non detnr sententin et absens nemo iudicetur findet
Untersnchung-en nnd Mittheilungpii zur QupHpnkunde des canonischen Rechtes. 627
Nach den Behauptiing'en Theiner's müsste die nachpseudo-
isidorische Sammlung' von Montecassino ein Auszug aus der
Coli. Anselmi sein, allein ausser dem, dass sie so viele andere
Rubriken und Capitel enthält, sprechen dageg-en noch folgende
Umstände:
Erstens ist es unwahrscheinlich, dass ein Epitomator die
Anordnung des Stoffes in der Vorlage so vollständig verlassen,
und die Einth eilung in Bücher durch Zusammenstellung der
Capitel unter Gesammtrubriken ersetzt hätte, die auch wieder
nach einem eigenen Gesichtspunkte geordnet war.
Zweitens bedürfte es einer besonderen Erklärung, warum
das letzte Buch übergangen wurde.
Drittens hat der Verfasser bei den Quellencitaten die
Capitelzahlen angegeben, die in Anselm fehlen; für einen
Auszug eine ganz ungewöhnliche Vervollständigung.
Viertens erscheint das Capitel 23 des h. Maximus bei
Anselm unter der Aufschrift des h. Ambrosius als Schlusstheil
eines längeren Capitels (I 69).
Fünftens endlich, und dies halte ich für das Entschei-
dendste, fehlen unserer Sammlung die Capitel, die Anselm aus
seiner Zeit in sein Werk aufgenommen hat, es steht kein
Capitel Gregor's VII. darin; es kommen überhaupt aus der
Zeit nach dem neunten Jahrhundert keine Quellen mehr darin
vor. Dieser Punkt führt auf die wahre Stellung der 315 Capitel
in der Reihe der Sammlungen; Theiner p. 339 glaubte in der
Befangenheit, dass sie aus der Sammlung Anselms gezogen
seien, deshalb, weil sich nichts aus der Zeit nach Anselm
darunter findet, annehmen zu dürfen, dass sie bald nach dessen
Tode geschrieben seien. Theiner hat offenbar unterlassen, die
einzelnen Capitel auf die Zeit ihrer Erlassung anzusehen, ob-
wohl diese Mühe bei systematischen Sammlungen, wo das der
Zeit nach letzte Capitel nicht auch an letzter Stelle steht, un-
erlässlich ist. Da aber, wie gesagt, die Quellen nur bis ips
neunte Jahrhundert reichen, und es ganz unerklärlich wäre.
sich z. Th. in E. VII und XIII unserer Sammlung-; vgl. Ps.-Zepheriuus
R. IV Hinsch. p. 131 und Ps. - Silvester E. II Hinsch. p. 449. Die
R. III: De monachorum monasteriorumque libertate findet sich auch am
Anfang des Cod. Vat. reg. 10.")4 des Ps.-I.sidor Hinsch. p. XXI.
628 Thaner.
warum alle späteren Quellen ausgelassen, insbesondere auch
die aus der Zeit Anselms selbst weggeblieben wären, so muss
mau vielmehr zur Annahme gelangen, dass die Sammlung von
Montecassino vor die Abfassung der Collectio Anselmi, wenn
nicht noch vor das eilfte Jahrhundert fällt.
Es entsteht nun aber die Frage, wie sich die Ueberein-
stimmung der beiden Sammlungen erkläre. Die Antwort darauf
wird lauten müssen, dass unsere Sammlung derjenigen, die den
Namen des Anseimus führt, als Quelle gedient hat. Um diese
Ableitung für die Capitel im Einzelnen nachzuweisen, oder auch
nur den näheren oder entfernteren Grad des Quellenverhält-
nisses zu bestimmen, dazu ist freilich unsere Kenntniss der
nachpseudo-isidorischen Quellen bislang zu unvollständig; gleich-
wohl glaube ich es im Grossen und Ganzen unbedenklich be-
haupten zu dürfen.
Die durch den Druck hervorgehobenen Capitel in der
Sammlung Anselms, die allein schon etwa die Hälfte der Samm-
lung von Montecassino ausmachen, finden sich in solcher Fassung
sonst in keiner anderen früheren Sammlung; diese Ueberein-
stimmung ist nicht aus der gemeinsamen Abstammung vom Ori-
ginal zu erklären, denn es sind viele Capitel darunter, deren An-
fänge hier wie dort von denen des Originals abweichen, ich
verweise z. B. nur auf die Capitel 86, 89, 91, 94, 148, 215. Am
auffälligsten ist diese Uebereinstimmung bei solchen Capiteln,
die auf eigenthümliche Weise zusammengesetzt sind, wie c, 218,
das blos aus zwcd Rubriken, oder c. 195 (c. 230), das aus
einer Rubrik und dem Schlüsse des betreffenden Capitels ge-
bildet ist. Die Verwandtschaft der beiden Sammlungen erweist
sich noch näher, wenn man berücksichtigt, dass es Capitel
gibt, die zwar mit denselben Anfängen auch in anderen Samm-
lungen vorkommen, den gleichen Schluss aber nur in jenen
haben.
Solche Capitel sind c. 38 und 50. ' Für das Quellen-
verhältniss der 315 Capitel zur Sammlung des Anselm spricht
' Dieses Capitel reicht ■/.. B. in dei' Auselmo dedicata III 157 und in
Regino Append. III 62 nur bis ,testes', in der Coli. III part. I 18, 6
und Ivo Deer. VI 821 bis ,mag;istruni'. Mit , causam' scliliesst dasselbe
in Folge eines Zusatzes zum Texte Ps.-Isidors auch noch in der Coli.
XIII p.irt. und in der Sammlung in sieben Büchern.
ÜntersucLnngeu und Mittheilungen zur Quelleiikumle des canonischen Rechtes. 629
auch die wörtliche Uebereinstimmung- der vorhin citiiten
Rubriken; zieht man ferners in Betracht, wie bei den Rubriken
XXIV, LVII, LIX und LXIV g-erade das erste der darin
enthaltenen Capitel bei Anselm die gleiche Rubrik hat, so
drängt sich die Vermuthung auf, dass die Rubriken zu diesen
Capiteln aus der Sammlung von Montecassino herüber genommen
sind. Auch ist zu erwägen, dass ich nur jene Capitel aus
Anselm im Verzeichnisse hervorgehoben habe, die auch in
keiner der Ivo'schen Sammlungen vorkommen. Es gibt nun
aber einige, wie die Capitel 58 bis 61, die so nur noch bei
Ivo ' vorkommen; da aber dieser später schrieb als Anselm, so
führen auch diese Capitel Anselms auf unsere kleine Samm-
lung zurück. Endlich ist in der Rubrik III De privilegiorum
auctoritate die Reihenfolge der fünfzehn Capitel in beiden
Sammlungen ganz die gleiche. — Demnach stehe ich nicht
an, die Sammlung von Montecassino als Quelle der Samm-
lung Anselms und derjenigen ihr verwandten Sammlungen
zu erklären, die man unter der Gregorianischen Gruppe zu-
sammenfasst. -
Untersuchen wir nun das Verhältniss derselben zu den
voraufgehenden Sammlungen, so fällt sogleich in die Augen,
dass die weitaus überwiegende Mehrzahl der Capitel der
Sammlung Ps.-Isidor's angehört; was sonst noch vorkommt,
entfällt grösstentheils auf Excerpte aus Schreiben Gregors I.;
denn ausser einigen Capiteln (13 bis 17j aus einem angeblichen
Schreiben Gregors IV., einigen Stellen aus den Schriften des h.
Cyprian (18 bis 20, 207, 208, 220) und etlichen römischen Leges
(33 bis 38) sind es nur noch vereinzelte Capitel, die sich aus
anderen Quellen finden. Es ist daher unsere Sammlung als ein
systematisches Compendium aus den echten und unechten Decre-
talen Ps.-Isidors zu bezeichnen; von Concilien finden sich ausser
römischen Synoden unter P. Hilarus, Symmachus, Gregor I.
und Gregor II. nur in c. 136 das achte Concil von Toledo, in
1 Nämlich in der Pannormie IV 63, 31, 89 und 30.
2 Es kommen, wie die in der vorigen Note angeführten Beispiele zeigen,
einige Capitel vor, die die Anselm'scdie Gruppe ausschliesslich mit Ivos
Pannormie gemeinsam hat; allein die Zahl derselben ist doch so gering,
dass gerade mit Rücksicht auf unsere Sammlung auch Ivos Pannormie
eine abgesonderte Stellung einnimmt.
630 T h a n e r.
c. 156 das Cüiicil Quinisextum und c. 312 das vierte Concil
von Toledo angeführt. Innerhalb der einzelnen Rubriken
war der Verfasser bemüht, die chronologische Ordnung ein-
zuhalten.
In welcher Form die Ps.-Isidor'sche Samjnluug zur Vor-
lage gedient hat, darüber lässt sich ohne die vollständige Ver-
gleichung der beiden Texte kaum ein Urtheil abgeben. Auf
jeden Fall muss aber dieselbe beide Decretalenreihen enthalten
haben, dagegen fehlten ihr wahrscheinlich die Concilien. Die
unechten Decretalen waren nicht ' in Capitel eingetheilt, die
zu den Rubra der Capitel beigesetzten Zahlen, z. B. c. 84
Item de eadem re. cap. I und ebenso c. 85, bezeichnen in
Wirklichkeit nicht die Zahl des Capitels, sondern der Epi-
stola des betreffenden Papstes, daher ist c. 84 als c, I des
P. Zepherinus, c. 164 als c. II des nämlichen Papstes ge-
zählt. ^ Ausserdem lässt sich wohl nur mit Bestimmtheit sagen,
dass die Form B ausgeschlossen ist, weil der Brief des
Papstes Leo an die Constantinopolitaner , Licet de his'
c. 115 vorkommt, der in dieser Classe fehlt (P. Hin-
schius Decretales Pseudo-Isidorianae p. LIX), ebenso die
Damnatio Vigilii c. 181, die gleichfalls in den Codd. B nicht
vorkommt (Hinsch. p. LXXI), und weil drittens die Auf-
schrift der Capitula Angilramni zu verschieden lautet (Hinsch.
p. LX).
Gegen die Form C spricht der Umstand, dass die Damnatio
Vigilii in der Rubrik XXIIl vor Gelasius steht, während sie in
jener erst nach Silverius kommt (Hinsch. p. LXXI). Da endlich
von dem Briefe Leos I. ,Manifestato' an Anatolius der Schluss so
wie in der Hispana lautet c. 196, so scheint auch die Form AI
(Hinsch. |). XX VII, n. 44) ausgeschlossen zu sein, und es bliebe
* Es ist aiuli das ein Beleg-, dass unsere nach Ps.-Isidor'sche Samm-
lung nicht der Anselmo dedicata entlehnt sein kann, die ihre
Capitel nnd Rubriken aus einem Ps.-Isidor'schen Codex der Classe
A "2 genommen liat, J'. Hin seh ins Decretales Pseudo-Isidorianae
p. LH.
2 Die Stellen .aus den Schriften Gregors I. sind lediglich mit Capitel-
zahlen citirt, z. B.: c. 30 als c. 127, 31 als c. 10, 32 c. eod., 201 als
c. 222, 273 als c. 237, 274 als c. 44, 275 als c. 43, 315 als c. 10;
c. 258 ist als c. 55 citirt.
Untersuchungen und Mittheilungen zur Quellenkunile des canonischen Rechtes. bol
somit nur die von Hinschius als A/B bezeichnete übrig. In
dieser müsste aber wieder von dem Montecassiner Codex des
Ps.-Isidor abgesehen werden, obwohl sonst auf diesen zunächst
zu muthmassen wäre, denn dieser stimmt gerade in dem
zuletzt erwähnten Punkte mit den Codd. A 1 überein (Hinsch.
p. CII). Wenn man aber darauf nicht allzu grosses Ge-
wicht legen wollte, weil ja hier die Form A 1 auf einem
Irrthum beruht, der frühzeitig corrigirt worden sein mag,
so käme auch der Codex von Kouen 15/9 E in Betracht,
der den Brief des Isidor an Massona (M a a s s e n Ge-
schichte d. Quellen d. can. Rechts §. 489 n. 2), das achte
Concil von Toledo und Excerp,te aus Briefen Gregors I.,
sowie aus der sechsten Synode von CP. enthält (Hinsch.
p. XXXI), also Stücke, die auch unsere Sammlung charak-
terisiren.
Für die Form A 1 fällt ferner ins Gewicht, dass der Text
der falschen Decretalen, so viel sich aus der Abschrift von
fünf Capiteln (85, 215, 243, 244, 268 2) entnehmen lässt, fast
durchwegs mit dem der Ausgabe von Hinschius zu Grunde
liegenden übereinstimmt; bemerkenswerth erscheint, dass im
c. 85 alle Zusätze im Texte vorkommen, die im Darmstädter
Codex eine Hand des zwölften Jahrhunderts theilweise an den
Rand geschrieben hat, Hinschius p. 243, Note 10, 11, 16, 18.
Dagegen weicht der Text der echten Decretalen vielfach von
dem in den älteren Sammlungen, z. B. in der Hispana über-
lieferten, ab, wie sich aus c. 153, 172, 177, 201, 226, 250,
253, 262, 266, 267 und 268, die ich abgeschrieben habe, zur
Genüge ergibt; zu c. 201 (Zusatz zum Schreiben Gregors I.
an den Mönch Secundinus: ,Dilectionis tuae*^) habe ich 23
Abweichungen vom Texte der Ausgabe der Benedictiner
notirt.'* Unsere Sammlung hat eben auch diese Capitel aus
einem Ps.-Isidorianischen Codex entnommen.
' Die ersten drei Capitel war Herr Dr. pliil. Gustav Löwe .so freundlich,
für mich in Montecassino abzu.schreihen.
- In diesem Capitel fehlt der Satz: ut a — audivimus Hinsch. p. 682 not. 2
und der Schluss lautet: nisi cito res Dei a rectoribus ecclesiae ammoniti
reddiderint, perp. an. fer.
3 In c. 33 (^Cod. Justin. I 3, 1) steht fundos et mancipia cestra statt ,et
vos' etc.
632 Tlianer. Untersuchungen u. Mittheilnngcn z. Quellenkunde d, canon. Rechtee.
Zum Schlüsse bemerke ich nur noch, dass in der Hand-
schrift, die die eben beschriebene Sammlung enthält, mehrere
Schreiben eines Papstes vorkommen und einiges aus der Zeit
des Investiturstreites, worüber ich an anderem Orte zu be-
richten gedenke.
NACHTRAG.
Die nämliche Sammlung, nur hin und wieder mit einigen
Abweichungen, fand ich seither auch in der Bibl. Laureutiana
zu Florenz, in der Casanatensis zu Rom und als Bestandtheil
einer Canonessammlung in einem Codex der Vaticana. Die
Capitel (III) de privilegiorum auctoritate sind ferners in den
I^iiber praeceptorum für S. Sophia in Benevent aufgenommen.
Die betreffenden Handschriften stammen aus dem zwölften
Jahrhunderte. Es lässt sich .demnach auf eine ziemliche Ver-
breitung der Sammlung schliessen, die es um so erklärlicher
macht, dass sie von Anselm benutzt wurde.
Muth. Ueber eine Schichte älterer, im Epos nachweisbarer Nibelungenlieder. 633
Ueber eine Schichte älterer, im Epos nachweisbarer
Nibelungenlieder.
Mit einem Excurse über die innere Geschichte des XIV. Liedes und
einem Anhange über das Linzer Bruchstück.
Von
Richard von Muth.
Uass das Nibelungenlied nicht der grossen, schöpferischen
Initiative eines Poeten sein Dasein verdankt, sondern ein
organisch erwachsenes Product der geistigen Strömung eines
Landes und seiner Stände ist, diese Ueberzeugung bricht sich,
je mehr man sich gewöhnt, litterarische Erzeugnisse und Er-
eignisse nur im Zusammenhange mit dem politischen Leben
und der Culturentwicklung des Volkes, d. h. nach historischen
Gesichtspuncten und nach den Grundsätzen der historischen
Kritik zu betrachten, desto entschiedener Bahn. Aber auch der
umständliche und doch nicht langwierige Process des Werdens
der Dichtung, der in eine Zeit gewaltiger geistiger Gährung
fällt, wobei ihre Gönner zu ihren Standesgenossen jenseits des
Böhmerwaldes sich verhalten wie die Stürmer und Dränger
zu den Kritikern und Classikern, liegt Dank der selbst in
unseren Tagen seltenen philologischen Akribie, mit der gegen-
wärtig die Textkritik der Nibelunge betrieben wird, in früher
ungeahnter Klarheit vor uns. Schrittweise ist das Epos geworden
und denen, die es zur Hand nahmen, war seine Genesis vertraut
und, was nicht der Name einer grossen Autorität schützte, ver-
stümmelte wohlmeinend und ungescheut Liebhaber und Tag-
löhner, Die grossen Redactionen, stattgefunden haben sie
freilich, heben sich nicht scharf ab von Vor- und Zwischen-
stufen, die sie vorbereiten und vermitteln : zwischen A*B* — C*
tritt eine Mittelclasse unbestimmbarer Stellung, wahrscheinlich
auf dem Wege von B* zu C* ; aber diese Mittelclasse wieder
Sitzuugeber. d. pbil.-hist. Ol. LXXXIX. Bd. 11. Hft. 43
634
Mnth.
hat einen sehr selbständigen Nebenzweig, also A*B*OC*; aber
I
J*
auch die jüngste Classe, das liet, zerlegen ihre Herausgeber
in drei, sicher in wenigstens zwei Gruppen: A*B*ORC* oder
I
J*
wenn wir für A* den gemeinsamen Archetypus /, für B* als
Archetypus der Vulgata 'b einführen: •/ — '\' — O -- R — C; aber
I I I
A B J*
auch diese Reihe genügt noch nicht; in J führt einzelnes über
OB auf yA , ebenso in einer Mischgruppe, DNS, zwischen B
und C, so dass für die Vulgata, ebenso wie für, das liet, eine
Spaltung in zwei wenig verschiedene Varianten, eine etwas
ältere, dem Archetypus nähere Form uothwendig anzusetzen
ist, von der mögliclierweise in LgM ein Rest erhalten, so dass
der Handschriftenstammbaum, so weit er mit einiger Sicherheit
festzustellen ist, etwa folgendermassen sich gestaltet:
EFG
DNb
Es sind hiemit nur bekannte Thatsachen wiederholt; die
Spaltung des gemeinen Textes in zwei Classen allein ist leicht
zu beweisen aus wiederholter Uebereinstimmung nicht nur AD,
AJ, sondern auch AL, AM, Ag gegen BC; die Fälle können
bei dem geringen Umfange der drei letztcitirten Fragmente
nicht besonders zahlreich sein, da doch kein Zweifel darüber
möglich ist, dass alle drei Handschriften zur Familie der Vul-
gata gehören ; aber das Vertrauen zu der als Archetypus des
gemeinen Textes angesehenen B muss hiedurch allerdings sehr
erschüttert werden. Da das Verhältniss der Texte hier nicht
zur spociellen Erörterung kommt, sondern nur insoferne berührt
Ueber eine Sfhiehte älterer, im Epos nachweisbarer Nibflungenliefler. 635
wird, als daraus ein Beleg für die successive Gestaltung der
Dichtung zu gewinnen ist, genügen wenige Beispiele zum Be-
weise; über das kleine Fragment M, das von besonderer
Wichtigkeit scheint, nicht nur oft über B auf A zurückgeht,
sondern auch einige Eigenthümlichkoiten und eine dem Arche-
typus ähnliche Anlage besitzt, wird im Anhange gehandelt.
849, 4. A. do sich an sine triwe dm schcene künigin verlie
L. diu schoßne künegtn Kriemhüt
verlie
B. KriemJiiÜ die künegtn verlie.
Hier wird die Mittelstellung sofort klar; wenn Bartsch's
Variaute zu trauen ist, hat L zum Titel den Namen in Weise
einer Glosse gefügt, B durch Auswerfung des Attributs hierauf
das zerstörte Metrum wiederhergestellt.
930, 4. A. in vart mikel siocere in ir herze begraben.
L. in ivart michel sivoire in ir herze gegrabin.
B. in toart vil michel swcere in ir herzen begraben.
B redigirt metrisch und syutactisch selbständiger, L folgt
der Vorlage wieder treuer.
1520, 3. Ag. daz im für mere sagten diu wilden merwip.
B. daz im für icär sageten ditt wilden merewip.
Aus dem Linzer Bruchstück M:
1334, 4. A. do begond ir aber suhven von herzen trehen ir getoant.
M. do begond ir ab'' selwen vö h''zen trehene ir gewät.
B. do begonde ir aber salicen von heizen trehen ir geivant.
Hier hat wieder erst B den richtigen Sinn hergestellt und
es ist der relativ jüngste Text, wie gewöhnlich der beste, ja
hier der einzig brauchbare. Man vergleiche übrigens 888, 1, 2.
890,1. 896,1. 897,2. 963,4.1001,2. 1334,1. 1339,4. 1344, 3.
1352,4. 1356,3,4. 1357,3. 1364,3,4. 1510,4. 1511,2. 1518,4.
1520, 3. 1527, 1. 1580, 2, 1590, wo Ag gegen BC eine Aven-
türenüberschrift haben, 1610, 4. 1614, 8. 1617, 3, wo g den
Fehler hat, der die Variante veranlasst: A. sit truogen an die
helde, g. Sie trungen, B. do truogen.
So kann an der Mittelstellung dieser drei Handschriften
zwischen B und dem Archetypus der Vulgata, von dem in M
selbst ein kümmerlicher Rest erhalten sein könnte, kein Zweifel
sein; auf LM geht dann, soweit sie nicht dem Liede folgt, die
Mischgi-uppe DNSb zurück, deren ältester Repräsentant S ist.
43*
636 Muth.
Wie später die Redactiouen, hatten sich früher die ein-
zelneu Theile des Epos entwickelt; Lachmann hat drei Phasen
vorausgesetzt, indem er annahm, dass der zweite Theil eine
Sonderexistenz geführt und vorher noch in wesentlich abwei-
chender Gestalt, Lieder von ähnlichem Inhalt, vorhanden
gewesen sei. Unmittelbar vor diesen letzten Stufen liegen die
Liederbücher, wie Müllenhoff gezeigt hat; aber jeder sam-
melnden Thätigkeit läuft auch die der Interpolatoren parallel.
Da die Lieder, die sich auf einen bestimmten Punct der
Erzählung stellen und eine einzelne Thatsache behandeln oder
eine Begebenheit in ihrem Verlaufe oder ihren Folgen dar-
stellen oder endlich nur den Zusammenhang zwischen aus-
einanderliegenden Situationen vermitteln, nicht von vorneherein
zum Zwecke der Sammlung gedichtet sind und ihre Vereinigung
zu einem pragmatischen Ganzen befriedigte , wenn , wie es
geschah, ein leidlich vollständiger und leidlich klarer Gang
der Erzählung hergestellt war, ist anzunehmen, dass neben
ihnen noch andere existirten : oder wer die Einheit des Epos
behauptet muss doch zugeben, dass die Sage im Munde des
Volkes in Liedern lebte, wie er weiters nicht wird läugnen
können, dass das VIIL und XIV. Lied, jedes in seiner Art,
so bestimmt von ihrer Umgebung abgegrenzt, so ganz ver-
schiedenen Stiles sind, dass sie einem Autor mit dem ganzen
Epos zuzuschreiben, für Unkenntniss oder Unverstand gelten
müsste. Auf jeden Fall muss man die Existenz von Liedern
neben dem Epos zugeben. Nachdem nun die poetische Thätig-
keit nie gefeiert hat, wie das Sinken der Sage, die ausdrück-
lichen Zeugnisse des Marners, des Textes C, des jüngeren
Titurels, das Eindringen einzelner jüngerer Züge in die spä-
teren Recensionen beweist; da überdies die Zeugnisse für die
Nibelungendichtung durch das ganze XII. Jahrhundert hinauf-
laufen, die verwandten Quellen, Klage und Biterolf voran, ob-
wohl sie älter sind als unser Epos, doch deutliche Beziehungen
auf Nibelungenlieder enthalten, ist die Annahme der Existenz
verwandter Lieder, die gleichzeitig mit der Sammlung der Lieder
in diese nicht einbezogen wurden, eine logische Notwendigkeit.
Betrachten wir nun die Lieder unserer Sammlung nach Form
und Inhalt, so finden wir wesentliche Unterschiede, eine Ab-
stufung im Sinne des fortschreitenden höfischen Geschmacks;
Ueber eine Schichte älterer, im Epos nachweisbarer Nibelungenlieder. 637
in den einen heroische Einfachheit, Reichthum des Inhalts,
epische Knappheit, sprunghafte Darstellung, Schwerfälligkeit
der Reime, fehlende Senkung, stehende Formeln; in den
anderen Wechsel des Ausdrucks, Vernachlässigung der stren-
gen metrischen Regeln, dafür Sorgfalt im Reimen, breite Aus-
führung, behagliche Schilderung, gehaltlose Leere, höfischer
Frauendienst; dort Kämpfe, hier Spiele; dort tragische Er-
schütterung, hier kunstvolle Unterhaltung. Das IV., VIIL,
XIV., auch das XVI. Lied haben als Beispiele ältesten, III.,
IV. b., XII., XV. als Belege für die Entartung des epischen
Stiles zu gelten ; andere e; ü'iZoX-q'^izwq gedichtet, bvmches nach
der Terminologie des französischen Epos, sind einfach, aber
farblos; wieder andere, die Aristien einzelner Helden, Er-
zeugnisse der österreichischen Ritterschaft, nehmen, zwar arm
an sachlichem Gehalt, aber edlen Stiles, eine gewisse Mittel-
stellung ein.
Nehmen wir nun ganz willkürlich, aber nicht um viel
fehlgreifend an, die ältesten dieser Lieder seien um 1190 ent-
standen, so haben um 1190 gewiss noch andere Lieder existirt,
die den gleichen Charakter trugen, auch Lieder noch älteren
Gepräges ; denn die Sammlung zum Epos entsteht, während
eine niedere Strassenpoesie bereits üppig wuchert (Str. 101,
9o9, 5 — 8 u. dgl.). Die Volkspoesie, die nicht erfinden will,
hat stets eine Tradition der Sage und eine Tradition der Kunst-
form verbunden; wir dürfen annehmen, dass, wenn 20 Lieder
in der gleichen Strophe existirten, diese die gewöhnliche für
derlei Gesänge war. Volkspoesie ist formelhaft, sie hält zäh
an traditionellem Brauche : wir werden die kunstvolle Anord-
nung in Zwölfzahl zu besprechen haben. Es darf uns daher
nicht wundern, in den einzelnen Liedern, in den verwandten
Epen, Kudrun, Biterolf, Klage, Laurin, vor allen im Alphart,
ja in der nur auf verwandte Quellen zurückgehenden Thidreks-
saga denselben Wendungen, stehenden Beiwörtern, Formen der
Anrede, Tropen, Phrasen und Formeln zu begegnen. Wie der
Zug der Sage, dass den auf der Fahrt zu Etzel über einen
Strom setzenden Burgonden die Ruder zerbrechen, durch alle
Jahrhunderte in allen Versionen der Sage wiederkehrt, so auch
gewisse an sich unwesentliche Reden und Wendungen : War-
nung und Ausruf vor Allem. Würden wir, was man schmerzlich
638 Mnth.
vermisst und die Wörterbücher nicht ersetzen, ein vollständiges
Glossiir zu (Umi verwandten Quellen, die um dieselbe Zeit in
denselben Landen entstanden und daher so wenig getrennte
Behandlung eifahren dürfen, als jemand ein Lexicon zur Ilias
oder Odyssee allein abfassen würde, besitzen, so Hesse sich
der Sehatz gemeinsamer Phrasen und Formeln leicht über-
sehen und feststellen, was Eigenthnm der älteren Volkspoesie
ist. Denn wenn sich Ausdrücke des XX. Liedes wie : ich
armer Dietrich, Riiedeger vater aller tilgende, in einem Theile
der Klage finden, der entschieden älter und doch vom Dichter
des XX. LiedeS;, dessen Kenntniss der Begebenheiten eine weit
geringere ist, nicht gekannt war, so haben wir in diesen Wen-
dungen ererbte Formeln der Volkspoesie. Aehnlich die stehende
Wendung vom Waifenischmucke des Helden, em swert, daz ze
sinen ecken harte vreisUchen sneit, die I. 74, IV. 418, XIV. 1472
und. Alphart 370 wiederkehrt.
Ebenso unbedenklich aber, wie die Dichter und Sammler
Lieder anderer, ihnen gemeiniglich nach der Natur des Volks-
gesanges unbekannter Autoren aufnehmen und sich der alt-
überlieferten Formeln und Wendungen bedienen, ebenso un-
bedenklich haben sie auch Theile anderer Lieder ihren Dich-
tungen eingefügt, eine kräftige Individualität seltener, der
Stümper natürlich lieber, am liebsten der Mann massiger Be-
gabung mit geschickter Hand (Dichter des I. Liedes). Sehen
wir also die Lieder unseres Epos in drei Schichten aufeinander-
gelagei't: junghöfische, ritterliche Rhapsodien, echte Volkslieder,
so dürfen wir annehmen, dass von der Schichte, die unmittelbar
vor unseren ältesten Bestandtheilen lag, auch noch Reste uns
erhalten sein werden. Diesen Resten im Texte nachzugehen,
ist der Zweck der vorliegenden Abhandlung. Es sind zu die-
sem Behüte alle Stellen angezogen, bezüglich deren eine Ver-
juuthung ausgesprochen wurde oder nahe liegt, dass sie einem
gleichzeitigen oder älteren Liede angehören könnten, und unter
möglichster Vernachlässigung alles ,Subjcctiven' nach vor-
wiegend formellen Kriterien methodisch geordnet und geprüft.
Man darf diese Reste älterer Dichtung nicht für Ein.schübe
halten — Zusätze unterliegen der gleichen Kritik; wenn aber
Interpolationen ausnahmsweise aus dem lebendigen Gesänge
sch()pfeu, so ist, da sie ja selbstverständlich jünger sind als das
Ueber eine Schichte älterer, im Epos nachweisbarer Nibelungenlieder. 133 U
Lied, dem sie eingefügt werden sollen, in dei" Regel die eben
auftauchende niedere Siegfriedsdiclitung ihre Quelle^ — viel-
mehr sind sie integrirende Theile der Dichtung und, da in der-
artiger Auswahl auch ein ungebildeter Geschmack nicht leicht
fehlgreift, oft die schönsten und kräftigsten Stellen.
Auf grosse Schwierigkeit stösst jedoch die Feststellung
des Resultates ; apodictische Sicherheit liegt nur dort vor,
wo durch Relationen zu einer anderen Quelle ein äusseres
Zeugniss gewonnen wird , alles Andere ist Hypothese —
nur wo sie durch formelle Gründe gestützt wird, überhaupt
zulässig.
Demgemäss ist bei dem Umfange des Epos und der Um-
ständlichkeit der Untersuchung das Ei'gebuiss nicht eben ein
reichhaltiges, immerhin aber genügend für eine Reihe der
wichtigsten Folgerungen. Mit strenger Scheidung des Sicheren,
Wahrscheinlichen und Möglichen ergibt sich aus den folgenden
Specialuntersuchungen :
Einem älteren Liede wörtlich entnommen sind Str. 11
der Einleitung, VIII. 941, XIV. 14G2, XX. 2064, 2125, 2218
^XIX. 2015); ebenso beruhen auf einem älteren Liede, aber
ohne dass sich entscheiden Hesse, inwieweit wörtlich, I. 77 — 85;
höchst wahrscheinlich ist eine derartige Derivation bei XII. 1279,
1280; nur möglich bei I. 13--19, XVII b. 1849—57; Str. 88
bis 101 sind ein Einschub, aus der niederen Volkspoesie auf-
gegriffen.
Haben wir oben theoretisch und im Princip die Berech-
tigung einer solchen Untersuchung dargethan, so ist der Erfolg
derselben, ohne dass wir uns desshalb im Kreise bewegen, eine
Bestätigung für die Richtigkeit unserer Prämissen. Die Existenz
von Nibelungenliedern hat Niemand bestritten ; aber über ihre
Form war die Discussion eine oflfene. Hier nun wird die Frage
zur Entscheidung gebracht, und zwar — darin liegt die Be-
deutung dieser Entscheidung — in einer Weise, die völlig
unabhängig ist von der Frage um Einheit oder Composition?
Denn auch wer an der Einheit festhält, muss an den betref-
fenden Stellen die Benützung nicht der nächstbesten Vorlage,
sondern eines Liedes gleicher Form zugestehen. Ob nun die
Sänger oder der Dichter die Lieder der älteren Schichte be-
nutzt haben, ist ganz irrelevant; es genügt an der Thatsache
640 Math.
und dem exacten Beweise ihrer Existenz, und zwar, da stellen-
weise wörtliche Entlehnung stattgefunden hat, in der gleichen
Form, der zweiten Kürenbergsweise oder Nibelungenstrophe.
Dadurch aber, dass der Nachweis ermöglicht ist, dass Lieder
von den Nibelungen in der Kürenbergsstrophe üblich waren,
ist aber die Wahrscheinlichkeit gewachsen, dass das in der
gleichen Form bestehende Epos desselben Sageninhaltes auf
Lieder zurückzuführen sei: somit, ohne dass wir darauf aus-
gegangen sind, ein neues Argument für Lachmann's Theorie
gewonnen.
Beiläufig wird durch ein Verfahren wie das der Spiel-
leute, die die alten guten Erzeugnisse ihrer Standesdichtung
zu benützen fortfuhren, oder der Ritter, die sich mit den
Traditionen der Volkspoesie behalfen, oder beider, die um der
Glaubwürdigkeit der Nachricht willen und aus eingewurzelter
Scheu vor dem Hergebrachten begierig nach alter Wendung,
überlieferter Formel griffen, ja haschten, begreiflich, wie
Mancher an einzelnen Stellen Spuren einer Ueberarbeitung
— ich erinnere an die wiederholt aufgetauchte Behauptung
von der Revision der Reime — zu finden vermeinen konnte ;
sollten solche wirklich, wenigstens so exact wie die Benützung
älterer Lieder, nachweisbar sein, so ist das, nachdem wir über
die Natur der Vorlage unterrichtet sind, keine Schwierigkeit
mehr : wie Manches wörtlich, wird wohl Manches auch nur
dem Sinne nach modernisirt, adaptirt in die Dichtung über-
gegangen sein, wenn wir uns auch hüten müssen, mit moder-
nem Massstab zu messen und uns die Methode einer Zeit vor
Augen zu halten haben, in der Glaubwürdigkeit die erste
Forderung ist, welche an eine poetische Erzählung gestellt
wird, und dem entsprechend der Standpunct des Autors gegen-
über seiner Quelle stets ein bedingter und beschränkter bleibt.
Auf die Genesis des Nibelungenliedes aber fällt ein neues
Streiflicht, freilich nur in's Klare setzend, was unvergleichlicher
Scharfsinn schon vor Mensehenaltern erkannt hat. Hat man
Lachmann vor fünfzig Jahren von Seite der Gegner (Rosen-
kranz) zugestanden, dass es sein unbestrittenes Verdienst sei,
die Frage um den Autor des Epos unter allen Umständen
zur völligen Gleichgiltigkeit gebracht zu haben, so dürfen wir
das heute in erhöhtem Masse behaupten. Die Entstehung des
Ueber eine Schichte älterer, im Epos nachweisbarer Nibelungenlieder. 641
Nibelungenliedes ist eine Nothwendigkeit und ein Zufall : eine
Nothwendigkeit in Bezug auf Alter und Heimat, denn wie nur
in Oesterreich und nur nach dem dritten Kreuzzuge die gei-
stigen Vorbedingungen für diese Dichtungen gegeben waren,
war sie andererseits der natürliche Culminationspunct und
Abschluss dieser Periode phantastischer Erregung; ein Zufall,
wie es wird, zufällig die erste Aufzeichnung, absichtlich zwar
die Sammlung, aber zufällig ihr Umfang, lückenhaft, land-
schaftlich gefäi'bt, wechselnd im Tone, bald modern, bald
archaistisch, unklar in den Motiven, aber rein und klar im
Versbau, würdig in der Charakterzeichnung, meist verständig
geordnet, die Sprache streng, die Darstellung angemessen,
eines der besten Producte seiner Zeit, in seiner Naivetät eines
der hervorragendsten Denkmale der Volkspoesie aller Zeiten,
des Beifalles werth, den es gefunden, stark genug dem Zahn
und den Stürmen der Zeit zu trotzen, ein Hort des Volkes,
der wie das Gold der Zwerge in den tiefsten Schachten der
mütterlichen Erde, so in der innersten Falte des vollen Her-
zens geborgen war, bis er zu guter Stunde entzaubert hervor-
trat an, das er wohl vertrug und überstrahlte, das volle Licht
des Tages !
1.
Einleitung, Strophe 11. Lachmann weist Anm. S. 7, 9 hin
auf die Zusammengehörigkeit der Strophen 4, 9, 10: in den-
selben werden in kunstgerechter Form zwölf Burgonden auf-
gezählt, angeordnet in Gruppen zu je drei: 3 Könige, o von
der Tronjer Sippe, 3 Herren vom Hofe, 3 Hofämter; die An-
ordnung zeigt alte Elemente; wie die drei Könige durch Allite-
ration, sind die Inhaber der drei Hofämter durch Anomination
gebunden,
4. //• phldgen dri kiinege edel unde rieh,
Gunthere unde Geniöt die recken lohelich,
und Guelher der junge ein üz erweiter degen.
diu frouwe was ir swester die fürsten hetens in ir pflegen.
9, Daz was von Troneje Hagene und onch der hruoder hin,
Dancioart der vil snelle, und von Metzen Ortwin,
die zwene marcgrdven, Gere und Eckewart,
Volker von Alzeije, mit ganzen eilen wol hewart.
G42 ji u t h.
10. Rümolt der kuchenmeistei', ein uz erweiter degeu,
Sindolt und HfmoU, dise heren muosen pßegen
des hoves und der eren, der drier künege man,
sie heten noch manegen recken, der ich genennen nicht enkan.
Wie sie da stehen, können die drei Strophen freilich nicht
unmittelbar auf einander gefolgt sein; aber die erste trägt in
der fast wörtlichen Wiederholung des Gedankens, der schon
zu Anfang- ausgedrückt ist, in der Schlusszeile, wie Lachmann
richtig hervorhebt, alle Kennzeichen einer Aenderung. Die
symmetrische Anordnung von je zwölf Helden war, wie a. a. 0.
S. 309 zu Klage 816 gezeigt ist, alte Kunsttradition der Volks-
dichtung ; der ritterlichen Kunstübung geht sie, etwa wie der
Gebrauch der Heptaden, eben damals verloren ; in der Klage
noch deutlich — Lachmaun's Beispiele lassen sich leicht ver-
mehren: im I. Liede Kl. 166 — 273 werden 12 Gefallene auf-
gezählt, in drei Gruppen 4 Fremde, u. zw. Bloedelin, Her-
mann von Polen, Sigeher von Walachen, Walber von Türkei;
4 Deutsche, wobei zu der gewöhnlichen Reihe Irnfried, Hawart,
Iring noch Rüdeger tritt; 4 Burgonden, nämlich Hagen mit den
Königen; im IV. Liede Kl. 1147 — 1214 tritt allerdings zu 4X3,
den Königen, Etzel's Hause : Kriemhild, Ortlieb, Bloedelin,
dreien Burgonden : Hagen, Volker, Dancwart und den drei
Deutschen als dreizehnter Rüdeger; das V. Lied 1265 zerfällt
in drei Abtheilungen, deren jede vier Personen beschäftigt,
indem Botschaft wei'ben Etzel, Dietrich, Hildebrand durch
Swemmelin, der auf der Reise verständigt die Markgrätin
Frau Gotelinde mit ihrer Tochter, Pilgrim und Else, während
in Worms auftreten Ute und Brünhild, Sindolt und Rumolt —
lassen sich im Biterolf nur mehr Spuren, Gruppen zu 13, 18, 24,
nachweisen. Wir sehen die höfischen Sammler und Sagen-
encyclopädisten von der überlieferten Kunstform hierin, wie
in Wichtigerem, abweichen ; der Art mittelalterlicher Sammler
entspricht es auch ganz, eine in zwei Variationen oder Ver-
sionen zu ihrer Kenntniss gelangte Thatsache zweimal vorzu-
führen, wofür neben vielen Contaminationen der nordischen
Sagaen die zweimal nacheinander erzählte Nachtwache Hagen's
und Volker's in Heunenland, XVI. und XVII. Lied, als hin-
reichender Beleg gelten mag, so dass es nichts Auffälliges ist,
dass hier nach Vollendung der AufzäJilung vom Redacteur der
Ueber eine Scbichte älterer, im Epos nacliweisljarer Nibelungenlieder. b4«J
Einleitung- eine Strophe zug-efügt ist, die eine Gruppe von vier
schon genannten Helden enthält. Lachniann nimmt mit Recht
an, dass jede Aufzählung-, die zu 4X3, wie die zu 4, ein Frag-
ment von 3X4 Namen, aus einem anderen Liede stamme.
Strophe
11. Dancwart der was marschalc: do loas der neve sin
trukscefze des hüniges, von Metzen Orticin:
Sindolt der icas schenke, ein uz erioelter degen ;
Hünolt icns kamercere; si künden grözer eren pßegen,
die übrigens Sindolt's und Hunolt's Wirkungskreis zu ver-
wechseln scheint, kann nur aus einem anderen Liede stammen,
das die ältere anominirende Reihe den neueren Hofamtern zu
Liebe aufgegeben hatte und die Recken, etwa im Munde eines
Helden oder im Anschlüsse an eine bestimmte Situation auf-
zählt ; demnach ist die Benennung- der Hofämter wesentlich,
der Raum aber so knapp bemessen, dass denselben Inhalt etwa
in vier Kurzzeilen zu g-eben unmöglich wäre. Es ist daher
anzunehmen, dass diese Strophe aus einem anderen, uns ver-
lorenen Liede wörtlich ausgehoben ist; nach Reim, Form,
Ausdruck und Styl ist es durchaus den unseren gleichartig
und gleichzeitig. Dass auch die Strophen 4, 9, 10 einem
älteren Liede entnommen seien, wird dadurch wahrscheinlich,
dass sie die traditionelle Anordnung beobachten, für die der
Verfasser unserer Einleitung- keine Pietät mehr besitzt. Auf-
zählung der Helden mochte eben als Einleitung zu den ver-
schiedensten Liedern, wenn sie sich auch sonst auf einen
bestimmten Punct als Anfang stellen und nur ein einzelnes
Moment der Fabel behandeln, erwünscht gewesen sein. Die in
Beiden vorkommenden Wendungen : itz erweiter degen, des hoves,
der eren pßegen erhalten erhöhte Bedeutung als Foi-meln der
älteren Dichtung im oben fS. 638) berührten Sinne.
Auch wer an einem Dichter für das ganze Epos fest-
halten zu sollen glaubt, wird, wenn nicht bei der Gruppe 4, 9, 10
doch bei Strophe 11 die Entlehnung aus einem älteren Liede
zugeben müssen, sowie, dass die Ueberlieferung, in der, ab-
gesehen von der Redaction, nicht zwei Handschriften überein-
stimmen, in Unordnung gerathen sei ; die Geschmacklosigkeit,
Strophe 1 — 12, wie sie vorliegen, einem Autor zuzuschreiben,
644 Mnth.
begeht heute wohl Niemand mehr : es ist auch kritisch wider-
legbar.
Wichtig ist, worauf wir zurückkommen, dass die Frage
um die Provenienz der Strophen unabhängig ist von der um
die Entstehung des Epos.
1. Lied, Strophe 13 — 19. Der eigenthümliche Ton dieser
Strophen hat bekanntlich von der Hagens Ansicht über die
Entstehung des Nibelungenliedes bestimmt : Anhänger der Ein-
heit glaubte er an Benützung von Rhapsodien von geringem
Umfange und balladenartigem Character. Dass es alte allite-
rirende Lieder von Kriemhilt in Baiern gegeben, zeigt Müllen-
hoff HZ. 12, 299 f.; auch dass das Wortspiel mit erkrimmen
altüberliefert ist, hat schon Lachmann gekannt. Auch die nor-
dische Sage zeigt Spuren der gleichen Sage. Ursp. Gest. S. 105,
HS. ■!• S. 184 : Thidrek's C. 164, 165 führen Günther und Hagen
Adler im Schilde ; Völss. C 35 erscheint der künftige Gatte
unter dem Bilde des Habichts, der, wie Zacher aufmerksam
macht, nach Fromann 4, 170 im Erzgebirge , Krimmer', ähn-
lich wie der Geier in Schlesien, heisst. Die Völsungasaga zeigt
überdies eine Spaltung, indem aus dem symbolischen Traume,
der unter dem Bilde eines edlen Thieres das Ende des künf-
tigen Gatten bedeutet, zwei getrennte Fabeln geworden sind;
neben dem Traume vom künftigen Gemal ein eigener von
seinem Ende, wo C. 26 Siegfried als ein Hirsch erscheint. In
einem niederdeutschen Rosengarten-Fragment HZ. 5, 369 f.
heisst es V. 34, 35 von ihm :
Hfj/ geliket eyme välken,
Ind traget eynes leicen nioet.
Das Bild des Falken für Siegfried war demnach feststehend
in der epischen Dichtung ; dass es also ältere Lieder solcher
Art gab, ist nicht zu bezweifeln. Müilenhoff sagt ZGNN. S. 30,
der Traum Krierahild's sei so reich an Eigenthümlichkeiten,
dass man denselben fast für ein Bruchstück eines anderen
Liedes halten möchte. Insbesondere fällt in die Wagschale,
dass diese Besonderheiten formeller Natur sind. Der Ton der
Darstellung wechselt von Strophe 12 bis 21 viermal; auf die
unbeholfene Einleitung folgt eine der besten Strophen des Epos,
Ueber eine Schichte älterer, im Epos nachweisbarer Nibelungenlieder. 645
die ein abgerundetes, in sich geschlossenes Bikl enthält; dann
die langsam sich entwickelnde Deutung, die von 17 an in's
Weichliche übergeht, bis 20 so neu anhebt, wie wohl ein
epischer Gesang beginnen kann, und in dem viel besproche-
nen , raschen, etwas herben' Tone, der von nun an für diesen
Abschnitt charakteristisch bleibt. Dieser Neubeginn ist um so
auffallender, als Str. 17 — 19, die sich auf den endlichen Aus-
gang des ganzen Epos beziehen, deutlich zur Anknüpfung der
vorausgehenden Strophen eingeschaltet sind ; Str. 45 wird Kriem-
hild und mit Emphase neu eingeführt; Str. 47, 2, 3 spielt auf
die Worte 15, 3, 4 in einer Weise an, die deren Vorhandensein
in demselben Gedichte keineswegs voraussetzt: 14, 1, 2 steht
der Reim Voten: g/ioten in der ersten Hälfte des Epos ganz
vereinzelt ; ' doch darf der archaische Reim nicht neben dem
Wechsel des Tones von 13 zu 14 geltend gemacht werden;
die Strophen 13 — IG scheinen denn doch einem Autor zu
gehören, der die conjugatio periphrastica 13, 4. 14, 4 vergl.
suln 15, 4. 16, 2 und Synkope, selbst in letzter Senkung
(riters Itp) liebt. Dass der Autor dieses Liedes auch sonst
ganze Strophenreihen anderen Liedern entnommen hat, ist sehr
zu beachten; Str. 17 — 19, die, wie gesagt, auf das Ende weisen,
könnten übrigens bereits mit 13 - 16 aus einer älteren Gesammt-
darstellung genommen sein — dem gleichen Autor beide Gruppen
zuzuschreiben ist unmöglich — weil 13 — 19 gerade eine Heptade
ist, die letzte Hand unseres Ordners die Heptadenordnung aber
nicht mehr beachtet hat; doch ist das eine unerweisliche An-
nahme. Apodiktische Sicherheit dafür, dass dieser Absatz einem
älteren Liede, und ob wörtlich entnommen ist, liegt nicht vor,
doch ist die Existenz alter Gesänge dieses Inhaltes unzweifel-
haft und nicht verächtliche formelle Umstände sprechen gegen
die Autorschaft des Dichters des I. Liedes.
/. Lied, Strophe 77 fg. Von Strophe 69 zeigt Lachmann
Anm. S. 18, dass sie neben 73 nicht bestehen könne; 70 ver-
' Doch sehe ich mich veranlasst, nachträglich zu bemerken, dass I. 84, 1
auch den Reim Hagene : d'egene hat, der in der ersten Hälfte nur
viermal (84. .386 810. 813) erscheint, gegen naiiezu 40 Fälle im zwei-
ten Theile.
640 M n t h.
räth sicli als Interpolation durch eine aig-e metrische Rohheit,
die im echten Nibehingentexte ihresgleiclien nicht hat, den
Binnenreim tmrieJtche : minnecliclie (1245, 3 ?. Lachmann's
Annierlcnng" S. 1G5 ist unrichtig; in den Bearbeitungen, wo
dem höfischen Geschmack der Verfall der alten Kunst parallel
geht, während in der Lyrik das umgekehrte Verhältniss
waltet, bis in beiden Zweigen die starre Glätte eines Konrad
von Würzburg zum Durchbruche und zur Herrschaft gelangt:
B. 292, 1, vlizecUche : minnecUche, C. 938, 5 = Lassb.
8362 hitf (V liehe : jcemerliche, C. 1674, 3 = Lassb. 14424
voUeeliche : ivülecliche). Auch Str. 71 zeigt aber eine gewisse,
zu dem lebhaften Tone der sie umgebenden echten Strophen
in fühlbarem Gegensatze stehende Unsicherheit der Diction ;
ich möchte sie darum nicht mehr für unecht halten, wie ich
(jeleffentlich im Anschlüsse an eine ältere Ansicht Lachmann's
vermuthet habe (UG. S. 71, EN. ' S. 287, Note); aber ihre
Verwandtschaft mit XIV. 1460 fällt auf, einem Abschnitt,
auf den gleich wieder eine Parallelstelle 74, 4 = 1472, 4
weist, so dass der geänderte Ton umsomehr in Nachahmung
seinen Grund zu haben scheint, als bei den folgenden Strophen
der stricte Nachweis der Entlehnung zu führen ist. Die Stelle
berührt sich, wie Müllenhoff ZGNN. zuerst gesehen hat, auf
das engste mit Biterolf 5961 f., so eng, dass B. Symons
Taalk. Bijdr. 1, 309 f. daraus die Bekanntschaft des Biterolf-
dichters mit unserem Nibelungentexte hat folgern wollen (vergl.
Zeitschr. f. d. Alt. u. d. Litt. 22 [1878], Septemberheft). In
beiden Fällen handelt es sich um den Empfang eines Helden
dui'ch König Günther und seine Mannen in Worms, hier um
Siegfried's, dort um Rüdeger's; da nun das Nibelungenlied
gleichfalls eine Ankunft Rüdeger's in Worms schildert, wobei
deutlich Detail aus unserer Situation herübergenommen ist
1117, 3 = 81, 1. 1120, 2 = 87, 2, wäre diese doch das
nächstliegende Vorbild gewesen, wenn der Verfasser des Bi-
terolf nach einem solchen greifen wollte. Aber eine ein-
gehende Vergleichung ergibt ein anderes Resultat.
Es ist deshalb nothwendig, die Parallelstellen auszuheben.
' So citiie ich meine , Einleitung in daa Nibelungenlied', Paderboin, Schö-
ningh, 1877.
lieber eine Scbichte älterer, im Epos nacli weisbarer Nibelungenlieder.
647
Nachdem Nib. 72 — 76 der Eintritt Siegfried's in heroisch
einfacher, Bit. 5933 — 75 die Anknnft Rüdeg-er's in ritterlich
förmlicher Weise geschildert worden ist, begegnen sich plötz-
lich beide Gedichte in fast wörtlicher Uebereinstiramune-.
Voraus heisst es im Biterolf, was fast wie eine versteckte
Quellenberufung klingt:
Bit. 5972. Von maneger muofer kinde
hefe er (Rüedeger) e tcol
vernomen.
wi st in daz land loceren
komen.
75. erbeizet loävens (die da.
der marsclialc herhergen so.
wolde do die geste.
do sprach der muötes veste,
des kilnic Efzelen man
80. Hat uns diti. ras stän :
lüir mngen hie nicht htten,
wir müezen schiere riten.
Nib. 77. Diti ros si icohlen dannen
ziehen an gemach.
Stfrit der vil küene,
lüie snelle er do sprach !
Hat uns sten die moere
mir und mznen man.
wir tvellen schiere hinnen;
des ich guoten loillen hdn.
78. Sicem sin kunt diu mcere,
der sol mich nicht verdagen,
wä ich den kilnic vinde,
daz sol man mir sagen,
Günthern den vil riehen
üz Burgnnden lant'.
do sagte ez ime einer,
dem ez rehfe was hekant.
79. ^Welt ir den künic vinden,
daz mac vil lool geschehen.
in jenem sah leiten
hdn ich in gesehen,
hl den sinen helden.
da srdt iv hine gdn :
da muget ir bi im vinden
manegen herlichen man.
80. Nu wären deme künige
diu mcere geseit,
Ich horte des gerne mcere,
wä der kilnic iccere,
85. ob daz m'öhte geschehen (vgl.
Nib. 79, 1 : 2).
daz ich den künde gesehen.
do sprach ein Gernotes man
'daz wil ich iuch wizzen län.
get uf den palas,
90. da ich vil niid.ichen was,
ich wcen, man in da vinde
bi sinem ingesinde .
do hete ouch nu der künec
vernommen.
648
Mnth.
daz da komen tcceren
ritter wol gemeit ,'
die fuorten riclie hrünne
nnd erlich gevmnt.
si derkande nieman 95.
in der Burgonden lant.
81. Den kUnic nam des wunder,
von wannen kmmen dar
die herlichen recken
in wcefe lieht gevar,
und mit so gt(oten Schilden
niu unde hreit.
daz im daz sagte nieman,
daz was Gunihere leit. 6000.
82. Des antwurte dem künege
von Bletzen Ortivtn
(rieh unde kllene
moht er vil lool sin)
daz im geste wceren komen.
fragen er hegunde,
oh ieman wizzen künde,
der im sagte mcere,
wer daz gesinde woere.
daz enkunde im niema n sagen .
do hegunde er tougen klagen
von Hetzen Ortwinen,
83.
,sit wir ir nicht erkennen,
so sult ir heizen gän
nach minem ceheim Hagen en ;
den solt ir si sehen län.
Dem sint kunt diu rtche
und ellin vremdiu lant.
sin im die herren künde,
den liehen neven sinen:
der starp ze fron in smen
tagen
er gedähte des, der solde im
sagen
5. von fremden icignnden
üz iesltchen landen.
Da was ein ander Ortwin:
der was der vetern sun sin,
der was da zen Sahsen
10. von kintheit gewahsen.
der kam da er den künec sach :
vilicol horte er swaz er sprach,
dö sprach der junge loigant:
'si sint üz verrer künege lant
15. her hekomen an den Rin.
ni( hahet des den rat min,
sendet hin nach Hagenen :
hat ieman von den degenen
vei'nomen deheiniu mcere,
20. iu mac der Tronjcere
Ueber eine Schichte älterer, im Epos nachweisbarer Nibeluagenlieder.
649
84
daz tuo er uns bekant'
der künic bat in bringen
und die sine man :
man sack in herliche
mit reken hin ze hove gdn.
Waz sin der künic wolde,
des fragte Hagene.
'ez sint in mime hüse
unkunde degene,
die niemen hie bekennet:
habet irs ie gesehen,
des solt du mir, Hagne,
hie der wärheit verjehen'.
85. 'Daz tuon icK sprach Hagne :
zeinem venster er do gie,
sin ougen er da wenken ^
zuo den gesten lie.
der mcere schiere hdnverjehen,
ob er si e habe gesehen\
Die boten Uten da er was.
do stuont er vor dem palas.
25. ma7i hiez in zuo dem künege
gdn.
der fürste fragte sinen man
ob der helt erkande
die fremden ivigande,
wannen sie kcemen in sin lant.
30. do blicte der küene wtgant
nider für den palas,
da der marcgrdve was.
Die Verwandtschaft beider Stellen steht durch den paral-
lelen Gang der Darstellung-, dann durch die oft wüjtliche
Uebereinstimmung in Ausdruck und Reim ausser Frage-, doch
ist an eine Benützung der einen durch die andere nicht zu
denken; dem Bitei-olfdichter muss ein Text vorgelegen sein,
der das Missverständniss für der künic begunde tougen klagen
Orttvine (wenn nicht gar nur fragen Ortwin) zu setzen klagen
Orticiii ermöglichte, in dessen Folge die hier so unpassend als
nuiglich eingefügte Geschichte dieses Metzer Geschlechtes ist,
die weit besser etwa um V. 2480 angebracht wäre. Die
formelhafte (vgl. Thidreks. c. 363) Schilderung der Ausrüstung,
im Nibelungenliede episch wiederholt 72. 73. 80. 81, wie
einzelne, man kann nicht sagen unhöfische, denn was er nach
eigenem Geschmacke einführt, wie das überhäutige loigant, ist
um nichts feiner, sondern ihm nicht zusagende Ausdrücke
' Bei dieser Gelegenheit werfe icli die Frage auf, ob niclit an Stelle der
halten Apokope lAn' (iu) ursprünglich gestanden hat s%n oiige (:= B),
woraus ein Schreiber, der von der Einäugigkoit Hagens nichts mehr
vvusste und die häufig fehlende n-Abbreviatur aus Versehen ausgelassen
wähnte, den jetzigen Text machte?
Sitzungsber. d. phil.-hibt. Cl. LXXXIX. Bd. II. Hft. 44
650 Mnth.
hat der Biterolfdichter beseitigt; er prag-matisirt (die Jugend-
geschichte des jungen Ortwin , ohne jede weitere Gewähr,
könnte möglicherweise ganz allein auf dem Erfordernisse eines
Reiniwortes zu gev)ahsen balanciren), am deutlichsten, wenn
der Gernötes man eben erst (vü niulichen) beim Könige war,
Hagen gerade vor dem Saale steht u. dgl. Unter diesen
Umständen ergibt sich als nothwendige Voraussetzung die
Annahme einer gemeinsamen Quelle, welche der Nibelungen-
dichter jedoch mit weit grösserer Treue folgt, vermuthlich aus
dem Grunde, weil ihre gleichfalls strophische Form, wo sie
schon nicht wörtliche Herübernahme erlaubte, doch überall zu
geringeren Aenderungen nöthigte als die kurzen Reimpaare
des Biterolf.
4.
Einschuh im I. Liede, Strophe 88 — 101. Dass die inter-
polirte Erzählung Hagen's, ihm in den Mund gelegt, während
Siegfried im Hofe wartet, also ein grober Verstoss gegen die
poetische Oekonomie, einem Liede der niederen Volkspoesie,
die sich vornehmlich mit Siegfried's Jugend beschäftigte (hie-
her gehört vielleicht auch die räthselhafte Stelle von einer
Anwesenheit des Helden im Heunenland 1097, 3. vgl. Biterolf
9471 f.), wie die bekannten Zeugnisse darthun, angehört, wird
so ziemlich allgemein zugegeben: zu deutlich sprechen die un-
geschickter Weise stehen gebliebenen Spielmannsformeln 89, 2
als mir ist geseit, 93, 1 so wir hoeren sagen (die Ausscheidung
dieser Strophe als noch jünger wie 96 und 101 MüllenhofF
ZGNN. S. 59 entbehrt des Grundes), endlich 101, 1, das, wie
wieder der Vergleich mit dem Biterolf 7810 — 7849 lehrt, einem
anderen Liede entnommen ist, die ganz handwerksmässige
Phrase: noch vjeiz ich an im mere, daz mir ist bekannt.
Die Stelle ist jedoch bis zum Ueberdrusse oft behandelt
HS. 2 S. 134. ZGNN. S. 59 HZ. 21, 185. EN. S. 332 f.) und
kann insoferne nicht für uns in Betracht kommen, als diese
Lieder der , verwildernden Volkspoesie' zwar der Sammlung
oder dem Epos gleichzeitig, aber nicht der älteren Schicht
zuzuzählen sind.
Demnach war nur der Vollständigkeit halber dieser Stelle
als eines unzweifelhaften Liedfragmentes im Epos zu gedenken.
Ueber eine Schichte filtfrer, im KpoB nachweisbarer Nibelungenlieder. 651
5.
VIII. Lied., Str. 941. B. Sijmons in dem schon oben an-
gezogenen Aufsatze taalkund. bijdr. ], 323 hat ferner auf-
merksam gemacht auf eine Anspielung im Texte des Biterolf;
Dietleib kommt von Metz durch Lothringen:
2674. Die knahen schnofen do ir varf,
do si ir geleite heten län;
durch Lüfringen si do dan
riten an den Wasgenwalt.
do sprach der junge degen halt
,mi reichet mir den heim her
lind schiftet mir daz sper
wider an den minen schaft.
ez sint Ithte hie mit kraft
schächcere in diesem tiefen tan:
an den kan nieman lop hegdn,
wan sioaz man ir slüege tot,
daz ivaere lande und. Hüten ndt.^
Dem Dichter war entweder Str, 941 unseres VIII. Liedes
oder doch eine ähnliche im Sinne :
,ir sidt ez heln alle und stdt jegliche jehen
da er jagen rite aleine, Kriemhilde man,
in slüegen schächcere, da er füere durch den tan.'
Das VIII. Lied verlegt jedoch den Schauplatz der Jagd
auf das rechte Rheinufer, denn sie müssen über den Rhein
zurückfahren 943, 1, in einen Wald 859, 2, nahe dem Strome
871, 3; dazu stimmen die Interpolationen, die in diesem alter-
thündich gefärbten Abschnitte genau dasselbe Gepräge tragen
wie der echte Text der jüngeren (nicht jüngsten!) Lieder: sie
sind über den Rhein gezogen 870, 1 ; auch die Verwechs-
lung mit dem Spehteshart 908, 3 ist nur möglich, wenn die
Wormser von Hause aus eine östliche Route eingesclilageu
haben; 0*C verlegen denn auch, gewiss nicht nach eigener
Erfindung, sondern auf Grundlage alter Sage — der Zusatz
939, 5 ist im Tone verwandt der Str. 101 — und in üeber-
einstimmung mit dem übrigen Texte, den Scliauplatz nach dem
Ofenwalde 939, 7.
Im Biterolf aber rüstet sich Dietleib im Wasgenwalde,
was zu dem bekannten Widerspruche im VII. Licde stimmt:
44*
6o2 Muth
854, 2. ,so wil ich jagen rtten hern und stvin,
hin ze dem Wasken walde als ich vil dike hdn.'
Die Version, wonach die verhäng-nissvolle Jagd in den
Vog-esen stattgehabt hätte, erhält durch die Stelle des Biterolf
eine uuvermuthete Bestätig'ung; es scheint dies die in Oester-
reich g^ang und gäbe Ansicht gewesen zu sein, vielleicht er-
klärlich durch die Popularität, die ebendaselbst die Walther-
sage genoss. Es fällt damit auch ein erwünschtes Streiflicht
. auf die Heimat des VII. Liedes und, da dieses nur zur Ver-
bindung des VI. und VIII. eingefügte Branche ist, auch des
betreffenden Liederbuches.
Noch bleibt aber die auffallende Thatsache unerklärt, dass
der Verfasser des Biterolf in seiner Anspielung den Wasgen-
wald mit einer Stelle verknüpft, die sich in unserem Texte
wenigstens auf einen anderen Schauplatz bezieht; mit der
Erklärung, dass ihm unser Nibelungenlied vorlag, was übrigens
sattsam widerlegt ist, ist nichts geholfen; zudem liegen Str. 854
und 941 um vierhundert Langverse auseinander, so dass es
wohl Niemandem eingefallen wäre, beide in einer Anspielung
zu vereinigen. Man muss annehmen, dass dem Verfasser des
Biterolf ein Lied vorlag, das eine dem Wortlaute nach ent-
sprechende Stelle enthielt, an welche sich, etwa wie in C die
Benennung des Odenwaldes, die Angabe des Wasgenwaldes
als Schauplatz schloss. Dass dabei zwei charakteristische Reime
des VIII. Liedes tan (875, 3, 883, 3. 887, 1. 841, 3) und
halt : loalt (859, 1. 871, 1. 872, 3 bis 809, 1) begegnen,
zeigt nur, dass dieser Gesang mit seinem alterthümlichen Ge-
präge, dem bei seiner völligen Verschiedenheit von allen
übrigen Theilen des Epos, auch den ältesten wie IV und XIV,
selbst von den entschiedensten Gegnern der Liedertheorie der
Charakter einer epischen Rhapsodie zugestanden wird (H. Fi-
scher, Nibelungenlied oder Nibelungenlieder? S. 85), Stil und
Ton, Formeln und Wendungen älterer Dichtung bewahrt hat.
In diesem Abschnitte archaisiren deshalb auch die Interpola-
toreu wie die Fortsetzer (vgl. unsere 854, 2 heiii unde swin
mit 859, 3, 4).
Dem Dichter des Biterolf lag also ein älteres Lied vor,
das zwar die Jagd in den Wasgcnwald verlegte, formell aber
die grösste Aehnlichkeit mit unserem VIII hatte, das unter
IJpber eine Schichte älterer, im Epos nachweisliarer Nihelnngenlieder. 653
Anderem entweder nur die Schlussphrase oder die ganze
Strophe 941 jenem entlehnt hat. Damit ist auch der schein-
bare Widerspruch erklärt zwischen dem wiederholt hervorg-eho-
benen alterthümlichen Stile und der metrischen Leichtbeweg-
lichkeit des VIII. Liedes, die es mit jüngeren Liedern auf ein
Niveau drückt (ZGNN. S. 50). Bei der Congruenz des Aus-
druckes und der Reime steht die gleiche metrische Form
unseres und des älteren Liedes ausser Frage.
XIL Lied, Str. 1279, 1280. J. Hoffman, de Nibelungiadis
altera parte, pag. 6, hat der Ansicht Raum gegeben, dass
Strophe 1279, 80 des XII. Liedes einem älteren entnommen
sein könnten; sein Grund ist die auffallende Rundung der Dar-
stellung, durch welche sie sich von ihrer Umgebung unter-
scheiden.
1279. Von Riuzen und von Kriechen reit da manic man:
den Poelän nnd den Vlächen sack man swinde gdn
TOS diu vil gouten si mit krefte riten.
swaz si site heten der wart vil icenic vermiten.
1280. Von dem lande ze Kiewen reit da manic degen,
und die wilden Pesncere. da wart vil gapßegen
mit bogen schiezen zuo voglen da si fingen
die phile sie sere zuo den ivenden vaste zugen.
Für Hoffmann's Meinung sprechen formelle Eigenthüm-
lichkeiten, Metrisches: die kurzen Monosyllaba an erster Stelle
für Hebung und Senkung rös diu vil giloten, mit bögen schiezen;
Syntactisches: ras d. v. g., von dem lande . . . degen, icart
gepfiegen schiezen; die passive, nicht absolute Rection 1280, 2b;
das starke axb y.oivou 1279, 3a; die azx; dpr,\).e'/7., sowohl die
Völkernamen, als das unerklärte loende in der Schlusszeile,
auf die vielleicht Licht fällt aus der nachahmenden Stelle, die
den eigentlichen kritischen Anlass für uns bietet, von dieser
Hypothese Notiz zu nehmen, nachdem das sehr junge XII. Lied
dem Biterolfdichter kaum bekannt sein konnte. ' Es stossen
1 Man beachte auch, dass die sechs Völkernamen wieder der Tradition
der Kunst entsprechen: 4 -]- - ; im Folgenden ist die Anordnung ver-
654 M « « h-
im Kampfe zusammen Etzel's Bruder Bloedelin und der Böhme
. Wäzläv der mizre; dann heisst es weiter
Bit. 10190. die V lachen kämen in geriten
mit mcmegem hurmnen hogen,
die wären höhe vf gezogen
ze schuzze: manege pMle
die sach man an der wile
so dicke von der seneioen gän
sam ofte der sne hat getan
da den tribet der icint. (Vgl. Kudr. 861, 2, 3.)
Das Lied; dem beide Strophen entnommen wären, könnte
möglicherweise, da auch nichts darauf hinweist, dass das
XII. Lied dem Dichter der Klage bekannt gewesen wäre, das
ältere aber Polen und Wallachen nannte, Quelle für die be-
kannte Stelle Klage 173 f. = k. 2017, 5 — 16 gewesen sein,
so dass wir dann in den drei Zusatzstrophen von k. zwar
nicht, wohl aber in der Stelle der Klage dem Inhalte nach
einen Rest des gleichen Liedes hätten. Die Verse der Klage lauten:
173. der herzöge Herman ein vürste üzer Poelän,
und Sigeher von Wäldchen vil flizecltchen rächen
der edeln Kriemhilde leit. zwei tusent riter gemeit
si hrähten zuo der ivirtschaft, die von der edeln geste kraft
Sit alle wurden versioant. dar het durh Krieckischiu lant
hräht Hz Türkie Walher der edelfrie
zwelf hundert siner man : die muosen alle da hestän,
swaz ir von Kriechen was be-
kamen, und swaz die da heten genomen
des Kriemhilde goldes und Etzelen soldes:
den dienten si vil sivinde. von ir vil maneges kinde
icart Sit geweinet sere. si ivänden werben ere,
und würben niht loan den tot: diu vil schedelichiu not
het den sig an ihn genomen.
Wenn aber für Hoffmann's Ansicht kritische Gründe spra-
chen, lässt sich die Vernuithung bezüglich der letztausgehobenen
Stelle methodisch nicht erweisen.
worren, jedenfalls ist n.icli zwei Gruppen von je '^<, 1283, 84. 1285 auch
1286 nicht mit Laclimann v.w vorwerfen, sondern die erste Zeile zu
emendireu durch Streichung des Wortes mit wodurch der Grund der
Atetliese wegfällt.
Ueber eine Schichte älterer, im Epos nachweisbarer Nibelungenlieder. 655
7.
XIV. Lied. Einleitung in das Nibelungenlied^ S. 293,
326 f. habe ich gezeigt, dass neben unserem XIII. und XIV.
Liede andere, verwandte Versionen existirt haben. Es ergibt
sich das aus Beziehungen des Textes zu Wolfram's Parzival
und zur Thidrekssaga; erstere sind a. a. O. ausgeführt, so
dass von einer Wiederholung des daselbst Gesagten Umgang
zu nehmen und nur das Resultat, soweit es in den Rahmen
dieser Untersuchung fällt, hieher zu ziehen ist.
Wolfram spielt Parz. 420, 20 f. auf die Nibelunge an,
und zwar auf den Rath Rumolts gegen Gunther's Auszug, den
jener gethan habe, do er (Günther) von Wormz gein Hürnen
schiet; es folgt eine launige Anspielung, die sich jedoch nur
mit dem Texte C* (Hs. a) des Nibelungenliedes berührt; in
der Antwort ist dann die Rede von den küenen Nibelungen^ die
sich unhetwungen üz hnohen.
Gunther's Abschied von Worms wird geschildert im
XIV. Liede ; ebenda heisst
1462. Die snellen Burgonden sich üz liuohen.
do wart in dem lande ein michel nahen :
beidenthalp der berge loeinde icip wnde man.
swie dort ir volc tcete, sie fuoren vroßliche da».
Diese Stelle scheint Wolfram vorgeschwebt zu haben; Rumolt's
Rath aber fällt in unserem Liede früher: im XIII. Liede
Str. 1405 f. und an dieser Stelle findet sich die Parallele des
Textes C*. Ich habe mich nun bemüht zu zeigen, dass Wolf-
ram und der Verfasser der Recension C* aus einer Quelle
schöpfen, einem älteren Liede, das Rumolt's Rath nicht bei
der Beschlussfassung, sondern heroisch einfach und wirkungs-
voll beim Ausritt erfolgen liess, wovon XIV. 1458 ein matter
Rest und eine letzte Spur, denn aus der Uebereinstimmung
XIV. 1462, 1 = Parz. 421, 9 ergibt sich, dass die Str. 1462
aus diesem ältesten Liede wörtlich herübergenomnien ist; dafür
spricht auch hüoben : äobhi, nicht der scheinbar klingende Reim,
der in diesem Abschnitte nichts Auftallendes hat, sondern der Man-
gel des Umlauts. Ob dieses ältere Lied den possenhaften Spass,
den C* und Parzival herausheben, bereits umfasste, als es dem
Dichter des XIV. Liedes vorlag, oder ob dies nicht vielmehr
eine Interpolation in jenes ältere Lied war, entsprechend dein
G5G M u t h.
Charakter der niederen Volkspoesie, jener sagenverzerrenden
Strassenmuse, die sich auch mit der Frage um Etzel's Seelen-
heil in ganz ähnlicher Weise befasste (Schluss der Klage nach
dem gemeinen Texte), steht dahin.
Schwieriger sind die Beziehungen zu der Darstellung in
der nordischen Thidrekssaga zu tixiren. Die Saga, mag sie
auch zunächst auf niederdeutschen Liedern beruhen, zeigt in
Einzelheiten so nahe Uebereinstimmung mit unseren Liedern,
dass eine Verwandtschaft der Texte angenommen werden muss.
Der umfassende Beweis zwar, den Döring versucht hat, ' den
gemeinen Text als Hauptquelle der Saga darzustellen, ist ver-
unglückt; denn hiefür sind die Abweichungen, namentlich in
dem, dem XIV. Liede entsprechenden Abschnitte c. 363 f.
doch zu wesentlich.
Die Saga ist zum Theile reicher, zum Theile ärmer an
Einzelheiten; nachdem sie dort, wo sie mehr bietet, mitunter
guten und alten Berichten folgt, was fehlt aber zu den jüng-
sten Zusätzen gehört, hat man anzunehmen, dass sie einer
älteren Quelle folgt. Sind nun die Beziehungen zum Texte
der Nibelunge not so enge, dass die Verwandtschaft ausser
Zweifel steht, kann aber das XIV. Lied in seiner uns vor-
liegenden Gestalt die Quelle nicht sein, so ist auf ein älteres
hochdeutsches Lied — dem Verfasser der Saga kann es, man
denke an die Nibelungenhandschrift T, auch in niederdeutscher
Fassung vorgelegen sein — zu schliessen, aus dem beide Texte
als Derivationen flössen. Ob dasselbe identisch war ndt jenem
von Wolfram gekannten, darüber ist nicht einmal eine Ver-
niuthung möglich; doch lässt sich der Inhalt desselben ziemlich
genau begrenzen.
Es fehlt in der Saga der Bischof Pilgrim, dieser selbst-
verständlich, möchte man sagen, ferner die Episode mit dem
Kaplan, endlich der Kampf mit Else und Gelfrat: Partien, die
viel zu umfangreich sind, als dass mau bei der sonstigen Treue
des Verfassers, der übrigens seinem Gedächtnisse durch schrift-
liche Aufzeichnung zu Hilfe gekommen sein muss, mit Döring
' Rassmanu's neue, gegen Döring gerichtete, in allem Negativen stich-
hältige Abhandlung ist mir nicht etwa unbekannt geblieben; sie bietet
jedoch keinen neuen Gesichtspunct zur Entscheidung der hier allein
intoressircuden Frage.
Ueter eine Schichte älterer, im Epos nachweisbarer Nibelungenlieder. 657
als ,GedäcIitnissfehler' ausehen dürt'te (2jeitsclinft f. d. Phil.
2, 7o. EN. S. 2931 — Gotelinde erscheint als Nudung's
Schwester, Hagen erschlägt die Meerweiber, der Tod des
Fergen ist ganz anders motivirt als im hochdeutschen Liede;
älteren Quellen folgt, wie Sitzungsber. LXXXV, 5 — 8, gezeigt
ist, die Saga hinsichtlich der Verlobung Giselher's und der
Warnung durch Rüdeger's Geinalin.
Alledem steht eine vereinzelte Uebereinstiramung aller-
dings höchst auffallender Art gegenüber. Strophe 1494 lautet
in A und C* (a):
Omca was der selbe schifman vil müelich gesit :
diu gir nach grözem guote vil boesez ende git.
Für milelich gesit hat der gemeine Text niidich gt^Mt, was
Lachmann in seine Ausgabe aufnimmt, während umgekehrt
der jüngste Herausgeber der Vulgata gerade hier A folgt.
Hier stimmt nun Thidrs. c. 365 zum gemeinen Texte, ja
es führt, allerdings in einem Tone, der sehr pragmatisirend
klingt, den Gedanken oder die Thatsache zu einer kleinen
Erzählung aus: da der Fährmann Högni's Gold sieht, denkt er
daran, dass er sich vor Kurzem verheiratet, und will seiner
schönen Frau, die er sehr liebt, den Ring bringen — in der
That nichts, was nicht aus den zweiten Worten der Variante
abgeleitet sein könnte.
Nennen wir die Staramhandschrift, auf welche alle uns
erhaltenen Nibelungenhandschriften zurückgehen, wie oben •/,
die des gemeinen Textes 6, so scheint die Uebereinstimmung
A C* !> B, da A = y und, wenn auch B = 'li, doch C über B
hinaus auf B* oder 'l zurückgeht, gegen Lachmann's Emen-
dation zu sprechen. Schwerer aber wiegt die Thatsache^ dass
von dem übrigen Detail des gemeinen Textes, z. B. dem Namen
Amelrtch und der Reihe oben aufgezählter Episoden die Saga
nichts weiss, endlieh dass der Tod des Fährmanns, der vor
Gunther's Augen erfolgt, mit anderem Vorwand und anderem
Grunde motivirt wird: da die Ruder zerbrechen, erschlägt ihn
Högni, damit keine Botschaft ihnen voraneile.
Entscheidend ist, dass gesit : git in der ganzen Reihe
der Dichtungen der volksthümlichen Hofepik als Reim ganz
vereinzelt stünde, indem sich wohl in : in, aber nirgends
it : it wieder tindet; dies dürfte, ohne dass er es anführt,
658 M n t h.
auch Lachmann's Motiv für die Abweichung von seiner Vor-
lage gewesen sein. Die gemeine Lesart bietet überdies eine
verständig fortschreitende Motivirung, A hier einen kaum er-
klärbaren Lückenbüsser : wir haben es also mit einem Lese-
fehler des Schreibers von A, der, was palaeographisch ohne
alle Schwierigkeit anzunehmen ist, die Worte nivlich gehit in
7^ als miiolich gesit verlas.
Demnach ist nicht nur die Benützung des gerneinen Textes
durch die Thidrekssaga ausgeschlossen, sondern, da wir für
dieselbe eine ältere Quelle annehmen, durch ihre Ueberein-
stimmung mit der Vulgata die Lesart derselben an der be-
sprochenen Stelle und Lachmann's kritisches Vorgehen ge-
rechtfertigt.
E X c u r s.
Die innere Geschiclite des XIV. Liedes (U47— 1581).
Nicht leicht hebt sich ein anderer Abschnitt so deutlich
in seiner Selbständigkeit aus seiner Umgebung heraus, als
Lachmaun's XIV. Lied, so dass selbst wer die Einheit ver-
lieht, hier den Einschub oder mindestens, da es durchaus
alterthümliches Gepräge trägt, die Entlehnung zugeben sollte.
Durch Verschiedenheit in den Zahlenangaben scheidet
sich der scharf markirte Anfang vom XIII., durch Voraus-
setzung- einer anderen Auffassung der Persönlichkeit Ecke-
wart's der Schluss vom XV. Liede (UG. S. 11—22, 26. Anm.
S. 185. EN. S. 83, 271, 299). Das Metrum trägt denselben
Charakter wie in den ältesten Theilen des Epos, ja die Reime
sind nirgends schwerfälliger; ' auch der Satzbau ist auffallend
und bietet Einzelheiten, die in der classischen Periode ihres
Gleichen nicht mehr finden, ebenso dei' Wortschatz ; kein Lied
endlich besitzt wie dieses neben altüberlieferten, überall wie-
' Schwerer Aut'tact, kurzsylbige Cäsur, Enjainbeniont, kurze Monosyllaba
an erster Stelle für Hebung und Senkung J. Hoifm. Nib. alt. pars, p. 12;
Heime: Uol<- : gnote, verborgen .■ sorgen, gtinävien : bequämen , Hdgene .-
lUgen'e : sägeiie, vörderösl : trdst; syntaktisch merkwürdig vor Allem der
im Mhd. ganz vereinzelte Acc. c. inf. 1461, 3, eine Stelle, die Lach-
mann, Kl. Sehr. S. 246, 272, 276 mit nichten erklärt ist.
Ueber eine Schichte älterer, im Epos nachweisbarer Nibelungenlieder. 6o9
der voifindlichen Formeln sachlich ganz unerklärbare Stellen :
144S, 2. 1462, 3; keines wie dieses zeigt eine so lebendige
Naturanschaimng des Dichters 146(5,4. 1473,2. 1508,2. 1511,4.
So zwingen formelle Gründe, diesen Abschnitt gesondert
zu betrachten und machen die Frage um so mehr unabhängig
von der Liedertheorie, als dieses Lied — denn diesen Charakter
kann man ihm nicht bestreiten — auch dem Grundgedanken
nach von den übrigen Theilen der zweiten Hälfte sich wesent-
lich unterscheidet. Denn so sicher die historische Grundlage
des zweiten Theiles der Nibelungensage wie des Nibelungen-
liedes ist, so wenig kommt dieselbe in diesem Abschnitte zur
Geltung, der unter einem Gesichtspunkte: , Darstellung der
Ahnungen und Vorzeichen des unseligen Ausganges, einer der
erweislich ältesten Theile der Sage von Gunther's Untergang'
(Anm. S. 189) eine ganze Kette rein mythischer Begebenheiten
zusammenstellt.
Wiederholte Neueinführungen, widerspruchsvolle Darstel-
lung, verschiedene Auffassung des Charakters Hagen's, dem ein
Autor eben so gewogen als der andere abgeneigt ist, scheiden
die einzelnen Bestandtheile des Liedes und gegen die ausführ-
liche Begründung, die Lachmann hier seinen Atetheseu bei-
gegeben hat, ist noch nichts Erhebliches vorgebracht worden.
Als jüngste Zusätze sind die Probe mit dem Kaplan, die an
die Begegnung mit den Meerweibern geknüpft ist, und der
Baiernkampf, der das Abenteuer mit dem Fährmann voraus-
setzt, auszuscheiden. Dann ergibt sich eine Reihe lose ver-
bundener Bilder von verschiedenem Umfange :
I. Uten's Traum;
IL Auszug der Burgonden ;
IIL Prophezeiung der Meerweiber; . . . Probe mit dem
Kaplan;
IV. Der Ferge; . . . Kampf mit Else und Gelfrat.
V. Eintritt in Rüdeger's Mark.
Nach Ausscheidung des Unechten und Feststellung des
Grundgedankens sehen wir eine Idee in verschiedenen For-
men variirt. Hagen tödtet den Fergen ; nach Thidreks. c. 364
erschlägt er auch die Meerweiber; dass er dem Eckewart das
Schwert nimmt und dann — zur Sühne — Gold bietet, ist
wohl eine symbolische Handlung gleichen Sinnes ; von den
660 Muth.
Meerweibern wird Auskunft über die Ueberfahrt über den
Strom, von dem Fergen diese selbst, von Eckewart, wie harm-
los die Erzählung dies auch gestaltet, der Eintritt in die Mark,
die er hütet, gefordert; die Meerweiber und Eckewart warnen
vor weiterem Vordringen, der Ferge wehrt es. Ueberall han-
delt es sich also um ein gewaltthätiges Eindringen in ein ab-
geschlossenes, gehütetes Gebiet; jedesmal wird es durch List
oder Gewalt, Raub der Kleider und des Schwertes können
als beides aufgefasst werden, ertrotzt. Haben wir demnach
Varianten einer Sage, so handelt es sich darum zu bestimmen,
welche die älteste, welche zuletzt eingedrungen und Avie die-
selben mit einander verknüpft worden sind.
Integrierender Bestandtheil der Nibelungensage ist nur die
Warnung durch Eckewart, der aber hier wie in Rüdeger's Dienst,
so auch nur als eine Function desselben erscheint, denn in dem
Klimax der Warnungen, im Liede: Ute, Meerweiber, Eckewart,
in der Sage ursprünglich Ute, Rumolt, ein Genosse der Kriem-
hild, entweder Eckewart oder Rüdeger oder Dietrich, gebührt
diese Stelle dem Rüdeger ; das beweist der Umstand, dass hier
die Warnung erfolgt im Dienste, d. h. ja wohl im Auftrage,
nicht etwa aus spontaner Dankbarkeit Eckewart's, die schlecht
zu der Erinnerung an Siegfried stimmen würde, und dass in
der Thidrekssaga Rüdeger's Gattin mit Worten warnt, die im
Nibelungenliede Dietrich in den Mund gelegt sind (c. 369 =
1662, 4j ; jenes offenbar nach alter, guter Ueberlieferung, da
nach ihrer hochdeutschen Quelle die Saga Dietrich's Worte,
auf diese Weise müssig, wenig später c. 375 wiederbringt.
Alle Fäden laufen also in Rüdeger zusammen, dem somit dieser
Platz gebührt; dass Dietrich an seine Stelle trat, geschah erst,
als oder weil er gegenüber dem naiv vertrauenden Rüdeger den
vorschauenden, vorsichtig und bedächtig erwägenden König dar-
stellen sollte, aus rein ethischen Motiven. Die beiden letzten
Spuren, ganz verschieden und jede selbständig beglaubigt, Ecke-
wart's Warnung in Rüdeger's Dienste und die der durchaus
unselbständigen Gotelinde mit Worten, die wiederholt werden
aus einer anderen Quelle, wo sie sich in eines anderen Helden
Munde linden — ein prägnant ausgediilcktes episches Bild, das
somit uralt ist, weil es jener Periode der Dichtung entstammt,
in der Rüdeger's Rolle noch wichtiger war als die Dietrich's
Ueber eine Scliichte älterer, im Epos nachweisbarer Nibeliingenlieder. bol
und die im X. Jahrhunderte schon ihren Abschluss erreicht
hat — lassen keinen Zweifel an der ursprünglichen Gestalt.
Die jüngste Variante wird die von den Meerweibern, die
einer Localsage, wie sie am Ufer eines grossen Stromes hei-
misch sind, nicht unähnlich ist, deshalb sein, weil sie am
losesten eingefügt das Abenteuer mit dem Fährmann schon
voraussetzt.
Es handelt sich nun um den Sinn der mythischen Er-
zählung. Den Uebergang über den Strom richtig gedeutet zu
haben ist das Verdienst Wilhelm Grimm's (Briefw. mit. Lachm.
Zeitschr. f. d. Phil. 2, 193, 343, 515 f.); der Strom bedeutet
die Grenze der Unterwelt: ob hier die Donau oder der Lech
gedacht ist, eine Frage, deren Beantwortung Lachmann Anm.
S. 193, 198, .nachdem 1465, 4 ausdrücklich die Donau genannt
ist, ein Interpolator 1531, 1 an den Lech gedacht hat, für un-
möglich erklärt hat, obwohl sich wenigstens der Grund des
Missverständnisses recht gut zeigen Hess (Einleitung in d. NL.
S. 337), ist demnach für die Sache ganz irrelevant. Auch die
Rolle Hagen's als Psychopomp 1466, 2 und die , bleiche' Schaar
1530, 2 habe ich a. a. O. S. 84 erklärt. Es handelt sich also
um den Eintritt in die Unterwelt und die hiebei nothwendige
Ueberwindung des Hüters, ein rein ethischer Mythus, die
höchste Probe, die der Heros besteht, ein Zug, der sich in
der epischen Poesie der verschiedensten Völker findet. Dadurch
gewinnt auch, was pragmatisiiende Ausschmückung scheinen
könnte, der falsche Name, den sich Hagen beilegt, Bedeutung;
es ist möglicherweise der Rest einer Auffassung, nach der —
man denke des Gestaltentausches — der Held die unterwelt-
liche Grenze nicht in seiner wahren Gestalt überschreiten
darf; nur weil er sich für einen Angehörigen dieses Reiches
ausgibt, wird ihm der Zugang eröffnet.
Nachdem soweit Klarheit herrscht, ist über einen weite-
ren und letzten Schritt — Pilgrim und der Kaplan bedürfen
keiner Erklärung — die Einführung Elses und Gelfrat's eine
Hypothese zulässig.
Ursprünglich hat der Ferge mit diesen beiden Helden
nichts zu thun ; sie beide, obwohl sie sonst wie der Jarl
Eisung des Nordens und das zeitliche Vorkommen der Namen
in Baiern (Mone HS. Seite 21 f., verbunden anno 1140
662 Muth.
Müllenhoff ZE. XXXV. TTZ. 12, 414) beweist, in der Helden-
sage feststellen, ebensowenig- mit der Nibelungensage ins-
besondere. Man wird sie entweder für bairisclie Stammes-
dioskuren zu halten haben wie die österreichischen Astolt und
Wolfrat, oder wenn sie mit dem Fergen in unlöslicher Ver-
bindung stünden, was sehr wenig wahrscheinlich ist, für ein
elbisches oder riesisches Brüderpaar gleich Schilbung und
Nibelung, (joltwart und SeM^art u. a. Es lässt sich aber die
Verknüpfung mit dem Fährmann, der enger an Else geknüpft
ist als an Gelfrat — sonst könnte dieser in der Thidrekssaga
an dieser Stelle nicht fehlen — auf rein äusserlichem Wege
erklären.
Ihm gegenüber gibt sich Hagen als das, was er selbst ist,
als Elsen man 1492, 4.
Der Ferge erschien uns als ein Hüter der Unterwelt; sein
Herr sollte demnach ein Gebieter der Unterwelt sein.
Als einen der Bändiger des sommerlichen Helden,
Beherrscher eines winterlichen Reiches, kennen wir aus der
Orendelsage den Meister Ise; über diese Eisensippe handelt
ausführlich Simrock, Deutsche Mythol. §. 110, 2. 2 S. 390;
hieher gehören möchte auch Iseu stein 371, 3. 445, 3, denn
wenn man auch Brünhild des Epos ganz gewiss auf der Insel
Island localisirt dachte, bedeutet jener Name doch wohl gleich
der Waberlohe, die die schlafende Walküre umlodert, wie sie
Simrock, Uhland und Wilhelm Müller richtig gedeutet haben,
eine winterliche Welt: die Doppelhilde somit eine chthonische,
keine Himmelsgottheit.
Der Ferge als Isen man hätte demnach nichts Auf-
fallendes.
Im 12. Jahrhunderte beginnt die baierische Gunirung
des i zu ei.
Nib. D. 1485, 4, was wichtiger ist, wo der Name zuerst
erscheint, A. 1492, 4. 1501, 4 steht in der Handschrift nicht
Else, sondern eise. Eisen, was österreichisch für Ise,
Isen eingetreten wäre. '
* Oben ist auf Isenstein, den Aufenthalt der Brüuhild, hingewiesen; dass
die Burgonden in Etzel's Gebiet treten wollen, dass es also dieses sein
könnte, dessen Grenze der Fährmann hütet; dass somit wie an Stelle
des liöchsten Ilimmelsgottes aucli au die seines riesisch -chthonischen
Ueber eine Schichte älterer, im Epos nachweisbarer Nibelungenlieder. 663
Gleichzeitig begannen die Fahrenden ihre Lieder aufzu-
zeichnen und zu sammeln ; i und l des XII. Jahrhunderts sind
unschwer verwechselt; es kann einmal Else für Eise, der
im XII. Jahrhundert, wie der Orendel beweist, noch keines-
wegs verschollen war, verlesen worden sein und die An-
knüpfung des Donaufergen an die Herren des Donaulandes,
die bairischen Brüder Else und Gelfrat war vollzogen.
War der Ferge mit Else verknüpft, trat an die Stelle
des Klimax der Sage der Klimax der Warnungen des Liedes,
ward pragmatisch an die Prophezeiung der Meerweiber die
Probe mit dem Kaplan und nach ethischen Grundsätzen zur
Rache für Elses Fährmann der Baiernkampf angefügt, so war
dieses dunkelste und schwierigste aller Lieder vollendet.
Ob di"ese Episoden vor ihrer letzten Vereinigung Gegen-
stand der volksthümlichen Hofpoesie, d. h. in Nibelungen-
liedern dieser Strophenform, behandelt waren, ist nicht zu
ergründen ; wenn irgendwo, wäre hier eine Contamination
möglich: wenn aber überhaupt irgendwo, so doch hier nicht
nachweisbar; so klar die innere Geschichte des Liedes vor
uns liegt, die äussere lässt sich nicht verfolgen.
8.
Fortsefzimg des XVII. Liedes, 'Str. 1849 — o7. M. Rieger,
HZ. 11, 206 — 209, hat die Vermuthung ausgesprochen, dass
die bezeichneten Strophen einem Ortliebsliede entnommen seien,
das durch ein Eingreifen Ortliebs, wie es die Thidrekssaga
erzählt, den Ausbruch des Kampfes motivirte, während an
unserem Platze eine Ueberladung der Motive eintrete. In der
That schlösse XVIIb. mit 1848, 4 besser; mit 1849, 2, bei
Umstellung der beiden ersten Zeilen, wie Rieger vorschlägt,
könnte gut ein Lied begonnen haben.
Gegenbildes Attila geschoben erschiene, wozu die Abliängigkeit der
Brynhild von Atli, die dadurcli mit einemraale aufgeklärt wäre, stimmen
würde — das Alles verweise ich, obwohl, so wenig an der historischen
Grundlage der Gestalt Etzel's zu zweifeln ist, doch auch sein Uebertritt
in einige Mythen ebenso feststellt, in die Anmerkung, weil das XIV. Lied
keinen Anhaltspnnct bietet und es mir überhaupt widerstrebt, Hypothesen
als Prämissen zu verwenden.
664 Mnth.
Formelles spricht dafür und zwingt von dieser Ansicht,
nicht von der, dass wir aiich 1917 f. die Fortsetzung dieses
Stückes besässen, Notiz zu nehmen:
3mal sun : tuon 1849, 53, ; frun 51 (nicht so arg wie
123, 3, ersteres nur noch 332. 936. 1153); unterscheidend von
XVII b. fehlt der zweisylbige Auftact, wogegen Elision in der
Cäsur 1849, 2, der Versbau sonst streng; entschiedene Vorliebe
für die Nachsylbe -lieh und das verstärkende ge-: vreislich,
mortlich (?), güetlich, genaediclicli, veicUcli; gewahsen^ gedienen,
getroiiwen, gevdhen ; und all das in einer Heptade, denn so
viel bleibt, wenn die sicher zugesetzte, lahme, bei der Ein-
fügung augebrachte 1857 und die entbehrliche, schwächliche,
in unserem Zusammenhange, wo Ortlieb ein kleines Kind ist,
erklärbare, nach der Thidrekssaga, wo er handebid auftritt,
weshalb auch 1849, 3 tragen emendirt werden müsste, unmög-
liche 1850 wegfallen.
9.
A'Ä'. Lied. Zwischen der Klage und einzelnen Partien der
Nibelunge not walten ähnliche Beziehungen wie zur Thidreks-
saga; die Klage folgt. Einzelnes vernachlässigend, theilweise
abweichenden, theilweise reicheren Quellen ; da sie aber auf
gleichem Boden, in gleichem Zeitalter, wenn auch etwas früher
entstanden, können diese nur Lieder unserer älteren Schichte
sein. Heimat und Alter allein genügen, um vielfache Ueber-
einstiramuug im Ausdrucke zu erklären; wo aber bei ab-
weichender Darstellung plötzlich eine über das Maass der
überaus häufig auftretenden Formel hinausgehende Congruenz
im Wortlaute eintritt, ergibt sich, insbesondere wenn die ältere
Quelle der Klage hiebei unzweifelhaft feststeht, als kritischer
Grundsatz, dass hier Text der Klage und der Noth auf eine
gemeinsame, mehr oder minder wörtlich nachgeahmte Quelle
zurückzuführen sind. Von stehenden epischen Formeln und
allen naheliegenden Wendungen muss abgesehen werden; noch
weniger darf Auseinanderstehendes zusammengeschoben werden:
wenn Bartsch, Unters, über d. Nibelungenl. S. 342 f. N. 2187, 2
e daz ers (Hildebrant) iime xcnrde (dass sich seine Recken
gewaft'net hatten) stellt zu Kl. 1934 e ez her Dietrich do
Uober eine Schicbtt) älterer, im Epos nachwoisbarer Nibelungenlioder. 660
hevant (waren alle seine Mannen gefallen), kann das natürlich
nichts beweisen; ebensowenig- wenn hier wie dort Sig-estap
herzöge äzer Berne lieisst, Dietrich die Gotelinde siner hasen kiiit
nennt oder wenn zu Nib. 2156, 2 do sluoc Gernoten Eiiedeger
der degen durch heim vlinsherten zwei weit auseinanderlieg'ende
Stellen zusammeng-estoppelt werden Kl. 226 daz er den starken
Gernoten sluoc (!) 590 durch heim vlinsherten, ohne dass an letz-
terer Stelle von Rüdeg-er oder Geruot die Rede wäre, welcher
letztere in der Klage zu. alledem in die Brust verwundet wird.
Bei methodischem Verfahren, das dem, von welchem hier Bei-
spiele gegeben wurden, entgegengesetzt ist, wird man Congruenz
nicht ungewöhnlicher Ausdrücke nur bei Beziehung auf gleiche
Umstände oder dieselbe Person zu beachten haben. Sehr in's
Gewicht fallend ist auch die Vertheilung der Parallelstellen:
aber es genügt nicht, wie a. a. O. geschieht, dieselbe an einem
Orte zu verfolgen, sondern man muss sie in beiden Quellen
systematisch anordnen.
Da ergibt sich denn die auffallende Thatsache, dass ein-
zelne Theile, so das IV. Lied der Klage 1147 — 1214 gar keine
Beziehung zum Texte der Nibelunge zeigen; andere nur Ver-
einzeltes, was beachtenswerth ist oder woraus Kenntniss einiger
Lieder des zweiten Theiles sich ergibt. Da leicht zu zeigen
ist, dass die Klage, hinsichtlich der letzten Kämpfe reicheren
und älteren Quellen folgend, unser XX. Lied nicht kannte,
fällt im I. Liede der Klage eine vereinzelte Anspielung auf:
Nib. 2064. Kl. 256.
Noch genasen gerne nu loart ir sterben mit in kunt,
die fiirsten und ir man, die icoiren gerne noch genesen,
oh noch ieman icolte des enmoht leider niht tvesen
gen ade an in begdn. daz si langer leben solten/
desen künden st niht vinden die da rächen unde ivolten
an den von Hiunelant: ir seiher Übe vogt loesen:
do rächen si ir sterben der enkunde einer niht genesen,
mit vil williger hant.
Zahlreich und eng sind aber die Beziehungen zwischen
Nib. XX und Kl. II, einem Liede, das, da es noch heroisch
gegenüber dem höhschen Nibelungentexte den schwersten
Kampf mit Hagen den letzten sein lässt, während in Nib. XX
Sitzungsber. d phiL-hist. Cl. LXXXIX. Bd. 11. Hft. 45
666 Mnth.
aus Etiquettcrücksichten der sonst so sehr zurückg;estaiidene
Günther über Hagen gestellt wird durch die Ehre des letzten
Kampfes, ganz zweifellos auf älterer Sage und Dichtung fusst.
Hier ist also der oben aufgestellte Grundsatz, dass, wo unter
solchen Umständen Congrucnz des Ausdruckes obwaltet, ge-
meinsame Quelle, also Benützung eines älteren Liedes im
Nibelungentexte anzunehmen ist_, in Anwendung zu bringen.
Der arme Diefrtch (Kl. 514, Nib. 2256) und Rüedeger, vater
aller tnrjende (Kl. 1066, Nib. 2139) stammen demnach aus der
älteren Dichtung des XH. Jahrhunderts.
Nib. 2218. KL 781.
Ritschart unde Gerbart, Och sluog er Sigehere
Helpfrtch unde Wtkhart, einen degen here
die heten in manegen stürmen und den küenen Wikharten.
selten sich gtspart. si beide' liltzel si)arten
in Sturme die hende.
Die Stelle ist anzuziehen, weil eine doch nicht häufige
Phrase in Bezug auf dieselbe Person, Wichart, wiederkehrt.
XIX. 2015, 2. Kl. 819.
daz bluot allenthalben daz hluot allenthalben vloz
durch diu löcher vloz durch diu r igelloch her nider.
und da ze den rigelsteinen
von den töten man.
Gleiche Situation, gleicher — seltener — Ausdruck. Nicht
minder deutlich ist, wieder weil es sich um dieselbe Person,
Rüdeger's Tochter handelt, die Anspielung:
Nib. 2125, 4. Kl. 914.
die itcer schcene tohter nu ist diu maget wol getan
weit ir verwitwen ze fruo. verwitwet leider al ze fruo.
Diese wenigen Stellen Str. 2015 (XIX), 2064, 2125, 2139
(vielleicht 2157, Kl. 936, an beiden Stellen die Rede von Ger-
not's Schwerts, das aber in der Klage minder prägnant, nur
als Küdeger's gäbe bezeichnet wird), 2218, sind die einzigen,
die mit Sicherheit ihrem Wortbestande oder Ausdrucke nach
als Reste eines älteren Liedes zu gelten haben, dem aber hier
nur ein Gedanke, eine Wendung, ein Wort, nie nachweisbar
die ganze Strophe entnommen wurde. Das Verhältnis der Ana-
logien innerhalb der Klage selbst, bestätigt die Richtigkeit der
üeber eine Schichte älterer, iiu Epos nachweisbarer Nibelungenlieder. GG7
Kritik der Klage durch Rieger HZ. 10, 241 — 255, dessen
Scheidung in fünf Lieder die Gegner, ohne auch nur einen
Versuch der Widerlegung — Berichtigung lohnt nicht ! —
gemacht zu haben, einfach ignoriren zu dürfen glauben.
Anhang.
Das Liiizer Bruchstück, Nib. Hs. M.
Das Linzer Fragment einer Nibelungenhandschrift ist
zwar zweimal abgedruckt : Spaun, V. Jahresbericht über das
Mus. Franc. -Carol., Linz 1841, S. 41 — 59, und v. d. Hagen's
Germania V, S. 1 f., beidemale jedoch so fehlerhaft, und es
sind in Folge dessen so zahlreiche Irrungen auch in den
neuesten Variantenapparat gedrungen, dass nicht nur eine
neue Collation geboten war, sondern auch ein Wiederabdruck,
den ich hiemit nach meiner im August 1877 genommenen pa-
läographisch treuen Abschrift biete, umsomehr wünschenswerth
scheint, als die Handschrift nicht ohne Wichtigkeit ist. Das dem
Linzer Abdrucke beigegebene Facsimile ist vorzüglich gelungen.
Es ist ein Blatt Pergament, von einem Unbekannten (!)
aus Wels erworben 1837, vollkommen wohl erhalten, nur auf
der zweiten Seite unten hie und da die schöne deutliche Schrift
etwas verblichen ; dreiseitig beschnitten, links gewaltsam los-
gelöst; doppelspaltig zu je 3ß Zeilen; Verse abgesetzt, Stro-
phen nicht ausgezeichnet, jede zweite Zeile mit einer grossen
Initiale beginnend; Schriftcharakter: guter des XIII. Jahr-
hunderts, vorherrschend Schluss-s, kein doppeltgeschlungenes
a, aber stark zurückgebogenes d; fast immer Abbreviatur ü
für gewöhnliches e = en oder ne. Bei Str. 1332, 1343, 1353
rothe Initiale, bei 1335, 1362 so unbedeutend grössere, dass
ich vielleicht kaum aufmerksam geworden wäre, fehlte nicht
der Aventürentitel. ' Durch den Abgang der Titel wird jede
sichere Berechnung unmöglich. Die Strophe, mit der das Blatt
anhebt, ist in Bartsch Ausgabe der Vulgata die 1389ste, nach-
dem er drei (1, 3, 524, letztere ganz willkürlich) anderen Texten
entnimmt, die 1386ste : es gehen sonach voraus 1385 = 5540 oder
* In A: Wit Werbel vn Swemel die bolschaft wrhen.
45 =
6G8 Muth.
(+ 1 und 3) 1387 = 5548 Vcrszeilen; nun ist 72 X 77 = 5544:
es wäre damit eine grosse Congruenz erreiclit, da die Differenz
nur vier Zeilen beträgt und eine der beiden Strophen leicht
auch schon in der Vorlage gefehlt haben könnte, aber, wie
gesagt, der Abgang der Ueberschriften macht Alles schwan-
kend, und es geht nicht an, auf obiges Resultat hin das Blatt
frischweg für das 78. einer verlorenen Handschrift zu erklären.
Die Einrichtung gleicht der, die ich, bis auf die nicht
nachweisbare Auszeichnung der zweiten Zeilen für den gemein-
samen Stammcodex allei', wahrscheinlich gemacht habe (Zeit-
schrift f. d. Phil. 8, 405); Uebereinstimmungen MA>-BC
(s. 0.) beweisen, dass sie auf /, den Archetypus der Vulgata
zurückgeht, ein Umstand, der zu genauester Beachtung heraus-
fordert und den Verlust der Handschrift als einen emptindlichen
erscheinen lässt.
M.
Seite 1, Spalte a.
1329. Swaz ie gvter tvgnde an vrohn helchn lac.
dWleiz sich nv vrowe . C . dar nach vil mägü tach.
Di sitte si lerte herrat div ellnde meit.
div hete tognlichn nach helchn groziu leit.
1330. Den vremde vii dn chvdfi was si vil wol bechät.
di tahte daz nie vrowe beseze eines chvges lät.
Bezer vn milt* daz hete si fvr war.
daz lop si toch zen hivne vnz an drivzehnde iar.
1331. Nv hete si wol erchvnen daz ir niem wid' stvt.
Also noch fvrsten wibe chvnge rechn tvnt.
Vn daz si alle zite zwelf chvge vor ir sach.
si gedaht vil maniger leide d^ir da heime geschach.
1332. Si ' gedaht och mager ern vö niblvnge lät.
d ^ si was gewaltich vii di ir Hagne haut.
Mit Sivrides tode hete gar benomen.
ob im daz noch im^ vö ir ze leide mohte chom.
1333. Daz geschehe ob ich in mohte bngen I daz lät.
ir triite daz ir gienge vil dicche an der hat.
Giselher ir brvder si chvstn zaller stvnt.
vil ofte in senftem slafe sit wart in arweitn chvt.
' Rothe Initiale.
Deber eine ScUichte ältörer, im Epos nachweisbarer Nibelungenlieder. 669
1334. Ach wene tV vbel valät . C . daz geriet. .
daz si sich mit vrivntschefte vö GiscUre schiet.
Den si dvrch svne chvste in bvrg-on hit.
do begvnd ir ab^ selwen vü h^zeu trehene ir gewät.
1335. Ez ' big" ir an dem herzen spat vnde vrv.
wi mä si ane schvlde brete dar zv.
Daz si mvse niinen eine heidenischli man.
di not dl het ir Hagne vii Gvnth^ getan.
1336. Des willn inir h'zn chö si vil selten abe.
si gedaht ich pin so riche vnde - hä so groze habe.
Daz ich mine vinde gefvge noch el leit.
des wer ot ich vö troye Hagne gerne bereit.
1337. Nach du gt\vn iam^t dicche daz h*ze ml.
di mir da leide täte moht ich bl den sin.
So wrde wol errochen mines vriwndes lip.
des ich chvm erbite spch daz ezelne wip.
Spalte b. •
1338. Ze liebe si do hete alle schvnges man.
di . C . rechn daz was vil wol getä.
Der cham^e der pflach ekwart do vö er vrivnt gewä.
du . C . willen den chvnde nieme vnd''stan.
1339. Si gedahte zalleu zite ich wil du chvnich bite.
daz er ir des gvnde mit mit gvtlichu siten.
Daz mä ir vriwilde brehte in d' hivnen lät.
des argen wille nieiTi and' chvgine vät.
134(J. Do si eines nahtes bi dem chvge lach.
mit arm vmbevangeu het er si als er pflach.
Di edln vrowen trivten si was im also sin lip.
do gedaht ir vinde daz vil herliche wip.
1341. Si spch zv dem chvnge vil lieber herre ml.
ich wold ivch bitte g^ne moht ez mit hvldn sin.
Daz ier mich sehen liezet ob ich daz het vsolt.
ob ir den minen vriwenden wet inUichn holt.
1342. Do spch d^ chvnich riche getwe was sin mvt.
ich bringe ivch des wol inne swa liep vn gvt.
Den rechn wid^ fvere des mues ich vreude han.
wand ich vö wibes mlue nie bezer vriwnde gewä.
' Etwas grössere Initiale, vielleiclit z-ufällio^.
- e- Schlinge am d, hier und öfter.
G70 Mutb.
1343. Do ' spch div chvg-inne iv ist daz wol geseit.
ich han vil höh' niage dar vmbe ist mir so leit.
Daz mich di so seltn rvchnt hie gesehen,
ich höre di mine livte niwan ff'r ellnde iehe.
1344 Do spch d' chvuich ezle vil libiv vrowe min.
dovht ez si niht ze verre so sand ich vber rin.
Swelho ir da g^ne sehet varn h' in miniv lät.
des vrevte sich div vrowe da si de willii sin ervät.
1345 Si spch weit ir mir twe leisten herre min.
so svlt ir boten senden ze wormez vber rin.
So enbivt ich mine vriwenden des ich da habe mvt.
so chvmbt vns her zelande vil manich edel ritt^ gvt.
134G Er spch swenne ir gebietet so lazet ez geschehn.
ir enchvndet iwer vriwende so g'ne nicht gesehn.
Als ich si gesehe d'edln vten chint.
mit mvt daz harte sere daz si vns so läge vremde sint.
Seite 2, Spalte a.
1347. Ob ez dir wol gavalle vil liebiv vrowe min.
so wold ich g^ne senden nach de vriwndn din.
Di mine videlere in bvrgon lant.
di gvten videlere hiez er bngen sazehant.
1348. Si ilte harte balde da der chvnich saz.
bi der chvginne er sagt in beiden daz.
Si soldn böte werde in bvrgon lant.
do hiez er in bereite harte herlich gewant.
1349. Vier vn zweinzech rechn bereite mä div chleit.
ovch wart in von dem chvnge div botschaft geseit.
AVi si dar laden solden Gvnth^ vn di sine mä.
. C . div vrowe si svnder gesprechn begä.
1350. Do spch d' chvnich riebe ich sag iv wi ir tvt.
ich enbivte mine vriwnden den liep vil allez gvt.
Daz si gervchn riten h' in miniv lät.
ich han so lieber geste wenich noch bechät.
1351. Vn op si mines wille iht wellen began.
di . C . mage daz si des niht enhin.
Sin chofn an disem svm'e zv min' hohgezit.
wände vil d' mine wnne an mine chonemagu lit.
' Rothe Initiale
üeber eine Schichte älterer, im Eiios nachweisbarer Nibelungenlieder. 671
1352. Do spch d* videlere d' stolze sweiiimelin.
wenne sei iwer hohgezit in disen landen sin.
Daz wir daz iweren vriwendn chvnen dort <j:esa<rn.
do spch d' clivnich ezle zon nehsten svnweudn tagn.
1353. ^Vir ' tvun swaz ir gebietet spcli do w^belin.
inir chemnate bat siv div chvnegin.
Bringen togeuliehn daz si di böte gespch.
da vö vil mangem degne sit wenich liebes geschach.
1354. Si spch zen böte beiden nv dienet michel gvt.
daz ir inine willn vil gvtlichn tvt.
Vn sagt swaz ich enbiete heim in vns' lät.
ich mach ivch gvtes riebe vli gib iv h'Iich gewät.
1355. Vn swaz ir miner vriwende Im' mvgt gesehn,
ze wormez bi dem rine dn solt ir niht vMehn.
Daz ir noch nie gesellet betrvobet mine mvt.
vn sagt mine dienest den beiden chvon vnde gvt.
Spalte b.
1356. Bittet daz si leistn daz Rvdg'es inbot.
vnd mich da mite schiedn vö all' min' not.
Di hivnen wellnt wene daz ich ane vriwüde si.
ob ich ein ritt^ were ich chome ettewene bi.
1357. Vn sagt ovch Gernote dem edln brvd' mi.
daz im zer werlde hold* niem mvge sin.
Bittet daz er mir bnge hin ditze lant.
vns' beste vriwude daz vns ze ern si gewät.
1358. So sagt ovch Giselhe' daz er wol geduche dar an.
daz ich vö sine schvldn nie leides niht gewä.
Des sehn in vil g*ue hie div ovge min.
ich het in hie vil g'ne dvrch di grozn twe sin.
1359. Saget ovch miner mvter die ere di ich hä.
vn op vö tro Hagne welle dort bestan.
Wer si däne solde wisen dvrch div lät.
dem sint di wege von ehinde h'zen hivne wol bechät.
1360. Di böte nine westen wa vö daz was getä,
daz si vö tro Hagne niht solden lan.
Biliben bi dem rine ez wart in sider leit.
mit im was mange degne ze gmme tode wid' sei -
' Rothe Initiale.
'^ Beschnitten.
hl 2 Math. Ueber eiuu Suhiuhte älterer, im Kijos nachweisbarer Niljoluiigeuliedor.
1361. Brieve vn botschaft was in uv g-eg-ebn.
si fvrn gvtes richu vn mohtn schone lebn.
Vrlop gab in ezle vn ovch sin schone wip.
in was vö g-vter wete wol gezieret d' lip.
1362. ' Do * ezle zv dem rine sine botn sande.
do flvgen disiv inere vö lande ze lande.
Mit bete harte snelln er bat vü och gebot
Zv sin'' hohgezite des holte mag'' do de tot.
1363. Di böte danne fvrn ovzer hivnen lät.
V -^ den bvrgö dar warn si gesant.
Nach drin edln chvngen vn ovch nach ir mä.
si soldn chom ezle des mä do gähn began.
1364. Hinze bechlarn choiTi si gerite.
do diente raä in g^ne daz enwart da niht v''niitn.
Rvdger sine dienest nbot ^ vn Gotlit.
bi in hinze rine vn och ir beider chint.
• Kein Aventiirentitel, aber
2 wie 1335.
•'' Verblichen.
VIL SITZUNG VOM 27. FEBRUAR 1878.
Herr L, R. Landau in Budapest übersendet mit Begleit-
schreiben sein Werk : , System der gesammten Ethik. II. Band.
Das Recht und die Pohtik und ihr gegenseitiges Verhältniss.'
Herr Dr. Franz Richter in Gloggnitz übermittelt ein
Pantaidingbuch der dortigen Herrschaft mit mehreren Weis-
thümern zum Zwecke ihrer Copiatur für die akademische
Sammlung.
Herr Professor Dr. V. Hintnerin Wien legt die druck-
fertige Arbeit: , Beiträge zur tirolischen Dialectforschung. Der
Defregger Dialect' mit dem Ersuchen um Bewilligung eines
Druckkosteubeitrages vor.
An Druckschriften wurden vorgelegt :
Ambrosi Francesco: La Valle di Tessino. Borgo, 1878-, 12". — Cenni per
iiua Storia del progresso delle scieuze natiirali in Italia. Padova, 1877; 12'^'.
Central-Commission, k. k. statistische: Statistisches Jalirbucli für das
.Jahr 1875. VIII. Heft. Wien, 1878; 4". — Für das Jahr 1876. XI. Heft.
Wien, 1878; 4^.
Gesellschaft, k. k. geographische, in Wien: Mittheilungen. Band XXI.
fN. F. XI) Nr. 1. Wien, 1878; 4".
Istituto R. di studi snperiori pratici e di perfezionainento in Firenze.
Sezione di Filosofia e Filologia. — Accademia Orientale : Repertorio
Sinico-giapponese compilato dal Prof. A. Severini e da C. Puini.
Fascicolo III. — mamoru — sentou. Firenze, 1877 ; 4".
45**
674
Kiel, Universität: Schriften der Universität aus dem Jahre miG. Band XXIII.
Landau, R. L.: System der gesammten Ethik. II. Band. Das Keeht und die
Politik und deren Verhältniss zur Moral. Berlin, 1878; 8".
Lese-Verein, akademischer, an der k. k. Univer.sität und k. k. technischen
üochschule iu Graz: Zehnter Jahrcsbericlit im Verein.tjahre 1877. Graz; 6'^.
Mittheilungen aus Justus Pei'thes' geographischer Anstalt von Dr. A. Peter-
mann. 24. Band, 1878. II. Gotha; 4".
,Revue politique et litteraire' et , Revue scientifique de la Frauce et de
TEtranger'. VII« Anuee 2« Serie Nos. 33 et 34. Paris, 187»; 4".
Rostock, Universität: Akademische Schriften aus den Jahren 1875, 1876
und 1877; 8" und 4«.
Zenti, Ignazio Pr. : Elenco dei Doni pervenuti alla biblioteca comunale di
Verona dnl 1864 al 1875. Verona, 1877; 8".
SITZUNGSBERICHTE
DER KAISERLICHEN
I
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
PHILOSOPHISCH-HISTORISCHE CLASSE.
NEUNZIGSTER BAND.
WIEN, 1878.
IN COMMISSION BEI KARL GEROLD'S SOHN
BUCHHÄNDLER DUR KAIS. AKADKMIE DKR WISSENSCHAFTEN.
SITZUNGSBERICHTE
DER
PHILOSOPHISCH-HISTORISCHEN CLASSE
DER KAISERLICHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
NEUNZIGSTER BAND.
JAHRGANG 1878. — HEFT I— IIL
WIEN, 1878.
IN COMMISSION BEI KAKL GEROLD'S SOHN
BUCHHÄNDLER DKK KAIS. AKADEMIE DER WISSENSCHAFTKK.
Druck von Adolf Holzhausen in Wien
k. k. Univcrsitiits-Biiclidnickcrei.
INHALT.
Seite
Till. Sitzung vom 13. M;irz 1878 3
IX. Sitzung vom -20. März 1878 7
Pfizmaier: Nachtrage zu japanischer Dialektforschung ... 9
Reinisch: Die Sprache der Irob-Saho in Abessinien .... 89
Keller: Kritische Beiträge zum IV. Buche der horazischen Oden 143
X, Sitzuag vom 3. April 1878 183
Soll er er: Deutsche Studien. III 18.5
XI. Sitzung' vom 10. April 1878 243
Miklosich: Beiträge zur Kenntniss der Zigeunermundarten. IV. 245
Müller, D. H. : Bericht über die Ergebnisse einer zu wissen-
schaftlichen Zwecken mit Unterstützung der k. Akademie der
Wissenschaften unternommenen Reise nach Constantinopel . . 297
XII. Sitzung vom 8. Mai 1878 345
Müller Job. : Emendationen zur Naturalis Historia des Plinius. IL 349
Horawitz: Erasmiana. 1 387
XIII. Sitzung vom 15. Mai 1878 458
Pfizmaier: Der Palast Josi-teru's 461
XIY. Sitzung vom 22. Mai 1878 ö41
Hartel: Studien über attisches Staatsrecht und Urkundenwesen, I. 543
Sauer: Ueber den fünffüssigen lambus vor Lessing's Nathan . 625
SITZUNGSBERICHTE
DER
KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
PHILOSOPHISCH-HISTORISCHE CLASSE.
XC. BAND. I. HEFT.
JAHRGANG 1878. — MÄRZ.
Sitzungsber. d. pbil.-liist. Cl. XC. Bd. I Hft.
Ausgegeben am 22. October 1878.
VIII. SITZUNG VOM 13. MÄRZ 1878.
t
Der Vice - Präsident gedenkt, indem die
Mitglieder sich von den Sitzen erheben, des
schmerzlichen Verlustes, den die kaiserliche
Akademie durch das am 8. März 1. J. erfolgte
Ableben ihres Ehrenmitgliedes
Sr. kaiserlichen Hoheit des durchlauchtigsten
Herrn Erzherzogs
f rill Otrl
erlitten hat.
1*
Der Vice-Präsident erinnert weiter an den Verlust, von
dem die Akademie durch den am 1. März d. J. erfolgten Tod
des w. M. Herrn Ludwig Arndts Kitter von Arnesberg ge-
troflfen wurde.
Die Mitglieder geben ihr Beileid durch Erheben von den
Sitzen kund.
Herr Vincenz Pro kl, Inspector und emerit. Archivar in
Eger übersendet mit Begleitschreiben seine Abhandlungen :
jSchloss Seeberg im Egerland' 1870, ,Waldstein's letzte Lebens-
jahre und Tod in Eger' 1876 und das Werk : ,Eger und das
Egerland' in zwei Bänden, 1877, für die akademische Bibliothek.
Das k. k. militär - geographische Institut übermittelt
die achte und neunte Lieferung der neuen Specialkarte von
Oesterreich,
Der Rathsgebietiger des Meisterthums des hohen deutschen
Ordens, Freiherr v. Pettenegg, theilt mit, dass die auf Ansuchen
der Weisthümer-Commission angeordneten Nachforschungen nach
Taidingen in den steirischen Ordensbesitzungen, Kommenden und
Pfarreien ohne Ergebnisse geblieben seien.
Der Chorherr und Professor der Theologie im Stifte
St. Florian, Herr Wilhelm Pailler, legt eine von ihm ver-
anstaltete Sammlung , oberösterreichischer (und tirolischer)
Weihnachtslieder und Krippenspiele' mit dem Ersuchen um
Gewährung eines Beitrages zur Drucklegung vor.
Von Herrn Professor Dr. Leo Reinisch in Wien wird
eine Abhandlung eingesendet, welche den Titel führt: ,Die
Sprache der Irob-Saho in Abessinien', und um deren Aufnahme
in die Sitzungsberichte ersucht wird.
Das w. M. Herr Hofrath v. Miklosich legt eine für die
Denkschriften bestimmte Abhandlung vor: ,Ueber die Steigerung
und Dehnung der Vocale in den slavischen Sprachen'.
Das w. M. Herr Professor Dr. Werner legt eine gleich-
falls für die Denkschriften bestimmte Abhandlung vor unter dem
Titel: , Heinrich von Gent als Repräsentant des christlichen
Platonismus im dreizehnten Jahrhundert'.
An Druckschriften wurden vorgelegt:
Academie, royale des Sciences, des lettres et des beaux-arts de Belgique:
Bulletin. 4G»= aiinee, 2« serie, tome 44. No. 12. Bruxelles, 1877; 8".
Akademie, k. b., der Wissenscliafteii zn München: Sitzungsberichte der
philosophisch -philologischen und historischen Classe. 1877. Heft IV.
München, 1877; S«.
Akademija, jugoslavenska znanosti i umjetnosti: Rad. Knjiga XLI. U Za-
grebu, 1877; 8'1
: Starine. Knjiga IX. U Zagrebii, 1877; 80.
— — : Monumenta spectantia historiam Slavoruin meridionalium. Volumen
VIII. Commissiones et relationes venetae. Tomus II. Zagrabiae, 1877 ; 8".
Ljetopis. Prva svezka. 1867 — 1877. U Zagrebu, 1877; kl. 8".
Bureau, k. statistisch-topographisches: Würtenibergische Jahrbücher für
Statistik und Landeskunde. Jahrgang 1877 , IV. und V. Heft. Stutt-
gart, 1877. 40. — Die Alterthümer in Württemberg von Fiuauzrath
Dr. E. V. Paulus. Stuttgart, 1877; 4".
Institut, k. k. militär-geograpliisches : Vorlage der VIII. und IX. Lieferung,
bestehend in 49 Blättern der neuen Specialkarte der österr. -ungarischen
Monarchie.
Körösi, Joseph: Statistique internationale des grandes Villes. IL Statistique
des Fiuances. Budapest, 1877; 4".
Mittheilungen aus Justus Perthes' geographischer Anstalt von Dr. A. Peter-
mann: Ergäuznngsheft Nr 53. Gotha, 1878; 4". — 24. Band 1878. III.
Gotha, 1878; 4".
Prökl, Vincenz: Schloss Seeberg im Egerlande , seine Geschichte., seine
Geschlechter, seine Kirche. Eger, 187Ü; 12". — Waldstein, Herzogs von
Friedland letzte Lebensjahre und Tod in Eger. Eger, 1876 ; 8". — Eger
und (bs Egerland. I. und H. Band. Falkciiau. 1877; 8".
,Revue politique et litteraiie' et ,Revue scientitique de la France et de
l'Etranger': VII« Annee, 2<= Serie, Nos. 35 und 36. Paris, 1878; 40.
Society, the Royal of London: Philosophical Transactions for the year 1876.
Vol. 166. — Part II. London, 1877; gr. 4«. - 1877. Vol. 167. —
Part I. London, 1877; gr. 4". Catalogue of scientific Papers. 1864—1873.
Vol. VII. London, 1877; gr. 4".
Verein für Geschichte der Mark Brandenburg: Märkische Forschungen.
XIV. Band. Berlin, 1878; 8",
Würzburg, Universität: Akademische Schriften aus den Jahren 1876/77.
151 Stücke; 4» und 8».
IX. SITZUNG VOM 20. MÄRZ 1878.
Von dem c. M. Herrn Professor Dr. von Inama- Stern egg
in Innsbruck wird sein Werk: ,Die Ausbildung der grossen
Grundherrschaften in Deutschland während der Karolingerzeit',
und von Herrn Canonicus Anton Frind in Prag der vierte
Band seiner , Kirchengeschichte Böhmens' mit Begleitschreiben
der Akademie eingesendet.
Die Direction des k. würtembergischen Haus- und Staats-
archives spricht den Dank aus für die Ueberlassung akademi-
scher Publicationen.
Das w. M. Herr Dr. Pfizmaier legt eine für die Sitzungs-
berichte bestimmte Abhandlung: , Nachträge zu japanischer
Dialectforschung' vor.
Von Herrn Dr. Julius Grossmann, k. Hausarchivar in
Berlin wird eine Abhandlung: , Raimund Montecuccoli; eine
Rechtfertigung' mit dem Ersuchen eingesendet, dieselbe in
den akademischen Schriften zu veröffentlichen.
Das w. M. Herr Regierungsrath Freiherr von Sacken
legt die von Herrn Canonicus Dr. Kerschbaumer mitgetheilte
ungedruckte ,Correspondenz zwischen Cardinal Kiesel und seinem
Official zu Wr.-Neustadt M. Gaissler' mit dem Ersuchen ihrer
Veröffentlichung in den akademischen Schriften, vor.
Das w. M. Herr Regierungsrath Dr. Sehen kl überreicht
eine Abhandlung des Herrn Professor Dr. Otto Keller in Graz,
welche den Titel führt: , Kritische Beiträge zum vierten Buche
der horazischen Oden', und um deren Aufnahme in die Sitzungs-
berichte ersucht wird.
8
Herr Dr. David Heinrich Müller, Privatdocent an der
Wiener Universität, legt den , Bericht über die Ergebnisse einer
zu wissenschaftlichen Zwecken mit Unterstützung der kais. Aka-
demie der Wissenschaften unternommenen Reise nach Constanti-
nopel' vor.
An Druckschriften wurden vorgelegt:
Acad6mie des Sciences, Belles-Lettres et Arts de Lyon. Classe des Sciences.
Tomes XXI. et XXII. Paris, Lyon, 1875— 187G et 1876—1877; 4».
Classe des Lettres. Tome XVIL Paris, Lyon, 1876-1877; 4".
Akademie der Wissenschaften, k. b., zu München: Sitzungsberichte der
philosophisch -philologischen und historischen Classe. 1877. Heft III.
München, 1877; 8".
— — königl. Schwedische: Öfversigt af — — Förhandlingar. 34. Jahrgang,
Nr. 5 und 6, und Nr. 7 und 8. Stockholm, 1877; 8«.
Frind, Anton: Die Kirchengeschichte Böhmens in der Adrainistratorenzeit.
Prag, 1878; 8».
Inama- Sternegg, Dr. Karl Theodor von: Die Ausbildung der grossen Grund-
herrschaften in Deutscliland während der Karolingerzeit. Leipzig, 1878; 8".
Museum, germanisches für Kunde der deutschen Vorzeit: Anzeiger. 1877.
Nr. 1 — 12 und XXIII. Jahresbericht des germanischen Nationalmuseums.
Nürnberg; 4".
RäjendrahUa Mitra, LL. D. : Notices of Sanskrit M. SS. for the year
1876. Calcutta, 1877; 8».
— — : A descriptive Catalogue of Sanskrit M. SS. in the Library of the
Asiatic Society of Bengal. Part first. — Grammar. Calcutta, 1877; 8".
,Revue politique et litteraire' et , Revue scientifique de la France et de
l'Etranger'. VII« Annee. 2« Serie. No. 37. Paris, 1878; 4".
Society, the Asiatic of Bengal: Bibliotheca Indica. New Series No. 376.
Vol. V. Fasciculus I. Calcutta, 1877; 8».' Vol. II. Fasciculus X. Calcutta,
1877; 8". N. S. No. 378, Fasciculus XXI. Part II, No. 6. Calcutta, 1877;
40. N, S. No. 379 et 380. Vol. IL Fasciculus II. Calcutta 1877; 4«. N. S.
381. Vol. II. Fasciculus XL Calcutta, 1877; 8". N. S. No. 382. Vol. V.
Fasciculus II. Calcutta, 1877 ; 8". N. S. No. 383. Fasciculus VII. Calcutta,
1877; 80. N. S. No. .386. Vol. IL Fasciculus XII. Calcutta, 1877; 8".
Journal. New Series Vol. XLV. No. CCVII. : Index, Title-page, to
Vol. XLV, I'art IL 1876. Calcutta, 1877; 8". Vol. XLVI. No. CCX.
Part II, No. II, 1877. Calcutta, 1877; 8«.
Proceedings. No. VI. June, 1877. Calcutta, 1877; 8».
Tübingen, Univer.sität: Universitäta- Schriften. 23 Stück aus dem Jahre 1876.
Verein für Hamliurgische Geschichte: Mittheilungen. Nr. 4, ü und 6, Januar,
Februar und März 1878; 8».
Pfizmaier. Nachträge zu japanischer Dialectforscliung. 9
Nachträge zu japanischer DialectforschuDg.
Von
Dr. A. Pfizmaier,
wirkl. Mitglied der k. Akademie der Wissenschaften.
In der vorliegenden Arbeit werden als Ergänzung zu der
Abhandlung des Verfassers : , lieber japanische Dialecte^, zum
Theil auch zu der Abhandlung : ,Japanische Etymologien'
weitere dialectische Verschiedenheiten der japanischen Sprache,
vorläufig in einem dem gewöhnlichen Ausmaasse akademischer
Schriften entsprechenden Umfange, verzeichnet und erklärt.
Diese Verschiedenheiten finden sich in den Mundarten einzelner
Gegenden, vorzüglich aber in den Denkmälern der alten Sprache,
und ist des zu Erforschenden noch so viel, dass das hier Gre-
lieferte nur in die ersten Buchstaben des zur Anordnung
benützten Sanscritalphabets eingereiht wurde.
Es braucht wohl kaum erwähnt zu werden, dass die in
dieser Abhandlung vorgeführten Gegenstände in keinem euro-
päischen Wörterbuche, selbst nicht, vielleicht mit wenigen
Ausnahmen, in demjenigen des tief betrauerten , für gründ-
liche japanische Sprachwissenschaft unersetzlichen Professors
J. J. Hoffmanu, welches das einzige für das Verständniss
der Literaturwerke brauchbare zu werden verspricht und von
welchem der erste Buchstabe des Sanscritalphabets in diesem
Jahre erscheinen soll, enthalten sind.
A ist in dem Man-jeo-siü und einigen anderen alten Werken
ein im Anfange des Satzes vorkommendes Ausrufungswort, für
welches gegenwärtig y ■> (a-a) gebraucht wird.
In a-nare, a-be-kere und anderen Wörtern ist a die Ab
kürzung von ^^ (am) ,haben'.
Sitzungsber. d. phil.-hist. Cl. XC. Bd. I. Hft. ' 2
10 Pfizmaier.
Ferner ist A ein Wort der Bejahung. In dem ^ Jii^\ ^^
(kin-fisseo) antwortet ein Weib des Palastes, welches das kaiser-
liche Handwasser (mi-te-u-dzu) darreichen soll, mit a ,ja'.
Das in manchen chinesischen Ausdrücken, wie in ^ 0||j
a-si , Lehrer' jjpj" -^ a-mo, Mutter' ^ ^ a-kib , älterer Bruder*
u. s. w. gebrauchte ^ a wird für ein im Anfange gesetztes
Ausrufungswort gehalten.
Das Nippon-ki gebraucht ^(- n statt des entlehnten
Zeichens |$p|[ a.
A-a (y ^ ^ bezeichnet auch den Ton des Lachens.
In dem Gen-zi-mono-gatari halten schwerhörige alte Leute
das Ohr seitwärts und sagen a-a. Ausserdem bezeichnet a-a
noch das Weinen kleiner Kinder.
ji^ Ai ist ein Wort der Bejahung. Es wird als solches
in den, in den Denkwürdigkeiten von Wei enthaltenen Ueber-
lieferungen von den Japanern verzeichnet. In den Reichen
innerhalb der Königsgränze sagt man dafür )\ -^ (fai? hai). Die
Laute a und fa, gehen in einander über.
Aioo ( y ^ ) wird als Lesung von ?fe fngao) ,ManteP ge-
funden. Man glaubt, es könne die Umweudung des chinesischen
Lautes sein. Das Wa-mei-seo hat aico-si, welches den Sinn
von ^^ ^ fngao-tse) hat. Auf ähnliche Weise habe ^ ^M
awo-me , grüne Pflaume' den chinesischen Laut a-ii-me. In dem
Zi-no kagarai hat ^M (ngao) die Lesung furu-goromo , altes
Kleid'.
In dem Makura-s6-zi wird eine Art Regenmantel (^ mino)
mit dem Namen aioo benannt. Man glaubt, das Wort könne
von dem in dem Kami-jo-bumi enthaltenen ^ ^ ^ awo-
kusa-dzvha , Büschel der grünen Pflanze' abgeleitet sein. In
dem Auflesen des Hinterlassenen von U-dzi flndet sich ein
Gegenstand Namens mco-kinn-no aioo ,der ]\Iantel des Salz-
kleides', über welchen keine Erklärung gegeben wird.
In dem Wa-mei-seo ist ßfj ^ (a-wo) ein Bezirk des
Reiches Waka-sa.
Aico-ni. Man sagt, dass dieses Wort die saftgrüne Farbe
des Schachtelhalms (to-kusa moje-gi-iro) und Aehnliches be-
zeichnen könne. Die Grundbedeutung ist ,grünner Mennig'.
In dem Gen-zi-mono-gatari findet sich awo-ni-ni janagi-no kazami
Nachträge zu japanischer Dialectforschang. 11
,ein Weldenbemd in grünem Mennig'. In dem Utsu-bo-mono-
gatari heisst es: kasu-ga-matsuri-no simo-dzukaje-wa awo-ni-ni
janagi-kasane ki-tari ,die Diener des Opfers von Kasu-ga waren
in gefütterte Kleider der Weiden in grünem Mennig gekleidet'.
Man gibt die Lesung awo-ni auch den Zeichen ^^ ^ (zb-tan)
, vermischter Mennig'.
Aivo-ma , grünes Pferd' wird ^ ]^ (faku-ha) , weisses
Pferd' geschrieben und für weisses Pferd auch verstanden. Es
wird gesagt: Wenn eine Sache überaus weiss ist, muss man
einen Zusatz von Grün hinzugeben (ojoso mono itatte siroki-wa
kanarazu aivoki iro-ai-ivo kanuru mono nari).
Aioo-nihi ,grün stumpf wird von der Farbe der Kleider
gesagt. Es ist eine Mischung von Blau und Grün, eine Farbe,
welche von den Nonnen verwendet wird.
Awo-ni-josi, in dem Man-jeo-siü durch ^ ^ ^ ,glück-
hch das Grün' ausgedrückt, ist ein Polsterwort für die Haupt-
stadt Nara. In dem i^ pb ^^^ Sode-naka-seo heisst es:
Man sagt, dass es ehemals auf der Bergtreppe von Nara grüne
Erde gab und dass die Maler sie als Mennig-grün {^^ W tan-sei)
gebrauchten. Indessen sagt man, dass dasjenige, was man im
gemeinen Leben iioa-roku-seo , Felsengrünspann' nennt, das in
den Pflanzenbüchern vorkommende ^ ^ seki-roku , Stein-
grün' sein könne. Da man auch ^ ^ ^ awo-ni-josi , glück-
lich der grüne Mennig' und ^ ^ ^ awo-ni-josi ,glücklich
der lasurblaue Mennig' schreibt, so habe ni den Sinn von
^ ni ,]\Iennig'. -j-;. (tsutsi) ,Erde' habe auch die Lesung
fani (abgekürzt ni). Wenn man sich an diese Bedeutung hält,
so könne es ein Wort sein, in welchem der Sinn von -^ J^
(aiüo-nij-ivo ^ (nara) su ,die grüne Erde ebnen' fortgesetzt
wird. Das si in josi ist ein Hilfswort, welches dem Ausrufungs-
worte jo angehängt wui'de.
Aico-zuri-no kinu ,ein Kleid von grüner Reibung' ist ein
mit dem Bergindigo (jama-aij geriebenes Kleid, dessen man
sich an dem Tage der kleinen Vermeidung (^yj> ^ wo-mi)
bedient. Man findet auch awo-zuri-no kara-koromo ,ein chine-
sisches Kleid von grüner Reibung', aico-zuri-no kami , Papier
von grüner Reibung' und }^M (rbj-zuri-no kara-kami ,mit Wachs
geriebenes chinesisches Papier'.
o*
12 Pfizmaier.
Aka bedeutet nebst .Schmutz' das in das Schiff dringende
Wasser. Es wird bemerkt, dass aka in der Sprache von Jezo
die Bedeutung , Wasser' hat. Das Ainowort für , Wasser' ist
jedoch wakka ( y ^ yf; ).
ßM ^^ A-ka, ein Sanscritwort, bedeutet den aus ver-
schiedenen wohh'iechenden Stoffen gesottenen Saft, welcher
Buddha dargereicht wird. Es ist auch eine allgemeine Be-
nennung der mit wohlriechendem Wasser gefüllten Schüsseln.
Aka-no fana ,rothe Blume' ist ein Geschenk von Blumen
der Jahreszeit.
In aka-no Yj^ A (ta-nin) , bloss ein anderer Mensch' und
ähnlichen Ausdrücken des gemeinen Lebens hat aka die Be-
deutung ^k (aka) , nackt' und bezeichnet das Leere und
Erschöpfte.
In dem Ausdrucke des Man-jeö-siü: akaru tatsi-hana ,die
sich röthende Pomeranze' hat akam die Bedeutung akakn naru
,roth werden'. Die Rückkehr von ku na ist ka. Von den zwei
ka in akakaru, welches hieraus entstehen sollte, ist eines weg-
gelassen worden.
Agare. In dem Nippon-ki hat »^ "(^ ,sich zerstreuen
und entfliehen' die Lesung- agare-nigu. Es ist so viel als
arakerm^ die Lesung von "^r ^ ,sich zerstreuen und ver-
schwinden'. Man findet auch fito-hito agariiru keivai ,die Art,
wie die Menschen sich zerstreuen'.
In dem Gen-zi-mono-gatari findet sicli akasi-no mi-agare-
no mi-fsu ,drei hohe Zerstreuungen des Gebietes Akasi'. Agare
ist an dieser Stelle ein Wort für Zählungen von Wagen, und
man sagt, dass es die Bedeutung von nkare ,fliessen' habe.
Bei den Landleuten bedeutet agari: die Sprossen (sa-naje)
gänzlich gepflanzt haben. Den Kindern, welche sclireiben
lernen, das Musterbuch (^ ^ zi-kiaku-7io moto) wegnehmen,
nennt man aqaru. Beides hat die Bedeutung- agare ,sich zer-
streuen'. Auf ähnliche Weise sagen die Menschen von Tötömi
in Bezug auf einen Todten : mi-ka-no agari-su ,er ist durch
drei Tage aufgebalirt'.
Agakii, mit den Füssen scharren. Von Kindern, welche
eigensinnig sind, sagt man im gemeinen Leben ebenfalls agakii.
Agaru .sich ei-heben' liat bei den Bewohnern von 1-se die
Bedeutung , heiteres Wetter' (ten-ki-no akeru). Es hat den
Nachträge zu japanischer Dialectforschung. lö
Sinn : kuino-no agnru ^die Wolken erheben siöh'. Auf ähnliche
Weise steht ^ ^^ un-tei ,die Wolken neig-en sich zu Boden'
für Regen.
Agata ,District' steht mit icakatm ,vertheilen' in Ver-
bindung. In dem Wa-mei-seo findet sich gata-gata ^mehrere
Districte', mura-gafa ,alle Districte', jama-gata ^Bergdistrict^
Das in Erzählungen vorkommende agata-mi-ni juku , fort-
wandeln, um den District zu sehen' bedeutet: auf das Land
gehen. Auch in dem Man-jeo-siü heisst es: awami-agata-no \
mono-gatari-sen ,von dem Districte Awami werde ich erzählen.
Agatsi-ta ,vertheilte Felder' ist in den Verordnungen aus-
führlich zu sehen. Man sag-t, die Lesung i^ agata , District'
sei die Abkürzung- dieses Wortes.
Agamu, hochschätzen, verehren. Im gemeinen Leben sagt
man agameru. Man findet auch agamajern. Das Wort steht
mit Jr (agaru) ,sich erheben' in Verbindung.
Akafu ist so viel als das gegenwärtig- übliche agavh
, vergüten'. Man findet es auch in der Form akamete.
Durch aka-fu wird der in dem Reiche Satsu-ma angebaute
Baum j^ ywtg ' bezeichnet. Man sagt, es sei ein Baum, der
mit dem Baume der nachgiebigen Blätter (judzuri-fa) Aehn-
lichkeit hat. Den Schwamm dieses Baumes, der von g-uter
Eigenschaft sein soll, nennt man aka-fu-naha.
Aka-mono hat den Sinn von akafu mono , vergütende Sache',
durch welche das Unrecht gut gemacht wird. In der Sammlung
Ko-sivi-i findet sich der Ausdruck mi-aka-mono-no nahe ,der
Topf der hohen Vergütung'. Zur Zeit der Bannung verdeckt
der Verbannende (nagasn mono) ein irdenes Gefäss, legt eine
Thonpuppe (fina) hinein, spannt ein Papier darüber und reicht
dieses Gefäss von Seite der ausübenden Obrigkeit dar.
An akiraka ,off'enbar' sich anschliessende Formen sind
akirake-si und akarahe, letzteres statt akirameru.
Agitofu soll den Sinn von agito-ico furu ,die Kiemen
bewegen' haben. Es ist die Lesung von ( jH + mi^) P^ >der
Mund der Fische wird auf der Oberfläche des Wassers sichtbar',
'^^ , seitwärts geneigt schwimmen' und auch von ^ "^
' Dieser Baum ist in den Ergänzungen zu der Abhandlung von den Bäumen
China's S. 17 (157) ausführlich beschrieben.
14 Pfizmaier.
,zu Worte kommend Es bezeichnet auch, dass die Fische auf
der Oberfläche des Wassers schwimmen und den Mund öffnen,
als ob sie sprächen. Es ist dasselbe, wovon es in dem Tage-
buche der Libelle heisst: te-wo kaM omote-ico furi so-ko-ra-no
ßto-no agitofu jo-ni snre-ba ,sie kratzen die Hände, bewegen
das Angesicht, als ob die Menschen dort sprächen'.
Aku bedeutet ,satt' und , Lauget Man glaubt, dass das
im gemeinen Leben übliche Wort akudoki , ekelhaft' von diesem
Worte abgeleitet ist.
Äkuta-fn ist in dem Wa-mei-seo die Lesung von ^^ i^
,Misthaufen'. Fu hat die Bedeutung ^ fu , wachsen entstehend
Hiermit wird das im gemeinen Leben übliche akutai I y //
^ ll } jgemein, hässlich' in Verbindung gebracht. Es wird
als zweifelhaft hingestellt, ob dieses Wort von dem obigen
akuta-fu abgeleitet oder ob es das Koje von ^ ^ (aku-tai)
, schlechtes Benehmen' ist. Man findet es in dem Ko-zi-ki.
Akugaruru lautet auch akogarnru. Es hat denselben Sinn
von ukaruni, umherschweifen. Die Rückkehr von a ku ist u.
Man erklärt es durch atsi-kotsi jaku ,hier und dort wandeln'.
Der Sinn ist iikare-samajo ,unstät umherirren'. Man sagt ferner,
es habe die Bedeutung aki-kogaruru ,im Herbst versengt sein'.
Statt ake-gure , Morgendämmerung' sagt man auch ake-
jami ,Finsterniss des Tagesanbruchs'.
A-ko und a-go ist die Lesung von ^ -^ und jjpj" 63
,Kind'. Bei der letzteren Schreibart wird jjpj" a für eine schöne
Benennung gehalten. Es kommt auch als Jugendname vor.
Man findet auch a-go-ze.
Ako-me bedeutet ein gemeines Weib (ijasi-ki wonna). Man
glaubt, das Wort könne das obige a-ko mit angehängtem nie
,Weib' sein.
Als Lesung von ^ ist ako-me in Japan das Unterhemd
der Knaben und Mädchen. Man sagt auch ako-me-ginu und
glaubt, diesem die Bedeutung , Kleid der gemeinen Weiber'
(ako-me) geben zu können. Ferner wird ako-me von dem Fächer
(hgi) und von Eingemachtem i^M kan) gesagt.
Akoje bedeutet die Sporen des Hahnes. Man erklärt es
durch y^ yj> ^ a-ko-je ,kleiner Ast des Fusses'. Gegen-
wärtig sagt man kedzume.
Nachträge zu japanischer Dialectforschung. lO
Asura sagt man in der Mundart von Bun-go für asa ,der
Morgend
Für asaru , Speise suchen' sagt man im gemeinen Leben
aseri-sagasti.
Azafe ist in dem Kami-jo-bumi die Lesung von |^ , auf-
häufend Es hat den Sinn von mazije-takuiooru ^vermengt auf-
häufen'. Im gemeinen Leben wird für mazeru , vermengen' auch
azeru gesagt.
Für azajaka ,hell, deutlich' findet sich auch azajagu,
azajaka-saru und azarakesi.
Asa-hiraki, welches in dem Man-jeo-siü als Lesung von
$H §^ ,Tagesanbruch' vorkommt, wird als eine Wortum-
wendung von asa-horake gehalten. Dagegen wird eingewendet,
dass in dem Man-jeo-siü dieses Wort immer nur von Schiffen
gesagt wird, wesshalb es eine andere Bedeutung habe. Die
wörtliche Bedeutung ist: Eröffnung des Morgens.
Asi-hiki ,fussziehend', durch verschiedene Zeichen aus-
gedrückt, ist ein Polsterwort für Berg. Es heisst, man sage
so, weil man bei dem Einherwandeln in dem Gebirge die Füsse
zieht. Andere sagen, es bezeichne, dass der Fuss des Berges
abschüssig ist und weit sich hinzieht. In späterer Zeit be-
deutet asi-hiki ,fussziehend' geradezu den Berg.
Asi-tsuno, ^ geschrieben, bedeutet ,Schilfhorn' und ist
so viel als asi-kai ,Schilf knospe'. Man sagt gegenwärtig
von dem Schilfrohr: tsuno-gumu ,Hörner schöpfen', d. i. an-
setzen.
Asi-kabi , Schilf knospe' steht für asi-kaß (asi-kai). ^
Kaß^ in diesem Worte durch ^ ausgedrückt, bedeutet ,Knospe'.
Weil in dem Ko-zi-ki für die letzte Sylbe das Zeichen ^^- hi
gebraucht wird muss ß trüb (bi) gelesen werden.
Asi-tsutsu , Schilfröhre' ist die in den Gelenken des Schilf-
rohrs befindliche, dem dünnen Papiere ähnliche Haut (asi-no
jo-no utsi-ni usu-jo-no gotoki kaiva).
Asi-tadzu , Schilfkranich' ist in dem Wa-mei-seö so viel
als das einfache tadzu ,Kranich', auf ähnliche Weise, wie in
dem Nippon-ki das Wort kawa-kari , Flussgans' vorkommt.
Ad-no ke ,Fusskrankheit' wird durch J^ ^ ,Luft der
Füsse' ausgedrückt. Als Koje dieser Zeichen wird auch kakke
16 Pfizmaier.
gebraucht, ebenso kaku-hih als Koje von ^ ^ , Krankheit
der Füsse'.
Dem Worte asi-naje ,lahm in den Füssen' wird auch die
Silbe gxi ang-ehängt. In den Zi-no kagami findet sich asi-naje-
gu uvia , Iah nies Pferd' und asi-naje-game , lahme Schildkröte'.
Asi-ura, in dem Man-jeo-siü durch J^ ^ ausgedrückt,
hat die Bedeutung: aus den Füssen wahrsagen (asi-mote uranb).
Man liest auch asi-ra. Asi-no ura ist die Fusssohle.
Asi-no fo icata , Baumwolle der Schilfähren' bezeichnet,
dass man Kleider mit Aehren des Schilfrohrs füttert.
Asohasu ,belieben', ein Wort, durch welches bezeichnet
wird, dass ein vornehmer Mensch etwas thut, ist die Zusammen-
ziehung vou asobi-masu. In dem Ima-mukasi-mono-gatari findet
sich /J>> ^ (seo-ni)-wo asohasn, welches nicht erklärt wird.
Wenn es , einem kleinen Kinde Freude machen' bedeuten soll,
so ist asohasu das Transitivum von asohtt ,sich vergnügen'.
Adameku ist in dem Nippun-ki die Lesung von ^ jj^
fo-itsu , ausgelassen'.
Adafete findet sich in dem Gen-zi und in dem Sa-goromo.
Man sagt, es habe den Sinn von ßsomami , nicht verborgen sein'.
Es wird für gleichbedeutend mit dem (übrigens nicht vor-
gekommenen) adake ( f ^ ^ ) gehalten.
^äh (Adzusa) , Hitze' wird in dem Man-je6-siü durch atsu-
ke-sa ( y ^ ^ ij~ ) ausgedrückt. In einem anderen Werke
findet sich das Wort atsu-kureru, wovon keine Bedeutung an-
gegeben wird. Es ist wohl das verstärkte kurerii , dunkel
werden'. Als ein Wort des gemeinen Lebens nennt man das
sonst unbekannte atsu-kurosi, welches ,dunkelsclivvarz' zu be-
deuten scheint.
Auf Je-zo soll man das Kleid (koromo) mit atsusi ( y ^ l^ )
benennen. Man sagt, dasselbe werde aus dem Baste des Baumes
sina {i^~)r) verfertigt und bemerkt, eine solche Kleidung sei
in dem Götterzeitalter Sitte gewesen. Einige sagen, ein solches
Kleid werde aus dem Baste des Baumes o-fih , Birke' gewebt'. '
Adzuku steht für adzukeru und adzukurii, , anvertrauen'.
' Weder .«in« noch o-^ö ( yj~ p -V ^) kommen in japanischen Wörter-
l)iichern als Namen von Bäumen vor. Als japanische Namen (nicht
Nachträge zu japanischer Dialectforschung. 17
Amu-dzutsi steht in dem Wa-mei-seo für adzutsi ,ein Erd-
wall für die Uebung-en im Pfeilschiessen'.
Atsii-je ( y ^ X ) ist die Lesung von "^ ^ , schwer
erkranken'. Man liest dieses Wort auch atsn-je-bito ,ein schwer
erkrankter Menscht Ebenso findet man javiai-si-atsu-sire und
jamai-si-atsu-je. In dem Gen-zi findet sich atsu-i-tamajeru , schwer
erkrankt sein^ I wird hier mit je verwechselt.
Für atsurafu , bestellen' hat das Nippon-ki auch atorafu.
Äfsusire, ursprüng^lich atsu-sire , stark geistesschwach' be-
deutend, bezeichnet die schwere Erkrankung-. In dem Gen-zi
findet sich auch atsu-siku.
4
Adzuma-dzu steht für adzuma-udo ,ein Mensch der öst-
lichen Gegenden'.
Adzuma-goto , östliche Harfe' bezeichnet die japanische
Harfe (jamato-koto). In dem Gen-zi-mono-gatari wird adzuma
allein gesetzt. Adzuma , östliche Gegend' steht hier im Gegen-
satze von moro-kosi , China' oder , westliche Gegend'. Das Wort
wird daher nicht im Gegensatze von tsuku-si-koto , Harfe von
Tsuku-si' gebraucht.
Ate wird durch "^ ^ ,hoch und vornehm' ausgedrückt
und hat die Bedeutung von ate-jaka ,vornehm'. Man findet
ate-narn ßto , vornehm er Mensch', ate-naru wotoko , vornehmer
Mann', ate-narn kata , vornehme Seite', ate- J\^ (bito) , vor-
nehmer Mensch', ate-ki , vornehmer Gebieter', ate-no mi-moto
, vornehmer Wohnsitz". Man glaubt, es sei der Ausruf ana-taje
,0 Avundervoll!" Die Rückkehr von ta fe (je) ist fe. Nach
einer anderen Erklärung ist es H ^- uica-te , obere Hand'.
Die Rückkehr von iifa (uwa) ist a.
Für ^ (ate) , Block' sagt man gegenwärtig auch ate-
^ (mono) und ate- ^ (han). Hiermit wird das in der ge-
meinen Sprache übliche Wort ate-fameru ,eine Sache zu etwas
bestimmen' in Verbindung gebracht.
Der auf das Bauholz (zai-moku) jezügliche Ausdruck ate-
no ~ij (kata) , Seite des Blockes' bezeichnet, dass es die von
der Sonne beschienene Seite ist. Weil an ihr das Regenwasser
Ahio-Nainen) von Bäumen finden sich beide Wörter nur in dem Aino-
Vocabularium Mo-si\vo-gusa, woselbst auch atsu y 'y' V/ ) durch o-fio-
(juwa , Birkenbast' erklärt wird.
18
Pfizmaier.
herabläuft, steht das Wort im Gegensatze zu mi-kata , Seite des
Leibes', welche die innere Fläche des Holzes ist. '
In dem Ausdrucke iku-tsu ate ,wie viele Treffer?' hat ate
die Bedeutung "^f ate , zutreffen'. In dem Ausdrucke nani-
nani-no ate , welche Beträge' hat es die Bedeutung 4^ (dai)
, Preis'. Es ist die Zusammenziehung des Wortes T^ atasi
jPreis'.
In dem Man-jeo-siü findet sich das Wort ate-sawazu
(^y ^ i)" )^ y^')- ^^ß vermuthet, dass hier ate- J^
(saje) ,anstossen und ein Hinderniss bereiten' zu Grunde gelegt
,ist. Hinsichtlich des in dem Gen-zi vorkommenden ate-hi
(y y^ \^\ wird vermuthet, dass es die Bedeutung ^ (ate)-
huru , vornehm erscheinen' habe.
A-cIo, durch jjpj" :^ ausgedrückt, bedeutet das Mitspielen
eines Schauspielers (^ J[^ gi-zin-no ai-te). Man sagt gegen-
wärtig auch a-do-utfiu.
Wenn kleine Kinder etwas ohne Ueberlegung thun, so
nennt man dieses a-do-nai. Man glaubt, dass das im gemeinen
Leben übliche a-do-me-no o awami dieselbe Bedeutung habe.
Ätofe (y y» ^\^ ist in dem Nippon-ki die Lesung
von ^^. einem Worte, von welchem man glaubt, dass es hier
die Bedeutung ai-to ,sich erkundigen' habe. Dasselbe ist ato-
furu {T y^ ^ )L/) als Lesung von ^^ ^. Ätofe ist ferner
die Lesung von ^^ , verleiten' und 0^ , bestellen'. In dem
Zi-no kagami hat ("^ -\- _^) , betrügen' die Lesung kurufu
und atofe. Das Wort ist, obgleich dieses nicht angegeben wird,
offenbar die Zusammenziehung von ^^ (atsurafe) ,bestellen^
Atomqfi ( y V* -£ tl ) hat den Sinn von fiki-iru , an-
führen, sich an die Spitze von etwas stellen' und wird von
ato-mojofosi ,auf den Fussspuren herstellen' abgeleitet. In dem
Man-jeo-siü findet sich ikusa-ico atomofi-tamai ,das Kriegsheer
anführen', ftma-ko-wo atomoß-tatsi-te ,die Schiffsleute anführend
und aufbrechend^ Da to die Rückkehr von tomo ist, wurde
die Vermuthung ausgesprochen, dass das oben als Lesung von
^^ , verleiten' vorgekommene atofe dasselbe Wort sein könne.
^ Die Richtigkeit dieser Erklärung wird durch die Bemerkungen zu dem
später noch folgenden mi-kala dargethan.
Nachträge zu japanischer DialectforEchnng, 19
In dem Man-jeo-siü findet sich atomofe-zo, atomofe-ka,
atokamofu, atomofade. Man sagt, dass diesen Ausdrücken die
Bedeutung a-to omofu ,m Uebereinstimmung denken*^ zu Grunde
liegt. Ä ist ein Wort, mit welchem man seine Zustimmung
zu erkennen gibt.
Ato-makura ^Fussspur und Polster', in dem Nippon-ki durch
^ ^ ausgedrückt, hat die Bedeutung ,Füsse und Kopf^
Ato-u-gaiari. Man sagt, dass für dieses Wort auch nazo-
nazo-gatari ,räthselhafte Rede' geschrieben worden. Man glaubt,
dass es mit ato-nasi-gofo ,beispielloses Wort' gleichbedeutend
sein könne. Welche Bedeutung die Sylbe u habe, wird nirgends
angegeben. Sie scheint jedoch, wie in siri-u-goto, ein Füllwort
zu sein.
Ato-nasi-goto , spurloses Wort' soll den Sinn von tamesi-
nast-^o^o ^.beispielloses Wort' haben. Eine Erklärung sagt: Ima-
no jo nazo-nazo-ka ,es sind vielleicht die Räthsel des gegen-
wärtigen Zeitalters'.
Anaguru , aufsuchen'. In dem Jei-kua-mono-gatari heisst
es: jo-ni-wa o-o-anaguri-to i-i-tsuguru-mo ito juju-si , man meldet
von einer grossen Aufsuchung in der Welt; es ist sehr wider-
lich'. Das in chinesischen Büchern vorkommende -^ :^
, allgemeine Suche nach Verbrechern' hat die Lesung o-o-anaguri.
Man sagt auch ßto-wo anaguru ,nach Menschen suchen'. Ana
hat den Sinn von , schmerzlich und entschieden'. Kuru hat die
Bedeutung sen-saku , durchsuchen'.
Ana-naß {f 'j' ^ tl ) oder ana-nai ( y ~}* ^ ^ )? durch
Üji l4 , Hanfpfeiler' ausgedrückt, ist ein nicht näher erklärtes
Baugeräthe (zo-saku-no guj, von welchem man glaubt, dass es
so viel als das gegenwärtig übliche ^ffi 4\^ (asi-siro), muthmass-
lich die Grundlage eines Gebäudes. Ana steht für asi ,Fuss',
gleichwie ana-ura für asi-no ura ,Fusssohle' gesetzt wird. Nafi
steht für ^^ (narahi) ,in Reihen gestellt sein', wovon ein Bei-
spiel in dem Worte j[j(|j ^ (kami-nafi) ^ angeführt wird.
In dem Kami-jo-bumi hat ^ , ältere Schwester' die Lesung
nane (^-j- ^j. Das gewöhnliche Wort ist ane.
' Kami-nafi in dieser Schreibart wurde übrigens nicht wieder gefunden,
wohl aber kami-nabi in einer anderen Schreibart.
20 P f i z m a i e r.
A-no nennt man in dem Reiche Omi die Menschen, welche
für die Abg-aben von den Feldern ( ^j^ -^ dzi-si) Steinmauern
aufführen. Man sagt, der Name stamme daher, weil die Be-
wohner des Dorfes |$p|" ^ a-)w in Omi die Ersten waren,
welche solche JMauern auiführten.
A-ua ist die Abkürzung von are-wa ,jenes^
Der Ausdruck awa-to miru hat, wie man sagt, den Sinn
farukn-ni towoku mijuru ,weit in der Ferne gesehen werdend
Aioare-hi und aware-fii steht für aware-mi und aware-mu
, bemitleidend
A'fanatsu, durch ß5^ ^ ausgedrückt, bedeutet: die Feld-
raine zerstören und das Wasser der Felder ablassen (aze-wo
fanatsi-te ta-no midzu-wo siifsuru).
Für ahai'a-ja , wüstes Haus' sagt man gegenwärtig auch
ahare-ja.
A-fata-go (f )^ ^ Zf ) ist in dem Nippon-ki und in
dem Wa-mei-seo die Lesung von f^ , Kniescheibe', Man findet
auch das gewöhnliche Wort a-fata (f )\ ^ ). In dem Zi-
no kagami findet man dafür ßza-gami-no a-fata. Ueber die Ab-
leitung des Wortes Avird nichts angegeben. Es steht wahrschein-
lich für asi-fata-go. Fata hat die Bedeutungen : äusserstes Ende,
Fahne, Flosse.
A-fnta wird auch das Zeichen ^^ gelesen. Die Erklärung
sagt, es bedeute ^& , Kelle'.
Ahatasi. In den Worten des Gebetes um Niederhaltung
des Feuers heisst es: a-ico mi-abatasi-tamai-tsu ,er sah und
verdarb mich'. Man glaubt, ahata.su habe die Bedeutung abaki-
itasu ,ans Licht bringen'. Es hat den Sinn von "^ (arasit)
, verwüsten'.
In dem Wa-mei-seo hat j^ ^ ,mit der Mörserkeule
stossen' die Lesung afi (ai) , übereinstimmen'. Im gemeinen
Leben bedient man sich der Ausdrücke kake-ai ,au einander
gerathen' und ai-dzutsi , Schmiedehammer'. Wenn zwei Menschen
von beiden Seiten die Stimmen erheben, so nennt man dieses
ai-dzutsi , Schmiedehammer'. In dem ^ jcM Kioku-rei, einem
Buche des Li-ki, gibt man dem Worte j^^ ,übereinstimmen'
die Lesung ki-nta , Gesang der Mörserkeule*. Man erklärt es,
dass man den Ton der Mörserkeule begleitet.
Nachträge zu japanischer Dialectforschung. 21
In dem Rei-siki und andern Büchern wird ;j»^ _g. (ai-name)
, gegenseitiges Kosten'^ d. i. Opfer geschrieben, es soll jedoch
ai-muhe ausgesprochen werden. Mube ist nibe , Opfer'. ' Ni in
der Mitte wird häufig durch mu ausgedrückt. ^
In Bezug auf Messer (ko-gatana) kommt das Wort afu
jsich vereinigen' vor. Noch gegenwärtig bedient man sich bei
dem Schleifen der Scheermesser (kami-sori) des Wortes afu
,sich vereinigen' oder awasu ,vereinigen'. Hiervon abgeleitet
awase-do , Schleifstein'.
In dem Wa-mei-seo hat ^ , Eingemachtes' die Lesung
afu. Das Wort ist von ^^ afe ,bewirthen' abgeleitet.
Mtisasi-abumi ^Steigbügel von Musasi' sind hölzerne Steig-
bügel (ki-abumi), welche gegenwärtig -^ ^ (roku-go) genannt
werden. Man glaubt, der Name stamme daher, weil ehemals
in dem Reiche Musasi viele Coreaner angesiedelt wurden.
Afuri ( y ^ ij j ist in dem Wa-mei-seo die Lesung von
{^B yfö ,die Lappen des Sattels'. Die Menschen von der
fünften Rangstufe aufwärts verwendeten dazu Bärenhäute (kuma-
no kaioa). Afutsu (^ y ^ ^j wird von dem Aussehen
r^zk teA gesagt. Desswegen sagt man für ^^ (fasern) ,ein-
herjagen' auch afiru (^ y ^ )]^ )• Man sagt, dass das im
gemeinen Leben übliche (jedoch unerklärte) Wort afutsi-kaze
dasselbe sein könne. Wenn der Falke zugleich an der inneren
Flüche des Berges jagt (jama-no ura-omote-ico karu-ioo), so
nenut man dieses f^ y/3 (afuri)-kage. In dem Zi-no kagami
hat [^ -\- -^j die Lesung afuH (y ^ )j )• Das Wort
wird durch jumi-bukuro ,Sack zur Aufbewahrung des Bogens'
erklärt.
Für afuri findet sich auch die Schreibart aworii'y' ^ \) \
("^ -]- "/j ) Afuko (bko) ,Tragstange' hat in dem Zi-no
kagami die Lesung afoko (y ]?jl I? ). Im gemeinen Leben
sagt man ogo ( tJ" Zf\ Man findet Jamn-ogo , Tragstange für
das Gebirge' und tabi-ogo , Tragstange für die Reise', ferner
fake-ogo , Tragstange von Bambus'. Die Bauersleute sagen auch
ten-bin-hd , Stock der Wagschalen'.
' ^a , Opfer' bat sonst nur den klaren Laut nife ( Jü. -^ ) und wird
gewöhnlich JZZ. ^21 O'WJ gesehrieben.
2 Ein Beispiel ist der Ortsname ~T\^ l^£ (o-o-vmwuj statt o-o-niwa.
22 Pfiziuaier.
^ Afui ,Malve' hat in dem Zi-no kagami die Lesung
^f^fi ( y y^ \L)- Ebendaselbst hat {A^ -\- ^) kara-afui
, chinesische Malve' die Lesung Jcarafoß ( "fj -y >jl \-\
. Von afuru , überströmen' finden sich die Formen afure,
afurasi, fafurasi, ebenso afusazu (^y ^ ■))■ y\), welches
so viel als afurazu ,nicht überströmen' sein soll.
Ahura-ioata , fettige Baumwolle' wird als ein Gegenstand
bezeichnet, mit welchem man das trockene Haupthaar der
Menschen befeuchtet.
Was das in Erzählungen vorkommende y^ j^ (abura-
wala) ,ölige Baumwolle' betrifft, so weicht man an dem Feste
der kalten Nacht (kan-ja) Baumwolle in Nelkenöl (tsih-zi-no
abura) und bestreicht damit Gesicht und Hände.
Afu-naku, in dem I-se-mono-gatari vorkommend, wird
durch 1^ ^ (zui-lmn) , ziemlich, ziemlich gut' ausgedrückt.
In Rücksicht auf die Stellen des Gen-zi : afu-nake-ni no-taniaje-
ha und afu-naki koto-ja no-tamai-iden sagt man jedoch, dass
es den Sinn von Unüberlegtheit und Raschheit habe [jen-rio-
mo naku fu-io-mono-ico tjeru), wesshalb diese zwei Stellen durch:
,Als er unüberlegt sprach' und ,er wird etwas Unüberlegtes
aussprechen' zu erklären seien. Ein anderes Werk (^^ |p^
roku-deo) setzt an jener Stelle des I-se-mono-gatari die Worte
ni-naki omoi-ni ,in unpassenden Gedanken'. Da ni-naki so viel
als ni-aiüanu , unpassend' ist, so soll es dem Worte zui-hun
,ziemlich, ziemlich gut' entsprechen. In einem Gedichte findet
sich ni-naki fito-wo omoi-te ,an einen unpassenden (ziemlich
guten) Menschen denken'. Indessen glaubt man, dass afu-naku
durch ofu-naku ausgedrückt werden solle.
Afe ist die Lesung von ^ ,bewirthen'. Es wird
auch afu gesagt, woraus man schliesst, dass es die Bedeutung
afu , begegnen' habe.
Afe-sirafu hat die Bedeutung afe ,bewirthen'. Sirafu ist so
viel als siru , erkennen'. Gegenwärtig sagt man auch asirafu.
In dem Reiche I-ga befindet sich ein Tempel , dessen
Name amata-siro. Das Wort ist die Abkürzung von ^ »^ jjfJ:
ama-tsii jasiro , Altar des Himmels'.
Amasi. ,süss' hat auch die Bedeutung ,locker'. Man sagt
im gemeinen Leben kami-no amai-tsigo ,ein Kind mit lockerem
Nachträge zu japanischer Dialectforschung. 23
Haupthaar'. Wenn der Deckel eines Geräthes nicht fest schiiesst
(ki-hutsu-no futa nado ken-mitsu-narazaru-ioo) , so nennt man
dieses amasi.
Ama-si ist ^ 0f^ (amasi) , Vorsteher des Reg-ens^
Ama-giru bezeichnet das Ziehen des Nebels und die üm-
wölkung des Himmels (sora-no kiri loatari-te kumoru-wo iu).
In einem Gedichte Sai-gio's findet sich ama-giru Juki ,der den
Himmel umdunkelnde Schnee^ In dem Man-jeo-siü heisst es
ama-girasi-furi-kuru Juki ,der den Himmel verdunkelnde, fallende
Schnee^ Die ebendaselbst vorkommende Form ama-girafi ist
so viel als ^ ^ j^ ame-kiri-ai ,vereinte Umnebelung des
Himmelst
Ama-hiko soll so viel als ama-fihiki , Wiederhall des
Himmels' und mit jama-biko ,Echo' gleichbedeutend sein. In
dem Wa-mei-seo ist es die Lesung von M [^ und so viel
als das gegenwärtig übliche wosa-musi ,Vielfuss^
Statt ama-goi ,das Gebet um Regen' sagt man auch
ama-johai.
Ama-gatsu ist die Lesung von ^ C3 , Himmelskind'.
Das Wort soll jedoch in Wirklichkeit den Sinn von H |^
(ma-katsn) ,mit den Augen übertreffen' haben und auf die
Erzählung von der Göttin Suzu-me-no mikoto zurückzuführen
sein. Demgemäss auch die Bezeichnung des Bildnisses des in
den üeberlieferungen von Unsterblichen vorkommenden Königs
und Fürsten des Ostens durch ama-gatsu für irrthümlich gilt.
Bei einer Art dieser Bildnisse verfertigt man die Maske eines
alten Weibes, bringt in Schultern und Brust eine Bambus-
röhre und fügt in diese ein den Leib schützendes Abschnitts-
rohr. Wenn man sich dieses Bildnisses durch drei Jahre be-
dient, so ladet man dadurch alle Unglücksfälle auf sich, was in
den Aufzeichnungen des Gen-zi zu sehen. Man schreibt auch
Ä j^ ama-gatsu ,Nonnenkind'. Man sagt, dass das in der
gegenwärtigen Zeit gebräuchliche ^^ ^ (fb-ko) ,kriechendes
Kind' ein Ueberbleibsel dieser Sitte sei.
In einem Werke wird gesagt, dass man unter den Speisen
des kaiserlichen Palastes das ama-gatsu hinstellt (kin-ri-no
go-zen-ni ama-gatsii-ioo su-itru). Man glaubt, es sei dasselbe,
was in einem anderen Werke ama-gatsu-no kawara-ke ,das
irdene Gefäss des Himmelskindes' genannt wird.
24 pfi
zmaier.
Man glaubt, dass das in dem Ki-sen-siki vorkommende
ama-sogi vielleicht den Sinn von ^ j^ (ama-soki) ,der
Himmel weicht zurück^ habe. Ebenso vermuthet man für die
in dem langen Gedichte dieses Werkes enthaltenen Worte
ama-no sosogi-no kisi-kage-to den Sinn ,der Schatten der Ufer-
höhe, an Avelcher der Himmel zurückweicht^
In dem Gen-zi hat ama-sogi die Bedeutung J^ (ama)-sogi
,als Nonne geschoren^ Bei Sei Seo-na-gon heisst es: ama-ni
sogi-iarxi tsi-go ,ein als Nonne geschorenes kleines Kind'. Die
ehemaligen Nonnen heissen tare-ama , Nonnen mit herabge-
lassenem Haupthaar', und das Wort ama-sogi bezeichnet, dass
sie das Stirnhaar geschoren hatten (nuka-gami-too sogi-taru-ico
iü nari). Es gibt ferner Nonnen Namens sage-ama (hernieder-
lassende Nonnen), Die Bedeutung ist dieselbe. Gegenwärtig
nennt man noch im gemeinen Leben ein weibliches kleines
Kind auch arna ,Nonne'.
Ä ig (Äma-maju) , Nonnenbrauen' ist der Name eines
Wagens. Das Wort ist mit a-ziro und fa-zitomi , Flechtwerk'
gleichbedeutend. In einem solchen Wagen ist Flechtwerk
(a-ziro) ausgespannt. Man sagt jedoch, ama-majii ,Nonnen-
brauen*^ heisse derjenige Wagen, der eine untere Blende mit
grünem Saume (awo-suso-go-no sita-sudare) besitzt.
Amajeru ( y T 31 )ly) ist die Lesung von ^^ , stolz
sein'. Gegenwärtig sagt man es auch von Kindern und kleinen
Mädchen, welche durch Freundlichkeit sich einschmeicheln
(wa-jetsu-wo mote kohiru). Es findet sich auch der Ausdruck
sitasimi-no amajakasu ,die Freundschaft schmeichelt sich ein'.
Für amasaje und amassaje ,überdiess' findet sich auch
amari-saje.
Ama-dziitsu-no kamt. Auf den Lieu-khieu-Inseln opfert
man auf den zwei Bergen ^ ^ ^ (hu-ken-gusuku) und
35. ^ (tama-gusukn) dem Gotte des JNIeeres. Ama-dz%itsti-no
kami ist der Name dieses Gottes. Ama bedeutet ,Meer'. Dzutsu
bedeutet jM; (kunirtsu kami) ,Gott des Reiches'.
Ama hat übrigens auch in dem Nippon-ki und in dem
Man-jeo-siü die Bedeutung ,Meer'. Man glaubt, das ^Vort
könne die Umwendung von awovn sein und so viel als aivo-
umi , grünes Meer' bedeuten.
Nachträge zu japanischer DialectforschuDg. 2ö
Aini, sonst ,Netz' und , Garnele', ist auch der Name eines
Vogels. Ein Sprichwort sagt: ami-naku-te futsi na-nagame-fto
,olme Netz blicke nicht auf den WirbeP. Ein anderes Sprich-
wort lautet: ami-no 7ne-ni kaze famarazu ,m den Augen des
Netzes sammelt sich nicht der Wind^
Es gibt auch eine Pflanze Namens ami-no mc. ,Netzauge^
Man sagt, es sei die (sonst nirgends angeführte) Pflanze
ptj -j-' ^^ (si-ziii-ua).
Amuseru ( y ^ -^ )1_^ ) ist in dem Nippon-ki die
Lesung von ^ ^waschen'. Es ist ein Wort wie ju-ami
, baden'.
Ein Baumwollrohr (J^ '^ men-do^ heisst in I-se ge-
meiniglich Cime. Es heisst auch sino-no mahi , Rolle von kleinem
Bambus' und jori (^^ )j j. In den westlichen Reichen sagt
man zin-h' ( i!^ 2/ 4~ )•
Arne nennt man auch einen Gegenstand, der sich an die
Steine des Meerufers geheftet hat (kai-fen-no isi-ni tsuki-taru
mono). Derselbe ist essbar.
In dem Buche der Sui wird gesagt, dass die Könige von
Nippon den Geschlechtsnamen [JpJ ^ (o-mei) führen. Das
Wort hat die Bedeutung ^ {ame) ,Himmel'. Dass die
Menschen von China in dem nahen Zeitalter ,Bezirk von O-mei'
sagen, ist hierin begründet.
Amorl hat die Bedeutung ame-ori ,von dem Himmel herab-
steigen'.
Auf den Lieu-khieu-Inseln gibt es ein Lied, welches
amori-no uta genannt wird. Man singt es, wenn man das Tuch
1er Bauchbinde • des Schiffes (fune-no fara-makinuno) zurecht
bringt. Da es ein Lied auf die Götter ist, so glaubt man, amori
könne ebenfalls das Herabsteigen von dem Himmel bedeuten.
Ajasu, heutzutage durch ^ ^ ausgedrückt, bedeutet
, streicheln, schön thun' und wird, der obigen Schreibart gemäss,
wohl als ^ (ai)-suru , lieben' betrachtet. In dem U-tsu-fo-
mono-gatari, wo es zuerst vorkommt, fehlt die Wörterschrift.
Es heisst daselbst ono-ga ta-hxisa-notsi-ico sasi-ajasi-fe ,die
Rückseite der eigenen Handw^urzel streichelnd'. Man sagt, das
c
• Fa7-a-mald ,Bauchbinde' heissen sonst die Stricke, mit denen man das
Schiff umwindet.
Sitzuugsber. d. phil.-hist. Cl. X(J. Bd. I. Htt. 3
26 Pfizmaier.
unten erklärte ajuru sei dasselbe, was indessen nicht einleuch-
tend ist. Die Rückkehr von ja su sei ju. Letzteres passt nur
auf die Form aji(.
Ajakarn , ähnlich, gleichartig sein' hat die Bedeutung- von
^ ^k Oy^-^'^f'^O ?die Aehnlichkeit von Fleisch und Knochen
entlehnen'. Man sagt im gemeinen Leben ajakari-mono ,ein
gleichartiges Wesen^
Von einer Sache, deren Grund nicht klar ist (zi-zitsu
mei-fatsu-narazarn), sagt man im gemeinen Leben ajakasi-na
r y ^ yj ly -}- ). Der Ursprung des Wortes ist unbekannt
und wird gefragt, ob es vielleicht die Bedeutung von aja-
karn habe.
Ajaknsi ist auch der Name eines Meergeistes, nach anderen
Angaben der Name eines grossen Fisches. In einem Schiffer-
liede heisst es fune-ni-wa ajakasi-ga tsni-te-tca ,wenn an das
Schiff der Ajakasi stösst'. Dieses bedeutet: Wenn an das
SchijQT der Fisch Ajakasi stösst, so stürzt es gewiss um. Man
sagt^ es sei der Kobang-Roche (ko-han-zome). Dieser Fisch
hat auf dem Kopfe das Bild der Goldmünze Kobang. Man
sagt auch, es sei der Fisch fjQ i'^ ^[^ (In-ki-na). Der letztere
Name wird für ein Wort der südlichen Barbaren gehalten.
Das im gemeinen Leben übliche ßfo-ioo ajameru bedeutet:
Menschen tödten. Man sagt auch ajasimern. Die Lesung ajamen
ist dasselbe. Die Ableitung ist ungewiss.
Ajwii Cy ZL ^ly } soll den Sinn von ^ (maziwaru)
, vermengt sein' haben. In dem Man-jeö-siü heisst es: ojxiru
mi-wa I tama-ni nuki-tsutsu ^die gemengten Früchte | als Edel-
steine durchgezogen'. In dem Makura-sö-zi hat das W^ort die
Bedeutung nagarnru ,fliessen'. Es heisst daselbst ase ajuru
,der Schweiss fliessf^. In den alten Erzählungen findet sich
mr (tsi.) ajti ,das Blut fliesst', |^ (tsi)-ico ajakasn ,Blut ver-
giessen'. Es ist in diesem Sinne die Lesung des Zeichens
Hj , hervorkommen'.
Man gibt ferner diesem Worte den Sinn von ajer^i und
aju, beides , gleichartig sein'. In der Sammlung der goldenen
Blätter heisst es : navi-ni ajvru-wo njti-fo ifu-ran ,mit etwas
gleichartig sein, wird man aju nennend
Ajngv ( y ^ //^^ ist so viel als jitrngn , seh wanken'.
Man findet: fosi-no ajvgu ,die Sterne flackern'. Eine andere
Nachträge zu japaniEcher Dialectforschunc^. ^ 27
Lesung ist ajvgasu. Die Lesung ajo kommt bei dem folgenden
ajo vor.
In der Geschichte von Wind und Boden des Reiches
Idzumo heisst es : Der einäugige Dämon (me-ßto-tsu-no oni)
kam und verzehrte den das Feld bebauenden Mann (fa-tmkuru-
no otoko). Der Mann, den er verzehrte, hiess ^t \7 (ajo-
ajo). Daher stammt der Name jjpj" :^ i'i-jo). In den west-
lichen Reichen soll man gegenwärtig a-jo ff ^ ^^
sagen.
In dem Hinterlassenen von U-dzi heisst es: oni-iva ajoi-
(y ^ \^ ) kajeri-nu. Ajoi soll hier der Uebergang von
ajurai ,einherschreiten' sein. In diesem Falle zu erklären : Der
Dämon schritt einher und kehrte zurück.
B^ ,sich zerstreuen' hat in dem Nippon-ki die Lesung
arare (^ y y ^\ ebenso Wt ^ ,sich zerstreuen und ver-
schwinden' die Lesung arakenu. Das erstere ist so viel als
das letztere, und dieses hat den Sinn von ^£ (ara)-ke-nuru
,es ist wüst geworden^
Ä-ra-ki ,Arak' wird als ein Wort der südlichen Barbaren
erklärt. Es wird gesagt : ^ ^ ^ (sib-bi-ro) ,Rosenthau' hat
auch den fremdländischen Namen a-ra-ki. Man glaubt, Rosen-
thau könne den Sinn haben, dass man die Rose das Geisblatt
des Weinhauses (saka-ja-nin-dö) nennt. Es heisst, dass man
für den Geisblattwein (nin-do-siü) häufig diese Blume verwendet.
In einem Werke wird a-ra-ki ,Arak' auch »j^ ^ (sih-
ro) ,Weinthau' genannt.
Wenn man im gemeinen Leben die wunderbare Bestätigung
des göttlichen Buddha preist, so sagt man arafa-na koto. Arata-
na hat sonst die Bedeutung ,neu', doch hier ist es, wie man
glaubt, die Zusammenziehung von ara-tafuto ,sehr ehrenvoll'.
Statt arafu , waschen' findet sich in dem Jamato-mono-
gatari auch arawai T y y )\ |^ j. Es ist die Dehnung
von arai (awai-ico nobe-taru kotoba nari).
Ara-mi-gami, der sichtbare erhabene Gott, Ära steht für
arawa , sichtbar'.
Man sagt, das in dem Ko-zi-ki vorkommende ari-fatasi
und ari-kajowase habe den Sinn von arikx. , gehen'.
Ari-ginu steht für ori-ginu , gewebtes Kleid'.
3*
28 Pfizmaier.
Ari-nare-gaiva ist der Name eines Flusses in Corea. Man
sagt, a ri seien die Laute der Zeichen ^!| ^ (kiä-lö), are
habe im Coreanisehen die Bedeutung '/X ,!^trom' und sei
das coreanische Wort für kawa ,Fluss^ Das japanische Wort
Jcaioa jFluss^ sei in dem Namen nochmals gesetzt worden.
Are ist in dem Nippon-ki die Lesung von :;j^ ,Dorf'.
Man glaubt, es habe den 8inn von ari-ka ,Aufenthaltsort^
Motsi-no ko-no are hatte ehemals im gemeinen Leben die
Bedeutung , Weizenmehl'.
Are hat ferner in der alten Sprache die Bedeutung ara-
warurn koto , offenbare Sache'.
Arasi-masu ist in der alten Sprache die Lesung von ^
^hervorbringen'.
Awatsu (y y ^) steht für aicateru ,m Schrecken
gerathen'. Man sagt auch awatsuru.
Aioa-juki , Schaumschnee' bedeutet einfach ,Schnee', weil
Schnee mit Schaum Aehnlichkeit hat.
Awa-ßiki-gusa , Schaumschneepflanze' ist der Name einer
Pflanze, welche die Pflanze ^ 0. (si-san) sein soll.
A-oto (f :fj- 1^), durch Jg. ^ ausgedrückt, bedeutet
den Ton der Schritte. Man gibt diesen Zeichen auch die
Lesung n-no o/o ( "f y 7J- > ). In dem Zi-no kagami
bat ^ ,barfuss' die Lesung a-na oto, was mit a-no oto gleich-
bedeutend. Gegenwärtig sagt man asi-oto.
^ (i), den Namen der Menschen angehängt, ist gleich
jo in tare-jo ein Wort, mit welchem man die Menschen
anruft. So in dem Nippon-ki: ke-no-no waku-go-i ,junger
Sohn aus Ken-no!' In dem Man-jeö-siü: ije-naru imo-i ,jüugere
Schwester in dem Hause!' Andere Beispiele kommen zahl-
reich vor.
In dem Kami-jo-))umi ist i die Lesung von ^ ,Luft'.
Es ist die Abkürzung von iki.
I (-^ \ ist in dem Man-jeo-siü die Lesung von ,|^ ^
, Stimme des Pferdes'. Man sagt gegenwärtig ihafu und ina-
iiuku , wiehern'.
Nachträge zu japanischer Dialectforschung. Zv
Dass 3[ -f^ ,fünfzig-^ gleich 351 f (0 »fünf' gelesen
wird, soll den 8inn der Vermeidung haben. Man gibt im Falle
der Vermeidung dem Worte ^t ~|^ , fünfzig' nicht die gewöhn-
liche Lesung- i-so.
I-ü-zi ist die Lesung- von ^^ ^ ^NefFe^ Die gewöhn-
liche Lesung ist jw-si (3. ^ L/)-
hco ist das gemeine Wort für uico ,Fisch'. Es findet
sich auch in dem I-se-mono-gatari. Iwo-no fuje ist die Lesung
von B^ , Fischblase'. Iwo-no kasira-no föne ist die Lesung
von 'S ~y jKopfbein des Fisches'.
l-iüo-sa ( ^ 7^ "^ ) kommt in dem, in dem Man-jeo-siü
enthaltenen Liede der Wächter der Vorgebirge (sahi-mori) vor
und wird durch ,kleiner Pfeil' erklärt. I ist ein Anfangswort,
Wo-sd ist /\\ «u- (ivo-sa) , kleiner Pfeil'. Sa in der Bedeutung
.Pfeil' ist in dem Nippon-ki zu sehen. Nach einer anderen
Erklärung hätte das Wort die Bedeutung: ]§^ Ü ^ i-fo-sa
jfünfhuudert Pfeile'. Die Schreibung mit y (wo) sei ein
L'rthum.
Für iga ,die stachelige Schale der Kastanien' sagt man
in Tsuku-si auch ige (^ ^ ^ }.
^v j^ (in-mo) statt ika-ga ,wie?' ist ein Wort des ge-
meinen Lebens.
Ikasi ( -f 'fj ^^ ist in dem Nippon-ki die Lesung von
J^ , streng' und ^ , wichtig'. Man vergleicht damit das in
Kuan-to im gemeinen Leben übliche ikntsni ,zornmüthig'.
Igami-dzura bedeutet , bissiges Gesicht'.
Ikaki sama und takekit ikaki ist in dem Gen-zi die
Lesung von ^^ ,kühn, muthig'. Es ist das oben verzeichnete
Woi-t ihisi.
Im gemeinen Leben bedient man sich statt o-oki-nnru
, gross' und 0-0-ki ,viel' auch des Wortes ikai ( 'f '}] ^ ).
Es ist mit ikaki gleichbedeutend.
Für ikada ,Floss' sagt man auch iatamii ikada , zusammen-
gelegtes Floss' und ikada-no juka ^Bett des Flosses'.
Iki-ioo kakeru ,den Athem anhängen' ist so viel als fuku
, blasen'. Iki-si-kake hat dieselbe Bedeutung.
Im gemeinen Leben sagt man iki-no joi asi-i ,von Gemüth
gut, schlecht'. Iki ist ^ ^ i-ki , Gemüth'.
30 Pfizmaier.
Iki-no WO ,die Schnur des Athems' bedeutet inotsi ,Leben'.
Wo , Schnur' steht wie in tama-no ico , Edelsteinschnur', welches
dieselbe Bedeutung hat.
Statt Iki-dowori , entrüstet sein' findet sich auch iki-dorosi
( -f 4z ]^ n 2>) und ikl doferosi ( ^ ^ }^ -^ U 2>).
Die Rückkehr von fe ro ist fo.
Ikufa (^ ^ )^^ ist in dem Nippon-ki die Lesung
von 66 , Zielscheibe'. In Uebereinstimmung hiermit ist ikufii,
i-^ ^ ^^ die Lesung von j|;J' ,mit Pfeilen schiessen'.
I-gusi, durch 3l ~f^ |fß (^-9'^'^V , fünfzig Kämme' aus-
gedrückt, sind die in den Tempeln zum Opfer gebrachten
kleinen Papierstücke. In dem Man-jeo-siü heisst es: i-gusi
täte I mi-ioa su-e-matsurii , fünfzig Kämme aufstellen, | die drei
Räder hinstellen'.
Statt iku-tari ,wie viele Menschen' sagt man in De-wa
gemeiniglich ikuri (^ // ^) )•
Für i-gurumi ,die Schnur, an welche ein Pfeil gebunden
ist', findet sich bisweilen auch i-guruma ( -^ -^ )\^ T J.
IJcu-ß tara-ß ,die Tage, an welchen man lebt, die ge-
nügenden Tage' sind Worte eines Gebetes.
Ikojoka ( -^ Z2 3 tJ^ ^^^^^ '^ ^^"^ Nippon-ki für
ijojnka ,hochragend'. Ikojaka (^ ZI ~Y >(/ ) ^^^ dasselbe.
Isa ist in dem Nippon-ki und in dem Man-jeo-siü die
Lesung von 37» ^ , nicht wissen'. Das Wort ist der Uebergaug
von Ina , nicht' und soll mit diesem gleichbedeutend sein. Man
findet^fo-iü« isa kokoro-mo sirazu ,die Menschen wissen es keines-
wegs im Herzen', isa sira-gaiva , nicht der weisse Fluss', isa
sira-tsnju , nicht der weisse Thau', isa sira-juki ,nicht der
weisse Schnee' und anderes. In der gesprochenen Sprache von
Kadzusa sagt man gegenwärtig noch itsi-ja ( -f =f- ~^ ).
In der Beschreibung des Reiches I-ki ist zu sehen, dass für
isana ,Wallfisch' im gemeinen Leben isa (^ ^ t|~ ) gesagt wird.
Isana wird für ^ ^ (isa-na) ,der muthige Fisch' gehalten.
Isan ,der Fischfang zur See' wird in dem Man-jeo-siü
durch ^^ ^ (iso-mawari) ,das Meerufer umkreisen' ausge-
drückt. Das \Vort wird für iso-karu ,an dem Meerufer jagen'
gehalten. Die Rückkehr von so ka ist sa. In dem Man-jeo-
siü findet sich auch das Verbum isaru ,zur See fischen'.
Nachträge zu japanischer Dialectforschung. dl
Izanami ( ^ If* + E. ) findet sich in der Bedeutung
von izanafu , herbeiführen, verleiten*. Es heisst izananü-ni \
ima-mo mi-mafosi \ aki-fcuji-no ,im Herbeiführen | jetzt noch
sehen möchte | der Weiderich des Herbstest Ferner izanami-
ni I ima-mo mala mimu ,im Herbeiführen | jetzt noch werde
ich sehen'. Na mi ist die Umwendung von na fi.
Imtsuru und isatsirii ist in dem Nippon-ki die Lesung
von '^ , weinen'.
^ -^ (i-si) hat in den Erzählungen die Bedeutung
, Stuhl'. Man sagt sonst ;|^ -^ (i-su).
In dem Kami-jo-bumi hat ^^j^ Jugendlich' die Lesung isi
(-f 2>)- Man hält es für «^'-si (p \^ Z^) '«s?' (p ^ ly)
,zum Anfange gehörend'. Die Rückkehr von u ß ist i.
Isi-ki {^ ^ :^^ hi \n dem Nippon-ki- die Lesung
von ^ ^\ , Steinsarg'. In dem Man-jeö-siü findet sich dafür
5 ^ jSteinfeste'. Es bezeichnet, dass man Steine über
einander häuft und den Sarg in sie einstellt. Es ist dasselbe,
wovon der Dichter Fito-maro in dem vor seinem Tode ver-
fassten Gedichte sagt iwa-ne-sima Täte ,zur Insel der Felseu-
wurzeln kommend'.
Isi-na ( ^ 2> ")*) l^^t ^n der Sprache der kleinen
Kinder die Bedeutung , Kieselstein' (ko-isi). In I-se findet sich
eine Oertlichkeit Namens id-na-hara, in Mutsu eine Oertlich-
keit Namens isi-na-zaka.
Ueber eine Stromschnelle in Reihen gelegte Steine, welche
zum Uebersetzen dienen, nennt man isi-hasi , Steinbrücke'. Mau
hängt an das Wort die i\usdrücke ma-dotvoki ,weit vom Zwischen-
raum' und ma-ku ,in den Zwischenraum kommen'. Man sagt
auch isi-immi, was zwar ^ *]^ (isi-nami) , Steinwellen' ge-
schrieben wird, aber als ^g" ^ isi-nami , Steinreihen' zu ver-
stehen ist. In demselben Sinne sagt man nebst iwa-hasi auch
iwa-navii.
I-se-wo-no ama bedeutet , Fischer von I-se'. Wo wird für
ein Hilfswort gehalten.
In Gedichten findet sich iso-ma , Zwischenraum des Meer-
ufers', iso-wa ,Krümmung des Meerufers', iso-na , Gemüse des
Meerufers', iso-maknra , Polster des ^leerufers', iso-kai .Muschel
des Meerufers'. Alles dieses wird von Späteren für ein und
32 Pf i ziii aier.
dasselbe Wort gehalten. Iso-innhmi ,Polster des Meerufers^
ist eine Art Seeg-ras (ara-me).
Eiue gewisse Stelle der Laute (biwa) heisst iso ,Meeruter'.
Man sagt es auch von der Mütze,
In dem Man-jeo-siü findet sich isofaku ( ^ ^ ) "i ^ ).
Man glaubt, es sei so viel als isofu , streiten*. Die Rückkehr
von./a ku ist fu.
Itaku ^schmerzlich* hat in Gedichten den Sinn von ana-
gatsi ,mit Gewalt, durchaus*.
Ein Sprichwort lautet : /tat uje-no fari ,die Nadel auf die
schmerzhafte Stelle*. Es hat denselben Sinn, wie die in dem
Man-jeo-siü vorkommenden Worte: itaki kizu-ni-wa \ kara-siwo-
100 I sosogn-gn gotoku ,auf die schmerzliche Wunde | chinesisches
Salz I als ob man sprengte*.
Itaka ( ^ ^ ;^ ) ist ein Wort aus den Liedern der
Angestellten, Es bezeichnet Leute , welche in der Strömung
den Scheitel waschen* (nagare-kiian-deo-wo site) und dabei
betteln. Gegenwärtig gibt es noch in Mijako solche Leute.
Nagare- ^^ J^ (knan-deo) ,in der Strömung den Scheitel
waschen* wird für die Wöchnerinnen ausgeübt. Man glaubt,
der Gebrauch stamme aus Indien, wo man die unreinen Sachen
der Geburt in den Flüssen fortschwimmen lässt und dadurch
den Flussgott verunreinigt, wesshalb man diesem ein Opfer
bringt. Man habe sich darin geirrt. Dass man es in dem Sinne
von ^ ^ Uui-zen , nachträgliche Opfergabe, Todtenopfer* auf-
gefasst hat, wurde ebenfalls für falsch gehalten.
Itadzm'a-mono , müssiger Mensch' bezeichnet einen Räuber,
Ita-gai wird für siki-ifa , Krippe* gesagt,
Ita-ja-gusi steht in dem Nippon-ki für nagare-ja ,ein ver-
irrter Pfeil*, Dem Worte liegt itamu-ja-gusi ,Speiler des
schmerzenden Pfeiles* zu Grunde,
Itsi-faja-bi, welches in einem Gebete vorkommt, ist mit
tsi-faja-hnrn ,das Priesterkleid schütteln*^ gleichbedeutend. Itsi
hat den Sinn von J^ itsu , streng, ernst* und wird durch das
geborgte Zeichen — • itsi ,eins* ausgedrückt. Man findet auch
idzu-faja- huru.
Das in dem Man-jeo-siü vorkommende idzu-he ,um welche
Zeit* ist mit idzwe-ni gleichbedeutend.
Nachträge zu .japanischer Dialectforschung. 33
IfsK-tsu-gasane ,fünf Schichten' ist ein sieben-, acht- bis
zehnmal gefüttertes Kleid, welches im g-emeinen Leben -j-' ^ ^i
zin-ni-tan , zwölf einfache Kleider' genannt wird. Gegenwärtig' ge-
braucht man ausschliesslich ein fünffaches Futter. Man sagt auch
5£ Z^ itsii-tsu jfünf Kleider'. Es gibt deren, bei welchen
alle fünf Schichten von einerlei Farbe sind, ferner solche, bei
welchen die Farbe bei jeder einzelnen Schichte wechselt. Man
findet für dieses Kleid auch das Wort J^ (nana)-tsu-ginu
, sieben Kleider'.
Itsv-fomo-no fumi ist die Lesung von 5S. /^ go-kib ,die
fünf mustergiltigen Bücher' China's.
Für ina ,nein' sagt man im gemeinen Leben innija
(^ 2y ^ ^).
Inadaki hat in dem Kami-jo-burai die Bedeutung ,Haar-
schopf. Man sagt, es sei so viel als ifadaki , Scheitel'. In dem
Zi-no kagami hat ^^ , Haarschopf' die Lesung itadaki.
Für ^ inu , weggehen' sagt man gegenwärtig -^ in-nuru
oder inurn. Inwu towo-ka ,die vergangenen zehn Tage'. Ob-
gleich in der gemeinen Sprache inuru bloss die Heimkehr der
Menschen, welche gekommen sind, bezeichnet, drückt es ein-
fach das Fortgehen (juku koto) aus.
In dem Zi-no kagami hat ^^ , Treppenstufe' die Lesung
i-nuki ( -^ y^ ^)- Auch auf Schiffen findet sich ein Ort,
welcher i-nuki heisst.
'i^ ^i I-i-^o (-^ \^ TJl*) ,ein gekochtes Reiskorn'.
Bo ist so viel als tsubo ,Korn'. Ist auch die Lesung von ^]^
, Reiskorn' allein.
In dem Wa-mei-seo ist i-t-ho ( ^ \^ i^^ die Lesung
von (^ ^ '^ Jtj) S , Warze'. Davon das jetzt übliche Wort
ibo ,Warze'.
Me-iho hat die Bedeutung me-no ibo , Warze des Äugest
In Si-koku wird die Bewirthung bei dem Opfer (matsiiri-ni
furnmawariiru koto) durch me-ibo-m juku ,zu dem Warzenauge
gehen' ausgedrückt.
I-i-(jai ,ein Reislöffel'. Für dieses Wort sagt man gegen-
wärtig siaku-si. An der Gränze des Reiches Idzumi findet
sich ein Teich Namens i-i-gai-no ike ,der Teich des Reislöffels'.
Derselbe heisst so von seiner Gestalt.
o4 Pfizmaier.
IhnJca.ii ist in dem Man-jeo-siü die Lesung von ^p
,düster'. Gegenwärtig ist ihnkasi die Lesung von '^ ^ ,unbe
kannt'. Für ka-jari-hi ,ein Feuer zum Vertreiben der Mücken'
sagt man ka-ibukasi. Wenn das Brennholz raucht und nicht
brennt (siba-no fxisxibori-te mojemi), so nennt man dieses iburu.
Ife-de (ije-de) ist in dem Nippon-ki die Lesung von |jj ^
,aus dem Hause treten' und bedeutet einen Bonzen.
Imaivari ( ^ ^ )^ )j ^ ist so viel als imai (^ T \L)-
welches seinerseits für ^^ imi , fasten' gesetzt ist.
Ima-si-ha-to, welches in dem Ko-kon-siü vorkommt, wird
für gleichbedeutend mit ima-ica Jetzt um die Zeit' gehalten.
In dem Man-jeo-siu hat ^ H^ ^ ^ ^ie Lesung ima-si-wa-jo
und die nämliche Bedeutung. Si ist ein Ruhezeichen (jasume-
^1 zi), eine die Ruhe ausdrückende Sylbe. Wa-kun-siwori
gibt an, es scheine, dass man in der Gegend des Tempels von
I-se für ima Jetzt' das Wort hria-si gebraucht.
Für imasu , weilen' findet sich in dem Jen-gi-siki auch
imasafu. \n dem Man-jeo-siü hat imasu den Sinn von ini-
masu ,weggehen' und wird desswegen auch ^ ^ (ini-masu)
geschrieben.
Imasu-gari hat den Sinn von imasi-ge-aru ,das Weilen
haben'. Man sagt auch ima-zo kari-keru. Nach einer Angabe
könnte dieses den Sinn von ima-zo-to toki-meku .gegenwärtig
gedeihen' haben. In dem Geschlechte Gen findet sich der Aus-
druck imaiiu-garafu-ja. Demselben wurde der Sinn von masi-
masu-ja ,hat man seinen Wohnsitz?' beigelegt.
Imi-ja soll dasselbe sein, was heutzutage jo-mija , Nacht-
palast', d. i. Nachfeier genannt wird.
In-hl ist gewöhnlich die Lesung von ^ *j^. Eine andere
Lesung ist in-ko. Es ist ein erneuertes Feuer (aratame-si ß)
und der Name des Gottes des kaiserlichen Herdes.
In-no ko. Wenn kleine Kinder erschrecken, sagt man
in-no ko-in-no ko. Es hat die Bedeutung ^p -^ in-no ko
, Siegel'. Man drückt nämlich den kleinen Kindern, welche in
den Garten des Heiligthumes gebracht werden, das Siegel der
kostbaren Perlen auf die Stirn. Nach einer Erklärung bedeutet
es -^ (inu)-no ^ (ko) ,der Hund kommt'. Es sei eine Be-
schwörung, indem man durch den Hund, welcher kommt, das
Nachträge zu japaDischer DialectforBchung. OO
Unrecht abwehren, das Richtige bewachen lässt. Desswegen
schreibe man auf die Stirn des kleinen Kindes mit Schminke
(jen-zi) das Zeichen -^ inu ,Hund^ Einige sagen, dieses habe
seine Begründung in dem, was in dem chinesischen AVerke
,das Durchdringen der Sitten und Gewohnheiten* von den
Gewohnheiten des Reiches Thsu gesagt wird. In dem ge-
nannten Werke heisst es: Am achten Tage des achten Monats
betupft man die Stirne der kleinen Kinder mit rother Tinte,
wendet ein Brennmittel des Himmels ( ^ ^ö thien-kieii) an
und unterdrückt dadurch die Krankheiten.
Imu-tefu tsuki bedeutet: ,der Mond, von dem es heisst,
dass man ihn vermeidet'. Es wird gesagt: Man vermeidet es,
in einsamem Nachdenken den Mond anzublicken. Auch in
den Gedichten des chinesischen Dichters Pe-lö-thien heisst es:
Vor dem Mondlicht an die Vergangenheit denke nicht. Es
verdirbt deine Züge, es verringert deine Jahre.
In einem Buche hat imu-tefu tsuki auch den Sinn: Der
Monat, von dem es heisst, dass man ihn vermeidet. Es ist
daselbst von dem fünften Monate des Jahres die Rede und
wird auf den in diesem Monate fallenden Regen (sa-mi-dare)
gedeutet.
I-me-bito, durch M^ ^ ^ (i-me-hito) ausgedrückt, be-
zeichnet in dem Man-jeo-siu den Schützen des Jagdgrundes
(kari-ba-no i-te). Die Verbindung i-me-bito-no fusi-mi ,der
Schütze lauert' bezieht sich auf den Schirm (ma-busi), weil
der Schütze sich daselbst versteckt und zielt.
Imofi (imo-i) ,das Fasten'. Man tindet auch imifi. Imi
bedeutet , vermeiden'. Fi steht für ifi (i-t) , Reisspeise'.
Imofori ist die Lesung von ^^ , fasten'. Es steht für
imatoari, welches seinerseits die Verlängerung von imi.
Imofori- j^ qb (bo-zu) ,ein Bonze des Fastens' soll einen
Bonzen bezeichnen, welcher bloss fastet, sonst aber den Weg
und die Tugend nicht besitzt.
Von ija ,nein' abgeleitet sind die Ausdrücke ija-ico ,Nein
oder Ja' und ija-rasi , widerlich'.
Ijaru steht in der gemeinen Sprache für iß-jaru (i-i-jaru)
,das Wort senden'.
Iju steht für ijeru ,genesen'. Davon das Transitivum
ijasu , heilen'.
36 Pfizmaier.
^ ^^ ^^ T-jo-man ,das Wuchern des Reiches I-jo' be-
zeichnet wuchernde Pflanzen.
Ira-nalcu wird für ^ (ira)-nakn ,rauh' auch , ärgerlich'
gehalten, wobei naku ein Ililfswort sein soll. Man glaubt, ira-
nageku sei dasselbe. Es werden folgende Stellen angeführt.
Aus dem Jamato-mono-gatari : ije-sama-no ito ira-nakn vari-ni-
taru ,der Herr des Hauses ist sehr ärgerlich geworden^ Aus
dem U-dzi-siü-i: ira-naki tatsi-wo migaki ,ein rauhes Schwert
schleifen'. Ira-naku siroki o-o-kagami-ni kono mono-kaki fun-
hasami-ni fasami-te ,er steckte ärgerlich diesen Geschicht-
schreiber hinter einen grossen weissen Spiegel wie zwischen
einen Bücherhalter'. Ira-naku furumai-te ,sich ärgerlich be-
nehmend'. Aus dem Tsure-dzure-gusa: osi-te koto-goto-siku mu-
suhi-ide nado-site ira-naku furumai-te ,das Siegel auf übertriebene
Weise knüpfend (d, i. Beschwörungen machend), benahm er
sich ärgerlich'.
Ira-nageku kommt in dem Nippon-ki und dem Man-jeo-
siü vor. Man gibt dem Worte den Sinn von ^ t^ ira-
vageku , heftig oder schmerzlich klagen'. Nach einer Erklärung
ist nageku ein Hilfswort gleich iiaku in dem obigen ira-naku.
Auf den Lieu-kieu-Inseln heisst ein tiefer abgelegener Ort
allgemein iri. Man leitet es von iru , eintreten' ab.
Iri-foga, gewöhnlich durch [^ |J^ , herumgedreht und
gekrümmt' ausgedrückt, wird in einem Buche ^ ^j» , ausser-
halb des Eintritts' geschrieben. Das Werk Ja-kumo-on-seo
, kaiserliche Aufzeichnungen der acht Wolken* sagt: Koto-no
fa-no iri-foga ,die eintretende Krümmung der Worte' sind
Darlegungen wie kiri-no ari-ake ,der Tagesanbruch des Nebels',
kaze-)io jü-gure ,der Abend des Windes', tsujn-fukete ,der Thau
ist tief, kumo-takete ,die Wolken sind hoch'. Hierzu bemerkt
das Wa-kun-siwori, das Wort habe die Bedeutung ^^ ^ ^
iri-fo-ka , Geruch des röstenden Feuers' und möge iu der That
das Ferngehaltene (toioo-zakari-taru) ausdrücken.
Statt ire-zumi ^Brandmarken mit Tinte' sagt man auch
ii^e-bokuro.
Iicake (^ y ^) hat in dem Nippon-ki die Bedeutung
,in Schrecken gerathen' und ,athemlos sein'.
Nachträge zn japanischer Dialectforschung. 37
Für ureioasi-ki koto ,Betrübniss' wird auch bloss u gesag-t.
So in dem Ausdrucke ann u jo-no naka ,o die betrübnissvolle
Welt!'
ü als Lesung von ^ , erlangen' ist die Lautumwendung
von je. Man meint damit uru , erlangen', welches für jeru ge-
braucht wird.
U-uru (^^7 "* )]_^j steht für ujuru odar %i-erii , pflanzen'.
In dem Zi-no kagami steht ifi-ni u~u ( ^ tl -^ ^ "* )
für vjuru , hungern', in dem Nippon-ki für dasselbe Wort die
Form ifi-ni ete (^ ^ tl -^ I 7^)- ^^ das nirgends erklärt
wird, kann hier nur , Reisspeise' bedeuten.
Uje-fuseri bedeutet: erschöpft darniederliegen. In dem
Nippon-ki ist woje (^ X) die Lesung von /^ ,abgemagert'
und ^ , ermattet'. Uje und woje gehen in einander über.
Ukan ist in dem Zi-no kagami die Lesung von vicj|
, Wildgans'. Kari allein bedeutet sonst ,Gans'. Man glaubt,
dass u die Bedeutung -^ ,gross' haben könne. '
Ukari-keru steht für uku ari-keru ,man ist traurig ge-
wesen'.
Uki bedeutet in gewissen Verbindungen eine aus Schlamm
gebildete schwimmende Insel (doro-no uki-su). Beispiele sind
nki-ni fafu asi ,das auf der schwimmenden Insel kriechende
Schilfrohr', vki-ni ofuru aja-me ,die auf der schwimmenden
Insel wachsende Schwertlilie', sawa-da-no uki , die schwimmenden
Inseln von Sawa-da'. Das Wort uki-nu , schwimmender Teich'
ist dasselbe.
Uki bedeutet auch einen Weinbecher (sakadzuki). In
dem Ko-zi-ki ist iiki die Lesung von ^ ^ (midzu-dama)
,Krystall'.
Uki-su ist jl^ ^|i| uki-su , schwimmende Insel'. Man sagt
nami-no uki-su ,die schwimmenden Inseln der Wellen'.
Uki-su, in der Bedeutung jj^ M. uki-su , schwimmendes
Nest', wird von dem Neste der Tauchente gesagt.
Für ugomeku ,nach Art des Gewürmes kriechen' findet
sich in dem Geschlechte Gen auch loogomeku. Denselben Sinn
hat ugo-ugo.
Wolil nur in Folge von Lautumweudniig, da ~Tr .gross' in Zusammen-
setzungen ;7J~ o gelesen wird.
38 Pfizmaier.
ügo-nafaru (■ugo-vawarn) ist in dem Nippon-ki die Lesung-
von ^ ,sich versammelnd Man findet auch ^ -j^ (vgo-
nmoari-fanheru) und ^ ^ (via-tigo-mawani). In dem j^ j)^
(gi-siki) heisst es: 0. ^ liest man ma tut «■ A;o na /a re ru
(mai-ugo-naioarern). j\Ian saj^t auch ugo-matcari (^ Zf ^
)^ Ij ) und xigo-mari [p Zt ^ )) ). Dem Worte liegt
ugo ,das Kriechen des Gewürmes' zu Grunde. Nafari ist die
Dehnung von nafu ,drehen'.
UsK-judzuru, in dem Ko-zi-ki vorkommend, wird durch
j5§ 3^ , vorgerichtete Bogensehne' erklärt. g|] ^ Soje-dzuru
jzugetheilte Bogensehne' ist dasselbe, vielleicht auch, wie
geglaubt wird, kaknsi-dzuru ,verborgene Bogensehne'. Die
eigentliche Bedeutung von usa wird nicht angegeben. ^ ^
U-sa ist ein Kreis des Reiches Bu-zen.
Usiro-jasuki und usiro-garoki, welche in Erzählungen (mono-
gatari) vorkommen, sind das Gegentheil von usiro-me-tasi ,be-
sorgt', haben also die Bedeutung ,un besorgt'. In dem mit
wahren Schriftzeichen geschriebenen I-se-mono-gatari wird usiro-
me-tasi durch ^ § •^ ausgedrückt, w^obei tasi als itasi
, schmerzen' betrachtet wird. Man sagt, das Wort habe den
Sinn von kokoro-moto-nasi ,furchtsam'. Das im gemeinen Leben
übliche usiro-he-ta-nai soll die verderbte Aussprache von usiro-
me-tasi sein. Nai ist dabei ein Hilfswort. In dem Sen-siü-seo
findet sich usiro-me-ia-naki koto ^Furchtsamkeit'.
Für -4c usern , verlieren' findet sich die Lesung tisu.
Usu-fata ist so viel als usu-mono ,Flor'. Man gibt dem
Worte die Bedeutung usu-fata , dünner Webstuhl'.
Uso ,Lüge' wird von Einigen für die Lautumwendung
von woso gehalten. Woso ist ein altes Wort, welches ebenfalls
,Lüge' bedeutet.
^1 Uso , Fischotter' ist die Lautumwendung des gewöhn-
lichen woso.
Es gibt einen- Vogel, welcher nso (V7 yj genannt wird.
Der Name hat die Bedeutung mit uso-fnku , pfeifen' gemein.
Wenn dieser Vogel singt, hebt er abwechselnd beide Füsse
und thut als ob er die Harfe spielte und die Hände bewegte.
Im gemeinen Leben sagt man uso koto-ioo fiku ,der Vogel Uso
spielt die Harfe'. Das Männchen heisst teri-nso und kommt
Nachträge zn japanischer Dialectforschung. 39
auch in Gedichten vor. Es ist derselbe Vogel, den man masiko-
dori , Hänfling* nennt. Das Weibchen heisst ama-uso.
Uso-fuku , pfeifen' bedeutet: den Gesang des Vogels Uso
nachahmen. In dem Zi-no kagami steht dafür ?/som« T^ "^ 2^\
In den Erzählungen finden sich die Formen iiso-ittsi-faki-te
und 7iso-tco fuku. Der 8iun ist derselbe wie in dem Worte
fato-fvkii jgleich einer Taube pfeifen'.
Es gibt eine Maske, welche vso-fnki ,das Pfeifen' heisst.
Dieselbe hat den Gesichtsausdruck eines Pfeifenden.
üdaku ist in dem Nippon-ki die Lesung von t"^ ,in die
Arme nehmen'. Gewöhnlich sagt man idakn.
Utage ist in dem Nippou-ki die Lesung von -B. ,ein Fest'.
Man hält es für die Zusammenziehung von titsi-age ,das Erheben',
nämlich das Erheben des Bechers. Die Erklärung uta-age
in dem Sinne von , Lieder singen und den Becher erheben' wird
für minder wahrscheinlich gehalten.
Utagaioaraku-ioa ,es ist zu zweifeln' ist so viel als titaga-
waru-wa. Die Rückkehr von raku ist ru.
Für ntata-ne ,sich niederwerfen' sagt man im gemeinen
Leben korobl-ne.
Für nta-jomi ,Diciiter' sagt man auch jomi-hito.
üta-ura ist das Wahrsagen aus Gedichten und Liedern.
Eine ähnliche Wahrsagung heisst tan-zaku no ura ,das Wahr-
sagen aus kurzen Schrifttafeln'.
Uta-atvase ,em Wettstreit der Dichter'. Ein solcher war
seit den Zeiten des Kaisers Mura-kami (947 n. Chr.) an dem
Hofe von Mijako Sitte gewesen.
Uta-giisari ,eine Kette von Gedichten' ist etwas wie mon-
zi-gnsari ,eine Kette von Schriftzeichen'. Man hat auch ,drei
Ketten' (mi-tsu-gusari) und Insectenketten (musi-giisari).
Utsi-hi-sasn, durch ^ Q ^j ausgedrückt, hat die Be-
deutung, dass durch die Zwischenräume eines Gegenstandes
die Sonne hereinscheint. Die in dem Man-jeo-sivi vorkommende
Verbindung iitsi-hi-sasu o-o-mija ,der grosse Palast, durch welchen
die Sonne herein scheint', bezeichnet den hohen Bau des
Palastes.
Udzvi -mono ,ein mit verschränkten Beinen sitzender
Mensch' bezeichnet im gemeinen Leben einen stolzen Menschen
(ogoru-monp).
40 Pfizmaier.
Utsuwo (^ ^ ^ ) ;^io^i^' wird in der verschlossenen
Abtheilung des kaiserlichen Palastes für ßtomozi , Zwiebel' ge-
sagt. Auch in der Liedersammlung der Bediensteten (siohi-iim)
findet man utsuwo-gnsa ,die hohle Pflanze*.
ütsuwo-ki bedeutet: hohler Baum.
Utsuioo-hune ,hohles Schiff' ist ein aus einem einzigen
Baum stamme verfertigter Kahn.
Für ndzukumant ,hocken' findet man in dem Ko-zi-ki
auch udzusumori (^ ^* X ^ U )^ ^" ^^^"^ Man-jeo-siü
ususumari (^ X ^ ^ U )• Gegenwärtig sagt man tsu-
kuhh (y // )t 7>
Utsusi-gokoro ,das abspiegelnde Herz' bedeutet das sicht-
bare Herz, die ofienkundigen Gedanken. Dasselbe ist utsuri-
gokoro. Man findet in Gedichten auch utsu-semi-no vtstisi-gokoro
,das abspiegelnde Herz der hohlen Grillen'.
Utsn-bu-si-zome ,die Färbung der hohlen Galläpfel' be-
zeichnet die schwarze Farbe (kvri). Man sagt, der Ausdruck
laute so, weil der Gallapfel (j^ ^ ß(-si) inwendig hohl ist.
In einem in dem Jamato-mono-gatari enthaltenen Gedichte wird
ntsu-bv-si , bohler Gallapfel' im Sinne von uisuhuai ,auf dem
Angesicht liegen' genommen.
Utsnroi-sakari-naru ,verblasst in seiner Fülle sein' wird
in dem I-se-mono-gatari von der Goldblume (^^ kiku) gesagt.
Dieselbe steht in ihrer Fülle, nachdem ihre Farbe verblichen
ist. Utsuroi-kikti ,die verblasste Goldblume' ist eine Kleiderfarbe.
Ufoburv und ufobi sind alte Ausdrücke für utomu ,fern
stehen, entfremdet sein'.
U-na-ja ( ^ -)- -^ ^ ist in dem Nippon-ki die Lesung
von Jj^ , Gitter'. Es soll dem in der gemeinen Sprache üblichen
n-Ja na-jn (^ ^ -j- "^j ' nahe stehen. Es wird gefragt,
ob es vielleicht den Sinn von nku najamasi-kl , betrübt und
leidend' habe. In den kaiserlichen Aufzeichnungen der acht
Wolken heisst es: U-na-ja ist ein Ort, in welchem man die
Menschen einschliesst (fito-ivo komuru tokoro).
1 Dieses Wort wird sonst nirgends verzeichnet, ist auch unerklärbar,
wenn nicht das sogleich angeschlossene uka najawasi-ki die Erklärung ist.
Nachträge zu japanischer Dialectforschnng, 41
Unn (^ J^ ) ist die Lesung von -^ ,Hund'. Es wird
für eine Lautumwendung- des ebenfalls für inu vorkommenden
enu gehalten.
Das beim Schmähen gebrauchte unu (^ ^^ ^ wird für
eine Lautumwendung des Pronomens onore gehalten.
In Ki-so-dzi in dem Reiche 8ina-no bedeutet uneri
( ^ -J- )j ) eine kleine Bergtreppe (/J^ f^ ko-saJca).
Une-me ,eine Aufwärteriu des Himmelssohnes', ein Wort
von ungewisser Abstammung,^ wird auch vne-fe (^ ^ *-^)
geschrieben. Diese Aufwärteriunen wurden ehemals aus sämmt-
lichen Reichen gewählt. Man unterschied ^ ^ (fai-zen)-no
une-me ,Aufwärterinnen für das Auftragen der Speisen^ und
^ J[^ (kami-age)-no une-me , Aufwärterinnen für das Erheben
des Haupthaares'. Einige sagen, die letzteren hiessen so, weil
sie durch ihr ganzes Leben den Dienst des Auftragens der
Speisen verrichteten, sich eines Kopfputzes von grünen Muscheln
bedienten - und das Haupthaar erhoben. Es seien in Wirklich-
keit nicht zweierlei Dienste gewesen. Gegenwärtig ist eine
Classe dieser Aufwärterinnen die ^J Q To-zi. Die zweite
Classe, als ^^p ^ ß^ (mi-suje-kasiraj bezeichnet, heisst o-a-
tsija (yj- Y =f- ~V)- I^ie dritte Classe heisst o-wa-kaka
In einem Werke findet sich itsiiki-mija-no une-me , Auf-
wärterin des Bethauses'. In dem Ko-zi-ki ist von dreierlei
Aufwärterinnen (une-me) die Rede.
In dem Kreise Mi-je in dem Reiche I-se gibt es ein Dorf
Namens 5^ -^ Une-me. Es ist ein Ort, aus welchem solche
Aufwärterinnen stammten.
Uha bedeutet , Grossmutter' und , altes Weib'. Man sagt
auch oha. Gegenwärtig gebraucht man es für menoto ,Amme
l
' Die Angabe, dass es den Sinn von nnoi-mf .Mädchen des herabhängenden
Haupthaares' haben könne, ermangelt der Begründung. Das Wort wird
in China wie in Japan durch ^^ --fr ausgedrückt. In China bedeuten
diese Zeichen : ausgewähltes Mädchen.
" ^ffl '^i'en>wo .life, ein Wort, wobei ^[J| wohl unzweifelhaft die Ab-
kürzung von ^g ^{Q fra-den) ist.
3 Die Wörter n-a-lnijd und o-ira-kaka kommen sonst nirgends vor und läast
sich ihre eigentliche Bedeutung nicht mit Gewissheit bestimmen.
Sitzungsber. d. phil.-hist. Ol. XC. Bd. I. Hft. 4
42 Pfizmaier.
üba-me, uha- ^^ (siba), uba-tarasi, uba-korosi sind Namen
von Bäumen. Uha hat in ihnen die Bedeutung , altes Weib'.
Uba-ga ito ,Fäden des alten Weibes' bezeichnet das Tuch
von I-ga (i-ga-nuno).
Uha ist auch der Name einer Muschel.
üha-ga ike ,der Teich des alten Weibes' ist ein Teich
auf dem Wege des östlichen Meeres. ^ Wenn man ?/6a ,altes
Weib' ruft, so sprudelt aus diesem Teiche Schaum hervor. Bei
der Quelle pfjj ^ Tö-thsiuen in China ist etwas Aehnliches
der Fall. Diese Quelle befindet sich im Norden des Klosters
*^ ^4^ Tsing-kiai. Wenn Menschen zu dieser Quelle kommen
und stark schreien, so sprudelt das Wasser stark hervor. Wenn
sie ein wenig schreien, so sprudelt es ein wenig hervor. Wenn
sie die Quelle anschreien, so sprudelt das Wasser immer
stärker hervor.
Uba-gami ,der Gott des alten Weibes' ist ein Gott in
dem Tempel von Asa-gusa zu Je-do.
Uica-nari ist die Lesung von ^j^ ^ ,die spätere Gattin'.
In dem Zi-no kagami ist das Wort die Lesung von ^^ , hassen'.
«Denselben Sinn hat das in dem Nippon-ki vorkommende xuoa-
nari-netami. Uwa , auswendig' bedeutet , doppelt sein' (kasanaru).
Nari ist so viel als narahi , gleichgestellt sein'. Die Rückkehr
von ra hi ist ri.
Uiva-nari-no ju ,das heisse Wasser der zweiten Gattin'
ist eine heisse Quelle des Kreises Ari-ma in dem Reiche Setsu.
Man sagt, wenn sie den Ton von Schritten hört, so sprudle
sie zornig hervor. Die spuckende Quelle (\^ ^ tho-thsiuen)
in China soll dieselbe Eigenschaft besitzen.
Uwa-nari ist auch der Name eines Berges in Jamato.
U-ha-tama , Edelstein der Rabenflügel' steht in dem Ko-
kon-siü für nu-ha-tama, durch welches Wort in Gedichten
gewöhnlich die Nacht bezeichnet wird.
Ufe (vje) ,oben' wird einigen Benennungen als Ehren-
ausdruck angehängt. So tsitsi-uje ,der Vater', fawn-nje ,die
Mutter', ane-iije ,die ältere Schwester', ani-uje ,der ältere Bruder',
^ (ni)-vje ,die Nonne'.
' Der Weg des östliclieu Meeres ffo-kai-doj umfasst fünfzehn Reiche. Das
Reich wird hier nicht genannt.
Nachträge zu japanischer Dialectfoischung. 43
Uvia-zi-mono, ein in dem Man-jeo-siü vorkommendes Wort,
ist so viel als vma-fo iü mono ,ein Wesen, welches man Pferd
nennte Es ist ein Ausdruck M'ie inu-zi-mono ,ein Wesen, welches
man Hund nennt'.
Uma-i-mo nezv, das in dem Man-jeo-siü vorkommt, hat die
Bedeutung-: nicht fest schlafen. In dem Nippon-ki findet sich
\ima-me-si ,fest geschlafen haben', ein Wort, von welchem ge-
sagt wird, dass es heutzutage noch im gemeinen Leben üblich
ist. Uma hat in beiden Ausdrücken die Bedeutung- ,süss'.
Uma-no fana-mtike ist in dem Zi-no kagami die Lesung
von ^* ,ein Geschenk von Speise'. ^fe mit derselben
Lesung ist ein Geschenk von Waaren. Das Wort hat die
Bedeutung-, dass man einen abreisenden Menschen begleitet und
ein Geschenk vor der Nase des Pferdes darreicht TM ^ [hJ
uma-no fana-muke). Man sagt jetzt abgekürzt fana-mtike. In
dem Siü-Lsiü ist sen, das Koje von -^ zu sehen. Es wird
dadurch ausgedrückt, dass man bei dem Antritte der Reise
betet und um auf dem Wege keinen Unfall zu haben, dem
Gotte des Weges ein Handopfer reicht (kado-ide-ioo iwai-te
db-tsiü tsutsuga-nakaran tame-ni sai-no kami-ni ta-viuke-suru).
Umuki ist in dem Nippon-ki die Lesung von ^ ^^
, weisse Muschel'. Das Wort wird durch J^ ^ JS iimi-tsu
kuri , Meerkastanie' erklärt. Die Rückkehr von mi tsu sei mw,
die Rückkehr von kui'i sei ki. Man hält es auch für so viel
als -0: ^ omo-kafi , Muttermuschel'. Omo und vmu seien
derselbe Laut, ki sei die Rückkehr von kaß. In dem Wa-mei-
seo hat J^ ^^ , Meermuschel' die Lesung nmuki-no kaß. Hier-
mit vergleicht man das im gemeinen Leben übliche Wort onnki-
mij welches durch ^\ ^S miiki-mi , abgeschälter Ijcib' aus-
gedrückt wird. Man nennt so die aus ihrer Schale genommenen
Muscheln ffamaguri karn-ivo ide-tarn) und glaubt, das Wort
könne umuki-no mi ,Leib der Muscheln' bedeuten. Statt nmtiki
sagt man im gemeinen Leben umi-famagnri , Meermuscheln'.
Zu bemerken ist, dass man in Büchern für umuki allgemein
timngi findet.
Umugasi-mi ( ^ J^ 'jf l^ ^ ) ist ein in dem fort-
gesetzten Nippon-ki vorkommendes Wort. In dem Nippon-ki
hat ^a , Tugend' die \je^\\n^ omugasi-mi f'^J^'Jfiy ^ ).
4*
44 Pfizmiiier.
In dem Zi-no kagami ist omngnsi f TJ" ^ "Jf ^) die Lesung
von 1^ J^ , grosse Beglückwüuschung, grosse Freude^ Die
letzteren zwei Wörter sind mit nmugasi-mi gleichbedeutend.
Man liält sie für so viel als ^^ (omo)-no [^| (k(iwasi)-ki ,von
Angesicht zugewendet^ Es findet sicli aucli vii-miikasi-mi
(^ Ä U l^ z.}
Umusuhi-matsiiri ist in dem Zi-no kagami die Lesung von
(^ -\- J;P^ ,das Opfer für den Vorsteher des Lebenloses^
Man glaubt, umiisuhi könne für mnsuhi-no kami, den Namen
einer Sintoogottheit, gesetzt sein.
Umoreru, durch V^ , versunken sein' und j^ , vergraben
sein' ausgedrückt, steht für udzumoreru.
Uja ist in dem Nippon-ki die Lesung von äj^ , Gebräuche,
Höflichkeit'. Es ist die Lautumwendung von icija. Davon
uja-nasi , unhöflich'.
In der Mundart des Reiches Omi sagt man ura i"^ ^ )
für ^v (ica) ,ich'. Die Rückkehr von ?f ra ist tco. Auch in
den östlichen Reichen sagt man nrara ( ^ ^ ^ ).
Ura steht in dem Man-jeo-siü häutig für ko-zuje , Baum-
wipfel'. Man sagt es heutzutage ebenfalls. Es bezieht sich auch
auf die Blätter der Pflanzen. So in den Ausdrücken vra-garete
,an den Spitzen vertrocknend', ura-wakami ,an den Spitzen zart'.
Durch ura , innere Seite' wird oft auf das Herz gedeutet.
So in den Ausdrücken ura-sahi-si ,im Herzen still', nra-ganasi
,im Herzen traurig', ura-medzii-rasi-ki ,von Herzen auffallend',
ura-tokete ,im Herzen sich lösend'. Das in dem Ko-zi-ki vor-
kommende iira-kofosi ist so viel als kokoro-koi-si ,das, wonach
man im Herzen sich sehnt'.
Das in dem Man-jeo-siu vorkommende ^llf ^ vra-mi
,die Staubschüssel der Bucht' ist so viel als nra-ica ,die
Krümmung der Bucht'.
Ura - moto - nasi hat den Sinn von kokoro - moto - nasi
, furchtsam'.
Uri ist die Lesung von JfJ^ , Melone'. Die Schreibart
furi wird für unriclitig gehalten. Ama-uri ,die süsse Melone'
wird bei dem Worte vorzüglich gemeint. IVIan sagt sowohl
kara-uri ,die chinesische j\Ielone' als ama-nri ,die süsse Melone'.
In dem Wa-mei-seö findet man auo-uri ,die grüne Melone',
Nachträge zu japanischer Dialectforschung. 45
madara-uri ,die gefleckte Melone', siro-uri ,die weisse Melone',
ki-uri ,die gelbe Melone'.
Ure (^7 ]y^ ist .in dem Man-jeo-siü die Lesung von
^ ,Ende'. Das Wort hat den Sinn von J^ (ufe, vje) ,oben'.
Re und fe gehen in einander über. Man liest fana-no ure ,die
Spitze der Blume', siisuki-710 ure-fa ,die obersten Blätter des
langen Grases', fagi-no ure-fa ,die obersten Blätter des
Weiderichs'.
In dem Fei-ke-mono-gatari wird iza-ure i -^ i)^^ ^ |y^
durch ^^ ^ , wohlan ich!' ausgedrückt. Ure hat daher so
wie ara die Bedeutung ,ich'. In dem Man-jeo-siü findet sich
ure-mu-zo ( $? 1/ 2^ V )• Es ist so viel als loare-mo-zo
,auch ich'.
Das in dem Ko-kon-siü vorkommende urewasi-ki koto ist
von urefu ,sich betrüben' abgeleitet.
U-ro ist >B *|^ (u-ro) ,ein Durchsickern haben' und
kommt in Sanscritwerken vor. Ein Gedicht sas^t:
U-ro-jori-mo \ muro-ni 7^ (iri)-nuru \ ^^ (mitsi) nare-ha '
koko-zo ^^ (fotoke)-no \ mi-moto nari-keru.
Durch ein Sickern | auf dem man in das Haus getreten, |
ein Weg da es ist, | so ist hier des Buddha | hoher W^ohnsitz
gewesen.
Im gemeinen Leben nennt man die Höhlungen alter Bäume,
die Höhlungen in der Mitte der Flüsse und andere Höhlungen
ebenfalls u - ro. Das Wort wird von Einigen ( [J -}~ 77 ) g^"
schrieben. Dieses Zeichen wird in dem Yö-pien durch jjj j>^
schan-hitte , Berghöhle' erklärt.
U-e-zi ( ^ j^ 2^ \ bezeichnet bewegliche Druckbuch-
staben ( v^ ;^ ). Man gibt dem Worte den Sinn von ^ji!" ^p
(u-e-zl) , gepflanzte Schriftzeichen'. Es wird gesagt, dass man
zu den Zeiten des Kaisers Tsutsi-mi-kado , in dem Zeiträume
Gen-kiü (1204 n. Chr.) anfing, sich beweglicher Druckbuch-
staben zu bedienen.
Je iZL.) "'ird auch für ff (ko-no kami) , älterer Bruder'
gesagt.
46 P f i z m ;i i e r.
Je (X) ist in dem Nippon-ki die Lesung von ^ ,Mutter-
kuclien^ Man sagt sonst je-na.
Je ( X ) ^Is Lesung von |^ , erlangen' wird für die
Rückkehr von u ke gehalten. Je hat in diesem Worte auch
den Uebergang in ?t ( ^ ^.
§^ jWagen, dürfen' hat nebst afe^ oje ( ^ -^) die Lesung
je. Die Rückkehr von a fe ist je. So in den Ausdrücken
je-ko-zi , nicht kommen dürfen', köre je-sa-mo arazit , dieses darf
nicht so sein', je-fosi-ajezu ,es nicht dahin bringen, dass man
wünschen darf, je-seki-ajezu ,es nicht dahin bringen, dass man
verschliessen darf. Äfeza, ajezu ( y *^\ ^ ^ ist in dem
Man-jeo-siü die Lesung von ^ ^ , nicht überwinden'.
Je als Lesung von ^ , glücklich' beruht in einem Ueber-
gange von jo in je. So in den Ortsnamen sumi-no je, fi-je.
Sonst hat ^ die Lesung josi oder jo. In dem Ko-zi-ki steht
mi-jesi-no für mi-josi-no. In dem Nippon-ki steht je-ken für jo-
ken ,es wird gut gewesen sein'. Auch gegenwärtig sagt man
jei für joi ,gut'.
Je ,Zweig' ist die Abkürzung von jeda.
Man vermuthet, dass yX (j^) -Strom' ursprünglich so viel
als je , Zweig', nämlich Zweig des Meeres (wohl nur in Bezug
auf die Mündung) sein könne. Man findet in Gedichten foso-je
, dünner Strom', nigori-je , trüber Strom', fori-je , Grabenstrom',
nagare-je ,fliessender Strom'.
Je ist in dem Wa-mei-seo die Lesung von ^ , Königs-
kraut'. Gegenwärtig sagt man je- ^^ j^ (go-ma).
J^i ( X ^ ) ist eine Anfangspartikel der gesprochenen
Sprache.
Je-u-mazi hat den Sinn von ^ ^ ^ je-u-zu , nicht
erlangen dürfen'. In dem I-se-mono-gatari findet sich je-umazi-
kari-keru ,man durfte nicht erlangen'.
Je-n-fa-wi (X$^)^^) ist^^ (jo-ffti) ,fern sich
verbeugen'. Bedeutet: Während man hier weilt, in der Ferne
das Jenseitige verehren.
Je-wo-dzi, durch jjfjj" '^Ö ausgedrückt, bedeutet den älteren
Bruder des Vaters. Je hat die Bedeutung: älterer Bruder.
Je-ko ist in dem Nippon-ki die Lesung von -^ -^ ,der
älteste Sohn^ Es ist so viel als yf -^p (je-ko) ,der Sohn,
der ältere Bruder'.
Nachträge zu japanischer Dialectforschung. 47
Je-simo hat die Bedeutung ^ (je)-simo , dürfend Simo
ist ein Hilfswort. In dem I-se-mono-gatari findet sich fito-ico-
ba je-simo wasurene-ba ,wenn man die Menschen nicht ver-
gessen darf.
Je-zo-siranu , nicht wissen können' wird in einem Gedichte
Jori-tomo's auf die Menschen von Je-zo bezogen. Ein ähnliches
Wort ist je-zo sugi-nu ,man konnte nicht vorüber gehen'.
Dasselbe hat zu der Benennung einer Kirsche, ji'e-zo- i^ (zakura)
Anlass gegeben. Ein Gedicht Tei-ka's sagt nämlich:
Je-zo ^ (sugi)-nu \ ^ (kore)-ja ^^ J^ (suzu-ka)-no \ ^
(seki) naran \ fnri-sute-gataki \ ZfJ^ (fana)-no j^ (kage) kana.
Wo man nicht vorbei konnte ' | dieses vielleicht des Suzu-
ka 1 Engpass wird sein. | Der nicht zu verwerfenden | Blumen
Versteck ist es!
In Erzählungen sagt man sasage-mono ßto-jeda ,ein einzelnes
dargereichtes Geschenk', futa-jeda ,zwei dargereichte Geschenke,
u. s. f. Jeda hat die Bedeutung , Zweig'. In dem I-se-mono-
gatari heisst es: soko-baku-no sasage-mono-wo ki-no jeda-ni tsukete
,man befestigte viele dargereichte Geschenke an die Zweige der
Bäume'. Dass man gegenwärtig naga-jeda , langer Zweig' für
naga-bifsu , lange Kiste' und Aehnliches sagt, stammt von diesem
Gebrauche. Man findet in Bezug auf Bogen das Wort iku-jeda
,wie viele Zweige'. Ebenso sagt man ßto-jeda ,ein Zweig' in
Bezug auf lange Schwerter (nagi-nata).
Jeni-si ist das Koje von -^ (Jen) ,Beziehung'. Si ist ein
Hilfswort. Jeni steht für jen gleichwie ^ (zeni) ,Geld' für
zen. Man gebraucht es in Gedichten häufig von den Beziehungen
der Freundschaft. Nach einer Erklärung ist das Wort so viel
als ju-e-ni-si. Die Rückkehr von ju-e sei je und j^^ O^-ej
bedeute ebenfalls die Beziehung. In dem I-se-mono-gatari findet
sich auch jeni ( X -^ )•
In dem Utsu-wo-mono-gatari heisst es: tsi-isaki ko-no
fnkaki jnki-wo icakatsi-te asi-te jebi-no jo-nite fasiri-kuru ,das
kleine Kind, den tiefen Schnee zertheilend, kommt mit Händen
und Füssen nach Art eines Hummers gelaufen'. Man sagt dieses
noch gegenwärtig.
' Suzu-ka ist ein Berg in dem gleichnamigen Kreise des Reiches I-se.
48 Pfizmaier.
In dem Wa-mei-seo findet sich ^^ ||lg -^ (u-ho-si)
jschwtirze Mütze'. Im geminnen Leben machte man auf fehler-
hafte Weise J^ (u) zu ^ (je) und sagte desshalb je-bo-si.
Indessen ghuibt man, dass, da die Laute n-bo-si und ico-bo-si
sich nicht gut anhören, man in Folge einer Lautumwendung
je-bo-si gesagt haben könne. Es wird auch e-bo-si ( j^ 7^* z^ )
geschrieben.
Tate-je-bo-si , aufgestellte schwarze Mütze' ist eine schwarze
Mütze von der ursprünglichen Gestalt. Kaza-wori-j e-bo-si , wind-
gebrochene schwarze Mütze* ist eine solche Mütze von kürzerer
Gestalt. Statt tate-je-hosi sagt man auch ßki-tate-je-bo-si. In
dem Po-je-mono-gatari heisst es: wori-je-bo-si ßki-tatete ,die
gebrochene schwarze Mütze ziehend und aufstellend'. Andere
Namen sind fiki-ire-j e-bo-si ^hereingezogene schwarze Mütze',
sabi-je-bo-si ,schwarze Mütze von der Gestalt einer Haue',
momi- je-bo-si .geriebene schwarze Mütze', kirameki- je-bo-si
jschimmernde schwarze Mütze', 'i^ (safurai)-e-bo-si ,schwarze
Mütze der Aufwartenden', ^ -^ :J7' (nasi-ko-ittsi)-je-bo-si ,die
birnenwerfende schwarze Mütze^, foso-je-bo-si , dünne schwarze
Mütze', IIP j^ j;[j (janagi-sa-bi) , Weidenhaue', vja-je-bo-si
, schwarze Mütze der Gebräuche', juß -je-bo-si , gebundene
schwarze Mütze', j^ J[^ (to-zin)-j e-bo-si , schwarze Mütze der
chinesischen Menschen'.
In dem Fei-ke-mono-gatari findet sich je-bo-si-no ^^ ^
(tame-sama) ,die geraderichtende Gestalt der schwarzen Mütze'.
Es ist dasselbe, was heutzutage ifj* (wori) ,das Brechen'
genannt wird.
Dass man gegenwärtig dreieckiges Papier auf einen
Todten legt, ist eine Hindeutung auf die schwarze Mütze der
Aufwartenden. Man sagt, dass die Begleiter des Leichenzuges
dieses dreieckige Papier auflegen und bei dem Todten, in die
drei Ecken vertheilt, das Zeichen ^^ .zehntausend' schreiben.
In der Gegend des Kreises Taka-sima in dem Reiche Omi
hält man dafür, dass dieses die schwarze Mütze des Auf-
wartenden sei. Bei den Anhängern Buddha's nennt man es
W ^ (fö-kuan) ,die kostbare Mütze'.
Je-bo-si-oja ,der Vater der schwarzen Mütze' ist der Gast
bei der Feierlichkeit des Aufsetzens der Mütze.
Nachträge zu japanischer Dialectforschnng. 49
Je-ho-si-gusa heisst in der Mundart von Je-do die Pflanze
^ ^ ^% (fi'^i^u-miakkon) , Wurzel der hundert Ädernd
^^ Jen, von einem Hause in der Bedeutung- ,Vorhaus^
gesagt, ist die Abkürzung von ^ >^ (jen-db) ,Weg der
Beziehung^
Jen-yari bedeutet ^ (jen)-garl-nite Öj^ (jen)-naru ficn-
100 suru , zierlich sein und ein zierliches Benehmen haben'.
Man findet auch jen-gari-jod-meku.
Wo-awase bedeutet ^^ ^ ,die Saiten vereinigend Es
ist so viel als koto-wo ßki-awasura ,die Harfe stimmen'.
Wo-nto ( 7^ ^ V* ) bedeutet ^ ,Mann'. Das gewöhn-
liche icotto ( 7^ ^ }^ ) ist eine Lautumwendung. Abgekürzt
sagt man auch woto ( 7^ }^ )• So das in dem Kami-jo-bumi
vorkommende ivoto-me statt icotto -me. In dem Zi-no kagami
findet sich loofnto { ^ y^ Y* )■
Woje (t' 31) i^t die Lesung von ^^ , abgemagert'', Wi
,matt' und anderen Zeichen. In dem Wa-mei-seo hat ^ ,krank'
die Lesung uje (^ X}-
Wo-'ioo-si ( ^ ^ ly') , männlich' wird im Gegensatze
von me-me-siki , weibisch' gebraucht. Wo hat die Bedeutung
,Mann'. In Erzählungen findet sich die Form loo-wo-siü.
Wowori ( 7^ "* ij ) soll die Bedeutung haben , dass die
jungen Zweige sich seitwärts biegen (waka-jeda-no towo-wo-ni
7iahiku).
Das Fischbein (kuzira-no fige) heisst bei den Fischern
lüosa ,die Spule'. Man sagt, ein Walfisch habe dreihundert
sechzig Stengel (kugi) Fischbein.
Wosu ist in dem Nippon-ki die Lesung von ^ , essen'.
^ ^ 0^^"^i- "^'onii) wörtlich: ,ein Reich essen' bedeutet: ein
Reicli verwalten, dessen Einkünfte beziehen. Man findet auch
knni-wosimu. Die Rückkehr von sl mu ist mu. Das Wort
wird in dem Ko-zi-ki auch vom Trinken gebraucht. Wosu-
kuni bedeutet: ein Reich, welches man verwaltet.
Wose ist in dem Nippon - ki die Lesung von ^ ^
_,essen heissen'.
50 Pfizmaier.
Woserii ( 7 "t^ )\y ) ist mit foseru , Hinblicken' gleich-
bedeutend. Man tindet woseri - wodzi - te ,hinblickend und sich
fürchtend'.
Wotsi-nasi (7^ ^ -}- 2>) ist die Lesung- von »||| J^
, schwach' und 'h^ jfeig'-
Wo-nari (^~jr^)) ist in dem Buche der Han ' die
Lesung von ^^ , ernähren'. Es hat die Bedeutung JBjJ ^^ , ver-
mischtes Ernähren'. Es ist dasselbe, was man im gemeinen
Leben ^vo-nari, u-nari und tana-moto'^ nennt. Nach den
Erklärungen Kung-yang's •'' bedeutet ^^ , ernähren' einen Koch.
Wofdru, icovmru (^ )^)L^) , enden' ist die Lesung von
7A (sotsu). Wenn dieses Zeichen den Tod eines Grossen
bedeutet, soll ihm das Koje sijiitsu fiy^ZLy^) zukommen.
Das gegenwärtig übliche Koje sotsu, wie in ^1 (sotsu- suru,
sossuru) , sterben, von einem Grossen gesagt', wird als unrichtig
bezeichnet.
Wo-mo kururu ,herumdrehen'. Wo ist ^^ wo , Schnur'.
Wo- ja hat in dem Kami-jo-bumi die Bedeutung /J> ^
(wo-ja) , kleines Haus',
In dem Nippon-ki hat ^ ^ ^vergiften' die Lesung
wojasi -jahuru. Wojasi hat den Sinn von woje , krank'. Die
Rückkehr von ja se ist je.
In dem Nippon - ki findet sich das Wort wo -jarafuru
{ 7^ ~^ y ^ )|y j. Man erklärt es durch ^ jg^ (icosi -jaru)
, wegessen'. Wo ist die Abkürzung von loosi , essen', jarafuru
ist die Dehnung von jaru , schicken'.
Wori-fajasi hat die Bedeutung: frisch gebrochen. In
dem Man-jeo-siü tindef sich kuku- tatst wori-fajasi , Rüben-
sprossen frisch gebrochen'. In dem Reiche Waka-sa rufen
die Verkäufer ihre Waare mit den Worten aus : kuku-tafsi-ja-
kuku - tatst -ja ivori -fajasi -ja - wori -fajasi -ja , Rübensprossen,
Rübensprossen! frisch gebrochen , frisch gebrochen!' K^iku-
tatsi bedeutet, dass die Sprossen von der Wurzel gepflückt
sind (kon - pon -jori tori-taru). Wori-fajasi bedeutet, dass sie
' Die Uebeisetzung des Buches der Hau. Die Stelle wird nicht angegeben.
2 Diese drei Wörter sind unbekannt.
3 Die Ueberlieferungen Kung-yang's zu dem Frühling und Herbst.
Nachträge zu japanischer Dialectforschung. öl
aus der Mitte gebrochen und auch frisch sind (naka-fodo-jori
wori-te mata woi-taru). J^ (icoi)-tarii bedeutet in dieser
Erklärung eigentlich ,gewachsen', d. i. frisch gewachsen.
Ka in trüber Lesung (ga) hat den Sinn des Zeichens
^ und ist ein Hilfswort. So in kimi-ga jo ,das Zeitalter des
Gebieters^, fu-zi-ga ne ,die Wurzel des Fu-zi'. Wenn in der
gesprochenen Sprache ga in den Fällen gesagt wird, wo man
no sagen sollte, so klingt es wie eine Vernachlässigung (oko-
tari-kiko-urn). In Gedichten drückt es keinen Widerwillen
aus (kiraicade jomeri). In dem Auflesen des Hinterlassenen
von U-dzi werden in die Gedichte, in welchen ga vorkommt,
Sachen eingetragen , über welche man zürnt oder lacht (tita-
nite ga-to jomi • tani - loo fara - tatsi - te waraware - taru koto-wo
nose-tari).
Man glaubt, dass ^ (ka) , Geruch' das Koje ka-u
( 7J t^^ sein könne und dass man sich gewöhnt habe, es für
die Lesung zu halten. In dem Man-jeo-siü ist ka häufig die
Lesung von ^ ,Luft'.
^^ (ka) , Mücke' soll nach Einigen von kamu ,beissen'
abgeleitet sein.
Jahu-ka bedeutet ,Mücke der Dickichte'.
In dem Zeiträume Gen-roku, in dem 21. Jahre des Cyclus
(1704 n. Chr.) kam aus der Halle von _|^ ^ Uje-no in Je-do
Rauch hervor. Als man heimlich hinsah, brannte kein Feuer,
sondern es waren Mücken (kakusi - te mire -ha ß- ni arazu ^^
ka nari-keri). Zunächst ereignete sich dasselbe in der Pagode
von Asa-kusa in Je-do.
^ (ka) - no tabako , Mückentabak' nennt man den Stoff,
in welchen die Reiswürmer (kome-musi) sich verwandeln.
Kai f'Jj -^ j ist in dem Wa-mei-seo die Lesung von
;j»^ , Rudert Ein Ruder, mit welchem man vorwärts rudert,
heisst ^ (iitsi)-kai , schlagendes Ruder'. Ein Ruder, mit
welchem man schräg rudert, heisst ebenfalls utsi-kai.
Im gemeinen Leben sagt man kai-ga mawaru mawaranu
jdas Ruder dreht sich, es dreht sich nicht'.
Ö2 Pt'i zra ai er.
In Fi - zen gebraucht man kai f y(7 ^ } für icä (oke)
, Kübel'. Mau sagt dalier te-kai statt te-oke , Handkübel'. Man
sagt, dass in alten Büchern auch midzu-kal ,WasserkübeP
vorkomme.
Es wird vermuthet , dass das im gemeinen Leben eine
augenblickliche Handlung (tsio-to si-taru kotoj bezeichnende
kai ( >(/ "f ) ein aus ;|^ (kaki) ,kratzen^ umgewendetes Wort
sei. Kaku , kratzen' wei-de so wie utsu , schlagen' mit anderen
Wörtern verbunden. So in kaki-komoru ,sich verstecken', kaki-
sutsuru , wegwerfen', kaki-kesit , etwas auslöschen'.
.fiTai-tort , Schlüsselhalter', gewöhnlich durch ( ^ -|- ^^ ) ^
ausgedrückt , ist der Name eines Dienstes für die Zeit eines
Festes. Der Inhaber desselben ist ein den Vorstehern unter-
geordneter gemeiner Mensch. Es gibt einen solchen auch in
dem göttlichen Palaste von I-se.
Kcd - kane ist in dem Wa - mei - seo die Lesung von ^ffl
,Schulterbein^ Im gemeinen Leben sagt man kaii- gerne- hone.
Kai-motsi-i ist ein geläuterter Reiskuchen. Dieser Name
hat sich gegenwärtig in den östlichen Reichen noch erhalten.
Man sagt auch' ho-ta-motsi und ho - so - motsi. Die kleinen
Mädchen nennen ihn fcuji-hana , Weiderichblume'.
In einem Werke Avird gesagt: Bo- tan -motsi , Päonien-
kuchen' ist der Frühlingsname. Jo-hune ,Nachtschiff ' ist der
Sommername. Fagi-no fana , Weiderichblume' ist der Herbst-
name. Kita-no mado , nördliches Fenster' ist der Wintername.
Das Nachtschiff kennt nicht die Ankunft. In das nördliche
Fenster scheint nicht der Mond. — Dieses bedeutet: Der
Niedrige kennt nicht die Nachbarschaft.
Bei dem Ziehen des Netzes (ami-hiki) bedient man sich
der Ausdrücke ka-u-de ('f]^ 7^*) , obere Hand' und simo-de
, untere Hand'. Man sagt, das Handnetz zur Linken heisse
ka-it-de, das Handnetz zur Rechten heisse simo-de.
Ka-ic-de ( -)] ^ y*), dmch j^^ -^ ,Papierhand' aus-
gedrückt, ist von der Art dessen, was man im gemeinen Leben
iHr (zib)-sa-si , Briefschnur' ' nennt. Einige sagen auch ka-u-deu.
' Dieses Wort ist sonst uirgends vorgekoniinen.
Nachträge zu japanischer Dialectforschnng. 53-
( tj t^ y^ ^\ Letzteres Wort bezeichnet einen Gegenstand,
der bei der Trauer darg;ereicht wird.
^ ^ (ga-u-si) ist der Vorsteher eines Bezirkes. Auf
ähnliche Weise sagt man j|j£ "^ (djd -u-si) ,der Vorsteher
einer Lehensfeste'. Gegenwärtig ist das Wort |pj5 -^ (cja-ii-si)
,Kriegsniann des Bezirkes' üblich. Man hat aucli diu Aus-
sprache gb-zamurai.
Ka-vfuri ist die Lesung von ^ ,Mütze^ Man schreibt
auch ka - umi(ri (^'fj ^ J>^ )j j- Gegenwärtig wird das Wort
in Lesebüchern durch kan-furi { '}] 2/ ^ )j ) ausgedrückt.
In der gewöhnlichen gesprochenen Sprache sagt man kafuri
i'J]^ )j )• Sonst hndet sich noch kagafuri ( 'Jj ^ ^ )j ),
kanmnri (^'Jj 2/ J^ )) ), kam.uri {^"Jj J^ )j ^ und kabnri
Mau unterscheidet an den Mützen atsu-fitai ,die dicke
Stirn', foso-fitai ,die dünne Stirn^ naka-hitai ,die halbe Stirn',
sJiki-hitai ,die durchdringende Stirn'. Die äusserste Grenze
der Stirn (ßtai-giica) heisst ^^ (iso) ,Meerufer'. Ein dünnes
Stück Metall , welches schräg nach beiden Seiten hinausläuft
(joko-ni rib-fo-je ide-faru foso-gane), heisst ^ (tsuno) ,Horn'.
Katsi - ka - ufuri ist eine aus grobem Tuche verfertigte
Mütze, welche von den Knechten der Obrigkeiten getragen
wird. Katsi ist das Koje von |M , grobes Tuch'.
Ka-u-gai , Haarnadel' ist geschwinde Aussprache von
kami-kaki ,das Haupthaar kratzen'. Man glaubt, dass der an
das Schwert gefügte Gegenstand , den man ebenfalls ka-n-gai
, Haarnadel' nannte, dasselbe sei. In einem Buche heisst es:
mamovi - gatana-jori kh-gai nuki-te hin tsukuvoi-si ,aus dem
kleinen Schwerte die Haarnadel ziehend , ordnete er das
Schläfenhaar'. Ehemals band man das Haupthaar nach auf-
wärts und hielt es mit der Haarnadel fest. Wenn man den
Helm aufsetzte, verwirrte man das Haupthaar, wesshalb man
eine solche Haarnadel an das Schwert befestigte.
Ka-xi-nnsi ( >(/ ^ ^ Z> ) ist soviel als jjjf^ ^ kami-inisi
,Vorgesetzter der Göttci'. Gegenwärtig heissen so die Obrig-
keiten der Altäre.
Ka-u-rni {'jj p }V i ) ist HJ- ||i (kan-rm) , Arten
süsser Citronen'. Es hat dieselbe Bedeutung wie das in dem
04 Pfizmaier.
Gen-zi-mono-gatari vorkommende kh-zi-jh-no mono , Dinge von
der Art der süssen Citronen'.
Ka-u-sp.n (^ ^ i^ 2/) ist ^^ ^^ (ka-v-sen) ,wandelndes
Geld', das Ausleihen von Geld auf Zinsen.
Ka -u- sen ( "^ ^ iZ ^ ) ist ^ ^ (ka - u - sen) ,wohl-
riechender Absud', eine iSache, die statt des Thees gebraucht
wird.
Ka-u-hiitsu {tj t^ y ^) is^ soviel als ^ ^ (kan-
butsu) ,eine Sache sehen'.
1"* ^ ka-u-dzuke, der Name eines Reiches, ist die
Abkürzung von kami-tsuke-no.
Ka-u-no tono ( ^ ^ y' ]^ y' )■ -Die ältesten Obrigkeiten
von den vier Rangstufen heissen im Allgemeinen s5 (kanii)
, Haupt'. In bequemer Aussprache lautet dieses ka-u. Tono
ist ,Palast , Gebieter'. Das in dem Gen-zi enthaltene ka-u-no
kimi hat denselben Sinn.
Ka-ü-katsu-mono i'fj^ ^^"&y^) bedeutet die im
Besitze der Bonzen eines Klosters befindlichen Geräthschaften
(zm-mofsu). ^ ^ij (ka-n-katsu) soll den Sinn von ßki-watasu
,herüberziehen' haben.
Kaga (^ ^ "* ) hat den Sinn von |fej^ ,hellglänzend'. Davon
das Wort kagami , Spiegelt Es ist auch die Lesung von ^|j
, Gewinn'.
JfjP ^§ Ka-ga, der Name eines Reiches, hat in einem
Buche die Lesung joro-kobi-wo kuicafu ,die Freude zutheilen^
Man bringt dieses mit dem Umstände in Verbindung, dass
dieses Reich auf dem Rücken Berge trägt, sich dem Meere
zuwendet und an der Vorderseite ausgebreitet ist.
Ehemals hatten die Spiegel keinen Stiel (tsnka). Es
befand sich an der inneren Fläche derselben ein Henkel (totte).
Bei Masa- suke sieht man, dass auf dem Grunde des Spiegels
ein breites Band als Schnur befestigt war (kagami - moto fira-
gunii-no tco-iüo tsuke-iari). Es gab auch einen Gegenstand,
welcher kagami-makura , Spiegelpolster' genannt wurde.
Bi-idoro- kagami , Glasspiegel' sind holländische Spiegel.
Es wird angegeben, dass sie nicht rosten.
Von dem fünften Tage des fünften Monats sagt man das
Wort ^^ (kagami) , Spiegel'. Es ist die alte Sache der hundert
Nachträge zu japanischer Dialectforschung. 00
geläuterten Spiegel (momo-neri-kagami-no ko-zi). Desswegen
wird der Spiegel auch neri (^ ]) \ , Läuterung' genannt.
Kagami , Spiegel* ist der Name von drei verschiedenen
Schlingpflanzen. Eine derselben (^ ^^[) ^^* ^^ ^^^^ Wa-mei-
seo den Namen jamn - kagami , Bergspiegel'. Man sagt , dass
man in dem Zeiträume Kio - fo (1716 — 1736 n. Chr.) den
chinesischen Samen der ächten Pflanze erhalten habe. In dem
Ko-zi-ki wird kagami für kahane - gusa , Pflanze des Gerippes'
gelesen. In dem Wa-mei-seo findet sich ^ "^jy (sira-majej-no
kagami. Sonst sagt man allgemein kagami-gusa , Spiegelpflanze'.
Die Pflanze W^ ^ (kahane - gusa , kagami) wird im
gemeinen Leben auch kagarai y'Jj ^ ^ tl ) und kaga - imo
\ll ^ ^ ^) genannt.
In der Sammlung des späteren Auflesens des Hinter-
lassenen veranstalten die Menschen einen Wettstreit der
Pflanzen. Als man die Trichterwinde (asa-gawo) und die
Spiegelpflanze zusammenstellte , trug die Spiegelpflanze den
Sieg davon. Das bezügliche Gedicht sagt:
Bfl (ake)-gata-ica \ Jj]^ (fadzu)-kasi-ge-narn. \ SH (asa)-
gatvo-ivo | ^a (kagami)-gusa-ni-mo \ misete-keru kana.
,Vor der die Morgendämmerung | voll Beschämung ist, |
die Trichterwinde , | als Spiegelpflanze auch | hat man sie
gezeigt'.
Das Gedicht deutet an, dass beide Pflanzen als Schling-
pflanzen einander ähnlich sind.
^ V '^ji' ^ "Pl (ha-ha-sin-sen-fo) ist in Koje der Name
der Frucht der Spiegelpflanze. In Jomi sagt man tsimo-giri
(3y y 4* )J ). Man sagt auch ^ (kusa)-fan-ja ()\Zy ^).
Wenn man die im Schatten getrockneten Blätter der
Spiegelpflanze verbrennt, so vertreibt man dadurch den Geruch
des Mistes. Man benennt dieses mit ka-to-ri (~J] V •] )• Man
sagt, es sei ein in dem nahen Zeitalter gebrauchtes Wort der
Landwirthschaft.
Im gemeinen Leben nennt man die Spiegelpflanze auch
tsitsi-gusa , Milchpflanze'. Die Stengel und Blätter derselben
enthalten einen milchähnlichen weissen Saft. Der Genuss des-
selben stellt die Milch wieder her (küte tsi-siru-wo okonajeri).
Man sagt auch tonbo-no tsitsi , Milch der Libelle'.
56 Pfizmaier.
Es gibt eine Art Spie^elpflanze , welche über ein Jahr
nicht verdorrt. Sie hat dicke Blätter von dunkler Farbe.
Fito-wo kagami-to suru ,den Menschen zu einem Spiegel
machen' ist ein Ausdruck, der in der Uebersetzung- des
chinesischen Werkes Me - tse vorkommt. Es heisst daselbst :
Knn-si midzu-ico kagami-to sezu-süe fifo-wo kagami-to siini ,der
Weisheitsfreund macht nicht das Wasser zu einem Spieg-el, er
macht den Menschen zu einem Spiegel'.
Kaka-fa i'fj ^ )\\ bedeutet einen zerrissenen Seiden-
stoff, den man zu nichts brauchen kann (kinu-no jaburete
nani-ni su-hekxi-mo naki-wo iü). In dem Zi-no kagami hat
( rjl ~f" ^) ,zerrissener Seidenstoff' die Lesung jahure-kaka-fu
{'^ y^\y Jj ^ ^)- Wenn man dergleichen bei dem Ver-
fertigen von Strohschuhen hinzugibt, so werden diese dadurch
fest (sore-ra-wa wara-ntsu-ni kuicajete tsukuri-tare-ha fsujoki
nari). Man sagt kaka-fa-wara-utsu , Strohschuhe mit zerrisse-
nem Seidenstoff'-. In dem Man-jeo-siü findet sich kaka-fu
{ 'Jj "* ^j- ^^^ sagt, die Grille singt: ich werde den zer-
rissenen Seidenstoff, den man ausbessern lässt, auflesen (kiri-
giri-sn-ioa fsudzuri-sase-kaka-fa ßroivan-fo naku). Wenn man
sich die Füsse an etwas beim Auftreten eingeschnitten hat
(asi-nado-vjo mono-ni fumi-kiri-taru-ni-ioa), so dreht man die
Enden solcher übriggebliebenen Stücke (sa-i-de-no fasi) wie
einen Strick zusammen, hält sie an das Feuer und erwärmt mit
ihnen die Wunde. Man nennt dieses kaka -fa - hl ,Feuer des
zerrissenen Seidenstoffes'.
Den Erwerb mit der Nadel (^-j- ^ sin-mib) bezeichnet
man im gemeinen Leben durch das Wort kaka-a (~lj "* y ).
Es ist dasselbe wie kaka-fa.
Kakari in ije-no kakari ,Ringmauer des Hauses' hat den
Sinn von kaki. Die Rückkehr von ka ri ist ki. Denselben
Sinn hat es in kakari oder mam-no kakari , Ballhaus'.
Kakajn y~}] "* ZL) ist die Lesung von l'^ ,mit den
Armen umfassen'. Es hat auch den Sinn von ,sich anhängen,
sich anlegen'. In dem Makura-sö-zi heisst es: tnki-mono-no
ka imi-zikn kakaje-tarn ,der Geruch des Weihrauchs hat sich
sehr stark angelegt', aac-no ka kakaje-taru der Geruch des
Schweisses hat sich angelegt'.
Nachträge zu japanischer Dialectforscliung. 57
Kagafi ( 'Ij \^ ) hat den Sinn von kake-afu ,sich
aneinander hängen-. Man findet auch kagafii- kagafi. Es
bedeutet ein Fest, welches in den östlichen Reichen im Früh-
linge, wenn die Blumen erblühten und im Herbste, wenn die
Blätter gelb wurden, stattfand. Die Männer und Weiber trugen
Speisen und Getränke herbei und vergnügten sich. Nach der
Geschichte der Sitten des Reiches Fi-tatsi versammelten sich
an dem Tage des Opfers des Berges Tsuku-ba Männer und
Weiber, beschenkten sich mit japanischen Liedern und brachten
Heiraten zu Stande. Man nannte dieses kagafi. Uta-kaki
,Mauer der Lieder' ist dieselbe Sache. Es kommt in der
Geschichte der Sitten des Reiches Setsu vor.
Für kagasi , Vogelscheuche' sagt man auch |J[j ^ (jama-
da)-no sofodzn ( V TJt 3^*)- In dem Reiche Sina-no reicht
man in der Nacht der Abschnittstheilung (setsu -hun) die
Schelfe der Sardellenbohne (iwasi-mame-qara). Man nennt
dieses jats 11 -kagasi {~\ ^ 'Jj i^J- Es hat die Bedeutung
'Jt^ (jaki)-kagasi , verbrannte Vogelscheuche'. Man findet auch
den Namen ^ ^ (jaki-gnsi) ^Bratspiess'. Eine Ueberlieferung
sagt, dass die alten Dämonen sich fürchten, wenn man die
Sardellenschote (iioasi) brennt.
In dem Wa-mei-seo ist kakajakasu i'fj ^ ~V ^ X )
die Lesung von j^^ , schimmern'. Es ist soviel als kagnjaku.
Die Rückkehr von ka su ist kit.
Kaga-nakii. ist in dem Wa-mei-seo die Lesung von
( fl H- I^J , anschreien'. Das Man-jeo-siü sagt: tsuka-ha-ne-m \
kaga-naku loasi ,auf dem Gipfel des Tsuku-ba | der anschreiende
Adler'. Einen Menschen, der sich in der Welt gerne für arm
ausgibt (jo-ni kononde fin-ioo tsih-suru mono), nennt man kaga-
naku , anschreiend'. Es hat denselben Sinn und bezieht sich
auf eine Stelle in dem Buche Tschuang-tse's, wo es heisst:
,Ein Geier fand eine verfaulte Ratte. Er blickte zu dem
Göttervogel empor und schrie ihn an'. Die Erklärung sagt:
Er fürchtete, dass der Göttervogel ihm die Ratte entreisse.
— In der Schrift Taka-fasi's heisst es : Die Stimme des Meer-
adlers (misago) klingt kaga kugu [ 'Jj ^ ^ ^ }. Kaga-naku
bedeutete somit: Kaga , schreien'.
Kaka-nomii {^'fj "* y J^ ) , schlucken, mit Geräusch hin-
abschluckeu'. Kaka bezeichnet das Geräusch beim Trinken des
Sitzungsber. d. phil.-hist. Gl. XC. Bd. I. Hft. g
58 r f i z 111 n i e r.
Wassers. Im gemeinen Leben sagt man gaku - gaku - vomu
i^f ^ \ y ^)- •'^^^ findet auch ka-nomu {^'J] y 2^).
In einer ^Erklärung wird der Sinn von ^|J (kaga) ^Gewinn'
hineingelegt.
Kagamefe hat die Bedeutung ^ ^ (kagami narahe)-te
biegend in Reihen stellen'. Es ist soviel als: die Finger
biegen und zählen (jnbi-too kagamefe kazoru). ,^ Hjc tfll
,die Vögel zählen^ hat in dem Man-jeo-siü die Lesung tori
nabele. Es hat denselben Sinn. Es gibt auch eine Erklärung,
welche sagt, es sei ein für ka-ugajeru, eine Form von ^
(kangajeru) ^untersuchen^, gebrauchtes altes Wort.
Kaki-tatsuru hat die Bedeutung: kratzend aufstellen.
Kaki-tafe-gi. ist ein Holz zum Aufstören der Flamme einer
Lampe. Bei Masa-suki findet sich kaki-nge-gl. Man sagt kaki-
tatsuru , aufrühren' auch in Bezug auf schlammhältiges Wasser
(doro-midzu) .
Kaki - nagasv , schreibend in Fluss bringend In dem
Geschlechte Gen findet sich todokoioori-naku kaki-nagasi ,ohne
in's Stocken zu gerathen, fliessend fortschreiben^
Kaki ist in dem Nippon-ki die Lesung von ^ ,Volk'.
Man gibt dem Worte die Bedeutung kaki ,Zaun, Mauer'.
Kaki-no tarn! ,Volk der Mauer' ist in dem Nippon-ki die
Lesung von ^ [Jf] . Man sagt, kaki bedeute , Mauer' und
das Wort habe den Sinn der Lesung kaki-he , Abtheilung der
Mauer' für ^ ^ (min-hu) ,Abtheilung des Volkes'.
In dem Man-jeo-siü findet sich kaknsafn für kakusu
, verbergen'.
In dem Kami-jo-bumi hat ^ , begraben' die Lesung
kakusi-matsitni.
Kagura-ztizu ,Glöckchen der gottesdienstlichen Musik'
ist der Name einer, Pflianze. Es gibt auch einen Fisch Namens
kagura-uwo.
Kagwcasi (77^')^2>) hat in dem Man-jeo-siü die
Bedeutung »wohlriechend'. Gegenwärtig sagt man im gemeinen
Leben khhasi [^1 ^^ )t 2> )■
Kagu-no mi , in dem Nippon-ki durch ^ ||. , wohl-
riechende Frucht' ausgedrückt, ist das heutige Wort tatsi-bana
Nachträge zn japanischer Dialectforschung. 59
jPomoranze^ In dem Ko-zi-ki findet sich kagu-no ki-no mi
,di\e Frucht des wohhnechenden Baumes^
In dem Wa-mei-seo hat ^ ||. .gebundene Früchte* die
Lesung- kaku-no aica (f ^ ). Man sagt , das Wort bedeute
den eingekochten Saft der chinesischen Früchte (kara-kuda-
mono-no ahnra-mono) , wobei aioa für -J^j^ (awa) , Schaum'
gehalten wird. Es wird auch kakn- ,^ {nafa) geschrieben.
Die Laute fa und ica gehen in einander über. Nafa (naioa)
, Strick' wird dadurch erklärt, dass der Gegenstand von Gestalt
gleich einem Stricke gedreht sein soll (katatsi-no nedzireru
sama-wa naiva-to-mo iu-besi).
Kagu-jama, gewöhnlich durch ^ |X| ,der wohlriechende
Berg' ausgedrückt, heisst auch ame-no kaqu-jama ,der wohl-
riechende Berg des Himmels'. Zu diesem Berge stieg Fiko-fo-no
nini - gi - no mikoto von dem Himmel herab. Er liegt in dem
Reiche Jamato, Kreis Towo-tsi. Dieser Kagu-jama, der Une-
bi-jama und der Mimi-nari-jama erheben sich in der Mitte des
Reiches getrennt und stehen einander gegenüber. Sie sind
Berge für sich und haben keine Ausläufer. Der Kagu-jama
ist der niedrigste. In dem Man-jeö-siü ist zu sehen, dass
diese drei Berge ehemals einen Streit um die Gattin (tsuma-
arasoi) vorgaben. Der Une-bi und der Mimi-nari waren die
männlichen Berge, der Kagu-jama war der weibliche Berg,
und es fand eine wetteifernde Brautwerbung Statt. Wie man
jetzt sieht, erhielten zwei Berge eine mannhafte, der Berg
Kagu-jama eine weiberhafte Gestalt.
In dem Nippon-ki findet sich ^ ^W J^ (kaku-ka-no
fori) ,der Vogel des Kaku-ka'. In der Schrift Taka-fasi's heisst
es, die Stimme dieses Vogels klinge kn-cja kn-cfu ('fj ^ ^ "* ).
Es ist der Meeradler (misago).
Kage-no nasi ,er hat keinen Schatten' sagt man im gemeinen
Leben von einem mageren und schwachen Menschen. In der
Sammlung Fu-boku heisst es:
y (fi)-ni sojete | ^ (kakatsi)-zo kage-ni \ nari-ni kern \
jase - no J^ (sato) - naru \ imo - ico kofu tote.
,Zu der Sonne gesellt, | die Gestalt zum Schatten | gewor-
den ist, I die in der Magerkeit Dorfe | wohnende Schwester
weil er liebt.'
( !^ 4- ^ ) l'^t in dem Wa-mei-seo die Lesung ha-ge.
Das Wort ist soviel als J^ ^ (ha-ge) ,Hirsclihaar^ und
bezeiclinet die Farbe des Pferdes ff.® hat die Lesun»' sira-
ka-ge , weisses Hirschliaar', ^k ^® die Lesung aka-ka-ge
,rothes Hirsclihaar', ^|^ ( ^|!| -.- ■^ ) die Lesung kuro- ka-ge
, schwarzes Hirschhaar'. Ausserdem hat man die Unterschiede
ki-ka-qe , gelbes Hirsclihaar', fana-ka-ge , blumiges Hirschhaar',
ka-ge-fasi-ziro , Hirschhaar am Rande weiss', kona-gura-ka-ge
, mehldunkles Hirschhaar'^ madara-ka-ge , buntes Hirschhaar'.
Kage-tomo {')] ^ \^^) bedeutet die Südseite eines
Berges. Es ist soviel als kage-tsu ovio ,die Fläche des Schat-
tens'. Die Rückkehr von ts7i o ist to. In dem Foku-san-seö
, Aufzeichnungen der nördlichen Berge' hat aan-jb-db ,Weg
des Südens der Beige' (eine Zusammenstellung von acht
Reichen) die Lesung kage-tomo-no mitsi.
Für kagei'oß ( ~/j )^ C? tl ) j^i^e Lufterscheinung im
Frühlinge', sonst gewöhnlich ito-jufn ,die Fäden schweifen
herum' genannt, findet man auch kagirofi ( 'J] :^ ü tl )• ^^
hat die Bedeutung kageru ß , umschattete Sonne'. In der
Abwandlung sagt man kagerofi-fe.
Das in dem Ko-zi-ki vorkommende kagiroi-no { ')] 4^^
t7 1^ y' ) mofuru ije-rnura ,die brennende Häuserschaar der
umschatteten Sonne' bezeichnet den Feuerglanz der Häuser
der Menschen. Das in dem Man-jeo-siu vorkommende kagemfi-
wo i'tj^tl\!^y) mojiirn ara-no .das brennende wüste
Feld der umschatteten Sonne' bezeichnet das Feuer der
Leichenverbrennung (fbmiiri-no ß).
Kagerofu (')] ^ tl y^ ) ist ein seit dem mittleren Alter-
thura aus kagemji { ~fj ^ tH ^1 } , umschattete Sonne' um-
gewendetes Wort. Kagerofu - no mojnvu faru - »o ß ,der
brennende Frühlingstag der umscliatteten Sonne' ist der Feuer-
glanz der Frühlingszeit.
In dem Ausdrucke kvmo-ni kagerofti ,vun Wolken ver-
dunkelt sein" hat kagerofu den Sinn von kage-xurti , umschattet
sein'. Es ist mit kageru gleichbedeutend. Die Rückkehr von
ro fu ist ru.
Nachträge zu japanischer Dialectforschung. 61
Man sagt, ka-goto habe den Sinn von lari-goio , entlehntes
Wort^ Es wird in dem Sinne von kakotsu , vorschützen' und
in dem Sinne von sukosi ,g-e ring- fügig-' gebraucht.
Kakotsu^ durch g^ ausgedrückt, hat die Bedeutung Y# ^
( kari - koto) - SU ,ein entlehntes Wort vorbringen', d. i. etwas
vorschützen. Die Rückkehr von to sii ist tsn. Auf ähnliche
Weise wird nori-got.su für nori-gofo-sn , verkünden' gesagt. Das
Wort ist das gewöhnliche kakotsukeru, etwas zum Vorwand
nehmen.
Kakotsi - gmco ,ein vorschützendes Gesicht' findet sich in
einem Gedichte Sai-giö's. Es ist dasselbe, was durch kakotsuke-
gamasi-si ausgedrückt wird.
Kakotsi-jama ist der Name eines Berges des Reiches I-se.
Derselbe gehört zu Fara-mura in dem Kreise Suzu-ka und
war der Wohnsitz der Tochter des Kaisers Go-fana-zono.
Bei ^ (kasa) ,Hut' unterscheidet man kinu-gasa , Seiden-
hut', ä^ (i)-gasa oder ^ (augej-gasa ,Binsenhut', itsi-me-gasa
,Hut der Beschwörerinnen', si- ga-raki-gasa ,Hut von Si-ga-raki', '
tsuhone-gasa ,Hut des Frauengemachs', tsubomi-gasa ,Hut der
Blumenknospen', tsuhure-gasa , eingebrochener Hut', fiia-gasa
jflacher Hut', ta-gasa , Feldhut', sumi-gasa , Tintenhut'. In
späteren Zeiten kommen vor : nguisu - gasa , Nachtigallhut',
u-dzu-no mija-gasa ,Hut des Palastes von U-dzu", ko-da-gasa
,Hut des kleinen Feldes'. Ueblich waren ferner in dem Zeit-
räume Ten-wa (1681 — 1683 n. Chr.) ein Hut Namens tsudzura-
(jam ,Schlingpflanzeiihut', in dem Zeiträume Gen-roku (1688
bis 1703 n. Chr.; ein Hut Namens nuri-gasa .gefirnisster Hut'.
In dem Zeiträume Kuan-mon (1661 bis 1672 n. Chr.) gebrauchte
mau in Je-do einen Hut Namens j^ (wonna)-no "^^ ^ amane-
gasa , allgemeiner Hut der Frauen'.
In dem Wa-mei-seö findet sich bei dem Worte ( ^ + ^ )
, Sonnenschirm' die Erklärung ^ ^ (o-o-kasa) - to in ,es
bedeutet einen grossen Hut'. Gegenwärtig hat man die Namen
tai-kasa und tdte-gasa. In tat -kasa steht das Koje tai statt
des Jomi o-wo. Hinsichtlich tate-gasa , aufgestellter Hut, d. i.
Sonnenschirm' glaubt man, dass es so heisse, weil man den
Sonnenschirm auf den Boden stellen musste.
' Si-ga-raki liegt in dem Reiche Ömi, Kreis Kö-ka.
b2 Pfizmaier.
Mino-kasa , Regenmantel und Hut' wird auf mi-no kasa
jAussclilag- des Leibes' bezogen. In dem Wa-mei-seo findet
sich kasa -f Uta ^Deckel des Ausschlages, Schorf, kasa-dokoro
, Stelle des Ausschlag-cs'. In dem Zi-no kagami findet sich
kasa-fada ,mit Ausschlag- bedeckte Haut'. In der Schrift des
Rindeiopfers findet sich afumi-gasa , Ausschlag des Reiches
Afumi'.
Kazasi sind die auf das Haupt gesteckten Blumen. Zur
Zeit des grossen Kostens (ofon-matsuri-no toki) steckt der
Himmelssohn silberne Kirschblüthen {siro-kane-no sakura-hana)
auf das Haupt. Man liest in Gedichten : ivata-fsnmi-no kazasi-ni
saseru sira-taje-no nanii ,die der Meei'gott als aufgesteckte
Blumen aufsteckt, die wunderbar weissen Wellen'. Es bedeutet:
der Meergott steckt die Blumen der Wellen auf das Haupt
(icata-tsumi-no nami-no fana-ioo kazasu). In dem Man-jeo-siü
finden sich die Verse:
(|{ fjama) - tsumi - no \ matsurn mäsngi - to \ ^^ (farii)-
he-ni-wa \ ^ (fana) kazasi motsi \ ^^ (aki) kure-hn \ momidzi
kazaseri.
,Für den Berggott | als Zoll zum Opfer bringend, | in
der Frühlingszeit | Blumen aufgesteckt man trägt. | Wenn der
Herbst kommt, | rothe Blätter hat man aufgesteckt'.
Kazasu ,Blumen aufstecken' ist von kazasi abgeleitet.
Gegenwärtig sagt man auch bgi-tco kazasu ,den Fächer auf-
stecken'. Das Wort bezeichnet im Allgemeinen, dass man den
Schatten eines Gegenstandes sucht (mono-no kage-wo motomuru).
Mi-kazari ,die hohe Zierde', auf den Himmelssohn bezogen,
bedeutet das Haupthaar.
Kazari-wo orosu ,die Zierde fallen machen' bedeutet das
Scheeren des Haupthaares. Man sagt auch mi-kazari-wo orosu
und in Koje raku-sioku.
Kazame { ~)j ij"*^ ) ist in dem Wa-mei-seo die Lesung
von j^l^ ^Ij ,das Schwert umfassen'. Es ist der Name einer
grossen Krabbe mit Scheeren. Das Wort wird auch kazami
(t -t* ^ j; 9'^savii itt "t t) "ii'I i/"-^«'"i" itt ^^ i.)
geschrieben. Aus den dunklen Bemerkungen des Wa-kun-
siwori scheint hervorzugehen , dass kazami für kani -fasami
,Schcere der Krabbe' zu Iialten ist. Das Wa-mei-seo enthält
Nachträge zu japanischer Dialectforschung. 63
für das Zeichen f^ -f ^) die Lesung kani-no o-o-dzume
,die grosse Klaue der Krabbe^
Kazami ( ^ '^ ^ ) ist das verderbte Koje von »^ ^
,Hemd^ Man sagt sonst fada-gi und ctse-tori. Später hiess
kazami ein Kleidungsstück, welches die jungen Mädchen
noch über dem Ueberkleide trugen (inoa-gi-no iije-ni kiru mono).
Bei Sei Seo-na-gon heisst es: kazami nagaku siri-hiki-te ,das
Oberhemd lang nachschleppend'.
Kaza-vii ,den Wind beobachtend' ist eine Wetterfahne.
Kaza - mi - gasa , Pflanze der Wettei-fahne' heisst der
Pflaumenbaum der mittleren Dekade des zweiten Monates des
Jahres. Man sagt auch, kaza - mi - giisa sei der Weidenbaum.
Kaza-7ia-gtisa ist dasselbe.
Kaza-icori , windgebrochen' ist der Name einer schwarzen
Mütze (Je-ho-si). An der schwarzen Mütze unterscheidet man
7^ ^jfif (fidari-wori) , links gebrochen' und 'jb^f\ (migiri-wori)
, rechts gebrochen', ferner kata-maja , einseitige Augenbrauen'
und ato-maju , rückwärtige Augenbrauen'. Dass man heut-
zutage im gemeinen Leben die windgebrochene schwai'ze Mütze
(kaza -wori- je-ho-si) irrthümlich für die links und rechts
gebrochene (fidari-icori migiri - icori) ausgibt, wird als sehr
unrecht bezeichnet.
Kaza-woki ist in dem Nippon-ki die Lesung von ^ j^^
,das Herbeirufen des Windes'. Da man die Erklärung \^
(iiso-fuku) , pfeifen' findet , so hat es den Sinn: durch Pfeifen
den Wind herbeirufen (uso-fi(ki-te kaze-ioo maneki-josuru). Für
lüoki wird auch icogi geschrieben.
Kaza-datsi, durch ^ ')^ yj ausgedrückt, ist ein nach
der Vorschrift mit Edelsteinen verziertes Schwert, dessen man
sich bei der Festlichkeit des grossen Kostens (ofon-je) bediente.
Es steht statt kazari-datsi.
Kazari-uma bedeutet ein geschmücktes Pferd. Die Geräth-
schaften zum Schmücken der Pferde waren sehr zahlreich.
Unter ihnen befanden sich Bauchglöckchen (fara-zuzu) , von
welchen man glaubt, dass sie von den Glöckchen der Post-
pferde verschieden waren. Ein anderer Gegenstand ist kiisuri-
bukwo , Arzneisack', welcher Pferdearznei enthalten haben soll.
64 Pfizmaier.
Kazari-tjusi hat in dem Nippon-ki die Lesung ^ep. , Grille'.
Es ist ein an die Mütze befestigter Gegenstand und hat die
Bedeutung- ^ ^ (kazari-ciusi) , geschmückter Speiler^ In
den zusammenhängenden Gedichten des Sö-an-siü , Sammlung
der Strohhütten' heisst es :
Soiw Icura-i | takaki-ica tama-no ] kafuri-nite ,die Rang-
stufe I hoch, aus Edelsteinen | die Mütze es ist.'
Die Fortsetzung dieser Verse lautet: Ko-za-e-no semi-ja \
tsuju-ni naku-ran ,die Grille des Baumwipfels vielleicht | in
dem Thau wird sie singen'.
In Bezug hierauf hat , Grille' diese Bedeutung angenommen.
In dem Rei-i-ki findet sich nawa-semi-no kafuri , Mütze der
Seilgrillen'.
Kasasafji-no fasi ,Aelsterbrücke' wird in Gedichten häufig
in Verbindung mit truia-b'tta ^Webermädchen' gelesen. Am
siebenten Tage des siebenten Monats des Jahres bildet die
Aelster mit ihren Flügeln eine Brücke über den Himmelsfluss
und lässt das Webermädchen übersetzen. Man sagt, kasasagi-no
jori-fa-no fasi ,die Brücke der angelegten Flügel der Aelster',
kasasagi-no wataseru fasi ,die Brücke, auf welcher man die Aelster
übersetzen lässt', kasasagi-no tsikafuru fasi ,die Brücke, auf
welcher die Aelster schwört', kasasagi-no juki-ai-no fasi ,die
Brücke, auf welcher die Aelster begegnet'. Die Sache bezieht
sich auf eine Stelle des Buches Hoai-nan-tse. Tsuhasa-no fasi
,die Brücke der Flügel' bedeutet dasselbe.
Kasasagi-no fasi ,Aelsterbrücke' wird vergleichungsweise
von der kaiserlichen Brücke in dem Palaste gesagt.
Ferner ist kasasagi - no fasi ,Aelsterbrücke' ein verschie-
dener Name für aka-tsuki ,Tagesanbruch'. Die Aelster, welche
sowohl schwarz als weiss ist, bezeichnet Tag und Nacht. Die
Brücke , welche hinüberbringt , was nicht verkehrt , hat den
Sinn der Anregung des Yin und Yang.
Arten des Baumes kasi , Eiche' sind aka-gasi ,rothe Eiche',
sira-kasi , weisse Eiche', ubu-me-kasi , Eiche der Wöchnerinnen',
fato-gasi , Taubeneiche', ko-kasi , kleine Eiche', inu-gasi , Hunde-
eiche'. In dem Zi-no kagami hat j^ die Lesung midzu-kasi-no
ki ,der Baum der Wassereiche'. Ferner finden sich in dem
Ko-zi-ki die Namen ama - kasi , süsse Eiche', kuma-kasi
, Bäreneiche'.
Nacliträge zu japanischer Dialectfoischung. DO
Kaziki, ein Wort von unbekannter Ableitung, wird durch
( ^ H- ^ ) ausgedrückt und bezeichnet Sehneeschuhe. Man
sagt auch kan-ziki und gan-ziki. Gegenwärtig belegt man im
gemeinen Leben Schneeschuhe, welche aus Leder oder Häuten
(kaica) verfertigt sind, mit dem Namen gan-zeki (')f 2^ ^ ^).
Man sagt, es sei verderbte Aussprache statt kaziki. Li den
vier Reichen bedeutet gan-zeki einen Rechen (kuma-de).
In den Gebirgen von I-jo bedeutet kaziki, dass man
Bäume herabwirt't, sie zu Asche verbrennt und an der Stelle
Getreide sät (ki-wo ufsi-orosi-te Jaki-fe fai-to tii tana-tsu-mono-
ico magu). Es ist das, was man A^ p^ (fi-da) ,Feuerteld'
nennt.
Arten des Baumes kasiwa , Steineiche' sind mi-tsuna-gasiwa
, Steineiche der drei Seile', naga-me- gasiwa ^Steineiche des
langen Auges', naga-gasiwa , lange Steineiche', nara-no fa-gasiwa
, Steineiche mit Blättern der Ulme", f o - fo - gasiwa ,die grobe
Steineiche'. Aus judzuri-fa ,Baum der nachgiebigen Blätter'
hat man auch sake-no kasiioa , Steineiche des Weines' gemacht.
Zu derselben Gattung gehören, aber von Aussehen verschieden
sind: tama - gasiwa , Steineiche der Edelsteine', moto - gasiwa
jSteineiche des Stammes', ko - no te - gasiwa , Steineiche der
Kinderhand', tate-gasiwa , Steineiche der Schilder', awo-gasiwa
, grüne Steineiche', akara-gasiwa ,rothe Steineiche'.
In dem Nippon-ki hat ^ .Blatt' die Lesung kasiwa
, Steineiche'. Deshalb wird in dem Utsu-bo-mono-gatari, indem
man die Blätter der Fichte (matsu-no fa) meint, matsu-no
kasiioa , Steineichen der Fichte' gesagt.
Eine gewisse Farbe der Hühner, auch der Muscheln, wird
kasiwa , Steineiche' genannt, weil diese Farbe mit derjenigen
der gelben Blätter der Steineiche Aehnlichkeit hat.
Es gibt einen Pinsel Namens kasiwa -katatsi , Gestalt der
Steineiche'.
Kasiwa-gusa , Steineichenpflanze' heisst eine Pflanze, deren
Blätter von Gestalt denjenigen der Steineiche ähnlich sind.
Ahumi - gasira , Steigbügelkopf"', von der ungewöhnlichen
Gestalt eines Menschen gesagt, ist in dem Auflesen des Hinter-
lassenen von U-dzi zu sehen.
Kasira - datsu - hifo ,als Haupt auftretender Mensch' be-
zeichnet einen Häuptling der Barbaren.
66
Pt'i zm a i er.
Knshva-nagasi ,die Steineiche fortschwimmen lassen'. Bei
dem Opfer in dem Palaste des Windes in dem Reiche I-se lässt
man Steineichen der drei Seile (7ni-tiiuna-fjasiiva) fortschwimmen
und walirsa<Jt daraus Glück und Ung'lück.
Kasii sind die Weinhefen. In dem Zi-no kagami hat
^tt die Lesung- ama-kasio , süsse Weinhefen', fflÖ ' die Lesung
kafa-kasu , feste Weinhefen'. Es wird angegeben, es scheine,
dass man in I-se im gemeinen I^^eben tome ( }> j^ ) sagt.
Kazu-tori ,die Zahl nehmen' ist das Ende der Rechnung,
das Facit. Für ^ß , Rechnung' ündet sich die Lesung kazu.
Kaze-to tsuki ,Wind und Mond'. Ein Dichter wird kaze-
to tmkl-no ^ (s<ii) , Begabung des Windes und Mondes'
genannt. Man lindet auch kaze-to tsuki-to-no ariizi ,Wirth des
W^indes und Mondes'.
Katasi ( y(/ ^ ^1 ist in dem Ko-zi-ki die Lesung von
i^ y\ , Schmied'. Gegenwärtig sagt man kadzi. Die Rück-
kehr von ta si ist tsi.
Kata-hira ist die Lesung von ijj^ ,Vorhang'. Es hat den
Sinn von kata -fira ,zur Seite breit'. Ein Wort von ähnlicher
Bedeutung ist ßra-bari , breit ausgespannt'. In dem Ko-kon-
siü findet sich to-hari-no kata-hira ,der an der Thüre aus-
gespannte Vorhang^ Nach den Aufzeichnungen zu dem
Geschlechte Gen ist der Vorhang im Sommer von ungeläuterter
Seide (vsusi), im Winter von geläuterter Seide (neri). An den
Kisten der Kistenarzneien der wohlriechenden Säcke (kb-no-no
fako-gusuri-no fako) ist auch ein Gegenstand, welcher kata-hira
, Vorhang' heisst. Es ist in der Schrift Masa-suke's zu sehen.
Dass man ein Sommerkleid auch kata-hira nennt, ist
desswegen, weil man aus dem zu dem Vorhange (kata-hira)
verwendeten Stoffe ein Kleid verfertigte, was in den Erzählun-
gen vorkommt. Man trägt dieses Sommerkleid vom fünften
Tage des fünften Monates bis zum ersten Tage des achten
Monates des Jahi*es. Man findet auch das Wort kata-hira-nuno
,Tuch des Sommerkleides'. O-o- kata-hira ,grosses Sommer-
kleid' ist ein aus Flor oder Tuch verfertigtes Staatskleid'.
^^ (täte) -kata-hira , Vorhang des Eintrages der Webe'
bedeutet eine sehr unbegründete Sache (ito iware-naki kotoj.
' In diesem Zeichen ist statt ^^Ä das Classenzeichen yj^ zu setzen.
I
Nachtrüge zu japanischer Dialectforschung. 67
Kafa-nnku sika ,der Hirsch mit ausgerissener Schultert
In dem Ko-zi-ki ist zu sehen, dass man in dem Götter-Zeit-
alter das Schulterbein des Hirsches ausriss und auf diese
Weise wahrsag-te.
Kata-kasiki-no iß ist zur Hälfte gekochter Reis.
Katsi-jori-juku ist die Lesung von ^ ^^ ,z\\ Fusse
gehend Gegenwärtig sagt man katsi-fadasi. Ein Fussgänger
heisst katsi-datsi.
Katui, auf Kleider bezogen, ist das Koje von ^Mi , grobes
Tuch^
Das Viele einer Sache (mono-no o-oki kata) wird durch
katsi (Wurzel von ^& kafsn) , übertreffen^ ausgedrückt. In
dem Wa-mei-seo hat ^ i^ , viele Herzen, viele Gedanken^
die Lesung naka-ko-gatsi.
Katsi, auf die Farbe gefärbter Stoffe (some-iro) bezogen,
wird in dem Setsu-j6-siü durch ^ j^ , veilchenblauer Grund*^
ausgedrückt. Es bezeichnet ein indigoblau gefärbtes Tuch
(ai-some-no, nuno). Es Hess sich ersehen, dass die Lesung eine
gezwungene ist. Da man bei Beglückwünschungen von dieser
Farbe Gebrauch macht, hat das Wort den Sinn von katsu
,übertreffen'. Gegenwärtig sagt man katsin { 'Jj ^ Z^ )■ In
einem Werke heisst es: Wenn ein grosser Anführer aus dem
Lager tritt, bedient er sich eines Zügels von übertreffender
Farbe. Die übertreffende Farbe (katsu iro) ist die schwarze
Farbe.
In der Sprache der Frauen des kaiserlichen Palastes wird
der Kuchen (motsi) mit dem Namen katsin {')] ^ Z^ ) benannt.
In einem Werke wird gesagt, es sei desshalb, weil Frauen,
welche mit Mützen von der Farbe katsin bedeckt sind , ihn
bringen. Einige sagen, das Wort stamme von dem Kuchen
des Sieges des Himmelsgottes des fünften Viertels ((jo-deo ten-
zin-no katsi-no motsi) und habe den Sinn von ^ ^a (ka-tsin)
,Nied erhalten des Hausest
In dem Rei-I-ki hat |fö die Lesung kadzi-suru , schmieden'.
Kadzi , Schmied', aus katasi zusammengezogen, ist rich-
tiger Weise die Lesung von |^ J'p' , hämmern und Metall
giessen'. In Japan wird es jetzt wegen Aehnlichkeit der
Zeichen als' das Koje von ^P^ yj^ (ka-dzi) betrachtet imd
68 Pfizmuier.
allgemein mit diesen Zeichen geschrieben. Der Irrthum ist
bereits verjährt. Das Koje von |g '^^ ist tan-ja.
Kadzi-kara ist der Griff des Steuerruders. Man findet
auch kadzi-basira.
Kadzi-no fa , Flügel des Steuerruders' heisst gegenwärtig
M tt (ß^-^f<^0 ,Flügelbrett'. In dem Mei-rikko hat :f'g ^
jSchlagbuura des Steuerruders' die Lesung kadzi-icaki-äa , tren-
nendes Brett des Steuerruders'. Es ist derselbe Gegenstand.
Ije-taka ' bringt in den Versen to-ioataru fune-no kadzi-no fa
,die Flügel des Steuerruders des Schiffes, auf dem man über-
schifft' das Wort kadzi-no fa ,die Flügel des Steuerruders' in
Beziehung zu J^ ^ (kadzi-no fa) ,Blätter des Papierbaumes'.
Desswegen bezeichnet man gegenwärtig Bretter, welche man
ein wenig zusammenlegt (sukosi-fagi-tsidceru ita) mit dem
Namen ^ ^ (icaka-faj Junge Blätter'.
Kado ist in dem Nippon-ki die Lesung von yj" , Begabung'.
Man ^agt, fito-ni kndo aru ,ein Mensch hat Begabung-, kado-
no naki , keine Begabung'.
Kadofu {-}] Yy) h'^t den Sinn von ^ ^1 ;^'erleiten'.
Gegenwärtig sagt man fito-ico kadowakasu , einen Menschen
verleiten. Ein Sprichwort des Ostens sagt: Kami-tmke-no-
uma kadofi ,die Verleitung des Pferdes von Ködzuke'.
Kado-matsu ,die Fichte des Thores'. Im ersten Monate
des Jahres stellt man vor jedem Thore Fichten und Bambus
auf und betet. Man nennt dieses kado-matsu , Fichte des
Thores'. In dem Tsure-dzure-gusa heisst es: o - o - mitsi - ni
raatsu fate-watasi ,auf dem grossen Wege brachte man Fichten
zum Aufstellen herüber'.
Kana { 'Jj ^ ) ^^^ ^^^ Lesung von (^ -f ^) , Hobel'.
Das Man-jeo-siu sagt auch ma-gana. Gegenwärtig sagt man
kanna (^2/^)- ( ^ + "fe ) ist ein irriges Zeichen für
Ig , Hobel'. Man sagt, das jetzt übliche tsuki-gana sei das-
selbe Wort. Indessen wurde tsukl-ganna auch für den Namen
einer Waffe im Sinne von , Bohrer' oder .kurze Lanze' gebraucht.
Man unterscheidet jari-gana , Lanzenhobel' und saivo-ganna
^ IJ^ Ije-taka ist der Herausgeber des Werkes sin-ko-kon-siü ,neue
.Sammlung von Gedichten des Alterthums und der Gegenwart'.
Nachträge zu japanischer Dialectforschiins. o\)
,Stang'enhobeH. In dem Reiche Satsu-ma hat der Hobel zwei
Flügel, ebenso in China. Mizo-ganna , Hobel des Wasser-
grabens' ist der den Draht erhebende Hobel. Man verzeichnet
ferner 'h (maru) - ganna , runder Hobel' und kuri-ganna , aus-
höhlender Hobel*.
Kana-fe ( ~/j -j--^] ist in dem Wa-mei-seo die Lesung-
von ^^ , Kessel ohne Füsse'. Das Wort hat den Sinn von
kana-fe , eisernes Gefäss*. Man sagt auch 'i^ (maru) -kana-fe
, runder Kessel'. Die Lesung von ^k ist Ju- gana-fe ( ji 'ff
-j->^\) , Kessel für siedendes Wasser. \^J hat die Lesung
asi-gana-fe , Kessel mit Füssen'. In dem Nippon-ki liest man
es kana-fe.
Kanuisi f ^ 7^ =^ ) ist in dem Nippon-ki die Lesung
von |fö , Schmied'. Es ist die Zusammenziehung von kane-
utsi , Eisen schlagend'. Die Menschen geben jetzt einem ein-
äugigen Menschen den Namen kanutsi. Man sagt, es sei dess-
wegen, weil der göttliche Ahnherr der vSchmiede den Namen
ame-no vie-fito-isu-no mikoto ,der einäugige Geehrte des Himmels'
führte. Indessen sagen Andere, da für einäugig auch das
Wort gan-tsi {'Jf ^ ^ ) gebraucht wird, so sei kanutsi das
(verderbte ) Koje |^ — > (gan - itsi) , einäugig'. In Omi sagt
man kan -da { 'fj Z/ ^ )• Man gibt an , das Wort stamme
von dem glänzenden Gotte von jjjdj ^ Kan-da.
Das Wa- kun - siwori sagt: In Europa gibt es ein Reich
der Einäugigen. Man sagt, dasselbe habe vor Kurzem einen
Angriff auf Je-zo gemacht. Man erzählt, iu früheren Jahren
sei ein Mensch aus Ki-itapp' auf Je-zo mehrere hundert Ri
weit auf dem Wasser fortgetrieben worden und sei zu einer
Insel gelangt. Alle Bewuhner dieser Insel, Männer und Weiber,
seien einäugig gewesen. Dieselbe liegt nördlich von Ki-itapp. ^
Kane ,Winkelmass' ist die Abkürzung von sasi - gane.
Das Wort hat den Sinn von kane , Eisen', weil es aus Eisen
verfertigt wird.
' Auf der japanischen Karte von Je-zo fand sich zwei sehr kleinen Inseln
gegenüber in Katakanaschrift der Name zip. ^ -^ ^7 (^^ * ^^ f'O- 1°
dem Wa-kun-siwori steht :il ^ ^ ^ ~7 (ki i ta tmi fu). Ersteres
ist wohl ohne Zweifel ki-itap, letzteres ki-itapp auszusprechen.
■^ Also auf russischem Gebiete, welches hier zu Europa gezählt wird.
70 Pfizmaier.
Kane hat ebenfalls den Sinn von Teuro -gane ,Eisen' in
dem Ausdrucke ^ (kane)-ni. Es heisst: asi-kaga viata-ta-ro
u-dzi-gaica-no sen-dzin-no toki-ni kane-ni tvatasi-te ajamatsi-su
,zur Zeit, als Asi-kag-a Mata-ta-ro an dem Flusse von U-dzi
das Vordertreffen bildete, irrte er sich beim geraden Ueber-
setzen'. Das Wort ist soviel als ma- ifsi-mo-zi ,das wahre
Schriftzeichen Eins^ d. i. die gerade Richtung. Man sagt
heutzutage noch ma-gane.
Uma-no kane ,Eisen des Pferdes' hat die Bedeutung fp
(in) , Siegelt
Fa-guro-no kane ist das Eisenwasser zum Schwärzen der
Zähne. Es ist das in dem Fei -ke- mono -gatari vorkommende
kane-guro , Eisenschwarz'. Man sagt auch kane-tsuke.
Kane-ufsti ,d\e Glocke schlagen' bedeutet im gemeinen
Leben : in Folge eines Schwures etwas nicht wieder thun
(tsikai-te futa-tahi sezaru koto). Es wird geglaubt, dass das
Koje ^ ifj (kin - tsija - u) dasselbe bedeuten könne. Man
findet: Wenn die Menschen der Geschlechter der Altäre sich
in ihr Land zurückziehen und entschlossen sind, nicht wieder
zu kommen, schlagen sie eine Glocke und schwören.
Arten von Dachziegeln (^/i;aiüa?'a^ sind: wo-gawara ,männ-
licher Dachziegel', me-gmoara , weiblicher Dachziegel'. Die-
selben heissen so, je nachdem sie mit dem Körper nach unten
oder nach oben gekehrt sind. Ferner unterscheidet man ahumi-
gaioara , Dachziegel' des Steigbügels', tsutsumi - gawara , Dach-
ziegel des Dammes', siki - gawara ,gebreiter Dachziegel', oni-
gawara , Dachziegel der Dämonen'. Letztere heissen auch
slja-tsi-foko.
Dass vierfüssige Thiere (kedn-mono) mit kawara ( 'Jj )^ y )
bezeichnet werden, ist in dem Sen-siü-seo zu sehen. Man
glaubt, es könne die Bedeutung kawa-ra , Häute' haben.
Für kaim-jn , Abtritt' sagt man im gemeinen Leben auch
kafu-ja, kh-ja {tl ^ "^ )• ^^ i^* ^^^ Lautumwendung von
kawa-ja ,Flusshaus'. Die Erklärung, dass das Flusshaus des
Berges Kö-ja in dem Reiche Ki-i nach der alten Einrichtung
gewesen und daher kh-ja das Koje von ^ ^ sei, wird als
irrig bezeichnet.
Kawa-dafsi ( ;// )\ -^ ^ ) nennt man im gemeinen Leben
einen guten Taucher oder Schwimmer (joku .mi -ren-si- taru
Nachträgre zu japanischer Dialectforschung. 71
mono). Es hat die Bedeutung kaicn-datsi ,in dem Flusse sich
erhebend^ Auf ähnliche Weise sagt man jama-dafsi ,auf dem
Berge sich erhebend', d. i. ein Räuber. Ein Sprichwort lautet:
kaica-datsi-ica kawa-de fateni ,der Taucher nimmt durch den
Fluss ein Ende^ Man vergleicht es mit den Worten Hoai-
man-tse's: Der gute Schwimmer ertrinkt, der gute Reiter fällt
zu Boden.
Für kafi-ko , kai-ko , Seidenraupe' liest man in Gedichten
auch kafu-ko {~}] ^ Z] )•
ö" ^Ij (sia-ri) ist eine todte oder weisse Seidenraupe
Bei der Seidenraupenzucht kommen Mäuse hinzu und
richten Schaden an. In dem Reiche Tadzi-ma, Kreis Ja-fu,
befindet sich ein göttlicher Altar. Man sagt, wenn man zu
diesem Altare geht, kleine Steine erbittet, sie heimbringt und
auf einem Gestell aufschichtet (tana-ni age-oke-ha), so kommen
die Mäuse nicht hinzu.
K<i-hi-ja wird durch j^ »f^ ^ ,Haus des Hirschfeuers'
ausgedrückt. In dem Man-jeo-siü heisst es: ka-hi-ja-ga sita-
ni I naku kawadzn , unter dem Hause des Hirschfeuers | die
Frösche schreien'. Um die Hirsche der Gebirgsdörfer zu ver-
treiben, baut man ein nothdürftiges Haus, schützt es vor dem
Regen und macht daselbst einen Rauch von übelriechenden
Dingen. Man sagt, dass man gegenwärtig noch ein kleines
Haus baut und in dasselbe eine augezündete Lampe stellt.
In der Gegend von Kuma-no in dem Reiche Ki-i bezeichnet
man heutzutage ein solches Haus mit dem Namen ka-fi i'^jV).
In einer Erklärung heisst es : In dem Reiche Sina - no
hat man bei den Ackersleuten überall eine Sache, welche
ka-he- j^ (ja) genannt wird. Es ist ein mit Stroh gedecktes
halbes Dach (kata -jane - nlte toara-huki). Man häuft daselbst
Rettige und Rüben auf. Man sagt, dieses Wort (ka-he-ja) sei
Lautumwendung und verderbte Aussprache von ka-hi-ja.
Kahu {~}j ^^ ) ist in dem Nippon - ki die Lesung von
^ , Haupt'. In dem Ko-zi-ki liest man kabu-tsuku ma-fi ,mit
dem Haupte anstossend, der wahre Tag'.
Für kabu , Baumstumpf sagt man auch kiii-kahu , abge-
schnittener Baumstumpf. Im gemeinen Leben sagt man kabu-ta
is Pfiz maipr.
( ~Jj ^^ ^\ Es hat die Bedeutung kohti-fatsr , Aufstehen des
Bauinstunn)fes^ In dem Reiche (in Musasi) sag^t man auch
jori-kahiitsi { 3 ^) ')] y^W" )• ^'^ ^^"^ Kami-jo-bumi hat
^ ^^ , Baumstumpf • die Lesung ko-no moto , Stamm des
Baumes'. Es ist dasselbe, was bei Naka-tomi durch ko-no
tatsi ausgedrückt wird.
Kahn, im Sinne von , Gilde'' auf Häuser und Menschen
bezogen , wird von kabu , Baumstumpf ' abgeleitet. Dass es
das Koje ^' -^ (ka-hu) ,auf dem Rücken tragen' sein solle,
wird für unbegreiflich gehalten.
Kafidsi { ')] ^ ^ ) ist die Lesung von j^pj ^ (kafa-
utsi), dem Namen eines Reiches. Die Rückkehr von fa u ist
fu. Das Reich hiess ursprünglich /t> J^rJ ^ (ofosi-knfn-
utsi) , innerhalb des grossen Flusses' und erhielt diesen Namen,
weil der grosse Fluss (Jodo-gawa) sich in dessen Nordwesten
befindet. Es heisst, der Name stamme aus der Zeit, in welcher
die kaiserliche Hauptstadt, Nara genannt, sich in .Tamato
befand. Gegenwärtig sagt man kawatsi C 'Jj )^ =^ )•
In dem Man-jeo-siü heisst kafidsi ein von einem Flusse
umflossener Ort (kawa-no juki-megureru tokoro). Es wird
gegenwärtig noch bei Namen von Dörfern gebraucht. Taki-tsn
kafufsi ist Jo-si-no in Jamato.
Kahuro (~)j ^^ tl ) bezeichnet Kinder, deren Haupthaar
in der Schläfeugegend abgeschnitten ist. In dem Wa-mei-seö
ist es die Lesung von ^^ ,kahl'.
Statt flp (kasira) , Haupt' wird bei Namen von Bergen
bisweilen ^ .Knabe oder kleines Mädchen' mit der Lesung
kahuro gesetzt. Es deutet auf Knaben , welche noch keine
Mütze tragen.
Zu den Zeiten des Reichsgehilfen Taira-no kijo-nori gab
es dreihundert Kahle ( ^ kalmro). Dieselben waien gleich
Kriegern zu Fusse (asi- gariij. Man findet, dass auch Mina-
moto-no Josi-tsune nach dem Untergänge des Hauses Taira deren
in seine Dienste nahm.
Kahuro, durch "T Ä , Haarbüschel' ausgedrückt, hat heut-
zutage die Bedeutung vkare-me , herumschweifendes Mädchen'.
Die Ableitung ist dieselbe.
Nachträge zn japanischei Dialectforscliung. 73
Kahu-dzufsi, in dem Nippon-ki durch fl^ Jl^^ ausgedrückt,
ist der Name eines Schwertes. Man h'est in Gedichten auch kabu-
dzutsu-i ( -)] yy" ^ ^ ) und isi-dzutsv-i ( -^ Z/ y^ ^ -f ).
Das Wort hat die Bedeutung- , Kopfhammer'. Auch tsutsu-i ist
so viel als tsutsi , Hammer', hi-dzutsu-i hat die Bedeutung
^steinerner Hammer^ Gegenwärtig hatte man in dem Reiche
Jamato, in der Gegend des Berges der drei Räder (mi-toa-no
jama) steinerne Schwerter gleich den Kopfhämmern von Zeit
zu Zeit aus der Erde gegraben. Als man sie betrachtete, hatten
sie selbst Höhlungen, welche den Thau verbargen (tsuju-ioo
kakuru ana). Es waren Geräthe von sehr alter Zierlichkeit.
Man sagt kaferu, kajeru {^'J] '-'^Jly) , Frosch' sei von ^
(kajeru) ,zurückkehren' abzuleiten. Derselbe sei ein Thier,
welches, obgleich in der Ferne ausgesetzt, voll Liebe immer
wieder zu seinem früheren Orte zurückkehrt (faruka-ni siitaru-
to ije-domo mata fon-sio-ni sitote kajeru). Man gebraucht zu
dieser Erklärung die Zeichen ^ (faruka) ,fern' und ^ (sitafu)
, lieben'. Die Zeichen t^g ^ , Frosch' hätten daher die Bedeutung
^ ,fern' und ^ , lieben'. In dem Zi-no kagami findet sicii
kaßru, kairii ( >(/ j^ )\y)^ von Neueren auch ka-iru ('Jj -^ )\y^
geschrieben. In der Sprache der Holländer sagt man kiki-foru-
su (kikvorsch). Kuso-gajeru ,Kothfrosch' ist ein gewisser kleiner
Frosch (^ -^).
Die Farbe des Frosches ist je nach seinem Wohnorte
verschieden. Derjenige, der sich in Gräsern aufhält, ist von
Farbe grün. Er heisst ama-gajeru , Regenfrosch'. Derjenige, der
sich in gelber Erde aufhält, sieht von Farbe gelb aus. Er
heisst nka-gajeni ,rother Frosch'. Derjenige, der sich in ver-
faulten hohlen Bäumen und neben Häusern aufhält, bekommt
schwarze Punkte und hat Aehnlichkeit mit verfaulten Baum-
stümpfen. Er heisst tsutsi-gajeru ,Erdfrosch'. Kaj>iru-ko sind
die Froschwürmer.
In der Musik Saibara findet sich tsiknranaki kajeru ,der
kraftlose Frosch'. Er wird gewöhnlich von der Schlange ver-
zehrt. Es gibt ferner einen anderen Frosch, welcher Schlangen
verzehrt. Es wurde von Ackersleuten gesehen. Ferner gibt es
einen dreifüssigen Frosch, welcher zu Zeiten in Älusasi vor-
kommt. Als man in dem Reiche Ka-ga einen grossen Stein des
Sitzungsber. d. phil.-hist. Cl. XC. Bd. I. Hft. 6
74 Pf i 7.111 aior.
Feldes zerspaltete, fand man in ihm Anhäufung von Wasser und
einen Frosch. Dieser war gleich einem gewöhnlichen Frosche. Es
gibt einen Frosch, welcher inni-lcajeru ,Meerfrosch^ heisst.
In dem Nippon-ki hat ^ ^ ,nicht mögen' die Lesung
gafezu ( 'tf^^ y^ )• ^^ hat die Bedeutung von kokoro-ni nke-
gmcanu ,im Herzen nicht einverstanden sein'. Von -^ , mögen'
findet sich die Lesung kafenzu ( ^J »-^ 3/ ^ ). Man erklärt
es durch ka-nari ,es darf sein'. Die Angabe, dass das T6-on
(Aussprache der Thang) von -^ , mögen' einst kajen ( >(/ X >' )
gewesen und man wohl mit verderbter Aussprache daraus eine
japanische Lesung gemacht habe, wird als durchaus irrig be-
zeichnet.
^ (kama) , Binse' wird im gemeinen Leben mit trübem
Laute gama ausgesprochen.
Kamatsi {'}] ^ ^ ) ^^^^ ^^^ ^^^ Wagen umschliessenden
Hölzer, auch das schräge Holz an dem Haupte des Bettes. Man
sagt toko-gamatsi , Betteinfassung', agari-gamatsi , aufsteigende
Einfassung'. In der Uebersetzung der Ueberlieferungen des
Geschlechtes Tso ist kamatsi die Lesung von 4^ , Wange'.
Beständig den Kopf schlagen (tsnne-ni kasira-ioo ntsuj nennt
man kamatsi-faru ,die Einfassung spannen'. Gegenwärtig sagt
man foico-gamatsi , Einfassung der Wange'.
Kama-ke ist ein Kästchen aus Binsen. Gegenwärtig ver-
fertigt man es aus Stroh. In den westlichen Reichen sagt man
kama-ki ("Jj '^ :^ \
Kama-ke { ^J ^ ^) findet sich als Lesung von ^ , an-
geregt sein'. Dass man heutzutage im gemeinen Leben ,an eine
Sache gehängt sein' koto-ni utsi-kakari-ioiru durch kamakete
iru ('J] ^ }^ -^ ^ ]\y ) ausdrückt, soll nahezu denselben Sinn
haben.
In De-wa wird für kimo-wo tsuhasu , heftig erschrocken
sein' das Wort kamakeru {')] ^ ^ )ly ) gesagt. In dem in
dem Man-jeo-siü vorkommenden kamakeri { 'fj ^ ^ )) ) wird
der Sinn von kama-hisnsi , lärmend' vermuthet. Der Vers atori
kamakeri würde dann bedeuten : die Jägervögel ' lärmen.
' Dieser Vogel fliegt in Seliareu und erfüllt die Berge und Wälder gleich
Reihen vou Kriegsleuten. Daher sein Name. Er heisst auch der Sperling
von Hu.
Nachträge zu japanischer Dialectforschung. 75
Kama-sn ist ein Kästchen aus Binsen. Es hat den Sinn
von kama-su .Binsenmatte'^ und so viel als kama-ke. Man sagt
auch ktigutsu ( ^ ^ ^ ).
Kama-su als Name eines Fisches ist der Fisch des Weber-
schiffes (^ ;||). der Hecht. Derselbe heisst so, weil er mit
einem Weberschiöe ( 1^ fi) Aehnlichkeit hat.
Kama-sn-go ( 77 ^ X ^) bedeutet die Sprossen der
Pflanzen ( ^ naje). In Fari-ma und I-se sagt man i-kana-go
{ ^ tl ~}~ ^ )• Indem man an dem Meerufer Hütten baut und
Kessel in Reihen stellt, siedet man diese Sprossen und gewinnt
daraus ein Oel. Man verzehrt auch den Bodensatz (kasu).
Man vermuthet daher, dass kama-su die Abkürzung von kama-
kasu , Bodensatz des Kessels' sei.
In dem Zi-no kagami ist kamafu i'J] ~? y^ } die Lesung
von ( ^ -|- ^ ) ?clie Stimme des Hundes'. Ferner ist es
die Lesung von ^^ ,den Mund öffnen und die Zähne zeigen'.
Es heisst saru-no kamafu ,der Affe zeigt die Zähne'. Man
vergleicht es mit kamti ,beissen'. Die Rückkehr von ma-fu ist m.u.
Kama-hoko bedeutet die Binsenblüthe. Es hat den Sinn
von kama-hoko , Binsenlanze'.
Kama-hoko , Fischkuchen' erhielt diesen Namen, weil er
von Gestalt den Binsenblüthen (kama-hoko) ähnlich ist.
Kama-kaze heisst ein Wind, der die Gegenden von Mutsu,
Sina-no und Jetsi-go gleich einem Wirbelwinde durchstreicht
und die Menschen verletzt. Man nennt ihn daher ^ Jä^ (kama-
kaze) , Sichelwind'. Derselbe weht zur Zeit der strengen Kälte
und ist ein Wind des verborgenen Giftes.
Kamu - tsumari {^'Jj J^ ^ ^ ]) ) bedeutet : die Götter
häufen sich an oder bleiben zurück. Tsumari ist so viel als
tsumoru ,sich anhäufen'. Man findet auch kan-tsumari ( ^J 2/
^ ^ \) ). Noch wird erklärt, dass das Wort mit atsumari
,sich versammeln' zusammengesetzt sein könne, wobei a aus-
gelassen worden. In einem Gebete hat )j|j||j ^ ,die Götter
versammeln sich' die Lesung kan-tsudoje {'J] 2/ ^ l^-^ ). In
dem Man-jeö-siü liest man dafür kan-atsume (')] Z^ T ^ y( ).
In einem Gebete ist kamu-tsumari die Lesung von jp||j ■^ ,die
Götter bleiben zurück'. Es wird bemerkt, dass nicht kamu-
todomari gelesen werden dürfe.
6*
{() Pfizmaicr.
Von Gattungen des Papieres (Icami) werden in dem Zi-no
kao-ami erwähnt: iro-gnmi ,farbig-es Papier', majumi-gami , Papier
vom Spindelbaum', kndzi-gami , Papier vom Papierbaum', ije-gami
,I-Iauspapier', kmoa-goke-kami ,Papier von Fhissmoos', fi-fakv-
gami /lünnes Papier'. Asa-gami , Hanfpapier' kommt unter den
Gegenständen des Kreises Asa-no vor.
Man findet hin und wieder, dass das japanische Papiei-
in fremden Ländern gerühmt wird. Zu den Zeiten des Kaisers
Hiuen-tsung von Thang sammelte man viele Bücher und schrieb
auf japanisches Papier, was in den vermischten Verzeichnissen
des Fichtenfensters zu sehen ist.
Kami ,Gott' wird im Anfange der Lautverbindungen häufig
kan (']] 2/ ) gelesen.
Kami ist in alten Werken häufig die Lesung von ^1*
,Donner'. Gegenwärtig sagt man kami-nari.
Sake-iüO kan-siirn ist so viel als sake-wo ntafamu ,den Wein
wärmen'. Es ist mit kamo-siirn. ( >(/ -^ y^ )\^ ) ,Wein kochen'
gleichbedeutend. Einige bedienen sich des Zeichens M (kan).
Kan (')] 2/ ), bei Rechnungen gebraucht, ist das Zeichen
^ (ka.n) , Abgang'. Man findet die Ausdrücke ^' -^ (ian-
kan) jkurzer Abgang' und :j^J ^ (sekkan) , gebrochener Abgang'.
Kan-no fstijoki _,stark im Anlauf wird von Pferden gesagt.
Kan ( 'Jj 2y ) ist das Koje von TM -\- ^J ,der Anlauf des
Pferdes'.
Kan \^J ^)i von der Stimme gesagt, ist das umge-
wendete Koje von ffl (kafn), dem ersten der zehn cyclischen
Zeichen.
Kanna ( ~lj 2^ 'j~ ) ist ka - na. ,geborgte Schriftzeichen'.
Es findet sich in dem Geschlechte Gen.
Für kannagi , Beschwörer' sagt man auch kafnnagi ( >(/ y^
~y- r^* ) und mi-ko, ferner agata-mi-ko , Bezirksbeschwörer', sato-
mi-ko , Dorfbeschwörer' und aruki-nü-ko , wandernder Beschwörer'.
Me-kannagi ist eine Beschwörerin. In dem Jen-gi-siki werden
Beschwörer erwähnt, welche 7vi-gn, snri-no mi-ko , Beschwörer
der Reibung des Sitzes' heissen.
In den Worten der Gebete hat /^ ,Beschwörer'^ die Lesung
kan-ko [')] 2/ ZI )■ Das Wort hat den Sinn von kami-ko
, Göttersohn',
^
Nachträge zu japanischer Dialectforschung. l t
Kandaisi ( '}] .V ^^ ) ist in dem Wa-mei-seo die Lesung
von g ,Sauerteig'. Gegenwärtig- sagt mem kafiidzi i^-J] y ^)
und kozi ( '/j t^ ij/ )■ Es ist die Abkürzung- von kandatsi.
Arten des Sauerteiges sind fimc-kodzi ,der weibliche Sauerteig-',
fdua-kbdzi ,der blumige Sauerteig^ Ferner unterscheidet man
sira-kodzl , weisser Sauerteig'. Den Schimmel (kahi) nennt man
im gemeinen Leben: fana-uo tsitku , Blumen setzen sich an*^,
was dasselbe ist. Im gemeinen Leben sagt man auch ^ j^
(tsikti-ico) jBambusgelb'. Dass man auf der Insel Je-zo heut-
zutage noch kandatsi zu sagen pflegt, ist in dem Werke Fokkai-
zui-fitsu , Autschreibungen von dem nördlichen Meere' zu sehen.
Kandoki {~}j 2/ "H 4" ) ^^^ ^^ ^^^ Nippon-ki die Lesung
von j^ ^ , Donnerschlag'. Man liest auch kami-dokt und
kami-doke. Es hat den Sinn: Lösung des Donners. Kami ist
das gegenwärtig gebräuchliche kami-nari ^Donner'. Tolci hat
die Bedeutung ioku , lösen'. Das in dem Kami-jo-bumi vor-
kommende saku-ikadztdsi ^der zerreissende Donner' ist dasselbe.
In dem Jen-gi-siki ist von dem Opfer des Gottes des Donner-
schlages ( j5 j8 Ä feki-reki-zin) die Rede.
In dem Zi-no kagami wird der Donnerschlag das von
dem Donner getretene Holz (kami-no fiimeru ki) genannt.
Man liest für , Donnerschlag' auch kami-ot.su {^~J] ^ ^ ^ ).
Es hat die Bedeutung kami-otsuru ,der Donner fällt herab'.
Kan-datsi-be, häuhg Jl jj ^ geschrieben, hat die Be-
deutung JI2 ^ ^ (kami-tat.'ii-hc) , Abtheilung der Höheren'.
Es bezeichnet die Würdenträger von der dritten Rangstufe auf-
wärts. Man sagt auch kan-datsi-me.
Kan-datsi-ma bedeutet ferner jjjl|j ^ (kami-tatsi) ,Palast
der Götter'.
In den Erzählungen findet sich -^ (kan)-no ^\^ ^ {on-
zo). Es ist das von dem vorhergegangenen Kaiser getragene
kleine Kleid (dai-zib-ten-icb-no mesuaerarttru ko-nawosi).
Arten der Schildkröte (käme) sind kawa-game , Flussschild-
kröte', je-game ,Buehtcnschildkrötc', isi-game , Steinschildkröte',
umi-game , Meerschildkröte', 0-0-game , Riesenschildkröte', ko-gam<'.
, kleine Schildkröte', jama-gamn , Bergschildkröte'.
Mino-game , Schildkröte des Regenmantels' oder midori-
game ,grüne Schildkröte' ist die grünhaarige Schildkröte.
Eine solche wurde zu den Zeiten des Heerführers Josi-motsi
78 Pfizmaier.
(1393 bis 1428 n. Chr.") zum Geschenke gemacht. Ferner wurde
in dem Meere von A-wa eine im Umfang-e zwei Klafter messende
grosse Schildkröte gefunden. Es soll eine grünhaarige Schild-
kröte gewesen sein.
Mi-tsu asi-gama ist eine dreifüssige Schildkröte.
Kame-jama ,der Schildkrötenberg' ist der Berg F6-rai.
Man liest den Namen dieses Berges auch kaine-no uje-naru
jama ,der auf der Schildkröte befindliche Berg'. Diese Schild-
kröte ist eine Meerschildkröte (umi-game). Die alte Sage, dass
dieselbe den Berg F6-rai auf dem Haupte trägt, ist bei Lie-tse
zu sehen. Das Sin-roku-deo sagt:
Ika-ni-site \ jiiki-te tadzunen \ kame-jama-ni \ sinami kusuri-
wa I ari-to ifu.
, Irgendwie | den wandelnd man suchen wird, | auf dem
Schildkrötenberge | die Arznei des nicht Sterbens | gibt es,
man sagt'.
In der Sammlung des Auflesens des Hinterlassenen kommt
das Wort ebenfalls vor. Da die betreffende Stelle ein Gedicht
ist, welches einem nach Osten ziehenden Menschen übersendet
wird , so glaubt man , dass es sich vielleicht auf den in dem
Reiche I-se, Kreis Suzu-ka, liegenden Berg ^k Hj (kame-jama)
, Schildkrötenberg' bezieht.
Kame-no ma-sura { ')] yi y ~Z ^ "y ) bedeutet kame-no
uranai ,das Wahrsagen durch die Schildkrötenschale'.
Kame-no ura-gusi bedeutet: Speiler der Wahrsagung durch
die Schildkrötenschale. Man schliesst drei Speiler (kusi) in
einen Bücherkasten (oi), drängt sie, wenn man die Sache unter-
nehmen will, heraus (koto-ni nozonde osi-idasi) und wahrsagt
dadurch Glück und Unglück.
Jama-kage-no kamo bedeutet die Aente des Bergschattens.
Diese Aente zieht nicht gleich der Gans zu fernen Reichen
hinüber. Im Sommer sucht sie den Schatten der Berge und
lebt verborgen an dem kühlen Wasser. Daher ihr Name.
In dem Man-jeo-siü wird loo-kamo { y^ 7] -^) für ko-gamo
, kleine Aente' gesagt.
Kamo ist die Lesung von ^J^ ,Nabe'. Das Wa-mei-seo
liest karimo (~Jj ]) -£^ ).
Kamo ist auch die Lesung von ^^ ,Filz'. In dem Nippon-ki
findet sich auch ori-kamo , gewebter Filz'.
Nachträge zu japanischer Dialectforschung. 7«/
Gara, durcli '^ (hara) ^.Stengel' ausg^edrückt, ist ein aus
nagara ,Wcährend' umgewendetes Wort und bezeichnet, anderen
Wörtern angehängt, die Beschaffenheit einer Sache. Man sagt
fito-gara , Menschenart', mi-gara ,die Beschaffenheit des Ein-
zelnen', [y^ (jo)-gara ,die Art der Welt', loto-gara ,die Art
der Sache', ^ (koto)-gara ,die Art des Wortes', ije-gara ,die
Beschaffenheit des Hauses', tomo-gara ^Genossen, Leute von
derselben Classe', te-gara ,die Weise der Hand, die Verrichtung',
tolxoro-gara ,die Beschaffenheit eines Ortes', jado-gara ,die Be-
schaffenheit der Einkehr' und Anderes.
Siro-karasi , weisser Senf wird auch je-do garasi ,Senf von
Je-do' genannt.
^ (To)-garasi ,chinesischer Senf ist der lange Pfeffer.
Namen von Pflanzen sind inu-garasi ,Hundesenf' und ta-garasi
, Feldsenf'.
Kara-wa, durch j^ f^ (knra-wa) , chinesisches Rad' aus-
gedrückt, ist der Haarschopf der Kinder. In dem Nippon-ki
hat 'fö -^p- , Hörnchen' die Lesung age-maki-kara-wa. Es ist
das, was man gegenwärtig kara-ko-ioage nennt. Es bedeutet:
den Grund des Haupthaares gleichförmig erfassen , das Ende
in zwei Theile theilen und über der Stirne rund zu einem Rade
zusammenbinden (kami-no moto-ioo tori-soroje su-e-wo ni-fun-si
fitai-no uje-fodo-ni maruku loa-ni jü).
Karasu ,Rabe' wird deutlicher durch sato-garasu ,Dorfrabe<
ausgedrückt. In Gedichten findet sich jama-garasu , Bergrabe',
mura-garasu , Rabenschar', nkare - garasu ,lierumschweifender
Rabe', ko-motsi-garasu ,Rabe, welcher Junge besitzt', jamome-
garasu , Witwenrabe'.
Fasi-huto -karasu ,der dickschnabelige Rabe', abgekürzt
fasi-huto, ist die Krähe. Man findet auch j^ (to)- garasu
,chinesischer Rabe'. Man sagt, es sei die Elster, welche nebst
kasasagi auch jorokohi- garasu ,der freudige Rabe' und maröto-
garasu ,der gastende Rabe' genannt wird. Sonst findet sich
ake-garasu ,Rabe der Morgendämmerung', tomari-garasu ,der am
Abend sich aufsetzende Rabe', tsuki-jo-garasu ,der Rabe der
Mondnacht'. Asa-garasu ,Morgenrabe' kommt in dem Mau-jeö-
siü vor und wird gegenwärtig noch gesagt.
Im gemeinen Leben sagt man nana-tsuki-no ivakare- garasu
,der sich trennende Rabe des siebenten Monats'. Der Rabe
bü Pfizinaier.
bringt Im Früliling'e das Junge zur Welt. Wenn dieses gross
geworden ist, füttert es wieder die Aeltern. Im siebenten
Monate des Jahres trennen sie sich und begeben sich an einen
anderen Ort. Dieses ist der kindliche Rabe.
Bei den Raben kann man nicht , wie bei den übriaen
Vögeln, an der Farbe der Federn das Geschlecht unterscheiden.
Desswegeu sagt mau tare-ga karasu-no ^\^ ^ (si-ji()-ivo siran
,wer wird wissen, ob der Rabe ein Männchen oder Weib-
chen ist?'
Kara-kusa ist der Name einer Pflanze. In Suruga nennt
man sie kata-ikari ,das einseitige Epimedium'. Dieselbe hat
Aehnlichkeit mit deui Epimedium (ikari) und heisst (in Suruga)
so, weil ihre Blüthen sich auf einer Seite befinden. In Ka-ga
nennt man sie auch ;j;g (ne)-seri ,Wurzelpet6rsilie'. Sie erhielt
diesen Namen, weil sie in der Erde sogleich wächst und den
Geruch und den Geschmack der Petersilie hat.
In dem Wa-mei-seo ist kara-kusa die Lesung von ^
, Futtergras'. Man erklärt es durch ^^ ^ (kara-kusa) ,Stängel-
pflanzen*. Es ist das, was man gegenwärtig ma-kusa , Pferde-
futter' nennt.
Kara-kusa heissen ferner die Zeichnungen der Gewebe
und Anstriche. Die Zeichnungen der Mäntel nennt man auch
~J" -^ (teo-zij-gara-kusa , Zeichnung der Gewürznelken' und
wa-nasi-gara-kusa , räderlose Zeichnung'.
Kara-kasa-gami , Regenschirmpapier' ist geöltes Papier.
Kara-fana hat in den grossen Gebräuchen die Bedeutung :
aus Brettern verfertigte Blumen (ita-nite tsukiireru faua-no
koto). Es wird gesagt, dass auch unter den künstlichen Blumen
keine japanischen Blumen sind (mata musahi-hana-no naka-ni-
mo ni2)pon-no fana-nite naki-wö iü). Das Wort hätte daher
den Sinn: chinesische Blumen.
Das in dem Nippon-ki vorkommende kara-jama , dürrer
Berg' hat die Bedeutung, dass die Blätter der Pflanzen und
Bäume gelb werden und abfallen.
Kara-hune ist ein leeres Schiff. Gegenwärtig sagt man
su-hune.
Kara-hnne bedeutet auch: chinesisches Schifl\ Es ist
soviel als morokosi-hunp,.
Nachträge zu japanischer Dialectforschuog. bl
Karasu-najeri ( >(/ 37 y^ -J""^ \) ) ist in dem Wa-mei-
seo die Lesung von tt f\h , umgewendete Sehne', d. i. Waden-
krampf. Man glaubt, es könne karasu-naje , Lahmheit des
Raben'^ bedeuten. Es ist eine Vergleichung mit dem Gange
des Raben (karasu-no ariku katatsi-ni tatbru). Man findet
auch karasu-naje und komura-gajeri.
Kara-kumi ist in dem Wa-mei-seo die Lesung von
( J^ + J^ ) .ein aus Seidenfäden gewebter Gürtel'.
Kara - kun - teo ,Truthahn' wird durch ( J^ -|- J^^ ) ^j^
(kara-kumi -teo) ,der Vogel des aus Seidenfiiden gewebten
Gürtels' erklärt. Das Wort wird fi£ ^ ^|| ,das ein breites
Band speiende Huhn' geschrieben. Wenn man die Flöte spielt,
stimmt dieser Vogel mit entsprechenden Lauten ein. Sein
Schweif öffnet sich gleich einem Pfauenschweife, die Farbe
seines Kammes wechselt. Das breite Band befindet sich unter
seinem Kinn , wo es sich von selbst ausdehnt und zusammen-
zieht. Indessen heisst der Truthahn holländisch ka^koen (Aus-
sprache kalkun). Von diesem AVorte stammt wohl unzweifel-
haft das japanische kara-kun, was in dem Wa-kun-siwori nicht
angegeben wird.
Kari-fo { 'f] )j tJ;) ist in dem Man-jeo-siü die Lesung
von ^ ^ , entlehnte, vorläufige Hütte'. Es heisst: ui-ico-
hana | kari-fo-ni fuki-te ,mit dem ersten Riedgras | die Noth-
hütte deckend'. Das Wort ist die Zusammenziehung von kari-
ifo. Der Ausdruck kari-fo -no ifo ,die Hütte, die entlehnte
Hütte enthält eine Wiederholung. Er hat nicht den Sinn
;Xl| ^ (kari-fo)-no ifo , Hütte der gemähten Aehren'. Siba-
no kari-fo ist eine Nothhütte von Reisig. Man findet auch
unabgekürzt kari-ifo ( "^ fj "f 7J^ )•
Kari-ginu-nawosi ist ein Amtskleid, welches ein Jagdkleid
ist. Man sagt gewöhnlich ko-nawosi , kleines Amtskleid'.
Karu-mo kaku wird von dem liegenden Schweine gesagt.
Man glaubt , dass karu-mo die Bedeutung karu-mono , trockene
vSache* haben könne. Dass es den Sinn von karu-mo , Horn-
blatt, welches man abmäht' habe, wird für unmöglich gehalten.
Man sagt, das Schwein stemmt sich an seiner Lagerstätte an
die trockene Sache und breitet sie (inoko -wa fusi-dokoro-ni
ö^ Pfizmaier.
karu-mo kaki-jorite siku). Da es nicht ruhig schläft, wird in
Gedichten der Ausdruck häufig- in diesem Sinne gebraucht. '
Kare ist in dem Nippon-ki die Lesung von ^ ,dess-
wegen'. Man findet darin eine doppelte Rückkehr von karu-ga
ju-e. Die Rückkehr von m ga ist ra. Die Rückkehr von ju e
ist je. Die Rückkehr von ra je ist re.
Kaiaaku { 'tj ^ ^ ) bedeutet: vertrocknet sein. Die
gewöhnliche Schreibart kafaku { 'J] )^ ^ ) wird für unrichtig
gehalten. Das Go-sen-siü sagt:
Omoi-ni ajezn \ tma kaicaki-nan.
,Ehe man noch denken kann , | wird man jetzt ver-
trocknet sein^
Ki, zu gl getrübt, wird häutig in den Namen männlicher
Gottheiten gesagt. So in izana-gl, awa-na-gi^ fowo-na-gl, kami-
ro-gi. Es wird hier überall dem mi in den Namen weiblicher
Gottheiten entgegen gestellt.
Ki als Lesung von Ül ^lebendig oder roh^ ist die Ab-
kürzung von iki. So in ki-zake ,roher Wein, d. i. Wein, der
nicht mit Wasser vermischt ist', ki-ginu , roher Seidenstoff,
d. i. Seidenstoff, der noch nicht geglänzt ist^
Das in der Abwandlung der Zeitwörter gebrauchte ki
wird für gleichbedeutend mit keri ,gekommen' gehalten. Die
Rückkehr von ke ri ist ki.
In einigen Ausdrücken der gemeinen Sprache, wie in
ivodzi-ki , Oheim', ani-ki , älterer Bruder' ist ki die Abkürzung
von kimi , Gebieter'. Da in den Erzählungen Ausdrücke wie
komo-ki , Matte', ate - ki ,ZieV, nare-ki , Gewohnheit', inu-ki
,Hund' vorkommen , so ist es ein von Alters her gebräuch-
liches Wort. '^
JK^ , Nutzholz' hat so wie -^ ,Holz' die Lesung kL Vier-
eckiges (keta - nnru) Nutzholz nennt man gegenwärtig ^
(kaku). Rundes (madoka-nani ) nennt man viaru-ki , rundes Holz*^.
' Beispiele werden in dem Wa-kun-siwori weder bei diesem Worte , noch
bei wi-ta-utsn, welches denselben Sinn hat, angeführt.
2 Das Wa-knn-siwori sagt nicht, welche Bedeutung ki in den liier zuletzt
angefühlten vier Wörtern hat. Die diesen Wörtern beigefügte Erklärung
ist daher nur eine muthraassliche.
I
Nachträge zu japanisch'T Dialectforschnng. öö
Ki als Lesung von ^g ;Sarg^ hat den Sinn von Ici ,Holz'.
In China sagt man das Wort: ^ TJ^ ,sich dem Holze nähern'.
Ki als Lesung von -^ ,Zahn' ist die Abkürzung von
Mba. Man sagt ici-no Id , Eberzahn', kisa-no ki ,Elephanten-
zahn^
Ä7 ist die Lesung von ^ ;gelb'. Es wurde die Ver-
muthung ausgesprochen, dass es so viel als kutsi , verfault' sei
und sich auf die abfallenden gelben Blätter beziehe. Die Rück-
kehr von ku tsi ist ki. Wo es keine Zusammensetzungen
bildet, gebraucht man ki-nnni und ki-na. In Mi - kawa und
Totömi sagt man ki - na - i ( ^^ -j- ^ ). Daselbst wird in der
gesprochenen Sprache den Namen sämmtlicher Farben die
Sylbe i { ^ ) angehängt. Man glaubt, es könne die Abkürzung
von iro , Farbe' sein.
Ki als Lesung von »^ ,Wein' wird für die Abkürzung
von iki ,Athem, Geist' gehalten. So in mi-ki , göttlicher Wein',
siro-ki , weisser Wein', kuro-ki , schwarzer Wein'.
In einigen Ausdrücken der gemeinen Sprache hat ki die
Bedeutung von :^ (kij , Triebwerk, Umstände, Gelegenheit'.
So in ki'-no iaaje-ni kusuri nasi ,vor der Gelegenheit gibt es
keine Arznei', ki - ni Jotte fo - wo toke ,je nach den Umständen
erkläre man die Vorschrift'.
Ki-i ( ::^ ^ ) ist in dem Nippon-ki die Lesung von ^
, kommen'. / wird für den Wiederhall des Lautes (ko-e-no
fihiki) gehalten.
Das Reich Ki-i hiess ursprünglich ki-no kuni , Reich der
Bäume'. In den Jahren des Zeitraumes Wa-dö (708 bis 714
n. Chr.), als man gute Schriftzeichen wählte, gebrauchte man
für diesen Namen zwei Zeichen , und man schreibt seitdem
^ ^ (ki-i). I wird ebenfalls für einen Wiederhall des
Lautes gehalten.
Kiki-joku ,gut oder erfreulich zu hören' bedeutet in dem
Kami-jo-bumi das Gegentheil, nämlich kiki-nikuki koto , etwas,
das abscheulich zu hören ist'. Der Ausdruck ist noch gegen-
wärtig in Brauch.
Kiki-ohomeku ( ^z ^ 7j~ ^^^;>^ ^ ) ist die Uebersetzung
des bei Tschuang-tse vorkonunendeu Ausdrucks ^ ^| , hören
und verwirrt sein'. Obonnfku wird mit oboro , trübes Licht'
verglichen.
ö4: P tizmai er.
Ki-goto Jeder Baum^ Die Worte ki-yofo-ni uvie-wo omoi-
jose-taru ,auf jedem Baume die Pflaumenblüthen in Gedanken
nahe gebracht haben' sind von der Art, wie mtihe jama-kaze-
wo I arasi-to ifu-ran ,mit Fu«- den Bergwind | wird man
Sturmwind nennend Die Zeichen jjj j^ (jama-hize) ,Beri>-
wind' bilden in Zusammensetzung- das Zeichen ^^ (arastj
, Sturmwinde Auch ein chinesischer Dichter sagt: Mit Fug-
nehme ich das Zeichen ^^ , Kummer' und mache es zu ^ ji(^
, herbstliches Herz^ In dem Ko-kon-siü heisst es :
Juki fure-ba | ki-gofo-ni fana-ni \ saki-ni-kerih \ idzure-wo
ume-to I waki-te tcori-masi.
,Wenn der Schnee fällt, | auf jedem Baume mit Blumen |
ist er erblüht. | Welche wohl als Pflaumenblüthen | erkennend,
werd' ich brechen?'
Die Zeichen yj^ ^fö (ki-goto) Jeder Baum' bilden in
Zusammensetzung- das Zeichen i^ (ume) , Pflaumenbaum'.
Kiku , hören' hat auch die Bedeutung- juru-sit ^erlauben'.
Jiirusanu , nicht erlauben' wird durch kikanic , nicht hören'
ausgedrückt. Desswegen hat 1^ , hören' auch die L,esung jw'Ksii.
J^ ^ ,es darf nicht sein' hat die Lesung kikazu , nicht hören'.
Es hat den Sinn von ^^ W (kio-ka)-senu , nicht erlauben'.
Kikasi-te hat die Bedeutung kiki-te , hörend'. Die Rück-
kehr von ka si ist ki. Man findet auch kikosi-te [ d^ ZI ly y^ ).
Von einer Arznei, welche Wirkung hat (kusuri-no kt;d-ken-aruj,
ebenso von einem Nagel, welcher den Boden durchdringt (kugi-
no tettei-surii) sagt man kiku. In Ausdrücken dieser Art hat
es den Sinn von ^ , hören'. Bei der Erhörung muss ein Ent-
sprechen sein (kiki-ire-taru koto kotb-hesi). Desswegen sagt man
statt kiku , hören, erhören' auch kotajeru , antworten, entsprechen'.
Kikosi-mesu ist ein Ehrenzeitwort für kiku , hören'. Es
findet sich auch kikosi-juku, kikosi-mi , kikosi-mi-sn und das
Negativum kikosi-mesarezu. Das in der ganz gemeinen Sprache
vorkommende kosi-mesu ist die Abkürzung von kikosi-mesu.
Kikosi-u-osu ist die Lesung von ^ ^ und mit kuni
, Reich' verbunden. Es hat denselben Sinn wie sirusi-viesu
, verwalten'.
Kisiru, durch ^^ ausgedrückt, hat die Bedeutung ,knarren,
knistern'. Man sagt nezumi-nado-no mo)io-wo kisiru ,die Mäuse
knistern'. Eine Maus (ko-nezumi) nennt man daher ko-gisiro
Maclilräsic zu japanischer Dialertforscliunj;. 85
( ^ :^'' 2l^ P ) ,das kleine Knisternd In dem Sei-sni-mono-
g;atari findet man das Wort iso-utsn nami-ni Idsivete ^knisternd
wie Wellen, welche das Meerufer schlagend In hmrete liegt
kisirtmi zu Grunde.
Kisirafn [ d^ i^^ ^ ^ ) ist mit kisiru , knarren' gleich-
bedeutend. In dem Jei-kua-mono-gatari heisst es nio-hb-no
kiiruma kisirai ,die Wagen der Frauen knarren'. Es findet sich
auch in dem Geschlechte Gen.
Gi-sei ( 4-^^ 't^ ^ ) ist ^ ^ (g>'-s<ii) »die gerechte Stäi'ke'.
Gegenwärtig sagt man auch gissei ( :^ ^ iZ ^ j
Küo (4^ y*j ist ein altes Wort für kinö (^ y y )
jgestern'. Es findet sich häufig in dem Man-jeo-siü, ebenso das
Wort kizo-no jo ,die gestrige Nacht'. Auf ähnliche Weise sagt
man ko-zo ,das vergangene Jahr'. Man glaubt, beides habe den
Sinn von ki-zu, ko-zu , nicht kommen'. In dem Nippon-ki sagt
man auch kizu ( ::^ ^^^
Für kisofu (:^yy^ , streiten' sagt man auch kifofu
Kisofi-gari , Streitjagd' findet sich in dem Man-jeö-siü. Man
sagt, es sei so viel als kusuri-gari , Arzneijagd'. Letzteres Wort
bedeutet, dass man am fünften Tage des fünften Monats Arznei-
pflanzen pflückt.
Kida (^4- :^)7 durch J^ ausgedrückt, bedeutet ein Stück.
Man findet nuno fito-kida ,ein Stück Tuch'. In einem Gebete
hat pb ^ , Zwischenraum' die Lesung naka-kida'.
Kitasi ( 4^ ^ ^ ) ist die Lautum Wendung von kata-sitco
, festes Salz', Im gemeinen Leben bezeichnet man das schwarze
Salz (kuro-siwo) mit kata-siwo , festes Salz'. In dem Man-jeo-siü
kommt kata-shvo vor.
Kitasi, als Lesung von |^ , Schmied', wird für die I>aut-
umwendung von katasi {'fj ^i^) gehalten.
Das im gemeinen Leben übliche Wort ta-gitisib i^:^
y i- ^ P ) ,Ballschlägel' ist von gi-tsio ( ^" i- ^ P ) ,Ball'
abgeleitet.
In Sina-no sagt man im gemeinen Leben, wenn man sich
über den Geschlechtsnamen eines Menschen verwundert, das
Wort ,^ ^ ~p (me-hii-teo) , Knecht der Abtheilung der Pferde'.
In dem Ko-kon-mouo-gatari wird erzählt, dass ein Mensch der
86 Pfizmaier.
Kammer (laira-udo) ein Pferd des Vorstehers der Pferde zum
Geschenke erhielt. Als er es ritt, liess er zu einem glücklichen
Vorzeichen ( ^ jjj^ kitsi-zija-ii) ein Licht anzünden und stellte
dieses voran. Jn dem Sei-sui-ki findet sich me-hu-k'itsi-zija-n-ni
ogi-te ,zu dem glücklichen Vorzeichen der Abtheilung der
Pferde emporblickend^
Im gemeinen Leben hält man den Fuchs (hitsune) für
das Thier ^ -p* (ja -kau). Das Thier ja-kan, in buddhi-
stischen Büchern a>J* -^ . (ja-kan) geschrieben, ist von dem
Fuchs verschieden und so viel als der wilde Hund (jama-imi).
Ks hat Aehnlichkeit mit dem Fuchs , ist aber kleiner. Es
stammt aus dem Lande Hu.
Das in dem Geschlechte Gen vorkommende kitsune-no
sumi-ka , Wohnort des Fuchses^ hat denselben Sinn wie die
Worte eines chinesischen Gedichtes : Der Fuchs verbirgt sich
in den Büschen der Luftblume und der Goldblume.
Um zu bezeichnen, dass man über etwas entsetzt ist
und in Gefahr schwebt, sagt man im gemeinen Leben kitsune-
ga tsuki-ta ,der Fuchs hat sich angelegt'.
Ki-do hat die Bedeutung \J^ f^ (ki-do) ,Thor des Pfahl-
w^erkes' und bezeichnet ein jedes Thor oder eine Thüre, In
dem Nippon-ki findet sich o-o -ki-do ,grosses Thor^ Es wird
auch von dem Bau der Häuser gebraucht. So sagt man
yji^ ^ (nezumi-ki-do) ,Mäusethor^
Kinu-gasa, in dem Nippon-ki und Wa-mei-seö durch
z^ ausgedrückt, hat die ursprüngliche Bedeutung ,Hut von
Seidenstoff' und bezeichnet einen Traghimmel. Man bedient
sich eines solchen auch bei Leichenbegängnissen.
Kinu-gasa-jama ,der Berg des Traghimmels' liegt in dem
Reiche Jama-siro, Kreis Kado-no.
Kimi-gasa-no sivo ,die Feste des Traghimmels' liegt in dem
Reiche Sagami, Kreis Mi-ura.
Kinu- ginn , Kleider'. Man sagt ono-ga kinu-ginu ,die
eigenen Kleider', kimi-ginu-no uakare ,die Trennung der Klei-
der'. Es bedeutet, dass bei dem Ablegen des Mantels der
gemeinschaftlichen Freude ein Jeder das eigene Kleid anzieht
und sich trennt (ai-jorokohi-no fusuma-wo fanare ono-ono ono-
dzukara-no koromo-wo kiie wakararu).
{
n
Nachträge zu japanischer DialectforscLung. 87
Der Ausdruck l<inn-ginu-jama-no | ohi-ioo S7(rn kana ,den
Gürtel des Berges der Kleider anlegen' bedeutet, dass man die
Kleider nicht anzieht (koromo ki-zu-no kokoro).
Für kihi , Mohrhirse' gebraucht das Wa-mei-seo in Zu-
sammensetzungen kikimi ( ::|i "* ^ ) und kimi ( 4^ ^ )• Man
findet aka-kikimi ,rothe Mohrhirse', knro-kikimi , schwarze Mohr-
hirse', kimi-no motsi , Kleber der Mohrhirse'. Im dritten Jahre
des Zeitraumes Fo-jen (1137 n. Chr.) regnete es vom Himmel
Mohrhirse. Sie war von Farbe schwarz.
Kihi-no kuni , Reich Kibi' erhielt seinen Namen von kihi
jMolirhirse'. Es heisst von Alters her, dass dieses Reich sich
zu dem Bau der Mohrhirse eignet. Gegenwärtig ist das Reich
in drei Reiche: Bi-zen, Bi-tsiü und Bi-go getheilt. Das Wa-
mei-seo liest kihi-no viitsi-no kutsi für das Reich Bi-zen, kihi-no
mitsi-no naka für das Reich Bi-tsiü, kihi-no mitsi-no siri für das
Reich Bi-go.
Ki-he, in dem Nippon-ki durch :^ Ö ki-he ,Thüre des
Pfahlwerks' ausgedrückt, ist eine an das Pfahlwerk geschlossene
Thüre oder Behausung des Volkes.
Ki-fe-jvki( ( ^"^ jL ^ ) ^^'^^ f^ie Bedeutung: kommen,
vorübergehen und fortgehen. Es wird von den kommenden
und vergehenden Jahren und Monden gesagt. Dasselbe ist ki-
fnrn ,kommen und vorübergehen'. So in tosi-ga ki-fnre-ha ,als
die Jahre kamen und vergingen', iosi-wo-zo ki-furu ,die Jahre
im Kommen verbringen'.
Auf den Lieu-kieu-Inseln benennt man die Mädchen der
göttlichen Anrufung (kan-gakari) mit dem Namen ^S: (kimi)
, Gebieterin'. Es sind deren drei und dreissig. Sie haben eine
Vorsteherin, welche ^ y||[ ^^ (kiu-fu-kimi) heisst.
Kin-tsija-u ( 4^ 3^ ==^ "^ ^ ) soll das Koje von ^ '^
(kane-ntsn) ,das Metall schlagen' sein. Knne-ntsn, welches sonst
,die Glocken schlagen' bedeutet, wird von dem Schwüre ge-
braucht. Man sagt, beim Schwören schlagen die Männer gemein-
schaftlich auf das Schwert, die Flauen schlagen gemeinschaftlich
auf den Spiegel.
Kirai-mono ( d^ -y |^ "t y' ) j^^^che der Verabscheuung'
wird in dem Kami-jo-bumi durch ^fe Ai^ , Sache der Ver-
werfung' ausgedrückt. Man findet josi-kirai-mono ,gute Sache
ob Pf i 7. raai er. Nachträge 7u japanischer Dialectforschung.
der Verwerfung' und asi-kirai-mono ,böse Sache der Verwerfung-'.
JEs sind die P^ingernägel, welche man, wenn sie lang sind, ab-
schneidet und wegwirft. Es ist der Ursprung dessen, was man
josi-farai ,gute Bannung' und asi-farai ,böse Bannung' nennt.
Zur Bezeichnung des Nebels (kiri) finden sich in dem
Man-jeo-siü die Ausdrücke asa-giri ,Morgeunebel', jufu-giri
, Abendnebel', ja-je-f/iVi , achtfacher Nebel', ama-tsu kiri , Himmels-
nebel', natsu-giri , Sommernebel', jo-giri ,Nachtnebel', ame-no
sn-giri ,des Himmels wahrer Nebel', jamn-giri , Bergnebel', t(ki-
giri ^schwimmender Nebel', fatsu-giri , beginnender Nebel', usu-
giri , dünner Nebel', kmva-giri ,Flussnebel'.
Reini seh. Die Sprache der liob-Suho in Abessinicn. 89
I
Die Sprache der Irob-Saho in Abessinien.
Von
Leo Reinisch.
Uie Irob (h^C^-ü') ^n der südwestlichen Abdachung von
Hamasieu sesshaft, zerfallen in zwei grosse Familien oder
Unterstämme , in die eudä Boknayto (J»*}--^ : fl*h J^*^ 0 und
endä Agladä (?t'}i^ : K^A-^ *)> jß^^ zu etwa 1500 Personen
anzuschlagen. ' Sie sind Nomaden in dem Sinne , dass sie
nicht in Dörfern zusammenwohnen, sondern sich einzeln (d. i.
die Familie im engern Sinne) Wohnhäuser in den Gebirgen
errichten , aber nicht volle Nomaden , weil die so gewählte
Wohnstätte oft durch mehrere Jahrzehnte beibehalten wird,
während die übrigen Saho- Stämme als eigentliche Nomaden
keine Häuser, sondern nur tragbare Hütten aus Palmen-Matten
besitzen , welche sie auf ihren steten Wanderungen , nach
Weide für ihre Heerden suchend, mit sich führen -.
Die Irob halten sich mit den übrigen Saho -Stämmen in
nichts verwandt, ausser durch ihre Sprache und die gleiche
Behauptung stellen auch die übrigen wSaho auf, indem sie
sagen , die Irob seien Einwanderer und hätten erst in ihrem
gegenwärtigen Lande die Saho-Sprache angenommen. Dem-
gemäss werden auch die Irob in der Stammliste der Saho,
welche jedem jungen Knaben bei den Saho geläutig ist, niemals
namhaft gemacht, sondern es werden stets nur nachstehende
Namen der Saho-Stämme aufgeführt: 1. A säurt ö. (J[\iiOihCi^ •))
in drei Familien oder Unterstämme zerfallend , a) endä Leles
(?i'>'Ss AAff'); ^0 «"^« Asäkara {'h'ifishfltld')'^ ^) ^^^^"
' n'JJ?: gehört dem Tigre-Dialecte von Hamasien an und bedeutet Dorf,
Complex von Wolinhäusern.
2 Ueber die Sitten, Gebräuche und Traditionen der Sahn vgh meinen Auf-
satz: ,Das Volk der Saho' in: Oesterreichische Monatsschrift für den
Orient, 1877, Nr. 5.
Sitzungsber. d. phil.-hist. Ol. XC. Bd. I. Hft. 7
90 Reinisch.
Asälason (?t'>^ : MAff^ 0- 2. Toryä (•f-C'i'), in zwei Fami-
lien zerfallend: a) endä Muse (K'J-^ ' <'***rt» 0 ""^^ ^) ^ndä
Sarah {'h'}Pi : fy^.V ')• 3. Dasamo (^flH^ :). 4. Gayaso (tOÖ-)
5. Hnzo (ghU-')- ö. Dahri-mPJä (f!,'üd'''%^'-) 7. i7er<o {fl^C-f-')
ohne weitere Unterabteilung.
Was nun die Herkunft der Irob anlangt, so behaupten
sowohl sie selbst, als auch die übrigen Saho, die Irob stammten
von eingewanderten Griechen her und hätten ehemals das
Geschäft reisender Krämer und Karawanenführer auf dem
Handelswege von Ziila (dem alten Adulis) nach Abessinien
betrieben, deshalb würden sie auch Irob, d. i. Europäer,
genannt. Ob diese Sage auf geschichtlicher Wahrheit beruht
oder vielleicht nur aus einer Volksetymologie entstanden ist,
lässt sich nicht weiter entscheiden, da keinerlei Beweisgründe
für oder gegen diese Sage vorliegen.
Geographisch und politisch gehört das Gebiet der Irob
zu Abessinien, doch erfreuen sich dieselben einer völligen
Unabhängigkeit, indem sie dem Negus von Abessinien weder
Kriegsdienste zu leisten noch Steuern zu zahlen verpflichtet
sind; die einzige Verpflichtung, welche der rädänto (Häupt-
ling) der Irob an den Negus zu erfüllen hat, besteht darin,
dass er ihm alljährlich eine fette Kuh und einen Topf Honig
als Ehrentribut abzuliefern hat.
Während die sieben Stämme der Saho seit etwa zwei
Jahrhunderten vom (abessinischen) Christentum zum Islam
übergetreten sind, haben die Irob dasselbe bis auf den heutigen
Tag bewahrt. Seit 1846 haben sich katholische Missionäre,
französische Lazaristen, bei den Irob niedergelassen und im
Tale von Alitiena ein Missionshaus und eine kleine Kirche
errichtet; über die Erfolge dieser Mission vgl. ,L'Ahyssmie et
son apotre^ ou vre de Mgr. Justin de Jacohis , eveque de Nilo-
polis et vicaire aposfolique de l'Ahyssinie. Paris 1866.' Das
folgende Textstück, Uebersetzung von Cap. XI evangeUi
Johannis, ist von Abba Tesfa Marj'am, einem geborenen Irob
aus Alitiena (gestorben 1877 zu Keren in Bogos), der im
Missionshaus von Alitiena zum Priester herangebildet worden ist.
In der nun folgenden grammatischen Skizze, welche das
Verständniss des beigegebenen Textes vermitteln soll, werden
vornehmlich die Formen des Irob-Saho berücksichtigt; wo das
Die Sprache der Irob-Saho in Abessinien. 91
eigentliche Saho vom Irob abweicht, wird dies an betreffenden
Stellen durch die Bezeichnung S. (Saho) angezeigt.
Laute.
Ausser dem fehlenden ^ und 7* hat diese Sprache sämmt-
liche Laute mit dem Geez und Tigre gemeinsam ; ausserdem
besitzt das Irob noch einen Laut r (S. d, im In- und Auslaut
l gesprochen), welcher entsprechend dem fl| am hinteren
Gaumen gebildet wird.
In der Umschrift der äthiopischen Buchstaben bediene ich
mich der allgemein üblichen Bezeichnungen, nur Q umschreibe
ich mit y. Das K; K< ^^- s. w. umschreibe ich nur im In-
und Auslaut mit 'a, \i u. s. w., um sie so vom inhärenten a, u
u. s. w. in ha , hu u. dgl. zu unterscheiden , lasse aber im
Anlaute das Zeichen ' weg, weil an dieser Stelle eine Ver-
wechslung nicht möglich ist. Das Schwa mobile zeige ich
mit e an.
o
Das Terbiim.
Die Verba sind ein-, zwei- und dreiradicalige und teilen
sich in zwei Classen ein, nämlich solche a) deren Stamm aui" -a
auslautet, und h) deren Stamm auf einen Consonanten (mit
Schwa quiescens) endigt.
Die Verba der ersten Classe drücken die Unterschiede
der Personen, Tempora und Modi durch Präfixe, die der
zweiten durch Suffixe aus ; ausserdem treten bei den Verben I
Veränderungen der Stamm vocale in den Zeiten und Arten ein,
während die Stammvocale der Verba II unverändert bleiben.
Der Verbalstamm bei den Verben I zeigt sich am deut-
lichsten im Infinitiv , indem man nur das Präfix a- wegzu-
nehmen braucht, um so den reinen Verbalstamm zu erlangen,
z. B. von a-ha das Hören : ba hören , daher dann z. B. ä-ba
ich höre, ö-ba ich hörte, o-bd höre! d-bo dass ich höre, mä-bö
das Gehör, u. s. w.
Bei den zwei- und dreiradicaliffcn Verben I hat im Infinitiv
der letzte Radical das Schwa quiescens, z. B. a-läk ih^Yl ') ^^^
Senden; der Verbalstamu) wird hieraus gewonnen, indem mau an
diesen letzten Consonanten -a ansetzt, daher iäka (^h •) senden,
7*
92 Reiiiisch.
woher: ä-Uka ich sende, i-Uka ich sendete, ä-läko dass ich sende,
i-lik sende ! u. s. w.
Die zwei- und dreiradicaligen Verba I mit kurzem Stamm-
vocal in der ersten Silbe verändern denselben im Infinitiv und
in den aus demselben g-ebildeten Zeiten und Modi der Grund-
form in Schwa mobile (bei den zweiradicaligen), in Schwa
quiescens (bei den dreiradicalig-en), in den abgeleiteten Formen
aber (Causativ, Passiv, Keflexiv) tritt der ursprüngliche Stamm-
vocal wieder ein, z. B. von raha sagen, Infinitiv: a-vfik (^iC!<1K0>
Impf, d-reha, Pf. arelia; von gadala brechen, Inf. a-gddl,
Impf, d-gdt'.la, Pf. i-gdila, Subj. ä-gddlo u. s. w., aber Causativ:
Inf. n-s-gaddl, Impf, ä-s-gidila, Pf. i-s-gidila, Subj. ä-s-gadülo
u. s. w.
Bei den Verben II werden die Suffixe an den Infinitiv
einfach angesetzt, z. B. riv schlafen, das Schlafen, der Schlaf,
davon Impf, rin-ä, Perf. rin-a, Subj. rin-o u. s. w.
Abgeleitete Verbalformen.
Aus der eben behandelten ersten oder Grundform des
Verburas werden einige abgeleitete Formen gebildet, welche
Modificationen des Grundbegriffes ausdrücken. Die wichtigsten
sind folgende :
1. Das Causativum; es wird gebildet, indem man bei
den Verben I ein s dem Verbalstamm präfigirt, bei den Verben II
aber ein -is demselben snffigirt, z. B. s-haln sehen lassen, zeigen,
von hnla v. I sehen; s-kataha schreiben lassen, von kntaha
V. I schreiben; äb-is (^ifl.ft:) machen lassen, von äh v. II
machen; kor-is reiten lassen, von kor v. II. reiten; rin-is schlafen
lassen, von rin v. II schlafen.
Aus diesem ersten Causativ kann ein zweites und drittes
Causativum gebildet werden, indem bei den Verben I wie II
an die Causativform die Endung -is, -s-l.s angefügt wird, als:
s-bfd-is zeigen lassen (2. Causativ) , s-bnl-s-is bewirken , dass
Jemand zeigen lasse (3. Causat. von hala sehen) ; ebenso bei
den Verben II; äh-s-i,<i den Anlass geben, etwas machen zu
lassen (2. Causat.), äh-fi-is-is (3. Causat.). Die Flexion des zweiten
und dritten Causativs ist bei den Verben der ersten Classe
eine zweifache, als ä-a-hal-is-o dass ich zeigen lasse, tä-s-hal-is-so
dass du zeigen lassest u. s. w., Perf. n-s-hiU-is-a ich liess zeigen,
Die Sprache der Irob-Saho in Abessinien. 93
tn-s-hul-is-sa du liessest zeigen u. s. w., bei den Verben II
aber geschieht die Flexion nur durch Suffixe, als äh-is-ä ich
lasse machen, äb-is-sä du lässt machen, dh-is-a ich Hess macheu,
äh-is-o dass ich machen lasse u. s. w.
2. Das Reflexivum oder Medium. Es wird gebildet,
indem man dem Grundstamm der Verba I die Silbe ia-
vorsetzt, bei den Verba II aber wird dem Grundstamm die
Silbe -it sufligirt, z. B. ta-hala sich sehen (von hala v. I), ta-
gadafa sich tödten, ta-kataba für sich schreiben; — äb-it für
sich machen (von üb v. II), lior-it fallen (von hnr v. II werfen).
3. Das Causativ-Reflexivum. Es wird gebildet, indem
man bei den Verben I den Reflexivstamm s- vorsetzt, als:
s-ta-bala sich sehen lassen, s-kataba für sich schreiben lassen,
s-ta-ladaya sich rasiren lassen, s-ta-taliana für sich Getreide
mahlen lassen.
Bei den Verben II aber wird die Endung -it an den
Causativstamm angefügt, z. B. äb-s-it für sich machen lassen,
räg-slt sich berühren lassen, säy-s-it sich einführen lassen (in
ein Haus) u. s. w. Wenn aber die Reflexivform eine von der
Grundform verschiedene Bedeutung annimmt und in dieser als
Grundform angesehen wird, so wird auch bei den Verben II
das Causativzeichen an den Reflexivstamm angesetzt, z. B. be-t
(Reflexiv von baij nehmen) ursprünglich: zu sich nehmen, dann
1. essen, 2. mtmd bet eine Frau heiraten, hat im Causativ-
Reflexiv be-t-ts zu essen geben, uumd be-t-ü verheiraten (einen
Mann = ihn eine Frau zu sich nehmen lassen). Verba, welche
nur in der Reflexivform gebräuchlich sind, wie liamm-it arg-
wöhnisch sein , häü-it grau werden u. s. w., bilden ebenfalls
hammit-is argwöhnisch machen u. s. w.
4. Das Passiv. Die Bildung desselben erfolgt bei den
Verben I, indem m- (selten mä-), vor folgendem t, d, a, l, n,
k, g, meist n- lautend, der Grundform präfigirt wird, bei den
Verben II aber wird -im an die Grundform sufhgirt, z. B.:
Verlm I. Verba II.
m-adaga verhandelt werden. äb-im gemacht werden.
m-bala gesehen werden. akal-im gewaschen werden.
ma-gara geschlagen werden. kor-im geritten werden.
n-gadala gebrochen wei'den. rag-im berührt werden.
a-kataba geschrieben werden. t(dca)-im gebunden werden.
94 Reinisch.
5. Das Causativ - Passiv, Dasselbe wird bei den
Verben I gebildet, indem man dem Passivstamm das causative
s- vorsetzt, das passive Präfix lautet dann stets ma, z. B.
s-ma-bala veranlassen, dass gesehen werde u. s. w. Es kann
aber auch an den Passivstamm das causative -is angefügt
werden , als : u-katah-is veranlassen , dass geschrieben werde.
Bei den Verben II tritt -.9- zwischen die Grundform und die
Passivendung, z. B. äbs-im bewirken, dass gemacht werde.
6. Das Reflexiv- Passiv. Die Bildung desselben ist
bei den Verben I eine zweifache , indem man dem Reflexiv-
stamm entweder n- vorsetzt, wie n-ta-hara selbst gefangen
werden, n-ta-gara selbst geschlagen werden u. s. w. , oder
indem man dem Reflexivstamm -im nachsetzt , z. B. ta-hor-im
selbst gefangen werden, ta-gar-im u. s. w. Bei den Verben II
wird das passive -im dem Reflexivstamm angefügt, z. B. had-it-im
selbst getödtet werden, gil-it-im selbst in die Flucht geschlagen
werden.
7. Das Causativ des Reflexiv-Passivs wird bei den
Verben I und II gebildet, indem an den Causativ-Reflexivstamm
das passive -im angefügt wird, z. B. s-ta-bal-im machen, dass
man selbst gesehen werde (von bala v. I sehen), s-ta-bar-im
machen dass man selbst gefangen werde (von bara v. I fangen)
u. s. w. ; kalah - s - it - im machen, dass man selbst auf Reisen
geschickt werde (von kalah v. 11 reisen) u. s. w.
Tempora und Modi des Verbums.
Das Irob unterscheidet zwei Tempora, Imperfect und
Perfect, von welchen jenes eine Handlung oder einen Zustand
als unvollendet, dieses aber als fertig, abgeschlossen darstellt.
Das Imperfect entspricht unserem Präsens, Futurum und erzäh-
lenden Imperfect, das Perfect aber unserem Präteritum. So
bedeutet z. B. ä-ktira (Imperfect von katara v, I rauben)
ich raube, werde rauben, raubte (erzählend), dagegen i-ktira
ich habe geraubt.
Diese beiden Tempora stellen eine Handlung oder einen
Zustand jedoch nur als momentan dar. 80II demnach die Dauer
eines Zustandes oder einer Handlung ausgedrückt werden, so
werden obige Formen mit einem Hilfsverbum verbunden. So
bedeutet dktira ich raube (einmal oder momentan), dagegen
Die Sprache der Irob-Saho in Abessinien. 9o
ciktira üna ich bin ein Räuber, treibe ein Räuberleben ; ebenso
iktira ich raubte , dagegen iktira ina ich bin ein Räuber
gewesen. Wir unterscheiden demnach a) ein aoristisches oder
momentanes Imperfecta h) ein duratives Imperfect, c) ein
aoristisches Perfect, d) ein duratives Perfect.
Von den Modi des Verbums sind zu nennen : a) Indicativ,
h) Subjunctif, c) Jussiv oder Coliortativ, d) Conditional, e) Im-
perativ, f) Gerundiv, g) Particip, h) Relativ, i) Verbalnomen.
Flexion des Verbums.
Vorerst ist zu erwähnen, dass das Irob ein zweifaches
Geschlecht in der dritten Person der Einzahl unterscheidet,
nämlich Masculinum und Femininum , ferner drei Personen,
endlich , was die Zahl anbelangt , einen Singular und Plural.
Ausserdem unterscheidet die Sprache an dem Verbum eine
positive, eine negative und eine fragende (positiv wie negativ
fragende) Form. Die Negation wird mittels des Präfixes mä-,
vor folgendem y, i aber mi- lautend, ausgedrückt ; z. B. het-ä
ich esse, viä-bet-ä ich esse nicht, ina ich war, mi-ina ich war
nicht. Vor folgendem ä, a lautet die Negation m-, als : ä-gdifa
ich tödte, m-ägdifa ich tödte nicht, ä-gdifa ich habe getödtet,
mä-gdaf-ini-yo (^= mä-a-gd") ich habe nicht getödtet.
Die Fragepartikel lautet -liö , als: ägdifa-hö tödte ich?
mägdifa-hö tödte ich nicht? u. s. w. Häufig wird dieses hö
ausgelassen, doch bleibt dann der Accent auf der vorletzten
Silbe des Verbs, z. B. ägdifa tödte ich? (vgl. ägdifa ich tödte).
Bevor wir zum regulären Verb übergehen , wollen wir
zunächst die Flexion der gebräuchlichsten llilfsverba folgen
lassen.
A. Hilfsverha.
1. a sein, sagen, nennen.
Im Gebrauche sind folgende Formen :
Imperfect Perfect Subjunctiv Cohortativ Imperativ
Positiv Negativ
Sing. \. a a o öioä
2. tä ta to tötoä e m-i-n!
3. m. yä ya yo yöicä
3. f. tä ta to töiüä
Plur. 1.
iia
na
no
nöivä
2.
tän
tan
ton
tönä
3.
yän
yan
yon
yönä
yb Rein i s eh.
Imperfect Perfect Subjnnctiv Cohortativ Imperativ
Positiv Negativ
&yä minä!
Der Conditional lautet: ä-do, tä-do, yä-do, u. s. w.
Beispiele, tä folö häsäk tä häskä hälU dieses Brod ist
süss wie Honig, tä föläl häsäk yän diese Brode sind süss.
anu käfi afär yo-h y ä kädo kon y ä laldy sugä-do anü rähd ak
yarehd yan ich heute ist mir schon der Tag vier, jetzt wenn
ich bleibe den Tag, welcher fünf ist, so werde ich sterben,
soll er gesagt haben (= sagte man, dass er gesagt habe).
atü ay ta'? was hast du gesagt? y' dhbä mal yo oho ak öwä
wohlan, ich will zu meinem Vater sagen: gieb mir Geld!
Ndyimin yo-k minä, Märrä yo-k Bya nennt mich nicht Naomi,
sondern nennt mich Marra. täy tä-do wenn du das sagst.
täy tän-do wenn ihr das sagt.
2) na, sein, existiren.
Im Gebrauche sind folgende Formen:
Imperfect Perfect Subjunctiv Couditional
Sing. 1. ä-na i-na ä-nä-uo ä-nä-do und äniya-do
2. tä-na ti-na tä-nä-wo tä-nd-do „ täniya-do
3. m. yd-na yi-na yä-nä-ioo yä-nd-do „ yäniya-do
3. f. ta-na ti-na tä-nä-wo ta-nd-do u. s. w.
Plur. 1. nä-na ni-na nä-nä-wo nä-nd-do
2. tä-ni-n ti-ni-n tä-n-ö-nä ta-ni-n-do
3. yä-ni-n yi-ni-n yä-n-ö-nä ya-ni-n-do
Anmerkung. Im Imperfect und Perfect kommen auch
für den Singular und die erste Person des Plurals die ver-
kürzten Formen (mit Abfall von auslautendem a) vor, als an,
tän, yän, nän, ebenso in, tin u. s. w., jedoch beschränkt sich
dieser Gebrauch fast nur auf Nebensätze , z. B. : el nän härö
das Land, in welchem wir uns beiluden, dagegen: täy bäröl
näna wir befinden (leben) uns in diesem Lande. Die zweite
und dritte Person Pluralis lautet im Imperfect und Perfect auch
Die Spraclie der Irob-Saho ia Abessioien. 97
tänini, yänini und tinini, yinini, und im Subjunctiv tdnon, ydnon
für tänönä^ yänönä.
Beispiele, sin ilö dula tdna wo ist euer Korn? umhi
häröl mayB ka umä hiyäicä yänin in jedem Lande gibt es gute
und böse Menschen, ku räylö inkö ku yänini leben dir deine
Kinder alle? niimd tina es war (einst) eine Frau, äy-li tdna
bei wem bist (lebst) du ? ind ak rdbta härd tina ytn, dhhä
yina yan es war, so erzählt man (yan sie haben gesagt) , einst
ein Mädchen, deren Mutter gestoi-ben war, der Vater aber war
noch am Leben, so erzählt man. täl täniyddo wenn du hier
gewesen wärest.
Für das Imperfect und Perfect bestehen noch folgende
Nebenformen :
Sing.
Plui
Imperfect
Perfect
L
äni-yö
ini-yö
2.
täni-tö
tini-tö
3.
1.
näni-nö
nini-nö
2.
täni-tön
tini-tön
3.
yänin-ön
yinin-ön
Diese Formen werden im Positiv neben den gewöhnlichen
gebraucht, z. B. : anü nfe-li dna und äniyö ich befinde mich
am Leben ; in der Regel beschränkt sich aber der Gebrauch
dieser Formen auf das Negativ und Interrogativ, als: atä yaqal-li
mä-tänito du bist nicht klug (mit Verstand), mäl-li tänito-hö
hast du Geld (bist du mit Geld)? mäl-li mä tänito-hö hast du
kein Geld?
Sing.
PI
ur.
3.
ka werden.
Bntstehen.
Im
Gebrauche
sind folgende
Formen :
Imperfect
Perfect
Subjunctiv Cohortativ
Imperativ
L
d-ka
d-ka
d-ko
ä-kö-wä
tik.' negat. mä-
2.
td-ka
td-ka
td-ko
tä-kö-iüä
[tikin .'
3.
m. yd-ka
yd-ka
yd-ko
nä-kö-wä
3.
f. td-ka
td-ka
td-ko
tä-kö-icä
L
nd-ka
nd-ka
nd-ko
nä-kö-iüä
2.
tä-kin
td-kin
td-kon
tä-kön-ä
likä.' negat. ina-
3.
yd-kin
yd-kin
yd-kon
yä-kön-ä
[tikina !
98
Keinisch.
Die Negation wird mit mä-, vor y aber mit mi- aus-
gedrückt, als: m-ä-ka, mä-tä-ka, mi-yä-ka ich werde nicht,
u. s. w. Um das negative Perfect vom Imperfect zu unter-
scheiden, wird die obige Form iniyö , initö u. s. w. mit dem
Perfect d-Jcct verbunden, wobei nach a das k abfällt. In der
dritten Person Singularis lautet die Form dann aber inä für
yinä und im Plural der dritten Person inin für yinin, als :
Sing. 1. m-ä-k-iniyö ich bin nicht geworden.
2, mä-ta-k-mitö du bist nicht geworden.
3. m. mi-yu-k-inä er ist nicht geworden.
3. f. mä-ta-k-ind , sie ist nicht geworden.
Plur. 1. mä-na-k-ininö wir sind nicht geworden.
2. mä-ta-k-initon ihr seid nicht geworden.
3. mi-ya-k-inön sie sind nicht geworden.
Beispiele, atu y' ayda md-täka du bist mir nicht gleich
geworden (bist mir nicht ebenbürtig), äy härä kimbirö täka
dieses Mädchen wurde ein Vogel, ohil tdka häröl es entstand
eine . Hungersnoth im Lande, ifö ydko ya , ifö ynka yan es
werde Licht, sagte er (Gott) und es ward Licht, so hat man
erzählt, nanu inki mela näkoivä wir wollen ein einziges Volk
werden (wollen uns vereinigen zu einem Volke)!
4. ki sein.
Im Gebrauche sind folgende Formen
Imperfect
Perfect
1
II
I
II
Sing.
1.
kiyö
kiniyö
ki
oder kik
ina
ki
oder kik
iniyö
2.
kitö
kinitö
»
»
j?
tina
11
11
11
tinitö
3.
m.
ki
kini
))
Tl
H
yina
11
n
»
yina
3.
f.
n
»
n
)5
n
n
11
»
n
n
Plur.
L
kinö
kininö
n
»
n
nina
11
n
11
nininö
2.
kitin
kinitin
n
?)
n
tinin
n
n
11
tinitön
3.
kinön
n
n
n
yinin
n
n
11
yinön
Anmerkung. Statt der doppelten Flexion in ki iniyö,
ki tinitö u. s. w. linden sich auch die Foi'men ki iniyö, -initö,
'inä, -ininö, -initön, -inön.
Die Sprache der Irob-Saho in Abessinien. ijy
Die Negation wird mit mä- ausgedrückt, als: viä-kiyo
u. s. \v. Das Fragewort ist -ho, welches aber auch weggelassen
werden kann, als: ayi räylo kidni-hö oder Idtini wessen Söhne
seid ihr?
Beispiele. anü ku sähib kiyö ich bin dein Freund.
atü y mädärä kitö du bist mein Herr. äy yiifä süncja kini, y
dhhä (järüd ki yina dieser Bursche ist ein Eunuch und war
meines Vaters Sklave, atü y dhhä mä-kito-hö bist du nicht
mein Vater? anxt hlra lähotena kik ina, hera mayefiyä dka
ich war gestern krank, aber morgen werde ich schon gesund
werden.
Das negative Perfect : ich bin nicht gewesen, lautet also :
5ing.
1.
ki
oder
kik
mä-n-äniyö.
2.
»
!7
77
mä-n-änitö.
3.
m.
>7
J7
77
mä-n-änä.
3.
f.
57
71
77
77
^lur.
1.
»
77
77
md-n-äninö.
2.
V
77
77
mä-n-änitön.
3.
n
77
77
md-n-änöii.
Anmerkung. mananiyo u. s. w. = md-an-ani-yö,
Reduplication von än-i-yo.
5. Za ' haben, besitzen.
Im Gebrauche sind folgende Formen:
Sing.
Plur.
Die Negation lautet, Impertect: viä-liyo u. s. w., Perfect:
li oder lik mänäniyo u. s. w. Die Frageform ist: liyo-hö oder
Zm/o? Für das Perfect im positiven F'alle lautet die Frage: li oder
lik iniyo-hö (oder iniyo), li, lik tinito-hö (oder tinito) u. s. w.,
ebenso in der Negation: li, lik mänäniyo -hö (oder mänäniyo)
u. s. w.
Imperfect
Perfect
1. Uyö
li
oder
lik
ina
2. litö
77
77
77
tina
3. m. u. f. la
77
77
77
yina, fem.
tina
1. Uno
77
77
77
nina
2. litin
77
77
77
tinin
3. linön
77
77
77
yinin.
' sprich : lä; ä im In- und Auslaute wird meist als ü g^esprochen.
1 00 R e i n i s c h. »
Beispiele, anü mal liyö ich habe Geld, mal md-liyo
ich habe kein Geld, mal Wo hast du Geld? mal md-lito-hö
hast du kein Geld? kumdl mal lik ina, käfi mal mä-liyo
gestern hatte ich Geld , heute keines, ktmiäl (oder hlra) mal
lik mänäniyö, käfi mal liyö gestern hatte ich kein Geld, heute
aber habe ich Geld, ku inä lähö la ist deine Mutter krank
(hat deine Mutter eine Krankheit)? lähö mä-la nein, sie ist
nicht krank, aiü Imod Uta hast du Hunger? luwd md-lito-hö
hast du keinen Hunger? äyda mal Uta wie viel Geld hast
du ? yängxiU ink' ife la ydri li yina yan, wakari tämmand ife
la yari lik tina yan die Hyäne soll ein Haus gehabt haben,
welches eine einzige Thür besitzt , der Schakal aber soll ein
Haus mit zehn Thüren gehabt haben. Muse lämmd bdra li
yina yan, Häi/lu räylö li mänänd yan Moses soll zwei Söhne,
Haylu aber keine Kinder gehabt haben.
Flexion der Verba 1.
Wir wählen als Muster folgende Verba aus: ba hören,
kata versammelt sein, beisammen sein, läka senden, hala sehen,
gadafa tödten, kataha schreiben. Da die dritte Person feminini
mit der zweiten Person gleich lautet, so lassen wir hier jene
fort und geben für die dritte Person Singularis nur die mas-
culine Form an.
Aoristisches Imperfect.
Sinsrular Plural
1. 2. 3. 1. 2. 3.
d-ha td-ba yd-ba nä-ba tä-b-in yä-b-in
a
i-kefa td-keta yd-keta nd-kHa tä-ket-in yä-kef-in
d-lika td-lika yd-lika nd-lika lä-lik-in yä-lik-in
d-bda td-bda yd-bda nd-bela tä-bd-in yä-bel-in,
d-gdifa id-gdifa yd-gdifa nd-gdifa tä-gdif-in yä-gdif-in
d-ktuba td-ktuba yd-ktnba nd-ktuba tä-ktub-in ya-ktub-in
Aoristisches Perfect.
6-ba to-hd yö-ba nö-ba tö-b-in yo-b-in
d-k.pja id-kefa yd-k<iia nd-kda ta-ket-in ya-ket-in
i-lika ti-lika yi-lika ni-lika ti-Uk-in yi-lik-in
li-bda tü-bela yü-bela nü-hia ht-bel-in yu-bel-in
i-gdifa ti-gdifa yi-gdifa ni-gdifa ti-gdif-in yi gdif-in
4-ktuba tu-ktiäxi yn-ktuba nn-ktubn fu-ktuh-ia yu-ktub-in
Die Sprache der Irou-Salio in Abessinien. IUI
Anmerkung. Für die Secunda und Tertia Pluralis
existiren auch die längeren Formen: tähini, yäbini, täketini,
yäketini u. s. w. Ebenso im Perfect : tohini, yohini u. s. w.
Siibjunctiv
Sing-nlar Plural
1. 2. 3. 1. 2. 3.
ä-ho fd-bo yä-ho nd-bo tä-bön yä-hön
ä-kdto fä-kdfo yä-kdto nä-kdto tä-kdt-on yä-kdt-on
ä-ldko fä-Idko yä-ldko nä-Iäko tä-ldk-on yä-Jdk-on
ä-bdio fä-bdlo yä-bdlo nä-hdlo tä-bdl-on yä-hdl-on
ä-gddfo tä-gddfo yä-gddfo nä-gddfo tä-gddf-on yä-gddf-on
ä-ktdbo tä-ktdbo yä-ktdbo nä-ktdbo tä-ktdb-on yä-ktdb-on.
Anmerkung-. Für die zweite und dritte Pluralis bestehen
auch die verlängerten Formen : täbönd, yäbond, tnkätond u. s. w.
Der Cohortativ setzt an die obigen Formen ein ?/ an , z. B. :
äböy, älaköy u. s. w., im Plural der zweiten und dritten Person
wird y an die verlängerten Formen angefügt, z. B. täläkondy
wohlan, so schicket! u. s. w.
Das Negativ wird mit mä-, vor folgendem ä, o, u nur
mit 711-, und vor y aber mi- lautend, gebildet, als: m-dba,
md-fäba, mi-yäbn u. s. w. Für das Perfect lautet die negative
Form entweder regelrecht: m-öba, md-toba u. s. w. oder es
wird dem negativen Subjunctivstamm das Hilfszeitwort iniyö,
i'nifo, ind (3. sing. gen. comm.), Plur. inino, initön, inön ange-
fügt, als: ni(l-l(lk-iniy6 , mä-lak-initö , mä-läk-ind , mä-läk-inino
u. s. w. Die Fragepartikel ist -ho, als: ägdifa-hö oder ägdifa'?
u. s. w.
In den abgeleiteten Formeu : Causativ, Reflexiv, Passiv
u. s. w. tritt bei den Verben, welche im Iinperfect, Perfect
und Subjunctiv den ersten Stamm vocal abgeworfen haben, der-
selbe wieder zum Vorschein, als: d-s-bala, td-s-bala ich lasse
sehen, du lässt sehen u. s. w., Perfect: ü-s-hula, tü-s-bida u. s. w.
Imperativ.
Die zweite Person Singularis des Imperativs stimmt der
Form nach mit der ersten Person des Perfects überein, nur
fällt das auslautende a ab , als : ilik sende ! igdif tödte ! iiktüb
102 ReiniBch.
schreibe! Formen mit dem iSchwa mobile nehmen im Stamm-
vocal den Vocal des Personalpräfixes an , als : a-kdf geselle
dich bei! u-hid siehe! Einradicalige stimmen mit der ersten
Person überein, nur ruht der Accent auf der letzten Silbe, als :
ohä höre !
Die zweite Person Pluralis setzt an den Singularstamm
ä an, als: ilikä sendet! igdifä tödtet! uktübä schreibt! u. s. w.
obd lautet im Plural: ohd höret!
Eine zweite Form für den Plural wird gebildet, indem
an den obigen Plural -7ita augefügt wird , als : ohä-ntä höret !
akaiä-ntä gesellet euch bei ! ilikä-ntä sendet u. s. w.
Die negative Form des Imperativs erhält man, wenn
man dem Subjunctivstamm mä- vorsetzt und statt auslautendem
o die Silbe -in, Plur. -inä anfügt, als: mä-h-in höre nicht!
Plur. mä-b-inä hört nicht! mä-kät-in! Plur. mä-kät-inä! mn-
läk-in! Plur. mä-läk-ina ! u. s. w.
Duratives Imperfect und Perfect.
An die aoristische Form des Imperfect und Perfect wird
das Hilfsverb na angefügt und dieses gleichfalls flectirt, als:
äba äna ich höre zu, tdba tdna du hörst zu, älika äna ich
sende fortwährend, regelmässig, tälika täna du sendest stets,
Perf. ilika hm ich sendete stets, tilika tina du u. s. w.
Eine ebenso häufige Art, das durative Imperfect und
Perfect zu bilden, besteht darin, dass auslautendes a der ersten
Person Imperfecti zu i oder i-k verwandelt wird, und mit
dieser unverändert bleibenden Form wird dann das Hilfsverb
na (wie oben flectirt) verbunden, z. B. :
Imperfect
Perfect
Sing. 1.
aliki
oder älikik
fina
äliki oder älikik ina
2.
T>
n n
täna
V yi 51 '«'"«
3.
)7
u.
yana
s. w.
V « V 2/*'««
Die negative Form wird gebildet, indem dem obigen
unverändert bleibenden Verb das negative vi-anäniyd u. s. w.
angefügt wird , als : aliki oder älikik m - änäniyö ich sendete
nicht stets, äliki m-änänitö du u. s. w.
Die Sprache der Trob-Salio in Abessinien.
103
Gerundiv.
1. Um die Nothwendigkeit zur Ausführung einer Handlung
auszudrücken, wird das bestimmte Verb in der Subjunctivform
mit dem Hilfsverb ki (sein) verbunden, z. B.
älako kiyö ich muss senden
täldko kitö du musst senden
yäläko kini er muss senden
u. s. w.
2. Eine andere Ausdrucksweise dieses Modus besteht darin,
dass das bestimmte Verb in der Subjunctivform mit der dritten
Person Sing-ularis von ki verbunden wird, z. B. :
üläko kini ich muss senden = es ist, dass ich sende
iäläko kini du musst senden = „ r ^'^ sendest
yäläko kini er muss senden =r „ ,, er sende
u. s. w.
Particip.
Es wird aus dem Perfectstamm gebildet; bei den zwei-
und dreiradicaligen wird jedoch der erste Stammvocal, der im
Imperfect und Perfect elidirt wird, im Particip beibehalten, z. B. :
Perfect Particip
ama schlecht sein t'ima (für n-uma) ich ?«n böse
war böse
agada gleichen igida (für i-igida) ich
glich
dalasn fett sein u-dlusa ich war fett
harafa verlangen i-hrifa ich verlangte
kahana lieben i-khina ich liebte
nahada erwachen i-nhida ich erwachte
nafaqa geizen n-nfuqa ich geizte
nagasa herrschen u-ngusa ich herrschte
saJiata schaden o-shota ich schadete
rahasa reich sein o-rlwsn ich war i'eich
igid gleichend
dulüs fett seiend
hirif verlangend
kihin liebend
nihid erwachend
nufüq geizend
nugus herrschend
sohot schadend
rohös reich.
Der Plural dieser Particij)ia wird gebildet mit -ät oder
-mära, als: um-üf. oder um - a - mära , igid-ät oder igid-mära,
dulus-äf oder dtdus-mära, u. s. w.
1 04 H e i n i s c h.
Verbal flectirt wird dieses Particip also :
Imperfect Perfect
Sing. 1. uni-yö oder umä kiyo um-ä ki ina
2. nm-i-tö „ um-ä kitö „ „ H7ia
3. m. vm-ä „ „ kini „ „ yma
3. f. um-ä „ „ kini „ „ Hna
Plur. 1. um-i-no „ um-a-mära kinö um-a-mära ki nina
2. um-i-tön „ „ kitin „ „ tinin
3. um-ön „ „ kinön „ „ yinin
Anmerkung. Statt U7n-ä kiyo, wörtlich: ich bin einer,
welcher schlecht ist (s. Relativ, 3), sagt man auch : um-ä-H-yä
kiyö, Fem. um-ä-t-yä kiyö (s. Relativ, 1).
Relativ.
1. Statt diesen angegebenen Participialformen kann auch
das relative -tiyä, Fem. -iyä, Plur. -märä mit dem bestimmten
Verb verbunden werden, z. B. : amc käy dkhina fiyä kiyö = käy
kihin-yo eum amans sum ego^ Perf. käy ikhina tiyä ki ina ich |
war einer, der ihn geliebt hat.
2. Dasselbe Relativ wird auch gebildet durch Anfügung
von -m an das bestimmte Verb; z. B. äy yuhhlini-m sini mädärä
wänisan sie erzählten ihrem Herrn, was sie gesehen hatten.
Anmerkung 1. Dieses -vi wird auch in Objectssätzen
gebraucht, z. B.: kay yigdifa-m ühqla ich sah, dass er ihn tödtete.
3. Relativsätze werden auch einfach dadurch ausgedrückt,
dass man dieselben dem regierenden Satze voranstellt, z. B.: äy
yühelin sini mädärä wänisan sie erzählten ihrem Herrn, was sie
gesehen hatten.
Verhalnomen.
Die wichtigsten Formen sind folgende:
1. Der Infinitiv oder das Nomen actionis; dasselbe unter-
scheidet sich von der ersten Person Singularis des Subjunctivs
nur durch das fehlende -o im Auslaut. Der Plui-al wird von
diesem Nomen gebildet, indem das letzte ä des Stammes zu
0 verändert wird, z. B.:
Die Sprache dtr Irob-Saho in Abessinien. lüö
Subjunctiv Infinitiv
ä-gdäfo dass ich tödte ^5"^4/ Pl^r. ägdof
ä-grläl-o dass ich breche ägdäl „ ägdol
äftär-o dass ich schaffe äftdr „ ^ftor
Beispiele, ägdäf umä das Tödten ist sündhaft, ägdof ka
dbor yälli vdit-il nahä. ahäsos kinöii Tödtungen und Beraubung-en
(von bara^ Infinitiv ähdr Pkiral dbor) sind in Gottes Augen
grosse Sünden.
2. Die gleiche Bedeutung kommt auch den Nomina mit
dem Präfix mä zu; die Bildung dieser Nomina erfolgt, indem
der obigen Infinitivform m- vorgesetzt wird, als: m-ägddf Plur.
m-dgdof das Tödten, die Tödtung u. s. w.
3. Wird an die vorangehende Form -n, fem. -d, Plur. -if
angesetzt, so erhält man das Nomen agentis, z. B.:
viägddf-a fem. mägdäf-d Plur. mägddf-it Mörder
märdg-a „ märäg-d „ märdg-it Gelehrter (räga)
— „ mä-thän-d „ mäthdn-it Müllerin (tahana)
mätdk-a „ mätcik-d „ mätdk-it Schläger (täkaj.
4. Die vorangehende Femininform mit verkürztem ä in
der letzten Stammsilbe stellt Vei'balnomina des Ortes dar, sie
sind feminini generis und bilden den Plural auf -it, z. B.:
mägdafd Plur. mägddßt Ort des Mordes
märagd „ märdgit Sitz der Gelehrsamkeit
mäyagd „ mäydgi't Grab (yiga begraben)
mäthand „ mäthdnit Mühle.
5. Statt des auslautenden -ä das Suffix -ö (gen. fem.) ge-
setzt, erhält man Nomina, welche das Werkzeug einer Hand-
lung ausdrücken; der Plural wird gebildet, indem an dieses o
der Consonant des Auslautes gesetzt wird; z. B.:
mäbö Plur. mdbob Gehör, Werkzeug des Hörens (von ha)
mähato „ mähdtot Kauwerkzeug (von hata kauen)
märago „ märdgog Lehrbuch (von räga wissen)
mäfakö „ mä^ö/coÄ; Instrument zum Schlagen (v. taka schlagen).
6. Aus dem Perfectstamm werden ebenfalls Nomina ge-
bildet und zwar, indem man auslautendes ä der ersten Person
in ä verwandelt; diese Nomina drücken das Resultat einer
Handlung aus, sind feminini generis und bilden den Plural
nach Art der vorangehenden Nomina; z. B. :
Sitzungsber. d phil.-hist. Ol. XC. Bd. I. Hft. 8
106 Reinisch.
uhqä PI. ühqaq Geburt (ii-bqa ich g-ebar^ von haqa gebären)
icgrd „ ngrar Hieb (ii-gra ich schlug, von gara schlagen)
utkä „ ufkak Schlag {u-tlca ich schlug, von taka schlagen).
7. Indem man den Perfectstamm mu- vorsetzt, dessen n
den Stammvocal sich assimilirt, erhält man masculina Nomina,
welche den Gegenstand, das Object einer Handlung ausdrücken;
ich kenne diese Formation jedoch nur bei zweiradicaligen
Verben; z. B.:
mu-hik PI. mu-lük-tik Botschaft (i-lika ich sendete, läka senden)
mn-qüy „ mu-qüy-riy Last [u-qw/a ich trug, qaya tragen)
mii-rüg „ mu-riig-iig Whsenschaü (^a-ri'ga ich erfahr, räga whsen)
mu-sul „ mu-sül-id Gegenstand des Gelächters (u-sula ich lachte,
sala lachen),
8. Aus dem Verbalstamm werden Nomina agentis, den
Beruf ausdrückend, gebildet, indem man an den letzten Con-
sonanten -to, fem. -tö, Plur. -tit ansetzt; z. B.:
hards-tn fem. haras-to PI. hards-tit Bauer, harasa pflügen
kafdh-to ,, katab-tö „ katdh-tit Schreiber, kataba schreiben
nagds-fo „ nagas-tö „ nagds-tit Herrscher, nagasa herrschen
raddn-to „ — „ rat/aw-iiY Schum, Schech,rrtc?a»a regieren.
9. An den Verbalstamm wird -t angefügt und man erhält
Nomina abstracta masculini generis; z. B.:
amandt PI. amdnot Depot, von amana anvertrauen
sayardt „ saydrot Beute, Sieg, von sayara erbeuten, besiegen
rahasdt „ rahdsot Reichtum, von raliasa reich sein
kahandt „ kohdnot Liebe, von kakana lieben.
10. Dieselbe Bedeutung kommt auch den Nomina auf -fö
(fem. gen.) zu, welches -to an den letzten Consonanten des
Stammes angefügt wird, wie kahnn-tö \Äehe, rahas- f ö Reichtnin]
rahas-tö liyo ich besitze Reichtum, ich bin reich = rohös kiyö;
rahas-tö la-tiya einer, welcher Reichtum besitzt = »-o/io.? kin
hiyäwto ein Mann, welcher reich ist.
Flexion der abgeleiteten Formen der Verba I.
Die Flexion folgt genau der von der Grundform, z. B. von
gadafa tödten: Lnperf. ä-s-gidifa ich Hess tödten, tä-s-gidifa
du u. s. w., Perf. i-s-gidifn, Subj. ä-s-gäddfo^ Imp. i-s-gidif!
Infinitiv ä-.9-^äcZö// Plur. ä-s-gädof das Tödtenlassen, mä-s-gädäfa
Die Sprache der Irob-Saho in Abessinien.
107
Anstifter des Mordes; mä-s-gädäfä Ort der Anstiftung' des
Mordes u. s. w. Passiv: ä-n-gddafa ich werde getödtet werden,
tä-n-gddafa du wirst getödtet werden, Reflexiv: ä-ta-gddafa
ich werde mich tödten, yi-ti-gidifa er hat sich getödtet.
Flexion der Verba 11.
Die Stammvocale bleiben in allen Zeiten und Arten un-
verändert; Infinitiv und Imperativ sind mit dem Wortstamm
gleich, die Flexion erfolgt durch Suffixe, Als Muster wählen
wir folgende Verba aus: ab machen, dirig mengen, dum unter-
gehen, had'd theilen, nn schlafen. Da die tertia feminini sin-
gularis mit der zweiten Person gleichlautend ist, so geben wir
für die tertia singularis nur die masculine Form an.
Singular
Aoristisches Imperfect.
Plural
1.
2.
3.
1.
2.
3.
db-ä
äb-fä
äh-ä
äb-nä
äb-tän
äb-än
dirig-ä
dirik-tä
dirig-ä
dirik-nä
dirik-tän
dirig-än
di'mi-ä
dum-tä
dum-ä
dum-nä
dum-tän
dum-än
hadil-ä
hadil-tä
hadil-ä
hadil-nä
hadil-tän
hadil-än
rin-ä
rin-tä
nn-ä
rin-nä
rin-tän
rin-än
Singular
Aoristisches Perfect.
Plural
1.
2.
3.
1.
2.
3.
äb-a
äb-ta
äb-a
äb-na
äb-tan
äb-an
düm-a
dum-ta
dum-a
u.
dum-na
s. w.
dum-tan
duvi-an
Singular
Subjunctiv.
Plural
1.
2_
3.
^
1.
2.
3.
äb-0
äh- to
äb-o
äb-no
äb-ton
äb-on
diim-o
dum-to
dum-o
u.
dum-no
s. w.
dum-ton
dum-on
Anmerkung 1. Die secuuda und tertia pluralis haben im
Imperfect und Perfect nach dem Personalsuffix ein /, als: äh-tä,ni,
äb-ani; äb-tani, äb-ani und im Subjunctiv ä als. äb-tonä, äb-onä.
8*
2Q8 Beinisch.
Der Coliortativ setzt an den Subjunctiv y an, als : äh-6y, äb-töy,
äb-öy, äb-nöy, äb-tonäy, äh-onäy.
Anmerkung 2. Verba mit auslautendem t assimiliren
dasselbe in der prima Pluralis an n, als: hJUi-nä wir essen
(= het-nä), ben-na wir assen u. s. w.
Anmerkung- 3. Verba mit auslautendem y und h verändern
diese Consonanten von f und n zu k und x, die auf s aus-
lautenden aber assimiliren das Suffix tä, ta, 1o und tan, ian,
ton an s zu sä, sa, so, sän u. s. w., z. B. Imperfect von bah
bringen, rag berühren, is machen:
Sing.
PI
ur,
1.
rdg-a
bali-ä
is-ä
2.
rak-tä
bax-tä
is-sä
3.
rag-ä
bah-ä
is-a
1.
rak-nä
bax-nä
is-nä
2.
rak-tän
bay-tän
ts-sän
3.
rag-än
bah-än
is-än
Das Negativ wird mit mä- gebildet, als mä-rm-ä, mä-rin-
tä u. s. w. Im Perfeet wird die Negation ausgedrückt^, indem
an den negirten Stamm das Hilfsverb iniyö, inifö u. s. w. au-
gesetzt wird, als: m-äh-iniyö, m-äb-initö, m-äh-inä ich machte
nicht, du u. s. w., mä-nn-imyö ich schlief nicht (auch dafür
mä-rin-a).
Duratives Imperfect und Perfeet.
1. An die aoristische Form wird das Hilfsverb na an-
gefügt, als:
Imperfect Perfeet
Sing. 1. äb-ä ä-na äb-a i-na
2. äb-tä tä-na äb-ta ti-na
3. äb-ä yä-na äb-a yi-na
u. s. w.
2. An den Auslaut des Suffixes vom bestimmten Verbum
wird k angefügt, als:
Imperfect Perfeet
Sing. 1. äb-ä-k ä-nn äb-a-k i-nn
2. äh-tä-k tä-na äbta-k ti-na
3. äb-ä-k yä-na äh-a-k yi-na
U. S. SV.
I
Die Sprache der Irob-Saho in Abessinien. 109
3. An die Form der ersten Person Perfeeti wird k an-
gefügt und diese unveränderlich bleibende Form mit der Copula
verbunden, als:
Imperfect Perfect
Sing'. 1. äb-a-k ä-na äh-a-k i-na
'&•
2. ah-a-k ta-na „ ti-na
3. äh-a-k yä-na „ yi-na
u. s. w.
Anmerkung. Dieses k kann auch wegbleiben, als äha
äno, äha täna u. s. w.
Die negative Form wird gebildet, indem an den obigen
Stamm auf -a oder -ak das negirende m-änäniyö^ m-änänitö w. s. w.
angesetzt wird, als: äba, ähak mänäniyö ich habe nicht gemacht.
Imperativ.
Der Verbalstamm stimmt mit der secunda imperativa
überein, als üb mache! rag berühre! u. s. w. Der Plural
lautet -ä oder -äi\tä, als: äb-ä oder äb-äntä machet! Das Negativ
setzt an den negativen Verbalstamm -in, Plur. -inä an, als:
m-äb-in tue nicht! m-äb-inä tuet nicht! mä-rin-in schlafe nicht!
Plur. mä-rin-inä schlafet nicht!
Gerundiv.
Die Formation desselben ist wie bei den Verben I, indem
an den Subjunctiv das Hilfsverb ki angesetzt wird, als:
äbo kiyö ich muss machen
äbto kitö du musst „
u. s. w.
Ebenso gebrtäuchlich ist die Verbindung von kini (es ist)
mit dem Subjunctiv, als:
Sing. 1. äbo kini = äbo kiyö
2. äbto kini = äbto kitö
Plur. 1. äbno kini = äbiio kinö
2. äbton kini = äbton kiiin
3. äbon kini = äbon kinön.
Particip.
Das eigentliche Particip fehlt bei den Verben II, dafür
werden die relativen Formen auf -tiyä, fem. -tyäj Plur. -mdrä^
HO
Reinisch.
sowie die relativen Formen auf -in und zwar genau so, wie bei
den Verben I angewendet; z. B. täy äha-tiyä mj ki)n = tay
äba-m äy kini wer ist derjenige, der das gemacht hat? miittä-m
lüäyta hast du nichts anzuziehen (wörtlich: hast du nicht er-
langt, was du anziehen könntest, von loäy finden^ sarit sich
bekleiden).
Verbalnomeu.
1. Der Infinitiv entspricht dem Verbalstamm; z. B. rin
maye kini der Schlaf ist wohltuend, mangüm rin umä viel zu
schlafen ist schädlich (von rin schlafen, rin-ä ich schlafe) u. s. w.
2. Das Nomen abstractum wird gebildet mittelst des Suf-
fixes -ö; diese Nomina sind feminiui generis und bilden den
Plural durch Anfügung des letzten Stammconsonanten an -ö; z. B
äb-ö Plur. äb-ob Tat von äh machen
abar-ö „ abdr-or Fluch „ abar fluchen
bad-ö „ bdd-od Tod „ bad verenden
bak-ö „ bdk-ok Ende „ bak aufhören
eser-ö „ eser-or Frage „ eser fragen
rim-ö „ rim-om Preis „ rim^ ram kaufen.
3. Nomina auf -ä, ebenfalls feminini generis, haben die-
selbe Bedeutung, z. B.
bah-d Plur. bdh-äh Not von bah arm sein
bok-ä „ bök-äk Kahlheit, Glatze „ bok kahl sein
dal-ä „ ddl-äl Geburt „ dal gebären.
Anmerkung. Trilitterae elidiren den letzten Stammvocal,
z. B. ark-ä das Erreichen, Ziel, von 'arak erreichen; orb-ä
Heimkehr, von orob heimgehen; garey-ä Diebstahl, von garay
stehlen.
4. Das Suffix -ßna, fem. -enä, Plur. -init bildet nomina
agentis; z. B.:
dayamit-ena Bettler, von dayam-it betteln, dayam. anrufen
akolis-ena Wäscher, „ akal-is waschen, akal rein sein
garay-ena Dieb „ garay stehlen
kalah-ena Reisender „ kalah reisen
rauf-ena Wächter „ j-aur bewachen
sarak-ena Baumeister „ sarah bauen
Anmerkung. Auch Bezeichnungen für Gebrauchsgegen-
stände werden so gebildet, z. B. daf-ena Bank zum Sitzen,
Die Sprache der Irob-Saho in Abessinien. 111
dlh-ena Ruder, fiy-ena Besen, lif-ena Keläl, Haarnadel_, sar-ena
Kleid u. s. w.
5. Das Suffix -inta, fem. -eutäj Plur. -hit-it bildet eben-
falls noniina agentis 5 z. B. :
alif-enta Türe als Verschluss von alif schliessen
bah-enta Armer, Bettler „ bah arm sein
ganzar-enta Schlächter „ ganzar schlachten
gar-enta Wanderer, Gast „ gaj- gehen
yttsb-enta Lohndiener „ ynsab mieten um Lohn
räb-enta Sterbender „ räb sterben
räb-s-enta Tödter „ räh-is sterben machen
ar-enfa heranwachsend „ ar wachsen
ar-s-enta Erzieher, Pfleger ,, ar-is wachsen machen.
6. Das Suffix -iü, Plur. -tit bilden nomina concreta feminini
generis, z, B. :
dayam-tö Geschenk von dayam anrufen um etwas
farnm-tö Testament „ farrim testiren
kohol-tö Augenschminke ,, kohol die Augen salben.
Das Substantiv.
Von der Ableitung der Nomina aus Verbalstämmen war
bereits die Rede. Wir wollen nun in kurzen Strichen das Ge-
schlecht, die Zahlbildung und die grammatische Verbindung
der Nennwörter zu zeichnen suchen.
1. Das Geschlecht.
Das Genus ist ein zweifaches, ein Masculinum und ein
Femininum. Die Ermittelung des Genus unterliegt keinen
Schwierigkeiten : die weiblichen Nennwörter endigen auf -ä,
-i, -i, -6, -ü, die übrigen Nennwörter sind männlichen Ge-
schlechtes.
2. Die Zahl.
Der Numerus ist ein zweifacher und zwar Singular und
Plural ; jedoch wird bei den Gattungsnamen sowohl im Singular
als auch im Plural unterschieden, ob das Nennwort ein Indivi-
duum, einen einzelnen Gegenstand aus einer Gattung, oder
aber den Begriff als solchen ausdrücken soll ; z. B. adam Mensch,
Plur. addmuvi Menschen, im Allgemeinen, als Gattung ; aber
112 Rein i seil.
adäm-to fem. adäm-tö ein einzelnes Individuum, männlich oder
weiblich, Plur. adäm-tit (gen. comm.) die einzelnen Individuen.
Der Individualis lautet im Singular -ta, -to für das männ-
liche, -fä, -to für das weibliche Geschlecht, im Plural -tit für
beide Genera,
Der Plural der Gattung ist entweder ein äusserer, gebildet
durch Suffixe oder Präfixe, oder ein innerer, gebildet durch
Veränderung der Stammvocale.
A. Der äussere Plural wird am häufigsten gebildet:
a) bei vocalisch auslautenden Nennw^örtern, indem der
letzte Stamm-Radical nach dem auslautenden Vocal wiederholt
wird; der Vocal der vorletzten Stammsilbe hat im Plural stets
den Wortton, auslautendes -ä des Stammes wird vor der Plural-
endung zu -a verkürzt; z. B, :
käkälakä Plur. käkäläka-k Process
kälä „ käla-l Thonerde
dite „ dite-t Finsterniss
gide „ gide-d Anteil
gili „ gili-l Daumen
hädö „ hädo-d Fleisch
ikö „ iko-k Zahn
ärrm'i „ ärrmi-m Zügel
b) Einige wenige Nomina bilden den Plural auf -t, als:
abina Plur. ubini-t Zauber
dho „ dhi-t Grossvater
ahuyä „ abuyi-t Grossmutter
dahina „ dahini-t Morgen
c) Lautet das Wort auf einen Consonanten aus, so wird
bei zweiradicaligen der Plural ebcnfsills durch Wiederholung
des letzten Stammradicals gebildet, jedoch dann zwischen diesem
und dem Pluralcharakter ein Vocal eingeschoben und zwar ä,
wenn der Vocal der Stammsilbe kein a ist, ö oder ü aber, wenn
der Stammvocal a ist; z. B.:
o.f Plur. <if-6f Mund, aber
har „ bar-ör Nacht „
han „ han-ün Milch „
kab „ kab-öb Nähe „
Anmerkung. Die beiden Nomina läh Ziege und ruh
Geist bilden im Plural: d-läh und n-nih, auch ä-ruwah', ferner
bol
Plur.
bol-äl Höhe
his
;?
bus-ds Vulva
dor
»
dor-är Tränke
dik
n
dik-äk Dorf.
Die Sprache der Irob-Saho in AbesBinien. 113
dik Dorf und kis Sack, haben im Plural dik-ä, kis-ä neben
dik-äk, kis-äs ; s. unten.
d) Vocalisch wie consonantisch auslautende Nennwörter
bilden den Plural auch auf -ä und -wä und zwar auf -ä die
consonantisch endigenden, auf -wä die vocalisch auslautenden
Nomina; vor diesem -ivä wird der auslautende Stammvocal zu
0, u verändert, wenn derselbe ein anderer Vocal als o, u ist,
lautet dieser aber o oder u, so wird er vor -wä zu ä ver-
äbir-ä Riese Ua Plur. elo-wä Cisterne
afur-ä Eidechse gada „ gado-wä Thal
faqih-ä Lehrer gäli „ galu-wä Flüg-el
igil-ä Bach iUo „ illä-wä Korn
B) Der innere Plural zeigt folgende Fälle:
a) Vocalisch auslautende werfen im Plural den Endvocal
des Stammes ab ; ist der Vocal der vorletzten Stammsilbe kurz,
so wird er im Plural gedehnt; z. B. :
arvrä Plur, drur Schlange
bödin Schneidezahn
engi7- Rinde
gälod Messer
häbub Pavian
yängid Hyäne.
b) Ist der Vocal der vorletzten Stammsilbe ein a oder ä,
so verändert sich dasselbe im Plural zu o oder ?/ ; z. B. :
biyake Plur. biyuk Wunde
ändert; z
. B.
äbir
Plui
afur
»7
faqih
^^
igil
n
bodinä
n
engirö
)5
galöda
»
habüba
)7
yangüla
?)
ebanä
»
ebim junge Frau
gäsä
»
gos Hörn
harä
ji
kor Baum
kabarö
n
käbiir Trommel
laqayö
»
läqoy Silber.
c) Geht dem auslautenden Singularstamm ein Doppelcon-
sonant voran, so wird im Plural zwischen diese zwei Conso-
nanten ein a eingefügt, wenn der dem Doppelconsonanten
vorangehende Vocal ein o oder ic ist, wenn aber dem Doppel-
consonanten ein anderer Vocal als a vorangeht, so wird zwischen
diese zwei Consonanten ein o oder ii eingeschoben ; z. B. :
114
Beinisch.
horsö Plur. börns Schamgürtel
dorhö „
Jciirmä „
ßij'dä „
gömhu „
dar ah Henne
kuram Höcker
fürad Hafen
gomäh Jüngling
dakhä Plur. dögidj, Gritze
dihnä „ dibun Kinn
etrö „ etor Topf
g'arse „ qurüs Tal er
kirdä „ kirud Armband.
d) Dem Stamme nach verschieden ist der Plural folgender
Nomina:
bärä Plur. räylö Sohn, Knabe
härd „ säytö Tochter, Mädchen
nimiä „ säyö Frau
sagCi „ lä Kuh
e) Consonantisch auslautende Nennwörter verändern ein ä
vor dem letzten Radical zu o, u, dagegen a zu i] o und n vor
dem letzten Radical werden zu ä: z. B. :
agäb Plur. ägob Sünde dambdr
änroh Zunge fards
bülud Feuerstein märahdl
diroh Lüge mätahdn
dükun Zelt gomhöd
liibuk Löwe goniöl
mändol Nagel hotük
anräb
r>
buläd
n
diräb
57
dtikän
?7
lubdk
V
mandäl
»
Plur. dämbir Stirn
färis Pferd
märähil Pfrieme
matähin Mühlstein
göinbad Asche
gömal Baumstamm
hötak Stern.
3. Die Casus.
A. Das Subject. Die Stellung des Subjects ist vollkommen
frei, es kann vor oder nach dem Verbum stehen; z. B. icüi
bära yina oder gina tvüi bdra es war (einst) ein Knabe.
B. Der Genitiv steht entweder
a) ohne äusseres Merkmal unmittelbar vor dem regierenden
Nennwort, wie Irob bnrö das Land der Irob, Iroh iväni die
Irobsprache, lubäk räyld die Löwen-Jungen, harä rigid Fuss
des Baumes.
b) Das im Genetiv stehende Wort wird mit dem regie-
renden Nomen mittelst -ti verbunden; z. B. bdr-ti ifö Licht
der Nacht, laldy-ti ifö Tageslicht, Idk-ti hadö Schenkelfleisch.
Anmerkung 1. Dieses ti erscheint auch als t; z. B.
barä-t dbbä der Vater des Mädchens, dbbä-t dbbä Grossvater,
numä-t barä die Tochter der Frau.
Anmerkung 2. Vor folgendem s und n assimilirt sich
dieses t bisweilen an s und n, z. B. qddy-s säytö die Töchter
Die Sprache der Irot-Saho in Abessinien. 115
des Kadi, numä-s sähih der Freund der Frau, abhä-n nvviä die
Gattin des Vaters,
c) der Genetiv wird auch mittelst -hi ausgedrückt, z. B.
lä-hi gos die Hörner der Kühe, galäi/tö-hi läk der Fuss des
Kameeis, giiffa-hi qamis das Hemd des Knaben, nugils-hi ydri
das Haus des Königs.
Anmerkung. Statt -hi wird auch ha und h angewendet,
ebenso blosses i, z. B. nugus-ha ydri und nugus-i ydri das Haus
des Königs, galäyto-y haclö Fleisch des Kamels.
d) Häufig wird der Genetiv auch so ausgedrückt, dass
das dem Sinne nach abhängige Wort als absoluter Nominativ
mittelst des possessiven Pronomens mit dem regierenden Nenn-
wort verbunden wird, z. B. ay hiyäioti käy dhbä yina dieser
Mann sein Vater lebte = der Vater dieses Mannes lebte.
C. Der Dativ wird meist mittelst -ak nach consonantisch
auslautenden Nennwörtern, -k nach vocalisch endigenden Nomina
ausgedrückt, z. B. fards-ak illo ohuya ich gab dem Pferde
Korn, abhä-k folö tohöya sie gab dem Vater Brot.
Anmerkung. Wenn mit dem Dativ kein Accusativ ver-
bunden ist, so erscheint auch der Dativ ohne äusseres Merk-
mal; z. B. dhhn oho gib (es) dem Vater!
D. Der Accusativ zeigt keine äussern Merkmale, in der
Regel steht er unmittelbar vor dem Verbum, d'ikil äy hiyäwä
moröhisa er führte diese Männer ins Dorf. Nur wenn Dativ
und Accusativ in einem Satze zusammentreffen und der Wort-
körper des Dativs dem des Accusativs an Umfang nachsteht,
geht der Accusativ dem Dativ voran; z. B. folö yo oho gib
mir Brot! giräyto dbbä-k bah bringe Feuer dem Vater! da-
gegen : Äbdalla-k folö ohöya ich gab dem Abdallah Brot.
E. Der Vocativ hat in der Regel ebenfalls kein äusseres
Merkmal, z. B. y' Abhä o mein Vater! ribbä amö komm' o
Vater! doch findet sich bei vielen Nominibus im Vocativ ein
Suffix -u, z. B. y sayala-u amö komm' o meine Schwester! eben-
so: bärä-u 0 Sohn! bärd-u o Tochter! dbbä-u o Vater! liibäk-u
o du Löwe!
F. Die Richtung nach einem Ort oder Gegenstand wird
mittelst der Postposition -d oder -l (gleichbedeutend im Ge-
brauche) ausgedrückt; -d, -l werden gebraucht, wenn das Nenn-
wort auf einen Vocal auslautet, als: ydri-d, ydri-l ins Haus
116 Reinisch.
hinein^ nach dem Hause zu. Lautet aber das Nennwort auf
einen Consonanten aus, so wird ein Bindevocal eingeschoben,
der mit dem Vocal der vorangehenden Silbe übereinstimmt;
z. B. aräf-äl oder ärät-äd zum Bette hin, nugns-xd zum König
hin, gomhud-od in die Asche hinein, dik-id, dik-il zum Dorfe hin.
Anmerkung. Wenn die Partikel -lan also nun auf
diese Postposition unmittelbar folgt, so lautet dann diese letz-
tere -lä statt -d, -l, als: käy-lä-lan zu ihm also, dik-lä-lan nun
hin zum Dorfe.
G. Die Gesellschaft wird durch -li ausgedrückt ; z. B. xjö-li
rin schlaf mit mir! am'i, sin-li wäniso ich möchte mit euch
reden, faräs-li ydmata er kam mit dem Pferde.
H. Die Richtung von einem Gegenstande oder Orte her
wird mittelst -ko ausgedrückt; z. B. atn aula-ko tamdta woher
kommst du? anii Manddr-ko dmata ich kam von Arqiqo, anu
kumdl-ko mn-hetiniyö ich habe seit gestern nichts gegessen.
I. Das Verharren an einem Orte wird ebenfalls mittelst
-d oder -l bezeichnet, als anu Unküllu-l däfäya-k ana ich wohne
in Mukullu, dagegen Unki'dki-l ädäivo ich möchte nach Mukullu
gehen. Der Sinn des Verbums zeigt hier wie in andern Fällen
an, ob -d oder -l in der Bedeutung: nach, zu oder als: in
aufzufassen sei.
Das Adjectiv.
Sämmtliche Adjectiva sind eigentlich nur Participia, deren
Ableitung von der Verbalwurzel bereits oben behandelt worden
ist. Die Verbindung mit dem Nennworte ist eine zweifache :
entweder werden sie dem Nennworte vorangestellt, wie ilis rä
ein schwerer Stein (ilis von alasa schwer sein) oder sie werden
dem Nennworte nachgesetzt und mit -yä (gen. comm.) oder
-ti-yä, fem. -t-yä, Plur. -mcirä verbunden, z. B. rä ilis-yä ein
schwerer Stein = Stein schwer seiend welcher; dulüs hiyäwti
oder liiyäioti didus-yä, hiyätvti didus-tiyä ein fetter Mann, didüs
mimä oder niimä dtdus-yä, — dulus-t-yä eine fette Frau.
Geht das Adjectiv dem Nennwort voran, so bleibt es im
Singular wie Plural unverändert; als: didiis hiyöivä fette Männer,
didüs säytö fette Frauen; wird das Adjectiv dem Nennworte
nachgesetzt, so erhält es das SufHx -niärä, als: säytu drdus-
märä fette Frauen u. s. w.
i'
I
Die Sprache der Irob-Saho in Abessinien. • 117
Steigerung des Adjfcttvs.
Der Comparativ wird durch die Postposition -ko ausge-
drückt, welche dem verg-lichenen Nennworte, das stets die erste
Stelle im Satze einnimmt, nachgesetzt wird, z. B. Ährähim
ydri-ko ku ydri mnye kini dein Haus ist schöner als das Abra-
hams, yo-ko ah'i rohös kitö du bist reicher als ich. Iroh bärö-ko
Hamasen rohös bärö kini Hamasien ist ein reicheres Land als
das der Irob. kü-ko numd ärd mayetyä hitä ich werde eine
Frau heiraten, welche dem Antlitze nach schöner ist, als du.
Der Superlativ wird ausgedrückt, indem dem verglichenen
Nenn Worte umbi (Saho umhakd) jeder vorangestellt wird; das
verglichene Nennwort steht sowohl im Singular als auch im
Plural; z. B. ^lmbi diki-ko y dik rohös kini mein Dorf (Heimat)
ist reicher als alle Dörfer = mein Heimatsdorf ist das reichste
von allen, dik-ti umbi numä-ko (oder säytö-ko) ku numd mayg
kini deine Frau ist die schönste des Dorfes, umbi Sähö-ko Irob
yubus-mdrä kinön die Irob sind die ärmsten unter allen Saho.
Das Pronomen.
I. Das Personalpronomen.
1) Für den Nominativ lauten die Formen also:
anü ich nänü wir
atü du dtin ihr
üssuk er ussun sie
issi sie
2) Die abhängigen Casus werden also bezeichnet:
y (S. yi) mein, yo, yoyä mir oder mich (auch so vor Postpos.)
ku dein, ku, kuyä dir ,, dich „
käy sein, käy, käyä ihm „ ihn „
tay ihr, tay, tayä ihr „ sie „
na, ni unser, no, noyä uns „
sin, sinni euer, sind euch „
tan, ihr, tanä ihnen, sie „
Die Formen für den Genetiv werden den Nennwörtern vor-
gesetzt, z. B. ku säydl-kn y säydl häyla-li kini mein Bruder ist
stärker (mit Kraft) als deiner.
Anstatt ku, käy und tay sagt man auch isi und für tan
auch sini, wenn das possessive Pronomen mit dem Subject der
1 lö ' Reinisch.
Person nach übereinstimmt; z.B. afti ist säydl m-ägdaf in tödte
nicht deinen eigenen Bruder ! nngns ist hiijäwä-l ydmata der
König kam zu seinen eigenen Leuten, hiyäioä sini dik-ü öroban
die Männer kehrten heim in ihr Dorf. Für: mein eigen, unser
eigen sagt man auch liinni und nini, als: hinni inä-l dmata
ich kam zu meiner eigenen Mutter, nini säyöl-id oröhno wir
wollen zu unsern eigenen Brüdern heimkehren.
II. Die Demonstrativa.
1) «, ay dieser (gen. comm.), ä-ti-yä (m.), ä-t-yä (fem.), PI. ä-märä
2) tä, täy dieser (gen. c), tä-, täy-tiyä (m.), iä-, täy-tyä (f.), PI. -märä
3) ammä, ammäy dieser (gen. comm.)_, ammä-tiyä u. s. w.
4) tämmä, tähammä, täliammäy dieser (gen. comm.) u. s. w.
5) 0, wo jener (gen. comm.), o-tiyä u. s. w.
6) to, toy jener (gen. comm.), fo-tiyä u. s. w.
7) tommä, tommäy jener (gen. comm.), tommäüyä u. s. w.
Beispiele: atu äy numä tigdifa hast du diese Frau ge-
tödtet? iäy hiydwto söla-k täna, täytiyä y säydl kini kennst du
denn diesen Mann da nicht? dieser ist ja mein Bruder, täham-
mätiyä nähärönä, totiyä näsdäicdnä radänto no-k mä-rahinä sagte
uns der Häuptling nicht, dass wir diesen da binden, jenen
aber laufen lassen sollten?
Anmerkung. Vor Postpositionen -d, -l, -li wird das
Demonstrativ äy zu e verändert ; z. B. täy e-l näna härö ni bärö
mä-ki dieses Land, in welchem wir uns befinden, ist nicht
unser Land. Vor der Dativendung -k lautet es ä = ak und
dient in dieser Form auch für den Dativ des persönlichen
Pronomens im Singular, bisweilen auch statt tan-ak (Plur.);
als: ak ydrcJia er sprach zu ihm.
III. Das Interrogativ.
a wer? was? auch a-iiyä, fem. d-tyä, Plur. a-viärä.
Beispiele, a lahahäyio yamntd-ti wer ist der Mann, der
gekommen ist? totiyä a liiyäwto wer ist jener Mann? töfyä a
numa wer ist jene Frau? täymärä ä hiyäicä wer sind diese
Männer? atu a-tiyä wer bist du? atü a ähtä was machst du?
tarehd-m qäl a qäl was ist das für ein Wort, das du aus-
gesprochen hast? täy härö-l a dbto tamdta weshalb kamst du
in dieses Land (^ um was zu tun kamst u. s. w.).
Die Sprache der Irob-Saho in Abessinien. 119
IV. Das Relativ.
1) Die einfachste Art, das Relativ auszudrücken, besteht
darin, dass man den Relativsatz dem regierenden voranstellt;
z. B. ist dik-il räyeta fina bärä bisifa er raubte das Mädchen,
welches in seinem Dorfe zurückgeblieben war.
2) Wird der Relativsatz dem regierenden nachgestellt^ so
tritt an das Verb des Relativsatzes die Partikel -yä oder -m ;
als: bärä bisifa ist dikil räyeta tina-yä oder tina-m.
Das Numerale.
I. Die Grundzahlen.
1 enik (S. inik) 11 e,nikän ka tämmän
2 lämmä
12 lamm an „ „
3 ädöh
13 ädohän „ „
4 äfär
20 länimä tännä
5 kö)i
21 lämmä tännä ka enik
6 Iah
22 „ „ „ lämmä
7 maJ.ehdn
o •
30 säzzäm
8 hähär
31 „ ka enik
9 sägä/
32 „ „ lämmä
10 täm/män
40 maro-töm
50 kon töm
100 bol
60 lahä tom
200 lämmä hol
70 malehdn
tomman
1000 .n%
80 bähär
71
10000 alf
90 sägäl,
»
20000 lämmä alf.
II. Die Ordnungszahlen.
Für den Ausdruck erster wird ardr gebraucht, von
2 bis einschliessend 5 wird den Grundzahlen mä.- vorgesetzt,
von 6 an aber werden die übrigen Ordinalia gebildet, indem
man den Grundzahlen -yä nachstellt; als:
1. afdr 6. lah-yä
2. mä-lämmä 7. mah^ian-yä
3. m-ädähä 8. hähär-yä
4. mäfärä 20. lämmä tännä-yä
5. mä-käwän u. s. w.
120 Reinisch
m. Die Vervielfältigungszahlen.
Die Multiplicativa werden gebildet, indem man den Grund-
zahlen das Wort gvl Zeit (S. g^d) nachsetzt ; statt enik er-
seheint aber dann inki, als: inki gnl ein Mal, die folgenden
Grundzahlen zeigen im Auslaut -ä^ als: adohä gnl, konä gul,
lahä gul u. s. w.
Coiijnnctioiieii.
1) Die Bindepartikel lautet ka und, als: Josif ka Tomas
yamatin Josef und Thomas sind angekommen.
2) Die Trennungspartikel lautet -la, z. B. : anü garaySna
mä-h'yö, atu-la kifö ich bin kein Dieb, aber du bist einer.
islüm-H ydri-l raä-orohin, kistän-ti yari-l-la oröb kehre nicht
ein in das Haus eines Mohammedaners, sondern in das eines
Christen !
Partikeln.
1) -gul drückt die Gleichzeitigkeit aus, z. B. : rinä-gul niä-
ivänisinä während ich schlafe, sollt ihr nicht plaudern, y nvmä
mnryesita-gul anü güffä ki ina als ich meine Frau heiratete,
war ich noch ein Jüngling.
2) särä (Ende) entspricht in Temporalsätzen unserem
nachdem, z. B. : y dbhä räba särä (auch sävä-l) y dik häha
nachdem mein Vater gestorben war, verliess ich meine Heimat.
yäri häbta särä-l inä tdmata nachdem du das Haus verlassen
hattest, kam die Mutter.
Anmerkung. Das dem särä vorangehende Verb kann
auch mit -k verbunden werden, als: räha-k särä nachdem er
gestorben war, hähta-k särä nachdem du verlassen hattest u. s. w.
Die Sprache der Irob-Saho in Abessinien. 121
Eleazar von
Al^azär yilöh.
Mariens Dorf seiend Betania zu Namen den Eleazar ihm
1. Mävyä härö hin Biianyä-l migäya-h Al§<izdr ak
sie sagen, der krank war ein Mann er war. ihre Schwester aber (war)
yän lähüta §nki Jnyäwfi yina. tay sdyglä-la
Marta.
Märtä.
Maria aber unsern Herrn Salben (mit) gesalbt hat welche sie war,
2. Märyä-la ni mädärä-h miyam tüskiita tiyä kini,
seine Füsse aber (ihrer) Person von Haaren mit sie trocknete, ihr Bruder
käy ibd-lan rdg§-ha dägärd-k tidriza. tay säydl-
nun Eleazar war.
lau Al§azdr kini.
Seine Schwestern (zu) Jesus Nachricht die: unser Herr! jetzt
3. Käy säyöl Yasus rägd-h: ,ni mäddrä! kddo
den du liebst derjenige er ist krank welche sagten sie schickten.
kihintä-tiyi lähütä yäna^ yani-h färiman.
Jesus nun da er hörte: diese Krankheit Gottes Ruhmes
4. Yasüs-lan yobd-h: ,täy dälkd Fugt mosd-h
Ursache aus, Gottes Sohn um ihn durch dass er geehrt werde es ist da (weil),
ydö-h, Fitgi häri-lan käy yilöh mosäysimo kini-kä-h,
Tod zu [nicht ist'] er sagte.
räbd-h [mä-ki'J ydr§ha.
ö f A-ftA'> ■ ?'i]l) ■ ;I-J2.^AJi •• f ^ • 'r*fli1^ • 'i.A-rÜi ■ 4-x •
a2'A'> : h^'V.A-;h ' rfi^tuT • \ixui) • ^nr"h » ^'clfi «
Sitzungsber. d. phil.-hist. Cl. XC. Bd. I. Ht't. 9
122 Reinisch.
Jesus aber die Maria und ihre Schwester Marta (und) Eleazar
5. Ya.ms-lo Märyd-ka tay säy§lä Märtä Al§azär
er liebend war.
kihini-yina.
er erkrankte dass er hörte als an welchem er war Ort am zwei
6. Läküta-h yöha-gul el-yind bäro-l lämmä
Tage er blieb.
laldy difiya.
Diesen von Ende am seinen Jüngern zu wiederum Juden
7. Tähammi-h särd-h ist därds-äk: ,ldyal Yihüdä
Land nach wir wollen ziehen ihnen zu er sagte.
härö-l nädäiüoy!' tdn-äk yd.
Seine Jünger nun Herr! jetzt die Juden dich
8. Kay däräsä-lan: ,mäddrä! kddo Ayliäd ku-
dass sie steinigen suchend nicht sie sind? wiederum diese Gegend in
sähäyönä güräy-mi-yäuini-ho? Idyal am-uld-l
Gehen im du bist? zu ihm sie sagten.
adiyi-k-tdna? ak ydn.
Jesus nun Tag des Stunden von zwei und Zehnheit
9. Yasiis-lan : ,lalay-ti säyd-t lämmän-ka- tdmviän
nicht ist? er sagte (bei) Tag welclier geht der Mann dieser
7nä-kä-ho ?' ydr§ha ; ,laldy yddiya hiyaivH, täy
Welt von Licht sehend er ist weil, nicht er stosst sich an.
eduniyd-h if'6 db§li-ydna-hi mä-^ndäfüä.
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AAö ■ ,e^,f : rk^a»--/: • ;I-J& = hA.>JV • A,fc" : Ai'nA..ejVL ■ '^y
Freund
er ist
eingeschlafen
salilh
rina
nun
(]
iss ich gehe
ich bin
lau
adäioo
kiyö'
Die Sprache der Irob-Saho in Äbessinien. 123
Dieser in das er sieht Licht nicht hat er weil, Nachts
JO. Tämmd-l ydb§la i-fö mä-la-hi, här
(welcher) er geht dieser nun er stosst sich an.
yädiyn, ti-lan andäfitä.
Seinen Jüngern zu also ihnen zn er sprach. Diesem von
11. Isi däräaü-k iühdm tdn-ilk yd. fcdiavimi-k
Ende nach Eleazar unser
scirä-h : ,Al§azär, ni
ihn dass icli aufstehen lasse
ka- ic^giiso-
ihneu zu er sprach.
tdn-äk yd.
Seine Jünger nun o Herr! er schläft wenn also
12. Kay däräm-lan : ,mädärc( ! rinä-do-lan,
er wird gesund werden, er wird aufstehen nun ihm zu sie sagten.
yafiyätn ogiitä- lan' ak ydn.
Jesus nun sein Tod von Schlaf von Moment über
13. lyasiis-lan käy rCdn-li rin-ti mäh yildh
er redete sie aber Schlaf von Moment über ihnen zu er spräche dass
ydrejia; issln-la rin-ti-mäh yllöh fdn-äk yd-m
sie meinten.
ydkalan. '
Diesem von Ende am Jesus er offenbarte indem Eleazar
14. Tilknmmi-h särä-li lyasüs yddosa-li: .,Al§azdr
er ist gestorben ihnen zu er sagte.
räba' tdn-äk yd.
hilf} •'
1(0 V ^i.f A-rtA'> : Jj.ft/.n.ü ■ S-i'linx) • "/,A-ü : ?'i:"Si •'
124
Iteiniscli.
Auf dass ihr glaubet dort iiiclit war ich weil ich nun neuer
15. Tämänöuä täm'-Tilä m-ini-yo-hv, anü-lan sin
wegen Freude in ich bin ilim zu nun wir wollen gehen !
yilöh afizihn-k äna; käy-lä-lan nädäwoy!^
Didinios ihn (den) man nennt Thomas aber dessen Gesellschaft seiend
ItJ. Didimos äk yüa Tomäs-la ist dohä hin
Jüngern zu wir nun ihm mit dass wir sterben auf wir wollen gehen!
däräsä-k: ,nüiiü-lan käy-lih räh§7io-k nädäwoy !'
ihnen zu er sagte.
tdn-äk yd.
Jesus Bitauiya von Gegend nach er ging diese Gegend
17. Yasiis Bitänyä-t-tdü-l yddaya. tämm' ülä
er hat ei-reicht da er wurde begraben dass seit vier Tage er war vergangen
gufd-h yunmyugd-m-ko afärä laldy häka-ti-yä
waren es dass ihn er fand
yakd-h küy gdya.
Bitania nun Jerusalem von entfernt ist fünf und
18. Bitänyä-lan lyaruscdmi-ko räyar kini konäm-ka-
zehn-heit Meilen von es beträgt.
tämmän mi§räfi-yä fäka.
Juden von viele
19. Ayhüd-ko mängöni
sie damit sie trösteten Maria
tan tcay§sisönä Märyä
gegangen waren.
adi yinin.
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deren
Bruder's wegen
tan
säyaU-h yilöh
und
Marta von Ort nach
ka
Märtä-t-ulä-l
Die Sprache der Irob-Saho in Abessinien. 1 25
Marta Jesus er ist gekommen dass sie hörte als sie ging aus
20. Märtä Yimis yamat<i-m töba-gul, taw§ye-h,
ihm zu sie ging entgegen, Maria aber Hause im zurückbleibend
dk-äh gärdyta, Märijä-lan ydra-d difaytdh
sie war.
tina.
Marta aber Jesus zu mein Herr! hier du wärst gewesen wenn
21. Märtä-la Jyasüs-uk : ,y mädärä! tä-l täniyd-do,
mein Bruder den Tod nicht er wäre entschlafen zu ihm sie sagte.
y säydl räbd mä-rärinä' ak td.
Jetzt aber Gott du gebeten was Gott dir zu er wii'd geben dass
22. ,Kädo-la Fiigo räyimtd-h, Fugi ko-h- yähayd-m
ich weiss.
driga.'
Jesus aber dein Bruder wird aufstehen zu ihr er sagte.
23. lyasus-la: ,ku säydl ugütä^ ak yd.
Marta nun letztem Tage die Verstorbenen
24. Märtä-lan: ,särä laldy, räbdytit
sie werden auferstehen wenn er wird auferstehen dass ich weiss.
tigüitä- gulj iigütä- m driga.'
Jesus nun ich bin's an mich er glaubt der welcher
25. YasÜH-lan: ,anü kiyö, ydyä yämina- ti-yh
er stirbt wenn, er wird genesen, o Marta!
rähä-do, urä Martä!'
K flJ ö "7r:;^A'> : fl/.- •• AA<> ■ /..n.e./:'l* ■■ h.7;>7A •• h-T-
^C;^ ...
126 Keinisch.
an mich sie glauben welche alle ewige Zeit für
26. yYoyä tämina-m umhik, ummän-gul-iih
nicht sie werden sterben. Dieses glaubst du?
mä-rübän. tähdni täminaP
Du "Welt in (welcher) kommt Gottes Sohn seiend
27. ,Atü edoniyä-l yämita Fvgi bärä hin
Christus du bist dass ich o mein Herr! ich glaube zu ihm
Krestös kitö-m yö ico yi mädärä! anü amina' ak
sie sagte.
td.
Dieses sie hatte gesagt als ging sie ihre Schwester welche ist
28. Tähdm tar§hd-h tddaya. isi säy^lä kin
Maria heimlich sie rief auf! du! unser Lehrer er ist gekommen
Märyä yindäkih ddyt^ta: ,ahdy ko ! ni mämhir ydmata,
dich ersehnend er ist zu ihr sie sagte.
ku daydyla yäna^ ak td.
Sie hatte gehört als
schnell
sie stand auf
ihm zu nun
29. Töha-gid
rali
ugüttctj
käy -Id- lan
sie ging.
tddaya.
Marta ihm zu gekommen war Orte am er war noch weil
80. Märtd e-l gäiäyta sifrä-l yind- käh
noch nicht Haus in Eintritt nicht machend er war.
ganä ydra-d säy-näha-h yina.
u] aoii^h : ;,.A •• ;V...l'.'/- •• rt.'iV-A •• |'.Vhü ■ J V ' 0^^ ■
fiy-Uthl) ■• ^.i ■
Die Sprache der Irob-Saho in Aljessinien.
127
Hause im
31. Fdra-d
ihr bei (welche) waren
ta-lih ylnin
sie (eam) tröstend
tay icay§sisä
(welche) waren die Juden schnell sie standen auf sie ging weg dass
ymin Ayküd rah ugütan tdw^ye-h
dieselbe sie sahen als ihr nach sie folgten, diesem zu ihn dass sie beweine
ta- yuh§Un-giil, td-d yandabarin, tämmä-l akäh ivdy^to
seinem Grabe zu sie gehe dass meinend sie waren.
käy mäyagä-l tädiya-m yakalani yinin.
Maria Jesu zu sie kam Zeit in ihn sie erblickte seine
32. Märyd Isüs-ul giifta-ytU-ln, käy tüb§la, käy
Füsse von Unterteil zu aber vor ihm sie fiel nieder mein Herr!
gubä-l-la akäh tisgida: ,y mädärä!
wenn mein Bruder den Tod
do, y säydl räbd
ibi-h
hier
tä-l
du wärest gewesen
täniyd-
nicht er wäre nicht entschlafen zu ihm sie sagte.
ma- rarina^
ak
tdr§ha.
tan
Jesus Weinen im dieselbe er sah als
33. Yasüs tcdya-k ta yub§ld-gid,
(die) gekommen waren die Juden also Weinen im dieselben
yamatin Ayhüd-lan wdya-k
Zeit in seiner Seele von er weinte,
giU-hi, isi mänfäsä-h icdy-ydr§ha, isi
er wurde erregt.
rngdnräga.
seinem
ihr mit
ta-lih
er sah
yub§la-
Gemüthe in nun
rdge-h-lan
128 Reinisch.
welchem Orte an ihr habt begraben? sagte er. Herr!
34. ,A rikd-l toyoginP ydr§ha; ,mäddrä!
dass du sehest auf komm! zu ihm sie sagten.
tdb^lo-k cmiö!' ak ydn.
Jesus nun weinte.
35. lyasüs-lan wdye.
Die Juden nun sehet! wie sehr ihn er liebt
36. Ayhüd-lan: ,uhulä! aydä käy kihmä!'
sagten sie.
ydr§hin.
Einige ihnen von Auge nicht Besitz des Habenden Auge
37. Laya tdn-ko: ,§nti mä-lo-li inti
(welcher) öffnete dieser da dieser da nun ihm er nicht sterbe dass
fäka täytiyi, täytiyä-lan akäh räba-wäkäh
er mache Macht von nicht ist? sprechend sie waren.
dbo riya-k mä-nä-'aP yänä-märi yinin.
Wiederum Jesus seinem Herzen in wurde traurig seinem
38. Loyal lyasüs ist afyadö-h yitikiza, käy
Grabe zu er ging eine Gruft nun war es seinem Kopfe auf ein Stein
mäyayd-l yddaya. holö-lan tina, käy aniö-l räyi
als Verschluss angebracht war.
al§fima-h yina.
m (D 7. Af '^'>^l •• h'i't: •■ "7A"A. • Kl± ' 4'\l • ;i-JP--/:P. •
(natx APA •• hsihfi ' Kd, • h^oF-lh ' i^t-M^n •• h^.^lo
Die Sprache der Irob-Saho in Abessinieu. x2v
Jesus aber den Stein nun lieht weg! ihnen zu er sagte.
39. Yasiis-la: ,rä-lan esgayidäd!' tdn-äk yd.
dem Verstorbenen von die Schwester Marta mein Herr! heute
rähotiy\-h säy§ld Märtä: ,y mädärä! käfi
der vierte (Tag) geworden ist da Verwesung von Geruch von er ist
viäfärä ydka kini-ki, ahäsd-h itrayd-h kini'
zu ihm sie sagte.
ak td.
Jesus aber Gottes Glorie dass du sehen sollst du glaubst wenn
40. Yasüs-la : ,Fugi mosd täb§lo tämina-do,
die zu nicht sagte ich? zu ihr er sagte.
ko-k m-ini-yo-ho?^ ak yd.
den Stein nun sie hoben weg Jesus aber seine Augen Höhe in
41. Rä-lan yasgdyedin. Yasüs-la is intit ayännä-l
er erhob Vater! mich erhört habend du bist weil dir dankend ich bin
ugüsa: ,dbha! y
töba-h
tana-i
hl, kii viosaysita-k-äna'
er sagte.
ydr§ha.
ich zwar
42. ,Anü-lan
alle Zeit
ummän-gid
mich
y
du hörst dass ich weiss
täba-m drlga ;
jetzt aber du mich du hast geschickt dass des ^'olkes wegen dass sie glauben
kddo-la atü y nnyltd-m bäli-h yämänöna
Unwissenheit in (welche) sind Leute von Ursache aus dieses Sagen
solani-h ydnin hiyäwi-Ii yilöh d- y-
im ich bin.
k- änaJ'
h.7rt " h(\ •' M'dV ■ ;>>y. : Yhr A5'.A.;i->i> ■• V'cVh •••
y-^^^i-r • nA.ü : ^r'"w ■ aa>.u • n'i •• 'KyHli1^ ■■ ",,fi-v ■•
130 Reinisch.
Also er hatte gesagt da, grosser Stimme mit er rief
43. Tähdm yar§he-h, nähä anclähd-h wäy-ydr^he:
Eieazar komm heraus geh' aus sagte er.
jAl^azär, amö iro-l! ewdy!' ydr§he.
Dieser Verstorbene nun Füsse und Hände er ward gebunden
44. Ammäy rähoyti-lan ihoh ha gahoh yimruwd-h
ihn er war begraben da ja sein Gesicht aber eingehüllt war ihn
akäh yimginiza-kä-h, käy ndf-la matamtamyä-h, cikäh
er war eingewickelt obgleich, er kam hervor. Jesus nun Eile in
yimtiqlila-kä-h, ydif§ye. Yasus-lan: ,kämh6-h
bindet auf dass er gehe nun lasset!
unhüwä, yädävjo-lan Jidbä!'
Maria und Marta zu (welche) gekommen waren Juden von
45. Märyd-ka- Märtä-l ydmatan Ayküd-ko
viele Jesus er hat gemacht das sie sahen da, ihn auf
mängdm lyasüs ahd-m yiihelini- h, e-l
sie glaubten.
yamdnin.
ihnen von aber der Pharisäer Ort zu gegangen war (ein Teil)
46. Ten-ko-la Farisäivyän tdä-l tddnya-m täna,
abermals (gegen) ihn sie suchten zu reizen Jesus er hat gemacht was
Idyal käy yasgagdyin, lyasüs ahd-m
Alles ihnen sie sagten.
umhih ak ydn.
rhn ■•••
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Die Sprache der Irob-Saho in Abessinien löl
Priesterschaft von Haupt-Herren und die Pharisäer Versammlung
41. AmäJcos-ti amo-häyil ha Farisdivijdn agld-h
sie (es) sie Hessen versammeln was? sollen wir tun zu ihr sie sagten
tan yuskohöUn: ^dy-m dh^noyf ak ydn ;
jetzt dieser Mensch Wunder machend ist.
jkädo täy hiyäwti ta amirät ahä-yän^.
wir lassen wenn aber ein jeglicher ihn auf er wird glauben
48. jHahnä-do-la, wnman-tiyi e-l yämina ;
Rom von Volk aber es wird kommen unser Volk und unser Land
Rom-ti- hiyäw-la tämita, ni hiyäw-ka ni härö
uns von man wird nehmen.
nö-k haysifän.^
Namen mit Kaiphas ihn (den) sie nennen Priesterschaft von
49. Migäyi-h Qayäfä ak yän mänähoy-ti
Haupt- Herr (der) geworden war ihnen aus einer diesem Jahre (in)
amö- bäy^lä yäka tdn-ko tiyi tämmäy igidä
sein Amtsjabr gewesen war ihr aber ihr wisset was nicht gibt es
kä^ igida kiyX-k tina : ,dtm-la tärigini-m mä-W.
Nützlich dass es wurde Volk Gesammtheit in
oO. ,Fäysänä-m yakd-h hiyäiv umbi-h
zu Grunde gehe dass als Volkes Statt an einen einzigen Menschen
tidäyd-m-ko Myäic idä-h enki hiyäwto
wir tödten dass er sterbe dass uns fiu- es ist besser ihnen zu
nägdifa-m räbä-m no-li täysa' tdn-äk
er sprach.
yd.
(ß- : Kfiv ' h'>ri. : ihjah-f^ ' ',•'7 "/.<<.'/" • /-nr ■ 'rt1^.^f'y'^^'
132 Reiniscl».
Haupt-Herr er war weil diesem Jahre (in) aber sein
51. Äm6-häy§lä kmi-hi tämmäy igidä-la Jca
Amtsjahr es war weil Jesus aber allen Leuten von aus Ursache
iijida tina-Mj lyasüs-la ummän hiycnci-h y'döh
dass er sterbe es war weil es kommt welches Urteil von solches
räho kini-hi, tämita-m käkälakd-h tähdni
er sagend sich aus nicht er war.
ydr§ha-m kd-ko mä-kä.
Zerstreut (welche) waren Gottes Kinder Einheit zur dass er versammle
52. Füh-yan Fugt räylö inki-l yäskäJidlo
zum Zwecke Volkes wegen allein nicht war es.
ikäha hizbi yilöh idäh mä-ki.
Diesem Tage seit Priesterschaft von Haupt-Herren
58. Tay laldy-ko mänäkos-ii amö-häyil
dass sie tödteten sie suchten.
yägdäfönä fäyitan.
Wüste von Gegend bei (welche) nahe ist Ephrem Stadt sie
54. Bäräkä-t-idä-l tändäwa Efrdm härö ak
(die) man nennt Stadt nach es ging für sich Eile in Jesus der Juden
yän härö-l yddaya käha kämhö-h lyasüs, Ayhüd
Wege auf Oeffentlichkeit in nicht er wandelte umher. Dort nun seinen
fänä-l yidosd-h mä-gähangähinä ; tämmä-lan ist
Jüngern mit er war.
däräsä- lih yina.
.vfljj: ;i-,i'.AAi>h ' '^vjift'/: : ^irn'^.A = jp-^^kv • 4-
lius ••' :l"'l^'^ • /i.A.^/..^A.u • ^.v ••!
I
Die Sprache der Irob-Saho in Abessinien. 133
Der Juden Pascha von Fest nahe war ihr Gewissen das
65. Ayhäd Fäsiki-h häydl kdbb-ya ; sini rdg-ha
dass sie reinigten Pascha Feste dem vor Orten aus viele
yäynäsähönä Fäsikä häyali-li bäsö-h dikä-ko mängöm
Jerusalem's Gegend nach sie zogen aus.
lyarusälcni ulä-l ydw§yen.
die Juden Jesu dass sie suchten sie stellten sich zusammen
56. Ayküd lyasüs iväglyunä eriHsan
Gebet's Haus in Unkenntniss von Zustand in sich wechselseitig fragend
mäsö-ydra-l, solani-h ani-h sina kasina-lt :
jetzt warum ist er ausser Stande Feste zum nicht dass er kommt sagten sie.
,kädo dy-m fänä bäyal-lä-h mä-mcitof ydr^hin.
Priesterschaft von Haupt-Herren und die Pharisäer welchem an
57. Mänäkos-ti ainö-bäyil ka Farisäioyän e- l
er wäre Orte am denen die wüssten unter dass sie fingen zum Zwecke
yäna rikd-l yäriga-tiyi-yinin-ko yäbärönä yilöh
ihnen dass sie anzeigten sie hatten befolilen.
tan mikinönä yizizan.
1 34 R e i n i s c h.
Addenda.
Ueberschrift. AI§nzär yilö-h wörtlich: über Eleazar's
Angelegenheit, Sache, yilö Plur. yUol ^= iSaho yale Plur. ydlal
Sache, Ding; s. Vers 4, 13, 15, 19, 42, 51, 57.
Vers 1. Relativsätze werden einfach und am häufigsten
dadurch ausgedrückt, indem man dieselben gleich einem Adject
unmittelbar ihrem regierenden Nomen vorsetzt; der Vers ist
also zu übersetzen : zu Bitania, welches Mariens Wohnort war,
existirte ein Mann, den man mit Namen Eleazar nennt und
welcher erkrankt war. Eine zweite Art, weniger im Gebrauch,
das Relativ auszudrücken besteht darin, dass man den Relativ-
satz dem regierenden Nomen nachsetzt und dem Verb des
Relativsatzes die Partikel yä welcher, auch fi-ya derjenige
welcher, anfügt, z. B. qhM hiyaicti läliuta-yä oder lähufa-ti-yä
ein Mann, der erkrankte, härö Plur. härov (fem.) Land, Bezirk,
Dorf (Saho und Fafer hälo , Bedauie to-hnt Plur. te-hura, Bilin
Iura), migdy Plur. migoy (masc.) Name ; in mrgäy-a-h ist ä
eingeschoben, läliüta Perf., Reflexivform von lälal Krankheit,
lähä-f erkranken, Causat. lähü-s krank machen (vgl. Bedauie
laJiä-h fem. laliä-t krank, cf. Geez Ah^^ - } A'VA'V • )• hiyäivti
Plur. -f Mensch, Individualform von hiyäic Plur. hiyäwä (= G.
/Ki^fll- : Plur. /h^'P'J •* lebend von gl\^(D : ^^. Saho und
Tafer: h§yö Plur. h§yäwä, indiv. h§yofi Plur. -t Mensch), säydl
Bruder, säy§lä Schwester Plur. commun. gen. säyol (Saho und
Fafer dasselbe).
Vers 2. Mädärä Plur. mäddri-t Herr, Meister, von adara
v. I mächtig sein (cf. -nx) ; miyüra Plur. nnyi'irit masc. Salbe
(cf. tl-g-«). tuskufa Perf. von snkafa v. I (G. Ä'/Ki^s) bestreichen,
Imperat. iisknt, Perf. lisknfn, Iinperf. uskütä, Subj. . äsÄö/o/
Causativ, Imperat. iiy.wkiif, Perf. uysükvfa, Imperf. äysukiltä,
Subj. aysäkäto ; Passiv, Imperat. innsidcnf, Perf. umsükuta,
Imperf. ämsukutä, Subj. amsdkdto • Reflexiv, Subjunct. äfasäkäto,
Imperat. ufusvkni, Imperf. äfiisnküiä, Perf. vfusukiita sich be-
streichen; Causativ-Reflcx., Subj. äsfamkäfo, Imperat. uahisuküt
u. s. w. sich bestreiciien lassen. Ueber die Relativform Märyä
ti'iskufa iiyä = tdsknfa Märyä Maria, welche bestrichen hatte,
8. Vers 1.
Die Sprache der Irot-Saho in Abessinien. 135
ihä Plur. ihoh fem. Fuss (Saho und Fafer dasselbe), rarj
Plur. rdgiig Person, selbst, atii rag kito bist du es selbst?
dägärä-h mit dem Haare, Collectivform im Singular, von dägär
Plur. dögur masc. (Saho und Fafer tägCir Plur. tögtir, indiv.
tägär-to Plur. -^?Y, G. äT^C * ) ; über ä vor /* s. Vers 1.
tidriza Perf. von daraza v. I trocknen, Imperf. ä-dHsä,
Perf. i-driza, Subj. ä-dräso, Imperat. i-driz; Causativ, Imperf.
ä-s-dirisäi Perf. i-s-dirisa. Imperat. is§dris, Subj. ä-s-däräso
trocknen lassen ; Reflexiv, Imperf. ä-tl-dinsä, Perf. i-ti-dirisa,
Imperat. i-ti-diris, Subj. ä-ta-daräso sich trocknen; Reflexiv-
Causat., Imperf. ä-s-ti-dirisä u. s. w. sich trocknen lassen;
Passiv, Imperf. ä-m-dirisä, Perf. i-vi-dinsa u. s. w. getrocknet
werden.
Vers 3. rägä Kunde von raget v. I kennen, wissen,
s. Vers 22. kiJnntä du liebst, von kiliin v. II lieben (im Saho,
Fafer und Bedauie kaliana v. II daher: Imperf. ä-khdnä, Perf.
i-khana, Subj. ä-khäno , Imperf. i-klidn ; Causativ, Imperf.
ä-s-kahdnä, Perf. i-s-kdhana).
lähütä yäna duratives Imperf., läliütä äna ich bin krank,
lahüttä täna du bist krank, Perf. lähuta ina ich bin krank
gewesen, lähxUta tina du u. s. w. s. Vers 1.
fariman Imperf. von farim v. II (im Saho und Fafer
meist far neben seltenerem farim, vgl. G. ({.^(D : schicken).
Vers 4. yoha er hörte, Perf. von aha v. I (Saho und
Fafer ahn) hören; Imperf. ohd, Perf. oha, Subj. äho, Imperf.
oha, Plur. ohä, Nom. mähö Gehör, bisweilen mit hh gesprochen,,
als: ohhd, öhha u. s. w., Causativ, Imperf. o-s-öhä^ t-o-s-ohä,
yo-s-ohn u. s. w., Perf. ö-s-oha, Subj. ä-s-äho hören lassen.
Reflexiv, Imperf. o-t-öhä, to-t-öhä u. s. w. aufmerken. Causativ-
Reflex., Imperf. o-s-t-öhä u. s. w. aufmerksam machen. Passiv,
Imperf. o-vi-öhä u. s. w. gehört werden.
dälkä Plur. ddlnk fem. Schwäche, /%« (Saho und Fafer
fiig<i^ Galla tvdqa) Gott, härä, Sohn, Knabe, Plur. räylö, tum.
härd Plui'. säyiö Tochter, Mädchen.
möad Plur. mdm-f; Lob, Herrlichkeit, Ruhm, dalier deuom.
Causat. mösä-y.^ preisen [v. 11), Imporf. 1) wom-ys-ä, 2) mosä-
ys-säj ij) mnsä-ys-ä; Plur. \) mosä-ys-nä, 2) mosä-ys-sän, 3) mosä-
ys-än; Perf. 1) mosd-ysa, 2) mosd-ys-sa u. s. w.; Causativ-Pass.,
Imperf. 1) luosä-ys-im-ä, 2) mosä-ys-im fä u. s. w.; Perf. 1 mosä-
136 Reinisch.
ys-ini-a; Subj. 1. mosä-ys-im-o, 2) mosä-ys-im-to, 3) mosä-ys-im-o ;
Plur. 1) -im-no, 2) -im-ton, 3) -im-on; Causativ-Reflex., Imperf.
1) mosä-ys-i-tä, 2) -i-t-tä, 3) -/-/«; Plur. 1) -in-nä für //-?iä,
2) -if-tä)i, 3) -if-än; Perf. 1) momyis-i-t-o, 2) -i-t-ta u. s. w. ;
Subj. 1) mosäyis-i-t-o u. s. w. mit der Bedeutung: seinen
persönlichen Dank ausspi'echen ; s. Vers 41.
yar^ha, er sagte, Perf. von raha v. I sagen; Imperf.
ä-pßia, Perf. a-r§ha, Subj. ä-räJio, Imperf. araA, Nom. mär^Jiö,
Plur. mär^hoh Rede (Salio und Fafer ^aAa sagen, cf. L.gJ, A(/P 0-
Vers 5. kiliini yina er war liebend, duratives Perfeet
(= Salio Icahini yina oder haliini-k yina er war im Lieben),
s. Vers 3.
Vers 6. yoha-gul als er hörte = Saho yoha-ged (Gr. T,tt:
Zeit), Fafer yoha-ioak (cf. o^"^), s. Vers 20, 26, 29, 31, 32, 33.
e-l yina bärö-l an dem Orte (här6-l), an welchem ("e-ZJ er
war; e nur vor Postpositionen so, sonst ay dieser.
laldy Plur. -icä masc. Tag (Saho und Fafer dasselbe,
cf. ^^, z*-^-^? Arhf Oi nach Numeralausdrücken steht das
folgende Nennwort stets im Singular.
difiya er blieb, Perf. von difiy v. II (Saho und Fafer
däfäy) bleiben.
Vers 7. layal wiederum, abermals (Saho und Fafer lel).
nädäwoy Cohortativ, von daya v. I gehen. Der Cohortativ
ist nur eine emphatische Form des Subjunctivs und unter-
scheidet sich von diesem durch angefügtes -y. Subj. 1) ädäwo,
2) tädä/wo, 3) yädäwo; Plur. 1) nndäivo, 2) tädönä, 3) yädönä;
Perf. 1) d-daya, 2) td-daya, 3) yddaya; Plur. 1) nddaya, 2) tddrin,
3) yddin ; Imperf. 1) d-daya u. s. w. auch a-diya u. s. w.
Vers 8. sähäyonä Subj. von sahay v. II steinigen, eigentlich
nur gebraucht für: bekriegen (G. Ä'fl?i-'\ Imperf. 1) sähäy-ä,
2) fiähäy§-tä, 3) sähäy-ä; Plur. 1) sfd)d<j^-nä, 2) -)!ä>i, 3) sahdg-än;
Perf. 1) sdhay-a u. s. w.; Subj. 1) sähdy-o, 2) -/o u. s. w.;
Caus. sahay -is, Pass. -m mit obigen Flexionsendungen.
gnräym-nn-yänini-ho (Saho gvritni mi-yänini-ho) sind sie
nicht suchend? Duratives Imperf., negativ (mä vor folgendem
y = mi nicht), fragend (ho), von gtiräyn, Saho gnrun, goron
v. II suchen.
adiyi-k täna duratives Imperfectum von daya gehen,
s. Vers 7.
Die Sprache der Irob-Saho in Äbessinien. 1 37
Vers 9. db^U-yäna er ist im Sehen, sieht, duratives
Imperf. von hala v. I sehen; Imperf. 1) ä-h§la, 2) tä-JjQla u. s. w.;
Perf. 1) u-h^la, 2) tü-h§la, 3) yii-h§la; Phir. 1) nü-h§la,
2) fi(-h§lin 3) yil-ht^lin; Subj. 1) ä-hälo, 2) tä-hälo u. s. w. ;
Imperf. i/?>?<7, Flur, -ä, Nora. mäb§Iö.
mä-'ndäßtä er stosst sich nicht an, negatives Imperf. des
Reflexivs von andäf v. II anstossen (Gr. V^<i. : , otV.J) ;
s. Vers 10.
Vers 11, ri'na, Perf. von i^^n v. II schlafen (Saho und
Fafer din).
io§guso (lies: uguso s. Vers 12, 23, 24, 29, 31, 41), dass
ich aufwecke, Caus. von ngu nur im Reflex, iigu-t aufstehen,
und Caus. ngu-s aufstehen lassen, gebraucht.
Vers 13. ydkalan sie meinten, Perf. von kala v. I,
Imperf. ä-kala, Perf. d-knla, Subj. ä-kälo, Imperf. a-kdl.
Vers 14. yddosa Perf. der Causativform, von yado Adj.
klar, rein, weiss (cf. ^^ID r ), daher yado-s klar machen,
deutlich mache.
räh-a er ist g-estorben von räh v. II, Imperf, räh-ä, Subj.
räb-o^ Imperf. räh!
Vers 15. tämänönä dass ihr glaubt, Subj. von amann v. I
flectirt, als wäre der Stamm mana, als: Imperf. ämina, tämina
u. s. w., Perf. dmana^ fdmana u. s. w., Subj. ämdno, tämäno u. s. w.,
Imperf amoi, Plur. -f7, Nom. imän Glaube; s. Vers 25, 26,
27, 42, 45, 48.
ofizihü-k äna ich bin in Freude, freue mich, duratives
Imperf. von fazaha v. I (G. d,/^th')-
Vers 17. guf-a Perf. von gi/f v. II erlangen, erreichen.
yumuyiiga Perf., Pass. yaga v. I begraben, Perf. iiyuga,
ttiyuga u. s. w., auch dyoga, töyoga u. s. w., Imperf. öyitga,
täynga u. s. w., Subj. äydgo, tägägo, Imperf. ngüg, Nom. mäyagä,
Plui-. mäyägog Grab. Causativ, Subj. äsäyägo, Imperf. usuyug,
Pass. ämayägo, Imperf. umnyug.
häka-ti-yä welcher vollendet, zurückgelegt war, vom voran-
gehenden lalay Tag abhängig; bdka Perf. von bok v. II (Saho
und Fafer dasselbe) zu Ende sein. Da wegen afärä vier, das
Nomen lalny im Singular steht (s. Vers 6), so erscheint auch
das Zeitwort in der Einzahl ; zur Relativform auf tiyä s. Vers 1.
Die vollständige Uebersetzung des Verses ist: als er diesen
Sitzungsber. d. phil.-liist. Cl. XC. Bd. I. Hft. . 10
138 Keinisch.
Ort erreiclit hatte, so fand er ihn (den Eleazar), dass schon
vier Tage waren, welche vergangen waren, seit u. s. w.
gaya Perf. von gay v. II finden, treffen.
Vers 19. way§sisönä Subj. in der Causativform von woy§s
V. II beruhigt sein; s. Vers 31.
Vers 20. ydmata er kam, unregelmässiges Verbum von
nn kommen, Imperat. amö, Plur. amöwä, Subj. ämdto, tämäto
u. s. w., Imperf ämita, tämita u. s. w., Perf. dmnta, fdmata
u. s. w., Nom. mtnnüt Ankunft; s. Vers 27, 28, 33, 35, 43,
45, 48, 56
tmc§ye sie ging aus, Perf. von waya v. I ausgehen, hinaus-
gehen. Imperf. eiody, Subj. ätväyo, Imperf. äw^ye, Perf. aioeye
(diese beiden Formen unregelmässig für: äw§ya, atv§ya, im
Saho sonst: Imperf. äw§ya, Perf. mctiya), s. Vers 31, 43, 44, 55.
gäräyta Perf. 3. Pers. fem. von gäräy v. II begegnen,
treffen (G. «|»^f : , Ivi' IV, K^p).
Vers 21. mä-rärina er würde nicht ein stets, ewig
schlafender sein, negatives Participial in der Verstärkungsform
von nw (s. Vers 11) schlafen-, ebenso Vers 32.
Vers 22. räyimta Perf. von räyim v. II bitten, Imperf.
räyim-ä, Perf. räyim-a, räyim-ta u. s. w. (Saho und Fafer däyim).
yähaya er wird geben , Imperf. von haya v. I geben
(Saho und Tafer dasselbe, Tigre yiD:, G. tDÜ(D : , v^^)'
Perf. öhoya, Imperf. ähaya, Imperf. oho, Plur. ohöyä und ohöwä,
Subj. ähäwo.
angn ich habe erfahren, ich weiss, Perf. von raga v. I
(Saho und Fafer daga, cf. mf*!*'? pn), Imperf. ä-riga, Subj.
ä-rägo , Imperf. hAg, Nom. murüg Kenntniss, Wissenschaft,
raga Kundschaft, Nachricht; s. Vers 3, 24, 49, 57.
Vers 24. rähöytit uguttä-gul wann die Verstorbenen auf-
erstehen werden^ ugutfä (für ngutän) 3. Pers. fem. Imperf. von
ugtit (s. Vers 11); wenn das Subject im Plural steht, kann das
Verb im Singular, aber dann nur in der tertia feminini, damit
verbunden werden, z. B. nmhi hiyäiotit räb-än oder räb-tä alle
Menschen werden sterben.
Vers 25. urä Imperf von ur v. II genesen.
Vers 28. ddy§ta sie rief, Perf. von day v. I (cf. Lßi>),
Imperf. day-ä, day§-tä u. s. w., Nom. dayö Ruf, Causat. ddy-is^
Pass. ddy-im.
Die Sprache der Irob-Saho in Abessinien. 139
ku dayayla yäna er ist verlangend nach dir, im Saho und
Fafer sagt man ku fäla oder fäla-k yäna von fäl v. II wünschen^
wollen.
Vers 30. e-l bezieht sich auf sifrä-l, denn Jesus war
noch an dem Orte an welchem [e-l) Älarta (ihn) traf; s. Vers 6.
ganä aus dem Amharischen entlehnt, im übrigen Saho
nicht gebraucht.
säy-näha-h yäna = Saho säy-näha oder -näha-k yäna er
war nicht im Eintreten, duratives Imperf. in negativer Form
bei Nebensätzen : indem er seinen Eintritt noch nicht aus-
führte; vgl. Saho qädi h^yö e-l säy-näha mäl§hanä bälä U yina
der Kadi besass sieben Töchter, zu den keine Männer Zutritt
hatten, — ?/' dhbä agzi-hähä bälö-l adti geh' in ein Land,
welches mein Vater nicht beherrscht! Mohammad angadafi-näha
mähälo-ko yamatd-ged kä inä hddanta als M. ohne getödtet
worden zu sein aus dem Kriege kam, freute sich seine Mutter.
ist kähäntöle amaligi-näha kä suquqüwita sie begleitete ihren
Geliebten ohne dass er erkannt wurde. Synon. mit näh v. II
sich enthalten, nicht thun (cf ^-gj VIII) ist das Verb icäy
V. II; s. V. 37. säy v. II eintreten, im Saho also flectirt:
Imperf. sä, Plur. sdwä! Subj. 1) säico^ 2) säy-to, 3) säico ;
Plur. 1) säyno, 2) säyton, 3) säivon; Perf. 1) säy (Irob säy-a),
2) säyfa, 3) säy; Plur. l) säy-na, 2) säy-tan, 3) sä-n (Irob
säy-an). Nom. säwö, Plur. säwoio Eintritt, Caus. säy-is ein-
führen. Pass. säy-im Eintritt haben, Erlaubniss erlangen
zum Eintritt, Caus. -Pass. säy-s-im eingeführt werden, Reflex.
säy-it eintreten in eigenem Interesse, Caus.-Refl. säy-s-it ein-
treten lassen im eigenen Vortheil.
Vers 31. ta-d yandaharin sie folgten ihr nach, Perf.-Pass.
als Reflexiv gebraucht, von dabara v. I (cf. •/•A'D : ) folgen,
Imperf. ä-dbara, Perf, a-dbara, Subj. ä-dbäro, Imperf. a-dbdr,
Causat., Imperf. ä-s-dabara u. s. w, folgen lassen, Pass,, Imperf.
ä-n-dabara einer nach dem andern Jemand folgen, Reflex.,
Imperf, ä-ta-dabara im eigenen Interesse folgen, Causativ-Refl.,
Imperf ä-s-ta-dabara im eigenen Interesse folgen lassen.
wdy§to dass sie beweine, Subj. von ivay v. II (G, a)(D'Oi)
weinen, beweinen, Nom. ivay das Weinen, daher auch way
yar§ha er weinte =^ er sagte, machte das Weinen (s, Vers 33).
Das Verb raha sowie das Verb a sagen, werden ganz so wie
10*
140 Reinisch.
dfhti •■ 'ro Tigre gebraucht, z. B. sik ardJi schweig ! kabb ardk
oder kabb e tritt näher! tob ar§ha ich sagte tob = ich fiel,
wofür auch fob-a dasselbe; hieraus erklärt sich wohl die Classe
der Verba II = Verbalnomen -\- a sagen.
Vers 32. tisgida Perf. von sdgada v. I (G. rtlÄ'? t-M^)
sich vor Jemand niederwerfen, Imperf. isgid! Subj. ci-sgädo,
Imperf. ä-sgida, Perf. i-sgida\ Caus., Imperf. y-sigid^ Subj.
n-y-sägädo, tä-y-sägädo u. s. w., Imperf. ä-y-sigida^ Perf. a-y-sigida
Jemand zum beten veranlassen. Pass., Imperf. in-sigid! u. s. w.
angebetet werden.
Vers 33. wdya-k ta yub§ld-gid als er sie weinen sah.
Die Verba II mit schliessendem / bilden das Perf. unregel-
mässig auf -e, wäy-e ich, er weinte (s. Vers 34), statt lody-a,
allein vor dem Objectivzeichen k erscheint stets ä für e. Vor
k kann das Verb regelmässig flectirt werden, z. B. wäy-a-k äna
ich bin weinend, way^-ta-k täne du u. s. w., in der Regel aber
bleibt die erste Person des bestimmten Verbs für alle Personen
unverändert, als: wdg-a-k täne du bist weinend u. s. w, daher:
Ayhüd-lan icdya-k tan ytib§ld-gul auch die Juden, als er die-
selben weinend sah.
ist rdg^-li-lan rägänräga er wurde in eigener Person be-
wegt (s. Vers 2). Die Form rägänräga (Perf.) von rägänräg
V. II berührt werden, kommt im übrigen Saho nicht vor, dafür
däg V. II (cf. G. /n4» ■ ) anrühren, Passiv dag-im angerührt
werden, auch redupt. dägdäg betasten allseitig.
Vers 34. toyögin habt ihr begraben, für toyogini-ho; die
Fragepartikel ist aber hier überflüssig, weil die Frage bereits
in « welcher? ausgedrückt ist. Zum Verb yaga (Saho yaga,
Fafer yaga) s. Vers 17,
Vers 37. inti mä-lo-li inii fäka täytiyi derjenige welcher
(täytiyi) geöffnet hat (fäka) das Auge des den Nichtbesitz
(mä-lo) eines Auges habenden (H). fäk-a Perf. von fäk v. II (Saho
und Tafer fäk, Tigre ^\\ : , cf. G. fl'f'h * > ^dXi, ;3Äi) öffnen.
aho riya-k mänä'a ist er nicht im Stande, dass er mache?
das fragende -a im übrigen Saho wenig gebräuchlich, dafür
häufiger -ho. liya-k äna ich bin im Stande, von riy v. II (Saho
und Fafer dly) hat das abhängige Verb im Subj. bei sijsh,
ädäwo diy-ä ich bin im Stande zu gehen, tädäwo diy-tä sie ist
im Stande zu gehen, sono kin säyö yä-äyönä mä-\iy-än schwangere
Die Sprache fier Irob-Saho in Abessinien. 141
Frauen können nicht arbeiten. Das Wort diy, rig hängt sicher
mit rag (Saho (Jag, vgl. y-i) wissen, zusammen, s. Vers 23, denn
man sagt im Saho auch anü äktäbo diya-k äna ich kann,
verstehe zu schreiben, bin des Schreibens kundig,
räba-wä-kä dass er nicht starb. Das Verb iväy v. II ohne
sein, nicht haben, wird im übrigen Saho flectirt: Imperf. wäy-ä,
wäy-tä u. s. w., Perf. icäy und wäy-a, iväy-ta u. s. w., Subj.
wdwo, wäy-to, ivmo-o, iväy-no, loäy-ton, loäw-on und wö-n. mal
way-ä und med wä ich habe kein Geld, intit wä und ivay-ä
(ich habe keine Augen) ich bin blind u. s. w., vgl. auch das
Verb näh zu Vers 30.
Zu -kä vgl. Saho: ammci mal akä yäio§yd-kä anü äliga =
Täter ammä duye akä täw^ya-kä anü äliga ich weiss auf welche
Art ich dieses Geld da herausbringe, ich weiss auf welche Art
dieses Geld herausgehe (aus dem Geizhals),
riya-k äna ich bin wissend, verstehe eS;, von riy v. II
(cf. yn) kennen, wissen.
Vers 38. ytikiza neben yi-tikiza Perf. von takaza, G. -f-hH '
alfima-h (S. alfima-k yina) duratives Perf. passivi von alf
V. II schliessen.
Vers 39. esgayedä causativer Imperativ von gayada
(G. *70H '• ) weggehen, wandern.
Vers 42. ririyita du hast gesandt, von Hriy v. II senden.
Solan sie haben nicht erfahren, solani-h yänin und solani-k
yänin sie sind im Zustand des nicht erfahren habens, von sol
V. II nicht erkennen.
Vers 44. yimruwa (S. yumruwa) Perf., Pass. von ruwa
V. I binden, ebenso ylniginiza (= S. yi-mginiza) von ganaza
v. I begraben ; ylmtiqlila von tuqlala v. I einwickeln, matamtamy
(Amh. (V\9°a\9^ '•) wird als Particip häutig so gebraucht;
z. B. täy numä umhi matamtamy ä (und matamtamy ä-k) täna
diese Frau ist ganz verhüllt. Das einfache Verb fand ich jedoch
nie im Gebrauch.
unhuioä Imperat. von nahawa v. I. (G. ^"^iD : ) auflösen,
-binden.
Das Verb hab v. II lassen dient häufig als Ersatz für das
Causat , das bestimmte Verb steht dann im Subj.; z. B. käy
betüä und üssiik heto käy häbä ich werde ihn essen lassen,
werde ihm zu essen geben.
142 Bei Bis eh. Die Sprache der Iroh-Saho in Abessinien.
Vers 46. yasgagayin causative Verstärkungsform, von
(jaya v. II (ung-ebräuchlich), davon gayä Streit, Zwist und
passiv n-gaya sich streiten, nängäyo ämmatimno wir kamen
nicht um uns zu bekriegen ; daher mängäy-a Plur. -it der Feind
(vgl- ^1^, HD, ^rhfl'O-
Vers 47. yuskoholin Perf., Caus. von kahala zusammen-
kommen, sich versammeln (im Saho dafür kata, Caus. s-kata).
Vers 48. tämita und haysittä für yämitan, haysitän; zu
tämita s. Vers 20. hay-s~it an sich reissen, von hay nehmen,
woher he-t zu sich nehmen.
Vers 50. täläya von läya v. I zu Grunde gehen; in
Verlust gerathen , auch fortlaufen , y numä bar yo-k tiUuwa
meine Frau entlief mir in der Nacht.
täysa es ist besser, von ysa v. I (G. »Tif rt ' ) besser sein.
Keller. Kritische Beiträge zum IV. Buche der horazischen Oden.
143
Kritische Beiträge
zum IV. Buche der horazischen Oden.
Vou
Otto Keller.
Verzeichniss der in dieser Abhandlung durch Buchstaben bezeichneten
Handschriften des Horaz und der Horazscholiasten.
A' =
B' =
B =
C =
D' =
D =
F =
L =
R =
a =
a =
ß =
T =
5' =
0 =
Parisinus A + Ambrosianus
a (übereinstimmende Les-
arten dieser zwei aus Einem
Originale geflossenen Hand-
schriften, resp. also des ge-
meinsamen Originals dieser
beiden Handschriften).
Parisinus 7900 *, einst Putea-
neus.
Bernensis B -)- Monacensis C.
Bernensis 363.
Monacensis 14685.
Argentoratensis D -j- Turi-
censis t.
Argentoratensis C VII 7. ver-
brannt.
Parisini 9 -|- i]*.
Lipsiensis I 4, 38.
Romanus, aus Weissenburg im
Elsass.
Barcinonensis a -\- Bamber-
gensis b.
Barcinonensis, jetzt in Halle.
Bernensis 21.
Parisinus 7975.
Graevianus 8 -j- Vossianus z.
Graevianus, jetzt Harleianus
2725.
£ ^= Einsiedlensis 361.
ö = Sangallensismonasteriensis864.
y ^ Parisinus X -\- Leidensis 1.
)v -^ Parisinus 7972.
[0. = Moutepessulanus.
V = Nienburgensis, jetzt Dessa-
viensis A.
7:' z^ Parisinus r. -\- Lipsiensis L.
T. = Parisinus 10310.
p ^ Parisinus 8072.
o ^ Sangallensis oppidanus 312.
T = die Partie Blätter des Turi-
censis Carolinus 6, welche
aus D' geflossen ist. Andere
Blätterpartien sind mit ,Turic.'
bezeichnet.
Parisinus 7974.
Parisinus 7971.
Ambrosianus O 136.
Bambergensis.
Harleianus 2688.
Franekeranus.
Gothanus B 61.
Parisinus 7976.
Leidensis Lat. bibl. publ. 28.
Monacensis 375.
Parisinus Nostrad.imensis lh4.
Parisinus 8214.
9 =
a ^
b =:
d =
f =r
g =
h =
1 =
m ^=
n rr:
P =
144
Keller.
q = Parisinus 8216,
r ^ Parisinus 9345.
8 = Parisinus Sorbonensis 1578.
t = Parisinus 8219.
a' = Parisini u et v.
u :^ Parisinus 7973.
V = Parisinus 8213.
z ;=^ Vossianus.
Ac' rrr übereinstimmendes Lemma der
Pseudoacronhandschritt A und einer
anderen guten Pseudoacronhand-
schrift, gewöhnlich der Hand-
schrift V.
Ac. ^t: Lemma der Pseudoacronhand-
schrift A, wofern es von dem gegen-
überstehenden Horaztexte A uu-
beeinflusst erscheint, also wenn es
diesem widerspricht.
Acr.' -^z^ übereinstimmende Lesarten
der Interpretation der Pseudo-
acronhandschrift A und einer
anderen guten Pseudoacronhand-
schrift, besonders y oder v.
Acr. ^ Interpretation der Pseudo-
acronhandschrift A.
Pph.' ^ übereinstimmende Lemmata
der Münchner und Wolfenbütteler
Handschriften des Porphyrion.
Pph. = Lemma von Monacensis Lat.
181.
Pf. = Lemma von Gudianus Lat. 85,
in Wolfenbüttel.
Porph. rr^ übereinstimmende Inter-
pretation vom Monacensis und Wol-
fen buttelanus Porphyrions.
Porph. r= Interpretation des Mona-
censis.
Porf. = Interpretation des Wolfen-
buttelanus.
schul, r =: die nicht aus der älteren,
kürzeren Redaction Pseudoacrons
(Acr. 's) stammenden. Marginal-
schülien in cod. y und in einer
beliebigen anderen Handschrift,
welche congruente Schollen bietet,
z. B. b.
gloss. r =:. Interlinearglossen von
cod. Y und einer beliebigen anderen
Handschrift, welche congruente
Glossen bietet.
Ueber die anderen handschriftlichen Quellen, welche mit Namen
bezeichnet sind, wie Bruxellensis, Reginensis, Taurinensis, Zulichemianus
s. Praefatio zu vol. II der kritischen Horazausgabe von 1869/70.
Was die Classeneintheilung der Handschriften betrifft, so verweise
ich auf den Artikel im Rh, Mus. 1878, S. 122 ff.: ,Ueber die Hand-
schriftenclasseu in den Carmina und Epoden des Horaz.'
IV 1.
9. Tempesfivms in domum
Patili, purpnreis ales olorihns,
11. Coniissahere Maximi,
Si torrere iecnr qtiaeris idoneum.
10. Purpureis — porphyreis.] Zu dieser Stelle bemerkt
Cruquius: l'tirpnreis ales. Hie locus diu imdtumque mihi molestus
Kritische Beiträge zum IV. Buche der horazischsn Oden. 145
fuit. Primiim lecfionem haue servandam ornnino iton dubitavi, et
commentatorem nostrum satis apposite interpretari, pmesertim
Omnibus antiquis codicihus manu scriptis in hoc consentientibus
Quid multisß Hoc assecafus sum, Plinium in nafurali
historia scribere, Cytheram olim Porphyrim nominatam: protinus
in Mela eandem sententiam cum invenirem, reversus ad Bland.
Codices, quod antea non observaram, vidi in tw purptir. apertas
macidas xo\) jporphy. quare sine idlo scrupido xb porphyreis ut gentd-
nam et Horatianam dictionem in sua sede stafuendam putavi,
allusione ad insidam Porphyrim Veneri sacram. Keine einzige
bis jetzt bekannt gewordene Handschrift hat die Lesart por-
phyreis bestätigt, und warum sollte denn nicht Venus so gut
mit purpurnen Schwänen fahren dürfen als Neptun mit blauen
Rossen? Horaz imitiert hier offenbar die Sappho, wo die Sper-
linge purpurn sind, und zwar gerade die am Wagen der Venus.
Uebrigens hatte schon Lambinus an der Ueberlieferung ge-
rüttelt und marmoreis vorgeschlagen (ziemlich unglücklich, da
V. 20 mai-moream wiederkehrt): daher die Emendationslust
des Cruquius, für welche er wie Muret, Marcilius, Valart, Barth
und andere Gelehrte jener Zeiten gelegentlich auch einmal
einen handschriftlichen Beleg tingierte. Eine Parallele in diesem
Stück ist seine Anmerkung zu c. II 19, 23: Rhecum. Sic habet
cod. Bland, antiqitiss. sed non sine litura (mit dieser Phrase,
wie oben mit den apertae maculae sucht er offenbar sein Ge-
wissen zu salvieren): quam lecfionem servandam esse habemus
ex Apollodoro lib. 3. In unseren Handschriften ist Rhoetiim
so gut bezeugt, dass es sicher im Archetyp stand: keine ein-
zige von all den vielen Handschriften, welche uns zu Gesicht
gekommen sind, hat Rhecum oder übcriiaupt ein c statt des t.
Wer also überhaupt die Ehrlichkeit des Cruquius, welche bis
vor wenigen Jahren für die tonangebenden Horazkritiker eine
Art Glaubensartikel war, als discutierbar betrachtet, der wird
hier zugeben müssen, dass es sehr den Anschein hat, als habe
Cruquius einfach fingiert, dass eine von ihm selbst aus ApoUodor
geschöpfte Emendation in seiner damals, als er diess drucken
Hess, schon vei'brannten Handschrift halb und halb gestanden
sei. Das Gleiche ergiebt sich für jeden, der unbefangen an
die Frage herantritt, bei Betrachtung seiner Anmerkung zu
c. III 8, ö: Docte sermones .... Sermonis in Bland, codicibns
146 Keller.
per I matnsculum scriptum est, quod fere vel eis vel es notat.
Ceteri scripti habent sermonis. Ich kenne die Handschriften
nicht, in welchen das lange I durch ein / maiusculum be-
zeichnet wird. Dass da und dort ein grosses I bei sonstiger
Minuskelschrift sich findet, ist ja bekannt. Aber seit wann
wird es in den Handschriften zur Unterscheidung des langen I
vom kurzen oder gar vollends zur Bezeichnung von e ver-
wendet? Und warum muss es nach Cruquius zur Bezeichnung
von e dienen? Weil in c. UI 8, 5 eben ein e nothwendig ist
und also auch in den blandinischen Handschriften ein e über-
liefert sein muss. Das ist in der That eine Basis für die
Horazkritik, diese blandinischen Handschriften und diese
cruquischen Collationen und Fictionen: difficile est satirarn non
scrihere! Und wie ist man über uns hergefallen, weil wir es
einst wagten, gegen das Evangelium von Haupt und seinen
Anhängern aufzutreten! Wahrhaftig, Th. Bergk hatte nicht
Unrecht, wenn es auch vielleicht stark ausgedrückt war, wenn
er sagte: ,Die Angaben des Cruquius über die von ihm be-
nützten Handschriften des Horaz beruhen zum Theil auf
Fälschung: wie man darauf die Kritik des Dichters basieren
kann, ist mir nie begreiflich erschienen. Mir fällt nicht ein,
die Existenz jener Handschriften oder ihre Benützung durch
Cruquius zu leugnen, sondern ich behaupte nur, dass man
darauf nicht die Kritik im Horaz gründen dürfe, weil sich
sowohl in den Angaben der Lesarten als auch in den Scholien
bei Cruquius handgreifliche Fälschungen finden'. •
' Ich habe im Vorstehenden eine Bemerkung mir zu wiederholen erlaubt,
welche ich schon vor Jahren im Rheinischen Museum gelegentlich ver-
öffentlicht habe. Ich glaubte sie hier ergänzt und modificiert und doch
wesentlich gleich der früheren Fassung wiederholen zu müssen, um nicht
in den Verdacht zu fallen, als ob ich hier absichtlich an einer Haupt-
beweisstelle 'gegen die Zuverlässigkeit des Cruquius vorübergehe, weil
ich von der Unrichtigkeit meiner alten Ansicht durch die verschiedenen
Einwürfe, welche mau mir gemacht hat, überzeugt sei. Allein jene Ein-
würfe, besonders von Zangemeister, betrafen nur Nebensachen, und nach-
dem ich alles wieder auf das reiflichste und gewiss ohne jede Partei-
lichkeit und unter Benützung eines grösseren Materials als damals er-
wogen habe, komme ich doch wieder auf jenen Standpunkt zurück, den
ich damals einnahm, und manche der folgenden Bemerkungen werden
eben dazu dienen, gleiclifalls die Unsicherheit uud Werthlosigkeit
Kritische Beiträge zum IV. Buche der horazischen Oden. 147
19. Älhanos prope te lacus
Ponet marmoreavi sub trabe citrea.
21. lllic phirima naribus
Duces tura, lyraeque et Berecynthiae
23. Delectabere tibiae
Mixtis carminibus non sine fisttda.
22. 23. Lyrae . . . Berecynthiae . . . tibiae.] So stand sicher
im Archetyp; denn für lyrae und Berecynthiae sind alle unsere
Haupthandschriften, und tibia steht nur in cod. 9, tybia in R:
also ist die allergrösste Wahrscheinlichkeit, man könnte wohl
sagen Gewissheit, dass tibia erst spät in einer Handschrift der
III. Classe entstanden ist und zwar kann tibia vom Abschreiber-
standpunkt sehr wohl als lectio facilior angesehen werden, weil
es neben delectabere steht; aus delectabere tibiae konnte in der
oberflächlichen Manier zu corrigieren, wie sie in den Klöstern
zu Anfang des Mittelalters vielfach herrschte, ohneweiters
delectabere tibia gemacht werden, indem die Construction des
ganzen Satzes nicht überblickt und erfasst wurde, gerade wie
sonst gegen jedes Gesetz des Versmaasses unbedenklich ge-
sündigt wird. — Also die erste Veränderung war delectabere
tibiae zu tibia (in 9 R nebst p p a g und Bland, vetust.), diess
zog dann weiter die Aenderungen Berecynthia und lyra nach
sich, weil ohne diese weiteren Aenderungen die Construction
an offenbaren Fehlern litt; so entstanden allmählich die drei
Varianten : lyra, Berecynthia, tibia. Diese dreifache Variante
findet sich nur in g und dem Blandinius vetustissimus, welche
beide Handschriften auch c. I 15, 2 die falsche, entschieden
secundäre Variante Helenam bieten. Beidemale (c. I 15 und
hier) theilt noch cod. y. die Corruptelen, nur bietet er hier
berecinthi§: damit scheint mir der Versuch gemacht zu werden,
bloss tibiae und lyi'ae abzuändern, bei Berecynthiae aber die
Lesart des Archetyps zu erhalten, indem man construierte:
die Flöte der (Göttin) Berecynthia.
Durch die Verehrung von Bentlcv und auch IVIeineke,
welche beide die fals.che Lesart protegierten, und durch den
jener ein. st igen Hauptbasis der Horazkritiker, des Crnquiu.s und
seiner blandinischen Handschriften, resp. seiner CüUationen der blan-
dinischen Handschriften, überzeugend nachzuweisen.
148 Keller.
verblendeten Cultus des Bland, vetust. sind manche sonst sehr
besonnen vorgehende Herausgeber veranlasst worden, hier ohne
alle Noth vom Archetyp abzugehen. Ja es entsteht sogar durch
Aufnahme der falschen Ablative eine empfindliche Kakophonie,
indem dann V, 20. 22. 23. 24 auf ä ausgehen: citred, Bere-
cynthid, tibid, fistuld. Man sollte doch ähnliche Beispiele bei
Horaz suchen, ehe man etwas derartiges dem so viel auf die
Form, die Abwechslung und den schönen Klang der Worte
haltenden Odendichter imputiert. Sehr richtig bemerkt Schütz:
,Lyrae und Berecynthiae tihiae sind Dative, von mixtis ab-
hängig; statt eines dritten Dativs ist dann in veränderter
Structur non sine fistula gesetzt: also ein Concert von Leier,
Flöte, Schalmei, dazu noch V. 24 Gesang und V. 25 ff. Tanz.
Der . . . Ablativ lyra und tihia lässt sich freilich mit delecta-
bere leichter vereinigen, aber dann müsste man mixtis carmini-
hus unbeholfen als ablativus absolutus fassen. Vgl. c. IV 15, 30'.
Also auch diese Erwägungen sprechen gegen die Bentley-
Meineke'sche Lesart.
IV 2.
1. Pindarum quisquis stndet aemulari,
Iide, ceratis ope Daedalea
3. Nititnr pinnis, vitreo daturiis
Nomina ponto.
2. Für die Lesart des Archetyps Tide {Iidle steht nur in
der III. Classe) setzen Peerlkamp, Meineke, Müller, Lahrs,
Eckstein llle. Allein man kann sich schwer vorstellen, wie
aus dem ordinären llle durch einen Schreibfehler hde geworden
sein sollte, also die entschiedenste lectio facilior in die ent-
schiedenste lectio difticilior sich verwandelt hätte. Zweitens
kommt mir diese Anwendung von ille ganz unpassend, un-
lateinisch und speciell unhurazisch vor: Pindarum quisquis
studet aemulari, ille . . . Ich kann diese Verwendung von ille
absolut nicht begreifen; gut lateinisch ist bloss nichts zu
zu setzen, wie es auch Horaz nach dem Archetyp gemacht
hat; ille scheint mir stilistisch unmöglich. Jedenfalls müssen
wir verlangen, dass Peerlkamp's Anhänger Beweise für eine
Kritische Beiträge zum IV. Buche der horazischen Oden. 149
solche Anwendung von itle beibringen. Wenn nun weiter be-
hauptet wird, Antonius habe nicht luhis, sondern lulius ge-
heissen, so spricht ausser dem Archetyp des Horaz auch Dio
Cassius dagegen: denn dieser nennt ihn an einer ganzen Reihe
von Stellen gleichfalls "Iojao;.
5. Monte decurrens velut amnis, imhres
Quem super notas aluere ripas,
7. Fervit inmensusque ruit profunda
Pindarus ore.
6. Quem . . . aluere — Cum . , . salier<i\ die I. und II. Classe,
Mavortius (A X' g), die u' Familie und Acr.' haben Quem aluere,
was also sicher bezeugt ist. Aus Quem super notas aluere ripas
wurde durch Verdoppelung des schliessenden s von notas:
Quem super notas saluere rijpas (cod. L); daraus durch leichte
Conjectur Cum . . . saluere (F) und weiter Cum . . . saliere (Sit).
Somit ist Cum . . . saliere die späteste, von der Wahrheit am
weitesten entfernte Lesart. So stand unter Anderem im viel-
verehrten Bland, vetustissimus: ,Quum . . . saliere' nach der Aus-
gabe von 1565, p. 32. Dem alere entspricht nutrire bei Senec.
Herc. für. 933 f.:
Nullus hiherna nive
Nutritus agros amnis eversos trahat.
Aehnlich augeve bei Ovid. fast. II 219.
33. Concines maiore poeta plectro
Caesarem, qnundoque trahet ferocis
35. Per sacrum clivom merita decorus
Fronde Sygamhros.
36. Statt Sygamhri schreiben OrelH und Dillenburger
Sugambri. In den Handschriften des Horaz ist kein u, sondern
stets y, viel schwächer i, überliefert. Ebenso haben wir die
Form Syg. . . bei Orelli-Henzen 6704, bei Ptolemäus, bei
Dio Cassius LIV 20; bei Florus IV 12 Sic ... Bei Renier
I. A. 3889 steht Sigamhrorum. Hier, c. IV 2, 36 sind aller-
dings in cod. R die Buchstaben sy von zweiter Hand; aber
ob die erste Hand sn gehabt hat, ist sehr zweifelhaft. Der
ir)0 Keller.
Name des uin Niederihein, bei der Sieg- wohnenden Volks-
stammes rührt höchstwahrscheinlich von dem uralten Fluss-
naraen Sieg her. Gerade die Fluss- und Gebii'gsnamen gehen
in die graueste Vorzeit zurück. Ueber den anderen Theil des
Namens, in welchem der gleichfalls uraltdeutsche (keltogerma-
nische) Flussname Amher, Ammer steckt, siehe Bacmeister's
alemannische Wanderungen. Es ist um so gewagter, das y
des Archetyps abzuändern, als aus den bei Schuchardt Vulgärlat.
II 231 zusammengestellten Beispielen hervorgeht, dass die Form
mit n, welche in den keineswegs alten Tacitushandschriften
und bei Renier I. A. 3938 steht, gegenüber der von y sehr
wohl die secundäre sein kann^ vgl, Symeon in den ältesten
Codd. des Neuen Testaments, Sumeon erst sehr spät (neuntes
Jahrhundert), Schuchardt a. a. O. 225.
45. Tum meae, siqind loquar audiendum,
Vocis accedet bona pars, et 'o Sol
47. Pulcher, o laudande' canam recepto
Caesare felix.
49. Tuque dum procedis, io triumphe!
Non semel dicemus, io triumphe!
51. Civitas omnis, dabimusque divis
Tura benignis.
53. Te decem tauri todidemque vaccae,
Me tener solvet vitnlus, relicta
55. Matre qni largis iuvenescit herbis
In mea vota.
49. Teque dum procedis — Tuque dum, procedis.] Ich habe
früher teque, die Ueberlieferung aller Handschriften und der
Schollen, vertheidigt und die Worte aufgefasst als an Triumphus,
den personificierten Triumph, gerichtet. Vgl. epod. 9, 21 : Io
Triumphe, tu moraris aureos cxirrus et intactas boves. Liv, XXVIII
9: Uno equo per urbem verum Triumphtnn vehi Neronemque etiam,
si pedibus incedat , . , qloria memorabilem, fore. So lesen und
erklären auch Obbarius, Dillonburger, Munro und Andere. Ich
muss aber heute diese Lesung und Deutung für unmöglich er-
klären. In der ganzen Ode ist niemand anderer als Antonius
lulus angeredet, und es kann um so weniger hier plötzlich ein
'
Kritische Beiträge zum IV. Buche der horazischen Oden. 151
Anderer mit Du eingeführt werden, weil gleich in der fol-
genden Strophe:
Te decem tauri totidemque vaccae,
Me teuer solvet vitulus, relicta
Matre qui largis nivenescit herbis
Li mea vota.
ganz klar wieder Antonius angeredet wird. Ein solches Herum-
springen von einer angeredeten Person zur andern, ohne dass
im V. 53 irgend eine Andeutung gegeben wäre, dass hier nicht
der eben angeredete Triumphus, sondern wieder der früher an-
geredete Antonius gemeint sei, ist durchaus unmöglich; nusquam
Horatius tanta lahorat ohscuritate. Man hat vielmehr die alte
Emendation (am frühesten liegt sie vor im Argentor. II im
Parisinus s , und in Vanderbourg's cod. Parisinus T) Tuque statt
Teque zu acceptieren und die Entstehung des kleinen Un-
genauigkeitsfehlers zu erklären aus einem Vorausirren des
Auges auf den Anfang der Strophe Te decem . . . Mit dieser
kleinen Aenderung erhalten wir die gleichmässige Anrede an
Antoniris Iidns im ganzen Gedichte und damit die echt hora-
zische Klarheit der Anordnung. Allerdings bleibt eine kleine
Schwierigkeit, nämlich die Einschiebung der Worte Non semel
dicemus zwischen die beiden zu ihnen sich als Objecte verhalten-
den Ausrufe: io triumphe! io triumphe! Allein es ist ja eine be-
kannte Thatsache, dass auch dicere wie inquit von den Dichtern
zwischen die verba ipsissima eingeschoben werden kann, c. III
27, 35. Zumpt §. 801. Ganz besonders lässt sich vergleichen
Ovid. trist. IV 2, 47 ff.:
•
Hos super in curru, Caesar, Victore veheris
Purpurens popidi rite per ora tui:
Qitaque ibis, manibus circumplaudere tuorum,
UndiquH iactato flore tegente vias.
Tempora Phoebea lauro cingentur ,io'que
Miles ,io' magna voce ^triumphe!' canet.
Also bleibt schliesslich kein Bedenken gegen die Auffassung
der Worte: Und während du, Antonius, beim Triuniphzuge
des Augustus vorangehst, nämlich als Prätor (vgl. Kitter zu
dieser Stelle), der auch das Festmahl auf dem Capitol zu
152 Keller.
bereiten hat, rufen wir, die ganze römische Bürgerschaft, am
Triumphzuge theihiehmend, unzähligemal: lo triumphe! lo
trmmfhe! Ein nescio quis bei Jani, sowie Meiueke und L. Müller
lesen Atque fhim procedif, was auf Augustus bezogen einen
hübschen Sinn gibt; aber die Aenderung von Teque in Afqve
ist gewaltsamer, als die von uns vorgezogene, es erklärt sich
auch die Entstehung des Fehlers Teque nicht so einfach, wie
bei Tuque; dann ist proceAit bloss in BC, also entschieden schwach
bezeugt. Man hat auch versucht, Teque zum vorhergehenden
zu ziehen und nach ieque einen Punkt zu setzen (Canam, re-
cepto Caesare felix ieque. Bothe; Fea liest wie v^'w tuque). Aber
diess ist aus rhetorischen Gründen zu verwerfen, weil dann
teque hinten nachhinken und der Satz damit förmlich ab-
schnappen würde. Bentley's Vorschlag, Isque dum procedit zu
lesen, ist gegen den Ton der horazischen Lyrik. Die bei-
gebrachten Parallelen aus Vergil, wo Isque den Vers beginnt,
beweisen nur für den Gebrauch im erzählenden Gedichte.
Hier an unserer Stelle wäre Isque ausserordentlich frostig und
poesielos.
50. Statt non semel wollen mehrere (Schütz, Jeep und
Andere) nos siniul lesen; Andere schlagen die archaische —
hier gewiss als unmotivierter Archaismus abzuweisende — Form
semol vor (Pauly, Fröhner, Linker). Diese Aenderung erscheint
überflüssig, ja unpassend, wenn wir procedis in dem allein nach-
zuweisenden Sinne wirklichen Vorausschreitens nehmen. Da-
gegen würde sie einen sehr hübschen Sinn geben, wenn pro-
cedis, wie es Manche thun (z. B. Th. Kayser), aufgefasst werden
dürfte im Sinne von praeire = vorsagen, vorangehen mit
Worten. Schütz denkt auch an praecedis oder gar an praeibis.
Aber auch für praecedere ist die tropische Bedeutung von
praeire nicht erweislich, und praeibis dürfte eine zu gewagte
Veränderung der überlieferten Buchstaben sein. Ich möchte
entschieden an der oben auseinandergesetzten Lesung und Auf-
fassung festhalten.
IV 4.
13. Qualemve laetis caprea pascuis
Intenta fulvne matris ab ubere
Kritische Beiträge zum IV. Buche der horazischen Oden. 153
15. lam lade depulsiim leonem
Deute novo peritura vidit:
17. Videre Raefi hella siih Alpihus
Driisum gereutem Vindelici (quibns
19. Mos nnde deductus per omne
Tempus Amazonia securi
21. Dextras oharmet, qnaerere distuli;
Nee scire fas est omnia), sed diu
23. Lateque victrices catervae
Consilns iuvenis revietae
25. Sensere, quid mens rite, quid indoles
Nutrita faustis suh penetralibus
27. Posset^ quid Augiisti' paternus
In pueros animus Nerones.
15. Statt iam lacte sind schon alle denkbaren und un-
denkbaren Conjecturen vorgeschlagen worden, von Lachmann
z. B. ,iam {niacte!)'. Am einfachsten ist wieder ein Strophen-
auswerfer zu Werk gegang-en, Prien, der im Rh. Mus. XIII 352
ausser vielen anderen Strophen auch diese für interpoliert erklärt.
Der Sinn ist aber ganz klar und einfach: Dem Löwen gleich,
den auf der fetten Trift arglos weidend das Reh erschaut, um
schon zu sterben von dem Zahn des kaum der Milch und Brust
der gelben Mutter entwöhnten Thieres; so schauten Drusus,
als er am Fuss der Alpen Krieg führte, die vindelicischen
Rätier. Iam steht = modo = kaum, erst. Vgl. die Nachahmung
der Stelle bei dem bekannten Nachahmer des Horaz Prudentius,
peristeph. X 662 ff.:
Amplexus unum de caterva infantium
Parvum nee olim lacte depidsum capi
Captumque adesse praecipit.
Unlateinisch wäre es auch mit Hülsenbeck (Berliner Zeit-
schrift für Gymn. XVIII 709 — 712) ah ubere als Zeit-
bestimmung zu fassen. So weit ich die Phrase verfolgen kann,
sie steht nie so, sondern immer abhängig von depelli (Verg.
Georg. III 187) oder rapi (Stat. Achill. II 184. Martial. IX 8, 3.
Claudian. in Eutrop. I 45).
Sitzungsber. d. phil-hist. Ol. XC. Bd. I. Hft. . 1 1
154 Keller.
Ausserdem stellt Hülsenbeck die merkwürdige Emeudation
advUerae statt ab uhere auf.
Vielleicht ist auch mancher geneig-t, der folgenden Be-
merkung von Schütz beizupflichten: ,In der überlieferten Lesart
liegt nichts Bedenkliches ausser der von Bentley getadelten
Wortfülle ah nbere depulsum und dazu noch lade. Ist das
wirklich ein Grund zur Verdächtigung? Eine ähnliche Wort-
fülle ist z. B. c. I. 37, 9; wenn man will, auch c. IV 1, 24
und öfter. Lacfe depelli [wie schon Jani sagt] ist zu Einem Be-
griff geworden, zu dem ab ubere immerhin überflüssiger, aber
doch nicht falscher Weise \ornahis et cojnae causa sagt Jani]
hinzugefügt ist^ Allein es ist sehr möglich, dass wir schon
damit zu viel zu Ungunsten des Dichters einräumen; er wollte
eben vielleicht den Begriff ,der Milch' entwöhnen nicht ent-
behren und doch auch die Löwenmutter beschreiben; dann
war ab ubere unentbehrlich, weil Horaz doch nicht zu lade
einen Genetiv (matrh) fügen konnte. — Düntzer, wie schon
Xylander, Chabot und Gesner, will über lac zusammennehmen,
sagt aber in demselben Athem, es schwebe dem Horaz Verg.
Georg. II (1. III) 187 vor: lam primo depulsus ab ubere matris. Je
wahrscheinlicher letztere Behauptung ist, um so unwahrschein-
licher ist die erstere, dass nämlich Horaz bei seiner Nach-
ahmung die ihm vorliegenden Worte ab nbere so verdreht
hätte, dass sie nicht mehr vom Euter, respective von den
Zitzen weg, sondern von dem reichlichen . . . weg bedeuten
sollten. Wo bei einem auf Klarheit Anspruch machenden
Autor von Milch die Rede ist, wird uher, uberis, uberi, id)ere
niemals reichlich, sondern stets Euter bedeuten. Eine wunder-
schöne Parallelstelle haben wir bei Statius Theb. IX 739 ff.:
Ut leo cid parvo mater Gaetula. cruenfos
Siiggerit ipsa cibos, cum primimi crescere sensit
Colla iabls torvusque novos respexit ad uncjnes,
Indignatur all tandemque effusus apertos
Liber amat campos et nescit in antra reverti.
IV 4, 17.
17. Statt Raeti, wie jedeufalls im Archetyp stand, und
wie auch Acr.' las, ist seit Nie. Heinsius und Bentley die
'i r
Kritische Beiträge zum IV. Buche der horazischen Oden. 155
Emendation Raetis in Schwung' gekommen. Mag die Lesart
refis in einem .manuscriptum exemplar Rottendorphii^ ge-
standen haben oder nicht: keinenfalls gehört die Lesart dem
Archetyp an; denn alle von uns eingesehenen Handschriften
haben kein s. Sofern aber Tacitus von den rätischen Alpen,
niemand dagegen von den vindelicischen Rätiern spricht, hat
allerdings des N. Heinsius Conjectur viel für sich. Allein es
scheint mir doch zu unsicher, ob Horaz wirklich die Rcätier
und Vindelicier auseinander gehalten hat. Er verwahrt sich ja
im Folgenden ausdrücklich gegen ethnographische Gelehrsam-
keit, und auch Martial scheint beide Völkerstämme nicht als
verschieden angesehen zu haben, IX 84, 5: Me tibi Vindelids
Raetus narrabat in oris. Wahrscheinlich hielt Horaz die Vin-
delicier für einen Theil der Rätier. Und dass suh Alpibus
keines weitern Epithetons bedürftig ist, wird niemand be-
zweifeln, vgl. Lucan. I 302: Hiemesqne sub Alpibus actae. Ich
möchte vermuthen, Bentley würde seine Vertheidigung der
Heinsius'schen Conjectur, welche von ausserordentlichem Ein-
fluss auf die Horazkritiker gewesen ist, gar nicht unternommen
haben, wenn er sich nicht hinsichtlich der Handschriften ge-
täuscht hätte. Er glaubte nämlich, wenn hinter dem reti oder
raeti ein Buchstabe ausradiert war, dieser ausradierte Buchstabe
sei ein s gewesen; allein es war ein zweites i. Uebrigens haben
auch schon die Mönche au dem Raeti Vindelici Anstoss ge-
nommen und wir finden in den Handschriften v und q, also
nicht vor dem zwölften bis dreizehnten Jahrhundert, V. 18
zwischen gereutem und Vindelici ein et eingeschoben. Diese
Emendation, welche in vielen alten Ausgaben gedruckt im
Texte steht, ist höchst bedenklich, weil sich Horaz im IV. Buche
sehr hütet, lange Vocale zu elidieren.
18 — 22. Quibus e. q. s. — oninia werden von Vielen
(Lambin, Guyet, Buttmann, Peerlkamp, Meineke, Linker,
Gruppe und Andernj für eine Interpolation gehalten. Diese
müssen dann sed in et verwandeln und verfallen somit in den
eben gerügten prosodischen Fehler: Vindelic(i) et diu. So etwas
darf dem IV, Buche nicht durch Conjectur imputiert werden.
Die Verse passen aber ganz köstlich in den Zusammenhang.
Nicht eine gelehrte Abschweifung soll es sein, wie Ritter meint,
11*
156 Keller.
der zur Entschuldig-img- /ligressionem non minus sohriam et
critico dignam' aus Pindar Ol. 1, 28 — 42 citiert, sondern eine
kleine Neckerei gegen Tiberius, der seine Hofgelehrten mit
zum Theil absurden antiquarischen Fragen quälte. (Weil in
Jahn's Jahrbuch. 1855, S. 720.) Sueton. Tib. c. 70: ,Das grösste
Interesse jedoch hatte er für Mythologie und gieng darin bis
zum Läppischen und Lächerlichen. So stellte er die Sprach-
gelehrten, Leute mit denen er besonders gerne verkehrte, durch
Fragen folgender Art auf die Probe: Wer die Mutter der
Hecuba gewesen? Wie Achill unter den Mädchen geheissen?
Was die Sirenen gewöhnlich für Lieder gesungen? Und am
ersten Tage, wo er nach dem Ableben Augusts die Curie be-
trat, brachte er, um gleichzeitig der kindlichen Liebe und der
Religion genug zu thun, unter Berufung auf Minos Vorgang,
der es vor Alters beim Tode seines Sohnes ebenso gemacht,
ein Opfer mit Weihrauch und Wein, aber ohne Flöten-
begleitung dar^
29. Fortes creantur forfihns et bonis:
Est in iuvencis, est in equis patrimi
3L Virtus, neqne inhellem feroces
Progeneranf aquilae columbam.
29. Mavortius (AX'ga) interpungierte hier unrichtig nach
fortibus statt nach bonis. Ebenso unrichtig Fea. Auch Servius
scheint nach fortihxis interpungiert zu haben; denn sein Citat
zu Verg. Aen. I 590 schliesst mit fortibus. Fortis bonusqne ist
eine stehende Redensart, somit ist es absolut sprachwidrig, die
Worte Fortes creantur fortibus et bonis zu zerreissen und mit
et bonis einen zweiten Satz zu beginnen. Vgl. epist. 1 9, 13:
Et fortem crede bonumque. Cic. pro Milone 2, 4 zweimal: de
bonis et fortibus viris und erga fortis et bonos civis.
37. Qtdd debeas, o Roma, Neronibus,
Testis Metaurum flumen et Hasdrubal
39. Devictus et pulcher fugatis
nie dies Latio tenebris,
41. Qui primus almn risit adm'ea,
Dirus per urbes Afer ut Italas
43. Ceu ßamma per taedas vel Eiirus
Per Siculas equitavit undas.
Kritische Beiträge zum IT. Buche der horazischen Oden, 157
43. Vel E^irus — ^^e?- Euros — et Enrus] I. (y R L a und
vielleicht auch ■::,) und II. Classe vel Ennis: III. Classe et
Eurus (o' b u') und jjer Euros (Fp p). Walirscheiulicli g-ieng
diess so zu, dass in den Worten per taedas vel eurus per
siculas durch Nachlässigkeit eines Schreibers vel in per ver-
wandelt wurde. Hieraus ergab sich nun der nackte Unsinn,
den der eine Mönch, indem er per für richtig hielt, in per
eüros, der andere, indem er eurus für richtig- hielt, in et eurus
verbesserte. Da keiner von beiden ein zweites Horazexemplar
zur Emendation verwenden konnte, so riethen beide falsch,
jeder in seiner Art. So entwickelten sich die Lesarten vel
eurus, *per eurus, per euros und et euriis. Am einfältigsten hat
seine Besserung- wieder der Urheber der F-Familie gemacht.
c. IV 5.
29. Condit quisque diem colUhus in suis,
Et vitem viduas ducit ad arhores;
31. Hinc ad vina redit laetus et alteris
Te mensis adhibet deum.
31. redit — venit] venit bloss in o'Lu, also entschieden
schlechter bezeugt, als redit. Letzteres ist ausserdem als lectio
difficilior durchaus vorzuziehen. Unbegreiflicher Weise hat
wieder Bentley venit in Schutz genommen. ' Es ist gerade so
falsch, wie epist. II 2, 22 die Variante veniret (auch wieder in
der III. Classe: FX'S'var. v) für rediret. Beide Aenderungeu
haben den gleichen Grund, nämlich das Missverstehen von
redire, wenn es einmal etwas anderes bedeutet, als , zurück-
kehrend Im Apparat der Epistelstelle sieht man deutlich den
Hergang. Die Interlinearglossen schrieben zunächst, um an-
zuzeigen, dass der Begriff ,zurück' hier nicht in dem Worte
liege, über rediret: ,idest veniret' (gloss. F) und hier über redit:
,idest venit'. Dann kam diese Glosse als Glossem in den Text.
Der Archetyp hatte an beiden Stellen noch redire, denn beidemal
ist nur ein Bruchtheil, wenn auch ein bedeutender, der lU. Classe
für venire.
* Auch Jani wundert sich darüber und bemerkt: Quid nou critica cogis
pectora, novitatis amor? Leider sehr wahr.
158 Keller.
IV 6.
9. nie, mordaci velut icta ferro
Pinus aut inindsa cupressus Euro,
11. Procidit late postiitque collum in
Pulvere Teucro.
10. inpulsa — inpressa] inpidsa I. und III, Classe, in-
pressa II. Classe inclusive Mavortius (A k'), nebst u. Inpulsa
ist also besser bezeugt. Inpressa ist offenbar unter Einfluss
des folgenden Wortes cupressus entstanden, aber schon wegen
der Kakophonie höchst schwerlich dem Horaz zuzuschreiben.
Es war eine Verschreibung , welche bereits dem Mavortius
in seiner Handschrift vorlag, daher findet es sich auch in u.
Eine absichtliche Aenderung kann die Variante nicht wohl
sein. Sie findet sich übrigens auch sonst, z. B. Petron.
c. 119 V. 3: pressa gleichfalls als unrichtige Variante zu pulsa.
Ovid. am. I 6, 51: Impnlsa est animoso ianua vento.
13. nie non inclusus eqiio Minervae
Sacra mentito male feriatos
15. Troas et laetam Priami choreis
Falleret aulam.
14. Aus 'Sacra mentito machen F p mit gewohnter Neigung zu
den pinselhaftesten Veränderungen /Sac?"a?»en/o. Sicherlich dachte
der fromme Klosterschreiber an die heiligen Sacramente. In
ähnlicher Anwandlung schrieb im letzten Verse des erotischen
Gedichtes III 9 ein Mönch zuerst amen statt amem (cod. b);
ein anderer machte c. IV 5, 35 aus Castor einen pastor (cod. p),
ein anderer (B ante ras.) aus Hehrum einen Hehreum (Hebräer!)
c. III 25, 10; c. II 17, 8 ist ille dies (der Todestag ist gemeint)
in cod. z umgestellt zu dies ille nach dem Liede auf den
jüngsten Tag dies irae, dies illa. c. IV 8, 25 erfand ein Mönch
ereptum Sti/giis ßuctihus aequum^ den Gerechten, statt Aeacum
(HI. Classe); c. III 18, 12 ist durch den Einfluss einer
Jesaiasstelle eine Variante in die III. Classe gekommen :
Festus in pratis vacat otioso
Cum bove pardus
statt pagus; vgl. Jesai. 11, 6: Hahitahit lupus cum agno et pardus
cum haedo accubahit. Sehr nach einer mittelalterlichen Kloster-
Eritibche Beiträge zum IV. Buche der horazischen Oden. 159
zelle sieht auch die Variante c. IV 5, 37 aus: rex statt dux,
weil Augustus wohl König-, aber nicht , Herzog' gewesen.
Iduineneiis c. IV 9, 20 in v ist wieder eine Verschreibung alt-
testaraentlichen Ursprungs: denn der fromme Schreiber wusste
weniger von der Ilias, als von den Edomiten (Idumaei). Der
Schreiber von q verwandelte den Chrynippus epist. I 2, 4 in den
heiligen Christophorus, der von a in den Crispinns; der Schreiber
der vierten Leipziger Handschrift verbesserte c. HI 17, 7 die
Marica in die Jungfrau Maria. Merkwürdig ist es auch, dass
epod. 17, 58 ein Mönch aus Verehrung für den Papst das
Wort poniifex durch ganz grosse Buchstaben ausgezeichnet
hat: PONTIFEX (cod. b), obgleich das unmittelbar folgende
schlimme Wort veneßci dazu gehört; es war freilich damals eine
relativ harmlose Zeit, lange vor den Tagen der Borgia.
IV 6, 17.
17. Sed pcdavi captis gravis, heu nefas heu!
Nescios fari ptieros Achivis
19. Ureret flammis, etiam latentem
Matris in alvo:
21. Ni tuis victus Venerisque gratae
Vocihus divom pater adnuisset
23. Rebus Aeneae potiore ductos
Alite muros.
17. coptis — Victor] captis I. und II. Classe inclus.
R >/, also die ganze I. und die ganze II. Classe haben
captis {= den im offenen Kampfe besiegten Troern). Die
III. Classe exclus. u'-Familie hat das Wort ausgelassen; u'
hat Victor. Hier ist der Hergang der Verderbuiss völlig klar:
captis fiel durch Zufall im Urcodex der III. Classe aus und
die Lücke wurde in der Urhandschrift der u'-Familic ohne
Zuhilfenahme einer zweiten Horazhandschrift durch Conjectur
ergänzt. Diese Conjectur selbst entstand aus einer Reminisceuz
an V. 3, wo victor vorkam. — Zu captis gravis ist eine Pa-
rallele Senec. Troad. 987 : Quis arhiter crudelis et miseris gravis.
Conjecturen wie captor statt captis (Düntzer) sind völlig über-
flüssig.
160 Keller.
21. vichis — flexus] Plexus ist einfach eine erklärende
Interlinearglosse von gloss. T und steht in keiner unserer Horaz-
handschriften im Texte. Nur in den berüchtigten Blandinius
vetustissimus ist sie eingedrungen, und daher haben sich
komischerweise Viele (unter Andern auch Bentley) eingeredet,
es sei die echte horazische Lesart. ' Nicht leicht lässt sich
von einer Variante so eclatant beweisen, dass sie ein Glossem
ist, als von dieser!
25. Doctor argutae ßdicen Thaliae,
Phoebe, qui Xantho lavis amne crinis,
27. Dauniae defende deciis Cameuae,
Levis Agyieu.
25. Statt argutae taucht in einigen Handschriften der
dritten Classe die Variante argivae (achivae in v) auf, in tc b s ;
und in ozu'lp übergeschrieben. Da diese dem Archetyp nicht
angehörige Variante auch im sogenannten Blandinius vetu-
stissimus gestanden luiben soll, ist sie von dessen Verehrern
theilweise vorgezogen worden. Die Sache hat sich einfach so
entwickelt, dass aus arguxae argiuae durch Verwischung des
Horizontalstriches oben am x hervorgegangen ist. Ärgutus
braucht Horaz auch sonst = mit heller, klarer, lauter Stimme
begabt, vom Fuhrknecht, epist. I 14, 42. Vgl. auch Colum.
IX p. 372 Bip.: Valles argutae, quas Graeci -^-/.ou«; vocant.
Aehnlich steht acuta c. III 4, 3 vom Gesang der Musen. Dass
hier die Lesart des Archetyps ganz gut passt, ist einleuchtend.
28. Agyieu — Agilen]. Die Lesart Agileu oder Agyieu an
sich gibt durchaus keinen Sinn. Agylleu aber, was Burmann
und Cruquius in sehr künstlicher Weise auf den griechischen
Namen von Caere zurückleiten wollten (unter Berufung auf
Strabo V p. 220), steht nicht in den Handschriften, kann somit
keinenfalls als Lesart des Archetyps angesehen werden, sondern
die Verdoppelung des l wäre einfach eine gewaltsame Aenderung
des überlieferten Textes. Ferner ist nun weder von einer be-
sondern Verehrung Apollos zu Caere, noch von dem Beinamen
Agylleus irgend etwas bekannt. Die blandinischen Handschriften
sollen zwar alle agylleu geboten haben; diess ist aber um so
1 ,Quia, qui adnuat, eo ipso flectatur (haud dubic ob incliuatam cervicem);
quo vix quidquam niiserius dici poterat.' Jani.
Kritische Beiträge zum IV. Buche der borazischen Oilen. 161
mehr zu bezweifeln, als nach einer früheren Angabe des Cru-
quius der vetustissimus agyieu g-ehabt haben soll (edit. 1565
p. 73). Ayyieu ist die einzig- mögliche Lesart, griechisch 'Avuicu? ;
speciell hat ohne Zweifel wieder Euripides den horazischen
Ausdruck veranlasst, Phoeniss. 631 : KäI c'j OcTß'äva^ 'Ay^isj. So
steht in a - Pph. ; ntjyeu in B', agien in L. F )/ haben agylen,
diess ist als Urlesart der III. Classe exclus. :r'-Familie an-
zusehen. In der Ti-Familie haben wir agyieu tz, agieu L; R a'
haben agüeu mit der ersten Classe (A y). Als Urlesart des
Archetyps ergibt sich AGYIEU, wobei durch die kleinste Ver-
änderung, durch ein zufälliges Ausgleiten der Feder unten an
dem / die andere Lesart Agyieu sieh bilden konnte. Die
späteste Phase zeigt agileu an, was jedenfalls aus agyieu, viel-
leicht beim Dictiertschreiben, entstanden ist. Die beste Lesart
haben also a B' Pph. = IL Classe exclus. //, möglicherweise
also, aber keineswegs sicher, Mavortius; denn gerade die
Handschriften mit der subscriptio haben sämmtlich ein l. Ferner
haben die beste Lesart L ::, die nächstbeste haben F X', die
schlechteste A y R a Acr.' und o' u'. Die I. Classe dürfte ein-
mal wieder durch die pseudoacronischen Schoben in unrichtiger
Weise beeinflusst worden sein. Die II. Classe nebst der von
der I. und III. Classe unabhängigen, also wohl ursprünglichen
Partie der -'-Familie hat das richtige agyieu.
IV 8.
11. Gaudes- carminihus} carmina possumus
Do)Hire et pretium dicere muneri.
12. muneri alle unsere Handschriften, auch Pph.' und Ac.
muneris steht in [h als Variante und in einigen werthlosen codd.
Lambin's und Vanderbourg's. Der Dativ des Archetyps ist ganz
richtig; es ist die technische Construction, vgl. Plaut, mil.
III 1, 133: merci pretium sfatnit. Terent. Heautont. prol. 48:
Pretium statui arti meae. Hör. serm. II 3, 23: Callidus huic signo
poneham milia centum. Senec. epist, XIII 2 (87) 18: Quis pleno
sacculo ullum pretium ponit, nisi quod pecuniae in eo conditae
numerus effecif^ Tacit. ann. III 40: Cum id rarum nee nisi
virtuti pretium esset. Liv. XXIV 15: Capito hostium pretia
lihertati facta. Was die schlechtest bezeugte Variante muneris
zu muneri betrifft, so vgl. c. III 3, 53 die falsche Variante
162 Keller.
rnimdi zu mundo. Die Lesart muneris empfiehlt sich auch
desswegen sehr wenig, weil zwischen zwei mit s schliessenden
Verspaaren dann noch ein fünfter mit s schliessender Vers ein-
geschoben würde.
13. Non incisa notis marmora puhlicis,
Per quae Spiritus et vita redit honis
15. Post mortem ducihus, non celeres fugae
Reiectaeque retrorsum Hannihalis minae,
17. Non incendia Kartliaginis impiae
Eius, qui domita nomen ah Africa
19. Lucratus rediif, darin s indicant
Landes, quam Calahrae Pierides: neque
21. Si chartae sileant quod hene feceris,
Mercedem tuleris.
15. celeres fugae — celeris fcga]. Letzteres bloss in A'Ba'
(C fehlt), also in der II. Classe (Mavortius). Die aus den
Stammcodices der I. und III. Classe erschliessbare Lesart des
Archetyps war ohne allen Zweifel celeres fugae, was auch bei
gleichem Stimmverhältniss als lectio difficilior den entschiedenen
Vorzug verdienen würde. Celeris fuga ist eine Correctur des
Mavortius, um den ungewöhnlichen Pluralis von fuga, vielleicht
auch den dreimaligen Versschluss auf ae, zu vermeiden; dabei
kann auch die Reminiscenz an celerem fugam Partki c. II 13, 17
bei Mavortius eingewirkt haben.
17. Dieser Vers hat die meiste Anfechtung im ganzen
Horaz gefunden. Es drängt sich dabei ein äusseres und ein
inneres Bedenken auf. Das äussere besteht in der Vernach-
lässigung der Diärese: allein das Gleiche kommt (wenn auch
zufällig nicht mehr in den wenigen ganz gleichartigen Ge-
dichten c. I 1, III 30) denn doch auch sonst in asclepiadeischen
vor: c. I 18, 16: per \ lucidior, vgl. auch c. II 12, 25: de\
torquet; und hier liegt im Eigennamen eine ganz besondere
Entschuldigung, vgl. c. III 24, 4. ' Auch bei Öappho fr. 56
B e r g k haben wir:
«l'aTai Sy^ Ttoxa Ay^ 8av OaxivOivov.
' Ausserdem vgl. gerade in Bezielumg auf Vernachlässigung von Diärese ,
oder Cäsur folgende Analogie. L. MülK-r (welcher hier selber, dem
Eritisclie Beiträge zum IV. Buche der horaiischen Oden. 163
Der innere Grund zum Anstoss besteht darin, dass der Brand.
die Zerstörung- Karthagos nicht ein Werk des älteren, gegen
Hannibal kämpfenden und von Ennius besungenen Africanus
war, sondern ein Werk des jüngeren Africanus. Somit liegt
eine Verwechslung des älteren und jüngeren Africanus vor.
Diese kommt aber auch sonst vor: bei Polyaen VIII 16 (Hertz
in Fleckeisen's Jahrbüchern 97, 571). Und Polyaen ist ein ge-
schichtlicher Schriftsteller, ein Quellenschriftsteller für antike
Geschichte, Horaz aber ist ein Dichter und zwar einer, der
serm. I 9, 51 selber darauf anspielt, dass er auf doctrina
weniger Anspruch mache, als z. B. Vergil. Auch Lucian dialog.
mort. 12 nennt den Sieger von Zama als xaOeXwv von Karthago,
confundiert also ganz in der gleichen Weise, wie hier Horaz
die beiden Scipionen, indem er die beiden grössten Helden-
thaten, die Besiegung Hannibals und die Zerstörung Karthagos,
Einem zuweist. Noch einmal findet sich bei Horaz selbst die
gleiche Verwechslung beider Scipionen serm. II 1, 71 ff., wo
ihm offenbar das vorschwebt, was Cicero vom älteren Africanus
sagt: offic. III. §. 2: Ille enim requiescens a reipuhlicae pid-
cherrimis miaiei ibus otium sibi sumehat aliquando et e coetu
hominum frequentiaque interdum tamquam in portum se in soli-
tudinem recipiebat. Ebenfalls eine Verwechslung zweier Sci-
pionen dürfte jener Erzählung aus dem zweiten punischen
Kriege bei Livius XXIX 14 zu Grunde liegen. Hand parvae
rei iudicium senatum tenebat, qiii vir optimus in civitate esset;
veram certe victoriam eins rei sibi quisque malle quam idla im-
peria konoresve suffragio seu patrum seu plehis delatos. P. Scipio-
nem Cn. filium (den Sieger bei Zama) eius^ qui in Hispania
ceciderat^ adulescentem nondum quaestorium itidicaverwif in tofa
civitate virum bon(or)um Optimum esse. Diese feierliche Erkläi ung:
Scipionem ,optimum esse virum' hat ohne Zweifel in Wirklichkeit
einen ganz anderen, unbedeutenderen Scipio betroffen und ist
erst von diesem durch eine den Schriftstellern aufzubürdende
Strome der .grossen' Kritiker folgend, eine Interpolation sieht) sagt
p. LVII der Praefatio zu seiner Textausgabe des Horaz: ,Notandum
tarnen Flaccum in satiris et epistulis .saepe admittere hephtheniinicrim
sine trithemimeri . . . Talia nuniquam in ianibis ac nielicis rejicTiuntur,
nisi seniel iniecto nomine proprio (c. 1 28, 29): Ab love Neptunoquc
sacri custode Tarenti'.
164 Keller.
Confusion auf den Sieger von Zama übertragen worden.
Ursprünglich bezog sie sich auf L. Scipio, den Sohn des Bar-
batus, vgl. die Inschrift seines Sarkophags C. I. L. I nr. 32:
Hone oino ploirume cosentiont R(omai) duonoro optumo fuise
viro Luciom Scipione. Beide Brutus M^erden verwechselt bei
Servius ad Verg. Aen. III 67. Bei Horaz selbst haben wir
noch andere historische Irrthümer. Was er von Thespis sagt
a. p. 276, ist uuhistorisch, und in der Erzählung von Lucullus
epist. I 6, 40 macht er sich grosser Uebertreibung schuldig.
Geographische Verstösse finden sich bei Tacitus und Anderen,
z. B. Agric. 14: Mona ^= Anglesey statt = Man. Gegen die
Naturgeschichte vergeht sich Horaz und ohne Zweifel schon
sein Original in epist. I 1, 29. Es ist zwar übertrieben, wenn
man in moderner Zeit schon gesagt hat: ,Dichter haben das
Privilegium, sich nicht um Thatsachen kümmern zu dürfen',
oder wenn man, was auf das ziemlich Gleiche hinauskommt,
mit Glareanus die Q'j^ymiq beider Scipionen als poetische Licenz
erklärt. Aber ehe man zu Interpolationshypothesen schreitet,
dürfte man sich allerdings vergegenwärtigen, dass selbst den
gebildetsten Dichtern aller Zeiten Aehnliches passiert ist, wie
hier dem Horaz. Wie alt ist Hermann in Goethe's , Hermann
und Dorothea^? Niemand hält ihn für jünger als fünfundzwanzig
Jahre. Und doch erzählt die Mutter, es sei an einem Montag
Morgen vor nunmehr zwanzig Jahren gewesen, dass der Vater
ihr seine erste Liebeserklärung gemacht habe. Und dieser
Anachronismus ist nicht der einzige. Die Mutter geht durch
Garten, Feld, Weinberg und sieht die Fülle der Trauben, unter-
scheidet auch bereits die reifenden der einzelnen Sorten. Gleich
darauf wird erwähnt, dass die Ernte folgenden Tages anheben
solle; Juli und September (wenigstens Ende August) sind ver-
wechselt. Der als Shakespearekritiker berühmte Rümelin
schliesst diese in seinen Reden und Aufsätzen niedergelegten Be-
obachtungen mit folgender Warnung, S. 386: ,Wenn unter den
denkbar günstigsten Umständen einer dichterischen Composition
derartige Widersprüche und Mängel sich dauernd einnisten
können, was müssen wir dann für möglich halten in Schrift-
werken oder Dichtungen, die noch von jugendlichen, minder
welterfahrenen Autoren verfasst, . . . aus dunkleren Zeitaltern
stammen , dem Verfasser nie gedruckt und übersichtlich vor
Kritische Beiträge zum IV. Buche ilcr horazischen Oden. 165
Augen lagen? Die Philologen beachten diess nicht genug; sie
schliessen zu leicht und rasch auf falsche Lesarten, Verschieden-
heit der Verfasser, oder suchen sie das Widersprechende durch
künstliche Mittel in Einklang zu bringen'. — Man hat an unserer
Stelle schon alle drei Mittel sattsam versucht; man hat Con-
jecturen gemacht, in dispendia (G. Hermann), oder impendia
(Cuningham), oder stipendia (Döring und Alfr. Wiedmann), statt
mce»KZ/a.- Niemand hat aber eine dieser wohlgemeinten Aenderun-
gen meines Wissens in den Text aufgenommen; sie haben auch
ausserordentlich wenig Bestechendes oder gar auf die Dauer
Ueberzeugendes. Den zweiten Ausweg, Annahme verschiedener
Verfasser (Interpolation), haben wir schon erwähnt; ihn haben
Bentley, Buttmann, Bernhardy, Lachmann, Meineke, Haupt,
Linker, Martin, L. Müller, Prien, Schütz, Nauck, Conrads und
Andere eingeschlagen. Auch das letzte Mittel, das bei der
Bibelexegese früher so gewöhnlich war, ,das Widersprechende
durch künstliche Mittel in Einklang zu bringen', ist hier versucht
worden, besonders von Orelli, welchem Dillenburger, Düntzer
und Andere beipflichten. Man sagt, die Ungenauigkeit sei nicht
so gross; Horaz verwechsle bloss das Verbrennen der Schiffe und
des Hafens mit einem Verbrennen der Stadt Karthago selbst.
Allein man kann das Verbrennen einiger zum Hafen gehöriger
Gebäude kaum ein , Verbrennen des Hafens' nennen, der doch
hauptsächlich aus unverbrennbaren Stöindämmen nebst dem
dadurch eingeschlossenen Wasser besteht. Und das Verbrennen
der Flotte Karthagos mit dem weltberühmten wirklichen Brande
Karthagos in der Stunde seines Todeskampfes zu verwechseln,
das bliebe immer noch ein starker L-rthum. Es bleibt pure
Unnatur und Spitzfindigkeit, die incendia Karthaginis (mau
beachte auch den Pluralis, etwa unser , Riesenbrand' — es war
ein Brand wie der von Hamburg) auf die Vernichtung der
punischen Flotte im Hafen Karthagos zu beziehen. Wie Na-
poleon und der Brand von Moskau, Tilly und die Eroberung
von Magdeburg, Mummius und die Zerstörung von Korinth u. s. w,
zusammengehören, so auch Scipio Aemilianus und der Brand
von Karthago. Aus , Scipio und dem Brande von Karthago'
den älteren Scipio und seine Verbrennung der karthagischen
Flotte herauszudemonstrieren, weil diese Deutung den betreffen-
den Schriftsteller von einem Vorwurfe befreit, der jedenfalls
166 Keller.
auch andere Sehnftsteller des Alterthums trifft, das halte ich
für eine unwahre, unwissenschaftliche Art der Interpretation.
Geben wir ruhig den historischen Irrthum des Horaz zu: als
Dichter bleibt er dennoch gross. Der dritte und schwächste
Einwand gegen V. 17, übrigens nicht gegen diesen allein und
speciell, wird erhoben auf Grund des Vierzeilengesetzes. Diese
Meineke'sche These ist für jManche ein Dogma geworden, an
dem zu rütteln die grösste Ketzerei ist. Doch haben sich auch
schon sehr entschiedene Stimmen dagegen hören lassen, z. B.
Düntzer, Einleitung zu seiner Horazausgabe S. 18. Und min-
destens für das IV. Buch der Oden, das sich ja in mehreren
Aeusserlichkeiten wesentlich von den ersten drei Büchern unter-
scheidet, ist das Gesetz durchaus unbewiesen (siehe J. Häussner,
de Hör. c. IV 8, Programm des Gymn. zu Freiburg im Br.
1876). Da sich unser Gedicht zwar mit zwei, aber nicht mit
vier dividieren lässt, so hat man versucht, 2, 6, 10, 14 Verse
auszuwerfen oder auch (an verschiedenen Stellen) zwei Verse
einzuschieben. Diess sind lauter gewaltthätige und werthlose
Manipulationen. Häussner a. a. O. führt aus, dass auch weder
bei dem Metriker aus der Zeit Neros, Caesius Bassus, eine
Spur des Meineke'schen Gesetzes sich zeigt, noch dass in den
lyrischen Partien der Tragödien Senecas, trotz der vielen An-
klänge an Horaz, ein Vierzeilengesetz zu Tage tritt. Wenn
man endlich sogar in einigen Ueberschriften der horazischen
Oden die Zufügung des Wortes Tetracolos als ein urkund-
liches Zeugniss für das Vierzeilengesetz hat nehmen wollen
(Usener im Rhein. Mus. XXIV 343), so dürfte daran bei
näherer Betrachtung nichts Stichhältiges bleiben, als dass in
c. IV^ 7 der Urheber der Mavortiana (A'BX'), also vielleicht
Mavortius selbst oder der Copist des Stammcodex entweder
durch einen Schreibfehler tetracolos statt dicolos gesetzt hat,
oder dass jeoer Mann wirklich c. IV 7 in vierzeilige Strophen
zerlegt hat. Mir ist die erstere Annahme, die eines Schreib-
fehlers, wahrscheinlicher. Hier in der achten Ode fügt der
gleiche Mann (A B' X') das richtige monocolos bei , während in
der I. Classe (ay) tetracolos zugefügt wird; letzteres ist ein
entschiedener Irrthum, Verschreibung für monocolos; denn es
liegt weder die geringste Spur, noch der geringste Schatten
von Wahrscheinlichkeit vor, dass (selbst eine Interpolation
Kritische Beiträge zum IV. Bucbc iler horazischen Oden. 167
zweier Verse ang-enommen) noch im Archetyp der I. Classe
unsere Ode sich mit vier hätte dividieren lassen. Wir werden
also gut thun , auf jenes ^urkundliche Zeugniss' für das Mei-
neke'sche Gesetz kein besonderes Gewicht zu legen. — Was
die Verdächtigung der ganzen achten Ode durch Kiessling,
commentatio Horatiaua de carm. IV 8, betrifft, so schliesse ich
mich den abwehrenden Kritiken von J. Häussner a. a. O. und
von Fritzsche in Bursian's Jahresbericht 1876 II S. 232 f.
vollständig an. Letzterer sagt unter Anderem: ,Es liegt, wie
Häussner klar macht, gar nichts Zwingendes vor, warum bei
den Worten marmora incisa notis pithlicis durchaus an Statuen
zu denken sei, welche Augustus setzen Hess*.
18. Auch an eius qui hat man unberufener Weise Anstoss
genommen und den Ausdruck für unpoetisch und unmöglich
horazisch erklärt. Man wollte eben Gründe finden, um die
Verse non — i^ediit (15 med. — 19 med.) auszuwerfen. Horaz
gebraucht rs in den Oden zweimal, hier und c. III 11, 18. In
den sonn, und epist. dreissigmal, und zwar is qui epist. I 1, 65.
Hum qui serm. I 3, 80. 4, 88. id quod serm. II 3, 177, epist.
I 1, 24. eo quod serm. I 4, 108. ea quae epist. I 1, 47. II 1, 81.
Auch andere Dichter scheuen sich nicht vor der Verwendung
von eius; so Ovid. trist. III 4, 27. Senec. Thyest. 300. Sehr
ähnlich ist auch c. IV 9, 51 non ille.
IV 8, 25.
25. Ereptum Sfygiis fluctihus Aeacum
Virtiis et favor et lingua potentium
27. Vatum divitihus consecrat insuUs.
Statt Aeacum hat die III. Classe exclus. X' u' und R -
aeqiium fFo'Lbp, Turic), ein Beweis, wie Formen mit cv in
quu verwandelt wurden. Mit dem Gerechten, welcher den
Fluthen der Hölle entrissen wird (kiest quemqrunn homitwm
iustum erklärt gloss. p), vgl. die ähnlichen klosterlichen \'a-
rianten, die zu c. IV 6, 14 aufgezählt sind.
28. Dignum laude vivum Musa vetat mori.
28. Diesen eine abgeschlossene Sentenz bildenden Vers
werfen Viele aus, welche eben gerne irgend einen Vers des
168 Keller.
Gedichtes aus einem gewissen mitgebracliteu Grunde vertilgen
möchten: Lachmann, Haupt, Conrads, L. Müller, Nauck u. s. w.
An sich ist der Vers durchaus unschuldig, d. h. ohne wirkliche
Handhabe für eine Unechterklärung; er passt ganz gut in den
Zusammenhang. Seine Ankläger nennen ihn pleonastisch. Vgl.
aber z. B. c. I 28, 15 f.: Sed omnis una manet nox et calcanda
semel via leti und V. 19 f.: Nulluni saeva capuf Proserpina
fugit. Wer will einem Dichter je und je üppige Fülle des
Ausdrucks verbieten?
29. Caelo Musa heat. sie lovis interest
Optatis epulis impiger Hercules,
31. Ciarum Tyndaridae sidus ah inßmis
Quasfias eripiunt aequorihus rates,
33. Ornatus viridi tempora pampino
Liber vota bonos ducit ad exitus.
33. Dieser Vers wird aus den gleichen, keineswegs im
Verse selbst liegenden Gründen für unhorazisch erklärt von
Lachmann, Haupt, L. Müller und Anderen. Er soll eine Wieder-
holung von c. III 25, 20 sein : cingentem viridi tempora pampino.
Horaz wiederholt sich aber nicht ungerne, vgl. c. I 12, 3
iocosa imago und I 20, 6. I 1, 17 rates quassas und in unserer
Ode V. 32. c. III 17, 4 memores fasti und c. IV 14, 4 (Ritter).
Durch Auswerfung von V. 33 wird Bacchus seines Epithetons
beraubt, das ihm so gut gehört, als den Tyndariden und dem
Hercules die ihrigen (darum, nämlich sidus, und impiger). Auch
haben Hercules und die Tyndariden je zwei Verse, also ver-
langt die Concinnität auch für Bacchus zwei Verse. Auch ist
der Vers als Andeutung der typischen Darstellung des Gottes
in Plastik und Malerei — also als plastisches Element — ganz
der horazischen Dichtweise entsprechend.
34. ducit — duxit]. 1. und III. Classe ducit, 11. Classc
(A' B X' g, also Mavortius) duxit. Der Archetyp hatte somit
ducit, was festzuhalten ist.
IV 9.
13. Non sola coviptos arslt adulteri
Crines et aurum, vestibus inlitum
Kritische Beiträge zum IV. Buche der horazischen Oden. 169
15. Mirata regalisque culUis
Et comites Helene Lacaena;
17, Primusve Teticer tela Cydoneo
Direxit arcu,' non semel Ilios
19. Vexata ; non piignavit ingens
Idomeneus Sthenelusve solus
21. Dicenda Musis proelia; non ferox
Hector vel acer Deiphohus gravis
23. Excepit ictus pro pvdicis
Coniugibus puerisque primus.
19. non — nec\ non steht in A' B X' g o' u L a' und i^ pr.,
nee in FK-j-v; C D' J\T (Mellicensis) fehlen hier. Also ist nee
entschieden schwächer bezeugt. Dazu kommt, dass das Original
der I. Classe (R v, bisweilen auch F) eine auffallende Vorliebe
für willkürliche Einführung von nee zeigt. Z. B. c. I 22, 2
nee A'CD'RM. c. III 5, 27 nee y C t R M. c. III 11, 43 nee
yCtRM. c. III 21, 19 nee yCtRM. epod. 16, 52 nee ayM.
In diese Reihe fügt sich unser hauptsächlich durch y R bezeugtes
nee von selber ein. Es ist also abzuweisen. Hier wollte der
Hersteller der I. Classe die einförmigen drei non V. 18. 19. 21
durch Abwechslung zwischen non und nee verbessern. Dem-
nach ein gleicher Hergang wie c. IV 9, 8 bei Sthenelusve.
Beidemal sind die speciosen Sonderlesarten abzuweisen. Ganz
schlagend ist auch die Parallele c. IV 8, 9, wo wir neben
non . . . non die schlecht bezeugte Variante non . . . nee
(in S' L) haben.
29. Pallium sepidtae distat inertiae
Celata virttis. non ego te meis
31. Chartis inornatum sileri
Totve tuos patiar lahores.
31. sileri — sileho]. Ich lese hier im Gegensatz zu den
meisten Herausgebern sileri, weil ich nicht glaube, dass die
Aufnahme von sileho durch den Sinn durchaus gefordert wird.
Schütz nimmt sileho auf und sagt: ,Es ist wohl bezeichnender.
Horaz will nicht schweigen, weil er sonst dulden w^ürde, dass
Lollius' Thaten in Vergessenheit geriethen'. Sileho ist oflfenbar
eine parallele Variante zu V. 52 peribit statt perire. Perihit
und Hileho werden miteinander stehen und fallen. Nun liest
Sitzungsber. d. phil.-hi.st. Cl. XC Bd. I. Hft. 1-'
170 Keller.
man ganz allg-emein perire und weist perthit ab; jeder Heraus-
geber liält perihü für falsch oder behandelt es wenigstens so.
Also spricht schon ein starkes Moment gegen süeho. Ich halte
beide Lesarten für absichtliche Emeudationsversuche des Ma-
vortius; bei süeho mochte er an c. I 12, 21: Neque te sileho
denken. Die I. und HL Classe haben süeri, die IL Classe
inclus. Mavortius hat sileho: A' B a g. Liest man sileri, so
thut man wohl besser, es nicht mit Bentley zu interpretieren:
No7i patiar te sileri meis chartis, sondern lieber: Non ego te
chartis meis inornatum patiar sileri, hoc est mdlam tui apud
posteros Tiientioneni esse.
c. IV 9, 45-52.
Non possidentem miilfa vocaveris
Rede heafum; rectins occupat
Nomen heafi, qui deorum
Whinerihus sapienter uti
JDuramque callet ptciuperiem pati,
Peivsque leto fla^itium. timet,
Non nie pro caris amicis
Aut patria timidus perire.
52. perire — perthit^ Letzteres bloss in A' B )/, also eine
mavortische Lesart. Dass man sie abzuweisen hat, ist schon
zu V. 31 bemerkt. Diese auf den ersten Blick unpassende
Aenderung von ^^ertVe zu perihit ist ein wichtiges Moment zur
Schätzung der Sonderlesarten von A' B X', resp. A' B' X'
oder A X '.
c. IV 10.
1. 0 crvdelis adhuc et Veneris munerihus potens,
Insperafa tuae cum venief phima snperhiae
3. Et, quae nunc umeris involitant, deciderint comae,
Nunc et qui color est puniceae flore prior rosae,
5. Mutatus, Ligunne, in faciem verterit hispidam,
Dices ,heu' quotiens te speculo videris alterum,
7. ,Q,uae mens est hodie, cur eadem non puero fuit,
Vel cur his animis incolumes non redeunt geiiae?'
Kritische Beiträge zum IV. Buche der horazischen Oden. 1 i 1
5. Ligm-ine soll in zwei Handschriften des Torrentius
stehen, statt des in allen unsern Handschriften überlieferten
lignrintmi; nur in o stehen die Buchstaben rinn von zweiter
Hand auf Rasur; doch wird das nichts für Ugnrine bedeuten.
IVIan erwartet aber entschieden eine Anrede. Auch kann man,
sagt Bentley, schwerlich logisch richtig sagen: die Purpurfarbe
der Wangen verwandelt, verändert den Lignrinus in ein
struppiges Antlitz, wohl aber: die Purpurfarbe deiner Wangen
verwandelt sich u. s. w. Auch Düntzer erklärt die Anrede für
durchaus nothw endig; wenn er aber dann fortfährt, das besser
bestätigte Ligurinum sei unpassend, so hätte er vielmehr sagen
sollen, dass es die allein sicher überlieferte Lesart ist. Ent-
standen ist dieser Fehler des Archetyps durch oberflächliche
Construction, indem man glaubte, zu verterit gehöre ein Objects-
accusativ. Vgl. den Fehler non ante versum für verso c. HI 29, 2.
Torrentius-Bentlej's Besserung ist somit anzunehmen.
6. te speculo — te in speculo] te in speciilo A' B V g,
(also Mavortius,) Lambin, Bentley, Obbarius, Schütz und Andere;
te speculo I. und HI. Classe. In poetischer Sprache wird bei
speculo und speculis in häufig weggelassen, so Lucret. IV 96.
Ovid. a. a. III 681. Martial. II 66, 3. speculo wird dabei als In-
strumentalis gefasst. Daher natürlich Verg. ecl. 2, 25: Me in
litore vidi. Prosaisch steht in speculo Cic. in Pison. 29, 71 und
schol. m zu epist, I 5, 23: Significat se habere vasa argenfea
et cliscum argenteum, uhi imaginem siiam quasi in speculo videat.
Darum erklärt schol. m unsere Stelle hier durch Ellipse von in:
,te spectdo] in'. Das schlecht bezeugte, prosaische te in speculo
ist auch desswegen unmöglich, weil im IV. Buche keine langen
Vocale elidiert werden, ausgenommen c. 1, 35 f. decoro Inter und
etwa 3, 24 spiro et, wo aber das o in spiro als anceps oder
kurz anzusehen sein dürfte. Es ist also die besonders durch
Bentley's Schild gedeckte mavortische Lesart in abzuweisen.
Vgl. auch c. I 9, 23 die Interpolation von a bei lacertis in
ß, ebenso von a bei capeUis in 3 corr c. I 17, 3.
IV 12.
13. Adduxere sitim tempora, Vergili.
Sed pressum Calibus ducere Liberum
12*
172 Keller.
15. Si gesfis, iuvenum noJnlium cliens,
Nardo vina merehere.
16. merehere — mereheriff] merehere I. und II. Classe,
Mavortius (A X' q g) und von der III. Classe noch e. Sonst ist
über die III. Classe die granimatisierende Aenderung mereheris
verbreitet. In o steht merehris; diess ist ohne Zweifel ent-
ris
standen aus merehere, wobei der unter re befindliche Tilgung-s-
strich von einem ungelehr.ten Schreiber als auch für das
vorhergehende e giltig angesehen wurde, Dass ris darüber
geschrieben zu werden pflegte, sehen wir z. B. serm. I 2, 91,
ris
wo wir in R lesen: contemplere, ris von zweiter Hand darüber
geschrieben. Pseudoacron erklärt: ,Merehe7'e] viereheris'. Mere-
heris ist also einfach eine grammatisierende secundäre Lesart.
Der Archetyp bot m.erehere, die poetischere, seltenere, ge-
wähltere Form. Dass diese Form zu poetisch -rhetorischer
Wirkung verwendet wurde, dafür ist wohl das bekannteste
Beispiel der Anfang der ersten catilinarischen Rede Ciceros:
Quousque tandem ahutere, Catilina, pattentia nostra?
IV 13.
17. Quo fiigit venus heu, qiiove color'? decens
Quo motus? quid Jiahes illius,. iilius,
19. Quae spirahat amores,
Quae m.e surpuerat mihi,
21. Felix post Cinaram, nofaque et artium
Grntarum facies'^ sed Cinarae brevis
23. Annos fata dederunt,
Servatura diu parem
25. Cornicis vetulae temporihus Lycen,
Possenf ut iuvenes visere fei'vidi
27. Mtdto non sine risu
Dilapsam in einer es facem.
28. DHapsam — Delapsam]. Nach den Parallelstellen ist
Dilapsam vorzuziehea. Vgl. Lactantius II 4, 5: Tecta con-
sumpfa incendio dilahnntur in cineres. XIII 13, 3: In cineremque
dilapsam. Lucil. Aetn. 421 : In cinerem piäresque iacet dilapsus
Kritische Beiträge zum IV. Buche der horazisrhen Oden. 173
harenas. Hier bei Horaz sind beide Lesarten gleich gut bezcujut,
delnpsam in den Handschriften besser, dilapsam, was nur in der
ni. Classe (ohne R X') steht, in den Scholien. Wo es sich uiu die
ausserordentlich hcäufige Verwechslung von i und e handelt,
müssen Sprachgebrauch und Sinn entsclieiden. Dass der erstere
für dilahi ist, sahen wir an den angeführten Beispielen. Der Sinn
ist richtig entwickelt von Gesner: Dum fax ixndatim conaumitur,
dilahuntur, disperguntur cineres: Wie die Fackel zu Asche
zerstiebt, so verlöschen alle ihre Reize ! Man sieht dass der
Plural cineres sehr passend gewählt ist. Nauck zieht in cinerem
facem wegen des Reimes, der Handschriften und des Sprach-
gebrauches vor; cinevem ist aber sehr schlecht bezeugt und
gibt sich deutlich als Interpretationsglossem (schol. V inter-
pretieren unter Anwendung der Phrase in cinevem). Bloss o'
und Turic. haben cinerem. Alle andern Handschriften und Acr.
und Porphyr, und schol. F A haben cineres, was also ohne alle
Frage im Archetyp gestanden hat. Dass der Sprachgebrauch
keineswegs gegen in cineres dilahi ist, zeigen die zuerst citierte
Lactantiusstelle, Ovid. met. H 628, Verg. Aen. VI 226, Valer.
Max. V 3.
IV 14.
1. Quae cura patrum qiiaeve Quiritium
Plenis bonorum muneribus tuas,
3. Auguste, virtntes in aevom
Per titulos memoresque fastus
5. Afternet, o qua sol hahitabilis
lUustrat oras, maxime prlacipuvi)
4. fastus — fastos] I. und II. Classe Mavortius (A l g
und A corr.), nebst F R z 7: a' Tur. sind für fastus, ebenso X corr.
Fastos haben B ^ X pr. u L p c s Ac. der Codex des Victorinus
de metris Horatii p. 181 bei Keil hat leider nur .fa\ Gleich
nach titulos folgend ist fastos für den Abschreiberstandpunkt
die lectio facilior. Da also fastus hier besser bezeugt ist, so
vermuthe ich, dass es von Horaz der Abwechslung wegen gewählt
worden ist, weil titidos vorhergieng. Gewiss aus gleichen Rück-
sichten auf Tonfall und Woi tklang sagt er z. B. das einemal :
Argexis c. II 6, 5, das andereraal Argivus c. III 16, 12. Pph.'
hat fasces, wieder eine falsche Variante. Die Form fastus
174 Keller.
statt fastos wird durch Priscian VI 72 gerechtfertigt. Auffällig
bleibt es immerhin, dass Horaz hiev fastus, dagegen c. III 17, 4
fastos (und IV 13, 15, wo eine Aenderung nicht denkbar ist,
fastis) gesagt haben soll. Dennoch wird man sich hier für
fastus entscheiden müssen. Horaz' Nachahmer Claudianus de IV
cons. Honor. 155 hat nach cod. G auch den Accusativus fastns.
5. sol — lux] lux II. Classe A'X': B und C fehlen, die
andern Handschriften haben sol, was somit als archetjpische
Lesart anzusehen ist. Lux ist eine mavortische Lesart, eine
mir neben dem gleichfolgenden Illustrat ziemlich unbegreifliche
Aenderung, parallel dem noch unfasslicheren inpressa cupressus
Euro statt inpulsa c. E. c. IV 6, 10. Mavortius scheint eben
im IV. Buche und in den Epoden etwas zu viel und zu leicht
emendiert zu haben,
17. Spectandns in certamine Martio
Devota morti pectora liberae
19. Quantis f atigaret ruinis,
Indomitas propje qualis undas
21. Exercet Auster, Pleiadum choro
Scindente nuhes, impiger hostium
23. Vexare turmas et frementem
Mitter e equom medios per ignes.
24. Statt medios per ignes, wie jedenfalls der Archetyp
gehabt hat, wollte Bentley medios per enses, Hamacher medios
per ictus. Obbarius zu epist. I 1, 46. Heindorf zu sat. I 1, 39.
Bach zu Ovid. met. XIV 109 zeigen, dass die überlieferte
Wendung eine sprichwörtliche Redensart zur Bezeichnung
grosser Gefahren war. Vgl. besonders den Nachahmer des
Vergil und Horaz, Silius Ital. XIV 175 f.:
Si tibi per medios ignes mediosque per enses
Non dederit mea dextra viam.
derselbe XV 41 : Per medias volitare acies mediosque per ignes.
25, Sic tauriformts volvitur Aufidus,
Qui reg na Datmi praefluit Apuli,
27. Cum saevit horreudamque cultis
Dilnviem medif.atur agris,
Kritische Heitriige zum IV. Buche der horazischen Oden. 1 75
29. Ut barbarorum Claudius agmina
Ferrata. vasto diruit impetu,
31. Primosque et extremos metendo
Stravit humum, sine, clade victor.
28. meditatur — mimtatur]. Eiue uralte Variaute, hin-
sichtlich der auch die Gelehrten des Alterthunis auseinander-
gehen. Servius citiert wiederholt zu Georg. III 153 und zu Aen.
IV 171 meditatur; Nouius p. 218 ed. Quicherat las offenbar
minitatur, denn seine Handschriften haben minatur; schol. F
las meditatur: melius dixisset facit quam meditatur. Diess ist
aus Porpliyrion, welcher bietet: male dixit meditatur (so ist
natürlich mit Fabricius zu lesen, besonders wegen condiscere,
nicht — mit W. Meyer — minitatur), quia in ipso actu est nee
debet cogitare aut condiscere id quod iam facit. Mavortius (A //
g g) las minitatur. Die I. Classe der Horazhandschriften hatte
meditatur (a y R), die III. (F o' u' und -') und die Horazhand-
schrift, welche auf die Lemmata Porphyrions von Einfluss war,
hatte minitattir; in der 7:'-Familie waren beide Lesarten neben-
einander: minitatur •::' b, meditatur R a. Kurz es scheint, wie
gesagt, eine uralte Variante vorzuliegen, die vielleicht schon
im Archetyp gestanden hat. Sehr schade, dass die B C-Familie
fehlt, so können wir also nur an die übrigen Handschriften
uns haltend aussprechen: L Classe meditatur, III. Classe nebst
u' und Mavortius minitatur. Porphyrio und Servius meditatur,
Nonius 7ninitatnr. Vergleichen wir die Variante mollivit —
moUibit c. III 23, 19, so lässt sich nicht ohne weiteres be-
haupten, dass minitatur besser bezeugt sei als meditatur, sondern
es fragt sich nun, da die Ueberlieferung an sich keine Ent
Scheidung gibt, ob der Sinn oder der Sprachgebraucli mehr
für minitatur sprechen oder für meditatur. Dem Sinne nach
düi'ften beide Worte gut passen: meditari wegen der Parallel-
stellen von den Stierkämpfen, wo rneditari terminus technicus
ist von dem, was der zur höchsten Wuth gereizte Stier
Tückisches und Boshaftes im Schilde führt, von seinem Be-
nehmen, wenn er sich anschickt, um in rasender Wuth auf
den Gegner loszubrechen: Verg. Aen. X 455: mcditanteni in
proelia taurum. Sil. It. V 315: pu<jnas meditantem (taurum)
spectat harena. Gewiss passt das Wort hieher, wo von der
176 Keller.
Zerstörung' die Rede ist, welche der tnunformis Außdus an-
richten will, und es erklärt sich so auch sehr ansprechend,
warum Horaz dem Aufidus hier das Beiwort tauriformis ge-
geben hat. Aber auch minitari passt gut (vgl. z. B. Valerius
Maxim. V 2 von Coriolan: Fuaus ac tenebras Romano imperio
minantem), weil es mindestens ebenso stark, vielleicht stärker,
handgreiflicher ist, als meditari. Doch minitari bleibt das ge-
wöhnlichere, gemeinere, meditari dagegen das feinere, gewähltere,
darum auch die lectio difficilior, auf welche gewiss kein Ab-
schreiber aus Oberflächlichkeit oder Nachlässigkeit verfiel,
während das schon Porphyrion anstössige und von ihm nicht
recht verstandene meditatur Anlass zur Abänderung- bot. ' (Vgl.
Vibius Sequ. p. 11: Clanius, Acerrae in Campania, qui cum
creverif, pestem terrae meditattir. Hier wäre also die ganz gleiche
Ausdrucksweise wie bei Horaz, wenn wir meditatur lesen.
35. Portus Alexandrea supplex
Et vacuam patefecit aidam.
35. Alexandrea — Alexandria\ Priscian bezeugt aus-
drücklich die Form auf ea und zwar als die weniger gewöhn-
liche, n 47 : ..... tarnen et Alexandrea dicitur. Horaii%is in
quarto carminum:
Nam tibi quo die
Portus Alexandrea supplex
Et vacuam patefecit aulam'.
Die Scholien gebrauchen in ihren Anmerkungen die gemeinere
Form Alexandria, und so hat diese hier unrichtige Form
ziemlich um sich gegriffen. Auch Mavortius hat vielleicht
Alexandria geschrieben: X , q haben so, A, scheint freilich
äusserlich betrachtet alexandre gehabt zu haben, was aber doch
fast zu sinnlos ist: vielleicht stand doch, obgleich ich keine
' ,Profecto meditatur longe non .solum exquisitius atque audacius, et sie
magis et poeticum et lyricum, sed etiam augiistiu.«» et gravius, Iiuiusque et
caiminis et loci maiestate digniu.s verbuni est quam minitatur; quod
quidem mature pro interpretamen to alÜtum, et hinc a Hbrariis
quorum captui magis conveniret, in contextnm illatum fuisse luce clarius
est. Omiiino haee etiam metaphora est, cum dicitur minitari res inanima;
sed nonne multo eadem vulgarior et tritior, quam ubi meditari dicitur?
Omnia haee agnoscere noluit Hentleius, ut modo ab aliis discederet.' Jani.
Kritische Beiträge zum IV. Buche der hoiazischen Oden. 177
Spur davon gesehen habe, ganz ursprünglich ahxandri wie der
Turic. hat und a , gehabt zu haben scheint: die Endung ea
ist von a -i- g hat alexandrea. Es bleibt also unsicher wie
Mavortius las. Das ohne Frage horazische alexandrea ist er-
halten in R I Y F %' B' g. Es scheint somit, dass Mavortius und
die u'-Familie alexandria hatten, die I. und III. Classe da-
gegen mit Priscian alexandrea. B C fehlen. Bei allen Namen
auf c'.a ist ca die richtigere lateinische Endung, vgl. Priscian
a. a. O. Inschriftlich Alexandrea und Alexsandrea C I. L.
I 474 aus dem Jahre 693 der Stadt. Ebenso schreiben spätere
Inschriften und Münzstempel.
49. Te non paveniis fanera Galliae
Duraeque tellus audit Hiberiae,
51. Te caede gaudentes Sygamhri
Compositis venerantur armis.
49. pavenüs — paventes\ jjaoentis R F X' 3' L u' Turic.
ä' ß p p [j. h n f Ac. pavenfes A' g y t: pr. s pr. Die Scholien theilen
sich. Man sieht, dass der Archetyp wahrscheinlich paventis,
Mavoi'tius wahrscheinlich pavenfes hatte. Wegen des V. 51
folgenden gaudentes halte ich paventis für die lectio difticilior
vom Abschreiberstandpunkte aus, paventes auch wegen des
gleich folgenden gaudentes für weniger schön und also weniger
wahrscheinlich dem Horaz zuzuschreiben als paventis. Bentley
hat sich ohne überzeugende Gründe für paventes entschieden,
die meisten neueren Herausgeber haben stillschweigend paventis
in ihren Text gesetzt.
e. IV 15.
Ueber die Zusammengehörigkeit oder Selbständigkeit
der vierzehnten und fünfzehnten Ode sind die Ausleger seit
uralten Zeiten verschiedener Ansicht, Porphyrion bemerkt:
Quidam separant hanc öden a superiore, sed potest Uli iungi,
qvoniam et hie laiides dicnnlnr Aiignsti. Mit dieser letzteren
Ansicht stimmen A B, auch sollte nach Cruquius die Ode ,///
codic. manvscrip. adhaerere praecedenti indivisa'. Alle übrigen
Handschriften behandeln die fünfzehnte Ode als selbständig,
ebenso die Metriker Diomedes p. 527 Keil, Victorinus de
metris Horatii p. 179 Keil und Servius de metris Horatii
178 Keller.
p. 470 (vol. IV Keil). Die Ueberschrift ADDIVVM A VGVSTVM
(in einigen Handschriften wie in R 1 ist ad und divvm noch
in alter Weise zusammen geschrieben) findet sich in sehr vielen
codd., so in a y R F (also I. Classe), in X' o' a' p :: u (III. Classe).
In einigen, wie in a y X' u und schol. b, ist noch der Zusatz
TETRACOLOS. Meinem privaten Gefühl nach beginnt mit
Phoebus volentem in der That eine neue Ode und es hat somit
auch in diesem Punkte die I. und III. Classe recht gegen die
II. Der gleichen Ansicht ist die grosse Masse der Herausgeber;
nur Nauck schwankt, ob er nicht beide Oden als Eine auf-
fassen solle. Der Zusammenhang wäre im Bejahungsfalle nach
ihm folgender: ,Als ich diese Kämpfe besingen wollte, hat
Phöbus es nicht verstattet; aber Deine Zeit, o Cäsar, hat uns
die Segnungen des Friedens gebracht und dieser wollen wir
uns freuend Bei der unleugbaren Verschiedenheit des in beiden
Oden behandelten StoflPes und bei dem Fehlen jeder Adver-
sativpartikel zwischen den beiden einander entgegengesetzten
Themen (wie ganz anders heisst es z. B. c. II 1, 37:
Sed ne relicHa, Musa, procax iocis
Ceae retractes munera ueniae etc.),
überhaupt auch bei dem ganzen Tone der ersten Strophe von
Ode 15, der unwillkürlich den Eindruck des Beginns einer
neuen Ode hervorbringt, kann ich mich durchaus nur für die
Trennung beider Gedichte aussprechen.
. . . Tua, Caesar, aetas
5. Fruges et agris rettulit uberes
Et Signa nostro restituit lovi
7. Derepta Parthorum swperhis
Postihus, et vacimm dueUis
9. lanum Quirini clausit . . .
7. Derepfa — Direpta]. R hat Directa, in u steht Direpta,
aber ir von zweiter Hand, also wahrscheinlich Decepta u ,.
Alle andern Handschriften haben Direpta. Dem Sinne nach
passt Derepta entschieden besser; direpta ist dagegen im
höchsten Grade unpassend. Das richtige derepta sollen zwei
blandinische Handschriften des Cruquius enthalten haben. Wer
mag das glauben! Wahrscheinlich hat Cruquius die Stelle
Kritische Beiträge zum IV. Buche der horazischen Oden. 179
oberflächlich collationiert und das zu Grunde gelegte gedruckte
Exen)plar hatte zufällig Derepta. Von diesem nun hatte sich
Cruquius keine Abweichung aus den fraglichen zwei codd.
notiert und zog dann fälschlich aus seinem eigenen Still-
schweigen den Schluss, die Handschriften haben wirklich
Derepta. Ueber die häufige Verwechslung von deripere und
diripere, wobei verschiedentlich deripere, weil es das viel
seltenere Wort ist, als lectio difficilior vom Abschreiberstand-
punkte untergieng und diripere fälschlich seine Stelle einnahm,
vgl. Ribbeck's Beispiele aus Vergil, proleg. p. 402.
9. lanum Quirini clausit et ordirtem
Rectum evaganti frena licentiae
11. Iniecit emovitque culpas
Et veteres revocavit artes . , .
10. evcu/anti — et vaganti]. I. und IL Classe (nämlich
A'y; B' fehlte nebst iz' v und Pph,' evaganti. Das dem Sinn
nach unmögliche et vaganti hat die III. Classe. (R F )/ a' u).
Bei dem Corrigieren von euaganti in et uaganti geschah es,
dass von einem Abschreiber, dem Urheber von S', das e sammt
dem et als getilgt angesehen wurde und er bloss noch schrieb
Rectum vaganti. In v und er 2 finden wir gar Rectum uagantique.
Diess dürfte die späteste Lesart sein, wie ja auch v jedenfalls
jünger ist als B' und noch viel jünger als das gemeinsame
Original von R F a a' u Ac. etc. (nämlich phpfßc, ut vid.).
Einen Sinn gibt nur evaganti, und diess ist auch für den Ab-
schreiberstandpunkt wegen seiner Seltenheit die lectio difficilior
gegenüber von et vaganti. Da nun beide Lesarten gleich gut
bezeugt sind, so ist evaganti als wirkliche Lesart des Archetyps
anzusehen. Wie hier in der HL Classe aus Evaganti Et vaganti
wurde, so epod. 8, 8 aus Equina Et quina in y, epod. 9, 12 aus
Emancipatus Et mancipatus in C y X' L a,
11. emouitque I. (y und R F) und IL Classe, Mavortius
(A X' cons. g, welches emonuitq hat), dimouifque $' :: a' s und
Turic. dimo7iit v. domuitque u'. Also ist dimouitque als Lesart
der III. Classe zu betrachten. Den Uebergang von dem besser
beglaubigten emouitque zu dimouitque zeigt L an mit demouifqne.
Es dürfte somit ein Hörfehler beim Dictieren der Urhandschrift
der III. Classe vorliegen; odef aber es ist ein absichtlicher und
180 Keller. Kritieche Beiträge zum IV. Buche der horazischen Oden.
nicht so schlechter Versuch, nach dem im vorhergehenden
Verse stehenden evaganti eine Abwechslung herzustellen durch
Abänderung des tmouit in dimoidt. Jedoch ist emovere entschieden
zu halten, es ist ein Lieblingsausdruck des Hoi'az, den er
auch serm. II 3, 28. epist. II 2, 46 gebraucht.
Et veteres revocavit artes,
13. Fe)- quas Latinum nomen et Ifalae
Crevere vires famaque et iniperi
15. Porrecta maiestas ad oi-tus
Solis ab Hesperio cuhili.
15. ort US — ortum] Letzteres an sich lectio tritior und
also facilior und dazu noch sehr schlecht bezeugt (3' n v -2 und
Turic): dennoch von L. Müller, Schütz und Andern in den
Text gesetzt. Vgl. Tibull. II 5, 57 flf.:
Roma tumn nomen terris fatale regendis . . .
Quaque patent ortus et qua fluitantibus undis
Solis anhelantis abluit amnis equos.
Der gleiche poetische Pluralis Ovid. metam. I 779: Pafriosque
adit imijigei- ortus. Vgl. c. III 5, 52 den Pluralis reditus statt
reditiim. Die Behauptung Nauck's: ,ortum zeigt den Ort, ortus
zeigt Morgenröthen' scheint mir bedenklich.
17. Custode verum Caesare non furor
Civilis aut vis exiget otium,
19. Nmi ira, quae procudit enses
Et miseras inimicat urbes.
18. Exiget — Eximet] exiget (var. exigit) A'X', auch g
am Rande (Mavortius) und Rt:', ebenso Pph. Porph.' und Ac.
Auch gloss r (hier gloss. b interlin.) las so, indem es Mcief
erklärt, eximet y v und F o' L u'. Die Bezeugung ist somit
fast gleich für beide Lesarten. Die Construction spricht für
exiget, weil zu exiviet ein Dativ erwartet wird, vgl. c. II 2, 19.
III 14, 14. epist. I 5, 18. Auch ist exiget aus ästhetischer
Rücksicht vorzuziehen, weil es energischer ist und zu furor
und vis besser passt, als das mattere eximet.
SITZUNGSBERICHTE
ÜEK
KAISERLICHEN AKADEMIE DER AVISSENSCHAFTEN.
PHILOSOPHISCH-HISTORISCHE CLASSE.
XC. BAND. II. HEFT.
JAHRGANG 1878. — APRIL.
I
X. SITZUNG VOM 3. APRIL 1878.
Herr Vincenz Hasak, Pfarrer und Ehrendeehant in
Weiskirchlitz bei Teplitz übersendet für die akademische
Bibliothek mit Begleitschreiben sein Werk: ,Der christliche
Glaube des deutschen Volkes beim Schlüsse des Mittelalters
dargestellt in deutschen Sprachdenkmalen'.
Ferner übermittelt der Ausschuss der allgemeinen Arbeiter-
Krauken- und Invalidencasse in Wien fünf Exemplare des
Berichtes über die zehnjährige Thätigkeit des Institutes.
Das c. M. Herr Professor H. Ritter von Zeissberg
übergibt die Abschrift einiger, die Stiftsgüter von Lilienfcld
betreffender Pantaidinge, welche Herr P. Johann Gottwald,
Bibliothekar des genannten Stiftes für die Akademie angefertigt
I und an ihn eingesendet hat.
Herr Dr. Heinrich Kdbdebo aus Wien, derzeit in Venedig,
ersucht um eine Subvention zur Durchführung seiner Forschun-
gen in Italien zum Zwecke der Herstellung eines österreichischen
Künstler-Lexikons.
Herr Dr. phil. Immanuel Low, zur Zeit in Berlin, er-
sucht um einen Druckkostenbeitrag behufs der Herausgabe
seines im Manuscript vorgelegten Werkes: ,Aramaeische
Pflanzennamen^
Das c. M. Herr Professor Dr. AVilhelm Scher er in Berlin
übersendet eine für die Sitzungsberichte bestimmte Abhand-
lung: , Deutsche Studien. III. Dramen und Dramatiker 1. 2/
184
Von Herrn Professor Dr. J. Loser tli in Czernowitz wird
eine Abluinflliing vorgelegt unter dem Titel: , Beiträge zur Ge-
schiclite der luisitischen Bewegung. II. Der Magister Adal-
bertus Rankonis de Ericinio' mit dem Ersuchen um ihre Auf-
nahme in das Archiv.
An Druckschriften wurden vorgelegt :
Acad^mie des Sciences, Arts et Belles-Lettres deDijon: Memoires. 2^ S^rie
Tome XIV. Annees 1866-67. Dijon, Paris, 1868; 8«. Tome XV. Annees
1868-69. Dijon, Paris, 1869; 8". Tome XVI. Annee 1870. Dijon, Paris,
1871; 8". 3« Serie. Tome IV« Annee 1877. Dijon, Paris, 1877; 8".
Accademia, Reale delle Scienze di Torino: Annuario per l'anno 1877 — 1878.
Torino. 1877; 8°.
A kademie der Wissenscliaften, königl. Preussische zu Berlin: Monatsbericht.
December 1877. Berlin, 1878; 80.
Bibliotheque de l'Ecole des Chartes: XXXIX. Annee 1878; 1« et 2«
Livraisons. Paris, 1878; 4".
Central-Conimission, k. k., zur Erforscliung- und Erhaltung der Kunst-
und historisclien Denkmale: Mittheilungen. IV. Band. 1. Heft. Wien
1878; gr. 4".
Gesellschaft, k. k. geographische, in Wien: Mittheilungen. Band XXI.
(N. F. XI.) Nr. 2. Wien, 1878; 4".
Giessen, Universität: Akademische Schriften pro 1877; 4" und 8".
Governo, J. R. marittimo in Trieste e Reale in Fiume: Annuario marittimo
per l'anno 1878. XXVIII. Annata. Trieste, 1878; 8«.
Hasak, Vincenz: Der christliche Glaube des deutschen Volkes beim Schlüsse
des Mittelalters. Regensburg, 1868; 8".
Institut royal grand-dncal de Luxenibourg: Publications de la section
historique. Annee 1877. Band XXXII (Neuer Folge X). Luxembourg,
1878; 40.
Militär -Comit^, k. k. technisches und administratives: Berichte über die
Thätigkeit und die Leistungen im Jahre 1876. Wien, 1877; 4«. Jahr-
gang 1878. II. Heft. Wien, 1878; 4".
,Revue politique et litteraire' et ,Revue scientifique de la France et de
l'Etranger'. VIP Ann^e, 2« Serie. No. 38 et 39. Paris, 1878; 40.
Ruzicka, Joh.: Bericht der allgemeinen Arbeiter-Kranken- und Invaliden-
Casse in Wien. Wien; gr. 4''.
Soci^td Royale de Sciences de Liege: Memoires. IP S^rie, Tome VI.
Bruxelle.«?, Londrea, Paris et Berlin. 1877; 4".
Society, the American geographical: Bulletin. Nr. 5. New York, 1877; 8".
Verein, Militär-wissenschaftlicher: Org.an. XVI. Band, Separat-Beilage zum
1. Heft. Wien. 1878; 8". XVI. Band, 2. Heft. Wien, 1878; 8".
Wissenschaftlicher Club: Jahresbericht 1877-78. Wien, 1878; 8".
Scherer. Deutsche Studien. 185
Deutsche Studien
Wilhelra Soherer,
correspondirendem Mitgliede der kaiu. Akademie der Wiseenschaften.
III.
Dramen und 1) r a ni a t i k e r.
1. Barthold von Gadenstedt.
Grosse Dramatiker hat Deutschland im sechszehnten
.lahrhmiderte kaum hervorgebracht; aber einige beachtenswerthe,
viele mittelmässige und noch mehr schlechte. Barthold von
Gadenstedt gehört nicht einmal zu der letzten Kategorie;
denn er ist nur ein Uebersetzer, dessen eigenes Werk in gering-
fügigen Zusätzen besteht. Trotzdem verdient er eine kurze
Notiz.
Er ist der einzige adelige Dramatiker unter den Zeit-
genossen des Herzogs Heinrich Julius von Braunschweig. Noch
eine 1665 gehaltene Leichenpredigt hebt hervor, dass er ein
, Gelehrter vom Adel' war. Die Lobsprüche der Zeitgenossen,
vollends in Preisgedichten , welche dem gepriesenen Werke
beigedruckt sind, wollen wenig- besagen. Aber selten boten
sich, der Natur der Sache nach, für solche Schmeichelpoesien
Wendungen dar wie hier:
Dum vir nobile nobilis Poema
In linguam patriam tulit labore
Haud vili . . .
Selten konnte ein wohlwollender Freund dem Gefeierten
sagen :
SitzuDgsber. d. phil.-hiet. Cl. XC. Bd. II. Hft. 13
186 Schofer.
In te. concurruut ARS, MARS, hinc maxima suigit
Nobilitas, duplex et coalescit bonos. '
Ueber die persönlichen Verhältnisse des Dichters, der zu
Hehnstedt um 1584 studirte, 1619 das väterliche Lehen über-
kam und 1633 stai-b, hat Ed. Jacobs in der Zeitschr. des Harz-
vereins 1, 84 — 87 das Nöthige beigebracht und auch die gei-
stige Atmosphäre geschildert, in welcher er zu Wernigerode
wirkte (ibid. 6, 375).
Der Tobaeus des Barthold von Gadenstedt (den vollstän-
digen Titel siehe im Weimarischen Jahrbuch 4, 216; die
Widmung vom 7. April 1605) ist eine Uebersetzung aus dem
Terentius christianus von Cornelius Schonaeus. Die Ueber-
setzung als solche bietet nichts Bemerkenswerthes dar, der Ver-
fasser braucht die gewöhnlichen Acht- und Neunsilbler (vier He-
bungen stumpf oder klingend, dabei oftmals schwaches e in der
Hebung, sogar im stumpfen Reim, z. B. dürfftigen : Menschen)
und die Art der Wiedergabe ist in keiner Weise aiisgezeichnet.
Dass eine gewisse Freiheit dabei waltet, ist für alle Ueber-
setzer jener Zeit selbstverständlich und zeigt sich am meisten
in den Zusätzen, welche wol jedem erlaubt scheinen.
Um die etwaige Eigenthümlichkeit des Mannes zu erfassen,
werden wir daher am besten thun, das ziemlich verbreitete
lateinische gleichnamige Original zu Grunde zu legen und auf
die wichtigeren Vermehrungen aufmerksam zu macheu.
Die Argumente vor dem Ganzen und vor jedem einzelneu
Act rühren vom Uebersetzer her; Schonaeus hat nur eine kurze
Periocha comoediae. Nach dem Hauptargument heisst es: ,Die
Personen gehen ab in jhr verordnetes Losament'. Man muss
sich denken, dass sämmtliche Mitspieler im Anfang aufmar-
schirt waren.
Schonaeus Act I, Scene 3. Tobaeus (so heisst der Vater
im Gegensatz zum Sohne Tobias) macht seinen Besuchern Vor-
würfe, dass sie sich nicht öfters zu Tische einfänden: man
könne zu dem Gelag des Frommen ungeladen kommen. Beim
Essen (I. 4) nöthigt er:
' Lobgediclite vor dem Tobaens. Das erste iinterzeicbnet : Heinricus Heiipt
Medic. D. et ciuitatis Wernigerodanae Pbysicus; das zweite: M. Joannes
Fortuniannus Rector Scholae ibidem.
Deutsche Studien. 187
Schemet euch nicht zu sclineiden ab,
Weils Gott darumb gegeben hat
Gedenckt es sey in ewerm Hausz
Nabaht nembt jlir disz stück heraus.
Am Schluss von I. 4 unterbricht der jun^e Tobias das
Gastmahl mit der Nachricht, er habe einen Juden in der Nähe
ermordet gefunden.
Die Ermordung- lässt der Uebersetzer vor unseren Augen
vor sich gehen, indem er mitten in die Essscene eine andere
einschiebt: ,Wenn der Tisch also wird zugerichtet, in eim
Erckner oder sonst, das man einen Fürhanck kan jtzo für-
rücken, gibt gelegenheit, fürgehnde Scenam welche dann mit
inserirt, desto besser zu agiren'.
Es treten also auf, nachdem der Vorhang die Essenden
verborgen hat, Sisa und Simri, ,Zwey Niniviten oder Soldaten',
und j\Iaccabaeus, ,Ein Jüde^
Maccabäus betet um Befreiung seines Volkes von der
Tyrannei, da dringen die Soldaten, die ihn belauscht, auf ihn
ein und machen ihn trotz seinen Anerbietungen nieder. Sie
wollen nun ihren Lohn fordern:
Der Hauptmann mus nun vnser Taschen
Füllen, darnach gehen wir naschen
Zum Brantenwein, Bier vnd külen Wein
Wollen lustig vnd frölich sein.
Ein längeres Gespräch der Beiden in demselben Stil,
mit derselben unbefangenen Verletzung des Costüms leitet die
Scene ein.
S^n. Man führt jtzund beim Element
Im Krieg ein seltzam Regiment,
Das einem schier verdriessen möcht,
Im Felde zu sein ein Landsknecht.
Die Befehlhaber sein Gesellen
Sie machens wie sie selber wollen
Wann Gelt ankompt, welches sollen han
Wir Landsknecht, thun sies vnterschlan
Vns geben sie was sie nur wollen
Daher müssen wir arm Gesellen
Führen ein sehr armseliges loben
Mancherley Nolit leiden, darneben
Durch hunger möchten wir vorschmachten
Solches aber thun gar wenig achten
13*
188 Schei-er.
Die Heuptleute vnd Leutenampt
Fehiiricli oder wie sie genant
Sie sehen wie sie finden ralit
Das ein jeder vollauff nur hat.
Ihr Beutel füllen sie mit Gelt
Vns aber wird nichts zugestelt
Das sie S. Valtens Kranckheit schendt
Das sie vns führen in solch elendt.
Man sieht, dieser Dichter verträgt Kürzung. Sirari stimmt
dem , guten Compan' bei. Die armen Landsknechte werden in
die grössten Gefahren gestürzt, ,in das bad' geführt, ,auff die
Fleischbanck' gegeben und die Anführer, die vermuthlich be-
stochen sind, , ziehen den Kopf denn aus der Schlingen'. ,Das
sie der Teuffei dafür plag. Das ist der danck, den ich jhn
sag^, meint Sisa; worauf Simri erwidert:
Kan auch dazu nicht lachen Rosen,
Vnd seit sie sehenden all Frantzosen.
Sie wollen daher ,das Kriegen bleiben lan', in der Stadt
bleiben, wo jeder unterm Dach im warmen Bett sein Lager
hat. Da ist es besser, als bei Frost, Schnee und Kälte ohne
Kleider und Geld im offenen Feld zu liegen. Da können sie
spazieren gehen und wenn die Wacht verrichtet ist,
Zum Bier oder zum külen Wein
Hin zu dem schönen Elselein,
Darselbst haben wir gute ruh,
Dem Kriegswesen abdancken thue. —
Immerhin ein hübsches kleines Genrebild, wenn auch dem
edlen Verfasser Mars dabei mehr geholfen hat als Ars.
Die ganze Scene ist in der Kürze schon bei Wickram
(Tobias 1551 S. B5' ff.) angelegt, aber ohne dass sich Ver-
wandtschaft zeigte. Wickram legt den , Trabanten' nicht blos
Flüche, sondern auch Kohheiten in den Mund; der todgeweihte
Jude, bei ihm Namens Äser, wird als ein beleibter Mann ge-
dacht, und Bezeichnungen wie ,feyszte Saw', ,feyszter Schlauch'
und ähnliche sind leicht bei der Hand.
Sobald bei Gadenstedt die Landsknechte nach ausdrück-
licher Vorschrift ,frölich und lustig' abgegangen sind, ,kan
der Fürhang für dem Tisch wider weggerücket werden' und
wir sehen die Fortsetzung des Gastmahls vor uns. Einer der
Anwesenden fordert auf, Gott durch ein Lied zu ehren. ,Itzo
Denteche Studien. 189
— sagt die Bühnenbemerkung — können sie mit anderer Hülff
singen: In converfendo Domlne: Oder: In te Domine speraui:
Oder sonst ein Psalmen oder Motetam die sich hieher schicket'.
Hierauf trinkt derselbe Gast dem Tobaeus zu, dieser
dankt — sieht aber eben seinen Sohn mit böser Nachricht
heraneilen.
Während Tobias den Todten holt (vor Schon, I. 6) bettelt
Morio (auch Wickram hat den Narren eingeführt, aber nicht
an dieser Stelle) um ein Stück zum Anbiss und einen Trunk,
er will dann thun ,ain Reutrischen sprang' und spottet über
die aufopfernde Gesinnung des Tobaeus.
Während der Scene I. 7 wird die Tafel wieder durch
den Vorhang verdeckt. Darnach kehrt Tobaeus zu seinen
Gästen zurück, spricht das Dankgebet und sie gehen ab. Bei
Schonaeus nur die Andeutung: ,hinc ad relictos me conferam
amicos, quos vereor ne mea mora ofFendat^
II. 1. Am Schlüsse noch eine erbauliche Verlängerung
des Monologes: Sara hoffnungsvoll, Gott werde ihre Bitte ge-
währen. Dergleichen Ausdehnungen, anderseits auch Zusammen-
ziehungen mögen mehr vorkommen, ohne dass sie mir auffielen.
Es hätte keinen Werth, sie zu beobachten.
IV. 1. Vorher ein Monolog des Asmodaeus, der sich in
längerer Rede dem Publicum als Eheteufel vorstellt. Streit,
Zank, Schlägerei, Mord und Todschlag unter Eheleuten zu
stiften, ist seine liebste Kurzweil: dabei hilft ihm der Sauf-
teufel. Oder er bringt sie auseinander : das thut er seinem
Gesellen, dem ,HurnteuffeP zu Gefallen. Auch junge Eheleute
verführt er zur Unzucht und stürzt sie dadurch ins Verderben.
IV. 3. Vorher ein Dialog zwischen Asmodaeus und Ra-
phael. Hierbei ist Wickram benutzt, bei welchem ,Aszmodoth'
(J 7') sich folgendermassen vernehmen lässt:
Belial lang mir her mein Kett
Damit ich manchen würgen thett
Ich musz yetzund aber daran
Sara hat aber einen man
Welchen mann jr heüt morgen gab 5
Ich müsz gen was ich zu schaflfen hab
Den jungen lauren will ich bringen
Vnd jn würgen vor allen dingen
]^90 Scherer.
Ich will die braut ein wittwen machen
Das jren musz vergen das lachen 10
Pfey Teiiffel was sehmackt hie so starek
In der hellen ist kein gschmack so arck.
Zwischenrede des jung-en Tobias, der Herz und Leber
des Fisches brät. Hierauf wieder Aszmodoth:
Pfey dich du junger starcker geck
Ich glaub du brätst ein Teüffels dreck
Der dich das lert vnd an hat gefangen 15
Ist gwisz mit dem teiiffel in dschül gangen.
Eaphael. Gib dich gefangen hellscher hund
Du hast kein gwalt mar zu der stund
Du must in nöten band vnd klag
Bleiben bisz an den jüngsten tag. 20
Aszmodoth. Lasz mich lauffen was zeuchst du mich?
Ich hab nichts ghandelt wider dich
Das du hast einich recht zu mir
Es würd dich rewen sag ich dir
Das du an mich legst solchen gwalt 25
Raphael. Dich hilfft nicht wolauff mit mir bald
In das eusserst Egypten land.
Aszmodoth. Es ist dir zwar ein grosse schand
Das du mich also nackend blosz
Angreiffest darzu gantz werlosz , 30
Fürst mich hin gfangen vnd gebunden
Weh mir der vnseligen stunden
O dencken alle Teuftel dran
Land euch kein Engel greiffen an
Sonst müszt jr wie ich armer Teüftel 35
Auch also gfangen sein on zweiffei.
Es ist leider nicht möglich, für solche vergleichende
Untersuchungen über Dramen, die vielleicht in einem oder
zwei Exemplaren vorhanden sind, auf andere Art die Ueber-
zeugung des Lesers zu gewinnen, als indem man benutzte
Stellen wörtlich abdrucken lässt. So mag denn auch hier noch
Gadenstedt folgen mit Zählung der ( Wickram'schen) Zeilen :
Asmodaeus. Oho hie hab ich meine Kett,
Mit der ich viel erwürgen thet,
Es ist jtzt zeit mus aber dran,
Mich versuchen an Sara Mann,
Deutsche Studien.
191
10
11
15
17
20
Den man jhr heut gegeben hat,
El" mus dran ich lasz nicht ab,
Mit diesem jungen Lawr nnis ringen,
Vnd grewlich jn vmhs leben bringen,
Die Braut wil ich zur Witwen machen
Das jhr vergehen sol das lachen
Ich mus hinan jtzt soll es gehn
Die Kammer seh ich ott'en stehu.
Pfui Teuffei was schmeckt hie so starck
In der Helln ist kein Rauch so are
Pfui dich du starcker junger Gock,
Ich gleub du bratest ein TeuÖelsdreck,
Welcher dir dis gelehret hat
Den Teuffei ohne zweiffl zu raht
Genommen hat, sol helffen nicht,
Mit diesem Schwerdt ich jhn erstich.
Raphael. ' Gefangen gib dich hellischer Hundt,
Du hast kein macht zu dieser Stundt,
Du must mit, solst in straff vnd plag,
Bleiben bisz an den Jüngsten tag.
Asmodaeus. Lasz mich gehen was zeugstu mich
Ich hab gethan nichts wider dich.
Kein einig recht hastu zu mir,
Es wird dir rewen sag ich dir
Das du an mich legest gewalt
Bapliael. Es hilfft dir nichts folg mir nur bald
In das eusserst Egyptenlandt
Asmodaeus. Es ist fürwar ein grosse schandt
Das ich gefangen vnd gebunden
Geführt werde: der vnselig stunden,
O dencken alle Teuffei dran
Last euch kein Engel greiffen an
Sonst raüst jhr wie ich armer Teuffei
Also gefangen sein ohn zweiffei.
Es sind nicht immer genau dieselben Worte, aber Punkt
für Punkt dieselben Gedanken und fast durchweg- dieselben
Reime. Vergleicht man im Einzelnen, so erklärt sich die Ver-
schiedenheit im Anfang leicht. Wickram macht nach Schweizer
Art ein Bürgerspiel, wo recht viele Personen auftreten müssen,
damit das Vergnügen des Mitspielens den weitesten Kreisen
zu Theil werden könne. Darum ist dem Aszmodoth noch
25
28
31
' Mit der Bemerkung ,in Engels gestalt'.
192 Scherer.
Belial als Kettenträger beigegeben. Gadenstedt dagegen spart
seine Scliulknaben und streicht die Rolle.
Weiterhin bemerkt man, dass Gadenstedt die Vorlage
zu verbessern sucht. Er strebt nach grösserer Correctheit und
Reinheit der Sprache, auch ein wenig des Verses; vor allem
ist ihm die süddeutsche Misshandlung des schwachen e, dieser
unbekümmerte Auswurf und Abwurf nicht genehm; lieber
bürdet er dem Vers eine Silbe zu viel auf, als eine Form wie
, brätst' zuzulassen. Bei Liquiden ist er weniger ängstlich (Lawr,
Helln, zweiffl), aber die Verstümmelung des Artikels (in dschul)
lässt er natürlich nicht zu. Statt , manchen' setzt er (Z. 2)
,viel', statt ,yetzund' 3 ,jtzt', statt ,jren' 10 Jhr', statt ,müsz'
10 ,sol', statt ,ghandelt' 22 ,gethan', statt , nicht' 26 , nichts',
statt ,z\var' 28 , fürwar' — stets, mit Ausnahme des ersten
Falles, unserem Sprachgebrauch näher. Wesshalb er ,gab' 5
gegen den Reim in ,gegeben hat' verwandelt, wird uns wol
eine künftige Tempuslehre sagen können (vgl. über Luther's
Gebrauch K. F. Becker Ausf. Gramm. 2, 49). Die Construction
von , machen' mit doppeltem Accusativ (die braut ein witwen
machen 9) kennt er nicht mehr. Consecutives ,dass' mit nach-
folgendem Indicativ vermeidet er und macht lieber einen un-
abhängigen Satz daraus (23). Dagegen construirt er ,rewen'
mit dem Dativ des reflexivischen Personalpronomens. Die
Verbindung , Gewalt an einen legen' ist bei ihm schon starr
geworden, wie in unserer Sprache, während Wickram dem
Accusativ , Gewalt' ohne Scheu ein Pronomen (solchen 25) bei-
fügt. ,Helfen' verbindet er wie wir nur mit dem Dativ, nicht
mit dem Accusativ der Person, wie Wickram (26). Ob ihm
,lass mich gehen' gebildeter klingt als ,lass mich laufen' (21)?
Nach Z. 10 vermisste er offenbar einen Uebergang u. s. w.
Im Ganzen: der norddeutsche Edelmann sucht sich gebildeter
auszudrücken als der , Dichter und Burger zu Colmar'. —
Indem ich unsere Betrachtung nunmehr rasch zu Ende
führe, notire ich das ,Tranckgelt', welches Saras Mutter der
Magd für eine gute Nachricht von den Neuvermählten ver-
spricht. Dasselbe wird nachher ,Botenbrodt' genannt und ist
bei Schonaeus vorbereitet (IV. 4).
In IV. 5 gegen Ende findet sich Morio wieder ein, fragt,
ob er nicht auch bei der Hochzeit des Tobias dabei sein solle,
Dentsche Studien. 193
und malt sich in der Pliantasie alle die Herrlichkeiten aus,
die ihm Abends bevorstehen. Dabei Unanständigkeiten, welche
nicht sehr adelig--gebildet kling'en.
In der letzten Scene kommen beim Uebersetzer alle wieder
zusammen, Anna, Sara, die Gäste des ersten Actes. Der Engel
hält noch eine längere Rede und darauf folgt die Vorschrift:
,Er verschwindet^ Wie er das machen soll, wird nicht gesagt.
Mit Bühnenvorschriften ist der deutsche Dichter überhaupt
nicht karg. Anna, das Weib des alten Tobaeus, weint viel;
und wo das zu geschehen hat, wird es alleraal bemerkt. Ebenso
später Raguel beim Abschied von der Tochter. , Weinende, kan
nicht reden weiter für weinen^, sagt die Vorschrift.
Magister Fortmann wollte die deutsche ,Comoediam' auf-
führen mit seineu Schülern. Um die mühsamen Abschriften
zu sparen, Hess sie Gadenstedt drucken, , Damit dieselbe vnter
die Personen, so hierzu sollen adhibirt werden, desto füglicher
könte ausgetheilet werden, auch den zusehern vnd andern
frommen Christen desto angenehmer were'. Uebrigens hatten
ihn auch schon , andere ehrliche vornehme Leute' ersucht, das
Stück in den Druck zu geben.
Dass ihm der Druck einer solchen Arbeit als etwas un-
gewöhnliches erschien, zeigt die lange Motivirung und die
feierliche Wendung gegen die Zoilos.
Andere Comödien (ich verstehe: aus dem Terentius chri-
stianus) hatte er auch schon vertieret und war nicht abgeneigt,
sie zu veröffentlichen. Aber es scheint nichts daraus geworden
zu sein.
2. Joachim Greff.
Greff in Magdeburg.
Ueber die Schulcomoedie in Magdeburg hat schon Goedeke
Grundriss S. 306 Nachrichten zusammengestellt. Die von ihm
benutzte Vorrede Baumgart's zum luditium Salomonis enthält
überhaupt enthusiastischen Preis der Magdeburger Schule mit
wichtigen historischen Nachrichten. Luther selbst nannte sie
(mündlich zu Baumgart) unsers Herrgotts Jugendbrunn im
Sachsenlande, und Melanchthon bezeichnete sie als , nobile orna-
mentum ecclesiae saxonicae^
194
Sc her er.
Was speciell die Comoedien anlangt, so enthält die Schul-
ordnung- darüber ausdrückliche Bestimmungen. Vergl. Ludi lite-
rarii Magdeburgensis Ordo, Leges ac Statuta, Autore Gode-
scalco Praetorio . . . Anno M. D. LTII.
Ein besonderer Abschnitt handelt ,de publicis exercitiis
vel actionibus^ Die öffentlichen Uebungen sind vierfacher Art:
Legum recitationes, Declamationes, Disputationes publicae, Co-
moediarum actiones. Und über diese letzteren heisst es: Co-
moediarum actiones putantur prodesse ad iustam audaciam in
animis puerorum confirmandam. Ac verum est prodesse, sed
si recte et ad mediocritatem uti volueris. In Comoediis vicissi-
tudo iucunda, ut alias latine, alias sermone vulgari exhibeantur.
Ex Terentio latinae sumi possunt, caeteras nostri suppeditant.
Hierauf werden die Zeiten bestimmt, zu denen die öffent-
lichen Uebungen angestellt werden sollen; darunter: In nun-
dinis Maui'icii actio Comoediae latinae. In nundinis Septua-
gesimae Comoedia, vel Tragoedia. Also zur Messzeit.
Diese Einrichtungen haben nach Rollenhagen (1569) seit
vielen Jahren bestanden. Wir dürfen sagen : mindestens seit
dem Anfang der Dreissiger Jahre. Und wir dürfen Joachim
Greff's erste dramaturgische Thätigkeit daran anknüpfen oder
dahin versetzen: denn es wäre wol möglich, dass sein Eifer
mitwirkte, die Spiele einzuführen und festzuhalten.
Wenigstens später in Dessau erscheint er als ein Vorkämpfer
des Schuldramas und hat sich mit widerstrebenden Tendenzen
auseinanderzusetzen, wobei ihm Gutachten Luther's und Anderer '
zu Hilfe kommen. Denn ich zweifle keinen Augenblick,* dass
' Vgl. Joachim Feller Cygni quasimodogeniti (Lipsiae 1686) E' über
,.Joacliiinus Graefius', von dem er nur die Aulularia imd den Mundus
kennt und sonst nichts weiss: ,Sed ob ludos suos varie a parocho sno fuit
reprehensus. Quaesivit ergo ex viris eruditis, an sacras liistorias Chri-
stiane populo quovis in loco sacro vel prophano audiendas spectandas-
que proponere liceat. Nee responsum ei non fuit ad ilhid lr]Tr^^<x; pro-
barnnt certe id instituti Lutherus Germanice ad Georgium Principem
Anhaltinuui, Philippus Melanclitbon, et D. Georgias Major ad Georgium
Heltium, Hieronymus Noppus, et Paulus Eberus ad M. Georgium For-
chemium; quorum literas GL. Daumius aliquando descripsit'. Aus Daum's
seines Lehrers Papieren oder Mittheilungen muss Feller hier schöpfen.
Georg Held und Georg Forchemius sind eine Person: er war Lehrer des
Fürsten Georg von Anhalt gewesen; vgl. Beckmann Anhalt. Hist. 3, 360.
Deutsche Studien. 195
er ebensowol der Schulmeister zu Dessau ist, auf dessen Ver-
anlassung- Luther am 5. April (s. Burkhardt Luther's ßriefw.
S. 424) 1543 an den Fürsten Georg zu Anhalt schreibt, wie
der jJoachimus noster', auf dessen Veranlassung Luther au
demselben Tage an Georg Held in des Fürsten Georg Diensten
schreibt (de Wette 5, 552. 553). Dort gilt es einen Pfarrer
zurückzuweisen, der die Lieder und Gesänge des Palmentags
und andere mehr Narrenwerk und Lottereien schalt, diese neu-
tralia, wie Luther sagt, für damnabilia erklärte und seine Ge-
meinde damit unnütz aufregte. Hier gilt es ein Urtheil ,de
actionibus illis sacrarum historiarum', welche einige anhaltische
Geistliche missbilligten. Luther tritt kräftig dafür ein: durch
solche Actionen (gravibus tamen et moderatis, non histrionicis,
ut olim erant in papatu) werde das Wort Gottes befördert;
das Volk werde dadurch oft mehr bewegt als durch Predigten;
er wisse, ,iu inferiore Germania, ubi publica professio Evangelii
prohibita est, ex actionibus de lege et evangelio multos con-
versos et amplexos sinceriorem doctrinam'.
Wodurch Joachim Greff zur dramatischen Dichtung an-
geregt wurde, wissen wir ganz genau.
Man könnte sich dabei beruhigen, dass er aus Zwickau
stammte, wo von 1531 — 1538 Rebhun wirkte, wo von 1535 an
Hans Ackermann dichtete, wo Magister Stephan Roth, der
Freund Rebhun's (Palm Beitr. S. 86. 95), Stadtschreiber war,
der mit Greff im Briefwechsel stand und ihn durch viele Wohl-
thaten verpflichtet hatte (Widmung der Aulularia A7: über
diesen Stephan Roth vgl. Herzog Chronik von Zwickau 2,
268 f. 862 u. ö., wo auf Rehkopf Progr. de St. Rothio, Heimst.
1775, verwiesen wird; ferner Burkhardt Luther's Briefw. S. 120.
133; Förstemann Alb. Viteb. 120^ ,Magister Steffanus Rott
Cigneus^ 1523/4).
5, 1.54 f. Förstern. Alb. Viteb. 146'' ((jleorgius Heltus Truttauianus forche-
mensis magister Lip.sensis 1532). Ueber Georg Major's Zusammenhang
mit Greff wird sich gleich Näheres ergeben. Auch mit Paul Eher, der im
Sommer lö;5-2 zu Wittenberg inimatriculirt wurde (Förstem. 145''), fand
vielleicht noch persönliche Heriihrung statt. liieronymus Nopus war im
Februar 1543 Prediger zu Regensburg geworden (de Wette 5, 511. 592) ;
Greff wird ihn gleiclifalls in Wittenberg kennen gelernt haben.
196 Scherer.
Aber Greff's Schauspiele sind, wie wir sehen werden,
älter als die Zwickauer; sie schliessen sich chronologisch doch
nicht an seine Zwickauer Jugendzeit an, die man höchstens
bis 1528 rechnen kann, wo er zu Wittenberg immatriculirt
wurde. Und sein eigenes Zeugniss gibt uns einen ganz anderen
Aufschluss, der für die Geschichte des deutschen Dramas im
sechszehnten Jahrhundert überhaupt nicht ohne Wichtigkeit ist.
Das Schauspiel in der Volkssprache hängt vielfach vom
lateinischen ab. Die humanistische Behandlung einzelner geist-
licher Stoffe wird canonisch für das ganze sechszehnte Jahr-
hundert und noch im siebzehnten erkennt man zuweilen die
Tradition. So wird der verlorne Sohn durch Gnapheus in
die massgebende Form gebracht (QF. 21, 50). So Joseph in
Aegypten durch Cornelius Crocus.
Unseren Joachim Greff hat nun zwar nicht ein lateinischer
Dramatiker, wol aber einer der hervorragendsten lateinischen
Dichter deutscher Nation aus jener Zeit zur dramatischen
Dichtung in deutschen Reimen ermuntert: Georg Sabinus, der
Schüler und Schwiegersohn Melanchthon's, der Schützling des
Bembo, der erste Rector der Universität Königsberg. Vgl. über
ihn Toppen Die Gründung der Universität zu Königsberg
(Königsberg 1844); Muther Aus dem Universitäts- und Ge-
lehrtenleben im Zeitalter der Reformation (Erlangen 1866)
S. 329-367.
GreflP widmete dem Sabinus sein Drama ,Mundus' (1537)
und sprach sich darin über sein Verhältniss zu ihm aus; ich
will die Stelle ganz einschalten, wir lernen daraus zugleich den
Theologen Georg Major als Förderer Greff's in seiner litte-
rarischen Laufbahn kennen.
jTibi, doctissime mi D. Doctor, magnam gratiam debeo,
sed nulla omnino refeiendi suppetit facultas, Collegi iamdudum
multa humanissimi animi tui erga me signa, sed ex illis Omni-
bus, hoc unum est, quod prestantissimum ego et dico et duco,
nerape quod tu unus prae aliis multis, me ad hoc genus scribendi
Rythmos Germanicos excitasti, multunique et diligenter es ex-
hortatus. Qua in re, num aliquid ego possim, cum meum non
sit iudicare, iudicent alij, Gerte tuo iudicio ac testimonio sie
factum est, ut Rythmos nostros, albo (quod dicitur) calculo
notandos candide iudicaueris, Ipsus hoc ultro, non rogatus.
Deutsche Studien. 197
mihi indicasti, Ipsus (inquain) ultro, apud Halas, in sedibus com-
munis nostri amici, D. Doctoris Erhardi Älildeu, > viri oninium
humanissimi, hoc mihi es contestatus, Tales esse Kythmos
nostros, qui recte per calcographos, typis excuderentur, Ad-
debas nescio quid, quod nostrse mediocritatis plane non eiat,
quo dicto (ut cum Politiano loquar) non efferor ego, sed
obruor. Georgius Maior, honio insignis, atque doctissimus,
communis quoque noster amicus, is ante biennium cum Magde-
burgse secum versarer, plane uno tecum ore et animo idem voluit,
idemque curavit primus, nempe ut Calcographus publice illos
aederet, Accessit ad illius sententiam bonorum virorum magnus
numerus, Sed illos tu omnes vir excellentissime longe superas,
Addidisti enim nobis tu unus prae aliis omnibus animum multo
maiorem; magisque incensum me reddidisti nunc multo, quam
antehac fui, adeo ut huic rei, post hac totum me dedere mihi
sit certissimum/
Die Widmung trägt das Datum 1537 ohne Tag. Zwei
Jahre früher erschien die als Greff's Erstlingswei'k geltende
Uebersetzung der Plautinischen Aulularia, und zwar in der
That zu Magdeburg. Diese war auch wol das Probestück,
das er dem lateinischen Poeten vorlegte. Er traf ihn zu Halle,
ohne Zweifel 1533, vor dessen italienischer Reise (Toppen S. 32):
Sabiuus war selbst erst ein Mann von fünfundzwanzig Jahren.
Wir gewinnen dadurch eine nähere Angabe über die Zeit,
in welcher Greff ,an dem Schulampte' zu Halle war, wovon
er in der Vorrede zum Lazarus spricht (1544 b 1: ,fur etzlichen
Jaren' sei es gewesen). —
Greff hat nach Goedeke S. 307. 1163 überhaupt folgende
Werke verfasst: die Aulularia (1535), die Judith (1536), den
Mundus (1537), Abraham (1540), die Vermahnung (1541), den
Lazarus (154,5) und ein Stück, dessen vollständigen Titel ich
' Offenbar der Doctor Mildensis, den Luther in Briefen an Justiis Junas
mit so viel Verehrung grü.ssen lässt [de Wette ö, 3ü0. 384). Er hatte
den Reformator von Halle am 14. .\pril 1541 in seiner Wohnung auf-
genommen: Pressel Jonas (Elberfeld 1862) S. 82. Alb. Viteb. 137» ,Er-
hardus Milde Hallen.' 25. October 152'.t. — Uebrigens lässt die ganze
Stelle doch noch den Zweifel otien, ob Greff nicht aus Höflichkeit über-
treibe. Die Bekanntschaft mit Sabinus stammt gewiss aus Wittenberg,
wo Sabinus zehn Jahre bis 1533 in Melanchthon's Hause war.
198 Scherer.
nach dem Exemplar der Kgl. Bibliothek in Berlin hierher
setzen will :
Ein schone newe | Actiou auff das Xviij. vud ] XIX. Capitel des
Euangelisten Lucae ge- | stellet, vnd Reimweis in drey Actus ver- | fasset,
Allen bfifsfertigen sundern tröstlich | aber den verstockten Gottes vnd des |
Euangelij feinden schrecklich zu le- | seu. Durch Joachimum Greff ' von
Zwickaw, yetzund j Schulmeister zu | Dessaw. j Auch ein kurtz Summarium
des xj. [ Capitels Johann is, von der aufferweck- j ung Lazari, gleich als
ein Lied ver- | fasset, Zu ende dieser Action j angehenget.. | 1546. Am
ScJdnss: Gedrückt inn der Churfürstlichen | Stadt Zwickaw, durch | Wolff
Meyerpeck. i 154:6.
Es ist ferner bekannt (Goedeke S. 288 §. 143, 1, f.; 2, a),
dass die Uebersetzung der Andria des Terenz durch M. Heinrich
Ham, von welcher Degen Uebers. der Römer 2, 481 Proben
gibt, im Jahre 1535 hinter Greff's Aulularia erschien; ob sie
überhaupt vorher selbständig gedruckt war, lasse ich dahin
gestellt. Aber unbeachtet scheinen bis jetzt die Zuthaten Gretf's
welche sich in jenem Drucke finden. Der Titel verräth nichts
von dem Anhang. Er lautet:
,Ein schone Lu- j stige Comedia des Poe- | ten Plauti, Aulularia ge-
nant, Durch Joachimum [ Greff von Zwickaw Deudsch | gemacht, vnd jnn
reim \ verfasset, fast lustig | vnd kurtz weilig | zu lesen. | Quisquis es o
faueas, nostrisque labo- j ribus adsis, \ His quoque des ueniam. \ Magdeburg.' |
76 Bl. 80. Ävi Schiusa. ,Gedruckt zu Magdeburg, j Anno 1. 5. 35.'
Bl. F4 lautet: , Andria des j Terentii Comedia, j Deudsch
gemacht, vnd inn reim ver- j fasset, Durch Magistrum
Heinricum Ham, | Fast lustig vnd kurtz- | weilig zu lesen*.
Auf Bl. F4' sagt Joachimus Greff ,Dem leser', dass er diese
Andria seines Freundes Ham , schier on seinen willen' zu seiner
Aulularia habe drucken lassen, um zu zeigen, dass er nicht
blos seine eigenen Arbeiten werth halte, und dass andere Leute
auch was können. ' Greff hatte sich vorgenommen, den ganzen
Terenz zu übersetzen, aber diese Andria habe ihn veranlasst.
' Ham und Greff haben zusammen studirt. ,Henricus Hamme de Northusia
dioc. Magun.' ist unter dem Rector Johann Volmar 1528 und , Joachimus
Greff dio. Numburgen. 23 Junij' unter dem Rector Caspar von Teiteleben
in demselben .lahrc zu Wittenberg immatricuHrt (Förstemann Alb. Ac.
Viteb. Sp. 131" 135'^). Ham gehörte zu Johann Agricola's Anhängern
im antinomistiachen Streit; er war 1539 in Diensten des Markgrafen
Deutsolie Studien. 199
seinen Plan nur noch für die anderen fünf Comödien des Te-
renz festzuhalten. Von rührendem Eifer für die Sache zeugt,
wenn er dann Jedermann, der Affection zu solchen Rhythmis
habe, auffordert, sich darin zu versuchen, ,vnd der gleichen
etwas geistliehs aber weltlichs an tag komen' zu lassen, ,0n
zweiuel ein iglicher, der etwan ein Zuneigung zu diesem Studio
vn zu solcher Poeterey hat, wird befinden, das jm solche
vbung, zu erkentnis Deudscher sprachen, vnd anderer vieler
ding sol behülfflich vnd furtreglich sein.'
Die Zusätze Greff's im Stücke selbst sind sämmtlich
J. G. unterzeichnet. In einem neun Seiten langen Prologus
ermahnt Morio zu strenger Kindererziehung, indem er den
Nutzen der theatralischen Spiele auseinandersetzt und dem Ein-
wand begegnet, dass hier ein Spiel angerichtet werde, ehe noch
die Fastnacht gekommen sei. Offenbar spricht ein Schüler: das
Spiel ist angericht ,von unsern Preceptoribus on furwitz, vns
zu nutz, vnd euch zu ehrn'. Der Narr behauptet vom Platze
mitgenommen zu sein, da ihn die Spielenden nicht entbehi'en
konnten:
Man spricht, Es ist kein spiel so klein
Es mus ein Muncli aber narr drin sein.'
Auch in den Vorreden zum zweiten, dritten und zum
vierten, fünften Acte zeigt sich Greft's Morio als ein sehr ernst-
hafter und uninteressanter Narr. Desgleichen im Epilogus, der
ein Akrostichon bildet mit dem Namen des Verfassers MA-
GISTER HENRICUS HAM.
Auf diese Einllechtung des Narren scheint sich Greff's
Antheil au dem Stücke allerdings zu beschränken.
Aber die Vorrede enthält noch eine merkwürdige Notiz.
Greff verspricht, wenn die Aulularia gefalle, mit der Zeit
Johann von Brandenburg, Bruders des Kurfürsten Joaeliims II. (Luther
Br. de Wette 5, 170); als Prediger zu Königsberg in der Neumurk wurde
er 1553 abgesetzt, weil er lehrte, die Jungfrau Maria habe den Heiland
der Welt mit Weh und Schmerzen geboren: Kordes Agricola's Schriften
(Altena 1817) S. :3(»4— 308.
1 Vgl. Prolog zum Mnndus (A5): Wir bringen auch ein Monnich mit Ja
wo ist der im spiel nicht? Ir wist es ist kein spiel so klein Es wil ein
alt weib oder Münnich drin sein
200 Scherer.
wieder etwas Geistliches zu verfassen, wie ,zuuor die Historiam
Jacob vnd seiner zwelflF s6ne'.
Er hatte mithin ein Stück dieses Inhalts geschrieben. Das
bestätigt auch die Vorrede zum Abraham (1540), der eigentlich
nur den ersten Theil zur Geschichte der drei Erzväter bilden
sollte. Er motivirt, weshalb er seinen Plan festhalte, obgleich
soeben das Büchlein ,Vom herrlichen vrsprung des menschen etc.'
(d. h. das Stück von Valten Voith, Meistersinger zu Magdeburg,
1538; Goed. S 308 Nr. 141) und ,die heirad des lieben Isaacs
mit seiner lieben Rebecken' (d. h. das Stück von Hans Tirolf,
Wittenberg 1539, Goed. ibid. Nr. 142) erschienen sei. Die
Historien Abrahams und Isaacs habe er ,fast für zweien jaren'
verfertigt, sie aber bisher nicht drucken lassen, weil er willens
gewesen, die des Erzvaters Jacob noch hinzuzufügen, , Welche
ob sie wol für lengst zuuor, auch von mir etzlicher mas, doch
nicht gar, sonder nur stückweis in einer eil gefast, auch an
ctzlichen orten also Agirt vnd gespielt ist worden, Bin ich
doch je vnd alweg (wie gesagt) des sinnes gewesen, dieselbige
mit der zeit gantz vnd gar bis zum ende zuuorfuren': was er
nun gethan habe.
Da er hinzufügt, Jedermann werde sich überzeugen, dass
er Jacobs Historie überall vermehrt und gebessert und Aus-
gelassenes eingeschaltet (er legt grossen Werth auf die Voll-
ständigkeit): so muss dieselbe auch im Druck vorhanden ge-
wesen sein, was schon nach den mehrfachen Aufführungen
\vahrscheinlich wäre.
Der Isaac und der neue Jacob sind uns verloren. Das
letzte Blatt des Bandes trägt den Druckvermerk (Weim. Jb.
4, 208), aber auch die Notiz ,Hierauff folget die andere
Histori vom Isaac', Fortsetzung des Druckes war mithin
beabsichtigt; es sollten wol drei Bände werden.
Aber vielleicht ist die alte Fassung des Jacob auf uns
gekommen. Sie muss, wie wir sahen, älter sein als die Aulu-
laria; und sollten wir darnach suchen, so würden wir, wie bei
der Aulularia, zunächst Magdeburg als Entstehungsort voraus-
setzen. In der That finden wir daselbst ein Stück, dessen
Titel lautet (Heyse Büchersch. 2139):
,Eiu lieblich | vnd niitzbarlich spil | von dem Patriarchen Jacob vnd
seinen zweltf Sönen , Aus dem Ersten buch Mo- | si gezogen vnd zu Mag- |
Deutsche Stadiun. 2Ul
debiirg auff dem Bchfi | tzenhoff, yni 1534. [ jar, gehalten.' .4?« ScUusn: ,Ge-
druckt zu Magdeburg-k diiirli Michel Lotther. l.'J34'. 40 Bl. 8°.
Der Titel ist in einen Hülzschnittrahuien eing;esclilossen,
der nicht ursprünglich hierzu dienen sollte, sondern die Er-
mordung Kains darstellt. Noch in demselben Jahre erschien
bei demselben Drucker eine zweite Ausgabe (Heyse 2140), im
nächsten Jahre eine dritte zusammen mit der Susanna (nach
Goed. §. 147 Kr. 117 zuerst Magdeb. 1534j — nach den Typen
zu schliessen wieder bei demselben Drucker: den Titel siehe
Weim. Jb. 4, 20(5; einen weiteren Di-uck der beiden Stücke siehe
bei Maltzahn Bücherschatz S. 177 Nr, 1082. Aus der Angabe
ihres Titels ,im 1535. iar gehalten' darf man nicht auf eine
zweite Aufführung schliessen, denn die Jahreszahl kann will-
kürlich eingesetzt sein; es ist allerdings aber auch möglich
dass das mit so viel Beifall aufgenommene Stück wirklich
wiederholt wurde.
Die ,Zu Magdeburgk Donnerstag nach Laurent! 1534'
(13. August) datirte Vorrede ist dieselbe geblieben. Darin
meldet der Drucker, das Stück sei von vielen Fremden an-
gesehen und so viele Abschi-iften davon begehrt Morden, dass
man der Nachfrage nicht genügen konnte. Er habe mit schwerer
Mühe ,von den jenigen so diese Historiam yn solche ordenung
vnd reyme vorfasset' die Erlaubniss zum Druck erlangt, ,Der
vrsachen halben, das sie solches spiel gar yn kurtzer zeyt,
vnd mit grosser eyl also zusamen gebracht, Vnd dasselbige
an etzlichen drtern gern gebessert vnd vorandert hetten'.
Diese Angabe stimmt gerade so zu Greff's eigener Cha-
rakteristik des Stückes, wie sich das , lieblich und nützbarlich'
des Titels in dem Erzväterspiele wiedertindet.
Es ist unnöthig eine nähere philologische Untersuchung auf
Sprache, Vers, Reim und künstlerische Behandlung zu wenden,
da ein äusseres Document hinzukommt, welches jeden Zweifel
hebt und uns die vielleicht widerspruchsvollen Resultate einer
solchen Untersuchung zum voraus erklärt.
Der Drucker hat ganz recht von den Verfassern im
Plural zu reden. Nach dem Epilog des Stückes folgt ,Ein
bitt zu Gott' um Ausbreitung des göttlichen Wortes und Ver-
nichtung der falschen Lehre. Die Anfangsbuchstaben der Zeilen
bilden, wie schon in Heyse's Exemplar und dann von Herrn
SitzuDgsber. d. phil.-hiut. Cl. XC. Bd. II. Htt. It
202 Sclierer.
von Maltziihn bemerkt wurde, ein Akrostichon, dessen gleiclieu
wir bei Ham's Andria gefunden, und zwar: GEORGIUS MAIOK
lOACHIMUS GREF.
Greff hat also das Stück in Gemeinschaft mit Georg
Major ausgearbeitet, welcher damals, in den Jahren 1529 bis
1536, Rector der Schule zu Magdeburg, als Nachfolger Caspar
Cruciger's, gewesen ist: Adami Vitae Theol. 223^, vgl. 94*;
Pressel Cruciger S. 11. 13. Amsdorf S. 108. Nun verstehen
wir auch Greff's Angabe in der Vorrede zum Abraham, dass
er den Jacob ,nur stückweis' verfasst. Es muss aber dahin
gestellt bleiben, ob er in der oben angeführten Widmung an
Sabinus den Georg Major mit Bezug auf dieses Spiel von
Jacob oder wirklich mit Bezug auf die Aulularia als seinen
Förderer genannt habe.
Die Autorschaft der 1535 mit dem Jacob zusammen ge-
druckten Susanna zu bestimmen, fehlt bis jetzt jeder Anhalts-
punkt. Dass sie auch in Magdeburg aufgeführt wurde, stellt
fest. Der Prolog redet den Rath an:
Wolweise achtbare Herren
Ewr Weisheit vnd wirdeu zu elirn,
Sind wir jtzund hierauff komen
Nach altem brauch fürgenomen,
Ein deudsch spiel euch furzutragen
Damit man nicht moclite sagen,
Wir wem vndanckbar ewr Weisheit
Welch mit grosser fursiclitigkeit,
Inn guten kunsten vnd tugent
Vns kinder itzt jiin der iugent,
Zu vnterweisen verschatl't hat
Welchs ist das best kleinad der stat
Merkwürdig, dass schon zu dieser Zeit das Spiel als ein
alter Brauch, die Schule selbst dagegen als etwas Neues zu
gelten scheint. Aber man darf die Woi'te gewiss nicht so scharf
nehmen: siehe unten Vorrede zur Aulularia.
Indem dann das Argument des Stückes sich auschliesst,
heisst es:
Hie ist nun Babylon behend
Doch 80 das spiel erreicht sein end,
Magdeburg es wider werden sol
Gott mach sie aller gnaden vol
Deutsche Studien. 203
In einem Nürnberg-er Druck (,Ein kurtz vnd seer | schön
spil, von der Gotffirchtig-en vnd keuschen [ frawen Susanna/
Schluss: , Gedruckt zu Nürnberg durch Kunegund Hergotin'.)
wird statt dessen gesagt: , Nürnberg es wider werden soP.
Der Prolog legt ferner, um es beiläufig anzuführen, ein
Zeugniss für die völlige Decorationslosigkeit jener ältesten
Schulbühnen ab :
Das ist SLMch der schone garten
Inn dem die zweeu alten warten,
Die Susanna zu bezwinfjen
Es wolt jn doch nicht gelingen,
Dieser gart ist gar hfibsch vnd schön
Von kreutern vnd viel beumen gr&n,
Welchen so euch zu sehen glust
Gar scharff brillen jr haben niust.
Der Epilog stellt in Aussicht, den anderen Tag ungefähr
um halb drei würden die beiden alten Bösewichte gerichtet
werden: ,Wo jhr sie nun wollet sehen, so kompt zeitlich vor
das radthaus'. '
Das Stück schliesst nämlich mit der Ueberführung der
Kläger durch Daniel und mit einem Dankgebete Susannas.
Es hat bei aller Kürze seine bemerkenswerthen Vorzüge. Die
beiden Alten führen sich mit einem Gespräche ein, woraus
sich ergibt, dass sie beide in stürmischer Ehe leben und von
ihren Frauen schlecht behandelt werden. Die Vorliebe der
Zeit für satirische Schilderung schlechter Ehen geht mit dem
Bedürfnisse nach einiger Motivirung aus den Charakteren Hand
in Hand. Dass die alten Verfülirer keines guten Rufes ge-
niessen, wird dann wiederholt hervorgehoben, wie anderseits
Joachim von vornherein die Keuschheit seiner Frau hochpreist.
Seltsam, dass er nachher gar nicht eingreift und beinah völlig
verschwindet; man könnte denken, der ganze erste Act sei
' Die Stelle ist aus dem erwälinten Nürnberger Druck angeführt bei
Herman Grimm Essays (1859) S. 14Gf., wo nachgewiesen, dass Herzog
Heinrich Julius wahrscheinlich dies alte Magdeburger Stück kannte und
benutzte, wo auch die übrigen deutscheu Susannen des sechzelmten
Jahrhunderts herbeigezogen. Das Spiel der Wiener Hs. ist in Keller's
Fastuachtsp. Nachlese S. 231 und Germ. 22, ;^42 gedruckt, lieber Sixt
Birck's Susanna vgl. A. D. Uiogr. 2, 657 : sie ist besser als die Rebhun'sche,
diese hat davon gelernt, namentlich die Kinderscenen.
14*
204 Si'herer.
später vorgeschoben; auch die Kinder sind nicht eingeführt;
offenbar hat der Verfasser die Susanna von Sixt Birck (1532)
nicht gekannt, welche ungefähr gleichzeitig dem Paul Rebhun
vorlag.
Dem allgemeinen Charakter nach könnte dieses Magde-
burger Susannenspiel gar wohl mit dem Jacob von Major und
Greff verglichen werden. Aber die Susanna zeigt häufige Reim-
brechung ' und davon ist im Jacob keine Spur, wo die Reden
ganz regelmässig (die wenigen Ausnahmen kommen nicht in
Betracht) mit der zweiten Zeile des Reimpaares schliessen.
Von der Autorschaft Major's oder Greff's kann demnach keine
Rede sein. Doch hat die Aufführung innerhalb Major's Rec-
torat und daher ohne Zweifel unter seiner Förderung statt-
gefunden.
Georg Major's Nachfolger in der Leitung der Magdeburger
Schule war M. Joachim Wolterstorff. ^ Aber noch auf Major's
Thätigkeit muss die anonyme Esther zurückgehen, welche
Gottsched 1, 77 (Goed. §. 147 Nr. 138) verzeichnet. Sie ist
, Gedruckt zu Magdeburg durch Michael Lotther M. D. XXX VIP.
Aber die Widmung ist vom Himmelfahrtstag 153G (25. Mai)
datirt und gilt ,Dem achtbaren vn wolgelarten herrn M. G. M.
meinem günstigen herrn vnd freunde', was man leicht zu ,Ma-
gistro Georgio Majori' ergänzt; es wird darauf Bezug genommen,
dass , Jacob und seine Söhne' in Magdeburg ,fur zweien jaren
vngeferlich' gespielt und nachher in Druck gegeben sei.^
' Die Bemerkung von Dr. Max Rachel darüber, Reimbrecliung und Drei-
reiiu im Drama des Hans Sachs und anderer gleichzeitio-pr Dramatiker
(Freiberg 1870) S. 21, ist nicht genau. — Zu der Reimbrechung ül>or-
haupt sei erwähnt, dass sie z. B. im Maitre Pathelin ganz durt ligefiilirt
ist und aucli in anderen französischen Farcen erscheint ; siehe Bibliophile
Jacob Recueil des Farces (Paris 18ö9i.
^ ,M. .Toacliimus Wolterstorffius, Gcorgii Majoris in Recforatu Magde-
burgensi anno 1537 successor factus, in suburbio australi apud nos Pastor
anno 1543, in Pastoratu Magdeburgi Jacobaeo, quem obtinuisse videtur
anno 1547, fatis concessit anno l.")54 die 15. Januarii.' M. Godofr.
Bergner: Bigae tbeohigornm sec. XVI eorundemque profes.sorum G^'m-
nasii Magdeburgensis L. Nie. Glosseni et Nie. Galli (Mngdeb. 17-20).
Andere Arbeiten von Bergner über die Geschichte der Magdeburger
Schule, auf die er hinweist, sind nur nicht zugänglich.
■* Mehr vermag icli darüber jetzt nicht anzugeben. Ein Exemplar des
Stückes ist mir augenblickiicli nicht zur Hand ; da^ einzige mir bekannte
Deutsche Studien. 205
So stehen Georg- Major, der Theologe, dessen Ansichten
über die guten Werke unter den strengen Lutheranern später
so viel Anstoss erregten, und Joachim GrefF an der Spitze des
Magdeburger Schuldramas. Bald folgte ihnen der Meistersinger
Valten Voith (1538; siehe Goedeke Every-man S. 90), und
von den Sechziger Jahren an bis ins siebzehnte Jahrhundert
Baumgart (A. D. Biogr. 2, 158), Georg Rollenhagen, Pape,
Hartman, Lonemann, Gabriel Rollenhagen, Goezius, Blocius
(A. D. Biogr. 2, 712).
GrefF's Aufenthalt in Magdeburg begrenzt sich dadurch,
dass wir ihn 1533 noch in Halle zu denken haben, dass dann
1534 der Jacob zu Magdeburg aufgeführt wurde, die Aulularia
aus Magdeburg 1535, dagegen die Judith schon aus Wittenbei-g
,am abend Michaelis' 1536 datirt ist. Diese letztere Tragödie
ist den drei fürstlichen Brüdern Georg, Johann und Joachim
von Anhalt gewidmet, und Greff theilt ihnen mit, er sei ,nu
zur zeit, jnn E. F. G. gebit, mit dienst behafft'; wozu ich
nichts Erklärendes zu bemerken weiss. Auch seine Widmung
des Mundus (1537) und des Abraham (1540) ist aus Witten-
berg, erst die Vermahnung (1541 ,Donerstag nach Francisci',
d. i. 5. October) aus Dessau datirt, wie die beiden folgenden
Stücke bis 1546.
Das Spiel von Jacob und s e i u e u Söhnen.
Ich will untersuchen, wie weit sich etwa die Antheile
der beiden Verfasser an diesem Stücke von einander sondern
lassen. Ueberblicken wir zuerst das Ganze.
1. 1. Jacob erzählt seine Geschichte, was für Gnade ihm
von Gott erwiesen ohne sein Verdienst. Sendet ein warmes
Dankgebet zum Himmel empor.
2. Joseph bekommt den bunten Rock.
3. Die Brüder machen ihm Vorwürfe, er erzählt seine
Träume.
befindet sich in Zwickau, und ich konnte e."» vor etwa seclis Jaliren durch
Zarncke's Vermittlung benutzen. Da ich in anderem Zu.samnienhange
noch einmal darauf zurückkommen niuss, so verzichtete ich vurläutig
darauf, der Bibliotliek durcli erneuerte Bitte um Uebersendung lästig zu
fallen. Mag deshalb die Frage nach Major's Autorschaft v.ntagt bleiben.
206 Scherer.
4. Der dazu kommende Jacob verweist es ihm; schickt
die Brüder nach Sichern. Alles sehr kurz und skizzenhaft
aneinander gereiht.
II. 1. Simeon räth Joseph todt zu schlagen, Levi stimmt
bei, Rüben will ihn blos in eine Grube werfen. Die Berathung
ist sehr sonderbar, da noch Keiner weiss, dass Joseph kommen
werde.
2. Joseph wird vom Vater abgeschickt.
3. Die Brüder sehen ihn, werfen ihn in die Grube. Die
längeren Bitten Josephs werden erst durch Simeon, dann durch
Levi mit Anschuldigungen erwidert.
III. 1. Judas bekommt Gewissensbisse, räth ihn aus der
Grube zu nehmen und zu verkaufen (wieder ohne den äusseren
Anlass vorüberziehender Kaufleute). Juda zu Levi:
Steig zu ym nein vnd bindt yn an
Wir woln hie bleiben stille stan,
Sich bindt yhn so auff das auch lielt
Das ehr nicht widr hinnuuder feldt,
Leui. Nun ziecht mit vieis, nu ziecht doch fluck
Hüy ziecht doch fort, huy noch ein ruck,
Man muss annehmen, dass Levi gethan hat, wie ihm
geheissen wurde, und aus der Grube spricht. Sie verlangen
von Joseph, dass er die Hand erhebe und schwöre (Vnd reck
derhalb zwen finger auff), sich für ihren Knecht auszugeben.
Man muss annehmen, dass er es thut; aber er öffnet in dieser
ganzen Scene nicht den Mund: nur Juda und Levi reden.
2. Drei Kaufleute reden unter einander: Gespräche, wie
sie Kaufleute führen mochten, die von der Messe nach Hause
ziehen, werden nachgebildet. Der Verkauf. Beschluss, dem
Vater den Rock durch einen Knecht zu schicken. Es reden
nur der erste und zweite Kaufmann, Juda, Levi.
3. Jacob und der Bote.
IV. 1. Josephs Dankgebet zu Gott, Bitte für den Vater. —
Potipliar lobt ihn : noch nie habe er mit einem Knechte solches
Glück gehabt. Er muss ,ausreysen ytzt vnd mahnen gelt*:
setzt den Joseph zum Schaffner ein; lässt seine Frau holen:
Sich wo sie bleibt glic sich darnach
Vnd kunib du selbs baldt wider auch,
Deutsche Studien 207
Die kleine zundbuchs breng mit dir •
Darzu den spies nu gehstu schir,
Abschied von der Frau, Namens Mecha (moecha).
2. Monolog der Mecha.
Vor war ich weis nicht was ich mach
Mir leit ym sinn ein seltzam sach,
Darmit ich lang bin gangen vmb
Ich kau nur nicht darhinder kumb,
Mein herr der hat ein knecht aldo
Der leit mir stets ym sinn also,
So mechtig sehr, zu tag vnd nacht
Sein schön gestalt allein das macht,
Ich denck so mancherley bey mir
Zu yhm mehrt sich altag meyn gihr
Mein hertz, muth, sin, vnd all gedanck
Ich werd zu letzt noch werden kranck,
Dan wo ehr mir nicht wirt zu theyl
So ist dahin mein trost vnd heil,
Wiewol ich bsorg icli wers ein mall
Vorsuchn, es sey gleich wen es wöl,
Ich will yhn eins vorsuchn damit
Ehr thus nu gleich aber thues nit
So las ich doch so baldt nicht ab
Bis ich yhn vberredet hab.
Ich hab doch sunst vorwar kein rüg
"Vnd hets auch schir am besten fug,
Gleich eben ytzt zu dieser frist
Dye weil mein herr zu haus nicht ist,
Sich nue ehr kumpt ytzt gleich zu mas
Wie möcht myr doch geschehen bas,
3. Joseph ermahnt die Dienerschaft zur Arbeit, erblickt
die Frau:
Sich liebe frawe stehst du aldo,
Mecha. Ja Joseph lieber diener mein
Ach wen dirs gfiel vnd möcht gesein,
Ich hett mit dir zureden was
Ich wil dir sagen warlich das,
Sol dir nicht schaden, warlich nein
So du thust nach dem willen mein,
Dein schöner leib, dein angesicht
Zu tag zu nacht mich sehr anficht,
Joseph. Ey liebe fraw l)ehiit mich Gott
Vnd dich darzu für solcher that.
Wie kümbstu darauff ymmerdar?
208 Scherer.
Mecha. Dem schön g-estalt die inachts vorwar,
Ach .Joseph lieber diener zart
Ich bitt dich ytzt auff dieser fart,
Wolst dich yn meinen willen geben
Es sol vorwar bey meinem leben,
Vorschwigen bleiben stetticklich
Es sols kein men.sch erfaren nicht,
Joseph. Ach fraw las mich mit dem zu fried
Vorwar vorwar ich thu es nitt.
Vnd ob dus gleich vorschweigen wilt
Dis alles doch bey mir nicht gilt,
Die gunst des lieben herren dein
Darüber auch die trewe mein,
Dis alles mir viel lieber ist
Mecha. Gedenck das du alleine hye bist.
Allein bey mir vnd niemandts mehr
Es soll dir sein on als gefehr,
Horts doch noch sichts kein mensch vorwar
Joseph: aber Gott sähe es. Mecha: lass dich doch nicht
so bitten. Josepli: wenn er auch ihren Willen thäte, so hätte
er keine Ruhe in seinem Gewissen darnach; der Herr habe
ihn zum Schaffner gemacht, solle er sein Vertrauen so niiss-
brauchen. Mecha setzt ihm von Neuem zu, er weigert sich
wieder.
Mecha. Wolan .Joseph so sag ich zwar
Ich hab mirs fiirgesetzt so gar,
Hab mirs so gantz gebildet ein
Es kan vnd mag nicht anders gsein,
Vnd wiltu nicht gern, so must du baldt
Joseph. Ach fraw du thust mir hie gewalt,
Man muss annehmen, dass er zugleich entflieht.
Mecha. O Zeter zeter mein grosses leidt
Ihr lieben knecht yr lieben meidt,
Wo seidt yhr doch, ist niemandt do?
Seruus. Ach liebe fraw wie schreistu so?
Ancilla. Ey liebe fraw was ist dir nott?
Mecha. O wlie o whe erbarm es Gott,
Ich bin doch kaum das dartf ich sagn
So sehr erschrocken all mein tag,
Sern US. Wir hat dir den nur leidt gethan?
Ach liebe fraw, das zeig vns au.
Deutsche Studien. 209
Mecha. O Joseph das dirs Gott vorzey
Bistu deim Herren so getrew,
Sern US. Was hat denn Joseph angericht?
Ach sag vns das, Vorhalts vns nicht,
Mecha. Ach leider leider meyner elir
Ancilla. Das wolt Gott nu vud niimmermer,
Mecha. Ehr bodt mir an ich weis nicht was
Ob ich ym wolt zusagen das,
Ach wer doch nur zu haus mein herr
So acht ichs aber nicht so sehr,
Zu letzt ehr mich noch zwingen wolt
Das ichs ym yo vorheischen solt,
Ich schem mich das ichs sagen soll
Ancilla. Ach liebe fraw gehab dich wol,
Sich dort kumpt schon der herr vorwar
Sich ist ers nicht? ehr ists yo zwar,
4. Anklage gegen Joseph. Potipliar ertheilt den Befehl,
ihn zu suchen, zu binden und gefangen zu setzen. Das ge-
schieht hinter der Scene, muss man annehmen.
5. Pharao erzälilt seinen Traum, drei Magi nach der
Reihe wissen ihn nicht zu deuten. Pincerna erzählt von Joseph;
Pharao schickt nach ihm.
6. Joseph kommt, Pharao erzählt den Traum noch einmal,
Joseph gibt bescheiden die Deutung. Pharao macht ihn zu
seinem nächsten Rath. Er möge hinein gehen, die Amtleute
bestellen, die Korn aufschütten sollen, und dann wieder her-
auskommen. Unterdessen lässt sich Pharao seinen besten Rock
holen :
Geh breng mir raus mein besten rock
Dich mein ich dort, Hüy geh doch fluck,
äussert weitere Freude über die sinnreiche Traumdeutung und
ergeht sich in Josephs Lob.
Bring her vnd leg yhu bey mir nidder
— nämlich den mittlerweile geholten Rock: diesen schenkt
er nun dem rückkehrenden Joseph, macht ihn zum Herrn
,Wol vber gantz Egypten landt' und gebietet ilin zu ehren.
Es ist mein ernst nierckt das
Wir woln nu gehn vnd essen was,
210 Scherer.
V. 1. Jacob schickt seine Söhne nach Aegypten.
2. Dankgebet Joseplis: er sieht seine Brüder. Rüben
bittet um Getreide und gibt Auskunft über die Familie. Joseph
erklärt, er müsse den Jüngsten sehen; Simeon Geisel; Auftrag
wegen des Geldes an den Dispensator. Die Brüder reuig;
Joseph, der ihre Reden hört, gerührt; aber äusserlich rauh,
Dispensator wird in einem kurzen Monolog nicht klug aus
Josephs Verfahren.
3. Jacob, Rüben, Juda. Sie verlangen, dass Jacob ihnen
den Benjamin mitgebe.
4. Die Brüder in Aegypten ankommend, werden nach innen
gewiesen zur Bewirthung. Joseph allein, das Herz will ihm
brechen: Betrachtung und Gebet zu Gott. Gibt dem Dispen-
sator neue Instructionen.
5. Rüben übergibt Jacobs Geschenke und erbittet sich
Simeon.
6. Dispensator untersucht die Säcke nach dem Becher:
Bindt auff last sehn, Hie i.sts alls schlecht
Hie ist auch nichts, was hast den du?
Es ist noch gutt, Wie sichstu so,
Du wirst yhn habn, was gilts wolan
Du siehst mich gleich so sawer an,
Ich findt noch nichts, es war dir gutt.
Las sehn bint auff ob du yhn best
Es war dir wol das aller pest.
Wolan ich werdt yhn finden noch
Ja steckt ehr hye yn diesem loch,
Nu secht ihr schelm yhr bösewicht
Wie yhrs so fein habt aus gericht,
Nu schickt euch baldt yhr müst wyderumb
Ihr müst für meinen lierrn kum,
Ehr wird euch lernen was gilts wolan
Ihr solsts (1. solts) nicht habn vorgebens gthau,
Mein herr ich breng sie all mit eyn
Die letzte Zeile, mit welcher schon wieder Joseph an-
geredet wird, ist im Druck etwas weiter von den vorangehenden
abgerückt. Es folgt nun die Erkennung.
7. Die Brüder bei Jacob, ,Deus' gebietet ihm nach Aegyp-
ten zu ziehen. Das Wiedersehen zwischen Jacob und Joseph
wird sehr kurz abgethan.
Deutsche Studien. 211
Im Epilogus wird Joseph auf Christus, gedeutet und seine
Behandlung von Seiten der Brüder auf die gegenwärtige Be-
drängniss des göttlichen Wortes, das Gott aber gerade so
schützen werde, wie einst den Joseph. —
Der vierte Act, wie Jedermann sieht, ist bei weitem der
interessanteste; aber wie seltsam häufen sich die Ereignisse:
zwischen IV. 4 und IV. ö müsste nothwendig Actschluss
eintreten. Der Held ist klärlich Joseph, nicht Jacob und
dessen Söhne im Allgemeinen, wie der Titel will. Uebrigens
kommen diese Söhne, mit Ausnahme von Benjamin, alle zu
Wort: Dan, Gad, Isaschar sind dem ersten; Äser, Neptalim,
Sebulon dem fünften Act, Scene 2, vorbehalten; im dritten
Act sprechen nur Juda und Levi; sonst auch Simeon und
oft Rüben.
Die Geschichte Josephs ist einer der wichtigsten Dramen-
stoffe des sechzehnten Jahrhunderts; oft und oft behandelt;
fast der einzige, in welchem Liebesleidenschaft zum Ausdruck
kommt. Viele Schauspiele dieses Inhalts zeigen sich auf den
ersten Blick unter einander verwandt. Ein vorläufiges^ aber nicht
untrügliches Kennzeichen der Verwandtschaft liefert der Name
von Potiphars Frau. Sie heisst nur ,des hoffmeisters frow'
bei Hans von Rute (1538), ,die Haußfraw Potiphars' bei Sixt
Birck (1539); aber Sephirah bei Crocus (aufgeführt 1535,
Widmung von 1536; Sephirach in Bitner's Uebersetzung 1583),
Diether (1544; siehe A. D. Biographie 5, 164) und Rhodius
(Anfang des siebzehnten Jahrhunderts), Sephira in einem
Schweizer Stück von 1540 (von Jacob Rueff? Weller Volks-
theater S. 153) und bei Schonaeus, Sophora bei Thiebold Gart
(1540; siehe Gesch. des Elsasses ^ S. 265): natürlich überall
derselbe Name und direct oder indirect auf Crocus zurück-
gehend. Sie heisst ferner Aegla bei Macropedius (1544); Se-
raphim bei Martinus Balticus (1556; siehe A, D. Biogr. 2, 33);
Jezabel bei Brunner (1566; siehe A. D. Biogr. 3, 447; Anz.
f. d. Alterthum 1, 61); Misraia bei Aegidius Hunnius (1584;
Misraria in Höe's Uebersetzung 1602); Potiphora oder Poti-
phera bei Puschmann (1592), Schlayss (1593) und Goezius
(1612); Medea bei Voidius (1618).
Der Name Mecha findet sich ausser in dem vorliegenden
Stück noch bei Leschke ("1571) und Gassmann (1610).
212 Scherer.
Was M. Andreas Gassniann, den Ludimoderator zu Roch-
litz, betrifft, so sagt er ausdrücklich in der Widmung an die
Kurfürstin Sophie zu Sachsen (datirt aus Rochlitz aui Tage
Andreae 1609), dass er die Historie des Patriarchen Joseph,
welche Aegidius Hunnius in zwei lateinische Comödien gebracht,
,in eine Deutsche Comoediani, dem gemeinen Manne zu gute,
nicht zwar de verbo ad verbum, so viel zu solcher action von
nöthen gewesen, zu trausferiren und einzubringen' sich unter-
wunden habe. Dieselbe sei vor sieben Jahren, Mittwochs nach
Trinitatis 1603 zu Rochlitz von ihm agiret worden. Sie wird
dann im Prolog nochmals als das Werk des Aegidius Hunnius
bezeichnet. Und das bestätigt die Vergleichung im Allgemeinen
durchaus. Aber der Verfasser hat gewiss noch andere Stücke
daneben benutzt; Einiges erinnert an Brunner, Anderes muss
er, wie den Namen Moecha, aus Leschke oder dem alten Magde-
burger Stück entnommen haben: so wenn bei der Untersuchung
der Säcke mit jedem Einzelnen nach der Reihe gesprochen wird.
Leschke seinerseits verhehlt in der Widmung (Zum liauban
11. Februar 1571) auch nicht, dass er das Stück ,ausz etlichen
Alten weitleufftiger geraachten spielen kurtz gefast', setzt aber
hinzu: ,Vnd doch mit viel, vnd fast raehrertheils newen Reimen'.
Er hat aber hauptsächlich die Arbeit von Major und Grefi'
benutzt, wie eine Uebersicht lehren mag. Er kürzt die Vor-
lage z. B. in dem Monolog von Mecha:
Fürwar ich weisz nicht was ich mach
Mir leid im sinn ein grosse sach,
Des newen knechtes schön gestalt
Macht mir gedancken mannigfalt,
Ja wo er mir nicht wird zu theil
So ist dahin mein trost vnd heil,
Ich wil jm freundlich sprechen zn
So lang bisz er mein willen thn,
Es schickt sich gleich zu dieser frist
Dieweil mein Herr abwesend ist,
Dort seh ich gleich den Knecht her gehn
Wie könd mir besser je geschehn.
Im Folgendon sind ungenaue Reime gebessert und das
Metrum geglättet. — Stellenweise linden wir Thiebold Gart
herbeigezogen: so im ersten Act, wenn ,Beria' den Joseph zu-
recht weist, wenn das Essen den Uebelthätern nicht schmeckt;
Deutsche Studien. 21o
SO in IL 5. 6 Schenk und Bäcker von Pliarao ins Geföugniss
geschickt, Joseplis Traumdeutung-; so IV. 8 die Gespräche der
Brüder auf der Heimreise. In II. 7 heisst es, nachdem Pliarao
das Urtheil über die Gefangenen gefällt hat: ,IIie mag von
wegen zufelliger gefahr und schand das hencken des Beckers
nachbleiben etc.'. Diese Henkescene findet sich bei Gart.
Der fünfte Act enthält folgende Scenen:
1. Deus und Jacob wie im Magdeburgei- Stück.
2. Zwölf Engel, jeder sagt vier Verse; sie sind beauftragt,
Jacobs Haus und alle frommen Menschen überhaupt gegen
die Teufel zu schützen.
3. Beelzebub, Schwartz Nickel, Vielzuthun, drei Teufel.
Beelzebub gibt ihnen Auftrag, den Jacob auf seiner Reise nach
Aegypten nicht passiren zu lassen. Vielzuthun erklärt aber:
O well es ist zu lang geharrt
Sie sind mit Eng'eln gar verwart.
4. Jacobs Ankunft in Aegypten: darin wieder Gart benutzt.
5. Joseph zeigt Phai'ao den Tod seines Vaters an. Pharao
bezeigt sein Beileid.
Ob V. 2. 3 Leschke's eigene Leistung sind oder aus einer
besonderen Quelle stammen, konnte ich bis jetzt nicht er-
mitteln. Auch bei Goezius wird der abziehende Jacob von
Engeln begleitet, die sich in ihren Gesprächen darüber aus-
lassen, dass sie ihn gegen die Teufel zu schützen haben.
Leschke's Verse sind ziemlich gut; er setzt in der Kegel
kein schwaches e in die Hebung, höchstens im zweisilbigen
Wüit zu Anfang des Verses, wo schwebende Betonung möglich.
Hiermit führt er nur durch, was sich bereits grossen
Partien des Magdebui-ger Stückes nachrühmen lässt.
In der That halte ich den Unterschied des Versbaues für
das wichtigste Kriterium, um die beiden betheiligten Verfasser
zu erkennen, die ich vorläufig nur mit A und B bezeichnen will,
indem ich A für die guten, B für die schlechten Verse ver-
antwortlich mache. Leider ist es nicht immer möglich mit
Sicherheit schlechte oder gute Verse zu constatiren; die TJeber-
lieferung erweist sich als unzuverlässig in Bezug auf Tilgung
odei- Setzung des schwachen e; Einendationen nach dieser
214 Scherer.
«
Richtung' sind erlaubt und müssen fortwährend vorgenommen
werden.
Der Prologe wäre im Allgemeinen wol A zuzuschreiben,
aber es findet sich Köning : zu ging, ein Versschluss feischlich
vorklagt.
I. 1. setzt entschieden B ein:
O Herr Gott wer kati so reichlich
Ehren, loben vnd preisen dich,
Vor all deine gnad vnd wolthät
Die deine güthe vns erzeigt hat, u. s. w.
Es folgen Versschlüsse wie der gnad dein, der schlang
list, erzürn (d. h, erzürnen) thüt, die Syndtilüt, wasser hin-
fürdt (hin führte), allem vnrecht, zu alt war, gefürt fein, vör-
lassn (verlassen) dich, zu vberfaln kam, erschin klär, erretst
mich, und angst stund, und gnad fündt, die sterck gab. Wieder-
holt -lieh in zweisilbigen Wörtern. So vier Seiten lang, auf
der fünften mit dem vorletzten Absatz aber fängt deutlich
A an; blos die vier letzten Verse der Scene möchte man eher
wieder B zutrauen (was bin ich : gantz reichlich).
Die Betheiligung beider Autoren lässt sich hier sehr gut
erklären. Was ich A zuschreibe, ist der ursprüngliche Bestand
dieses Monologes; er enthält alles AVesentliche, was B durch
autobiographische Rückblicke nicht verbessert; und so werden
wir B noch sonst kennen lernen, er hat eine Neigung redselige
breite Gebete, Betrachtungen, Monologe einzufügen.
Sehr eigenthümlich ist die Art, wie B Verse mit klin-
gendem Ausgang behandelt. Man kann zweifeln, ob sie tro-
chaisch oder ganz barbarisch mit dem Ton auf den letzten
schwachen Endsilben zu lesen sind: jedenfalls aber sind die
Silben nur gezählt, die Zeilen dürfen nicht länger als die
stumpfen sein. Z. B. :
Nicht allein (1. alleine) hast getragen
Sondern ylin auch lasn zusagen
Das solt vom weib geborn werden
Der erlöst was wer auff erden
Trochaische Lesung könnte man für wahrscheinlicher
halten, weil dabei die Zahl der unnatürlichen Betonungen ver-
mindert wird. Aber in Fällen, wie die folgenden, scheint die
Deutsche Studien. 21.)
Silbenzalil ganz mechanisch dui'ch die Schreibung hergestellt
zu sein, und es ist kaum denkbar, dass die je zweiten Zeilen
des Reimpaares anders als mit Auftact gelesen wurden:
Das sein sam gemert solt werden
AVye Stern am hyml vnd sandt der erdn, —
Alle volcker sollen werden
Welche seindt auft' dem kreis der erdn,
Wozu ich noch aus I. 2 ein Reimpaar füge, in welchem
der erste Vers Auftact haben muss :
Wir habu gebeten Gott den Herrn
Das ehr vns bewar bey ehren.
Ohne Schwanken schreibe ich I. 2. 3. 4 dem B zu, von
dem auch sicherlich die ersten Verse des zweiten Actes her-
rühren: mindestens bis Z. 14 ,newlich'. Darnach aber kommt
A wieder und vollendet nicht blos die erste Scene, sondern
den ganzen Act. Mit der Einsilbigkeit der Senkung nimmt
er es oft nicht ganz genau, z. B. anders dahinden; aber stets
sind es wirklich leichte Silben, die er so verwendet. Ein
Reimpaar scheint die Zweifel zu heben, die uns über den
Autor des Prologs noch geblieben waren: ,
Du vnderstundst dich etlicher ding
Als werstn vnser K'öm'ng
In der ersten Zeile ein Versschluss mit zweisilbiger Sen-
kung, in der zweiten zwar nicht dieselbe Unregelmässigkeit,
aber doch eine Unregelmässigkeit in demselben Worte ,Köning',
das der Prolog mit versetzter Betonung gebraucht.
Zu dem Fehlen der letzten Senkung vgl. Ich günne
(1. günn) ym doch das maul kaum; ferner aus III. 2 Darnach
die wahr wirt abgehn (b 5); Weistu was dir das kleidt sol
(b 6); IV. 5 Last euch mein sach ein ernst sein (c 4'); Ein
wort zu reden macht het (c ^). Auch die Senkung nach der
zweiten Hebung fehlt zuweilen: Kom her zu mir hör mein
wort (c 6'); Es ist mein ernst merckt (1. mercket) das (d 1).
Ganz vereinzelt in dem Stück ist ein sonderbarer Doppel-
reim, den sich A auf Bl. b 1 gestattet:
So woln wir yim zu einr grubn (1. einer gruben; tragen
(Wir müssen aber darnach lügen sagen)
21G Scherer.
Durch den unreinen Doppelreim muss der Verfasser die
fünf Hebungen für entschuldigt gehalten haben. Er macht
sonst dem Principe der Silbenzählung insofern eine gewisse
Concession, als er klingende Zeilen weit seltener zulässt wie
stumpfe; und da einzelne dieser klingenden Ausgänge noch
oft durch Schreibung stumpf werden, so kann man zweifeln,
ob das nicht für alle durchzuführen wäre.
Auch im ganzen dritten Act kann ich nur A erkennen.
III. 1 (b 3') ist zu lesen: Wir wollen (statt: wolln) yn vor-
käuffen so mehr: man darf ,vorkauffn'^ schreiben. Eine wirk-
liche Nachlässigkeit muss III. 2 (b 6) vorliegen: Das sol vnser
entschuldigung sein; entweder ,vnser entschuldgung' oder ,vnsr
entschuldigung'.
IV. 1 wird durch einen Monolog Josephs von B eröffnet.
Eine Zeile wie ,ln die grübe worflfen sie mich' könnte A nie-
mals schreiben. Es sind Versschlüsse vorhanden wie zum
besten than hast, vber hüb fast, vorlest nicht, angenem sey, sehen
hyn^in. Auch die Betonung tröstlich (: dich) ist uns schon be-
kannt. Ebenso treten die merkwürdigen klingenden Reimpaare
wieder auf, nur nicht mit derselben silbenzählenden Pedanterie
geschrieben; z. B.
Doch du mir erhielst das leben
Sie dir nicht kontten wider streben,
nach der früheren Methode wäre ,strebn' geschrieben.
Aber alles Uebrige in dem Act hat A verfasst. Die
Schlusszeile von IV. 5 ist die schlechteste: .Sich nu des hoflf-
meisters knecht kümpt'. Aber A und B gebrauchen das Wort
,hoffmeister< zweisilbig, wir dürfen den Vers daher mit fehlen-
der letzter Senkung lesen. In c 8 ,Die körn sollen schütten
auff' kann man annehmen, dass ,korn' Hebung und Senkung
füllt (Anz. f. d. Alterth. 1, 251); vgl. d 8 ,Sie sacken ytzt
das körn schon'; e 2 ,Vnd dencket nicht das zorn sey'.
V. 1 ist von A. Der letzte Vers wol zu lesen ,Las dirs
yn des auch wöl ghdn.
V. 2 im Ganzen von B, vgl. besonders die Reime ehr :
brüder, brüdern : ehrn, zornig : güttig. Doch möchte ich die
Rede Josephs (Vorwar vorwar nu hör ich frey), so wie die
Rede Rubens (Wolan yhr brüder dencket zu) dem A zu-
schreiben (auch möglicherweise die Reden Neptalims, Sebulons,
Deutsche Studien. 217
Joseplis d 4, aber so kleine Stücke geben keine Sicherheit).
In jener Rede Josephs beg-eg-net das Anrufen einzelner Per-
sonen, das sonst in Partien des A auftritt: ,Wolan komb her,
dich mein ich dort' (Sinieon ist gemeint) ,Du solst hie bleiben
ytzt bey mir Bis das sie kommen widder schir^
Von V. 3 an schwindet die Sicherheit; im Ganzen glaubt
man A zu hören, aber es finden sich einzelne bedenkliche
Zeilen, die er sich früher nicht erlaubte. Darf man die in der
Vorrede bezeugte Eile anschlagen, mit der das Stück verfasst
wurde und die auch den besseren Dichter gegen den Schluss
hin wider Willen unsorgfältig machen musste?
In V. 3 findet sich zweimal der Versanfang , Vorwar vater.'
Noch schlimmer ist der Versschluss in den Zeilen ,So soll die
schuldt alle mein sein' (1. ,all mein' oder ,all meine'?) und
,Der almechtig Gott der geb euch' (beide d 5'). In V. 4 steht
die Zeile ,Ist ehr gstorben aber lebt ehr noch' (d 6) und kehrt
in V. 6 (e 2) buchstäblich wieder; aber vielleicht ist sie doch
nach e 3 ,0b ich gestorbn aber lebe noch' zu emendiren.
Scene V. 5 beginnt mit einer Rede Rubens, worin ,Wolst
dir lassen vorschmahen nicht', ,Datell vnd mandel schenck wir
dir' und auftactlos , Balsam, hönig, würtz vnd rayhr'. Im
Uebrigen gut; hervorzuheben die letzte Zeile: ,Nu hats mit
vns kein fehl nit'.
In V. 6 stimmt zunächst wieder ,Das woldt der liebe
Gott nit' sehr gut zu der Autorschaft von A. Aber ,Ei-zeiget
so grosse wolthat'? Vielleicht , Erzeigt so grosse wolthät'.
Schlecht sind die Versschlüsse e 2 dicht hinter einander ,zü
haus ein : allein mein sein' (aber vgl. den entsprechenden Vers
d 5' Sc. V. 3 ,alle mein sein', wo soeben ,all' vorgeschlagen
wurde), ,niäg frey sein'; und die allerdings vorhandene Mög-
lichkeit, auch hier fehlende letzte Senkung anzunehmen, mag
man nicht so oft benutzen. Gleichwol spricht immer noch für
A die überwiegende Wahrscheinlichkeit: denn dass sich B
gegen den Schluss dieser eiligen Arbeit so verbessert haben
sollte, ist sehr wenig glaublich; auch finden wir ihn S. e 2'
mitten in Josephs Erkennungsrede mit seinen Eigenthümlich-
keiten wieder. Er mag etwa bei dem ungefügen Verse ,Dein
lieber son Joseph saget so' begonnen haben; gleich nachher
klingende Zeilen ohne Auftact; Versschluss ,als (d. h. alles)
Sitzungsber. d. phil.-hist. Ol. XC. Bd. II. Hft. 15
218 Scherer.
was dein ist', der an sich nichts mehr beweisen würde; eine
schwere Zeile wie ,Ich wil dich vorsörg-en zu dieser frist';
sehr beweisende Versschlüsse wie , habet gethän', , vordient
hatt^; ferner Betonungen wie brechen, Jegen, vorgebe, lieben
l)rüder, Gott behüt dich. Auftactlose stumpfe Zeilen sind eine
neue Freiheit, die er sich nimmt: ,Hab euch hertzlich lieb
vorwar', ,Gott behüt euch all zu mal^ Der Monolog Josephs,
welcher die Scene schliesst, beginnt noch mit dem Reime
ewiglich : so frölich; aber das Uebrige ist wieder A gemäss,
so dass dem B hier nicht viel mehr als eine Seite zuzu-
schreiben wäre.
Auch V. 7 beginnt mit den glätteren Versen von A;
einen Versschluss wie ,wehr langst tödt' muss man sich ge-
fallen lassen; die Zeile ,0 Joseph aller liebster sön mein' mag
verderbt, das Wort , aller' interpolirt sein. Auch der Rest ge-
hört wol A; doch müsste auch er sich dann in der Rede
Gottes an Jacob zweimal trochaische Zeilen gestattet haben:
,Jacob, Jacob, sage (1. sag) ich dir', , Joseph sol die äugen
dein'. Man würde sich schwer entschliessen, wegen diesei-
beiden Verse noch einmal B eingreifen zu lassen.
Auch der Epilog muss aus der Hand von A hervor-
gegangen sein; nur dass dieses letzte Stück im Machwerk noch
schlechter wird: die zweisilbigen Senkungen treten noch stärker,
die trochaischen Zeilen noch häufiger (in der je ersten Zeile
der drei Abschnitte regelmässig) auf; auch zweisilbiger Auftact
scheint zugelassen ; aber schwaches e tritt nur einmal sicher
in die Hebung ,Worumb aber' (wie V. 3 Vorwar vater) und
die Versschlüsse sind gut bis auf einen, den man aber wol
emendiren darf: , Christas (1. , Christ', vgl. ,Jesus Christ' e 7)
Jhesus vnser Heiland'; die schi-eckliche Betonung , Christus
Jhesüs vnser Heiland' kann jedenfalls vermieden werden;
nähme ,man ^nsr Heiland' an, so vergliche sich ,dem Köning'
des Prologs.
Dagegen ist das Akrostichon sicher — so weit hier über-
haupt von Sicherheit geredet werden darf — von B. Ein ver-
rätherisches klingendes Verspaar ist ganz nach dem zu I. 1
bespruchcuien wunderlichen Schema gebaut und geschrieben:
Gl;iul)Pii woUöii aber fas.sen
Inii griiudt yhrs liertzeii wurtzoln lassn
Deutsche Studien. 219
Dazu die Betonungen: ,Rein von hertzen', ,A11 erkennen',
,das vorley', ,Re\v vnd leidt vorley', ,EwigerS ,Frölich^ Das
Alles in sechsundzwanzig Zeilen. —
Die Betheiligung von B an dem Stücke ist nach Allem
eine ziemlich geringe. Die Hauptsache hat A gemacht; von
A rühren insbesondere die Scenen mit Potiphars Weib her.
Merkwürdig ist dabei eine gewisse Verwandtschaft der Anlage
mit dem Joseph des Crocus. In beiden Stücken ein Monolog
der Frau, worin sie ihre Leidenschaft für Joseph kund gibt;
hierauf gleich das Liebesattentat; in beiden eine Lobrede
Potiphars auf Joseph; bei Crocus schilt Sephirah einen Diener
und heisst ihn an die Arbeit gehen; bei Major und GrefF thut
es Joseph: ,Nu geht von stadt wie steth yr so?'
Aber an Benutzung des Crocus durch die Magdeburger
ist nicht zu denken; ebenso wenig das Umgekehrte. Es wieder-
holt sich der Fall, den ich bei den Dramen vom verlornen
Sohn beobachten konnte (QF. 21, 50): die ältesten Stücke
sind gleichzeitig und weisen auf eine noch ältere gemeinsame
Quelle, ein weit verbreitetes Drama sacrum, zurück. Für den
Stoff des Joseph muss der Monolog von Potiphars Weib vor
der eigentlichen Liebesscene und das Loben Josephs, das
Schelten des Gesindes — satirische und contrastirende Cha-
rakteristik der anderen Diener gegenüber Joseph — zu den
typischen Bestandtheilen gehört haben.
Wer nun ist A? Und wer ist B?
Ich halte mich gleich an das Nächstliegende. Joachim
Greff zeigt auch bei Ham's Andria Neigung zum Akrostichon;
der Name Major's geht vorauf, folglich hat ihm die Höflichkeit
Greff's den Vortritt gelassen; folglich ist Greff der Verfasser
des Akrostichons, er ist B, er ist der weniger betheiligte und
der schlechtere Versmacher.
Auch wenn wir das Akrostichon nicht hätten, müsste es
leicht sein — so sollte man denken — durch Vergleichung
der Metrik in Greff's eigenen Stücken festzustellen, welcher
Autheil an dem Magdeburger Spiel ihm zufällt.
Aber die Sache ist sonderbarer Weise nicht so einfach.
Greff's Werke von 1540 bis 1546 stimmen allerdings genau
zu unserem B; sie sind auch meist sorgfältiger corrigirt, so
dass an der strengen Silbenzählung, an dem schwachen e in
15*
220 Scherer.
der Hebung, an den schleciiten Versschlüssen mit schwerer
letzter Senkung, an den auftactlosen klingenden Zeilen kein
Zweifel bleiben kann. Selbst in dem Lazaruslied (154G) finden
sieh Verse wie ,Vnser erster vater Adam', Scansionen wie
verstorbenen, und die klingenden Verse müssen hier augen-
scheinlich durch Betonung des schwachen e stumpf gemacht
werden, z. B.
Der vmb der sünd willn gestorben
Dardurch er vns gnad erworben
Helff vns durch sein aufferstelmng
Welch ist vnser rechtfertiguug.
Aber die der Zeit nach nächsten Nachbarn des Magde-
burger Stückes können nicht ohne weiteres dem Typus B zu-
geschrieben werden. Allerdings auch nicht dem Typus A.
Bios das Lied von der Welt Sitten (1537) ist rein und tadellos
accentuirt; aber was beweisen sieben Strophen? Die sieben
ersten Strophen des Lazarusliedes sind fast ebenso gut, wenn
man nur den Eigennamen grössere Freiheit vergönnt.
Lisofern könnten Aulularia, Zusätze zu Harn, Judith und
Mundus dem A beigemessen werden, als darin in der That
nicht mechanisch gezählt wird und die in Hebung gesetzten
schwachen e seltener auftreten als bei B und in Greff's Werken
von 1540 ab. Auch das mehrfach nachweisbare Fehlen der
letzten Senkung würde stimmen. Allein die zahlreichen zwei-
silbigen Auftacte und schweren zweisilbigen Senkungen, die
auftactlosen Verse, die mehrfach begegnenden fünfmal gehobe-
nen Zeilen, der durchgängige Mangel an Fluss und Glätte ent-
fernen uns bestimmt von A. Man nehme z, B. aus dem Prolog
der Judith Verse wie ,Was mag aber bessers auff erdn [ Was
mag bessers sein oder erhört werdn' und dann wieder ,Auff
das wir möchten sein^; aus der Aulularia b 5' ,Sie komen offt
vnd borgen leuchter, ' Hackmesser, bratspies, den morser^
Es sind nur ein paar Beispiele von vielen. Für B dürfen dann
geltend gemacht werden klingende Reimpaare wie (Aulul. d 6'j:
Wie düiu'kt dich doch, du liörests gern
Es sol dir nicht so gut werden
Jud. b 5' Das wir dis volck schlalien sollen
Wir stelteu vus gleich wie wir woltn
I
Deutsche Stadjen. 221
Mund, b 5 Sehern dich jnn des hengers namen
Hästu sorg die fues möchtn dir verlamn
Dazu Reime und Betonungen wie Jud. d 4' beer : Egypter,
seer : reutter; b 8
Wenn sie vns mit jm kriegeten
Drümb weit dauon ist am besten
Mund, b 5 Der heilose Pawr vbersetzt so sehr
Mit seinem verkeuffn den armen bürger
Wenn ich demnach bei der Meinung bleibe, unser Greff
sei B in dem Magdeburger Stück, so muss ich doch daran
die Vermuthung knüpfen, da B näher zu den Dramen seit
1540 stimmt: die Reihe Aukilaria bis Mundus sei älter als
Jacob und seine Söhne. Nehmen wir das an, so findet natur-
gemässe Entwicklung statt. Greff wendet sich in seinem An-
theil am Jacob den strenger gezählten Versen zu. Wenigstens
für die Aulularia lässt sich glücklicherweise meine Annahme
über jeden Zweifel erheben: sie ist noch in Halle übersetzt.
Strophilus hat den Topf gestohlen und ruft aus (V. 4): ,Wer
ist zu Hall so glücksehger man Dem itzt der liebe Gott so
viel guts gan?'
Sollte man Anstoss nehmen an der langen Pause, welche
zwischen dem Magdeburger Stück und dem Abraham ent-
stünde, so ist darauf hinzuweisen, dass nach Greff's Angaben
vom Jahre 1540 der Abraham und der uns verlorene Isaac be-
reits vor zwei Jahren, d. h. 1538, fertig waren.
Greff fühlte sich also, wenn ich recht vermuthe, durch
den Erfolg des Jacob, an dem er nur geringen Antheil hatte,
ermuntert, ältere Arbeiten zu veröffentlichen; und der erste
neue Plan, zu dessen Ausführung er Hand anlegte, war eine
Erweiterung des Jacob zu einer dramatischen Geschichte aller
drei Erzväter.
Eine sprachliche Untersuchung des Jacob führt nicht weit.
Georg Major ist zwar ein Nürnberger, aber früh nach Sachsen
gekommen. Durchgreifende sprachliche Gegensätze sind inner-
halb des Jacob nicht vorhanden.
Dagegen unterscheidet sich B im Stil merklich von A;
ich hob schon die lehrhafte Redseligkeit des ersteren hervor,
und sie ist bei Greff leicht wiederzufinden.
Züi Scherer.
Uebersicht von Greffs Leben und Werken.
G-eboren in Zwickau, durch Stephan Roth gefördert;
1528 immatriculirt in Wittenberg, wo er vermuthhch Georg-
Sabinus, Georg Major, Heinrich Hani, Erhard Milde ^ kennen
lernte und noch im Sommer 1531 sich aufhielt (Luther Br.
6, 576); dann zu Halle im Schulamt, traf er 1533 mit Georg
Sabinus daselbst wieder zusammen. Wahrscheinlich hatte er
schon die Uebersetzung der Aulularia, die Zusätze zu Ham's
Andria, die Judith, den Mundus fertig, als er nach Magdeburg
übersiedelte, wo er 1534 gemeinschaftlich mit Georg Major
das Spiel vom Patriarchen Jacob und seinen zwölf
Söhnen verfasste. Sein Antheil daran ist nicht gross: von
einzelnen Versen abgesehen, der erste Act, der Monolog Josephs
IV. 1, im ganzen V. 2, eine Seite innerhalb V. 6 und das
Akrostichon.
1535' erschien zu Magdeburg und aus Magdeburg datirt
die Uebersetzung der Aulularia und Ham's Andria mit
den Zusätzen, Auf der Rückseite des Titels ,Cyprianus Vom-
melius Phrysius, candido lectori Salutem^ Hierauf Widmung
Greff's an Stephan ,Rott^: er suche nicht seinen. Ruhm mit
diesen ,Rithmis', sondern wolle zur sittlichen Veredlung wirken,
,die weil ich sehe, das itzt (welchs Gott geklagt) gute künste,
alle erbarkeit vnd redligkeit, alle gute sitten vnd zucht . . .
so gar verachtet, geschendet vnd nachgelassen werden'. Die
Schauspiele geben Exempel des Lebens, jeder soll sich das
für ihn Passende herausnehmen; so sei das gegenwärtige Plauti-
nische Stück gegen den Geiz gerichtet. So wollten auch
unsere Vorfahren mit dem Spiel der Passion zu Andacht und
Frömmigkeit reizen, mit S. Dorotheen-Spiel zum Ausharren
bei Gott und seinem göttlichen Wort. , Solch ein spiel ist auch
gewesen von des heiligen Johannis des Tauffers enthaubtung,
vnd viel andere mehr, wie jederman bas weis, denn ich sagen
kan.' (Vgl. die obigen Verse aus der Susanna.) Man sollte,
um die Comödien mehr in Ansehen zu bringen, sich dankbarer
' Auch Paul Rebhnn niuss sicli um dieselbe Zelt in Wittenberg aufge-
halten hal>en; im Album finde ich nur ISG*" Paulus Rebiger Sprutauianus
Dioc. Vratislavien. 1 octob. (lö'29); ist er das? — Sabinus 148"; Major
40" (vgl. Voigt Briefw. Albrechts von Preusseu S. 425).
Deutsche Stadien. 223
gegen die, welche sie anrichten, und gegen die Histriones
erzeigen; denn ,Was nichts kost, das gilt nichts'. Aber man
soll auch ohne Aussicht auf Gewinn den Nutzen seiner Nächsten
befördern.
Darnach neue Klagen über die Verachtung der guten
Künste; nur in den Schulen glimme noch ein Fünklein davon
in der Asche: die Comödien sollen helfen ihn wieder anzu-
schüren. Die Eltern, welche ihre Kinder agiren sehen, werden
vielleicht zur Liebe der guten Künste gebracht und sehen ein,
dass der Knabe, der sich auf der Bühne bewährt, dann noch
grössere Beredtsamkeit erlangen und einer Stadt, ja einem
ganzen Lande nützlich werden kann. ,Vnd on zweiuel solt
solchs deste nützer sein, wo solche spectakel . . . nur oflfter
denn wol geschieht, wie jnn dem Nidderlandt, fast alle Sontage
gehalten wurden': da würde manche Gotteslästerung, Totschlag,
Saufen, Fressen unterbleiben.
Endlich ein Seitenblick auf lose Tractätlein, von grossen
Herren geschrieben, ,des sie sich billich scheinen solten, doch
des selbigen gros rhum vnd ehre haben wollen'. Hierauf das
Persönliche für Stephan Roth (oben S. 195).
Greff hat die Aulularia mit der Ergänzung des Codrus
Urceus im Ganzen ohne Zusätze oder auffallende Verände-
rungen übertragen. Aber Sittenschilderung reizt seine Pro-
ductionslust. In der Scene HL 10 (III. 5), wo Megadorus
seine Sparsamkeitsrede hält, welche Euclio bewundert, ist das
Bild römischen Frauenlebens durch ein deutsches ersetzt: der
Wagen fällt weg, an die Stelle von belagernden Handwerkern
ist das beliebte unerschöpfliche Thema des Putzes und der
Moden getreten. Die reiche Frau braucht , gülden stück, seiden
gewandt'.
Seht, schmückt sich doch Jens Schneiders weib
Sie kaufft so wol auff jren leib,
Als eben ich, vnd ofFt villeicht
Viel besser kleider, viel schöner gemecht,
Von perln gestickt, von sammet vnd seidt
Von kettn vnd anderm silber geschmeidt.
Die reiche Frau macht Anspruch auf das Beste von
Silber und Gold, Ketten, Gürtel, Borten, Ringe.
224 Scherer.
Ob si wol hat zehn rock im haus
Vom besten gewandt das machts nicht aus,
Erst wil sie haben von Damasck ein rock
Dazu ein gebrehm von gülden stück,
Noch ist es nichts, dann wil sie han
Noch zweymal mehr von jrem man,
Von Adlas gut, vnd auch Karteg
Bringt sie noch viel mehr rock zu weg
Aber sie will noch mehr: Schleier, Stirntuch, eine goldene
Haube, eine PfafFenschaube, ,ein newe kürsch^ Damit nicht
genug-; sie braucht reichlich Dienerschaft, wie bei Plautus:
zwei Mägde, Knechte ,die sie zuweiln fürn auffm schütten'.
Megadorus fasst seine Ansichten dahin zusammen:
Wo aber das geld der freyher ist
Da ist nichts guts zu aller frist,
Vnd wo auch Doctor SIEMAN regiert
Kein gut Regiment da nimmer wird.
Auch sonst hat Greff seine Vorlage nationalisirt und
localisirt. Bei Plautus will Megadorus guten alten Wein
schicken, Euclio aber trinkt nur Wasser (III. 6). Bei Greff
bietet Megadorus ,ein gute lagel Maluasier^ an und Euclio
zieht , Hellisch hier' vor. Lyconides verlangt die von ihm ver-
führte Tochter Euclios zum Weibe ,Nach dems all Keiserliche
recht beschreibn'. Die Fides, die für Euclio Schatzhüterin
sein soll, wird durch S. Niclaus ersetzt, der sich aber ebenso
wenig bewährt:
Ich meint S. Niclaus wer ein fromer man
Furwar es ist kein wort nicht dran,
Vnd hett er noch so ein grawen bardt
So ist er doch ein schalck von art
Die Betheuerung des Lyconides ,ita me eiiciat Diespiter'
cet. ist ersetzt durch ,So schlag mich todt S. Mertens pferd'.
Die Heiligen werden natürlich nicht ohne protestantische Ten-
denz so verwendet. —
Ueber die Zusätze zu Ham's Andria siehe oben S. 199.
1536 erschien zu Wittenberg die Judith, Widmung an
die Fürsten von Anhalt, aus Wittenberg 28. September jenes
Deutsche Studien. 225
Jahres datirt. Den Fürsten von Anhalt gegenüber, welche die Re-
formation in Dessau eingeführt hatten, vergleicht er die Tyrannei,
unter der das göttliche Wort jetzt leide, mit der Tyrannei des
Holofernes; aber er meint, ,der liebe Gott werde den Gotlosen
Hoiofernem, durch seine liebe Judith, durch jr bekentnis, ehe
man es meinet, einmal stürtzen vnd vmbbringen^ Prolog und
Epilog schärfen Glauben und Vertrauen auf Gott ein. Das
Wort Gottes sei jetzt sehr verbreitet:
Mau sclireibts, man lists, man singts vns für
Man sihts gemalt an jdermans thür,
Es wird gepredigt vberall
Man spilts vns auch für zum offtermal
aber das Alles helfe nichts. Wir seien so ungläubig wie Türken
oder Heiden. Gott werde das auf die Länge nicht dulden, es
wird uns wie dem Holofernes ergehen.
Diese Judith ist die älteste mir bekannte dramatische
Behandlung des Stoffes, schwerlich die erste. Vgl. Sixt Birck
1539 (lateinisch Dramata sacra, Basil. 1547, Bd. 2 S. 207),
woraus mit Erweiterungen ein anonymes Stück, Strassb. 1564,
hervorgegangen; Hans Sachs 1551 (Keller 6, 56); Schonaeus
Terent. christ. (Amstelod. 1646) 1, 296; Martinus Bohemus
1618; unbekannt ist mir Sam. Hebel 1566 (Goedeke S. 335
Nr. 385).
Der Stoff hat die selbstschaffende Phantasie wenig an-
geregt. Alle wesentlichen Uebereinstiminungen gehen auf die
Bibel zurück; nur ein paar Scenen zeichnen sich aus und
scheinen typisch: wie Achior angebunden wird und das Gelage
vor Holofernes' Ermordung.
Die Anbindung und Losbindung Achiors stellen Alle,
ausser Hans Sachs, etwas breiter dar; näher verwandt zeigen
sich dabei Schonaeus und Bohemus (Schon. I. 3. 4. S. 304;
Boh. I. 4. S. 20). Bei Greff (L 3. II. 1) ist sie recht lebendig
ausgeführt; freilich dreht sich der Dialog der beiden Wächter
um die Frage, ob dem Gefangenen die Hände hinten oder vorn
gebunden werden sollen und ob die Stricke fest halten. Dann
aber, nachdem sie geflohen sind, werden uns in Bethulia Nathan
und Joach als Gegensätze vorgestellt: jener ist besorgt, dieser
getrost; jener fürchtet die Absperrung der Brunnen, dieser würde
226 Scherer.
auch dann noch nicht verzweifeln, mahnt zur Thätigkeit statt
müssigen Stehens;
Huit last vns schiessn vnser püchssn ab,
Last vns selbs machu ein freien mut
Es wird noch alls wol werden gut,
Wir müssn vns dennoch auch hören lassn
Vnd nicht so gar für jn erblassen.
Das leuchtet dem Nathan ein, sie wollen die Brunnen
besichtigen gehen und sonst recognosciren.
Mein zoch der helt kein fewer mehr
Lang du mir dieweil deinen her,
Der schuss sey den Assiriern gschenckt
Da bemerkt er den Achior: ,sihe lieber wen hat man da
gehenckt? Er lebet noch/ u. s. w.
Schon in einer früheren Scene I. 2 wird das Kostüm des
Kriegswesens unbefangen wie hier verletzt. Rabsaris, Feldherr
des Holofernes, sagt: ,Wir woln heut gut vnd ehr erwerbn
Aber (oder) wie die frommn Landsknecht sterbn, Wir habn
geschworn vnserm König vnd herrn^ . . .
Das Gelage des Holofernes wird bei Hans Sachs und
Bohemus hinter die Scene verlegt. Bei Birck und Schonaeus
ist es allgemein, die Hauptleute dabei, die sich im Trinken
messen; in Greff's Auffassung sitzen Holofernes und Judith
allein zu Tische, der Verlauf des Mahles wird genauer ge-
schildert. Zuerst Händewaschung aus Einem Becken mit einem
kleinen höflichen Etikettstreit:
Holof. GreifF ein vnd wasch dich freulein schon
Judith. Gnediger Herr das wil ich nicht thun
Sold ich mich ehr waschn denn der herr mein?
Holof. Wolan so greitf wir miteinander ein.
Dann setzen sie sich nieder; während sie essen, kann,
wie eine lateinische Bühnenbemerkung sagt, Instrumentalmusik
eintreten, aber nur kriegerische.
I
Deutfche Studien. 227
Holof. Nu freulein zart traun leg für dich
Judith. Ach herr wil nicht verseumen mich.
Dann trinkt er ihr zu, sie ihm; er lobt den Wein und
seine Lustigkeit steigert sich:
Nu duncket mich jnn meinem sin,
Das mir jnn langer zeit nicht ist
Solchs widderfarn wie zu dieser frist,
Das mir so schmecket trinckn vnd essn
Ich hab schir alls meins leids vergessen,
Zart frawlein fein ich halts verwar
Dein schön gestalt die machts so gar
Es wird dann wieder Wasser gebracht und die Hände
gewaschen: ,post apponuntur secunde mense, bellaria^
Holof. Sihe zart fraw noch dis apfelein
Wie ist es doch so hübsch vnd fein,
So rot, hübsch vnd lüstiglich
Ach schönes freulein ich bitte dich,
Du wolsts von meinet wegn essen
Der trew wil ich dir nicht vergessen,
Judith. Ey warümb nicht gnediger herr
Ja wens auch etwas anders wer,
Holof. Das mustu danck haben ewiglich . . .
Nun merkt er, dass er zu viel getrunken hat: ,ich hab
ein guten spietz^, bittet, sie möchte noch ein kleines Trünklein
thun; sie hat aber jetzt , vorwar genung^
Die allmälig wachsende Trunkenheit des Holoternes ist
entschieden im Sinne einer schauspielerisch dankbaren Aufgabe
gedacht. Ueber die ganze Scene ein Hauch von ungeschickter
Zartheit verbreitet; Holofernes verlangt nicht einmal einen
Kuss wie bei Birck und Schonaeus. Schon früher klingt es
wie Schüchternheit eines Knaben, wenn der Eunuch Bagoa die
Judith zu Holofernes holen soll und zu sich selbst oder, wie
die Bühnenanweisung sagt, ,ad spectatores quasi' spricht:
Ich mus midi traun bedencken wol
Wie ich die fraw an.sprechen sol,
Wie ich sie liübsch sol reden au
2i£Q Scher er.
Auch Holofernes drückt sich zwar zu Bagoa sehr deutlich
aus: er solle das Ebreisch Weib ihm bringen:
Denn du weist es ist ein schandt,
Es ist ein schand bey den Assiriern
Das ein solch weib sold nicht bschlaft'n wem
Von vns, vnd sold so kommn daruon
Vnd sold ein man genarret han ' —
Aber hier folgt er der Bibel, und wie dann Holofernes
, quasi secum loquitur', da klingt es ganz anders:
Die hoffnung hab ich gantz zu jr
Sie wird es nicht versagen mir,
Dann ja drey tag für vber sein
Darin sie gebetten hat (wie ich mein)
Das ich sie wold alleine lassen
Mir verlangt vber die massen,
Sie kumpt sie kumpt das weis ich
Ich weis vnd gleub es festiglich,
Diese naive Sehnsucht und Hoffnungsseligkeit ist gar
nicht dramatisch angemessen, wo es sich um die Charakteristik
des Holofernes handelt; aber sie ist ein unwillkürlicher Beitrag
zur Charakteristik des Autors. —
Im Jahre 1537 erschien wieder in Wittenberg und aus
Wittenberg datirt, dem Georg Sabinus gewidmet: ,Mundus. |
Ein schöns newes kurtzes spiel von der Welt j art vnd
natur'. Ohne Act- und Sceneneintheilung. Das Wort WELT
ist immer so mit grossen Buchstaben geschrieben. Das Thema
ist aber die bekannte Fabel vom Vater und Sohn mit dem
Esel, die es Niemand recht machen können, welcher von ihnen
auch auf dem Thiere reite, ob sie beide reiten, ob sie beide
' Hans Sachs (Keller 6, 73):
Wann in dem assirischen land
Wers einem mann ein grosse schand,
Ein solch weib iinbeschlatten lassen.
Wenn sie in narret solcher massen.
Icli führe die Stelle an, weil vielleicht Jemand Lust hat, die
Frage daran zu knüpfen: ob Haus Sachs den Greif benutzte? Das Ori-
ginal lautet (Jud. c. 12): ,Foedum est enim apnd Assyrios, si femina
irrideat viram agendo, ut immunis ab eo transeat'.
I
Deutsche Studien. 220
nebenher gehen, ob sie endlich den Esel tragen. Die Fabel
ist auch von Sebastian Wild, aber ganz anders, dramatisirt,
abgedruckt bei Tittmann Schauspiele aus dem sechzehnten
Jahrhundert 1, 209. Greff hat damit eine Satire auf alle
Stände verbunden, in der Art der älteren Lehi-spiele, wie sie
Gengenbach und noch Wickram (Treu Eckart) verfassten,
worin meist ein Einsiedel den verschiedenen Lebensaltern oder
Ständen gute Lehren gibt (siehe Wagner's Archiv 1, 494).
Auch hier steht ein Einsiedel im Mittelpunkt: der Vater hat
böse Erfahrungen in der Stadt gemacht, in der er wohnte, und
so zog er sich vor mehr als zwanzig Jahren nach dem Tode
seiner Frau mit seinem Sohn in die , Wüstenei', in die , Wildnisse
Darüber unterrichtet er uns in einem Monolog; aber der hinzu-
tretende Sohn möchte die Welt, über deren Bosheit er den
Vater so viel klagen hört, doch kennen lernen. So ziehen sie
mit ihrem Esel aus und erleben die bekannten Abenteuer,
nach denen sie beschliessen, wieder in die Wüstenei zurückzu-
kehren. Die Moral ist: Du sollst Welt Welt lassen sein. Prolog
und Epilog wird durch Morio gesprochen, das Ganze durch
ein ,Lied von der Welt Sitten' (mit Melodie) geschlossen.
Dem Vater und Sohn begegnen nun zwei Bauern, dann
ein Bürger, ein Mönch, ein Landsknecht, ein Edelmann. Die
andern Stände, die sich nicht persönlich vorgestellt haben,
liefert der Vater in kurzen Betrachtungen nach: Papst, Kaiser,
Bischof, Cardinal, König, Grafen, Fürsten und Herren. Im
Anfang scheint Greff noch an complicirtere scenische Einrich-
tung gedacht zu haben, die Bauern treten im Dialog auf,
klagen über die Betrügereien der Kaufleute und Wirthe,
rühmen sich ihrer Rache durch hohe Kornpreise, faule Eier,
verwässerte Milch u. s. w. Der Bürger aber klagt in einem
Monolog über die Bauern, und ebenso in Monologen klagt der
Bettelmönch über ,des Luther's Lehr', die seinen Stand in
Misscredit bringe, so dass sie im Kloster Noth leiden; der
Landsknecht klagt über einen bevorstehenden Friedensschluss;
der Edelmann über die V^ermiscliung der Stände, die Ueber-
hebung der Bürger, die Kleiderpracht der Bürgerweiber. Ueber
Mönch und Landsknecht gibt der Vater dem Sohne besondere
Belehrung, mit dem , Junker' lässt er sich in längere Ausein-
andersetzung ein. Kurz, man sieht, dass Greff die allzu grosse
230 Scherer.
scenische Eintönigkeit älterer derartiger Sj^iele zu vermeiden
suchte.
Er hat ohne allen Zweifel die Erzählung von Hans Sachs
,Der wald-hruder mit dem esel. Der argen weit thut nyemandt
recht' (Keller 4, 300; Einzeldruck in Gotha, Weller Nr. 212,
vgl. 91) vom 6. Mai 1531 benutzt, wo auch ein Waldbruder
mit einem etwa zwanzigjährigen Sohn der Held ist, auch er
hat sich aus der arglistigen bösen Welt geflüchtet, und der
Sohn denkt Tag und Nacht darüber nach, ,was doch die weit
nur möcht gesein'; zuletzt kehren beide in den Wald zurück.
In der Folge der Abenteuer schliesst sich Greff jedoch
ganz an Boner Nr. 52 an: zuerst reitet der Vater, während
Hans Sachs wie Poggius zuerst beide gehen lässt. Doch stimmt
es zu Hans Sachs, wenn die beiden Gehenden ein Kriegsmann
tadelt, den reitenden Alten ein Bauer, die beiden Tragenden
ein Edelmann. Die beiden Reitenden kritisirt bei Hans Sachs
ein Bettelmann; den hat Greff 's protestantische Tendenz in
einen Bettelmönch verwandelt.
Es ist ganz in Hans Sachsens Weise, einen Kriegsmann
die Verwunderung aussprechen zu lassen, dass der Esel über-
haupt nicht benutzt werde, dies aber nicht weiter zu accen-
tuiren. Greff muss es ausführen, indem er seinen ,Miles'
sagen lässt:
Das reitten wehr dir ja bequemer
Vorwar wenn der Esel mein wehr,
Ich wehr ein narr, wenn ich jn sparn wolt
Ich wolt jn reittn, das er rauchn snlt,
Er solt mit mir von stedten gan
Aber die pocken soltn jn bestan.
Bei Poggius imd Hans Sachs muss der Esel schliesslich
das Leben lassen. Auch bei Greff hat der Sohn Lust, ihn zu
erschlagen, gibt aber den verständigen Gegenvorstellungen des
Vaters Gehör. —
In den bisher genannten Dramen Greff's sind Personen-
verzeichniss und Bühnenanweisungen lateinisch; im Abraham
und Lazarus beides deutsch; im Zacheus die Personen latei-
nisch, die scenischen Anweisungen deutsch.
Den Abraham und Isaac hatte Greff 1538 fertig. Der
Abraham, für uns der einzige Rest der Drei Erzväter,
Deutsche Studien. 231
erscliieii im Jahre 1540 mit einer langen Widmung theologischen
Inhalts (,Datum Wittemberg etc.') an Kurfürst Johann Friedrich
von Sachsen ^als meinen Gnedigsten Landsfürsten vnd Erb-
herren' (b 1). Greif nimmt an, dass diese seine Historien der
drei Erzväter Abraham, Isaac und Jacob vor dem Kurfürsten
gespielt werden würden (b 5) wie in den letzten Jahren der
Johann Hus (von Agricola), die Judith (von Greif selbst) und
zuvor ,das spiel von Ertzvater Jacob vn seiner zwelfi" sone' (das
wohlbekannte Magdeburger Stück).
Die Erzväter werden als Vorbilder der Beharrlichkeit im
Glauben hingestellt, der Kurfürst mit Abraham verglichen.
Man sei Gott Dank schuldig, dass jetzt wieder viele grosse
Fürsten und Herren täglich selbst mit Gottes Wort umgehen
und es nicht blos , grossen Bischoffen, Verthumbten vnd Ir-
regulirten Herren, Faulfresigen Gotlossen münchen, Vngelerten
verruchten Pfaffen' überlassen, ,wie vor zeiten vnter des Bapsts
des Teuffels reich geschehen'.
Auf die Widmung folgt noch eine weitere Vorrede ,Dem
Leser', worin er sich, wie oben erwähnt, auf Valien Voith und
Hans Tirolf bezieht und den Nutzen der dramatischen Spiele
hervorhebt. Und dahinter verzeichnet er ,die Personen aller
dreier Historien', woraus man auch auf die Umarbeitung des
Jacob einige Schlüsse ziehen kann.
Ich hebe hervor: ,Der erste fusgenger, Avelcher Joseph
jrrende findet auff dem felde; Der Henger; Des hengers knecht;
Potiphar priester zu On; Asmath seine tochter, die braut;
Der braut mutter; Drey Egyptier, welche klagen von wegen
der tewren zeit; Drey Ertzte, welche Jacobs leib salben zum
begrebnus; Drey ander Egyptier, welche leid tragen mit Joseph
vber seinen Vater Jacob'. Wenn man oben Leschke ver-
gleichen will, so zeigt sich bald, dass die Erweiterungen zum
Theil nach derselben Richtung gehen, vielleicht auf Grund
des selben Musters, Thiebold Gart's. Eis ist aber kein Anhalts-
punkt zu der Vermuthung gegeben, Leschke habe nicht das
alte Magdeburger Stück, sondern Greff's neuen uns verlorenen
Jacob vor sich gehabt.
Nachdem hierauf noch einmal die Personen des Abraham
aufgezählt sind, schliesst sich erst ,Die Vorrhede' des ,Actors',
acht Seiten lang, an; sie gibt aber nur das Argument.
232 Scherer.
Das Stück selbst ist äusserst breit; es folgt beinahe
sklavisch der Bibel und behandelt c. 12 — 24 der Genesis;
bleibt einmal ein Capitel weg-, so tritt der Actor auf und er-
zählt es; derselbe erlaubt sich auch sonst, selbst mitten in der
Scene, erläuternde Bemerkungen und am Schlüsse zieht er die
nöthigen Lehren aus dem Ganzen. Die selbständige Erfindung
des Dichters ist auf einen ganz engen Kreis eingeschränkt.
Knechte und Mägde scheinen ihn besonders zu interessiren.
Eine sehr wunderliche Scene ist III. 5, zwischen Genesis
20, 7 und 20, 8 eingeschoben, wahrscheinlich zur Charakte-
ristik der schrecklichen Nacht, in welcher Gott Abimelech den
Tod drohte, falls er Sara nicht zurückgäbe. Es werden uns
vorgeführt ,Zwen Kauffleut die irre gehn'. Sie sind vielmehr in
der Nacht irre gegangen und haben sich eben wieder zui'echt
gefunden, ergehen sich in Recapitulationen:
Ich danck es Gott zu dieser frist
Das es doch nur tag worden ist,
Solcher nacht bescher vus ja Gott
Nicht vil, vorwar es wer mein tod,
Für angsten stürb ich gewislich ....
Ich mein wenn der Mond hett gethan
Wir solten recht sein Icomen an.
Der Mond halff vns an meisten zwar
Weil er scheinet so hell vnd klar,
So war es ja so greslich nicht
Wie dünck dich aber vmb die licht?
Die in dem feld zu rings vmb her
Schwirmten die gantze nacht so sehr?
Der Erste. Was solt mich dunckn? Darbey war zwar
Nicht vil gutes sag ich vorwar,
Das horstu an dem heulen wol
Ich habs gesehn zum offtermal,
Frag nichts darnach. Bins gwonet nu
Der Ander. Ich aber töcht traun nicht darzu.
Der Erste. Gewonheit thut vil bey der sach
Ey ey, Weistu was ich itz lach ?
Der Ander. Traun nein ich zwar, Hui sag mirs fluck
Der erst. Das du heint fielst so vbern stock,
Das gfiel mir doch so raechtig wol
Deutsche Studien. 233
Der ander. Das macht das ich zum selben mal
Vber mich an den himel sach
Zelet die stern, vnd fiel darnach,
Der erst. Ja wiltu nauff an himel sehn
Vnd siehst den stock nicht für dir stehn?
Der ander. Wolan ich wil dir das jtz porgn
Man spricht. Der darff für gspot nicht sorgn,
Der den schaden hat entpfangen
Lieber las dir nicht verlangen,
Du kompst mir wider, Was gilt es?
Der erst. Vorwar so bald ichs nicht verges.
Der ander. Ey schweig nur still. Was leit daran
Wil sehn wie ich mich rechen kan.
Was gilts? Ich wil bezaleu dich
So wol vnd besser denn du mich?
Typische Neckerei, vom Leben abgeschrieben. Bemerkens-
werth aber auch, dass Naturerscheinungen in den Kreis des
Dramas gezogen sind, was nicht häufig im Schauspiel des
sechzehnten Jahrhunderts begegnen wird.
Einigermassen empfunden ist IV. 4 Hagar und Ismael in
der Wüste.
Am Ende von V. 4, wo Sara begraben wird, tritt der
Actor ein und macht darauf aufmerksam, dass bis dahin Isaac
ein Kind war, nunmehr aber erwachsen sei (Abraham und
Isaac treten auf): ,Da kompt Isaac hat ein bard^ Dies sei
zur Ermahnung gesagt, damit Niemand irrthümlieli meine, es
gebe zwei Isaac: ,Nein, es ist einer nur allein' u. s. w.
Wie in der Judith wird die Phantasie des Dichters am
meisten angeregt, wo es sich um Bewirthung, um Essen und
Trinken handelt. So VI. 2 ff. (das Stück hat sechs Acte),
wo der werbende Knecht bei Bethuel ist. Betliuel sagt zu
seinem Weibe (vgl. Gen. c. 24, 33):
Huy liebes weih etwas zuricht
Zum ruckbisleiu bis malzeit wird
Der knecht. Der hunger mich noch nichtcs jrt . . .
Siwui.ij.-bei. d. phil.-hibt. Cl. XC. Bd. H. litt. 10
234 Scherer.
Nu richten Kemuel vnd Ha so [Bethuels Brüder] den tisch zu
vnter der leuben für der thur, vnd die mutter bringet das essen.
Der Knecht lässt sich erst von einem Knaben die Stiefel
ausziehen und wird dann an den Tisch genöthigt.
Der knecht. Ich solt mein hendt für gwaschen liau,
Bethuel. Sich da, da hastu wasser nu
Zum briider.
Hass lieber greiff ein wenig zu,
Vnd lang dem gast das wasser her
Der knecht. Ey sol das wasser halten er?
Haso. Das schadt mir nichts traun nein es zwar
Bethuel. Zum andern bruder.
Lang her daselbst das handtuch dar.
Mutter. Ey nein. Hie seh wager Kemuel
Nim hin ein new gewaschne quehl.
Was wolstu mit der schwartzen thun
Der k u e c h t. Warzu sol all das gepreng nu ?
Bethuel. Mein weib das kan stetz prangen so
Mutter. Du must mich aber liönen do
Nun endlich kommt der Knecht mit seiner Botschaft zu
Tage und erzählt ihnen Alles von Abrahams Auftrag bis zum
Zusammentreffen mit Rebecca, was wir schon wissen (vgl.
c. 24, 34—49).
Nachdem die Sache umständlich abgemacht, sagt der
Knecht:
Wolan wolan Gott lob vnd ehr,
Ach das das wüst der herre mein
Bethuel. Ich wündscht das er bey vus solt sein,
Der knecht. Wenns müglich wehr, er thets wol gern
Neben dem lieben jimgen herrn,
Mutter. Wie geths jm denn? Ach zeigs vns an
Deutsche Studien. 235
Dei' kuecht. Es geht jm wie eim schwachen man,
Wies alten leutteii pflegt zugehn
Bethuel. Den son den möcht ich gerne sehn,
Der knecht. Es ist ein feiner heldt vorwar
Ich redts on alle lügen zwar.
Dein tochter die sol an jn han
Ein aitserwelten fromen man,
Es ist in jm ein Erbar gmüt
Der liebe Gott jn stetz behüt.
Mutter. Wie gehts der alten matter denn
Der knecht. Die wird nii schir wider auft'stehn,
Mutter. Ey lieber aber ist sie tod?
Ach gnad jr ja der liebe Gott,
Wolan wir sein all sterblich zwar
Am Schluss der Scene ordnet Bethuel grosse Bewirthung-
der Gäste an, und VI. 3 finden wir die Mutter mit drei Mägden
in Berathung-. Sie ist gerade ungerüstet, hat kein Wildbret,
weiss nicht, wo sie welches kriegen soll^ da die Gäste so spät
gekommen sind, müssen sie eben für lieb nehmen. Eine Magd
bittet die Frau, zu sorgen, dass das Essen nicht lang-e beim
Feuer stehen muss, sonst verliert es Geschmack und Ruch;
eine andere erinnert sich, dass sie die Gastbetten noch machen
müsse, ,abgewürtzet' fgeräuchert) hat sie bereits und sonst
Alles in Kammern, Küche und Kellern bestellt: sie ist nämlich
Schliesserin und Bettfrau.
Gegessen wird aber drinnen im Haus; VI. 4 lungert ein
Knecht ,auf der Strasse' herum, ein anderer weist ihn zurecht,
sie prügeln sich, eine Magd kommt dazu, der Oberknecht u. s. w.
Im Gegensatz zu unserer obigen Erfahrung an der Mag'de-
burger Susanne müssen wir hier eine wirkliche Decoration vor-
aussetzen: Strasse vor einem Haus mit Laube.
In der nächsten Scene VI. 5 ist es schon Morgen. Die
Mägde sind aufgestanden, die eine hat Zweifel, ob es den
Gästen geschmeckt habe? Diese hätten indessen viel ,tranck-
gelt' gegeben u. s. w. VI. T) recapituliren auch dio Brüder:
Kemucl. Ein guten spitz hast nechten du.
IG*
236 Scherer.
Haso. Ja zwar es feit dir aucli nicht weit.
Kemuel. Ich hab dich traun in langer zeit,
Neulich so freilich nicht gesehn
Das darfif ich mit der warheit jehn
Haso. Weistu nicht viel bessr ist on sorgn
Ein abend stetz dan gleich drey morgn
Ein Gepolter im Hause bedeutet, dass die Gäste aufge-
standen seien. Bethuel kommt, fragt: ,Ists noch in der fasten
oder wie?' Haso versichert, er habe noch nichts getrunken u. s. w.
Allerlei Spässe. Die Gäste wollen reisen (VI. 7), Bethuel be-
steht darauf, sie müssen erst essen. Die Mutter wünscht ihre
Tochter noch länger im Hause zu behalten, aber der Knecht
Abrahams möchte fort und Rebecca mitnehmen:
Nu redet er die rautter sonderlich an, welche die äugen
wuscht vnd er hertzet sie.
Das mutterlich hertz wie geths dem
Sichstus gern das ich sie mit nem?
, Hertzliebe fraw stell dich zufried
Ich wil gern hören deine bit . . .
Er schlägt die Bitte aber doch ab. Der Abschied geht
unsäglich breit vor sich. Die Mutter kann es vor Weinen
schliesslich nicht länger aushalten und geht ins Haus.
Die Redseligkeit Greff's kennt hier keine Grenzen. Dabei
ist eine Manier unleidlich ausgebildet, die er schon sonst hatte:
wo es den Reim bequemer macht, erlaubt er sich ohne weiters
Wiederholungen, oft ganz sinnloser Art, z. B.
Vorwar man dich verratten hat
Den (1. Dem) König dieses Landes (1. Landta) so drat
Dem König dieses Landts (1. Landes) hier,
Hat man gewis gesagt von dir,
Von dir vnd deiner schönen gstalt . . .
Von wannen her, Auch woher du
Hast gebracht das weib, das bey dir
Das bey dir ist . . .
Ich bin ein frembder aus Harau
Nu weils denn nicht anders gsein kan,
Weils ia nicht anders kan gesein
Da hastu sie in die liend dein. —
Deutsche Studien. 237
Im Jahre 1541 erschien zu Wittenberg die Vermahn ung
wider den türkischen Tyrannen. Widmung aus Dessau
5. October an Kurfürst Joachirh von Brandenburg: Joachim
hat schon vor Wien gegen den Erbfeind gestritten und jetzt
einen Fürstentag zu Naumburg angesetzt, um Massregeln wider
den Türken zu verabreden. Greff erbittet Gottes Schutz und
Erleuchtung für die zu Naumburg Versammelten und will
durch seine Reime ihre Zwecke fördern. Er hat , durch bitte
vnd vermanung etzlicher guthertzigen , fromen Christen^
(Sabinus?) geschrieben und widmet das Gedicht dem Kurfürsten
,rait radt vnd eingebung etlicher hoher Leute'.
Die Vermahnung richtet sich an die ganze ,Deudsche
Nation', betrachtet die Türken als eine Ruthe Gottes, als
Strafe dafür, dass das Evangelium von Jedermann so ver-
achtet werde; sucht die Gründe der Lässigen oder Sorglosen
zu widerlegen; und warnt vor dem Vertrauen auf Kriegsstärke
und WafFenrüstung: ,Wir wolln an Gottes Wort hangen, Dis
sol vnser Friedeschiidt sein^
Am Schluss ein deutsches Gebet, ein lateinischer Brief
an einen Fürsten mit Nachrichten über die Türken, eine latei-
nische Ode. —
Am 5. April 1543 schreiben Luther und Andere im In-
teresse Greflfs und seiner Bestrebungen nach Dessau (siehe
oben S. 194).
,Dessaw Anno 1544' ist die eifrig protestantische Wid-
mung des Lazarus an die Stadt Halle unterzeichnet; auf dem
Titel steht ,Wittemberg. 1545'. Greff bittet den Rath, das
Stück durch die Einwohner von Halle aufführen zu lassen und
die Kosten zu bestreiten, damit der Artikel von der Auf-
erstehung der Todten den Laien eingeprägt werde.
Ein günstiger Herr und Freund, Prediger oder Diacon
zu Dresden, hatte ihn aufgefordert, auf das elfte Capitel Jo-
hannis eine Action zu stellen. Er zog es vor, den ,Anabion
sive Lazarus redivivus' von Johannes Sapidus (Strassburg
1539) ins Deutsche zu übertragen. Er will damit ein gutes
Beispiel geben, damit auch Andere solche Spiele aus dem
Lateinischen übersetzten: , Warlich ich kan nicht genugsam
aussagen, der ich darzu viel zu wenig vnd vngeschickt bin,
was viel gutes vnd grosses nutzes gescliaffet, der Achtbare
238 Scherer.
vnd Wolwirdige Herr Justus Menius, welcher von dem Baps-
tumb ein schönes Deutsches spiel, aus dem Lateinischen Pam-
machiu, des Thoma Naogeorgii aines trefflichen Mannes auch,
gemachet vnd in dergleichen Reime vertirt hat. One welchen
Herrn Menium , ich doch noch niemand bisher vernoraen,
der etwas dergleichen an tag gegeben, ausgenomen den Mord-
brandj welchen auch obgemelter Herr Naogeorgus wol in
Latein, aber nicht zu Deutsch (wie ich mir hab sagen lassen)
gemacht hat, Welche Deutsche Tragedia doch, sie sey nu wes
sie sey in jren wirden auch wol bleibet^ Dann wendet er sich
noch an alle seine günstigen Herren und Freunde, die deutschen
Poeten, mit der Bitte, Actiones, die ihnen bekannt seien, an
den Tag zu bringen; denn er habe lange keine deutsche neue
Action gesehen, Ueber den Mordbrand (1541) siehe Gottsched
Nöth. Vorr. 1, 85; Goedeke S. 297.
Die nähere Betrachtung des Stückes gehört mehr unter
Sapidus als unter Greflf. Dieser hat, wie er ausdrücklich her-
vorhebt, nichts weggelassen, aber einiges hinzugefügt. Er hat
meist nur die im Originale augedeuteten Motive etwas weiter
getrieben. Er hat an Personen hinzugefügt zwei Mägde, die
übrigen Apostel (zu Petrus, Philippus, Thomas, Judas Ischariot),
die drei Sadducäer und Pharisäer ,so Christi Mirakel sehenden'.
Er hat die Action auf zwei Tage berechnet, gibt aber hinten
Anweisung, wie sie auf einen Tag einzurichten oder über-
haupt abzukürzen wäre. Daselbst macht er auch Vorschläge
über Einschaltung von Gesängen (vgl. Palm Beitr. S. 99),
indem er bestimmte Compositionen nennt. Zugleich ersieht
man, dass er das Stück schon spielen lassen, ehe er es in
Druck gab.
Eine kurze Charakteristik des Originales findet sich Ge-
schichte des Elsasses - S. 295 f. —
Im Jahre 1546 erschien (gedruckt in Zwickau) die Action
auf das XVHI. und XIX. Capitel des Ev. Lucae in drei
Acten, die ich lieber kurzweg Zacheus, wie Greff immer
schreibt, nenne. AVidmung aus Dessau an die Stadt Leipzig,
die ,wolerbawte, ehrliche vnd weitberümpte Kauflfstadt', welche
nun auch die Reformation eingeführt habe und zu der er
allerlei Beziehungen seines Stoffes herzustellen weiss: die
Wechsler, die Christus aus dem Tempel treibt, seien das
Deutsche Studien. 239
Papstthuin, das Leipzig vertrieben, und die Stadt habe jetzt
manchen frommen, bekehrten und christlichen Zacheus.
Zur Datiruug vgl. G 4 ,Ich hab vorm Jar Anno 1544
Historiam Lazari . , . zur Action gefertiget'. Das ist also 1545
geschrieben.
In einem Unterricht an die Actores erklärt er, weshalb
er in dieser kleinen Action so viele Personen gebraucht habe:
weil man jeder Historie ihr Recht thun solle und es der Text
hier so mit sich bringe. Die Wechsler seien als ,Curtisanen,
Anthoni Pfaffen, Sanct Valtins hotten, Münnich vnd Nonnen'
darzustellen. Oder man könne auch ,das gantz Geistlich ge-
schwirm, Babst, Cardinel, Bischoff, mit allem beschornen Hoff-
gesinde' anstatt der Verkäufer und Wechsler einführen, ,da
dann der eine ein sprengkessel, der andere ein Reuchfas,
der Dritte etwas anders in henden haben sal, alles solche
Instrument, Nemlich die zu ihrem Handtwerck, zu ihrem
Babstumb vn Götzen dienst dienen vnd gehörig'. Dass
er die , Bebstier' so dargestellt, ,hat mir vrsach dar zu ge-
geben, der, so die Action vom Zutrentten Concilio gemacht
hat. Da sie dann der Engel Gabriel, vber hals vnd kopff
gleicher weise vom Himmel weg pellirt'. Jede mildere Auf-
fassung weist er zurück, die gottlosen Baalspfaffen seien
nicht zu bekehren, habe man doch neuerlich in Löwen
noch angefangen, den Ablasshandel zu renoviren, anstatt ihn
aufzuheben.
Hiermit deutet der Verfasser gleich auf die verhältniss-
mässig interessanteste Partie seines Werkes hin, die übrigens
gar nicht ausgeführt ist. Das Ganze steht wol noch tiefer als
die früheren Sachen. Wieder interessirt ihn das Gesinde
besonders. Im zweiten Act (Sceneneintheilung fehlt) wartet
Zacheus ungeduldig auf seinen Knecht und klagt über den
Verdruss im Allgemeinen, den man jetzt mit den Dienstboten
habe. Der Knecht entschuldigt sich, er habe eine sehr
wunderbare Geschichte gesehen. Der Herr meint: er habe
wol nur unnütz gewaschen mit einem Kameraden : ,Sage mir,
Wie stets vmb all des Reichs sachenV
Servus. Wolan was sol ich draus machen?
Du schertzt nach deinem alten brauch
240 Scherer.
Zacheus. 80 sags doch her, so weis ichs auch
Ists gut viid walir, so hör ichs gern
Wirdstu aher etwan fidern,
Vnd listiglich betriegen mich
Vorwar vorwar so schlag ich dich
Servus. Ach Herr ich weis du schlegst mich nicht . . .
Er erzählt endlich die Heikmg des Blindgebornen, der
er soeben ,hart bey vnsern garten ... an der eck' beiwohnte.
Man wird doch wohl annehmen dürfen, dass Greff hier ab-
sichtlich die Aufmerksamkeit zu wecken und zu steigern
sucht, indem er den Knecht erst nach Umschweifen mit
seiner Erzählung zu Tage kommen lässt, die freilich nur
eine Wiederholung dessen ist, was sich im ersten Act auf
der Bühne begeben hat. Wie dann Zacheus auf den Baum
steigt, bemerken ihn einige aus den Schriftgelehrten und Pha-
risäern.
Primus. Schaw sihaw, sich einer wunder zu
Warumb steigt der auft' den bäum nu?
See und US. Düncket dich das so wunder sein?
Siehst wie das Mendlein ist so klein,
Ist er doch kaum einer faust gros
Hat sorg das ihn einer vmbstos.
Tertius. Ich halt das er ein querglein sey
Es solde ihn wol einer frey
Mit eim Vogel röhr schissen rab
Mich wundert was er im sin hab, . . .
Das ist ungefiihr das Höchste, wozu sich GreJT's schöpfe-
rische Thätigkeit im Zacheus aufschwingt.
Dem Stücke folgt (g 6' — h 6) ein Lied in vierzeiligen
Strophen, die Auferweckung des Lazarus besingend, die er
aus , Gunst und sonderlicher Zuneigung' zu der Geschichte
noch einmal behandeln wollte, wie er g 4 ,Dem Leser' selbst
sagt. Er wisse zwar, dass es für ein Lied zu lang sei, doch
sei es niemand ärgerlich oder schädlich, sondern vielmehr
nützlich, jSintemal ein yederman dis sagen raus, das es vil
Deutsche Studien. 241
Christlicher vnd seliger ist, den Christen auch vil löblicher
an stehet, von solchen, das ist Geistlichen vnd Christlichen
Historien zu singen. Sonderlich Frawen vnd Junckfrawen, ia
auch noch wol Jungen gesellen, als das sie auswendig lernen
vnd singen, die lieder von Herr Ditterich von Bern, vom
alten Hildebrandt, von Hertzog Ernst odder von dem Ritter
aus der Steyermarck, welche yetz erzalte lieder ia auch zim-
licher lenge. Schweres thon vnd doch nur pul lieder vnd
weltlich sein*.
Indem er ein paar Fehler in dem Drama Lazarus
berichtigt, sagt er: ,ob nu des mehr odder weniger zu
weilen, in solchen deutschen Actionibus gefunden wird, das
buchstaben versetzet odder gar ausgelassen wei'den, kans
ia ein yederman so ehrs nur thun wil obseruirn, seiner
mutter sprach wol helfFen, nachgeben, nach dem sinne lesen,
vnd was ihm mangelt selbs corrigirn, dem Setzer, Drucker,
vnd tichter ein kleinen feil freundtlich zu gut halten, vnd
keinen misgefallen daran haben etc.'
Das Lied ist ohne Noten, es könne gesungen werden
nach der Melodie ,Nu last vns den leib begraben'.
Zuletzt noch einige lateinische Sätze des Hieronymus,
diese in deutsche Verse gebracht, den Gedanken an das letzte
Gericht ausdrückend; darnach eine ,Nota' in Reimen: dieser
Spruch schrecke nur die Gottlosen, dagegen haben wir das
Evangelium und die Hoffnung auf Christus —
Wer an ihn gleubt wird nicht gericht
Er selbs Christus mir solchs verspricht,
Darauff vertröst ich mich so gar
Trutz Teuffei krüm mir nu ein har.
Mit diesen tapferen Worten verschwindet Joachim Greff
unseren Blicken. Von seinem Leben ist nur wenig, von
seinem Sterben gar nichts bekannt. Der Eifei-, mit welchem er
die dramatische Production selbst in Angriff nimmt, die Mit-
strebenden bekannt macht und Andere zu neuem Wetteifer
auffordert, verdient Anei'kennung. Sein dichterisches Vermögen
aber ist gering. Die Motive, die er beachtet und ausführt,
sind nebensächlicher Natur. Die protestantische Begeisterung,
242
Scher er. Dentscbe Studien.
die ihn beseelt, wird nicht erfinderisch. Seine breite Red-
seligkeit, der er sich besonders im Abraham und Lazarus ohne
Einschränkung überlässt, macht ihn oft unerträglich. Kurz, er
ist für die Litteraturgeschichte eher eine Unbequemlichkeit als
eine Freude.
XL SITZUNG VOM 10. APRIL 1878.
Herr P. Benedict Gottwald, Stiftsbibliothekar zu Engel-
berg in der Schweiz spricht im Namen des Stiftes den Dank
aus für die der Bibliothek zugewendeten akademischen Publi
cationen.
Herr Professor Dr. Last ig in Halle übersendet der Aka-
demie mit Begleitschreiben sein Werk: , Entwicklungswege und
Quellen des Handelsrechtes'.
Herr Professor Dr. Leo Reinisch in Wien unterbreitet
ein druckfertiges Manuscript : ,Die Nubasprache, Grammatik,
Texte und Wörterbuch' mit dem Ersuchen um Gewährung
eines Beitrages zur Drucklegung des Werkes.
Von Herrn Dr. Adalbert Horawitz, Docenten der Wiener
Universität, wird eine Abhandlung ,Erasmiana. I' betitelt, mit
dem Ersuchen mii ihre Aufnahme in die Sitzungsberichte vor-
gelegt.
Das w. M. Herr Hofrath von Miklosich überreicht eine
für die Sitzungsberichte bestimmte Abhandlung: , Beiträge zur
Kenntniss der Zigeunermundarten. IV'.
Das w. M. Herr Professor Dr. Hartel legt: ,Emenda-
tioiien zur naturalis historia des Plinius, IL von dem Herrn
Universitäts-Professor Johann Müller in Innsbruck mit dem
Ersuchen um ihre Aufnahme in die Sitzungsbei'ichte vor.
244
Herr Dr. Georg- Martin Thomas, Mitglied der Akademie
der Wissenschaften in München, überreicht das druckfertio-e
Manuscript zur Fortsetzung des ,Urkundenbuchs von Venedig',
dessen Herausgabe er mit Herrn Dr. Gottlieb Lucas Friedrich
Tafel in der Reihe der , Fontes rerum austriacarum' Band
12 — 14, begonnen hatte.
An Druckschriften wurden vorgelegt:
Academie Royale de Sciences, des Lettres et des Beaux-Arts de ßelgique:
Bulletin. XLVII« Annee, 2« Serie, Tome 45, N""* 1 et 2. Bruxelles,
1878; 80.
Central-Commission, k. k. statistische: Statistisches Jahrbuch für das
Jahr 1875. II. Heft. Wien, 1878; 8". — Ausweis über den auswärtigen
Handel der österreichisch-ungarischen Monarchie im Sonnenjahr 1876.
XXXVII. Jahrgang-. Wien, 1878; gr. 4.
Gesellschaft, königl., der Wissenschaften zu Göttingen: Abhandlungen.
XXII. Band vom Jahre 1877. Göttingen, 1877; 4". Göttingische gelehrte
Anzeigen. 1877. I. und II. Band. Göttingen, 1877; 12". — Nachrichten
aus dem Jahre 1877. Göttingen, 1877; 12«.
Halle, Universität: Akademische Druckschriften aus dem Jahre 1877.
62 Stücke; 4» und 8».
Lastig, G. Dr.: Entwickelungswege und Quellen des Handelsrechts. Stuttgart,
1877; 80.
Militär-Comite, technisches und administratives: Militär-statistisches Jahr-
buch für das Jahr 1874. II. Theil. Wien, 1878; 40.
Mittheilungen aus Justus Perthes' geographischer Anstalt von Dr. A. Peter-
mann. 24. Band, 1878. IV. Gotha, 1878; 4".
,Revue politique et litteraire' et ,Revue scientifique de la France et de
TEtranger'. VIP Annee, 2« Serie, Nr. 40. Paris, 1878; 40.
Tübingen, Universität: Zur vierten Säcularfeier im Sommer 1877. Fest-
I)rogramme der evangelisch-theologischen, der juristischen, der katholisch-
theologischen und der philosophischen Facnltät. Tübingen, 1877; 40. —
Urkunden zur Geschichte der Universität Tübingen aus den Jahren
1476-1550. Tübingen, 1877; 4".
Verein, historischer, von Oberpfalz und Regensburg: Verhandlungen.
XXXII. Band, N. F. XXIV. Band. Stadtamhof, 1877; 80.
Miklosich. Beiträge zur Kenntniss der Zigeuneimundarten. IV. 245
Beiträge zur Kenntniss der Zigeunermundarten.
IV.
Von
Franz Miklosich,
wirkl. Mitgliede der kais. Akademie der Wissenscliafteu.
luhalt.
I. Proben von Zigeunermundarten: a) Aus den ungrischen Karpaten. 1. 2.
h) Aus Zombor in Südungern. c) Aus der Bukowina, d) Aus Rumänien.
e) Aus Moskau, fj Aus Suniy in Gouvernement Charkow, g) Aus Sibirien.
h) Aus Armenien.
II. Berichtigungen und Ergänzungen zu ,Über die Mundarten und die
Wanderungen der Zigeuner Europa's VII. und VIII.' XXVI. und XXVII. Band
der Denkschriften. Berichtigungen zu , Beiträge zur Kenntniss der Zigeuner-
mundarten. III.' LXXXIV. Band der Sitzungsberichte.
III. Über die indische Heimat der Zigeuner und die Zeit der Aus-
wanderung dieses Volkes aus Indien.
I. Proben von Zigeunermundarten.
a) Zigeunerisches aus den ungrischeu Karpaten.
J. Mitgeteilt von Herrn J. Kluch, stud. phil. in Wien.
Has p(i)ike, na 1ms jyeske jek raj , the lias les trin rdkle,
Erat sibi, non erat sibi quidam dominus, et erant ei tres filii,
the jek has naj phureder rdklo, the j^hendas peske dadeske : ,amen,
et unus erat natu maximus filius, et dixit suo patri: ,no3
dzaha varekaj mdro the rodele lengo dad phendas: ,ta, dzan,
ibimus aliquo panem quaesitum'. eorum pater dixit: ,age, ite,
cava-le mre!' kana gele, peklas lenge sakoneske and e tansüa
filii meü' cum abirent, fecit eis unicuique in peram
0 märe, pale gele jek dugo drom, the le naj terneder has les 5
panes, tum abierunt unam longam viam, et natu mininio erat ei
246 Miklosich.
naj butter, the pliendas oda naj terneder pral: ,prala-le mre!
plurimum (panis), et dixit ille natu minimus frater: ,fratres mei!
me ada tarUna nastik hirinau, ta angoder andal mri tarlma
ego hanc peram iion possura ferre, et primum e mea pera
cliaha, prala-le mre!' kana cliale, the pale gele jek dugo
edemus, fratres meü' cum edissent, tum iverunt unam longam
drom inke, the pale oda duj prala chanas, u le tritones na dine ;
viam adhuc, et tum illi duo fratres edebant, et tertio non dederunt ;
10 odoles uz na has, the phenel: ,prala-le mre! hoske man na den
illi iam non erat, et dicit: ,fratres mei! cur mihi non datis
the chalf mro mange chalan, u akanak man na den the chaV.
edere? meum mihi comedistis, et nunc mihi non datis edere'.
,the tuke deha jek jak avri the lel, ta daha tut the chal',
,si tibi sines unum ociilura foras sumi, tum dabimus tibi edere',
phende oda duj phüreder prala. the pale leske lue oda jak
dixerunt illi duo natu maiores fratres. et tum ei sumserunt illum oculum
avri, the pale les dine the chal. kanas chale, gele inke jek
foras, et tum ei dederunt edere. cum edissent, iverunt adhuc unam
lö dtigo drom. tli ödoj inke oda duj prala chan, tJi oda trito
longam viam. et ibi adhuc illi duo fratres edunt, et ille tertius
phenel: ,h6skeman na den the chalf uz the mri jak Ulan avri,
dicit : ,cur mihi non datis edere ? iam meum oculum sumsistis foras,
w na den man the chal.' ,the tuke deha oda aver jak avri
et non datis mihi edere.' ,si tibi siveris illum alterum oculum foras
the lel, ta daha tut the chal.' u odova phenel oda naj terneder :
sumi, tum dabimus tibi edere.' et ille dicit ille natu minimus:
,cak manca keren uz, so kamen', pale leske lile avri o jakha,
,modo de-me facite iam, quod vultis'. tum ei sumserunt foras oculos,
20 pale les dine the chal. pale phendas oda hijakhengero : ,lidzan
tum ei dederunt edere. tum dixit ille caecus: ,ducite
man thel kerestoste, talam man vareko vareso podainla'. jon les
me sab crucem, fortasse mihi aliquis aliquid dabit'. illi eum
na ligede thel o kerestos , ale thel jekha sibenicate , th' odoj
non duxerunt sub crucem, sed sub unum patiljulum, et ibi
visinlas jek cindo. the pale odoj avle trin vrani, the akauka
pendebat unus suspensus. et tum illuc venerunt tres cornices, et ita
maskdr peste vakernas: ,ta so mndol ande tri krajnaP ^ek
inter se loquebantur: ,quid auditur in tua terra?' ,una
Beiträge zur Kenntniss der Zigennermandarten. IV. 247
jehhatar akauka pes phucenas. ,ta so slycliat'V — ,ande mri krajna 25
ab una ita se interrogabant. ,quid auditur?' — ,in mea terra
ndne päni/ ,ii ande tumdri krajna so slychafP ,odoj In asi rosa,
non est aqua.' ,et in vestra terra quid auditur?' ,ibi est talis ros,
kana lii korro, kana peske la rosalia potreinel o jaklia, mindjdr
si est caecus, si sibi rore terit oculos, illico
dikhel/ ,u ande trito tumdri krajna so slychat'P ,ande mri krajna
videt.' ,et in tertia vestra terra quid auditur?' ,in mea terra
hi nasvali jek jynncezno/ the pale gele oda tnn vrani ki-j-oda
est aegrota una principissa.' et tum iverunt illae tres cornices ad illum
raklo, the päle lestar phucls, so adaj rodel tliel oda sibenica, 30
puerum, et tum ab-eo quaesierunt, quid ibi faceret sub illo patibulo,
u jou phendas: ,mre prala man adaj ande'. tlie pale oda trin
et ille dixit: ,mei fratres me huc duxerunt'. et tum illae tres
vrani odlefinde prec, u oda rdklo pipinel jyre cdr le vastenca,
cornices avolarunt, et ille puer palpat in herba manibus,
pale peske kercXas pr' o jaklia, p)tth peske sapaiidrdas o jakha ;
tum sibi fecit in oculos, tum sibi humectavit oculos;
mindjdr dikhellas. the pale de-ndsto oda rdklo ki-j-o krdlis. oda
illico videbat. et tum abiit ille puer ad regem. ille
rdklo has pale cikneder krdlistar, the pale gelo ande jekhe föroste, 35
puer erat tum servus regis, et tum ivit in unam urbem,
the gelo upreder o föros, the dikhlas odoj aso bhdro bar, the
et ivit supra urbem, et vidit ibi talem magnum lapidem, et
sar jekha raniköraha sluhindas oda bar, mindjdr e barestar
sicuti una virga percussit illum lapidem, illico e lapide
aclo pdni. the pale oda pdni gelo anda föros, kaj na has
facta est aqua. et tum illa aqua fluxit in urbem, ubi non erat
pdni, odoj gelo (culalas) oda pdni, ic o gddze has igen rada. the
aqua, ibi fluxit (stillabat) illa aqua, et homines erant valde lacti. et
pale jou, oda rdklo, vicindas, hoj vzdi Sulala o p>dni. paZe has 40
tum ille, ille puer, clama^^t, quod semper fluet aqua. tum erant
0 gddze igen rada, hoj oda 2)dni culalas. the pale oda rdklo gelo
homines valde laeti, quod illa aqua fluebat. et tum ille puer ivit
anda aver föros, th' odoj has nasvali jek princezno, jou gelo
in aliam urbem, et ibi erat aegrota una principissa, ille ivit
ki-j-oda krdlis, the phuclas lestar: ,so hi akada j)rinceznonatef'
ad illum regem, et quaesivit ex eo: ,quid est huic principissae ?'
248 Miklosich.
ta, ,so lii! nasvdli M'. ,ihe mange la dena romnake, ta
tum, ,quid est! aegrota est'. ,si mihi eam dabitis uxorem, tum
45 spomözinava lake/ phendas oda rdklo le krdliske. ta^ ,cak lake
auxilium feram ei,' dixit ille puer regi. tum, ,modo ei
spomozin, ta daha tuke la romnake'. kana la avri sastardas,
auxilium feras, tum dabimus tibi eam uxorem'. quum eam sanasset,
the pale peske la lilas romnake, the jyale lenge acellas öfta celd
tum sibi eam sumsit uxorem, et tum eis erant septem integres
hörs 0 hijau. the pale jou has terno krdlis. oda terno krdlis
annos nuptiae. et tum ille erat iuvenis rex. ille iuvenis rex
phendas peske lukestdne märeske: ,sunen, lukesta-le! dian vas
dixit suis militibus — : ,audite, milites! ite post
50 me duj prala'. pale gele oda lukeste vas oda duj prala, the pale
meos duos fratres'. tum iverunt illi milites post illos duos fratres, et tum
le pralen ande. pale lendar phucel oda terno krdlis: ,kefsi has
fratres adduxenint. tum ex eis quaerit ille iuvenis rex: ,quot erant
turnen prala 'i' u Jon phende : ,amen sam cak duj-dzene'. o krdlis
vobis fratres?' et illi dixerunt: ,nos sumus tantum duo'. rex
p>henel : ,hem ! sanas turnen butter - dzene'. ta phenen oda duj
dicit: ,hem, eratis vos plures'. tum dicunt illi duo
prala: ^samas trin-dzene'. ta ,le tritone - dzeneha so kerdan')'
fratres: ,eramus tres'. et ,de tertio quid fecistis?'
55 ,so kerdam: mangellas amendar the chal, ta lilam leske jakha
,quid fecimus : petebat a nobis edere, tum sumsimus ei oculos
avri.' ta ,adava som me'. oda terno krdlis auka phendas. ,ne
foras.' tum ,hic sum ego'. ille iuvenis rex ita dixit.
akanak so hi me tumenca the kerau V oda duj prala jyhenen :
,nunc quid est ego de vobis ut faciam?' illi duo fratres dicunt:
,lidza amen thel oda kerestos'. jou len ligedas thel oda isto
,duc nos sub illam crucem'. ille illos duxit sub illam ipsam
kerestos. kana len ligedas, the avle inke oda trin ista vrani.
crucem. cum eos duxisset, venenint iterum illae tres ipsae cornices.
QO kana avle, phticen inke pestar : ,so ande tri krajna
cum venissent, quaerunt itenim a se invicem: ,quid in tua terra
slychat?' ,ande mri krajna uz hi e princezno sdsfi.' ,u ande tri
auditur?' ,in mea terra iam est principissa sana.' ,et in tua
aver krajna so slychat?' ,ande mri krajna uz hi but pdiii.'
altera terra quid auditur y' ,in mea terra iam est multa aqua.'
Beiträge zur Kenntniss der Zigeunermundarten. IV. 249
,u ande tri trito krajna so slychatV ,odoj uz nane asi rosa, kaj
,et in tua tertia terra quid auditur?' ,ibi iam non est talis ros, quo
0 jakha kosenas.' pale oda trin vrani geh ki-j-oda duj rdkle,
oculos terebant.' tum illae tres cornices iverunt ad illos duos puero.?,
the pale odoj oda vrani phenen: ,oda diije raklen roztrhinalia.' 65
et tum ibi illae cornices dicunt: ,nos duos pueros discerpemus.'
the pale len roztrhinde the chale, the pale oda trin vrani
et tum eos discerpserunt et devorarunt, et tum illae tres cornices
odletinde, the letinde and' o nebos.
avolarunt, et volarunt in coelum.
Z. 1. has les trin rdkle erant ei tres filii : les tonlos für
leske. Eben so odoles für odoleste Z. 10. Dagegen: leske lile oda
jak avrl Z. 13. Eben so wie les für leske, steht man für mange,
tut für tuke usw.
Z. 2. peske dadeske suo patri. peske vom pronomen posses-
sivum pesko, nicht etwa von po, dessen sg. dat. auch peske
lautet, pesko fehlt griech.
Z. 12. Der Infinitiv wird hier stets durch the und die
III. sg. bezeichnet : te chal edere. the lel sumere.
Z. 19. Statt 0 jakha soll der sg. stehen.
Z. 22. thel für tel: tele ist aind. tale.
Z. 24. vrakernas. Man beachte den regelrechten Gebrauch
des Iinperfects.
Z. 32. odefinde prec, slovak. odleteli prec.
Z. 32. pipinel er tastet herum : serb. pipati.
Z. 34. de-nasto neben iiasto er floh, de von da ist ur-
sprünglich wahrscheinlich nur dem impt. was vorgesetzt worden.
Vergleichende Grammatik der slavischen Sprachen 4. 797.
Z. 35. has cikneder kralistar erat servus regis, eig. erat
minor rege.
Z. 35. ande jekhe föroste in unam urbom : manche Pi'ae-
pobitioneu können mit dem fe-casus verbunden werden. So
auch thel jekha sibenicate sub unum patibulum. Daneben anda
aver foros in aliam urbem.
Z. 44. the madige la dena romnake si mihi eam dabitis
uxorem : die Anwendung des II. pl. ist slavisch. romi'iake be-
zeichnet das Praedicat wie im slav. der instr. Vergleichende
Grammatik der slavischen Sprachen 4. 72G. Andere Zigeuuer-
Sitzungsber. d. phil.-hi»t. Ol. XC. Bd. II. Hft. 17
250 Miklosich.
mundarten gebrauchen in der gleichen Bedeutung den instr.
Vergl. Über die Mundarten usw. II. Seite 22.
Z. 46. kana la avri sastardas slavisierend : als er sie aus-
heilte, cech. vvleciti.
Zi. 49. phendas peske lukestdne märeske ist das mir dunkle
märeske unübersetzt geblieben. Es ist wohl: pro pane. In lukestdne
fehlt die Bezeichnung des Dativs: man erwartet pesÄ:e lukestenge.
Z. 52. Die Verbindung von dzenö Person mit numeralia
hat den Zweck die Persönlichkeit des gezählten hervorzuheben :
dnj-dzene. trin-dzene. hutter - dzene. le tritone - dzeneha mit der
dritten Person.
2. Mitgeteilt von Herrn Jobauu Rotarides, Lehrer in Drieüovo.
I.
Slana man pirdiio,
Mala som frajera,
jek romano cdvo,
jednoho romanskeho suhaja,
dza pfudri halval,
prisiel vejüci vietor,
pfudino re mandar.
odfükal ho odo mna.
II.
Cajore, cajore,
Dievcino, dievcino,
a{n) mange panöre,
dones mi vody,
a(n) mange panöre,
dones mi vody,
piav tro vadöre.
boskäm (fa, mä) dusa.
III.
So doj tele k' o pdni,
A dolii tarn za vodou,
ke mri sukdr pirdni
mojej peknej frajerke
Beiträge zur Kenntniss der Zigennermundarten. IV. 251
laskro vodro lacdrdo,
je postel pripravenä,
miro jilo cinddo.
moje srce roztrhane.
IV.
Amdri terni cajöri,
Nasa m.lada dievka,
dkor miri oveha,
vtedy moja budes,
kana mangen stdre kaühün anelia;
ked mne »tyry sliepky donesie»;
dkor miri avelia,
vtedy moja budes,
kana cento trasa anelia.
ked mi sto centov zeleza donesies.
Kana atcliar dzava,
Ked ja zfato pojJem,
dobr^ den pclienava,
dobry den poviem,
da na sakoneske,
ale nie kazdemu,
cak mra pirdnakche.
len mojej frajerke.
VI.
Iker, caje, le ketova,
Keby, dievca, satu (strelo),
civaii tnke pendechora,
vrhmil bych jej lieskovce,
pendecliora, mamuchöra,
lieskovce, trnocky,
sar tre duj kaldc öra.
ako jej dve cieme oci.
IT*
252 Miklosich.
VII.
Haj tu more, so kcheres,
Haj ty more, co robis,
kaj tu hüü na kcheres'^
ze nebozieze ne robis?
dikches more, ze kcherau,
vidis more, ze robim,
0 Idncicl vrasdrau.
retiazku zväram.
VIII.
Upr'o rito kasdlinen,
Na lüke kosim,
mra pirdna viddzinen,
mü milü vyzeräm,
aiika Jon la vidazinen,
tak ju vyzeräm,
hogy mro jilo repedinen.
ze moje srdce puka sa.
Vocabular.
Dad, dade, dadöro otec, otecko. daje, dajöri matka,
mamicka. cdvo suliaj. caj dievka, panna. rom cigän. romüi
ciganka. cavöro diefa m. pohl. cajöri diefa z. pohl. del, devla
boli, bozko. pfü zem. cercJien liviezda. con mesiac. kcliam,
kchamöro slnce, slnieöko. Sil zima. linaj leto. vödi dusa. jag
oben, aver svito driihy svet. lukesto vojäk.
Noten. I. Z. 3. dza, richtig dzal. pfudri adj. f. wehcud.
Z. 4. re für le eum. II. Z. 4. piav tro vadöre ich küsse (trinke)
deine Seele, ist nicht correct: man erwartet tre. III. Z. 1. so
doj, richtig wohl s odoj und dort. Z. 3. laskro, richtig lakro eins f.
IV. Z. 2. ovelia in derselben Bedeutung wie in Z. 4. aveJia.
Z. 3. mangen, richtig mange. kanJiiln: man erwartet kanlien.
Z. 5. Richtig: wenn du einen Zentner Eisen bringst. V. Z. 4.
pirdnakche : richtig -Yiake. VI. Z. 1 . iker, Saje, leketova ist : halte,
Mädchen, die Schürze : leketova ist magy. elokötö. Z. 2. civau
ich werfe, schütte. Z. 3. mamuchöra pl. deminut. wird durch :
trnoöky Schlehen , Pflaumen übersetzt, mamuch ist sonst
unbekannt. Z. 4. kaldc öra, richtig, kal acöra schwarze Auglein :
Beiträge zur Kenntniss der Zigennermandarten. FV. 253
acöiri für jacöra, pl. demiüut. VII. Z. 2. kaj tu hüt'i na
kchet-esf dass du nicht arbeitest? VIII. ist zu übersetzen: Auf
der Wiese mähen sie, auf mein Mädchen schauen sie, so auf
sie schauen sie, mein Herz zerreissen sie. kaszäl mähen, vio-vaz
acht g^eben, reped spalten sind magy.
h) Zigeiiuerisches ans Zombor in Siidungerii.
Mitgeteilt von Herrn Prof. J. Podhradsky.
I.
Si la cocha mochoricko,
Sie hat ein Kleid von Moll,
thaj jek diklo gazmiricko,
und ein Tüchel von Casimir,
thaj kretinca festivicko ;
und eine Schürze, eine gefärbte;
krecäri pe kricariste,
Kreuzer an Kreuzer,
5 sovan pe sovai^este.
Groschen an Groschen.
tordav la se pe thaneste,
stehe Mädchen auf dem Platze,
laki cocha, viunro gad.
ihr Kleid, mein Hemd.
lume me !
meine Welt!
de la bule lako dad!
futuat eam eius pater!
10 lume me!
meine Weif!
Tordav la se pe thaneste,
Stehe Mädchen auf dem Platze,
kana phenav : zibaj de.
wenn ich sage: auf zum Tanze.
holde tut angla mande.
drehe dich vor mir.
lume me!
meine Welt!
254 Miklosich.
15 Sar 0 kanralo halo ;
Wie das Stachelschwein-,
de ha devla sakade,
gebe doch Gott immer (so),
sa pe l birture te pMras!
immer in die Wirtshäuser dass wir gehen!
mol, rfija te men pes,
Wein, Brantwein dass wir trinken,
le sejänca te khälds,
mit Mädchen dass wir tanzen,
20 momele te phabaras,
Kerzen dass wir anzünden,
le sejänca kliäldsa.
mit Mädchen wir tanzen.
ciriklory p' o jägo,
Vöglein auf dem Zaune,
lume me !
meine Welt!
crdel mangTj nakäzo.
zieht mir Unglück.
25 lume me!
meine Welt!
Sas man, devla, duj mase,
Waren mir, Gott, zwei Fische,
tliaj line pes, tliaj näsle,
und rafften sich auf, und flogen fort,
te clian pengz zeleno 6är.
damit sie essen (sibi) grünes Gras.
motlio mangz ha caces.
sage mir ja Wahrlieit.
30 Te merav, te na zuvav,
Dass ich sterbe, dass ich nicht lebe,
te na caÖes mothovav:
wenn ich nicht die Wahrheit sage:
angla tute tut kamav,
bei dir (wenn ich bin), dich liebe ich,
pal' avreste kam merav.
für einen andern will icli sterben.
Beiträge zur Kenntniss der Zigeunermundarteu. IV. 255
Anda lakz dtij jakha,
Für ihre zwei Augen,
3ö kaj si kale sar duj draka,
die sind schwarz wie zwei Trauben,
th' anda lakz duj cuce,
und für ihre zwei Brüste,
kaj si sar duj kuce,
die sind wie zwei Töpfe,
anda lakz duj jakha
für ihre zwei Augen
muklem munra cora da.
verliess ich meine arme Mutter.
Ein Tanzlied, das die gTösste Wirkung hervorbringt. Bei
nicht tanzenden Weibern macht sich der Enthusiasmus in
Thränen Luft. Der Text, dessen einzelne Theile mit einander
nur lose zusammenhang-en, rechtfertigt diese Wirkung nicht ;
sie muss auf Rechnung der Melodie gesetzt werden, die als
wunderschön, von Lebenslust strotzend bezeichnet wird. Der
Refrain : lume me (serb. svete moj) soll das Gefühl der Selig-
keit ausdrücken. Die heftige Erregung der Gemüter gibt meist
zu einer Rauferei Veranlassung, der im Freien bald die Ver-
söhnung folgt. Vers 6. IL ist mir unklar.
IL
Vösa, vösa zelenona!
O Wald, Wald, grüner!
As ta, te zav prekal tute,
Lasse, dass ich gehe durch dich,
oda hiro, kaj me sundom,
das Gerücht, dass ich hörte,
midi paslol mri dajöri
todt liegt mein Mütterchen
5 le voszska la po diäte,
an dem Walde sie am Ende,
zelenona la cärete.
auf dem grünen Grase.
Dalkz, dalkz, mri dajOri.
Mütterchen, Mütterchen, mein Mütterlein.
200 Miklosicli.
So me coro Je kerava,
Was ich armer werde tun,
coro thaj korkor!
arm und allein!
10 pat'civ raje devles,
ich vertraue auf den Herrgott,
te man o del na mukala.
dass mich Gott nicht verlassen wird.
afi dzava, mri dajöri,
so weit werde ich gehen, mein Mütterchen,
lungonenca le dromenca
auf dem langen Wege
haj le sane kiravenca,
und auf dem schmalen Stege,
lö kaj man gazo ci prinzala,
wo mich der Nichtzigeuner nicht kennen wird,
ci rom man ci zanla,
noch der Zigeuner kennen,
feri 0 raj devloro.
nur der Herrgott.
Z. 5. po diäte ist dunkel.
ej Zigeunerisches aus der Bukowiusi.
Das Lügenmärchen.
Mitgeteilt von Herrn Prof. Leo Kirilowicz.
Kana sas morz dej phari mdnca, voj poffisardas grauri
Cum esset mea mater gravida mecum, illa concupivit sturnos
pekz. haj nas, kon zal. aj me gzlöm körkoro and o vos, thaj
assos. et non erat, qui iret. et ego ivi solus in silvam, et
araklöm grauri pekz and ek horta. me sutom. o vast, thaj n'
inveni sturnos assos in uno cavo arboris. ego immisi manum, et non
astesardöm the lau. me lom, haj iutöm ma ku se, thaj e börta
potni eximere. ego coepi, et immisi me totum, et cavum
ö pandagiloii. me lom ma , thaj gzlöm kaj moro nanah , the
clausit se. ego profectus snm, et ivi ad meum sponsorem, et
zmprumutiü o tovzr. moro nanas pendofi , kz na j khzi-z o
niutuor securim. mens Sponsor dixit, quod non est domi
hargato le toveresa. ,aj me do tu' pendoü nanas ,e harda, aj
servus cum securi. ,et ego dabo tibi' dixit Sponsor ,hipennem, et
Beiträge znr Kenntniss der Zigeunerraundarten. IV. 257
e harda pharL ' ,na dara , nanasu !' thaj das ma e harda,
bipennis gravida.' ,ne time, Sponsor!' et dedit mihi bipennem,
haj g^l6m, haj sindom and o kopac, haj skipisardöm e harda.
et ivi, et secui ex arbore, et deieci bipennem.
zi kaj pelon tele (e harda), k^rdas e cerikli kujhu and e toporeste, lo
dura cecidit deorsum (bipennis), fecit avis nidiim in manubrio,
thaj k^rdas anr^, thaj klocisardoa le, haj kirdas puj. haj kana
et fecit ova, et exclusit ea, et fecit piillos. et cum
peles e harda tele, desuduj h^7■dz^ k^rdas andra late. aj
cecidisset bipennis deorsum, duodecim bipennes factae sunt ex ea. et
me thodom le and e trajsta, haj ^n(]^rdom^le kaj morö nanas.
ego immisi eas in marsupium, et tuli eas ad meum sponsorem.
moro nanas hukurisajloü, darusardas ma ek harda. me thodom
meus Sponsor laetatus est, donavit mihi unam bipennem. ego posui
la pel e kustik, thaj gzloni kh^r^. sas mangh trus, haj g^lom kaj 15
eam post cingulum, et ivi domum. erat mihi sitis, et ivi ad
chaing. chaing sas ad^nku. me sindom mor^ tidvica, haj pilom
puteum. puteus erat profundus, ego abscidi meam calvariam, et bibi
pai. me thodom mor^ tidvica p' e chaing, haj gzlöm kh^7'^. haj
aquam. ego posui meam calvariam ad puteum, et ivi domum. et
chalas ma and o Hro, haj me kana thodom o vast and o s^r6,
mordebat me in capite, et ego cum posuissem manum in capite,
^rlklenas ferme. holdom. ma palpali pala moro tidvica, aj raca
exibant vermes. reverti retro ad meam calvariam, et anas
s^lhatiko k%rdas anrh and e tidvica, thaj klocisardoü le , tli 20
silvestris fecit ova in calvaria, et exclusit ea, et
ankaladas puj. aj me lom e harda, haj siulöm., haj la raca
eduxit pullos. et ego sumsi bipennem, et ieci, et anatem
mudardom, aj ol chJioni näsle, pala j chaing sas jag, haj
nccidi, et pulli evaserunt. post puteum erat ignis, et
harda g^lou and e jag. me rodom e harda , haj toporeste
bipennis ivit in ignem. ego quaesivi bipennem, et manubrium
raklom , aj e harda phahuloü. Jiaj me lom e toporeste, haj
inveni, sed bipennis combusta est. et ego sumsi manubrium, et
thodom la pal e kustik, haj tpMm khzrz, haj raklom amara -iö
posui id post cingulum, et ivi domum, et inveni nostram
grazni, thaj ^nklist'om pe late. aj e toporeste sindoü la grazne,
equam, et ascendi in eam. et manubrium dissecuit equam,
258 Miklosich.
haj me zas p' ol duj ponrb, aj kodo duj palal cliand
et ego ibam in duobiis (eins) pedibus, et illi duo posteriores edebant
car. haj me g^lom palpali, haj sindom ek tilu, nkitako,
herbam. et ego ivi retro, et abscidi unum baciilum Salicis,
haj coplisardom les , haj mardoni la grazne and ik tan.
et circumcidi id, et composui equam in unum locum.
30 othar hharilas ek rokita z and o ceri. aj me andom manga
inde crevit una salix usque in coelum. et ego redegi mihi
a minte, k^ kamel mangh o dil ek prepelako am"b haj
in memoriam, quod debet mihi deus arborem ovorum et
podi tud suklo, haj me ^nklistom p' e ')"bkitaf haj g^lom koa dil,
sinum lactis acidi, et ego ascendi in salicem, et ivi ad deum,
haj g^lom. and e arie le deideste. oci desuduj gaze zmbhtinas
et ivi in aream dei. ibi duodecim homines triturabant
zoü. ,kaj zas, manusaV ,me zaü köa dil/ ,na za, kh na j
hordeum. ,quo is, homo?' ,ego eo ad deum.' ,ne i, nam non est
35 kh^r^ o dil.' aj ol mestej'e sinde r^kita. aj me lom pilevje
domi deus.' et fabri secuerunt salicem. et ego sumsi paleam
zouat'e, thaj k^rdom sollo, tliaj meklom ma tele, aj sas skurtu
hordeaceam, et feci funem, et demisi me deorsum. et erat brevis
0 solo, aj me opral sinös, thaj telal pandös. apoj chuklom
funis, et ego supra abscindebam, et infra ligabam. tum desilui
tele, haj gzlotn p' oter lume. me gzlom khzvo, haj lom o
deorsum, et ivi in alterum mundum. ego ivi domum, et sumsi
herlecu, thaj hunadom ma, thaj gzlom khzn, haj dorn ol graure
palam, et effodi me, et ivi domum, et dedi sturnos
40 mora dak^, thaj chaloü, haj ma na chasardas ma, thaj me
meae matri, et comedit, et me non perdidit abortu me, et ego
zuaü p' e lume.
vivo in mundo.
Zu me lom ist von dem folg-enden sutom das Pronomen ma
zu erglänzen: ich machte mich daran; sonst: ,ich brach auf^
nanas Taufpate. harda kh'uss. barda, rumun. bardt. sindom,
vielleicht sindom ma ich hieb mich aus dem Baume heraus.
kzrdas, richtig kzrdas pe. dariisardas, sonst daruisardas vom
rnmun. dtruesk, d'fcruire. pele wol auspaZ e, palaj, ich steckte
hinter den Gürtel, später pal e kustik. Statt zas erwartet man
zos, statt chand-chdnas. mardöm and ik tan schlug- die entzwei
Beiträge zur Kenntniss der Zigeunermundarten. IV. 259
geschnittene Stute zusammen^ vereinigte beide Teile, me an-
dom manga a ininte rumun. mi am adus a mintea. prepelako,
klruss. prypylaka, ist eine kleiderstockähnliche Vorrichtung, an
deren Verästungen das Küchengeschirr aufgehängt wird : wie
das Küchengeschirr; sollen Eier aufgehängt werden, po ter:
der Zigeuner sagte po tever und corrigierte dieses dann in ter.
Wenn man an aver denkt ist t unerklärbar, hunadom ma ich
grub mich heraus, da die andere Welt unter der Erde ist.
na chasardas ma sie verlor mich nicht durch eine Fehlgeburt.
d) Zigeunerisches aus Ruiiiäiiien.
Mitgeteilt von Herrn Dr. M. Gas ter.
Sas ek raj, akana so te kirel guduv raj? d' and al
Erat quidam dominus, nunc quid faciat ille dominus? a
tirnimdta dzand al phurimdta raklö anda po trüpo ne o fikerdds.
iuventute usque ad senectutem puerum e suo corpore non fecerat.
jar kaj vremea lo phurimdski a ß da les o del zk raklö. jar
sed in tempore senectutis dedit ei deus unum puerum. et
das lil and al themd, and al gaud, and a ords, kz te kidil pe
dedit iussum in terras, in pagos, in urbes, ut congregarentur
hhnea ka u iliagdr amarö, kh te dikhel, kz so raklö sij les, ö
homines ad regem nostrum, ut viderent, qualis puer esset ei,
k' and al thrnmdta dz and al phurimdta raklö ne o ß kerdds.
nam a iuventute usque ad senectutem puerum non fecerat.
kidinjdili zl gaud p' o thagdr amarö. ,kz thagdra amarö, te
congregati sunt pagi ad regem nostrum. ,rex noster,
trajis, ko bharipe! kz te sikajes le rakle's.^ ta thagdr: ,mistö!
vive, tua magnitudo ! monstra puerum.' et rex: ,bene!
sikaud tumengi le rakles.' Die Königinn sprach : / aven pe
monstrabo vobis puerum.' — — — ,veniant post
duj kurkje, kz me ni sikaudu, zi-ka ne pherdond öl duj lo
duas hebdomades, nam ego non monstrabo, donee non implebuntur duae
kurkje, kb s' o raklö trine-gesengu.' pherdlU zl duj kurkje,
hebdomades, nam est puer trium dierum.' impletae simt duae liebdomades,
jdkztale k^ kidinjdU. ,mistö! sikavdv akandk.'^ o thagdr la
ecce congregati sunt. ,benel monstrabo nunc' rex sumit
zl rakles and' angdli, kz la les avri lasta ^•^. lavel les. ^^-
puenim in braehia, ut sumat eum foras — — — eum. quandam
200 Miklosich.
<^cica 0 fiel kaj meldds. duj avile zabdrja, line d' cmda vas
nebiilam deus illuc misit. duae venerimt aqiiilae, sumserunt e manu
15 le rakles. thagarni rhknil k^: caudle! kaj e ramdle, kh nji aflin,
puerum. regina clamat: homines! — — — qiü invenietis,
kaj sij munrö raklö, sluga ca ma tummgi, te shu^rjü, te thodl
ubi sit mens puer, servam faciam me vobis, ut serviam, ut lavem
tumare punri, te pjdu tumdre hturja/ atunca das suvdra anda
vestros pedes, ut bibam vestrara elnviem.' tum dedit notitiam in
gau k^: ,te aflina mr^ rakles, me ca ma tummgi sluga, ha
pagum: ,si invenietis meum puerum, ego faciara me vobis servam, et
'nkldu avri dnda bharipi, ha cau turnen ande mro than thagdr,
exibo foras e magnitudine, et ponam vos in meo loco regem,
20 k^ me aßis/ haj hichaldds ak lil ka u rasdj dur panszld
si mihi invenies.' et misit unam epistolam ad sacerdotem longe quingentos
thaj pejinda hers, th' avel o rasdj; te mothdl zk paramic,
et quinquaginta annos, ut veniret sacerdos; si dicet unam fabulam,
lel duj sxld lolardi. ka u thagdr o phendds, ki) dzel. trin
sumet ducentos aureos. ad sacerdotem ille dixit, ut veniat. tres
rakld, jek sar aver. okand e phen kh : ,dade, na maj k^htorisdr
filiae, una uti alia. tum soror: ,pater, ne amplius iter fac
tic, k^ me sem ande ko than, rdnde man, möra men, mek mdngi
tii, nam ego ero in tuo loco, tonde me, tere me, sint mihi
•25 hal kidine and ek than, haj ker mdngi ^g gras, si hajde
capilli coUecti in unum locum, et fac mihi unum equum. et age
man sajd de keltujdh, k^ me telerdu, te dikhdü, so kaj kerel
mihi — ad erogandum, nam ego abibo, ut videam, quid facturus sit
mxmc, anda mandi ni ka keril duj. ,mistö! kei'aü.' ,me telerau ka
de me, e me non faciet duas. ,bene ! faciam.' ,ego abibo ad
u thagdr. areslem. dobro vet. najis ke rajmdski, da so kerdjdm,
regem, venimus. bonum — . gratiastuae raaiestati, at quid fecimus,
k' avildm mdndi. raja ! te trajis, ko hharipe, kz me niS ajilem de
quod venimus domine! vive, tua magnitndo, ego non veni
30 pamö, de thulö. ta m' avil'em and ak hharo pzs. gadi ki, te des
— , * — — . sed ego veni — — — — . — — , da
man ek hodina, te besau trin ges, te chaü haj te pjdil, atunca te
mihi unam quietem, ut .«sedeam tres dies, ut edam et ut liibam, tum
des man bukjdku.
da- mihi agendum.
Beiträge zur Keuntniss der Zigeunermnndarten. IV. 261
Herr Dr. M. Gaster bemerkt, der Zig-euner habe hier
g-eschlossen, vorgebend, er sei am Ende ang-elang-t, während
das mitgeteilte offenbar nur der Anfang- eines g-rössern Märchens
sei; es sei ihm unmög-lich g-ewesen die Fortsetzung von einem
anderen Zig-euner zu erhalten. Vieles ist jnir dunkel.
e) Zigeunerisches aus Moskau.
Mitgeteilt von Herrn Dr. A. Schiefner in St. Petersburg.
Die Verweisungen in den in Klammern beigefügten Erklärungen beziehen
sich auf meine Abhandlung: Über die Mundarten und die Wanderungen der
Zigeuner Europa's VI. VII. VIII. Denkschriften, Band XXVI. XXVII.
a.lMa3^ Diamant öapi. har, eig\ Stein. (Griech. parne har.)
a.iTapi> Altar Exanrepii kcliangeri, eig. Kirche. [Vergl. kan-
geri VII.]
ane.iLCHH'L Apfelsine .ao.io loh, eig-. rot.
aneTHTt, ffie.iaHie Appetit KaMaMO kamdmo, eig-. Verlangen.
[Wahrscheinlich kama-mo. Vergl. chuljamo Nr. 48.]
apant Mohr Ka.iH-Hafi, Ka.a(5-MyHiii'L kaly caj. kaiö mumz, 5
eig. schwarzes Mädchen, schwarzer Mensch. [munsT, steht wal)r-
scheinlich für mursöj.
apKaHi. Schlinge um Pferde zu fangen. oniä.iö o sdlo.
apoMaTi.. o.iaroBOHie Aroma .la^ö - KxaH49H9 lalo-kclianddn^
[kchanddnä ist zu veigleichen mit kliandlno : für iacö erwartet
man laa'].
6a6a Weib ra/l,HCH gadzi. [Eig. Nichtzigeuuerinu.]
öaöyniKa Grossmutter, Hebamme nxypy.MHij pchurumny, eig.
altes Weib [d. i. pMiH romm].
öarjap-L. pLiHOKi., KOHHan Markt iipocKO,i,LiHi.i j)^''^^^odyny. lo
[Dunkel : es ist ein subst. f. auf -dini.]
6aH/],ypa, rHTapa Pandore öania^M haHady. [Vergl. ha-
savdi f.]
öaHH Bad .laaHH idznja. [Pol. lazuia.]
öapaHTi Hammel uaKpi.» hakro.
öearpliiUHLiH unschuldig r)erpexeHr::»po begrechengaro. [he
iindet sich in diesem Verzeichnisse auch sonst für bi grechen-
garo von greliL.]
262 Miklosich.
15 öesonacHuft g-etahrlos Ha^apHHCO nadarnlso. [nadarniso ist
wohl na dar fürchte nicht für ma dar : niso ist wohl , nichts',
sonst russ. nici VII. 31.]
6e:3pacv/i,HHn unüberlegt hhco - Ha4"iKHH:WB niso - nadzin alz
[d. i. nicLsoze ne znajetx mit doppelter Negation niso und na.
dzindz für griech. dzanel].
6e3poAHiJn der ohne Familie ist n3CKHp3Hi. psskirsm.
[Das Wort hängt mit peskero, daher etwa ,für sich lebend',
zusammen. Der Ausgang ist mir dunkel VIII. 49.]
6epe3a Birke öpesa hreza.
dovh Gott 4369.11. d&vsh.
20 60./ILHOH krank nacBa.iö nasvaiö.
öocoHorifi barfuss 6eTpax3Hrepo betracMngero. [triak
VIII. 86.]
öpo^ara Landstreicher npacTänrepo prastdngero. TVergl.
russ. prastabnangiro VIII. 52.]
OYMara Papier jihiA'h hjh. [lil VIII. 7.]
öiraxB laufen TenpacxacB te i^rastasz. [te ist die VIII. 78
behandelte Partikel: mit dieser wird um den dem zig. fehlen-
den inf. auszudrücken eine finite Form, hier wie auch sonst
die I. pl. verbunden.]
25 6'fcyiH.aa weisse Schminke MaExenrepH makchengeri. [makh
schmieren : ein Nomen makh, worauf makchengeri hindeutet, ist
nicht nachgewiesen.]
BapeHLe Eingemachtes ry4.iH gudly. [f. von gndlo.]
BaTa Watte TaTH taty. [f. eig. die warme.]
B/l.OBeu.'B Witwer öepOMeCKepH beromeskeri. [Richtig ,Witwe^]
B^OBa Witwe oepOMHflCKepo beromnjdskero. [Richtig, Witwer'
und heromnjdkero , griech. beromnjdkoro , zu schreiben: eine
Form romnjdskero existiert nicht.]
30 BdR^axL rühmen Temapect te sareso. [Vergl. uSar VIII. 90.]
BepeBKa Seil ine.aö selö.
BHHO Wein 6paBHHT0 bravinto. [Eig. Brantwein.]
BHHorpa/].!, Rebe, Traube aa'.iaHO z^iano. [Dunkel: zelin
wird für ,grüu' gebraucht.]
Bo^a Wasser (j)'bKa. o.sepo. Mope. npy/T,i.) naHa pa???/.
35 BOHtaKt Führer .a1.14jKa.lO lydzalo. [Eig. er führt. Vergl.
ledz VIII. 6.]
Beiträge zur Kenntniss der Zigennermundarten IV. 263
BO-rKaKt Me^ßi^a Bäreüführer ^HAHta^o - apuqecb lydzalo d
ryceso. [l^ig". er führt den Bäreu.j
BOHHa Krieg- MapnÖHacKepo marihnnskero. [Eig-. Krieg-er,
von marihen: vergl. mar VIII. 13.]
BOHHt Krieg-er MapHHacKepH marinaskerl [maribnasken ist
das f. des vorhergehenden Wortes].
Bopi. Dieb iiopi. coro.
BopoBKa Diebinn ^opHpHÖnacKepH coririhnaskeri. [Richtig- 40
corihnaskeri von coribe VII. 36.]
Bfeepi. Wind 63LÄBLl'h balvdh.
BO.ioca Haar o6a.ia o bala. [Griech. o bald pl. VII. 15.]
r.aasT.. oasa Aug-e aexte.. HKxa jakchh, jakcha.
r.ayxoH'feMOn taubstumm HaniYHB.io - HapaKHp.ao na sunolo na
rakirlo. [Eig-. non audit, non loquitur: sun; rakir, sonst vraker.]
r.ayxon taub HamyH3.aL0 na swwlo. 45
rOBopHTB reden TepaKiipeci. te rakiresi. [Sonst traker.]
rciOBa Kopf mripo Hro. [5er6.]
rpy4B Brust kcielhi. kolym. [Griech. koUn.J
TO/Xh Jahr uapini» barH.
/],BepL Thür nopii. porto. [Rum. poart-L^ ist mir sonst zig-. 50
nicht vorgekommen.]
^CHtrH Geld .aoBij. CTa.ia fov/j, stalja. [iovy, griech, love;
stalja ist mir dunkel.]
flfiyi'h Haus Kxapi» kcharh.
/l,BopflHHHi> Junker o.iaropOAHLifi opäfi o rdj. [Eig-. der
Herr.]
4iBHi],a Mädchen Haft caj.
*yKa.iocTL Betrübniss TexaHCKHpBCL te tanskir^s^. [Pol. te- 55
sknic bange sein.]
Hta^HHH, CKynon g^icrig CKaMno sk^mpo. [Pol. skapy, skepszy.]
3Ke.ifeo Eisen cacTapt sastdro.
HiecTOKOCTB Heftigkeit xy^iüMÖ chidjamö. [Das Wort hängt
mit griech. cJiolin, choliazava usw. zusammen VII. 63.]
iKe^B brennen TexaHKHpeCTE. te chackireso. [Vergl. chacar
VII. 60.]
acHTB leben Te45KHBeci te d&ivesi,. 60
saupemaTB verbieten TeJLicn3 te iys p9. [Scheint wörtlich:
;Sich erheben' zu bedeuten : la VII. l.j
seMAfl Erde nxyBi. pchum.
2fi4 Miklosich.
3HMa Winter HBi],Hti ivcny. [Duukelj.
SO^OTO Gold CYBHaKan suvnakaj. [sovnakaj VIII. 68. J
Gü Hrpaxb spielen TeKKe-ieci. te kcheles^. [kJiel VII. 78.]
KaaieHL Stein 6api> hat-h.
KaMeHHiJH steinern öapvHO haruno.
K.ia/^'b Schatz K^ä^o Mddo.
KHflSB. rpa4>i> Fürst, Graf öapopon haro roj. [Eig. grosser
Herr.]
70 , KHHi'HHfl. rpa-i-HHA Fürstinu, Gräfinn öapHpOHbi hari rony.
[Griech. bari rdnni VIII. 54.]
Koata Haut Tpyno trnpo. [Eig-. Körper, Rumpf VIII. 87.]
Ko.ieco Rad poxa rata. [Rum. roatt.]
KO^i&u,o. iiepcreHL Ring- aHrpyCTLi angrusty. [angustri VII. 9.J
KOHL Pferd rpafi graj. [grast VII. 58.]
75 KOHHHn Reiter rp3Hr3pH grangari. [Für grajengeri, eig.
grejengero,' da es ein m. sein soll.]
KopoBa Kuh rypYMHM gurumny. [guruv VII. 58.]
KOpo.iB König Kpa./iB hrah. [Wohl serb.]
KopoHa Krone Kpa.iHTKapH kralitksri. [Eig. die dem Könige
gehörige, man erwartet kraleskeri^^
KOTKa Katze MHi],a myca. [Bei Boehtlingk 266.]
80 KpacaBeii.'b schöner Mann repil,3ro, .lano, röaio gercsgo,
laco, gözo. [gercsgo ist Herzog; laco gut VIII. 4; gözo pol.-
klruss. hozy, chozy frisch.]
KpacaBHi],a schönes Frauenzimmer repi];arHHBKa. .laHiiHLKO,
röateHBKO gercaginika, iaciniko, gözenhko. [Die vorhergehenden
Worte mit slav. Suffix.]
Kpaco'ra Schönheit .iaqHU3 lacip§.
KpacHEin rot aoäo hh.
KpecT'B Kreuz Tpymri.i'b truSih. [trusul VIII. 87.]
So KpOBB Blut paTi ratz, [rat VIII. 56.]
Ky/l,pflßi.ii1 kraus capoKypMaBO saro kurcavo. [saro ist wohl
sar ,wie' und der Artikel o; kurcavo, russ. kuröavyj. klruss.
kuceravyj .]
KyrieUT. Kaufmann ra^JKO gadzo. [Eig. Nichtzigeuner.]
KyxHH Küche K^paBiioHaciiepn kdravihnaskeri. [Von *kera-
vibe. Vergl. kirav VIII. 83.]
KOHroxt Stallknecht ra;i,fliO na.irjrp9H,],Le-ncHp.io gadzo pafy
grdnd'.a psirlo, d. i. homo post equos ambulat.
Beiträge zur Reontniss der Zigeuuermandarten. IV. 265
^Hi];e Gesicht Myfi muj. 90
.aioöoBB Liebe T3KaMHCi. ta kamysb.
jmAO^Ah Menschenfresser MaHymeH'b-XcUü manusem chalo.
jyna, C0AHi;e Mond, Sonne ExaMi kchmm.
.licT. Wald BBin'L vsSh.
JiaTB Mutter /i,an daj. 95
• Me/],T,, Bce c^iaAKoe Honig, Süssig-keit ry^jiö ^mcZ/o.
MO.io^oCTt Jiig-eud T3pHHn3 tdmype.
Ma.lLHHKi. Knabe paKpo^(5 rakroiö. [raklö, raklorö VIII. 65.]
MepTBen,!. Leiche jiy^ö mulö.
Ma^ieHLKifi klein thkhhhbko tyknimko. [tikno VIII. 84. Mit loo
slavischem Suffix.]
MH.iMn, .iioÖHMtm geliebt KaM.aö kanüö.
MO.10KO Milch Txy/i,i> tcliudh.
Me^BiiAt l^är puHi, rych. [ricini; rys, ryc VIII. 57.]
Mj-Ka Mehl flpaco jarzo. [vanro. jarzo VIII. 93.]
Hapo/i,i> Volk Manyma manusa. [pl. von manus.] 105
He^ijifl Woche KypKO kurko.
HenaBH/l.'feTB hassen HaKaMiJ./l0 na kamylo. [Eig. er liebt
nicht.]
HOra Fuss rnpon gyroj. [Vergl. griech. ger, jür, pl. jerd.
ungr. liero. böhm. clieroj. pl. cliera VII. 55.]
HorH Füsse rtipa gyra.
Hoqt, Beiepi. Nacht, Abend paxt rath. [rat, rati, raü 110
VIII. 56.]
Heöo, oöjaKa Himmel, Wolken 6o./1h63 holyhs. [Etwa ,das
sich drehende^ Vergl. VII. 23.]
orHeHHuil feurig }iraK3po jagaksro.
oroHt Feuer RVh jagi.
üKHO Fenster «i)3HniTep'B f9n.iten [deutsch].
oxeu.'L Vater /i,aTi> dati. [dad.] 115
OBecL Hafer /i.moB'L dzov^.
ua.iaxKa Zelt maTpo satro. [Aus dem slav.]
iiTiina Vogel HiipiiK.io cirlklo.
u.iaKaTL weinen TepoBSCL te rov9Sh.
n.lCMH Stamm opö^o 0 rödo. [Slav.] 120
noxopoHLi Begräbuiss T3rypaBeH'b ta gsravem. [geravYll. 55.]
pO/l,iiTi> gebären TdAO^OA'h td locoh. [lot. ungr. lotov. russ.
locov6 Niederkunft VIII. 8.]
Sitzungsber. d. phil.-hist. Cl. XC. Bd. II. Hft. 18
266 Miklosicb.
pyöaniKa Hemd raT-B gath. [gad.]
paoa Leibeig;ene f. öVTHpHbi hutjarny. [buti, huld, but'ar vb.
arbeiten VIL 26.^]
125 pa3yMi, Verstand ro^ti gody. [godi VII. 56.]
p)Tia Hand BacTi) vasH.
pyiiKa Iländclien BacTOpo vastorö.
pfeaTL schneiden Tdmmech t9 cines^.
p'liKa. pYHen Fluss, Bach naHLi 2?«wy.
130 pLiua Fisch Maiö macö.
caöjDi, HOiKb H T. iio/i,. Säbel, Messer und ähnliches
HlopH cjuri.
co.iHne »Sonne KxaMTb kchaim.
CBH/;aHie Wiedersehen T3/l,HKan<i>H3 to dykajyfns. [Ist offen-
bar eine Vcrbalforni und steht vielleicht fiii' dykhas pe sich
sehen.]
CB^Ha Licht MOMO.ibi momoly. [mom VIII. 18.]
135 canorH, oövBb Stiefel, Beschuhung TLipaxä tyrachd. [Vergl.
oben Nr. 21.]
codaKa Hund ß^mjKiiÄ'b dzukah.
cepeupo Silber pyni. i-iqn.
ciinofi blind KOpopo kororo.
CMixi. Lachen caÖB saba. [as lachen; asaibe VII. 10.]
uo CMiflTL ca lachen xecacna te sas pa. [as, reflexisch nach
slav. Art VII. lO.J
CTapoCTL Alter Typnna turvpd. [Richtig plmribe VIII. 45.]
co.lL Salz AOWh hm.
ciiHO Heu Kxasi. kcJiazh. [khas VII. 78.]
Tadopt ii,BiraHCKtiH Zigeunerlager poMana^aBa romans cavs.
[Eig. Zigeunerkinder, Zigeuner VII. 30.]
145 TaoyH'B ^lomaAefi Heerde Pferde öyTB-orpaia buth o graia.
[Eig. viel Pferde. Der Artikel befremdet.]
TaHeii,T> Tanz Kxa.iuoa kchalyba.
TOnOpt Axt TOB^pt tOVdTh.
TpaBa Gras ^lapi. (^ar^.
TC.rtra Bauern wagen yp/],3HL iirdani. [vordon VIII. 96.]
150 yrapT. Dampf yxa^iioM'L uchacionn,. [Eig. ich brannte arsi.
chaöar VII. 60.]
yroiiuiTL bewirthen TevKepeci. te ukereso. [Das Wort ist
mii- dunkel.]
Beiträge zur Kenntniss der Zi^ennermundarten. IV. 26 i
ycLi. öopo^a Bart Hopa co?-a. [pl. VII. 36.]
yHPHLifi. anaioiuin gelehrt caBory^flBBpi. savo gudjavdn.
[Etwa ,wie vernünftig-' : savo VIII. 63. godjaver VII. 56.]
yro.aL Kohle Banrapa vangara. [angar VII. 8.]
XBa.'iiiTB loben xemapacB te sar6s^. [Vergl. Nr. 30.] 155
XHTptin listig- 4>poHTapH frontdri. [Dunkel; rumun. frun-
tarjü passt der Bedeutung^ wegen nicht.]
X04HTI) gehen Tencapaci. te psdrssh. [pMr VIII. 42.]
XM'fe.ib Hopfen öpaBiiHTO hravinto. [Vergl. Nr. 32.]
xiimHHa Hütte Kxepopö kcherorö.
i],apL Kaiser Txarapi. tchagar^. [Griech. takdr, nun. tagar: lüu
armen, t'ag-avor VI. 68.]
n,apiii],a Kaiserinn TXarapHLi tclmgarny. [Vergl. rom, romni
VIII. 58.]
Ha.iiia Tnrbau 'lo.iMa colma. [Russ. aus dem türk. dzag.
cälma.]
HiiTaTL lesen TerKHBCB te ginssi. [gen VII. 55.]
Hy/l,OBiime Ungeheuer caBO-CTpamHO savo strasnö. [Eig. wie
furchtbar !J
myua Pelz hoctlihi. postym. [postin VIII. 52.] 165
meü Hals msh^b mom.
me.iKT) Seide nxapi. pcliaro. [phar VIII. 40.]
lue.lKOBMii seiden nxepii'HÖ pcheruno. [pharnuno für jjha-
runö VIII. 40.]
mapaBapM weite lange Hosen xo.iOBa choiova. [cholov
VII. 65.]
meKOiaxt kitzeln xLiTasi clujtan. [Dunkel.] 170
i^a Essen xa69 cliahd.
ixaTB fahren Te4acaci>-nperp3H,],o te dzas pre grando. [Eig.
, gehen zu Pferde' : für grendo erwartet man grende aus gra-
jende.]
lOoKa Frau6nrock HH^HpäK'L indgrdh,. [Deutsch Unten-ock.
jenderaha Böhtlingk 25. apol. inderaki hei Bielski. wruss.
andarak bei Nosovie.]
lOHoma Jüngling TLipH6 - ManyiuT. tijrnö manuh. [Junger
Mensch.]
x.iliuT) Brot Mapo maro. 1^^
aöJOKO Apfel uxaoafi pchahaj.
aro^a Beere OMypii 0 muri, [miira.]
18*
268 Miklosich.
H3HK1. Zunge HHüi. Hin. [cib VII. 31.]
o/;hhi> ein ieKi. iek^.
180 ^Ba zwei ^yfi duj.
TpH drei TpHHi. i!riH7..
/i,ecaTL zehn ^ami. d^s^.
CTO hundert me.i'B *9^*.
THcaqa tausend öapH Jar«. [Eig-. die grosse (Zahl).]
185 R ich M9 W5.
TH du xy tu.
OHi, OHa er, sie f. ion, ioft ioj, ioj.
MH wir a-M3 amd.
BH ihr Ty-M9 tum 9.
190 OHH sie pl. i0H9 ioud.
Das vorstehende Verzeichniss von Worten aus der Sprache
der Moskauer Zigeuner verdanke ich wie so vieles andere
dem grossmütigen Förderer meiner Zigeunerstudien, meinem
verehrten Freunde, Herrn Staatsrath und Akademiker, Dr. Anton
Schiefner in St. Petersburg. Dasselbe wurde aus dem Munde
von in Moskau ansässigen Zigeunern aufgezeichnet und heraus-
gegeben von dem Moskauer Arzte, Herrn V. K. Papandopulo,
unter Nr. 14. Seite 160 in : Izvestija imperatorskago obsöe-
stva Ijubitelej estestvoznanija, antropologii i atnografii, sosto-
jascago pri imperatorskomt moskovskomi universitete.
Tomi. XXVII. Trudy antropologiöeskago otdela, tomt III.
Antropologiceskaja vystavka imperatorskago obscestva Ijubi-
telej estestvoznanija, antropologii i ytnografii. Tomt pervyj.
Zasedanija komiteta po ustrojstvu vystavki vt> 1877 godu
pod-L redakcieju A. P. Bogdanova. (Izdanie komiteta vy-
stavki.) Moskva. Tipografija M. P. Lavrova i K°, Leonttevskij
pereulokt. 1878. 428 Seiten in 4" in zwei Columnen mit
alphabetischem Index 10 Seiten in zwei Columnen auf 160.
Darauf folgt unter Nr. 1.5. ein Aufsatz A. P. Bogdanov's :
jMaterialien zur Erforschung der Zigeuner in anthropologischer
Beziehung.'
Beiträge zur Kenntniss der 'Zigeunermundarten. IV. 269
/) Zigeunerisches aus Ssuiny im Clouveriieiiieiit Charkov.
Mitgeteilt von Herrn L. Glaeser in St. Petersburg.
Beilieg-endes Vocabiilar der Zigeunersprache nebst nach-
folg-ender kui-zer Declinations - und Coujugationstabelle und
Sprachprobe ist von mir im Juni 1877 im Ssumschen Kreise
des CharkofFschen Gouvernements (CyMCKOn yis^i XapLKOBCKOn
ryöepHiii) aufgezeichnet worden. Die Zigeuner, denen ich diese
Aufzeichnungen entnahm, waren bei der Behörde der Kreis-
stadt Ssumy (CvMBi) des Charkoffschen Gouvernements ange-
schrieben und russischer Religion (npaBOC.iaBHHe). Den Sommer
brachten sie auf Wanderungen zu und wollten einerseits bis
Odessa, andererseits bis Moskau und Niznij-Novgorod gekommen
sein. Ihr Hauptgewerbe war der Handel mit Pferden_, nebenbei
waren sie aber auch Schlosser, Verzinner und Thierärzte, Den
Winter über lebten sie in Ssumy. Die folgenden Aufzeichnungen
wurden vorzugsweise nach den Worten eines älteren Zigeuners, des
intelligentesten der ganzen Bande, geführt. Zwei andere Zigeuner
und mehrere Zigeunerknaben hockten rings herum und mischten
sich zuweilen ins Gespräch. Da die Dorfpolizei und die Bauern
den längeren Aufenthalt einer Zigeunerbande in ihrem Dorfe
ungern sehen, so hatte ich nur drei Stunden Zeit die Leute
auszufragen. Sie zogen wieder weiter. Am nächstfolgenden Tage
fuhr ich ihnen nach und hatte Gelegenheit sie im Laufe zweier
Stunden auszufragen, wobei ich das am vorigen Tage aufge-
zeichnete einer Prüfung unterwarf und noch einiges hinzufügen
konnte. Die älteren Leute sprachen recht gut russisch und
behaupteten, ihre Eltern und Grosseltern hätten bereits in
Russland gelebt: von wo sie aber nach Russland gekommen
seien, wussten sie nicht anzugeben.
Im Nachfolgenden bedeutet y das russische u, / das
deutsche ch, l das russische a in .1061», z das russische 3, c das
russische ^, § das russische in, c das russische ii;. ai, oi,
ou, eu und tn sind Diphthonge. Die Betonung ist durch den
accent aigu angegeben, n, d, )' , l, s sind wie nj, clj, rj, Ij,
sj zu sprechen.
270
M ikl osich.
A. Vocabular.
Substantiva.
rom Mann, Zig-euner (pl. romd).
gadzö Mann, Bauer (russischer)
pl. gadze.
romni Frau, Zigeunerinn, pl.
romnd.
gadi Bäuerinn (russische) pl.
gada.
5 cliavö Knabe, Sohn, pl. cliave.
dem. chavorö, 'pl. cliavore.
chal Mädchen, Tochter, pl. chajd.
raA:?/ junges Mädchen, /(.iByniEa.
dem. raTdori ^iBOHKa.
0 dad der Vater, pl. dadd.
e dai die Mutter, pl. dajd.
10 jpsal Bruder.
phuröm Grossvater, pl. pJmromd.
phuri oder lilmromni Gross-
niutter, pl. jjhiird, phuromnd.
manüs Mensch, Mann, fem.
manumi.
rai Gutsbesitzer.
15 devei. Gott.
devetorö Eng-el, pl. develore.
heiig Teufel, pl. bengd.
boluhen Wolke, pl. bolubend.
talakUnckdte barö es donnert
stark.
20 hacöl Blitz, pl. haSen (sie!)
o kyam die Sonne.
itina oder bolybe Mond.
cerhen Stern.
bavdi Wind, pl. bavald.
25 zmaWiuter (im Winter zimdko).
jiMmjc? Herbst, Winter, schlechte
Jahreszeit (im Herbst juven-
ddko oder juvende).
bers Jahr, pl. bersd.
chon Monat.
dyves (?) Tag.
rozdyvesejd es ist Morgen, der 3
Tag ist angebrochen.
bevei Abend (beveU Abends).
e phu die Erde.
pani Wasser.
mui Gesicht.
jak Auge, ^\. jaklid (kh — sie!). 3
vust Lippe, pl. vustd.
chord oder bröda Bart (6opo/l,a).
chindle Bart (ych).
cipa Haut (per e dpa dzal o |
kii-mö auf der Haut geht der
Wurm).
nai Finger, pl. nnjd. 4
vast Hand, pl. vastd.
0 kan das Ohr, pl. kand.
0 dand der Zahn, pl. dandd.
0 bal einzelnes Haar, pl. bald
das Haar.
e heroi der Fuss, pl. herd (sie !). i
0 nak die Nase, pl. naklid.
cib Zunge.
0 serö der Kopf.
kar Mähne.
kokdto Knochen (and e heroi ö'
kokdlo in dem Fusse Knochen
[ist]).
grai Pferd.
gurü Ochs, pl. guruvd (sie!).
guruni oder guruvni Kuh, pl.
gurund, gwuvnd.
dzuktl Hund.
myc Katze. 5j
basnö Hahn, pl. basne.
kayni Huhn, pl. kaynd.
Beiträge zur Kenntniss der Zigennermntidarten. IV.
271
kaynori Küchel, u.sin.ieHOK'L.
papin Gans.
60 hcdycö Eber, männliches
Schwein, KadaH'b.
baiysnt Ssiu.,-weih\iches Schwein,
CBHHLfl.
halycliorö Ferkel.
rcica Ente.
huznö Ziegenbock, K03e.a^.
65 e huzni die Zieg;e.
hakrö Schafbock , Hammel,
öapaHi).
hakri Schaf, OBi],a.
hreza Birke.
e volh'/a die Eller, Erle, o.ii>xa
(cf. kleinriissisch BH.iLxä).
70 sosna Fichte.
jölka Tanne.
lipa Linde.
demho Eiche.
giv Rog-gen.
75 givni Weizen.
käst Stock, pl. kastei Brennholz.
you Hafer.
kumipi Hanf, KOHon.ia.
grika Buchweizen, rpena, rpe-
^Hxa.
80 thahai Apfel, pl. tliahd.
puvidko Kartoffel.
. jdrzo Mehl.
mar 6 Brod.
mas Fleisch.
85 haXavds Fett.
gav Dorf.
föro Stadt.
kr/er Hütte.
savdri Zaum.
90 vurden Wagen, Fuhre.
satra Zelt, niaTepi).
kustyk Gürtel.
postyn Ty-iynii. Schafspelz.
hakridko stadyk Mütze aus
Schaffell.
tird'/^ Stiefel. 95
yolovd Hosen.
gad Hemd.
tJiag<
dr König.
Adjectiva.
süatö, fem. süalt kalt.
talö, fem. tati warm.
liacklrdö, fem. -i heiss.
harö, fem. -i gross.
tyknö, fem. -i klein.
grübo, fem. -i dick.
sano, fem. -l dünn.
barvaiöj fem. -i reich.
cororö, fem. -i arm.
dldgo, fem. -i laug.
skürto, fem. -i kurz.
hut viel.
na hut wenig.
lolö grün.
sasturno rot.
silto gelb.
mornitko blau.
kalö schwarz.
parnö weiss.
ku6 gut, schmackhaft.
hihtiy^ schlecht.
Ädverhia.
dadyves heute.
tasd gestern.
ataki morgen.
paJttasd übermorgen.
ndhara unlängst, neulich.
atakand oder akand jetzt.
lOÜ
105
110
115
120
1 •_'.')
'ZVl
Miklosich.
sygo schnell.
70. jeytadesd.
dryvdn sehr.
80. oytodesd.
Mci wie viel ?
90. jenadesd.
söske warum?
100. sei.
130
kdtir von wo?
1000. tysenco oder barö, fem
todi dann.
bari.
koli wann, wenn, ah
5 (koli tu
javesa wenn du
kommen
II. Ordinalia.
wirst).
1. jek.
paiodovd weil.
2. vavir.
3. trito.
Numeralia.
4. stdrto.
I. Cardinalia
5. pdncto.
1. jek.
6. souto.
135
2. dui.
7. jeytdto.
3. tmn.
8. oytoto.
4. Star.
9. jendto.
5. panc.
10. desto.
6. sou.
11. desujek.
140
7. jeytd.
12. desudüito.
8. oytö.
13. desutrito.
9. jend.
20. bisto.
10. des.
30. trijanddto.
11. desujek.
40. saranddto.
145
12. desudüi.
100. selto.
13. desutrin usw. bis
19.
101. seito jek.
19. bi jek hesko bis.
102. selto vavir.
20. bis.
103. selto trito.
21. bistejek.
122. selto bisto vavir.
150
22. bistedüi.
23. biHetrin usw. bis
29.
Pronomina.
29. bi jek hesko trijanda.
me ich.
30. trijanda.
tu du.
39. bi jek hesko sardn
da.
jou er.
155
40. sardnda.
joi sie.
60. panSdesd oder pandesd.
ame wir.
69. bi jek hesko soudesa oder
turne ihr.
pandeM jend.
jo7ie sie.
60. soude§d.
kon wer?
Beiträge zur Kenntniss der Zigeunennunclarten. IV.
273
SO was?
leskiro sein.
odovd fem. odojd jener.
amdro unser.
95
miro mein.
tumdro euer.
tiro dein.
iengo ihr.
B. Declinationstabelle.
Singular Plixral
Nom. rom Zigeuner romd
Gen. romeste romende
Dat. romeske romenge
Acc. romes.
romen.
200
Singular
Nom. barvalö rom reicher Zigeuner
Gen. barvaieste romeste
Dat. barvafeske romeske
Acc. barvales romes.
Plural
barvale romd
barvalende romende
barvalenge romenge
harvalen romen.
NB. Nach barvalö geht genau chavö Knabe^ Sohn, im
Singular als auch im Plural.
Singular Plural
Nom. barvali romni reiche Zigeunerinn barvale romnd
Gen. barvale romndte barvale romninde
Dat. barvale romiidke barvale romninge
Acc. barvale romnd. barvale romnin.
Die Beispiele, auf Grund deren obige Paradigmata zusam-
mengestellt wurden, sind folgende:
Für den Genitiv : barvaieste romeste love y öoraiaro
n,HraHa ^entrH (cctb).
Für den Dativ: de barvaleske romeske love gieb dem
reichen Zigeuner Geld.
Für den Accusativ: me dikydva barvale's romes ich werde
sehen einen reichen Zigeuner.
Dieselben Phrasen wurden für den Plural von barvalö
rom und die Declination von barvali romni angewandt.
274
Miklosich.
Singular
Nom. o dad der Vater
Gen. dadeste
Dat. dadeske
Acc. dadi's.
Plural
Singular
Nom. dai Mutter
Gen. ddte
Dat. ddke
Acc. da.
dadd
dadende
dadenge
daden.
dajd
dajende
dajenge
dajen.
Plural
Genau ebenso wie dai wird auch cliai Tochter decliniert.
Anders grai Pferd :
Singular Plural
Nom. grai 5'*'<^j'^
Gen. greste (greste kar jsi y .aoma/l,H rpHBa eCTL) grende
Dat. greske (de greske jou gieb dem Pferde Hafer) grenge
Acc. gres. gren.
Declination von odovd, odojd jener, jene im Singular :
Singular
Nom. odovd maiiüs jener Mensch, Mann
Gen. odoieste manuseste
Dat. odoleske manuseske
Acc. odoles manuses.
Plural
Nom. odold romd oder manusd.
Singular
Nom. odojd manumi jenes Weib
Gen. odold manusndte
Dat. odoldke manuMdke
Acc. odold manuSnd.
Plural
Nom. odold manusnd.
Beiträge zur Kenntniss der Zigetmermundarten. IV. 275
Declination der Possessivpronomina: miro, Uro, leskiro ;
amdro, tumdro, lengo.
Singular
Nom. miro dad mein Vater
Gen. mire dadeste
Dat. mi7'e dadeske
Acc. wfre dades.
Ebenso der Singular von Uro dein, leskiro sein, amdro
unser, tumdro euer.
Der Plural von miro, Uro, leskiro, amdro, tumdro wird
decliniert wie harvalö oder cliavö. Das fem. sing, von lengo
blieb mir unbekannt. Der nom. pl. von lengo lautet Imgire.
Declination der Personalpronomina: me, tu, jou, joi;
ame, tume, Jone.
Singular
Nom.
me ich
tu du. jou er joi
Gen.
mdnde
tüte Ic'ste
Dat.
mdnge.
tuke. ieske.
Plural
Nom.
ame wir
turne ihr
Jone sie
Gen.
amende
turnende
lende
Dat.
amenge.
tumenge.
lenge.
Beispiele für den Instrumentalis scheinen in folgenden
Phrasen vorzuliegen :
me ^akirdöm pe par indes a (parind die Decke) ich bedeckte
mich mit der Decke.
me marriu dzukie's kastesa ich schlage den Hund mit dem
Stock.
me mardu gres cukndsa ich schlage das Pferd mit der
Peitsche.
me chindu pusä chindlesa (chindlö die Sichel) ich schneide
Stroh mit der Sichel.
me zamdrau yja ' i:)hujdsa ich verstopfe das Loch
mit Erde.
' /in das Loch, in diphthongisch gesprochen.
276
MikloBich.
Desgleichen: sösa? mit was, womit? (Siehe unten die
Sprachprobe.)
Ablativi sind vielleicht: plmjdtir aus der Erde, k-/ßrhtir
aus der Hütte, hengestir (z. B. jou darei bengestir er fürchtet
den Teufel). Ebenso kdtir von wo? (Siehe unten die Sprach-
probe.)
Einige Praepositionen :
and in z. B. and o ves im Walde, sastir and e pku das
Eisen in der Erde, and o kr/er in der Hütte.
'po auf z. B. e stadyk po serö die Mütze auf dem Kopfe.
tirdy^ po heroi der Stiefel am Fusse. po phu auf der Erde, auf
die Erde, po kr/ er auf der Hütte.
palö hinter z. B. paiö ves hinter dem Walde.
tele unter z. B. tele heroi unter dem Fusse.
ke zu z. ß. me dzavdu ke.tu, ke jou, k' ame ich komme
zu dir^ zu ihm, zu uns.
mdskiro zwischen z. B. mdskiro ves o kyer zwischen dem
Walde und der Hütte.
C. Conjugationstabelle.
Praesens.
S
i n g u 1 a r
1. Person
2. Person
3. Person
1.
ich
gehe me dzau
tu dzas
jou, joi dzai
2.
ich
sehe me dihydu
tu dikyjs
jou, joi dikyet
3.
ich
gebe me dau
tu des
jou, joi del
4.
ich
esse me yau
tu yas
jou, joi yal
5.
ich
grabe me kerdu
tu keres
jou, joi kerel
6.
ich
kaufe me kinan
tu kines
jou, joi kinel
7.
ich
liebe me kamdu
tu kame's
jou, joi kämet
8.
ich
stehe me tardovdu
tu tardös
Plural
jou, joi tardöl
1. Person
2. Person
3. Person
1.
wir
gehen ame dzas
tume dzan
Jone dzan
2.
wir
sehen ame dikyds
tume dikr/en
Jone dikyen
3.
wir
geben ame das
turne den
Jone den
Beiträge zur Kenntniss der Zigeunermundarteu. IV.
277
4. wir essen ame yas
5. wir graben ame kerds
6. wir kaufen ame kinds
7. wir lieben ame kamds
8. wir stehen ame tardovds
turne yan
turne keren
turne kinen
turne kamen
turne tardön
Jone yan
Jone keren
Jone kinen
jotie kamen
Jone tardön
Praeteritum.
Singular
1. Person
2. Person
3. Person
1.
ich g-ieng me gajöm
gajdn
gajd
2.
ich sah me diksöm
dikMn
diksd
3.
ich gab me dijöm
dijdn
dijd
4.
ich ass me yajöm
yajdn
yajd
5.
ich grub me kerdöm
kerddn
kerdd
6.
ich kaufte me kindöm
kinddn
kindd
7.
ich liebte me kamjöm
kamjdn
kamjd
8.
ich stand me tardöm
tardö (?)
tardö (?)
Plural
1. Person
2. Person
3. Person
1.
wir
gi engen gajdm
gene
gene
2.
wir
sahen diksdm
dikne
dikne
3.
wir
gaben dijdm
dine
dine
4.
wir
assen yßjd (?)
yane
yane
5.
wir
gruben kerddm
kerde
kerde
6.
wir
kauften kinddm
kindle
(?)
Undle (?)
7.
wir
liebten kamjdm
kamne
kamne
8.
wir
standen tarde (?)
tarde
(?)
tarde (?)
Zu folgenden zwei Praeterita ist das Praesens nicht auf-
gezeichnet worden (das Futurum siehe unten):
1. Person
Singular
2. Person
9. ich starb mejöm mejen
10. ich gieng fort itgajöm ugajdn
3. Person
mejd
ugajd
278
Mikl osich.
Plural
1. Person
9. wir starben mejem
10. wir giengen fort ugajäm
Futur
2. Person
mene
ugane
um.
Singular
1. Person
2. Person
1. ich
2. ich
3. ich
4. ich
5. ich
6. ich
7. ich
8. ich
9. ich
10. ich
werde gehen dzciva dzdsa
werde sehen dlkr/äva dih/ßsa
werde geben ddva desa
werde essen ydva ydsa
werde graben kerdva keresa
werde kaufen kindva kinesa
werde lieben : nicht aufgezeichnet,
werde stehen tardovdsa (?) tardesa
werde sterben merdva meresa
werde fortgehen udzdva udzdsa
Plural
3. Person
mene
ugane
3. Person
dzdlla
dik'/ella
d&tla
ydlla
keretta
kinella
tardölla
merla (sie!)
udzdlla
1. Person
2. Person
3. Person
1.
wir
werden
gehen dzdsa
dzdna
dzdna
2.
wir
werden
sehen dikydsa
dikyjna
dikyjna
3.
wir
werden
geben ddsa
dma
dma
4.
wir
werden
essen ydsa
ydna
ydna
5.
wir
werden
graben kerdsa
kerena
kerena
6.
wir
werden
kaufen kindsa
kinena
kinena
7.
wir
werden
lieben : nicht aufgezeichnet.
8.
wir
werden
stehen tardovdsa
tardöna
tardöna
9.
wir
werden
sterben merdsa
merna
merna
10.
wir
werden
fortgehen udzdsa
udzdna
udzdna
Einige Imperativi: sieh! dikpe (dikpe po mdnde sieh
auf mich); seht! dikyjiqye; kaufe! dza kin (wörtlich: gehe
kaufen ! nach der Erklärung der Zigeuner) ; kauft ! dzan kinen
(wörtlich : geht kaufen !) ; iss ! ya ; esst ! yan ; gieb ! de ;
geh ! dza.
Beiträge zur Kenntniss der Zigeanermundartcn. IV. 279
D. Sprachprobe.
I.
Me avjd and o gau; and o gau dzuven hut gadze ; odold
Ich kam in das Dorf; in dem Dorfe leben viele Bauern; diese
gadze dryvdn corore ; sarende jek hakri; kyeru tijkne.
Bauern sehr arm; alle haben (je) ein Schaf; die Hütten klein.
Gadze e phu pay^ynen, maro and o föro hiknm , otden
Die Bauern die Erde pflügen, das Brod in die Stadt verkaufen, zahlen
hare oddngire.
viele Abgaben.
II-
Odovd rom,' leste nane ni dai ni dad; jou na
Hier ist ein Zigeuner; er hat nicht weder Mutter noch Vater; er nicht
dzinel , kiel ieske hersd , köli jou bianddpe. You devles
weiss, wieviel ihm (sind) Jahre, wann er geboren ist. Er zu Gott
mangeiape , dar et hengestir. Kate jakhd leste, kalö mui.
betet, den Teufel fürchtet. Schwarze Augen hat er, dunkles Gesicht.
Kdtir jou ävjd f Sösa jou saieipe ? You karel posiida,
Von wo er ist gekommen? Womit er sich beschäftigt? Er verbessert Geschirr,
karel gren.
heilt Pferde.
,Der Stock des Sohnes^ heisst: käst e chaveskiro. ,Die
Tochter der Mutter' heisst: e chai e ddkiri.
Zum Schlüsse glaube ich versichern zu können^ dass die
Wiedergabe der Laute durch die am Anfange genannten Zeichen
genau und richtig ist. Die grosse Mehrzahl der Wörter habe
ich mir drei- ja viermal vorsprechen lassen, und zwar von
mehreren Zigeunern. Diejenigen Worte, deren Wortlaut mir
nicht deutlich hörbar wurde, habe ich mit einem Fragezeichen
versehen. Irgend welche Änderungen an zweifelhaften Formen,
etwa auf Grund anderer, ihnen entsprechender und genau auf-
gezeichneter Formen, habe ich mir nicht erlaubt, obwohl dies
in manchen Fällen möglich und gerechtfertigt schien. Endlich
muss ich noch mein Bedauern aussprechen, dass jene Zigeuuer-
bande, trotz des Versprechens reicher Geldgeschenke meiner-
seits, nicht wieder in die Gegend zurückkehrte, in der ich
280
Miklos ich.
mich aufhielt, obwohl sie versprochen hatte nach Verlauf von
sechs Wochen wiederzukehren. Ich hörte von den Leuten
nichts mehr. Zwei Monate nach unserem Zusammentreffen
riefen mich die Verhältnisse aus jener Geg-end ab.
g) Zigeunerisches aus Sibirien.
Mitgeteilt von Herrn Dr. Otto Duhraberg, Staatsrat, Medicinal-
iüspector zu Barnaul (Gouvernement Tomsk).
Wörter der Zigeunersprache (Gouvernement Tomsk).
Gott daioal.
Himmel holihd.
Sonne cliam.
Mond tschon.
Wolke jari.
Reg-en hrischin.
Donner grömo.
Blitz hlisskawiza.
Stern tjerclianjä.
Baum käst.
Pferd grai.
Kuh gurumi.
Lamm hakro.
Hund dschukal.
Esel bremintsch.
Vater dad.
Mutter dai.
Sohn tscliao.
Tochter tschai.
Enkel kari.
Enkelin chamrimintscli.
Kopf schar 0.
Brust kolyn.
Hand | wast.
Finger j wasta.
Fuss häroi.
Kücken dumo.
Aug-e jakcha.
Nase nak.
Messer tschuri.
Mund mul.
Zung'e tschih.
Zähne danda.
Kinnbart hroda.
Mensch (Sohn) tschalo.
Rock (loÖKa) jendaraka.
Kopftuch d(bi)klo.
Perlen mirikld.
Erde pfu.
Sand pjassku.
Gras tschar.
Schwein halitschjö.
Wagen urdon.
Krankheit nasswalo.
Lachen ssalpe.
Weinen terowess.
Essen cha.
Trinken tejyjan.
Brod maro.
Wasser panji.
Wein hrawinta.
Stein bar.
Tag d(bi)bess.
Nacht rad, rat.
Beiträge zur Kenntniss der Zigeunermuiidarten. IV. 281
Milch tfud,
Ohrgehänge tjenjä.
Ohr hayioro.
Haar hole.
Ring- janggrusts.
h) Zigeunerisches aus Armenien.
Die nachfolgenden Notizen über die Zigeuner in Armenien,
Pösa, Bösa (Pösa heissen auch die Zigeuner Kleinasiens, wofür
die Georgier Bosa sprechen Paspati 443), sind einem 1864 in
Venedig in armenischer Sprache erschienenen Werke entlehnt :
, Topographisches über Klein- und Gross-Armenien von Nerses
Sarkisian'. Sie stehen auf Seite 81. 82. Die Schrift stammt
nach der Vorrede und dem Datum der Karte des Gebietes
von Karn (Arzrum) aus dem Jahre 1846. Ich verdanke ihre
Kenntniss zunächst Herrn Dr. J. Sigg in St. Petersburg:
Herr S. Derwischian, Mitglied der hiesigen Mechitharisten-
Congregation, unterstützte mich bei der Arbeit. ,Uber Ab-
stammung und Herkunft der Pösa, deren es im Lande Karn
(Arzrum) nicht wenige gibt, kann ich nichts sicheres sagen ;
sie selbst wissen auch nichts bestimmtes über ihre Vorfahren ;
es ist ihnen unbekannt, wessen Nachkommen sie sind und
aus welchem Lande sie eingewandert. Die Überlieferung der
Türken, welche aus Ähnlichkeiten glauben Schlüsse ziehen zu
können, hält sie für Stammgenossen der gewöhnlich sogenannten
Cingiane: diese bezeichnen sie als Überreste des aegyptischen
Volkes, indem sie erzählen, die Cingiane seien vor undenklicher
Zeit aus Aegypten eingewandert. Von den Pösa bekennt sich
die eine Hälfte zum Christenthum, die andere zum Islam.
Wenn auch die Wahrheit jener Ansicht nicht verbürgt werden
kann, so ist doch so viel gewiss, dass die Lebensweise der Pösa
mit der der Cingiane vollkommen übereinstimmt. Wie diese,
wandern auch jene von Dorf zu Dorf, fester Wohnstätten ent-
behrend ; dieselben Gewerbe betreibend begnügen sie sich mit
wenigem. Die Bezeichnung Pösa halten sie für einen Schimpf.
Indessen sind die Pösa nicht so wild wie die Cingiane ; sie
sind sich der Religion, zu dei- sie sich bekennen, nicht so
unbewusst und sind durch das Christenthum milder geworden.
Sie lieben den Müssiggang, sind furchtsam, und entschliessen
Sitzungsber. d. phil.-hist. Cl. XC. Bd. II. Htt. 19
282
Mi klosich.
sich nicht leicht sich einer unbekannten Sache zu nähern. Die
meisten von ihnen sind gottesfürchtig-, besuchen die Kirche,
empfang-en die Sacramente, und unterscheiden sich hierin nicht
viel von den armenischen Christen. Von diesen g-ehasst können
sie sich mit ihnen nicht durch Ehen vermischen : kein Armenier
wird einem Pösa seine Tochter zur Frau geben oder den
Sohn eines Pösa in sein Haus aufnehmen. Indem ich die
Sprache der Pösa von einem von ihnen hörte, glaubte ich darin
eine der alten Sprachen zu finden, und hielt sie einiger Prüfung
für wert. Nach ihrer Ansicht ist sie von ihnen selbst erfunden;
sie wird von ihnen angewandt, so oft sie etwas heimlich zu
sagen wünschen. Sie ist sehr arm und mit armenischen Worten
gemischt. Ich glaube den wissbegierigen einen Dienst zu er-
weisen, wenn ich ihnen von dieser Sprache auch nur weniges
mittheile, nämlich einige Worte, in denen man eine nicht geringe
Ähnlichkeit mit indogermanischen Sprachen finden wird.'
maniis Mensch.
sisorow Krone, Häuptling.
orow Fürst, Pascha.
sis Kopf.
5 aJci Auge.
la7iJc Nase.
muh Mund.
konc (kong) Bart.
ad (at) Hand.
10 paio (baw) Fuss.
pere (bere) Herz.
manc (mang) Mitte, Taille.
-/ari Esel.
Ttöri Pferd,
15 körwawtik (-diH) Pferde, collec-
tiv.
yaricawtik (-dik) Esel, collec-
tiv.
lewal Gott.
tresul (dresul) ecclesia, eccle-
siasticus.
nahlaic Feuer.
t'enaiv Boden.
t'uli Erde (pulvis).
ivai' Stein.
kahr (gahr) Holz.
bani (pa7ii) Wasser.
malaw Brot.
yafelu esca.
ankor Nuss.
ansew Apfel.
anlö Ei.
bandri (jpantri) Henne.
araiü Mehl.
gilm (kihu) Weizen.
caw Gerste.
klar (glar) Käse.
kel Öl,
o '
yaliw Fleisch.
manijaw (mancaio) Fisch.
lavawlS Brennstofif.
cahri (galiri) Sieb.
curi Messer.
gar (kar) Haus.
2(
3(
3i
40
Beiträge znr Kenntniss der ZigenDermnndarten. IV.
283
har (par) Thür.
nakaic fnagaiv) Dachfenster.
baicJcas (jyaicgaS) Fussdecke,
Schuh.
4ü baris fjparis) Kleidung-.
sis^/ol Kopfdecke, Hut.
yaricaw Geld, Münze.
UM Dorf.
Reraw Stadt.
50 sutaf (sudaf) Schlaf.
söl Ruf.
les Leben.
kam (gam) Ding, Geschäft.
samel gut.
55 ak eins.
lui (lovi) zwei.
las zehn.
pamnis (bamnis) hundert.
hew dieses.
60 hewak (hewag) diese Seite.
hawi wieder.
barbar fjmrjyar) wider, trotz.
ke';tuk fge';dukj wie viel.
pasfan fbasdan) mit, zusammen.
65 kattl (gadel) Russ oder Tinte.
70
75
yaCel essen.
piel (biel) trinken.
ciel gehen.
samlikarel f-garel) bauen.
sölikarel f-garel) sprechen.
banel (panel) sagen.
senJcel verstehen.
lekel sehen.
mankel (mangel) wollen.
parel anziehen.
nkalel (ngalel) entblössen.
wesel sitzen.
nklel (nglel) ausgehen.
awel kommen.
nasuhel fliehen.
wgalel (ivcalel) schicken.
cujel (cucel) streiten.
barbarutluil (parpaudlivil) wid er-
stehen.
kurel (gurelj schlagen.
markarel (margarel) tödten. 85
midil sterben.
mancuhil (nianguMl) bleiben.
pavt'el (bant'el) binden.
iiMel öffnen, lösen.
80
19*
284 Miklosich,
Anliaug.
I. Berichtigungen und Ergänzungen zu ,Über die Mundarten
und die Wanderungen der Zigeuner Europa's' VII. und VIIT.
XXVI. und XXVII. Band der Denkschriften.
Von Herrn Prof. Dr. Friedrich Müller.
ahor: hör verg-l. man mit npers. bär, aind. vära. a<S:
acöh aus aska, as-ska: vergl. griecb. sV/.ov, eay.s. akhar: viel-
leicht all kar acli ! machen, asjav: das hind. äsijä ist dem
pars, entlehnt: auch äsijäv. astar : verg-l. aind. stä- stena. g-ot.
stilan. griech. cxspsTv. hakro: kurd. berkli gehört nicht hieher,
dieses ist pehlewi varak. haravalo: aind. balavant stark, brek :
vergl. npers. bar. brek = barak. hurli: aind. bhramara. sindh.
bhaüru. cikat: armen, cakat. curi: kurd. sür, sjür gehört nicht
hieher. dikh: drks, Abkürzung von didrks (desiderat. von drs),
d'milo : npers. dewänah, diwänah, ,vom bösem Geiste (dew — abaktr.
daeva) besessen', dzoro: armen, dzori. dzov: npers. dzaw. gono:
aind. gonl. chanduk: arab. chandaq ist dem pers. entlehnt: von
khan graben. cJndaj : npers. xndäj. chut : avg. chatal gehört nicht
hieher. kar: kurd. qir. kiri. avg. Yönr gehören nicht hieher.
kher: npers. khar. abaktr. khara. khil : aind. ghrta, heutzutage
ghi. kiri: aind. kita Wurm, Insect. kjustyk: npers. kusti, kusti.
pehlewi küstik, syrisch (aus dem pehlewi) küstiqä. lang:
npers. lang, lim: vergl. griech. Xr^\).r^. lisdra: npers. larzldan.
lovo : aind. löpa ^Abschnitt^ mur : aind. mrd. nand: mit
uand , erfreut werden' = , sich gütlich tun' verquickt? parvar:
npers. parvardan. ]mso: apers. pasa. npers. pas usw. ist aind.
pasöät. pata: armen, patvast ^Verbindung, Aubindung'= abaktr.
*paiti-basti von paiti -j- hiiw i\. plmhaj : osset. phätkuj ? phutr :
armen, patafel. pirjav: aind. pri lieben, postin: npers. pöst. res:
npers. rasidan. apers. ras. ruv: vergl. npers. rubäh Fuchs, sano:
päll sanna zweifelhaft, sila: vergl. aind. äila Gewohnheit, Cha-
rakter, sir: aus dem npers. sir. sirimi: npers. carm. aind.
öarman Haut, Leder? sach: \n\\'i usw. ist zu streichen, saj :
wohl aind. sakjam. sasto: sasto = aind. svastha. sasto-sasta:
beide mit einander verquickt? suSo : aind. suöi. siikar : subh
schön sein ist zu streichen, dagegen aind. sukra hinzuzufügen.
Beiträge zur Kenntniss der Zigeunermnndarten. IV. 285
tang : npers. tang^ ,enge^ mit tanuk ,fein, dünn' zusammen-
gefallen, te: armen, ethe. trad: aind. trd : trnadmi. umblav :
aind. ava-lamb hangen.
Anmerkung. Über ac vergleiche man G. I. Ascoli, Studj
critici. Roma. Torino. Firenze. II. 1877. Seite 352. Ich füge
zu VII. und VIII. noch folgendes hinzu : cfpa Leder^ Haut
findet sich aslov. cipa und mgriech, -U-x membrana, pellicula,
vena: vergl. nsl. cipa arteria. chev f., pl. chevjä, Loch hängt
vielleicht irgendwie mit aind. kha Höhle, Offuung zusammen:
V mag zwischen a und dem nun abgefallenen Auslaut des
Stammes eingeschaltet sein, kin vb. kaufen, von kri: dieses
wird von J. Schmidt 2. 255. mit der w. kar in Verbindung
gebracht, die ved. krnöti bildet. Das Praesensthema ist im zig.
allgemeines Thema geworden: aind. krn wird zig. kin. lokö
leicht habe ich mit aslov. iBgtkt usw. in Verbindung gebracht,
mit Unrecht, wie die Sprachen Dardistäns zeigen : loko, lotz
light dard. 1. 10. loko quick 1. 11. lokho quickly 3. 43. lok 3.
41. loko, loko 3. 45.
II. Berichtigungen zu , Beiträge zur Kenntniss der Zigeuner-
mundarten. III'. LXXXIV. Band der Sitzungsberichte.
a) Von Herrn Prof. Cav. G. I. As coli. (Aus einem Briefe.)
Lo scernere tra 1' elemento giudeesco e 1' elemento zin-
srarico del rotwelsch, e in molti casi assai arduo. Conoscere
r ebraico al modo che lo pronunziano i dotti o gli ebrei le-
vantini e italiaui, non basta all' nopo ; poiche si tratta di quella
particolar foggia di pronunziar 1' ebraico, che e propria degli
ebrei tedeschi, ed e piü distante dall' altra che non sia pel
greco la reucliniana dall' erasmica, cosicche uu ebreo italiano
non intende, senza una preparazione particolare, le voci ebraiche
che un ebreo tedesco gli fa sentire. lo mi sono un po' appli-
cato a queste difFerenze nella mia prima gioventü, e poi vi
sono ritoruato appunto in causa del rotwelsch. Ora forse non
Le spiace che io ponga a' Suoi servigi codeste mie prerogative
giudaiche e Le mandi subito le seguenti noterelle.
p. 6. loicen. Giustameute Ella lo separa dal zing. lovo.
E r ebr. labdn (pS) bianco, che in pionuncia giudeesca c
286 Miklosich.
appunto lowen. ,Bianco' per ,(lanaro d' arg-ento'. come heong
ecc. Studj crit. I 133. p. 10. hosseck. Dev' essere V ebr. hazdk
(pjn) forte, robusto, in pron. giud. hösek. E come dire ,g'ail-
lard' pei" ^rag-azzo^ p. 11. kehver. E 1' ebr. qeher CH^P qewer)
sepolcro. p. 13. laliaf. E sicuramente 1' ebr. Idhah {^tH), in
pron. g'iud. Idhaf fiamma. p. 15. margolioss ecc. Qui v' ha, in
fondo^ un' affinita etimolog-ica fra giudeesco e zingarico. Ma
le ,marglierite' veug-ono sicuramente al rotwelsch pel canale
g-iudeesco. E il rabbinico margalijbt (ni''75"lÖ), perle ; in pron.
giud. margölios. — Men facile e decidere se kiss (p. 12, 22)
sia la voce zing-arica o non piuttosto 1' ebr. k~is (D''3), mar-
siipium. Ma sara 1' ebraica. p. 19. simen. E pronuncia g-indeesca
del rabbinico simdn (jÖ'^D) seg-no, indizio. p. 19. swiivo. Non
e un errore. L' ebr. ha sabib (D'^DD, smclw) intorno, seblhöt
(niS''2p) dintorni ; e la pron. g-iud. della seconda voce e swi-
wos. p. 20. tarnecJiol. Dev' essere il rabbinico tarnegöl ('ü'JJ'iri)
gallo. Ancora mi permetterö di notare un errore di stanipa:
Zigeunersprachen p. 6. per Gaunersprachen.
b) Von Herrn Prof. Dr. Fr. Müller.
1. buzno: huzen-mass Gänsefleisch, buzen Gans, vielleicht
Ziegenfleisch, aivsi ,Gans^ Thiele. Hebr. XtllS- 2. dus, duss
Schloss, diz Schloss, Burg-, npers. vt> apers. didä , Festung-^,
ai. dih, g-riech. v.y-. duss ,Hängeschloss^, dusse Thiele, dussen
,schliessen' los - dussen ,aufschliessen' ? 3. chover Grabstätte.
Hebr, 12p- 4. ki7i. kinjen, kinjenen von hebr. HOp, davon
kinjon ,Kauf^ = )^''l^. 5. Ms Sack. Hebr. D''D- arab. ij^^f
6. krönen, kröner; krönerin im Liber vagatorum. 7. margo-
leaus, margolioss Perlen hebr. ilf^S^IÖ, Plural von KnSjlÖ, dem
g-riech. [xapYapiTt? entnommen. %. piUum Flachs, vielleicht ^jis^m
hebr. DTlt?S: pusom ,Wolle^ ist pers. ^j 9. simmen ,Vor-
bedeutung' hebr. ]f2>^ü, g-riech. c-^ij-sTov. 10. svito. swiwo , Gegend'
hebr. S''2D , Umgegend, Umkreist 11. tarne, tarnechol Huhn,
hebr. T'IJ^in ,Hahn', auch im Pehlewi tarnagoryä. 12. toven.
dobrich ,Tabak' vielleicht hebr. n*"! D1D , guter Dampf?
Beiträge zur Kenntniss der Zigeunermundarteu. IV. 287
III. Über die indische Heiraat der Zigeuner und die Zeit
der Auswanderung dieses Volkes aus Indien.
Wenn auch anerkannt werden muss, dass das zig-ciine-
rische eine indische Sprache arischen Ursprungs ist und dass
dasselbe den sieben neiiindischen Idiomen als achtes angereiht
werden kann, so sind doch die Unterschiede zwischen jenen
sieben Sprachen und dem zigeunerischen nicht zu übersehen.
Eine erschöpfende Darstellung dieser Differenzen liegt nicht
in meiner Absicht: ich will nur einige Punkte hervorheben,
hinsichtlich welcher sich das zigeunerische von dem Hindi usw.
entfernt, um sich einigen leider nur fragmentarisch bekannten
Sprachen und zugleich dem altindischen zu nähern. Diese
Sprachen sind einige Idiome, welche im Nordwesten Indiens
gesprochen werden und für deren Kenntniss wir den Herren
E. Trumpp und G. W. Leituer verpflichtet sind. Dem ersteren
verdanken wir die Kenutniss der Sprache der Käfir: ,0n
the language of the so-called Käfirs of the Indiau Caucasus',
abgedruckt im Journal of the Royal asiatic society of Great
Britain and Ireland. Vol. XIX. 1—30. London 1862.
Vergl. Zeitschrift der deutschen moi-genläudischen Gesellschaft.
Band XX. Herr G. W. Leitner bietet in ,Results of tour in
Dardistan, Kashmir, Little Tibet, Ladak, Zanskar etc. in four
volumes.' Vol. I. part I — IV. Labore, s. a. (etwa 1868) ein verglei-
chendes Vocabular und Grammatik der Dardusprachen : Shinä
(Ghilghiti, Astori), Arnyiä, Khajuna (das jedoch keine arische
Sprache ist) und Kaläshamänder.
A. Der erste der zu behandelnden Punkte betrifft die
Veränderunoren der altindischen Verbindungen st und st in
den mittel- (päli, präkrit) und neuindischen Sprachen einer- und
im zigeunerischen und den oben erwähnten Sprachen der nord-
westlichen Gegenden Indiens andererseits. Es zeigt sich, dass die
mittel- und neuindischen Sprachen hinsichtlich der genannten
Lautgruppen ebenso ein ganzes bilden, wie das zigeunerische
mit der Käfirsprache und den Dardudialekten zusammengehört,
indem diese Sprachen der altindischen Regel in sehr vielen
Fällen treu bleiben. In der ersten Sprachgruppe wird st zu th,
st zu th: die Mittelglieder sind ht uud ht Ascoli, Studj 2. 312.
288 Miklosich.
In der zweiten Gruppe erhalten sich inlautend st und st in
den meisten Fällen. Es werden nun vor allem I. die Fälle st
a) im In-, Aus- und h) im Anlaute^ dann IL die Fälle st
behandelt, und auch jene Worte aufgenommen, die nur in
einer Sprache die in Rede stehende Verbindung- kennen.
I. a) asti es gibt asiat. masi astil gibt es Fleisch? aind.
asti est. päli atthi usw.
prast vb. laufen: aind. pra-sthä med. sich erheben^ auf-
brechen Asc. 314. Vergl, dard. prashtö de. patitshä de stamp
1. 16. Mit der w. sthä hängt vielleicht auch astar ergreifen
zusammen.
sastir, sastri m. griech. Eisen, bessar. IL sastr. aind.
sastra telum Asc. 313.
sastö, sastö adj. griech. gesund, aind. sasta gepriesen,
gut, faustus Asc. 313.
vast m. griech. Hand Asc. 313. aind. hasta. päli hattha.
präkr. hatthö. sindh. hathu Tr. XLIV. bind. gug. häth usw.
Beames 1. 313. Dagegen hustani käf. Lassen, Alterthumskunde
1. 522. hast dard. 1. 36. host, host 1. 3. 36. Für aind. hastin.
päli. präkr. hatthi. bind, häthi usw. Beames 1. 313. dard.
hästo Elefant 1. 3. hostev dönn Elfenbein 3. 20. ustim im
kühistänl käf. 2Q. Doch auch hätt, hatt, hat 1. 3. 36; 3. 10.
44: hustam und ustim sind wohl manus mea käf. 13: ustim
mj lip.
Man beachte kühistäni näst Nase käf. 26. neben dard.
äti, äti, ati Knochen 1. 1; 3. 9. für aind. asthi. Im zig.
histrdva ich vergesse ist t eingeschaltet: aind. vismarati. päli
vissarati. Zig. grast Pferd ist armenischen Ursprungs.
h) Im Anlaut duldet auch das zig. und die ganze zweite
Gruppe kein st: der Anlaut s fällt ab.
tlian zig. Ort karp. Bettzeug, aind. sthäna. präkr. thäna.
sindh. thänu Tr. XX. Dagegen asiat. stümi ich bin, eig. ich
stehe, syr., womit europ. stdva ich stehe auf, ste pre stehe auf
und astd stehe zu vergleichen Ascoli 314: span. stano Ort,
stano in hengistdno Hölle ist slav. Ursprungs.
thav zig. Faden, Gewebe, Spinnerei, scheint auf dem aind.
sthäman zu beruhen, das allerdings nicht die Bedeutung des
griech. srr^i^/ov hat.
Beiträge zur Kenntniss der Zigeuneimnndarten. IV. 2c9
thulö adj. dick, cidö russ. aind. sthüla, sthüra. päli thülo.
(lai-d. tüla, tullo, tul fat 1. IL
tliim dard, 3. 4. wooden pillar ist aind. sthüna Pfosten,
Pfeiler, Säule.
Befremdend ist stlavi asiat. stari eng], neben span. astra.
taripe für aind. tärä. sindhi tärö. abaktr. stäre. griech. asiv;?.
dard. strija Weib 1. 37. isterkum Frau Lassen, Altertums-
kunde L 522. aind. stri. präkr. itthi usw. Beames 1. 313.
Neben stadik besteht sadik Hut, griech. axiäoi.
IL amjüM i. griech. angustöj, sn(/Ms^d m. Daumen Asc. 313.
aind. angustha m., das wie afiguli mit anga Glied zusammen-
hängt, sindh. änüthö. dard. 3. 10. angüt pollex. pers. angust,
daraus bind, angust; pers. angustar : zig. angustri, asiat. engus-
teri, dard. 1. 5. pulungusht, angushter Ring sind entlehnt.
hestö neben hesU partic. praet. von hes. sindh. vethö sitzend
Tr. 279.
käst m. Holz Asc. 313. aind. kästha. präkr. kätthö.
bind. käth. bang. käth. Auch dard. kate wood L 7.
kmtö beschimpft partic. praet. von kus. aind. krusta.
mistö adj. griech. gut. aind. mista schmackhaft, sindh.
mitho süss Tr. XLIL käf. maista gut 9. dard. mishto 1. 10; 3, ß.
naHö neben naslö partic. praet. von nas fortgehen Asc. 313.
aind. nasta von nas.
pilsto m. Rücken asiat. aus pusto Pa. 638. Asc. 313.
aind. prstha. päli pittha. präkr. putthi. sindh. puthe. bind,
pith usw. Beames 1. 315. kurd. pist. dard. pishto behind
neben pattu, pato 1. 12. pito back 3. 51. pri.sti back käf. 22.
rustö ml. 166. partic. praet. von rus zürnen Asc. 313.
Aind. rusta von rus, rus.
usti partic. ustdo aufstehen ist aind. ud sthä (uttisthati).
Andere Formen sind uchti, partic. uclitilo, aufspringen ; uftjäva,
ufkjdva, uchkjdva, partic. uchkinö; tifcdva, partic. ufcinö 594. 612.
span. ustilar "alzar Camp, ostinar. sindh. uthanu Tr. 257. bind,
uthuä. Vergl. Beames 1. 230. dard. i'ishti awake 1. 18. üshti
get up 1. 16. ushti 2. 5. Daneben utsho run 1. 17. utiar awake
1. 18. utho get up 1. 16.
vuH, ust, US m. griech. Lippe Asc. 313. aind. ustha.
päli ottha. bind. hoth. gug. hüth. ustam Lassen, Alterthums-
kunde 1. 522. wohl , meine Lippe': vergl. käf. 13. us{im.
290 Miklosich.
kaf. ust 8. 14. 24. rlard. üsht 1. 4. üslit 1. 5. Daneben onti
1. 4. öto 3. 9.
Paista, das dunkel ist, scheint ,hinaus, draussen' zu
bedeuten käf. 22. Man merke dard. prusht good 2.. 2. und das
abweichende dard. unth, üth Kameel 1. 2. für aind. ustra. In
saströ neben sasrö für sasro Schwiegervater ist t eingeschaltet:
svasura aus svasura. star, istdr vier ist aus ctar entstanden :
aind. catvär. päli. präkr. cattäro.
B. Der zweite Punkt betrifft die altindische Lautverbindung-
r mit vorhergehendem Consonanten : diese wird im mittel- und
neuindischen dadurch gemieden, dass r ausfällt oder versetzt
wird: aind. bhrätä wird bind, bhäi , aind. prastara- präkr.
patthara, aind. pragana- bind, parganä oder paraganä usw.
Beames 1. 320. Dies ist im zig. und in den Sprachen des
Nordwestens von Indien teilweise anders. In das Verzeichniss
sind auch die abweichenden Formen aufgenommen.
drab m. zig. Kraut, Medicin. aind. dravja. päli dabba.
drakli m. zig. Traube, aind. dräksä. sindh. däkh. käf.
dräs 24.
gav. m. zig. Dorf. aind. gräma. päli gäma. dard. grömm
Dorf 1. 6. käf. gläm 24. Hier weicht das zig. ab.
muter m. zig. Urin. aind. mutra. päli mutta.
(ypre zig. hinauf, oben : aind. upaii. Vergl. dard. uprai
lift it 2. 2.
fari in pariker zig. danken, grüssen .• parikerdva, pari-
kerdö. aind. pratikar. Zig. pari ist wohl aus pati entstanden:
päli pati.
patr, patri, patrin f. zig. griech. Blatt: aind. patra. päli
patta n. bind, pät, patä, patti. Auch dard. patu, pattu 1. 4.
phral m.zig. Bruder, aind. bhrätar. bind. bhäi. käf. blä 23.
pirjav, pir zig. verführen, huren, pirdva, pirjavdva. aind.
prija. päli pijo lieb.
rat f. zig. Nacht: aind. rätri. päli ratti. präkr. ratti,
rät!, rätji Tr. XLVIII. sindh. rate Tr. XXXVIII. bind. rät.
slgo adj. zig. schnell, aind. sighra. päli sigha. sindh.
sighö. Tr. XXXVII. bind, sighar.
tras vb. zig. fürchten, aind. tras. päli tas. kurd. tirs
Furcht Rh. : trasin schütteln ist slav.
Beiträge zur Kenntnies der Zigeunermundarten. IV. 291
trin zig-, drei, trito dritter, aind. tri : neutr. trini.
päli tini. präkr. tinni. sindh. tre. bind. tin. dard. tre (tshe),
tröy, tre 1. 7. käf. tre drei, trlis dreizehn 14.
trus , turs f. zig. griech. Durst, asiat. türsalü. aind.
trsä^ trsnä. päli. präkr. tanhä, tasinä. bind, träs Durst, tisnä
durstig-.
trusul zig-. Kreuz, span. trichul. aind. trisüla Dreizack.
Man beacbte dard. drig-a lang 1. 10. gross 2. 5; käf.
kre getan. 19; dard. krii neben kiri Wurm 3. 20: zig. kiri
f. Ameise, aind. kita Wurm^ Insect; dard. kriina^, kino scbwarz
1. 11. aind. krsna; dard. krinn, kinar verkaufen 1. 17: aind.
kri. zig. kin kaufen: kindva, kindö ; dard. kromm , komm
Geschäft 3. 45: aind. karman ; dard. kronn Ohr. kronn kares
hear 2. 5. karr^ koron, könn 1. 2. konu 3. 9; dard. präshi
Rippen 3. 10: aind. pärsva. zig. pasavrö; dard. prasui, prasüy
sleep 1. 16. 17; 2. 5; käf. prena clotb 2.5; käf. pris^i back 22:
aind. prsta: dard. pröno , pranu alt 1. 11. aind. puräna;
vergl. zig. trujdl um circa.
C. Der dritte Punkt beschäftigt sich mit den drei Sibi-
lanten des Altindischen, die in der ersten Gruppe durch das
eine s wiedergegeben werden, während in der zweiten Gruppe
neben s auch s existiert, das aind. s und s gegenübersteht.
I. Altindisches s wird s. dard. ansho, ashe^, änsho Tränen
3. 9. 47. Vergl. aind. asru. bind. mar. äsü usw. Zig. dsva,
dspa pl. scheint nicht zu asru zu gehören.
ust acht, ästais achtzehn käf. 14. dard. asht, ätsh 1 . t .
aind. astan.
bes zig. sich setzen: hesdva, bestö imd heslö. aind. vis:
upavis sich setzen.
bis zig-, zwanzio-. aind. vinsati aus dvinsati. käf. visi 14.
sindhi viha.
des zig. zehn. dard. dash, däy 1. 7. Dagegen käf. dös 14.
aind. dasa.
kislo zig. mager, aind. krsa. päli kisa abgemagert.
kus zig. schimpfen: kusdva. päli patikkosati. aind. krus,
krösati. krusta.
nas zig. fortgehen : nasdva, nasto und naslö. Vergl. dard.
nashi neben miri sterben 1. 17.
292 Miklosich.
pa^ zig. Hälfte, pasavrö Seite, paslö liegend, pasö nahe
beruht alles auf pärsva Seite, dard. präshi Rippen 3. 10.
ekpasho onesided dard. 3. 14.
saströ zig. Schwiegervater, sasüj Schwiegermutter, aind.
svasura, svasrfi für svasura^ svasrü. päli sasura. sassü. hind.
sasur usw.
sach zig. Kohl. aind. säka. hind. sag greens.
saj zig. es ist möglich, aind. sakjam.
sastiv zig. Eisen, aind. sastra.
sastö zig. gesund, aind. sasta gepriesen, gut, faustus.
sei zig. hundert, dard. shall 1. 8. aind. sata.
selö zig. Strick, aind. sulla Schnur.
serö zig. Kopf. aind. siras. päli sira. hind. sir. sindhi
siru. dard. shish 1. 3. käf. sä 24. Dagegen kühistäni sir
käf. 26.
sil zig. Kälte, aind. sita, sitala. Mit sitala hängt wohl
zig. Udrö, mdrö frisch und setralö erfroren zusammen, dard.
shidalo kalt 1. 10.
sing zig. Hörn. aind. srnga.
sosöi zig. Hase. aind. sasa. dard. shau, shoun.
sucö zig. rein, reinlich, aind. suca strahlend, blank.
sukdr zig. schön, aind. sukra klar, licht, hell.
sukö zig. trocken, aind. suska. päli sukkha. hind. sükhä.
sindhi sukö. dard. shuko, shiiko 1. 10; 3. 17. 48. tshutshö,
shüshta 1. 10.
.hdav zig. kehren verrere : hdavdva. aind. sud rein werden :
södhajati er macht rein.
sun zig. hören: sundva, mndö. aind. sru. hind. sunnä.
sindhi sunanu.
hmcj zig. neben simg : sungdva, sungdva riechen, aind.
singh, unbelegt, hind. sunghnä.
sut zig. sauer, aind. sukta.
suvlö zig. angeschwollen, aind. svi schwellen, süna an-
geschwollen, sindhi sünö.
truhll zig. Kreuz, aind. trisüla Dieizack.
Abweichend ist zig. sigo schnell, das aind. Sighra ent-
spricht, sigo ist vielleicht aus einem anderen indischen Dialekte
aufgenommen.
Beiträge zur Kenntuiss der Zigeunermundarten. IV. 293
II. Altindisches s bleibt s. has zig-, schreien : hamva,
bastö: verg-l. aind. bhäs. Päli bhäs sprechen. Für zig. b erwartet
man ph.
bers, bres zig-. Jahr. aind. varsa. päli vassa. hind. baras.
dard. barish 3. 5. Vergl. brisin.
brisin bursin zig. Regen, aind. varsa, vrsti. päli vassa.
hind. barasuä. sindhi vasanu. dard. bäshik 1. 5.
dos zig. Schuld, aind. dösa. hind. dös.
Icus zig. schälen: kuMva, kustö. aind. kuS;, kusnäti reissen.
manüs zig. Mensch, aind. mänusa, manusa.
murs zig. junger Mann. Vergl. dard. mosh Gatte, männ-
lich 1. 4. mushä Mann 1. 4; 3. 48. männlich 3. 6.
miisö zig-. Ratte, aind. müsa. Dagegen zig. musi f. Arm.
aind. müsa. päli müsika.
pis zig. mahlen : insdva, pislö. aind. pis. hind. pisnä.
sindhi pihanu.
2yosa zig. Zigeuner Kleinasiens, aind. purusa Mann,
Mensch, pl. Leute, päli poriso, poso. dard. pürush männlich
1. 4. purush Bräutigam 1. 2.
riis zig. böse werden: riisäva, rustö. dard. rösh, rösh 1.
1. rösh 3. 11.
sov zig. sechs, käf. su 14.
C. Altindisch s bleibt s. as zig. lachen: asciva, asanu.
aind. has.
dives zig. Tag. aind. päli divasa. präkr. divaha. dard.
des 3. 1. dies, des 1. 2.
isom zig. ich bin. käf". ei sfim 16.
siv z\g. nähen: sivdva, sivdö. aind. siv. hind. sinä. dard.
si 1. 17. usw.
Ungeachtet unserer sehr fragmentarischen Kenntniss der
Sprachen der nordwestlichen Gegenden Indiens sind die gemein-
schaftlichen Merkmahle dei-selbeu und des zig. durch das
angeführte nicht erschöpft: es gehören hielier noch folgende
Punkte :
1. Die aspirierte tönende wird durch die aspirierte ton-
lose ersetzt: them I will do dard. 3. 45. the do, make 3.
41.45. pharin: assa phkr ugürako ne this load is not heavy.
the ist mit zig. thov, aind. dhä, ^tar mit zig. pharü, aind.
bhara, zu vergleichen.
294 M i k 1 0 s i c h.
2. ro that daid. 1. 12. ro, ros he 1. 14. re she 1. 15:
auch im zig-, geht das t des Pronomen ta — mittelst l —
gelegentlich in r über.
3. Die Postpositiou des dat. lautet te wie im zig. : mdte
mir dard. 3. 46. tute dir 3. 43. rate to rajah 3. 44.
4. Das Suffix des I. sg. praes. lautet m, das sich aller-
dings im zig. nur selten erhalten hat, regelmässig in v über-
gegangen ist: pim that I may drink dard. 2. 3. dem I will
give 3. 43. kalam I do käf. 18. zig. jitjäv beruht auf pijam,
dav auf dam, kerdv auf keram.
5. Endlich ist anzuführen, dass der Wortschatz die sich
aus dem angeführten ergebenden nahen Beziehungen der
genannten Sprachen zum zig. bestätigt. Im nachfolgenden
führe ich auch mehrere Worte an, die mir für das zig. irgend-
wie sonst von Bedeutung scheinen.
armän sorrow dard. 3. 12: zig. armdn ein Fluch.
at, äte flour dard. 1. 3: zig. vanrö, arö.
awwä, owwa yes dard. 1. 12: zig. auva, uva, va.
bäro, baddo large dard. 10. bäro dädo paternal grand
uncle, if older than the grandfather 3. 7. bärri ma maternal
aunt, if she is older than her sister, the mother 3. 30: zig.
barö. aind. vadra. präkr. vadda usw.
batt, bort stone dard. 1. 6: vergl. zig. bar.
butt, bödo, bö much dard. 1. 13: zig. but. aind. bahu.
bind, bahut,
dädo, dädo grandpapa. dadi grandmama dard. 3. 6. 7.
30: zig. dad, daj.
dorn, dum musician dard. 3. 25: vergl. zig. rom.
dori ladle dard. 3. 4: vergl. zig. roj Löffel, bind. dö'l.
güm wheat dard. 3. 18. gunh für gehun 3. 50: zig.
giv^ iv Getreide.
herr ditches dard. 3. 3: vergl. zig. chaj- f. Loch.
ko wer dard. 1. 12: zig. koji.
loko, lotz light dard. 1. 10. loko quick 1. 11. lokho quickly
3. 43. lok 3. 41. loko, loko 3. 45: zig. loko leicht, das demnach
nicht slavisch ist. Vergl. aind. laghu.
mo, mo wine dard. 1. 7 ; 3. 41 : zig. moL bind. mad.
mue they died dard. 3. 45: zig. midö. sindhi muü.
Beiträge zur Kenntaiss der Zigeunermundarten. IV. 295
mükk face, inukh clieeks dard. 1. 2; 3. 9 : zig. muj Mund,
Gresicht. aiud. päli mukha.
ondrak, hane egg- dard. 1. 3. hanüle testicles 3. 10:
zig. vandö, vanrö.
6ni, are bring dard. 1. 18: vergl. zig. mi bringen: andva.
aind. ä-najämi ich bringe herbei.
palöi, palä, phalä apple-tree, apple dard. 1. 1; 3. 16:
vergl. zig. phahdj.
pash wool dard. 1. 7: vergl. zig. posöm.
pipi aunt 3. 6. 30: zig. bihi. bind. bibl.
rom tribe dard. 1. 6: vergl. bind. dorn. zig. vom.
sän straight dard. 1. 10: zig. sanö dünn, fein usw. Bei
den mehreren Bedeutungen von straight ist die Zusammen-
gehörigkeit von sän und sanö nicht sicher.
tchärr grass dard. 1. 3: zig. cai'.
tshike excrement dard. 3. 10. tshing mud 3. 2: zig.
cik. bind. cik.
tshiu, tshinn ciit dard. 1. 16. 17: zig. ein: cindva.
tshiwwi put dard. 3. 43: zig. civ: civdva ziehen, werfen,
stellen.
tshutsho, tshütshu breast dard. 1. 1. tshutshe breasts
3. 10: zig. cuci. aind. päli kuca. bind, cüncl.
üsh debt dard. 3. 21 : vergl. zig. uzilö schuldig.
Wer nun einräumt, dass das zigeunerische mit duu in
den nordwestlichen Teilen Indiens, im indischen Caucasus,
herrschenden, namentlich mit den Dardusprachen ein ganzes
bildet, wird wohl geneigt sein die Heimat der Zigeuner im
Nordwesten Indiens zu suchen, unter der selbstverständlichen
Voraussetzung, dass die Dardustämme zur Zeit der Auswan-
derung der Zigeuner ihre heutigen Wohnsitze inne hatten,
denn es handelt sich immer um die Frage der Verwandtschaft
der Zigeuner mit den übrigen indischen Stämmen.
Wenn man sich bei der Vergleichung des zigeunerischen
mit den indischen Sprachen erster Gruppe überzeugt, dass das
zigeunerische hinsichtlich seines Lautstandes auf einer älteren
Stufe steht als die genannten Sprachen und dass es sich in
diesem Punkte dem altindischeu nähert, so ist man versucht
die Trennung der Zigeuner von ihren indischen Sprachgenossen
in eine sehr ferne Vergangenheit zu versetzen, in die Zeit,
296 Miklosich. beitrüge zur Keniitniss der Zigeuneniuindurten. IV.
WO z. B. die Gruppe st noch nicht in ht, th überg-egaug'eü
war. Dieser Versuchung- wird man widerstehen, wenn man bei
dem Studium der Dardusprachen wahrnimmt, dass dieser Über-
gang- nicht alle indischen Sprachen erg-riffen hat. Man wird
dann zugeben^ dass die Auswanderung- nicht in irg-end einer
sehr fernen Vergangenheit stattgefunden haben müsse, sondern
sich spät hat vollziehen können.
Für die Annahme einer Wanderung der Zigeuner aus
Indien oder aus einem andern von indisch redenden Menschen
bewohnten Lande in zwei von einander sehr weit abstehenden,
vielleicht durch Jahrtausende getrennten Perioden gibt es nicht
einmahl einen Wahrscheinlichkeitsgrund. ,Dass erneute und
tiefere Forschung unter der unzweifelhaft indischen und moder-
nen Oberfläche mehr oder weniger zahlreiche Spuren eines
älteren Standes der Sprache, der uralte Wanderungen aus
Indien oder irgend einem anderen Lande bewiese , ergeben
würde, dazu ist nach meiner Ansicht keine Hoffnung vorhanden.
Die Sprachwissenschaft hat die allermeisten Rätsel des Zigeuner-
idioms gelöst, und dieses Idiom ist bis zum neunten Jahr-
hundert die einzige Quelle unserer Keuntniss von den Schick-
salen der letzten Ankömmlinge aus jenem Weltteil, den wir
als die Wiege der europäischen Menschheit ansehen.^ Andere
Ansichten über diesen Gegenstand sind niedergelegt in Paul
Bataillard, Etat de la question de l'anciennete des Tsiganes
en Europe pour servir d'introduction k la question de Timpor-
tation du bronze dans le nord et l'occident de l'Europe par les
Tsiganes. Paris. 1877.
Zusatz. In I. h) \. wird mocJioricko durch ,von MolF
übersetzt: man beachte jedoch rumun. mohortt scharlachfarben.
Wenn in den Sprachen des Nordwesten Indiens von den
I^autgesetzen Abweichungen eintreten, so dürfen die betreffen-
den Worte als einer anderen indischen Sprache entlehnt ange-
sehen werden.
D. H. Müller. Bericht über die Ergebnisse einer Reise nach Constantinopel. 297
Bericht über die Ergebnisse einer zu wissenschaft-
lichen Zwecken mit Unterstützung der k. Akademie
der Wissenschaften unternommenen Reise nach
Constantinopel.
Von
Dr. David Heinrich MüHer.
Privatdocent an der k. k. Universität in Wien.
Von der Gesellschaft zur Herausgabe der grossen Annalen
des Tabari nach Constantinopel beordert, um daselbst einen
Theil der Handschriften dieses Historikers zu untersuchen,
respective zu coUationiren, erhielt ich zugleich auf mein dies-
bezügliches Einschreiten von der kaiserlichen Akademie der
Wissenschaften eine Subvention zu dem Zwecke, in den Biblio-
theken Constantinopels nach älteren handschriftlichen Werken
mich umzusehen.
Nachdem ich nun meine doppelte Mission erfüllt habe,
erlaube ich mir der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften
in aller Ehrerbietung Bericht zu erstatten.
Es mag mir zuerst vergönnt sein zu erwähnen, dass ich
während meines vierzehnwöchentlichen Aufenthaltes in Con-
stantinopel (vom 28. März bis 5. Juli 1877) die Collation des-
jenigen Theiles der T^bari-Handschriften vollbracht habe, den
zu vergleichen ich von der Tabari-Gesellschaft beauftragt worden
war, und dass in Folge dessen der Druck des ersten Bandes
der- erwähnten Annalen bereits beginnen konnte.
Gleichzeitig aber mit dem Beginne meiner Collations-
arbeiten habe ich mein Augenmerk auf die Durchforschung
der zahlreichen Bibliotheken Constantinopels ' gerichtet, wobei
' lieber die Hibliotheken Cnn.stantinopels vgl. Jalin'.s Meridit in der Zeit-
schrift der deutschen niorgenliindisclien nesellschaft, Hd. XXX, S. 125 ff.
Sitzungsber. d. phil.-hist. Cl. CX. Hd. U. Qtt. 20
298 D- W- l^IüUer.
ich mir die doppelte Aufgabe gestellt hatte: Erstens ein biblio-
graphisches Verzeichniss der dort vorhandenen, in europäischen
Bibliotheken aber selten vorkommenden arabischen Werke an-
zufertigen, zweitens alte handschriftliche Werke aus dem Gebiete
der Geschichte;, Geographie und der schönen Literatur copiren
zu lassen.
Ich musste jedoch — mit Rücksicht auf die mir knapp
zugemessene Zeit, ferner aber mit Rücksicht auf den Umstand,
dass ich bei meinen Arbeiten in den Bibliotheken eine vom
dermaligen Unterrichtsminister Munif Effendi beorderte Com-
mission mit der Katalogisirung der Handschriften der fünf-
undzwanzig grösseren Bibliotheken beschäftigt fand, als deren
Resultat mir einige schon gedruckte Bogen gezeigt worden
siud — von dem ersten Theil der mir gestellten Aufgabe
abstehen.
Es ist freilich sehr zweifelhaft, ob der Plan einen Gesammt-
katalog anzufertigen auch unter der Ungunst der Verhältnisse,
die seither über das türkische Reich hei-eingebrochen sind,
ausgeführt werden konnte. Noch viel weniger wird es jetzt
der türkischen Regierung möglich sein, die Manuscripte dei-
Moscheenbibliotheken in eine grosse Sammlung zu vereinigen,
wie es der Wunsch des Unterrichtsmiuisters war, den er mir
gegenüber geäussert hat.
Da jedoch das Alles nicht vorausgesehen werden konnte und
ich nicht unnützer Weise Arbeit und Zeit für ein Unternehmen
verschwenden mochte, das durch den umfassenden Katalog un-
zureichend und überflüssig geworden wäre, so beschränkte ich
mich auf die Ausführung des zweiten Theiles der mir gestellten
Aufgabe und hatte die Genugthuung, drei Handschriften zu
finden, die ich zu meinen Zwecken benützen konnte. Die
eine^ das Buch der arabischen Halbinsel von al-Hamdäni, das
ich im British Museum copirt hatte, habe ich in Constantinopel
collationiren können und die zwei andern ,das Buch über die
Pferde von al-Asmai' und den ,Divän des al-'Aggäg', beide
Unica, Hess ich copiren und collationirte dieselben sorgfältig.
Im Folgenden gebe ich eine ausführliche Beschreibung
dieser drei Handschriften, die zugleich deren Werth be-
leuchten soll.
Bericht über die Ergebnisse einer Reise nach Constantinopel. 299
Das Blich der arabischen Halbinsel von Abu Hasan
al-Hamdäni.
Von den älteren umfassenden, auf eig-euer Kenntniss des
Landes beruhenden Werken über die Geographie Arabiens ist
bis jetzt keines bekannt worden, und wir sind nur auf die
geographischen Lexica angewiesen, die jene Originalwerke in
Artikel zerlegt haben. Noch Jäqüt hat eine grosse Anzahl
solcher Originalschriften benützt, die jedoch alle verloren ge-
gangen zu sein scheinen. Die einzige systematische Geographie
Arabiens, die gerettet worden ist, ist eben die Schrift des al-
Hamdäni. Herr Ch. Schefer in Paris, der glückliche Sammler
vortrefflicher orientalischer Manuscripte, hat zuerst ein Exemplar
dieser Schrift aus dem Orient mitgebracht, und A. Sprenger
(Post- und Reiserouten des Orients, S. XVHI) hat die grosse
Bedeutung dieses Buches erkannt und es zu dem Tüchtigsten
gezählt, was die Araber auf dem Gebiete der Geographie geleistet
haben. Später ist in Südarabien von dem britischen Residenten
Col. S. B. Miles ein zweites Exemplar erworben worden, das jetzt
im Besitz des British Museum ist. ' Auf Grundlage dieser beiden
Handschriften hat A. Sprenger in seinem bahnbrechenden Werke
,die alte Geographie Arabiens' zahlreiche Auszüge gegeben.
Welchen Werth dieses Buch des al-Hamdäni nicht nur
für die alte, sondern auch für die moderne Geographie Arabiens
besitzt, hat Heinrich von Maltzan gezeigt, dessen Erkundigungen
über einen grossen Theil Südarabiens mit den Angaben des
Hamdäni, von dem er einen Auszug besass, vielfach überein-
stimmen. -
Wenn ich nun trotz dieser vielen Auszüge, die aus dem
Buche bekannt gemacht worden sind, es für angemessen halte,
eine ausführliche Beschreibung desselben hier zu geben, so ist
damit die Absicht verbunden, den Plan und die Anlage dieses
' Es mag mir an dieser Stelle gestattet sein, nachträglich der Verwaltung
des British Museum, besonders aber den Herren Bibliotheksbeamten
Tompson, Rieu und Haas, sowie Hei-rn Prof. Wright für die freundliche
Unterstützung meiner Arbeiten im British Museum auf's Beste zu danken.
- Vgl. Maltzan, Reise in Südarabien.
20*
300 D. II. Müller.
Werkes zu chamkterisiren, die aus den vielen Auszügen nicht
zu erk(!nnen sind.
Bei dem beschreibenden Charakter der arabischen Poesie
bildet die Natur und die Umgebung- den Geg-enstand der
Dichtung, und wie die Schilderungen der Naturerscheinungen
und der klimatischen Verhältnisse bei keinem Volke enger mit
der Poesie verbunden sind, als bei den Arabern, so ist es
auch mit der Geographie der Fall. In der arabischen Poesie
also liegen die ersten Keime der Geographie und zugleich die
ersten Anregungen, den Gegenstand gründlich und umfassend
zu bearbeiten. Besonders enthalten Gedichte, die Gewitter und
Regenschauer schildern, wie solche, die Tränkplätze der Wild-
esel beschreiben, eine zahllose Menge von Wohnplätzen, Thälern,
Bergen und Flüssen der Araber. Nebstdem sind Schilderungen der
Gegenden vorhanden, welche die verschiedenen Stämme bewohnt,
verlassen und durchzogen haben — die ältesten Itinerarien. Es
ist selbstverständlich, dass insbesondere grosse Auswanderungen,
wie z. B. die des Stammes Azd, in der Erinnerung durch Lieder
erhalten worden sind. Durch die Anlage dieser Gedichte lag es
sehr nahe, umgekehrt auch streng geographische Beobachtungen
zu poetisiren, wie z. B. in einem grossen Gedichte die Pilgerfahrt
nach Mekka und die durchzogenen Gegenden zu beschreiben.
Eine weitere Anregung und Förderung erhielten die geo-
graphischen Kenntnisse eben durch die Pilgerfahrten nach
Mekka. Von allen Seiten der Halbinsel strömten jährlich grosse
Massen dem Heiligthume zu, und so bildeten sich mit der Zeit
Verzeichnisse von Reiserouten, die ganz Arabien durchzogen.
Durch alle diese Umstände wurde bei den Arabern der Sinn für
Geographie frühzeitig geweckt und es entstanden so einerseits
eine grosse Anzahl geographischer Beschreibungen einzelner
Gegenden , wie andererseits Verzeichnisse von Wohnsitzen
der verschiedenen Stämme. Ausserdem wirkten anregend die
Schriften des Ptolemäus, die unter der Regierung des Chalifen
Mamün in's Arabische übertragen worden sind, und waren von
grossem Nutzen für Längen- und Breiten-Bestimmungen sowie
für ähnliche der astronomischen Geographie angehörige Fragen.
Ein wissenschaftlicher Geograph nuisste neben der eigenen
Beobachtung alle diese Hilfsmittel benützen und eine eingehende
Prüfung des Inhalts unseres Buches ergibt, dass al-Hamdäni
Bericht über die Ergebnisse einer Reise nach Constantinopel. dOl
vollständig seiner Aufgabe gewachsen war und all' die ver-
schiedenen Factoren in Rechnung zog, die zur Erzielung
eines glücklichen Resultates nöthig waren.
Wenn das Werk auch nach einem gewissen System angelegt
ist, so hat al-Hamdani eigene Beobachtung mit Mittheilungen
Anderer doch nicht so eng verflochten, dass sie nicht mehr
auseinander zu scheiden wären; vielmehr gelingt es noch sehr
gut die fremden und verschiedenen Berichte auszusondern, und
es ist der doppelte Zweck der nachfolgenden Analyse einerseits
den Plan zu verfolgen, den al-Hamdäni bei der Abfassung des
I^uches im Auge hatte, andererseits aber die fremden Elemente,
die er in dasselbe aufgenommen, klarzulegen, was für die Ge-
schichte der Geographie Arabiens nicht ohne Interesse sein dürfte.
Bevor ich aber die eigentliche Analyse des Buches antrete, mag
es mir erlaubt sein, noch eine Schlussbemerkung zu machen,
die sich auf die Art und Weise bezieht, wie al-Haradäni seine
eigene engere Heimat, Jemen, und das übrige Arabien be-
schreibt. Während das, was Hamdäni über das eigentliche
Jemen sagt, grossentheils auf Selbstanschauung und eigener
Kenntniss des Landes beruht und in Folge dessen einen de-
scriptiven Charakter hat, stützt sich seine Beschreibung des
übrigen Arabiens grossentheils auf Reiseberichte und hat im
Ganzen einen touristischen Charakter. Ferner konnte Hamdäni
bei der Beschreibung Jemen's, das als alter Cultursitz schon
frühzeitig eine gouvernementale Eintheilung in sogenannte
Michläfe (Grafschaften) aufzuweisen hatte, auf die physische
Geographie eine Uebersicht der politischen (wenn man so sagen
darf) folgen lassen, während er beim übrigen Arabien anstatt
dessen die Gruppirung der Stämme besprach. Dieses voraus-
geschickt, lassen wir die Analyse des Buches folgen:
Hamdäni gibt unter der Ueberschrift: ,Die Kenntniss
des vorzüglichsten Landes der bewohnten Erde' ' eine kurze
S. 2: s\j.4JuJI O^IUI J^il alivJlx. Die Seitenzahl bezieht sich auf
das Exemplar des Herrn Ch. .Schefer in Paris, das vor etwa fünfundzwanzig
Jahren aus demselben Constantinopeler Manuscripte, das ich jetzt coUatio-
niren konnte, durch einen türkischen Abschreiber copirt worden ist. Auch
Sprenger in seinem Buche ,die alte Geographie Arabiens' citirt nach
demselben Exemplare. Für die freundliche Zuseudung der Handschrift
sage ich Herrn Schefer öflfentlich besten Dank.
302 D. H. Möller.
Beschreibung von der Lage und den Grenzen der arabischen
Halbinsel, geht dann speciell auf die Bestimmung- der Längen
und Breiten ein, und widmet ein eigenes Capitel ,der Lage
und Stellung Arabiens in dem bewohnten Theile der Erde"". ^
Die Bestimmung der Lage führt Hamdäni zu einigen allge-
meinen Bemerkungen über die Beschaffenheit unseres Planeten,
worauf er dann die übliche Eintheilung der Erde in Klimen
erörtert. Er beginnt mit der Klimeneintheilung der Erde nach
Hermes 2 vmd Claudius Ptolemäus ■\ und lässt hierauf die Er-
örterung der Parallelkreise nach Ptolemäus *, die Bestimmung
der Tagesdauer und der Schattenlänge in den verschiedenen
Breitegraden folgen. Vom Aequator nach Norden beschreibt er
sechsundzwanzig Parallelkreise (jo\l««fJt Swjlt>), in je welchem
der Tag um eine Viertelstunde kürzer ist als in dem nächst-
vorhergehenden, worauf noch ex analogia einige weitere Be-
stimmungen bis zum Nordpol angegeben werden. Daran schliesst
sich eine Eintheilung der nördlichen Halbkugel in eilf Streifen
(äüü».jfl), in je welchem der Tag um eine halbe Stunde kürzer
ist^ als in dem nächstvorhergehenden.
Nachdem er dann die , verschiedenen Ansichten über die
Länge und Breite der bewohnten Erde' '' auseinandergesetzt,
führt er Ptolemäus' Ansichten über die Natur des Menschen
im Allgemeinen '' und über die ethnologischen Merkmale der
verschiedenen Völker im Besonderen ' an.
'S. 6: i^^^ll ^ ^^xJI ^^ ^7-7 ■ **^ ^^ «i>*^
2 S. 10: jV^X^f ^j^/!y^i (VaJLs^M 'S^My3 Xij.*/3
3 S. 12: ^J^XäJI ij^ y.J,;.fXh.jJ |V^'U!^I '^4"^ ÜivJtX)
* S. 18: JL4.XWWJI ^^ ''y^' J-yaÄj ^/o (j*/«.A4.-llaj ^^s- ^-jI L«
5 S. 46: J^^i^^ ^^1 ^ ^Un O^Lcis.1
6 S. 50: ^l^4.*.'l Jißl ^Uo 3 ^O^JiJ! ^^J.iaJ ^£ ^j1 U
■^ S. 55: Jjcf »jLJc ^ ^ ^«Jjiil ^y/i.4.XilJ ^£. ^i Lo
Beiiclit über liie Ergebnisse einer Keiso niicli Constantinopel. dU»)
Diese, wenn man so sagen dait', mathematisch-geographische
Einleitung des Buches schliessen einige , Längen- und Breiten-
Bestimmungen von berühmten arabischen ^Städten'. '
Der zweite Theil des Buches führt den Titel: ,Die Be-
schreibung des (vorzüglichsten) Theiles der bewohnten Erde,
d. i. das Buch der arabischen Halbinsel'.'^ Hamdäni leitet diesen
Theil also ein:'^ ,Es sagt Abu Muhammad (al-Hamdani): Da
die Eigenschaften der Bewohner Arabiens in der allgemeinen
ethnologischen Uebersicht geschildert worden sind, so bleibt
noch übrig die Wohnstätte dieser Halbinsel, ihre Strassen,
Berge, Weideplätze und Ströme zu beschi-eiben, in aller Kürze
die Bewohner und Beherrscher einer jeden Landschaft an-
zugeben und diese Halbinsel einzutheilen in Ländergruppen,
Verwaltungsbezirke, Herrsclierdistricte und Wüstengegenden,
damit jeder, der in dieses Buch hineinblickt, gleich sei dem
Dzu-1-qarnain, der die Erde durchmessen/
Auf diese kurze Einleitung folgt ein Abschnitt, ,die Ueber-
lieferung des Ibn 'Abbas über die arabische Halbinsel' • ent-
haltend, der zum Theil wörtlich auch in Al-Bekri's geographi-
schem Wörterbuch ed. Wüstenfeld S. 5 sich findet, ferner die
Erklärung warum Arabien eine Halbinsel genannt wird '" (eben-
falls wörtlich bei Bekri S. 6), die Fünftheilung Arabiens
1 S. 80:
2
L^^^wÄ. 5^^^XC^Ji VT*-'' \J^ J'^' Xi^*X)
S. 83: Svjys» 'iJus t^L;c5^ ySÜ^ u^;^^' )T**''° I^'*^"''] ^^^^^
3 S. 83: ^^j.*j| äyjy=^ ^LX-w« ^^^^ T^^ ^^' <^*^ ^"^ '^^*
■iu^i^ t«^^^'^ ^^^';^5 '-^'W^ ^^^y^^ Lg-CiL^/o^ V)^'
^^ '^S, ^yi^ ^JOj ^)^ ^X. iySylS S j^ Vy^ /
* S. 84: ^yx}\ 5yJV=^ 3 U^^ C^•' <J^ ^^ ^"^ ^^
s S. 85: 5vJv4>' ^v*-' ^^^ u>A^^ Uj'»
304 D. H. Müller.
und die Definition der geog-raphischen Benennungen: Tihäme,
Higaz, Negd, al-'Arüdh und al-Jemen, welche mit Stellen aus
alten Dichtern belegt werden, und schliesslich ,die Eintheilung
Arabiens nach der Ansicht der Jemeniden^ ^
Nach dieser allgemeinen Einleitung wendet sich Hamdani
zur , Beschreibung Jemens''^, des Landes, das er am besten und
zum grossen Theil aus eigener Anschauung kennt, und gibt die
Grenzen Südarabiens an. (Vgl. Jaqüt, Wörterbuch IV, 1035 und
Sprenger ,die alte Geographie Arabiens' 30 und 129). Nachdem
er die Inseln, die zu Arabien gehören, aufgezählt '^, verzeichnet
er die Küstenstädte Jemens', indem er mit Aden beginnt und
sich erst westlich wendet, nach Babel Mandeb, dann nördlich
bis 'Athar, ferner die Städte des Hochlandes '^ von al-Ganad im
Süden bis Sa'da im Norden. Diese Städte, deren Länge und Breite
zum grossen Theil oben angegeben wurden , sind nun auf der
Karte Arabiens gleichsam die festen Punkte, zwischen denen
Alles eingetragen wird. Er beginnt hierauf die Beschreibung-
Jemens mit dem westlichen Gebirgszug, der ganz Arabien von
Süden nach Norden durchstreift •', verfolgt denselben von den
Beled al-Ma*äfir (Süden) bis zum Ghazwan-Gebirge in der
Nähe von Täi'f (vgl. Jäqüt, III, 66 und Sprenger, a. a. O. 84
und 442), und zählt die Ströme auf, die das Gebirge durch-
brechen und durch das Küstenland in's Meer münden '', von
Mauza' (Süden) bis Wädi Rim (Norden).
Bevor er die östliche Wasserscheide beschreibt, schaltet
er noch einen Bericht eines älteren Geographen, des Mu-
hammad ibn 'Abdallah ibn Ismä'il vom Stamme Saksak, ein
,über die Ströme des südwestlichen Arabiens* zwischen Aden
2 S. 92: -l^il ^^^1 -sJua
'' S. 94: ^^1 ^L=> Jj
^ S. 95: ÜLZoLgjJI ^♦AJI ^Joo
5 S. 98: iJtXjsLM ^^;^f ^Joo
« S. 120: sl ^M JLs. ^ ^-^Ij ^y U
■^ S. 126: jcä. aLx>L^' Jf Lg.Ai iüiisliül 5fwA«.jl s jjc ^S?*^^'
7^' 6 C5^^'
Bericht über die Ergebnisse einer Reise nach Constantinopel. oOö
und Zabid mit westlichem Laufe ', ferner ,der Wädi zwischen
dem Lande der Banü Magid (die den südwestlichen Küstenstrich
bewohnten) und Abjan mit südlichem Laufe^^
Der Vollständigkeit halber werden noch die Wadi Abjan
(Bonna), Jarames, Dathina und Ahwar (wie es seheint nach
dem Berichte des Saksakiden, denn Ilamdäni beschreibt die-
selben später ausführlicher") kurz erwähnt. Ebenso werden die
Gebirg-e der Sakäsik, der Rakab und der nördlich gelegenen
Ga'da (Ga'üd) kurz aufgezählt. Hierauf folgt eine Beschreibung
der Bauüberreste dieser Gegend ^ (Sprenger a. a. O. 67 und
302), ein Verzeichniss der Städte der Band Magid ^ und der
Sakäsik und zum Schluss noch, wie oben bei der Aufzählung
der Wädi, eine kurze Erwähnung der östlich von Jemen liegenden
Wüste, des Landes Dathina und Marcha und des Hochplateau's
(Sarw). So weit scheint der Bericht des angeführten Geographen
zu reichen, der seine Gegend ausführlich beschrieb, die an-
grenzenden Länder aber nur kurz berührte.
Nach diesem Berichte beschreibt Hamditni die östliche
Wasserscheide des jemenischen Hochlandes und beginnt, wie
aus dem Zusammenhang hervorgelit, mit dem Wädi Adana ^,
verfolgt dann einige kleine Wädi nördlich von Marib, die in
den Gauf münden ^, darunter das Wädi Radhrädh (Sprenger
408 und 415), gelangt in den Gauf', dessen Ausdehnung von
' S. 131: «A4Ä. ^-X^X*v.JI J.A*4-wl ^ xi.JI cXa£ ^^■i iX-*.^ J^'
3 S. 139: *^|^l| SJOC Jlxi
* S. 141: JcajS? ^' ^Ji
5 S. 142: JoO^I i^id^l ^. ^^'^^'i ^*'!^'^ V')-^^ [iojl] («.J
'^ S. 143: ^^1 Ji oUaJ ioO^I *^>Lo J-XJ ^x (vi"
- S. 144: 0^4-' 1*^'
306 D. H. Müller.
Süden nach Norden eine Tagreise, von Westen nach Osten
anderthalb Tagreisen beträgt, und in welchen vier grosse Wädi
sich ergiessen, darunter der von Halevy wieder entdeckte
Chärid (Sprenger 306), und beschreibt zum Schluss das Wädi
Negrän, das von drei Seiten Zuflüsse erhält '. Oestlich vom
Gauf beginnt die grosse Wüste -, deren Ausgang nach Hadhra-
maut hin die Grenzstadt 'Abr ist.
Von 'Abr aus dringt nun Hamdäni in Hadhramaut^ ein.
Ueber Hadhramaut sind die Nachrichten Hamdäni's karg.
Er beginnt mit der Erklärung des Namens Hadhramaut (Sprenger
351) und spricht dann von der Urbevölkerung des Landes, wie
von der Einwanderung der Kinda, deren Reich er beschreibt.
Bei den zahlreichen Auszügen, die Sprenger daraus mitgetheilt
hat (151, 310, 322, 438, 358), mag es genügen, auf dieselben zu
verweisen, nur das sei bemerkt, dass mit ^^i^Si^j ^^jy/sy^L^^ jLi
5t\-o (Sprenger 351) der Bericht eines andern Informanten zu
beginnen scheint, woraus sich mehrfache Wiederholungen am
besten erklären.
Hanidäni wendet sich zurück nach dem eigentlichen Jemen
und 'beschreibt das himjarische Hochland ^, das von den Banü
Jafi' bewohnt war und noch heute bewohnt ist.
Die genaue Bestimmung der Lage dieses Gebirges ver-
danken wir dem Freiherrn von Maltzan, aus dessen Bericht
auch hervorgeht, dass eine grosse Anzahl von Ortschaften und
Wädi noch ganz dieselben Namen führen und von denselben
Stämmen bewohnt sind wie zur Zeit Hamdäni's. Hierauf folgt
die Beschreibung des Landes der Banü Ga'da (Maltzan: Ga'ud)
, der Freunde und Bundesgenossen derjafi''^, die das Gebirgs-
land westlich von Sarw Himjar bewohnen. Wir sehen hieraus,
dass die Jafi' und Ga'da zur Zeit Hamdäni's ebensowenig
einen politischen Begriff gebildet haben, wie heutzutage.
' S. 148: ^\yA kJÜJ ^A i^^ji. ^';^ ^^'; (*J
2 S. 150: iaSlijl ^^::-. ^-►aJI 5^Ü
3 S. 151: ^4.^}\ ^JC <^^yAy^
• v*^
■* S. 158: aJii'Lw. ä.äjO.1. vA*.^ «v
Bericht über die Ergebnisse einer Heise nach Coustautinopel. b07
Hamdani verfolgt nun den Gebirgszug- nach Osten, be-
schreibt das Hochland der Madzhig ', dessen südüütliehe Grenze
der Gebel Kaur ist, und das im Norden bis Gebel Qarn reicht
(Spreng-er 406), wendet sich gegen Süden nach Dathina-, das vom
Gebel Kaur (Norden) begrenzt wird, im Süden bis zur Küste,
im Osten bis Wädi Jaramis und im Westen bis Wädi Ahwar
(Hauwar, Sprenger 307) reicht. Das Wädi Ahwar wird nur
kurz erwähnt und auf eine ausführliche Beschreibung desselben
an anderer Stelle verwiesen. ^
Nachdem die Gebirgszüge besprochen sind , schildert
unser Geograph die dazwischen gelegenen Gegenden. Das
Capitel , welches er ihnen widmet, ist überschrieben: ,Die
Strassen, welche verbinden die beiden Hochländer (d. h. den
Sarw Himjar und Sarw Madzhig) Abjan, Radmän, Hidä',
Dzamär und Qarn, dann Baihän, Ahwar und die Biläd Madzhig,
die ausserhalb des Sarw liegen.' ^
Er beginnt mit dem Beled 'Ans ^ das den Anfang der
Biläd Madzhig (nicht zu verwechseln mit Sarw Madzhig) bildet,
im Osten von Dzamär anfängt und bis nach Thät reicht, im
Norden vom Wädi Jaklä, im Süden vom Wädi Schar'a (also
vom Gebiet der Ga'ud bei Maltzan) begrenzt wird, was voll-
kommen mit Maltzans Angabe übereinstimmt, der Seite 214
sagt: .Die Bewohner von Redä' und Gefe werden im Volks-
mund als Bani 'Ans bezeichnet.' Er wendet sich dann südöstlich
in das Gebiet der Banü 'Arair*" (Sprenger 409), die so sehr
' S. 160: 'zS.A *Y*>
2 S. 163: JUajO
3 S. 16:3: JljtJ XjLM -Li ^,1 tV*-' l^Ai sy:^\ ^ Sd^\ *.^J^^
' s. 163: ^b^^ cJ*-^^;; ü-'^'j o-^-y;-^^^ u-^ ^"^^ ^'' ^A''
^ S. 163: ^^ i^^^^ ^Loj ^X _^^ ^f iXxj ZcXx; O^iU jri
ö S. 164: cyljoji. o^Jlic ^1. *.^I^M ScXiC w'UxS Ci/ilj' cXi'.
^x: 8J.^J\ 3 \uC JJj J^Li yx\.& ^ o^^i^ cijU-oj
308 ' D. H. Müller.
an die Banü-'Amir bei Maltzan (352—360) erinnern, dass man
nicht umhin kann, dieselben zu identificiren und die Annahme
Maltzans, es sei ein dynastischer Name, zu verwerfen. Wendet
inan sich von Rida' nach Nordosten ', so g-elangt man in eine
Gegend, die grossentheils von Murädstämmen bewohnt ist,
wendet man sich aber nach Osten, in der Richtung nach Rad-
män 2j so durchzieht man eine Gegend, die von Nägia (einer
ünterabtheilung der 'Ans) und Murad bewohnt wird (Sprenger
408), was mit Maltzan's Angabe (a. a. O., S. 306) vollkommen
übereinstimmt: , Nördlich von ihnen (den Rezäz) beginnt das
Gebiet der Muräd und 'Ans' (beide von Madzhig). Damit hat
al-Hamdäni die Beschreibung des Beled Madzhig beendet und
wendet sich nach dem Gebel Q.arn ^, der sieben grosse Wädi
hat (Jaqüt IV, 72). Diese Relation schliesst mit den Worten :
,So weit die Beschreibung von Radmän und Qarn' ^.
Hamdäni verfolgt dann zwei Hauptstrassen durch das
Hochland der Madzhig. Die eine durchstreift es in östlicher
Richtung 5 bis nach Marcha und wendet sich dann südlich in
das Land Hagr, das zur Zeit Hamdäni's sich mehr nach Westen,
etwa bis Wädi Ahwar erstreckt haben muss. Die zweite
Strasse führt südlich nach Dathina *' über das Kaurgebirge ",
durchstreift Dathina von Norden nach Süden, wobei es noch-
mals beschrieben wird * (Sprenger 308), biegt dann nach Osten
* S. 166: Jl ^|j>. ^ *^^7-=^ ^^"-^^ 8*a«*aJI v50 Jt *=>»
' S. 167: ^UO^ Jl ^^\ ^;i^M ^3 ^1 ^;
3 S. 168: AjS' iot>«l ÄJlA^ jMyi"
* S. 168: ijvi'* ivj'^'^) ^ii'l-ß-'ö OwO-Äjl
5 S. 168: •j-ww.il i^^.y^ )Lk4-^^ v:i>li..o ^( «2».n
6 S. 169: auAJO Jl Joo^ .^Jl jl *^^
^ S. 170: J! ^^XJI ^ ^Ä*JI ^^k.'l ^X ^^*w.Jf ^-^^ IcX-gi
* S. 170: JUajJ j^ 'iJL<sJ\ tXA*J*
Bericht über die Ergebnisse einer Feise nacb Constantinopel. 309
ab und durchzieht AVädi Ahwar ' bis nach dem Lande Hagr, wo
die Strasse mit der ersten zusammentrifft'-.
Wendet man sich aber vom Kaurg-ebirge nach Südwesten,
so gelangt man nach Abjan '\ das ebenfalls beschrieben wird
(Spreng-er 410), von da nach Lahg-, welches von Asbahiern
(Sobechi) und Bann Mag-id bewohnt ist. Zum Schluss wird
noch ßaihän im Norden des Sarw beschrieben, womit das
ganze Capitel abgeschlossen ist.
Darauf folgt eine Uebersicht der politischen Districte
Jemens, der sogenannten Machalif^. Zuerst wird das Michläf
Schabwa^ an der Grenze Hadhramauts erwähnt, das aber schon
in alter Zeit als eine himjarische Stadt angesehen worden ist
(Sprenger 438), dann wendet sich Haradani nach dem Südwesten
der Halbinsel •'■ und beginnt mit der Beschreibung- der Districte
der Ma'ätir, al-Gowwa, Gaba und al-Ganad (Sprenger 446), daran
schliesst sich das nördlich gelegene Michläf al-Sahül '', das von
Schar'ab bewohnt wird (Sprenger 442), nördlich davon die
Districte des oberen und unteren Jah.sib"' in der Gegend von Zafär,
nordöstlich davon das Michläf Dzu-Ru'ain ^ und Gaischän, nörd-
' S. 171: r^Ä.1 ^ kÄ^a-'l lXaäJj
2 S. 171: LöjI ^^jhJ\ 5JlJ£ ^jo ^iß« v^ ^1 v:>.A.§Jul *J
* Ad vocem o^LiS? ist mir keine andere Etymologie bekannt, als die von
Jäqüt (Bd. I, S. 41) gegebene, die wohl Niemand ernst nehmen wird. Ich bin
geneigt es von i q13>^ ,sub' abzuleiten, das in den Inschriften in der
Bedeutung , unterhalb, bei' öfters vorkommt. So 3'ISS I piH I s^TTlS
(Os. 34, 3) ,in der Nähe der Stadt Marib- SnM pjn I P^bn (H. 451, 2.
ö -r o
530, 2.), unterhalb, bei der Stadt Jathil' u. s. w. o JviS? heisst ,das um die
Stadt liegende oder der Stadt angehörige Gebiet' vgl. lateinisch .suburbium'.
5 S. 174: iyjuiJ O^^
« S. 174: iXx^ ^^ÄJ ^y J^LwwM ^lXL iLSV^ ^^C. J,l U*r^;;
' S. 176: sol^^ ^ J^^^JI O^US»
8 S. 178: ^LA.^t^j|
8 S. 179: ^xÄ> ^L> O^L^S»
BIO
n. ir. Muiipr.
lieh davon das Michluf Ridä' und Tluit ' in den Beled Madzhio-,
Kaumän nördlich von Beled Madzhig-, südlich von Michläf
Dzu Gurra (das zwischen Marib und San'ä liegt) und endlich
Michläf ]\Iaiib (Sprenger 415). Daran reiht sich die Aufzählung
der Michlafe zwischen dem Lande der Ma'äfir (Süden) und
San'ä (Norden ) gegen Westen hin. - Dahin gehören Goblän
al-'Arkija (Jäqüt II, 20), Dzaraär'* und die westlich gelegenen
Districte, ferner Alhän und Moqra ', Haräz und Hauzin -^ wo-
rauf noch die Aufzählung der Weide- und Tränkplätze der
Li'sän '• (einer Abtheilung der 'Akk^i gegen die Küste hin an
den Wädi Sahäm und Surdud gegeben wird, die Hamdani
also schliesst: ,Es sagt Abu Muhammed: Wir haben diese
Gegend detaillirt behandelt im Gegensatze zu den übrigen
Gegenden Jemens, weil sie nicht zu den Wohnsitzen der
Rabi'a ibu Nizär gehören, wie diejenigen, welche die Berichte
über die alten Schlachttage der Araber und ihre Wohnsitze
nicht kennen, unrichtiger Weise behauptend '
Unser Geograph kehrt'' zur Aufzählung der Michlafe zurück
und nennt Hadhür, Madzin und Aqjan« bis zum Wädi Läa,
der südlichen Grenze der Beled Hamdän, wendet sich wieder
nach Ost -Jemen'' und beschreibt das Michläf Dzu -Gurra wa
• S. 180: ^\J^ ^(^ o!^^
2S. 181: C"^ ^LiU^^ ^Lxjf ^xj ^xjl oiJlS^M
3 S. 182: Lo*3 O^L^
^•S. 184: ^L^lj^ ^^a^ ^-^j^
^S. 185: ^-^^^ y^ ^^^
6 S. 185: ^l^xj J^icUx
8 S. 1S7: ^^Lil o^^
S. 189: L^AJ'j-CÖ J,l lÄ*2>.^. ^jj"^^ ^w)viw) ^.^ä-äjf
P.oricht über die Ergelinisso oincr Reiso nach Constantinopel. 31 1
Chaulän (Sprenger 380), deren Wadi, die zum Tlieil nach
Marib, zum Tlieil in den Oauf abfliessen, zum Theil endlich
sich in's ]\Ieer ergiessen, der Ordnung nach beschrieben
werden. '
Es sei hier gelegentlich bemerkt, dass das, was Jriqüt
(IV, 434 ff.) s. V. o^^ über die Districte Jemen's mittheilt,
aus dem Gazirat al-'Arab gesclKipft ist, nur hat er viele Gegen-
den nördlich der Beled Hamdan als ,Michlafe' bezeichnet, die
nicht mehr zu Jemen gehören und bei Hamdäni auch nicht
unter diesem Namen aufgezählt werden. Auch hat er nicht
immer verständig excerpirt und die Reihenfolge der Michläfe
zum Theil verändert.
Wir kommen nun zu den Beled Hamdan, dem Lande,
aus dem die meisten himjaritischen Inschriften, die wir kennen,
stammen und in dem die altjemenische Tradition am längsten
lebendig geblieben ist. Beide Gelehrte, denen wir Nachrichten
über das alte Jemen verdanken, al- Hamdäni und Neschwän,
sind iui Beled Hamdan geboren. Hamdäni widmet auch seinem
engeren Vaterlande einen eigenen Abschnitt und beschi-eibt die
Beled flamdän und den Gauf mit grosser Genauigkeit und
Ausführlichkeit. Derselbe Abschnitt über die Beled Hamdan
befindet sich auch im zehnten Buch des Iklil , das die Genea-
logie der Banü Hamdan enthält. Es ist natürlich , dass dieses
Buch für das Verständniss einzelner Pai'tien des Gazirat al-'Arab
von grösstem Nutzen ist.
Das Gebiet der Beled Hamdan '-, das im Osten bis zur
grossen Wüste, im Westen bis Tihäma, im Norden bis Sa'da,
und iui Süden bis San'ä reicht, wird durch eine von Sa'da
nach San'ä gezogene Linie in zwei Theile getheilt, von denen
der östliche vom Stamme Bakil, der westliche vom Stamme
Häschid bewohnt wird. Aus dieser Grenzangabe geht hervor,
dass auch dei- Gauf zu den Beled Hamdan gerechnet worden
ist, wie ja thatsächlich der Gauf von Banü Hamdan be-
wohnt wird.
1 8. 190;
;^*vJ_'l ,J^£. XÄJi>.l vSIXäXs
2 S. 192: ^f<X,JC J^J^
312 V). H. Müller.
Zuerst wird das Gebiet der Bakil ', westlich von Gauf,
beschrieben, dann der obere Gauf - und die Oase al-Maräschi-
(vgl. die Lage auf der Karte Halevy's), während die Wohnsitze
der Schakir im Gauf erst später erwähnt werden *, hierauf
beschreibt Haiudäni das Gebiet der Häschid^, mit Rahba (west-
lich von San'ä) beginnend, wendet sich nördlich nach dem
Baun •', zu dem Raida gehört, dann nach dem District al-Cha-
schab längs der Westgrenze der Bakil an Chamir, Huth und
Chaiwäu vorbei, worauf die Beschreibung der westlichen Hälfte
der Beled Häschid folgt, dessen südliche Grenze Wadi Lä'a
bildet. Im Westen an der Küste wohnen die Hakam , im
Norden die Chaulän-Qodhä'a. Das ganze Gebiet der Hamdän,
das für das unzugänglichste und bestvertheidigte Jemens gilt,
umfasst einen Flächeninhalt von sechs Tagemärschen im Qua-
drat ^. Zum Schlüsse ist noch ein Verzeichniss der Markt-
plätze der Beled Häschid^ und der ganze Abschnitt endigt:
.So weit über das Land der Hamdän, der Stämme ^äschid
und Bakil und ihre Marktplätze'.^
Im Nordwesten grenzt an die Beled Hamdän das Gebiet
der Chaulän-QodhcVa '", dessen Thalsenkungen bis zur Küste
reichten und dessen Hohen im Nordosten an das Hochland der
• S. 192: JuXj ^ J^U
^S. 193: J^:^\ ^J.1 ^-j
'S. 194: ^LJ^ ^j Ju.it ^ CS^y-'S
^ S. 194: Jutj Lx) 3 Sl^ jJb^ 0;4' r^tX^^.
^ S. 195: tX^U JJLj J^I Gt^
6 S. 195: ^^l| ^
' S. 199: äIx« ^iß^ ^L.oJCi:.^M J.:^ JsÄ ^ItX*^ ^ »tH-»
ÜoCäI^ iJ-*^" ^^.'^ ^^' t5^5 ^'-'^ vi (•'':?'
8 S. 199: JuiL=. jJio ^•';.^l l^Li
9 S. 199: tX_^l_^ vj-^-^ .^^^^ J^-i-J J^ ^ö iS^°^^
1« S. 202: jLoJCi^^M jL^ J<£ cJ-r"^ ^^ ^^-^
Bericht über ilie Ergebnisse einer Heise nach Constantinopcl. 313
WAdi'a ' und der Genb sich anschliessen. Oestlicli von Wädi'a
ist das Gebiet der Jam, das schon zu Negrän gehört -. Nord-
östlich von Wädi'a und Chaulän bis nach Gurasch sind die Wohn-
stätten der Ganb^, der Nahd und Zabid. An das Gebiet der
Banü Nahd grenzen die Tränken der Banü al-Härith ^, welche
sich südlich bis in das Gebiet zwischen Negrän und den Gauf
erstrecken. Gurasch ■' liegt im oberen Negd und gehört den
Banfi 'Anz. Die Ströme, die sich von diesem Hoclilande
ergiessen, durchfliessen das Land des mächtigen 'Asirstammes '',
dessen Gebiet beschrieben wird. Zum Schlüsse werden noch
in aller Kürze die Stämme aufgezählt, die das Hochland bis
zum Ghazwängebirge bei Täif bewohnen, so die Ghämid, Daus,
Fahm und die Hiläl, ferner die Chath'am in der Gegend von
Bischa.
Es folgt ein Abschnitt über den Küstenstrich (Tihäma)
Jemen's". Auch hier beginnt Hamdäni seine Beschreibung im
Süden, im Gebiete der Banü Magid und Farasän *, und durch-
streift, immer nach Norden ziehend, das Gebiet der al-Asch'ar
bis Hais und Zabid, dann das Land der Hakam. ■' An diese
schliessen sich die Kinäna '", deren nördliche Nachbarn die
Gohaina sind.
Während Mekka, der Mittelpunkt der muslimischen Welt,
dem alle Geographen ausführliche und schwunghafte Beschrei-
bungen widmen, im Vorbeigehen mit vier Worten abgethan
2 S. 202: ^Is^J ^ic^ J.LJ |.L lUj
S. 206: bCvl^f^ J^fr-
S. 207; L§Jl5^ j-y*^ *^^^' ä<^^
S. 209:
^^4jJ( Jöel^"
^ S. 209: ^Lw^M jJb. tU^ ^J Jjj
9 S. 210: ^Gj auv^i^ ^^ jjCs. cVL) jvJ
»o S. 211: JoUS" ^ p!^ JJLj ^J
Sitzungsher. d. phil.-hist. Cl. XC. Bd. II. Ult. 21
314 D. U. Müller.
wird (ür^Lii^^ J^rtr^- ^^)^y-=r^^ ^^■^))} widmet Hamdani Tai'f,
,der alten heidnischen Stadt' ', und ihrer Umgebung- eine aus-
führliche Schildei-ung und durchstreift nochmals das Hochland
von Norden (bei Taif ) nach Süden gegen Jemen hin 2^ wobei
er der Gruppirung der Stämme auf dem Hochlande bis gegen
Gurasch hin folgt. Zum Schlüsse wird noch eine Route von
Gurasch nach Sa'da •' durch das Land der Genb angegeben
und ein Verzeichniss der Wohnsitze der Rabi'a im Negd^ mit-
getheilt.
Bevor Hamdani Jemen verlässt, gibt er noch eine Zu-
sammenstellung von verschiedenen geographischen Kategorieen:
,Die Orte, wo Wild und Gespenster vorkommen' '', , die Namen
der Städte , deren Bewohner zweien verschiedenen Stämmen
angehören/ ^ Es sind aber in dieses Verzeichniss nicht nur
Städte gemischter Bevölkerung, wie Aden und San'ä, sondern
auch Landschaften, wie z. B. der Gauf, der von Hamdän und
Madzhig bewohnt wird, aufgenommen. Der darauffolgende
Abschnitt, dessen Ueberschrift fehlt, verzeichnet die Berge nach
den verschiedenen Gegenden und Districten und beginnt: , Sahir
und Dzachr sind die beiden Berge der Ma'äfir'. In den weitern
Abschnitten sind zusammengestellt: ,Die berühmten Burgen
dieser Berge'"; ,die hohen Berge, auf deren Gipfel Anbetungs-
stätten vorhanden sind'^; ,die Berge, deren Basis ein lang-
gestrecktes Hügelland bildet, deren Gipfel aber spitz zulaufen'-';
1 S. 212: klUU^ JUJtXä kÄjJoc oiSLkJl *.j
2 S. 212: ^j.+A-'l ^11 IlN-^LaS sllüX)^ f '7^^' i^iX*.^ %-Ulj fji sLauJI j^ J
3 S. 21ß: sjot^ Jl Ji :=, ^x)
* S. 217: xxAJx ^L^
s S. 218: ^^\^ t>=^;.JI ^1^^ sj^;
«S. 218: ^jSLclÄX. ^aj^^ L^I ^^J ^aJI ^^ÄJI l\.^\
T S. 220: i^^^^J\ l.g^ e^r-^'
«S. 221: cX^Lv.J| L^^^^^ 3 ^x}\ JL4I ^ .^\^}\
kÄJwCÜf
«s. 221: ^^^yi iüo^JI J^k.M iJ^U^Jf JL4(
Bericht über die Ergebnisse ciuor Heise nach Const.intlnopel . 315
,die abgefluchten Ilückerberg-e'i ; ,Berg-e, auf deren Gipfel Brun-
nen und künstliche Bewilsserungsmaschinen vorhanden sind'-;
,die bei den Arabern berühmten, in ihren Gedichten erwähnten
Berge' •^; ,die Stätten der Gottesverehrung*' (auch die heid-
nischen) ; ,die Landungsküsten Arabiens' '^^ , dessen Vorgebirge' '^;
,die sprichwörtlich gcAvordenen Orte, wo Wild und insbesondere
Löwen vorkommen', ^ ; ebenso , sprichwörtlich gewordene Orte,
wo Gespenster vorkommen"' und zum Schlüsse eine Aufzählung
,der alten Tränkplätze'. ^
Nach diesem Excurs verzeichnet Hamdäni die Wohnsitze
der Araber, die nach Norden (Syrien) gezogen • sind '", so die der
Bruderstämnie Lachm und Godzäm (Sprenger 328j, der 'Amila
(Sprenger 424j, der Dzubjan (Sprenger 220), der Kalb (Spren-
ger 32), der Ghatfän und 'Odzra, dann die Wohnsitze der Araber
in der Umgebung von Madina", besonders der Harb, Gohaina
Balijj und Mozaina (Sprenger 28 und 225), und beschreibt ferner,
und zwar, wie es scheint, nach einem anderen Berichterstatter, ,die
übrigen Wohnsitze der Araber östlich und nördlich vom Wädi-1-
Qura'J- Er beginnt mit den Dijär Solaiin, südöstlich von Wädi-1-
Qurä, geht von hier über Higr nach Taimä und folgt der
' S. 221: JL^I ^^ x+l^Jt
^S. 221: ^U.J|. ^b^l| L^^^J^ ^ ^il^iJl
3 S. 222: LsJ.LjiXÖI ^ Sx^SlXjl V;*"'' "^^ '^)^^*^^ J^4'
* S. 222: 5 0L*jl *^l^^
5 S. 222: ^^x}\ s.si hyhJj
6 S. 223: ^:s\jf Ij^ ^-.J^
" S. 223: J^Jf Lh^-J so.v^JI ^ji^^y ^t^^
8 S. 224: J,;i^j| L^ ^.^Jl ^\ ^\ye
9 S. 224: aL^JJÜf J^UJf
'OS. 226: ^o^it ^vc ^r-Uö ^A ^L-uO
1' S. 227: iUjtXjl r^U> U-Vi VT*^' ^jS'L^
12 S. 229: ^jc ^ÄJ Lo v»ÄAjL^;c'b bjcÄ^ «JLoJI IAjC ^-*ä.AJ'
316 R' "■ Müller.
Gruppirung der Stämme westlich und nördlich von den beiden
Gebirgen (Ag-a und Salmä). Vg-1. Spreuger 32, 424, 341, worauf
noch die Dijär Rabi'a in Mezopotamien aufgezählt werden. '
Daran schliesst sich ein Capitel über ,die Pflanzen Jemen's' -
und ein anderes über ,die Dialecte der arabischen Halbinsel' ^
(Sprenger 410, 352, 411, 87, 437, 419, 426), dessen Schluss
lautet : ,Das sind die Dialecte der Halbinsel im Allgemeinen
ohne Detaillirung und Specialisirung'. ^
Der nächstfolgende Abschnitt heisst: , Beschreibung von
al-*Arüdh und Bahrain, des niederen Negd und der Strassen
des oberen Negd, der Weideplätze dieser Länder, ihrer Flüsse,
Wasserbehälter, Berge, Städte und Wüsten, bis in die Gegen-
den von Higäz, die Höhen von Syrien und das Gebiet von
'Iräq. AI-Bahrain und die angrenzenden Länder nach Abu
Mälik Ahmed ihn Muhammed ihn Sahl ibn Sabbäh al-Jesch-
kuri. Er hatte in diesen Gegenden gewohnt, sie, Wasser und
Weideplätze suchend, vielfach bereist, so dass er sich eine genaue
Kenntniss derselben aneignetet ^
Der hier eingeschaltete Bericht über das eigentliche Hoch-
land Arabien's, von dem wir durch die Reisen Pelly's, Sadlier's
und erst in jüngster Zeit besonders durch Palgrave einige richtige
Vorstellungen bekommen haben, ist mit grosser Ortskenntniss
geschrieben und erweist sich thatsächlich als das Resultat einer
1 S. 231: ixj^s vbi>
2 S. 233: ^^jl ci-'Lö v*-?
3 S. 234: iJvJv^' StXiii J^l <^^
* S. 238: (jö-oi/Jc'i ^^0 ä-U4>| J^ ^T^T^' "^^ »<^-^
'- S. 238: tX^ or^^ ^Ä^Jt J^. ^J^if. ^«^'t Ä^-o
^ tX*^l viJJU ^1 ^j^ l.^j^\yj, ^.;^^^ 'oV*"'' ^^r^^
LxAi». L^j jjl^^ L^\i ji^* LjcIäx^ W*-^; A^ät^^JI
Bericht über die Ergebnisse einer Beise nach C'onstantinopel. ol7
sehr eingehenden Durchforschung des Landes, das unser Reisen-
der nach allen Richtuno-en durchstreift hat. Seine Strassen
lassen sich zum Theil ziemlich genau verfolgen und .wir wollen
hier in aller Kürze ein Bild hiervon zu geben versuchen.
Abu Malik beschreibt zuerst den Küstenstrich von al-
Bahrain mit den Städten Hagar, Qatif, Oqair u. s. w. , dann
al-Sitar, das al-Sitar von Bahrain ' (im Gegensatze zu al-Sitär
nördlich von Dharijja auf der Basra-Mekkastrasse), den niedri-
gen Bergrücken der Küste parallel bis nach Käziraa, zwischen
dem und der Küste die Strasse nach Basra läuft (Sprenger 190),
und wendet sich von al-Sitär nach Süden bis in die Gegend
von al-'Arama (etwa auf demselben Wege, den Pelly gemacht
hat). Von hier kehrt er nach al- Alisa zurück und dringt in
Jabrin ein. ^ Von Jabrin geht er nach al-Jemäma •'^, aber nicht
den directen westlichen Weg, sondern in einem Bogen zuerst
nordwestlich über al-Sammän', dringt von da südlich über
al-'Arama'^ (das sich mehr östlich ausdehnen muss, als es auf
unseren Karten verzeichnet ist) in al-Jemäma vor, an Gaww
und Chidhrima am Wädi Irdh vorbei bis in die Ebene al-
Charg (Sprenger 317) und geht von hier (etwa auf der Route
Sadlier's) über einen Gebirgspass des 'Aridh nach Weschm, wo
er Thermedä, Uschaiqir und al-Schaqrä berührt.
Er kehrt nach al-Jemäma in das Wädi Irdh « zurück, in
dem er die Ueberreste der Tasm und Gadis gesehen, durch-
zieht das Wadi Irdh und seine Nebenthäler von Hagr aus ^
übersteigt das 'Äridhgebirge, geht durch das Gebiet der Sadüs
ihn DzaVl (nach denen w^ohl die Stadt Saddus benannt ist)
i S. 239: ^J^^'l ;Lä***J 0**J ^U*JI jvJ
= S. 240: ^^ .^^^ J^Ux! ^Lv^^'Li ^J^^^t ii ^^. (VJ
3 S. 241: jwUaJÜ IJcoU" L§ÄX Jut^J (W
4 S. 241: ^C^M p
■ S. 241: Lo^M *kjL} jvJ JwU-JI il ^;; i3r>.^ ^^./^^ i' (^
' S. 245: ^^ ^kj ^ ^^j ^j
T S. 246: ^wjJI 3 IcXa-^c^ ^^ ^XJ ^f4. |VJ
318
D. II. Müller.
immer nordwärts durch die Sandwüste (Dehna) und erreicht
(etwa bei Megaza), die Basrastrasse schneidend, al-Hazu. Bei
Hafr Abi Müsä tritt er in das Wädi al-Falg- über und kommt
bis in die Nähe von Basra. Von al-Falg aber biegt eine
Strasse nach links ab, die zur Harra-Lailä (nordöstlich von
Wädi-1-Qurä), dem äussersten Punkt, den unser Reisender in
dieser Richtung erreicht hatte, führt. '
Unser Gewährsmann geht dann auf der Kiifastrasse von
'Aqaba bis Dzät 'Irq - und von hier nordwärts auf der Basra-
strasse nach Dharijja. Von Dharijja aus hat er häufige Aus-
flüge in die Umgegend gemacht, in das Gebiet des Hima sowohl
als auch in das daran grenzende, so dass Hamdäni sagen
kann: ,Und das Gehege Dharijja ist ein Mittelpunkt für die
Umgebung rings herum, bis zu den äussersten Stellen, die
Abu Mälik betreten hat/3
Was hier über die Landschaft Dharijja mitgetheilt wird,
ist selbst nach dem, .was Wüstenfeld in seiner Abhandlung:
,Die Strasse von Bacra nach Mekka mit der Landschaft Dha-
rijja' nach Bekri und Jaqüt zusammengestellt hat, neu und werth-
voll, weil auf selbstständiger Forschung beruhend. Die Haupt-
ausflüge, die Abu Mälik von Dharijja aus gemacht, sind: in
nordwestlicher Richtung' an den Abäubergen vorbei, in öst-
licher Richtung-^ auf der Strasse nach Uschach an Bakra
endlich nach Süden 6 an dem Berge Nir vorbei. Nachdem
er noch die angrenzenden Ländereien " und insbesondere die
• S. 249: iL^I sj^ ^ ^^iJLx yc^ JU
2 S. 249: ^jJa.'! J^Uvo
3S. 251: ^1 ^j^l^ ^^-f Jt ^^ y^ L^ ^_J^- ^1^
* S. 251: ^x) Ju.^'1 (Jw^oj Ujo iOw^ jl»*^. i>-^ iJ>-*"5
^f^JI^ Oy^f^ J^WI
5 S. 252: ,^4^1 Ahjo Jl iOw^ ^jc Ji
6 S. 254: ^1 ^ iJ^ ^,^^:^ ^^
^ S. 256: ^^1 j^j Ll>0^
Bericht über die Ergebnisse einer Reise nach CanstaiiUnopel. olu
Gewässer des Thalilän und die von Schuraif ^ (Sprenger 370)
und endlich das Gebiet der Bähila- beschrieben, wendet
er sich nach al-Falag- und macht es, wenn man so sagen
darf, zu einer neuen Operationsbasis seiner geographischen
Ausflüge.
,A1-Falag' — sagt Hamdäni — ,ist der Mittelpunkt, um
welchen die Umgebung den Kreis bildet.' 3 Zuerst wird der
Weg nach Jabrin in östlicher Richtung beschrieben (Spren-
ger 276), wozu Hamdäni bemerkt: , Hinter Jabrin und al-Chinn
bis nach 'Oman dehnt sich ein ununterbrochenes Sandmeer
aus, welches Abu Mälik nicht betreten hat/' (So muss diese
Stelle, abweichend von Spreuger 270, übersetzt werden.) Es folgt
die Beschreibung einer Strasse nach Norden, nach al-Jemäma ■',
worauf das Stromgebiet des al-Charg 6 geschildert wird. Nach
Mekka führen zwei Strassen von al-Falag. Die nördlichere
wird zuerst beschrieben ' (Sprenger 372), die südlichere führt
über die Wüste DabiP (Sprenger 373). Von al-Falag geht eine
Strasse nach IMuqtarib, die sich hier theilf; die rechts ab-
biegende führt nach al-'Aqiq, die andere über Negrän nach
Jemen '^ (Sprenger 367).
LI
1 S. 256: oijwCC^JI sLyo ^xi y^ÄÄi.! Sj
2 S. 257: iÜjeLj Ot^^ .
3 S. 260: ij^io äJ^=» Lo^ ^ki" JOJI
* S. 261: sliaj [vi J^x ^Uä J,' J^; ^=^'^ C^"7^ ^h^^
' S. 261: JJiJ\ ^x JU^'I tVAii ^X^
6S. 262: l\ 3 ^-tXJ- ^'1 JOjp«! ^x^
' S. 262: JsÄJI xJLö ^^
s S. 263: ^vi*!^M (^J Js-M Jl Lä*=>^ ^
9 S. 264: n^Xx V^^' -r^-'' ^'' ^' ^'^) ^
S. 265: ^♦Ji JJ^ «-J^;JiJi ^x ^y^-M Jl o^=>^ ^
10
320
D. H. Muller.
Hierauf folgt wieder eine allgemeine Uebersicht von den
, Minen al-Jemäma's", von den , Regenzeiten' dieser Gegend 2^
, Orten, wo Dämonen sich aufhalten' '■^, , Orten, an denen Winde
häufig sind'', ferner eine , Beschreibung der Winde der vier
Weltgegenden und der Winkel winde (Passatwinde)' ^, ,eine
Aufzählung der salzigen Gewässer' «, ,der Pflanzen und Gräser
des Negd'^, und zum Schluss ,einc Zusammenstellung der
geographischen termini technici für die verschiedenen Boden-
formationen'. *^
Es ist natürlich schwer zu sagen, ob Alles, was al-Hani-
dani über diese Gegenden mittheilt, von Abu Mälik herrühre,
oder ob er dabei auch andere Nachrichten verwerthet habe. Da
jedoch im Folgenden diese Gegenden nochmals nach anderen
Quellen beschrieben werden, so drängt sich die Vermuthung
auf, dass dem bisher Gesagten hauptsächlich der Bericht des
Abu Mälik zu Grunde liesre.
Auf diesen grossen Bericht folgt ,die Beschreibung des al-
'Arüdh' 0, die mit der al-Falag's nach der Angabe der Bewohner
beginnt (Sprenger 364 und 365). Daran schliessen sich einige Be-
merkungen des al-öarmi über diese Gegend und des Ahmed ibn
al-Hasau al-Ghädi al-Falagi über die Wüste Dabil und Dehnä "'.
Nach einem kleinen Excurs ,über die verschiedenen Dattel-
1 S. 267: XAxJj ^Lj4>^ «üoUvJI ^i>\jUO
2 S. 268: i>^Jf sj^ ^Ua;of
3 S. 268: ^^^^If 5 Joe ^ ^it 0;Ijw
* S. 268: LJf «^ly,
5 S. 269: Lf^yi^ ^Ui-^'l L^ kx^
6 S. 269: >Lo^l| »LyoNtf
^ S. 270: Jc^ ^^1 ^L/J
8S. 273: Üß^^ (Xsi ^pi( ^Ijij ^Lä^
9 s. 216: ^jö^yx}\ ^ AsiJ\ Vr*'' V^y^ O"^ U^^T*^' ^^-^
1» S. 279.
Bericht über die Krgebnisse einer Heise nach Constantinopel. 321
gattungen des al-Falag' ' folgt eine ausführliche Beschreibung
von al-Jeniäma- (ob sie von al-Garnii herrührt, ist zweifel-
haft), daran reihen sich einige Bemerkungen des al-Garmi
über die Wohnsitze der Garni in Jemänia und anderwärts ^
und eine Beschreibung von al-Weschm von demselben.^ Es
folgt eine kurze Notiz über die Lage Jebrin's'" (Sprenger 276),
eine Beschreibung des 'xVridhgebirges '• (wohl von einem Reisen-
den , der in dasselbe von Negran aus eindrang) und ein Ver-
zeichniss der Etappen von Negran nach al-'Aqiq" (Sprenger 368).
In einem von Hamdäni angeführten Gedicht des Mälik
r
ben Gurain kommt ein Vers vor, der lautet: ,Wir werden den
Gauf schützen, so lange Ma'in in seinen Niederungen 'Aräd
gegenüber liegt/ Die Erwähnung des Gauf benützt Hamdäni,
um eine Excursiou in denselben zu machen und von Norden aus
(Negran) in ihn einzudringen. Er sagt: , Da wir Ma'in erwähnt
haben, so wollen wir an dieser Stelle bemerken, was in Gauf
von Bauüberresten und bewohnten Orten vorhanden ist, und
die Ortschaften des Gauf, seine Grenzgebiete und das Land
der Schäkir beschreibend ^ Eine kurze nochmalige Schilderung
al-Bahrain's ^ schliesst diesen Abschnitt. Daran knüpft Ham-
däni folgende Bemerkung: ,Es sagt Abu Muhammed: Wenn
wir al- Bahrain so eingehend beschreiben wollten, wie wir al-
1 S. 280: XsJ\ ^\^ A*A«I
2 S. 280: LoUa.''
3 S. 283: \i* äJOo i^*.jJI j^xJ -j:?« ^lJc>
4 S. 283: iöoU^.M u^J ^>c ^^^1
5 S. 285: iuiU^jJ! fJiy^ J^ lj":?7^
6 S. 285: Aj\ 'iy^£. J>LäÄX) J-aä.. yöxLjtJl^
7 S. 287 : ^Ä*j| jl ^1^:^ J^^I^X)
s S. 289: Lo wS'jö liÜ ^*Jf tj^ 3 ^x<c U^f3 tXs JI5
oy^l ^lifi^l ^ ^ ^ /<^j ;r-*-'S ;*-^'-'' ü-^ ^t^^
«S. 291: »y^^l; ^J^^'t
322 D. H. Müller.
Falag beschrieben haben, so würde es uns zu weit führen,
obwohl wir schon einige Theile desselben erwähnt liaben.
In gleicher Weise müssten wir sehr ausführlich sein, wenn
Avir den grössten Theil von Jemen, Negd und die Gebirgszüge
ausführlich . schildern wollten. Als Beweis hiefür möge der
Umstand dienen, dass eine Schilderung der Thäler des Wädi
Negrän und der kleinen Gewässer des Gauf (abgesehen von den
grossen) eine stattliche Anzahl von Ortschaften ergibt^' Nachdem
er durch eine Schilderung dieser Wädi den versprochenen Beweis
erbracht hat, wendet er sich zur , Beschreibung der berühmten
Orte zwischen al-Jemen, Negd, al-'Arüdh, al-'Iräq und Syrien^
und erwähnt dann die Pilgerstrassen. - Er beginnt mit den
Dijär Bekr und Dijär Taghlib, dann folgen ausführlich die
Dijär Balijj •' (Spreuger 28), das Land der Gohaina ' (Sprenger 28)
und die Niederlassungen der Ijäd'', ferner die Dijär Rabi'a**
in al -'Arüdh und Negd und die Wohnplätze der Hudzail. '
Eingeschaltet wird ein ,Capitel, in dem Dichterstellen angeführt
werden, welche Orte von Negd erwähnen' ^, ein anderes ,über die
Wohnsitze der Araber, die von Angehörigen verschiedener
Stämme bewohnt werden'-'; ferner ein ,Verzeichniss der alten
1 S. 292.
2 S. 293:
3 S. 294: ^ ^UO
* S. 295: kÄA^:^ ^^|
5 S. 296: 0\^\ J^Ux
6 S. 297: J,^^ uö^Y*il ^ JÜIAJ^ ^L>c>
T S. 298: J^j^ nLo
8 S. 299: *^\yjo ^>*}\ CiJv^3 U-o s^IjuÜI ^^x cijLjot aui iw»L
Bericht ülier die ErgtibnisEe eiuer Keise uach Consiantinopel. ö23
arabischen Märkte'^, eine Zusaminenstellung^ der ,Dijär Tamiin'-
und zum Schhiss eine Aufzählung der Pilg-erstrassen :
I. ,Die Pilg-erstrasse von Iräq'-', von ßaghdäd ausgehend,
sowohl über al -Madina, als direct von Ma'din Nuqra nach
jMekka unter Angabe des Breitegrades jeder Station und der
Entfernung je zweier Stationen von einander in Meilen.
IL ,Die Pilgerstrasse von San'ä nach Mekka ' über das
Hochlande Hier werden neben Breitegraden und IMeilen auch
,Tagemärsche' und bei grösseren Stationen aucli die Anzahl
der Posten (jo».j) angegeben.
III. ,Die Pilgerstrasse von San'a über Tihäma.' ■' (Hier,
wie bei den folgenden, werden nur die Stationen aufgezählt.)
IV. ,Die Pilgerstrasse von Aden. ^'' Sie trifft in 'Athar mit
der San'ästrasse (III) zusammen.
V. ,Die Pilgerstrasse von 5adliramaut'. '' a) die obere
über 'Abr, den Gauf und Sa'da, wo sie mit der San'astrasse (II)
zusammentrifft (Sprenger 246) ; h) die untere über Negrän und
Tabäla. Sie trifft dort mit der San'ästrasse (II) zusammen.
VI. ,Die Pilgerstrasse von Aden über San'ä' ''j und zwar
hart am Jafi'gebirge (Sarw Himjar) vorbei, und
VII. ,Die Pilgerstrasse von Aden über San'a an al-Ganad '^
vorbei', westlich von der vorigen.
1 S. 308: iL*JtXÄ.'l vy*-'' ü'r^'
2 S. 309: ^^ ^LjJ
3 S.'SU: J)Lx.'l ulk*
^ S. 319: ^IäjLo ^-O ^'! ^jÖ^y3L}\ >jJJij J-C^ ^^Xk^ Ä^
5 S. 322: iLoL^" iJJyis XXo ^1 pIxÄ.O ä^*'
6 S. 323: ^Jcc: &.S^
^ S. 324: ^yyoyjc^ Ü^
8 S. 325: pIxAxs ^jJö J^ ^^^ '^^
9 S. 325: i^jj>\ J^£. \^Xx}\ ^cVc ».'^
324
D. H. Müller.
Den Schluss des Buches widmet Hamdäni ausschliesslich
Jemen. Ein grosser Abschnitt: ,Die Wunder Jemen's, die
in anderen Ländern nicht ihres Gleichen haben'' überschrieben,
enthält eine Aufzählung- der Merkwürdigkeiten Jemen's. Dazu
gehören ,das Thor von Aden, das tunnelartig durch einen
Berg gebrochen worden' 2, ,die Diirchgrabung des Berges
Bainün' ^, ,die Festung al-Gowwa im Gebiete der Ma'aiir' ^,
,der Berg Tochlijj mit seinen Festungswerken' ■', ^die Berge
Hannüm [oder Hinnaum] ^ (Sprenger 57), Bart", Tan'uma ^
und Dzachär' '', ,das Gebiet von San'ä' '", , verschiedene Boden-
producte , die nur Jemen eigenthümlich sind', , merkwürdige
Brunnen'", ,Orte, an denen Schlangen nicht schaden können' '2,
,Hausthiere und Kunstproducte Jemen's', , Fundorte edler
Metalle' (Sprenger 60) '•'', ,Orte, an denen Todtenklagen ab-
gehalten werden'", ,Orte die sprichwörtlich geworden sind'. '^
Als Anhang folgt eine Sammlung geographischer Gedichte,
die gewiss zum Theil als die ersten Versuche angesehen werden
1 S, 326:
Lgi:i/o <xL» ^ ij^ ^^Jl ^^♦^il ^
2 S. 326:
^j(X£- ujb
3 S. 326:
^}^^-? ^^
4 S. 326:
»«ä' j^*-^*
s S. 326:
li^d Ju^
6 S. 333:
^yXS^ J/.=^ I^JUC^
1 S. 334:
iöjj J.A.Ä^ ^■*-*^
8 S. 335:
jUaäj J^^ ^^5
9 S. 335:
X^i> (i-AS^ \^XjOm
10 S. 335:
c=^Ljia.o J.ÄÄ. ^♦-yt 'w*^'-:^ ij"**^
1» S. 345:
'^4J\ ;lj^t ^x>5
12 S. 346:
^li^lf l.^ y£Li "3 ^1 «^I^JI
1^ S. 348
wjO^I ^jl*/)
1* S. 349
^■^Jl J.£. Üä-L/JI ,«^1^/3
1^ S. 350:
(jjvU..'l L^J IwJ^wÖ-JI Ä.of^JI
;U
Bericht über die Ergebnisse einer Reise nach Constantinopel. 32o
dürfen, g'eograpliische Beobachtungen zu registriren. Solche Ge-
dichte hat Hamdäni mit grossem Fleisse gesammelt, sie uns
hier und im Iklil überliefert und vielfach commentirt. Die
Ueberschrift dieses Anhanges lautet:' , Sammlung von auf uns
gelangten und von uns vernommenen Gedichten, die eine
Menge von Wohustätteu und Strassen der Araber aufzählen.
Diese Sammlung enthält nur einen kleinen Thfeil von dem, was
die Araber von derlei Gedichten kennen , und zwar nur sol-
chen, die gewisse Besonderheiten mancher Ortschaften behan-
deln. Was aber an Gedichten überliefert worden ist über ein-
zelne Theile der arabischen Halbinsel, wie über die Gcsammtheit
derselben, das kann Keiner umfassen und vermag Niemand zu
sammeln und vollständig zu beherrschen, weil jeder Dichter
Lagerstellen, Regenzonen und Plätze, wo Futterkräuter wachsen,
erwähnt, die kein Anderer nennt, wenn er kein Plagiator ist.'
Bei der Wichtigkeit, welche diese Gedichte als die
ältesten geographischen Verzeichnisse haben, wird eine etwas
ausführlichere Aufzählung derselben hoffentlich nicht uner-
wünscht sein: Gedicht des al-Achnas ibn Schihäb al-Tagh-
libi -, in dem er einige Niederlassungen der Araber in dieser
Halbinsel erwähnt. 11 Verse, Tawil :
V^T^^ (jt-^s? ^-iJ-iV-I u^^r^ ^y-*^ <^*^ 1^:;^ lt*— ^' (>-^>J
Abu Qais ibn al -Asiat ^, indem er Ghatfän vom Kampfe
gegen die Chazrag abhält, spricht 7 Verse, Wäfir:
t— jLis.L_i Aia.1 J^\ £=L_^^L_i ,c"*-^ L-ixÄi v_OyÜ oLä.^^
1 S. 351 : ^^5 L*w.>0 ^^ wAaxXJ LjtXil^» j.*.*xJf ^^yX ^Ji\ Lo So
2 S. 352
3 S. 353.
326 IV H. Müller.
Gedicht eines Mannes aus dem Geschlechte des As'ad
ibn Mälikjakrib, Tobba'j in dem er der Niederlassung-en derer
gedenkt, die aus Jemen in andere Theile der arabischen Halb-
insel sich begeben haben. 11 Verse, Tawil :
Es folgen vier Gedichte, die auf die Auswanderung der Azd
Bezug haben,
I. Es sagt Abdallah ibn Abd-ul-Rahmän al-Azdi ' in einem
Gedichte über die Trennung der Azd. 12 Verse, Wafir :
^^L^ tX^ (VS^^5 J^y-^'<i ^--^^ ^^^5 ^^~i u;;^5
II. Und es gehörte zu denen , die sie (die Azd) aus-
gesendet haben, um Weide- und Tränkeplätze für sie zu
suchen, ein Mann von den Bann 'Amr ibn al-Ghauth ^^ der für
sie als Kundschafter in das Land ihrer Brüder, Hamdän, ge-
schickt wurde. Er fand , dass die Weiden dieser Gegenden
für die Bewohner und die Einwanderer nicht ausreichen wür-
den, kehrte heim und recitirte folgende 16 Verse, Wafir:
III. Gleich traurige Kunde brachte ihnen 'Aidz ibn
'Abdallah, 3 der in das Land der Himjar als Kundschafter
geschickt worden war. Er sprach. 13 Verse, Tawil:
IV. lieber die Auswanderung der Azd sagt auch Gumä'a
al-Bäriq!.-» 27 Verse, Chafif:
Diesem Gedichte , wie den vorhergehenden , sind erläu-
ternde Erklärungen über die Wohnsitze der Azd von al-Ham-
dani beigegeben.
1 s.
355.
2 S.
356.
3 S.
357.
« s.
358.
Bi'rieht üb.r die Ergebnisse eiiior Reise n;icli Constantiiiopel. o2i
Daran scliliesst sicli ,die Erzählung vom Streit zwischen
den Stämmen Muräd und Thaqif wegen des Landstriches von
Wag'g- vor dem Propheten und sein Schiedsspruch darüber'.'
Am Schkisse stehen 6 Verse des Zubjun ihn Kudäda,
Tawil :
f
Der darauf folgende Abschnitt heisst: ,Erwähniing der
oberen Theile der arabischen Halbinsel , die zu Jemen , al-
Higfiz gehören nebst den Grenzgebieten von al-Jemäma und
sein 'Arüdh'.'
Es erzählt Abu al-Hasan al-Choza'i (seine Heiniath war
das obere Neg-d, er war aber in 'Arüdh viel herumgekommen
und hatte mit den Bewohnern des Hochlands verkehrt und
von Allen das Vorzüglichste aus der alten Geschichte erfahren),
dass in einem Jahre der Regen ausgeblieben war und dass in
Folge dessen grosse Noth und Wassermangel in Arabien ge-
herrscht habe. Man pilgerte von allen Gegenden Arabion's
zur Ka'ba, um Regen zu erflehen. Bei dieser Gelegenheit
recitirte al-Guräza al-'Amiri'\ ein Dichter aus Negd, ein Ge-
dicht, in dem er viele Ortschaften des Negd aufzählt. 34 Verse,
Chafif:
^L_^xJI s_ft.c!i.xj (^_A_ii.l ^£. y sCcXJf dLjwi ^s\A*;l.i vJ^r-cXi (._J^
Ein Dichter aus Tihama, Namens Abiil-Channäsch al-l.Iagri ^
verfasste ein ähnliches Gedicht über Tihama. 32 Verse, Chafif:
iUjJf villi S^\ I3L} ^k^ :^ !^f^ jLii ^ Cli. Lo Cj;
- S. 36G: ^^Jl ^A ^ ^^\ iUJL*.'! ^ys}\ i^_y=^ -1^=.! ^53
3 S. 367.
^ S. 369.
328 1> H. Müller.
Darauf" recitirte ein Dichter ans Hii^az, der unter dem
Namen al-'Ag-h\ni' bekannt war, ein Gedicht über sein Hei-
matsland, 29 Verse, Chafif:
Hamdani fährt in der Aufzählung der Gedichte fort. Es
sagt Ibn al-Asch'ath al-Genbi in einer Schilderung der AVüste
Saihad '^, die er von Negrän aus besucht hat. 12 Verse, Käniil :
Es sagt al-Härith ibn Hilliza ^ (ein Gedicht) und er-
wähnt darin Orte (der Jeschkur) und die ihrer Verbündeten.
Muällaqa, Vers 1 — 7.
Es sagt 'Alqama ibn Zaid ibn Bischr vom Stamme Chau-
län-Qodhä'a. ' Er war ausgezogen, um Hilfe zu suchen gegen
die Hawäzin und die Banü Solaim und beschrieb die Gegen-
den , die er durchzogen von seiner Heimat bis nach Sa'da und
von da nach San'ä mitten durch das Land der Hamdän.
46 Verse, Tawil:
Es folgen 2 Verse des Tarafa-^, die Orte der Beled
Madzhig enthalten (Ahlwardt , Diwan XHI, 1 und 2) , 9 Verse
des Labid über Negd und Higaz (Mu'allaqa, Vers 1, 3, 15,
17—19, 26, 45, 71), 4 Verse des Abu Du ad «^ über die Wohn-
sitze der Ijäd, Chafif:
'1 - - ,1 r .? -I -: r ^ 't ^ 'r- "" ' ' - " / " "1
2 Verse von demselben Dichter auf «w — , Chafif. 1 Vers
des al-'Aggäg' auf ^/— , Regez (Diwan XIII, 43). 3 Verse
des Zuhair (Ahlwardt, Diwan IX, 7—9). 1 Vers desselben
Dichters, vgl. a. a. 0. S. 191, XI.
« s.
371.
2 S.
373.
3 S.
374.
* s.
375.
5 S.
378.
6 S.
379.
^ s.
380.
Bericht ülii'r ilie Ergebnisse einer Keiso nach Cou.stjntiuopel. O^JJ
tl
2 Verse desselben Dichters (Alihvardt, Diwan X, 4 und 5).
4 Verse des al-A'scliä ', jMutaqarib :
jv-i-Xi ;^>«t_i LNi-f-Ä.; ^L^^ L^_iLii JL*_iJ v^-i^-Ic^
6 Verse von demselben Dichter, Tawil:
5 Verse des Tarafa uder al-Cliirniq, Wätir; fehlen in der
Ahlwardt'schen Ausgabe:
^:jJu ^sCc^iLi i^J.ji i-iJ JT ü«-^ LX^
Hierauf fokt eine Reihe von Gedichten über Gewitter
und Regeng-üsse. in denen die arabischen Dichter gewöhnlich
grosse Strecken Landes beschreiben.
Abu Du ad beschreibt ein Gewitter.- G Verse, Mutaqarib :
C -- - S ü
'3\j~i GfcCj ';^-^ ^'■>)-=?- ■r- '— :?r--'^ x-Ä_Ai ^_-w^J' ö*_A_i^
Imrulqais erwähnt zehn Orte von al- Bahrain (Ahlwardt-,
Diwan X, 1 und 2), desgleichen an einer anderen Stelle
,L1X, 1, 2, 7); 2 Verse desselben Dichters (XXV, 1 und 2).
Ein Gedicht des Dzul-Rununa. 8 Verse, Tawil:
Es folgen (5 Gedichtfragniente des Kuthajjr. •'
I. 5 Verse, Tawil:
IL 7 Verse, Tawil:
III. Kothajjr erwähnt vieler Ortschaften zwischen Mekka
und Jathrib (al-Madina). 12 Verse, Chafif:
1 S. 381.
2 S. 382.
3 S. 383.
SitzuDgbljer. d. phil.-liist. Cl. CX. Bd. II. litt.
330 D. II. Müller.
IV. 9 Verse, Tawil :
V. Kuthair beschreibt ein Gewitter in einem grossen
Theile von Higäz. 24 Verse, Tawil :
VI. 5 Verse, Mutaqärib:
3 Verse des 'Abid (ibn al-Abras) ', Basit:
10 Verse des Imrulqais (Ahlwardt, Diwan XliVIII, 65 — 74).
2 Verse desselben Dichters (XXXV, 4 und 5).
5 Verse des al-A'scha •^, Basit :
I^-Uj J.-J5^ cs^)*^ ^ V7^~ ^;>-^
cV^^I i— 3>LccJI [VV^. ^—^^^5 'J^^V^
AI -Schammäch besehreibt die Tränken der Wildesel.
8 Verse, T^^wil :
3 Verse des Schabib ibn al-Barsä '-^ Kämil :
4 Verse des Mutalammis, Kämil muraffal :
Der Dichter al-Qutämi beschreibt ein Gewitter. 7 Verse,
Wäfir :
ri " . " j ' ' " ' " \ " "' « . ' "' ?» ' I ' " ' , ' .". T
1 S. 387.
2 S. 388.
^ S. 389.
Bericht über die Ergebuisse einer Reise nauli Constualiiiopel. ddl
3 Verse des Zuhair ' (Diwan XV, 5 — 7); 2 Verse von
demselben (Diwan X, 4 und 5).
3 Verse des al-Aswad ibn Ja'tiir, Kaniil :
3 Verse des al-Muthaqqab (al-Abdi), Wafir:
2 Verse des Abu Maqrüm auf cl — , Wätir.
Abd Bani al-Chaschchäsch - beschreibt ein Gewitter.
11 Verse, Tawil:
nr' - ?" " ."'M 'ir- ^ .-•
Abu Dzu'aib beschreibt ein Gewitter. 11 Verse, X'i^vil:
' ' * ' 1 - 5 ' '..i - - ..\"\ .1 f> " - *t '■'
^>^ 1^-^^' ^ ^t-^ *.J^— ^-:5» ^^ Y^' (Jo ^y*-^ [*' <5-*^
Sä'ida ibn Guwajja'' beschreibt einen Regenschauer. 7 Verse,
Kämil:
Drei Gedichtfragmente von ('Adi) ibn al-Raqa'. 7 Verse
auf ^ — , Basit; 7 Verse auf L»! — , Kämil; 2 Verse auf x — ,
Tawil, und zum Schluss noch 7 Verse von Ibn Muqbil ', Tawil :
l^_AJLi JwsJ ^.^ xj^ ^Uj j:^Lj t^^^ cVit ^^i^ J^U
Al-Hamdäni schliesst diese Sammlung mit den Worten:
,Die Anführung dieser Gedichte , in denen die Araber ihre
Wohnsitze erwähnen, möge genügen.^ ^ (Hier schliesst die
1 s.
390.
J s.
391.
3 S.
392.
* s.
394.
s i^
lö< 1
£).,*
332 D. II. Hill 1 er.
Constantinopelei" Handschrift, im Codex Miles heisst es weiter:)
,Wer aber noch vollstäudigcr diese Gedichte keiineii lernen will,
der mög-e die Schilderungen der Gewitter und die Beschreibungen
von Tränkplätzen der Wildesel bei den arabischen Dichtern
nachlesen ; denn diese beiden Arten von Schilderungen ent-
halten die meisten Namen von Wasserplätzen und Wohnstätten
der Araber. Ich kenne aber Keinen, der von der arabischen Halb-
insel eine Wegstrecke von 24 Tagen in einem originellen Ge-
dichte beschrieben und vielfach darin das Kameel und die Wüste
geschildert, ausser Ahmed ibn Tsä al-Ridä'i aus dem oberen
Chaulän. Er wohnte in Ridä' in Jemen und beschrieb die
Länderstrecken von da nach Mekka über die San'ästrasse im
oberen Negd. Ich hatte einmal auch von einem Basrenser
einige Verse über die Basra - Mekkastrasse gehört, die nicht
schlecht, aber im Ganzen doch schwach waren. Auch Abu
Jüsuf ibn Abi Fudhäla al-Abnawi, der Grossvater des Abu
Jüsuf , der in der Zeit des Muhammad ibn - Ga'far lebte,
hatte ein Jambengedicht über die Pilgerfahrt von San'ä ge-
macht, das sehr schwach war, in Folge dessen verspottet und
missachtet wurde, bis es ganz in Vergessenheit gerieth und sich
Niemand mehr fand, der es recitiren konnte, mit Ausnahme
weniger Verse, die ohne Kraft und Originalität sind.
Was nun aber die Qaside des al-Ridä'i betrifft, so haben
viele Gelehrte von San'ä, insbesondere aber die Abnä (die
Abkömmlinge der Perser) Vieles in derselben aus Anmaassung
und Neid verändert, so dass ich in San'ä keine richtige Copie
gefunden habe. Ich Hess aber nicht nach, eine correcte Ueber-
lieferung zu suchen, bis ich sie erhalten habe von Ahmed ibn
Muhammad ibn 'Obaid aus der Familie der Banü Lif von den
Persern. Er gehörte keiner Partei an und suchte nicht das
Verdienst von irgend Jemand zu verkleinern. (Das Geschlecht
der Lif bestand aus zwei Familien , von denen die eine in
Ridä', die andere in San'ä wohnte.) Er (Ahmed ibn Muham-
mad) sagte mir : Es hat mir in meiner Kindheit Ahmed ibn
'Isä in Ridä' zu je zehn Versen das Gedicht überliefert, bis
ich es auswendig gelernt habe. Nur was aus dichterischer
Licenz fehlerhaft, sonst aber nicht von Belang war, berichtigte
und verbesserte ich; auch habe ich die dem gemeinen Volke
minder geläufigen Ausdrücke erklärt. Dieses Gedicht ist einzig
Bericht über die Ergebnisse einer Reise iiaeli Constantinopel. 333
in seiner Art, es sei denn, class ein ausgezeichneter Dichter
es nachzumachen versuchen wird. Ahmed ibn 'Isa hat auch ein
anderes Gedicht verfasst, das aber nicht von grossem Werthe ist.
Das Gedicht des al-Rida'i zählt 127 Strophen zu je
5 Doppelversen, von denen jede einen anderen Reim hat, und
beginnt :
Die Handschrift endigt: ,Schluss des Jambengedichtes und
zugleich Schluss des Buches der arabischen Halbinsel , und
Preis sei Gott, dem Herrn der Welten, und seine Gnade möge
werden Muhammed, dem Siegel der Propheten, seiner Familie
und den wahrhaft Reinen. Die Beendigung dieser Abschrift
hat stattgefunden an einem Dinstage, am 20. des Monats
Gumada al-Achira im Jahre 908 d. H.^
Zum Schluss sei noch bemerkt, dass beide Manuscripte,
das vom British Museum ' sowohl als das von Constantinopcl,
besonders aber das letztere, sehr wenig diakritische Punkte
haben. Das erstere hat 251 Blätter Kleinoctav (wovon die
Blätter 223 bis Schluss die Pilgerqaside enthalten), die Seite
in der Regel zu je 17, bisweilen aber auch 18 oder 19 Zeilen.
Das Constantinopeler Manuscript zählt 80 Quartblätter und ist
an vielen Stellen wurmstichig.
Das Scheffer'sche Exemplar ist zwar sehr hübsch ge-
schrieben, aber sehr wenig zuverlässig, besonders in Bezug auf
die diakritischen Punkte, die der Copist nach Belieben ge-
setzt hat.
II.
Das Kilal) al-ChaiJ von al-Asiiia'i.
Diese Schrift gehört zu derselben Kategorie lexicographi-
scher Älonographieen, wie die kleinen Abhandlungen des al-
Asma'i und Qutrub , die in der Handschrift der kaiserl. Hof-
bibliothek zu Wien N. F. 61 enthalten sind und von denen
> Vfrl. über diese Ilamlsclirift .vucli meine Siulaiabisclicn Studien, S. ä fl".
334 I^- H- Müller.
ich in diesen Sitzuno-sberichten fBcl. LX XXIII, S. 235 ff.)
eine Schrift, das Kitiib al-Farq, publicirt habe.
Ist auch die Handschiift, aus der diese Abhandhnig copirt
worden ist, nicht so alt als die Wiener, so ist sie dafür viel
correcter und beruht auf Ueberlieferungen der berühmtesten
arabischen Grammatiker. Die Aufzählung der Ueberlieferer
dieser Schrift möge hier mitgetlieilt werden:
^■? y^ ^5^' ^-^^ li^ y^^ si^;; ^^^^ ^^. ^*.^^i ^5^' c^^
».äLaJI J.a^ ^^ i^r ^1 ^£ (V^Ji^JI ^J tX*.^ (j-J i^'
tXA£^ ^j.J tXAX.M/ ^j| j^£ ^.jt>!Nl| ^);^H cX4.:s? ^J (^^ ij"^
j^£ jv^t-Ä ^t ^£ ^^'^ Lvj»-? y^ (C^' ij^ ^i'y^-^' ^'^-'
^jf ,^£ ^yjA," Rx)\» i^j 1X2*1 •.." cXa-c. ^^j tX+.:S? ^^.mAA yi\
^Lx)JI x^ 1^^-'^ ^JS *U!^i jjLxJt J^s^!>!t ^-ii^il sl;^; ^-ä^-*»'
^j »1}\ »^ ^j ^^n ^J^ d<^=>^ ij.j adJI Ju.£. s«.is»l J,'
^LoJ! äS: (J.jlXJI |^j\ *.il*Jf J=»!^M j^A.^'! J.Ä (^y)UJ(
^^S5ö s*Lj sLU xlif ^lol iX^ ^j iJL'f tXxÄ cC^ ^'
^J*t.♦i5» Xaaw ^ dlJL>^ (^^ |^A*^rs.l »jI 5^i>.! XX^-w« ^-S)! ^')'^.?
i^jt^ C5^'*"' <^*^ LjlXaa*/ ^£ äJ.JI ^ao« kj l+A^M-i»-^ ivj"^y>-^^
Die eigentliche Abhandlung beginnt Seite 5 meiner Copie :
Bericlit über Jie Ergebnisse oiiiev Kei>o nach Coustiintiuopel. 335
jJlÄAis.^ *ül 'i.xjuM^ y..^[.'/3 lVju I^aLc J^^\ oö« ^5^' viL=>-
Lxowi ^JySJi Asraa'i beschreibt das Pferd während der Trächtig--
keit, dann das Junge vom Mutterleibe an bis in das Alter,
wobei der Verfasser nicht so sehr die physische Entwicklung
als vielmehr die sprachlichen Ausdrücke für die verschiedenen
Erscheinungen ins Auge fasst, ferner die Beschaffenheit des
Körpers und einzelner Glieder desselben. Darauf folgt ein
Capitel über die beliebten Eigenschaften des Pferdes (S. 25 :
J.Aii.1 ^^ >w«.^Awo Lx») , über die Eigenschaften , die man am
Pferde nicht gern sieht (S. 30: J^^äf ^j^ SwXj Lc.), über
die Gangarten der Pferde (S. 34: J^Aii-l (^-ciwo x-ß,o), über die
verschiedenen Farben der Pferde (S. 40: lUs.1 ^'^--'i ivV'*^)
und zum Schluss (8. 48 — 65) werden die Namen der berühmten
Rosse und ihre Besitzer aufgeführt und einige Sportgeschichten
erzählt. Die Handschrift ist von derselben Hand mit Rand-
glossen versehen, die entweder andere Ijcsearten oder erklärende
Bemerkungen von Ibn Dureid, Abu 'Ali al-Färisi und anderen
Ueberlieferern enthalten.
Die Handschrift Köprülü 13G0 ist sehr hübsch geschrieben,
vielfach vocalisirt, mit Goldrändern verziert, und zählt 72 Octav-
seiten zu je 8 Zeilen. Sie ist nicht datirt.
III.
Der Diwan des al -' Agi^ag.
Bei einer Durchsicht der Handschriften - Kataloge der
Nüri Osmanie üal mir der Titel /?-^^'' r==>^ f 7^ '^'^^ ^"^"^
ich vermuthete, dass dieses Manuscript den Diwan des berühm-
ten Regezdichters al-'Aggäg mit einem Commentare enthalte.
Ich Hess mir die Handschrift geben und fand zu meiner Freude
die Erwartung bestätigt. Es ist ein sehr gut geschriebenes und
wohl erhaltenes Manuscript, das gleich bei der ersten flüchtigen
Prüfung auf mich den Eindruck machte , dass es mit grosser
Sorgfalt ausgeführt und ziemlich correct sei. Der Text, ich meine
der eigentliche Diwan, ist mit ruther Tinte geschrieben und fast
33G !>• 11 Jüiii'-i--
ganz vocalisirt, der Commentar dageg-on ist schwarz und nur
zum Theil mit Vocalen versehen. Da jn Europa kein Exemplar
dieses Diwans vorhanden, derselbe aher in alter Zeit sehr ge-
schätzt und von den Grammatikern vielfach citirt worden ist,
so entschloss ich mich sofort, dieses Manuscript copiren zu
lassen. Mit Rücksicht darauf, dass die Ferialzeit herannahte,
wo die Bibliotheken Constantinopels geschlossen werden, musste
ich darauf bedacht sein, das Manuscript rechtzeitig in die
Köprülü-Bibliothek (die wegen der Tabari-Collationen offen ge-
blieben w^ar) behufs der Copirung transferiren zu lassen. Das
hatte aber seine Schwierigkeiten, weil die Bibliotheken grossen-
theils fromme Stiftungen (oU^i) sind, deren Bücher ihre Räume
nicht verlassen dürfen. Ich musste mich zu diesem Zwecke
an den türkischen Ewqäfminister wenden, an den ich von der
k. k. österreichisch -ungarischen Botschaft empfohlen worden
war, und ihm meine Bitte vortragen. Dank seiner I^iberalität
konnte die Handschrift, trotz mancher principieller Bedenken,
die der Bibliothekar dagegen erhob, in die Köprülü-Biblio-
thek übertragen und daselbst copirt werden. Leider war mir
es nur möglich, den Text, nicht aber mehr den Commentar
sorgfältig zu collationiren, der sich jedoch ohne grosse Schwierig-
keiten herstellen lassen dürfte.
Der Diwan beginnt :
jj.J j.:SX^ j^ cX-AA.' ^J X.J.> ^J X-Uf tXxJi ii+A«l. _,L^JI JU
iv>-? Ji^.L^ ij^ [^^ rYi] )■•* ij-? f*-^»-^ ij"? ^^^0 tXj) ^-y^ iXxMJ
j-*-**- t*.J^ (jLjcXX- ^J tXx/O i^J vi'vJ j^J VA2.* (J.J U^LajI
;^^;' ^ "^-^ ^^^^ ^'
l_^5^:^ , ". >._xt L_A_^
^_/o i._A_;^ ^*-" (5-^^
Al-'Aggäg hatte auch den Beinamen '"UixxÜI ^jf. Die
Lebensumstände dieses Dichters, wie Geburts- und Todesjahi'
sind nicht bekannt. Aus dem Diwan ist nur zu ersehen, dass
' Der ^■el•s strlit im DiwAii XXXIII, 71.
Üpriclit übor die Krgi-lmisse einer Roiso nach Cniistaiilinopel. Ot'jT
seine Blüthezeit in die Regierung; des Abdulmälik ibn Merwän
(65 — 86 d. H.) gefallen war. Er und sein Sohn Ku'ba sind
als die beiden Janibendichter bekannt, weil sie beide nur in
diesem Metrum gedichtet haben. Ku'ba, der in Basra lebte,
starb im hohen Alter in der Wüste, wohin er sich wegen der
Kämpfe zwischen den Omajjaden und 'Abbäsiden zurückgezogen
hatte, im Jahre 145 d. H. (Ibn Chall. Nr. 237). Was al-'Agg^-
betrifft, so muss derselbe zwischen dem 30. und 40. Jahre d. H.
geboren worden sein. Zu diesem Schlüsse bin ich folgender-
maassen gelangt: Im Commentar zu dem einundzwanzigsten
Gedichte heisst es nämlich : ,Es hat Abu Hatim von Abu
Obai'da von Ru'ba ibn al-'Aggäg von seinem Vater überliefert;
er erzählte: Ich zog hinunter nach al-Madina und kam zu Abu
ITuraira vmd sprach zu ihm: ,0 Genosse des Propheten! ich
bin ein Mann, der bisweilen ein Jambengedicht macht; hältst
du Das für ein Vergehen?' Er antwortete: ,Lass mich etwas
davon hören!' und ich recitirte ihm: ,Es zogen zwei Traum-
bilder aus und erregten eine Fiebergluth, das Bild der Benann-
ten und das Bild der Unbekannten' u. s. w. ' Da sagte er :
,De-r Gesandte Gottes, Gott sei ihm gnädig und gewähre ihm
Heil, hat Aehnliches recitirt und fand nichts Uebles darin.'
Nun ist aber Abu Huraira im Jahre 51), nach Anderen schon
im Jahre 57 d. H. gestorben. Gesetzt also auch, al-'A ggäg habe
ihn kurz vor seinem Tode besucht, so muss er doch, da er
als Dichter auftrat, wenigstens zwanzig Jahre gezählt haben
und also zwischen den Jahren 30—40* d. II. geboren worden
sein.
Der Diwan enthält 44 Gedichte^ die ich weiter unten auf-
zähle; im Ganzen sind es 2658 Halbverse.
Was den Commentar betrifft, so ist derselbe sehr knapp
und präcis gehalten und macht den Eindruck hohen Alters.
Da Abu Hätim, der Schüler al-Asma'i's sehr oft neben al-As-
ma'i und Abu 'Obaida citirt wird, so ist anzunehmen, dass er
1 Der Vers steht im üiwrin XXI, 1. ^Jo nn<\ jvAXj" "^i'id '•»•« wcil.liehe
Eigennamen anzusehen, die vom Dichter seihst wahrsehcinlii-h erst
gemacht worden, um die wahren Namen zu verdecken. Diese Bemer-
kung, wie mehrere andere Belehrnngen, die in dieser Schrift vcrwerthet
worden, verdnnke ich Herrn Prof Nil Id ecke.
338 D- H. Müller.
vielleicht von einem Schüler Abu. Ilätim's niedergeschrieben
worden ist. Jedenfalls ist der Commentar, der auch abweichende
Lesearten enthält und viele loca probantia aus anderen Dich-
tern anführt, sehr werthvoll und für das Verständniss der
schweren Gedichte fast unentbehrlich.
Ich gebe hier ein Verzeichniss der einzelnen Gedichte
und je den ersten Vers derselben:
Fol. l"". I. 180 Regezverse (nicht Doppelverse). Ueber-
Schrift: iX^Si ^^^^ v+ä/o ^j.j xiJf <X*-£ (j-i v+ä ^'^■H? J^^'
Fol. 22^ IL 49 Verse:
y_cL-AJf ,2^^-. '-^'5 ^^■♦-^ ^J|^ *-*
Fol. 26\ IIL 12 Verse:
I i";!; 1 ^_J._4._j x_JjV — xi L-Lw ^\l^_j J^_,^^.x) ^-a.oI
Fol. 27^ IV. 28 Verse:
Fol. 28--. V. 29 Verse. Ueberschrift : LäjI «-L^Ü JU^
j^^' ^^ JÜJ 0_j.ÄA**x ^J .^♦£ f <> i (V^tJ' ^^ o^!^l JUi* ^
Fol. 30^ VI. 32 Verse. Ueberschrift: ^ «-'^•'l J^"
_ILä2| ^cUj^ ci^Jl-CÖ^i! ,j>J ^1^1
Fol. 32^ VII. 4G Verse. Ueberschrift: ^tV^ JU^
Ü^Ü* ,<:.--oJ t'w
Bericht über die Ergebnisse einer Reise nach C'onstantinopel. 3«j9
Fol. 35"-. VIII. 65 Verse. Ueberschrift : lA'l JU^
Fol. 3S\ IX. 17 Verse. Ueberschrift: ^^^J' ^^1^ J^'
Fol. 39'. X. 29 Verse:
Fol. 40\ XL 98 Verse:
O.J ,i=0^ J Ci^
Fol. 45^ XII. 147 Verse:
Fol. 54\ Xm. 2G Verse:
Fol. 55^ XIV. 56 Verse :
Fol.' 57\ XV. 33 Verse (ohne Commentar) :
Fol. 58^ XVI. 47 Verse:
Fol. 59\ XVII. 169 Verse:
Fol. 67\ XVllI. 12 Verse:
JJj.iJ ^J>«J J>>«^ Lo ijCJiJ* o^-^-'' ^j'-f *-:^' 0J-5I iXJi
34U D- H. Miiller.
Ful. (37 \ XIX. 172 Verse:
Fol. 75'. XX. 60 Verse:
Fol. 79'-. XXI. 42 Verse:
Uä.^=.j Jl^5 (V"^=^-' '^'-■^^ Uiu« l:s>l4i ^ü^'L_A_^f oL_b
Fol. 81'-. XXII. 72 Verse:
Fol. 8;3^ XXIII. 48 Verse:
^ ü . 5 0.
JÜa^J! (cÖ |*L-4JCS^! ,.vAjt,'l 0«.4.ÄSkl.
Fol. 86\ XXIV. 171 Verse:
Fol. Or. XXV. 200 Verse:
Fol OCr. XXVI. 28 Verse (ohne Commentar) :
Fol. 97'-. XXVn. 12 Verse:
Fol. 97'". XXVIII. 7 Verse (ohne Commentar):
- J J & - J ••|-5"--- --• &
Fol. 97^ XXIX. 11 Verse (ohne Commentar^:
-^ " ^ ^ ^
Fol. 97''. XXX. 9 Verse (ohne Commentar):
Bericht über die Ergotnisse einer Heise iiacli Constautiiioiiel. o4 1
Fol. \rr'. XXXI. 17 Verse (ohne Commentar):
5 >, . ^ w ) So - '.-*
U_;i> •._=»> ^—^^ T/"^ |V-i2.-t' ^._:s»,*._:il (5-»~^ (*;-:? U^^iV-'
Fol. 97". XXXII. 9 Verse (ohne Commentar):
Fol. d~r. XXXIII. 147 Verse:
Fol. lir. XXXIV. 117 Verse:
Fol. 12\\ XXXV. 37 Verse. Ueberschrift : Ld^i JU.
Fol. 124'. XXXVI. 30 Verse:
Fol. 126\ XXXVII. 33 Verse:
Fol. 127\ XXXVIIL 27 Verse. Ueberschrift: ^l^il Jl-i",
Fol. 129\ XXXIX. 21 Verse:
Fol. 130^ XL. 19 Verse:
Fol. 13r. XLI. 28 Verse:
Ö4J 1>. H. Mililer. Ueiiclit über tlic Ergeliiiisso einer Keise uacli Coustaiitinopel.
Fol. 133'. XrJI. 74 Verse. Ueberschrift: cV? J'-i";
Fol. 134\ XLIII. 77 Verse:
Fol. 139'-. XLIV. 115 Verse:
li;^S5.JI Jl^ ,_Av,>3i J.^1ä ,2>.^
Fol. 146"" schliesst der Diwan mit einer Datirung- der
Abschrift :
»w^i^ (^^Ls. kjl/o« v_ftj| &Ä^ 5lN.*äJI (^t> v^g.^ ^^U' ^ V^
SITZUNGSBERICHTE
DER
KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
PHILOSOPHISCH-HISTORISCHE CLASSE.
XC. BAND. III. HEFT.
JAHRGANG 1878. — MAI.
v
/
Sitznngsber. d. phil.-hist. Cl. XC. Bd. III. Hft. 23 .
Ausgegeben am 31. October 1878.
XII. SITZUNG VOM 8. MAI 1878.
Von der Direction der Landes-Unterrealschule zu Mährisch-
Ostran, der k. k. Unterrealschule im zweiten Bezirke zu Wien,
und der k. k. Lehrerbildungsanstalt zu Pfibram sind Dank-
schreiben eingegangen für die Ueberlassung akademischer Publi-
cationen.
Das k. k. militär-geographische Institut übersendet zwanzig
weitere Blätter der neuen Specialkarte von Oesterreich-Ungarn.
Ferner werden der Classe vorgelegt folgende von den
Herren Verfassern mit Begleitschreiben eingesendete Werke:
Dodone et ses Ruines, par M. Constantin Carpanos; Le Senat
de la Republique Romaine, par M. Willems, Tome I; Collection
des principaux Cartulaires du diocese de Troyes, Tome III (charte
de Beauvoir par l'abbe Lalore).
Das w. M. Herr Hofrath von Miklosich überreicht
Namens des Herrn Herausgebers: ,Dalmili Bohemiae chronicon',
von Joseph Jirecek (Fontes rerum Bohemicarum, Tom. IH,
fasc. 1 — 3).
23*
B46
Der Vorsitzende der Centraldirection der Momimenta Ger-
inaniae in Berlin übermittelt in Abschrift seinen diesjährigen
Jahresbericht.
Subventionsgesuche sind eingelaufen:
1. Von dem Ausschusse des historischen Vereines für
Steiermark in Graz behufs Vollendung des Druckes des zweiten
Bandes des Urkundenbuches des Herzogthums Steiermark;
2. von dem c. M. Herrn Regierungsrath Dr. P. Beda
Dudik zum Zwecke der Durchforschung der Zaluski'schen
Bibliothek in St. Petersburg;
3. von Herrn Joseph Zösmair, k. k. Gymnasial- Professor
in Feldkirch, behufs einer im Interesse der Landesgeschichte
vorzunehmenden Durchforschung der vorarlbergischen Archive ;
4. von Herrn Dr. August Fournier, Privatdocent in Wien,
zur Fortsetzung seiner archivalischen Untersuchungen in Paris.
Herr Ferdinand Tadra^, k. k. Bibliotheks-Scriptor in Prag,
übersendet ein Manuscript: , Briefe Albrechts von Waldstein
an Karl von Harrach^ (1625 — 1627) mit dem Ersuchen um Auf-
nahme derselben in das Archiv oder Gewährung einer Unter-
stützung zu ihrer selbstständigen Herausgabe.
Das w. M. Herr Professor Dr. Hartel legt mit dem Er-
suchen um Aufnahme in die Denkschriften eine Abhandlung
des Herrn Dr. Michael Gitlbauer, Privatdocenten an der
Wiener Universität, vor, bestehend in dem ersten Fascikel der
jUeberreste der griechischen Tachygraphie im Codex Vatic.
Graecus 1809', welch' letzterer in photographischen Aufnahmen
dem Herrn Verfasser seitens der Akademie zur Bearbeitung
bereitgestellt wurde.
347
An Druckschriften wurden vorgelegt:
Academie des Inscriptions et Belles-Lettres : Comptes rendus 4^ Serie.
Tome V. Bulletin d'Octobre-Novembre-Decembre. Paris, 1«7G; 8".
Akademie der Wissenschaften, königl. preussische , zu Berlin: Monats-
bericht, Januar 1878. Berlin, 1878; 8".
— van Wetenschappen, koninklijke: Jaarboek voor 1876. Amsterdam; 8".
— — Verhandelingen. Afdeeling Letterkunde. IX. — XI. Deel. Amsterdam,
1877; br. 4».
— — Verslagen en Mededeelingen. Afdeeling Letterkunde. Tweede reeks.
VI, Deel. Amsterdam, 1877; 8".
— — Carmina latina Petri Esseiva. Amstelodami, 1877 ; 8".
Carapanos Constantin: Dodone et ses Ruines. Texte et Planches. Paris,
1878; gr. 4".
Gesellschaft, allgemeine geschichtforschende, der Schweiz: Jahrbuch für
Schweizerische Geschichte. II. Band. Zürich, 1877; 8^.
— historisch -antiquarische , des Kantons Graubünden: Siebenter Jahres-
bericht. Jahrgang 1877. Chur; 4". — Graubündens Altertliümer und
Kunstschätze, von Samuel Plattner. Chur, 1878; 12'\
-- k. k. mährisch-schlesische, zur Beförderung des Ackerbaues, der Natur-
und Landeskunde in Brunn. 1877. LVII. Jahrgang. Brunn; 4".
Helsingfors, Universität: Akademische Schriften vom Jahre 1876/77.
Institut, k. k. militär-geographisches : Vorlage von 20 Blättern der neuen
Specialkarte der österr.-ungar. Monarchie.
Institute, the Anthropological of Great Britain and Ireland: The Journal.
Vol. VII, Nr. n. November 1877. London; 8. — Vol. VII, Nr. III.
Febuary 1878. London, 1878; S«.
Jirecek, Josef: Fontes rerum Bohemicarum. Tom. III. Fase. 1—3. Dolimili
Bohemiae Chronieon. V Praze, 1878; 4".
Lalore, M. Abbe: Collections des principaux cartulaires du Diocese de
Troyes. Tome III. Cartulaire de l'Abbaye de Basse-Fontaine. Chartes
de Beauvoir. Paris, Troyes; 8".
,Revue politiqne et litteraire' et ,Revue scientifique de la France et de
l'Ktranger'. VIP Annee. 2" Serie. Nrs. 41—44. Paris, 1878; 4".
Society the royal geographica!: Proceedings. Vol. XXIV. Nr. 2. London.
1878; 80.
— the royal of Edinburgh: Proceedings. Session 1876/77. Vol. IX.
Nr. 96; 8«.
348
Verein für Geschichte und Alterthum Schlesiens: Zeitschrift. XIV. Band,
1. Heft. Breslau, 1878; 8". — Scriptores rerum silesiacarum. XI. Band.
Schvveiduitzer Chronisten des XVI. Jahrhunderts. Breslau, 1878; 4^. —
Regesten zur schlesischen (ieschichte von Dr. C. Grünhagen. Zweite
Lieferung bis zum Jahre 1221. Breslau, 1877. 4*'.
. — historischer für Niedersachsen : Zeitschrift. Jahrgang 1877 und 39. Nach-
richt. Hannover, 1878; 8».
— militär-wisseuschaftlicher: Organ. XVI. Band. 3. Heft. Wien, 1878; 8".
Willems, P. : Le Senat de la Republique romaine. Tome I. Louvain, Paris,
1878; 40.
J. Müller. Emendationen zur Naturalis Historia des Plinius. IL 349
Emendationen zur Naturalis Historia des Pliüius.
Von
Joh. MüUer,
Professor an der Universität zu Innsbruck.
II.
9, 41.
Ipsis (vituHs marinis) in sono mugitus, ande nomen viüdi.
accipinnt tartien disciplinam voceque pariter et visu popnlum
salutant, incondito fremitu nomine vocati respondent.
An visu ist schon Pintianus nicht vorübergegangen, und
wenn auch die Augen dieser Thiere als schön und sie selber
als neugierig geschildert werden, so ist doch nicht abzusehen,
wie sie durch ihren blossen Blick das fragliche Kunststück
hätten machen sollen. Es müsste zugleich eine Bewegung des
Kopfes oder vielmehr des ganzen Vorderkörpers damit ver-
bunden gewesen sein; dann aber wäre eben diese Bewegung
die Hauptsache und nicht der Blick das Merkwürdige gewesen.
Da nämlich diese Thiere kurze Finnen und einen kurzen Hals
haben, müssen sie, um sich umsehen zu können, den Vorder-
körper etwas erheben. Und dieser Umstand grade, scheint es,
muss festgehalten werden bei dem Versuche die Ueberlieferung
zu verbessern. Denn au ein Lachen, wie Detlefsen vermuthete
und risu schrieb statt visu, wird bei diesen Thieren nicht ge-
dacht werden können, eher mit Maihoff an eine Art Zuwinken,
wenn nur nicht nutu von den überlieferten Schriftzügen i^visu
— iussu) doch etwas weit abläge. Da diese Thiere, wie gesagt,
um sich umsehen zu können, den Vorderkörper aufrichten
müssen, indem sie den Hinterkörper gegen die Erde stammen,
so wird es nicht schwer gefallen sein, sie an diese Beweguug
350 J. Möller.
auf Commando zu gewöhnen. Für dieses Emporrichten aber
wäre nisiis keine unpassende Bezeichnung'. Vgl. Sali. Jug.
101, 11 miilti volnerihus acceptis neque fugere posse neque qmetem
pati, niti modo ac statim concidere.
9, 67.
M. Äjjicius . . . . e iecore eorum (mullorum) alecem ex-
cogitare provoccwit. id enim est facilius dixisse quam quis vicerit.
Asinius Celer e consularihus hoc pisce prodigvs Gaio prin-
cipe unum mercatus HS. VIII. mullum.
So die Vulgata. Nur Detlefsen hat hinter prodigus aus
dem Parisinus E (bei Sillig und Mayhoff a) omnes aufgenommen:
hoc pisce prodigus omnes, Gaio principe unum mercatus etc. Die
Ergänzung von vicit aus dem Vorausgehenden ist sehr hart,
doch würde ich nicht in Abrede stellen, dass sie dem Plinius
zugetraut werden dürfte, wenn etwa statt hoc pisce prodigus ein
Ablativ hac luxuria oder in hoc pisce oder dergleichen auf die
Ergänzung hinführte. So aber wird der Leser von der Er-
gänzung gradezu abgelenkt, da er prodigus als Prädicat ansehen
muss. Und stünde vicit wirklich im Text, so wäre daneben
p)rodigus recht matt.. Nun ist aber omnes durch die Ueber-
lieferung keineswegs sehr gesichert. Vielmehr zeigt die Ver-
gleichung mit den übrigen Handschriften, dass es höchst wahr-
scheinlich nur Entzifferung vorgefundener Schriftzüge ist, wie
sie der Riccardianus in seinem oms bietet. Vielleicht treffen
wir's richtiger, wenn wir in oWis nicht ein Compendium für
omnes sehen, sondern annehmen, dass prodigus oms aus pro-
digi osus entstanden und mithin herzustellen sei:
hoc pisce prodigiosus.
Vgl. 13, 15 prodigiosa cinnamomino pretia. 12, 129; 36,
104; 19, 54; 9, 140; 16, 233.
9, U9.
(Spongeas) vivere esca manifesto conchae minutae in his
repertae osfendunt. circa Toronen vesci Ulis avulsas etiam aiunt
Emendationen zur Naturalis Historia des Plinius. II. dol
et ex relictis radicihtis recrescere, in petris criiorts qiioque inhaeret
colos, Africis praecipue qnne geuerantur in Syrtibus.
Diese Anordnung- der Scätze findet sich in allen Ausgaben,
kann jedoch nicht richtig- sein. Denn da in petris attributiv
aufzufassen der Sinn der übrigen Worte nicht zulässt, auch iis
als Dativ zu inhaeret dann nicht entbehrt werden könnte, so
muss sich Africis und quae generantur auf pe^?*is beziehen, was
widersinnig ist. Ausserdem wird die Erscheinung nicht an den
Felsen, sondern doch eher an den Schwämmen selbst beob-
achtet worden sein und dass dem so ist, zeigt 31, 124, wo es
mit Beziehung auf unsere Stelle heisst: animal esse dociiimus
etiam cruore inhaerente. Es ist daher in petris zum Voraus-
gehenden zu ziehen, wo es wegen des Gegensatzes zu avidsas
nicht überflüssig ist, und folgendermassen zu interpungiren:
circa Toronem .... recrescere in petris. cruoris quoque in-
haeret colos, Africis praecipue etc.
10, 12.
Tnhus primis et qiiinto aquilarum generi inaedißcatur nido
lapis aetites, qxieni aliqui dixere gagiten, ad multa remedia utilis,
nihil igne deperdtns. est autem lapis iste praegnans intus alio,
cum qnatias, velut in utero sonante, sed vis illa rnedica non nisi
nido dereptis.
So haben Jan, Detlefsen und MajhofF interpungirt, es
unentschieden lassend, ob alio als Ablativ zu praegnans zu
ziehen sei, oder ob es mit sonante einen absoluten Doppel-
ablativ bilde. Entschieden die letztere Auffassung lag der
Interpunction in den älteren Ausgaben und bei Sillig zu Grunde:
praegnans, intus alio cum quatias velut in utero sonante. Sal-
masius, Exerc. p. 502. b. A. verwarf diese Anordnung des
Sätzchens ohne auf Begründung sich einzulassen, die sich
übrigens leicht in der verkehrten Stellung von velut in utero
ergibt, da es vielmehr heissen müsste alio intus velut in utero,
cum quatias, sonante, sowie darin, dass dem Schriftsteller eine
ganz unpassende Auffassung des Sachverhalts imputirt wird.
Vergleichen wir die einfache Xotiz bei Dioscorides 5, 160
352 J. Müller.
'JTiotpycov und die ebenso einfache des Solinus 37, 14 aetites et
fulviis est et tereti posittone alterum lapideni intrinsecus cohihens,
cuius crepiiu sonorus est, cum movetur, so werden wir mit Sicher-
heit annehmen dürfen, dass Plinius jener unpassenden Auf-
fassung nicht Ausdruck gegeben habe. Allein auch wenn wir
alio zu pf'aegjians ziehen, wird der Anstoss, den veliit in utero
bot, nur modificirt und sogar verschärft. Zwar wird auch 36,
149 von einem Adlerstein gesagt: intra semet velut in alvo
habenfem argillam suavem (ohne veJjUt von einem andern in
alvo habentem durum lapidem, desgleichen §. 150 habet in alvo
harenam und huic est in alvo lapis). Von jener Stelle jedoch
ist die unsere ganz und gar verschieden. Dort wird die Lage
des einen in der Höhlung des andern beschrieben, hier da-
gegen wird nicht einfach berichtet, dass der eine den andern
in seiner Hülle trage, sondern es ist von dem Tönen in Folge
des Schütteins die Rede. Es kann also das vergleichende velut
nur dem Klange gelten und daher ist in utero durchaus un-
passend. Ich vermuthe desshalb, dass in utero verschrieben
und, im Uebrigen mit Beziehung von alio zu praegnans,
herzustellen sei:
vehit in urceo sonante.
10, 101.
Perdicum vita ad sedecim annos durare existimatw.
Ab kis columbarum maxime spectantur simili vatione mores
iidem, sed pudicitia Ulis prima et neutri nota adulteria.
So wird zwar allgemein in den Ausgaben gelesen, aber
in der Regel nicht ohne Misstrauen gegen das von Beroaldus
aus dem handschriftlichen inde hergestellte iidem. Der neueste
Herausgeber Mayhoff sagt gradezu: ,locum nondum sanatum
puto' und ich kann ihm nur beistimmen. Spectantur simili ra-
tione mores wäre sachlich und sprachlich in Ordnung; ' indem
' In letzterer Hinsicht vgl. 11, 171 linguae non oninihua eodevi modo. 12, 38
eiusdem insulae excelsiore suggealn lanigerae arhores alio modo quam Serum.
Emendationen zur Naturalis Historia des Plinins. IL OOO
Beroaldus itdem hinzufügte, trug- er eine Tautologie in den
Ausdruck, die genau genommen, einen Widerspruch enthält,
und verkannte sachlich den Fortschritt in der Schilderung von
§. 92 zu §. 100 und von da zu §. 104. ' Plinius gibt wieder
was sich bei Aristoteles hist. anim. IX, 7 u. 8 findet, aber in
abweichender Anordnung, die er unverkennbar nach dem Ge-
sichtspunkt getroffen hat, der bei Aristoteles an der Spitze von
Cap. 7 ausgesprochen ist: ÖAwi ok Tcept lol»? ^io'jq tiOaXoc av
f)zMprfiz':r, ;x'.;rf,[j.aTa twv iXXwv i^wwv r/;? avOpco-ivy;? C^rjC. Und wer
die beiden Abschnitte über das Rebhuhn und die Taube mit-
einander vergleicht, wird linden müssen, dass wohl simili ratione,
nicht aber iidem zutreffend ist. Die Ueberlieferung ist un-
zweifelhaft in inde sed verdorben, aber sie ist es nicht blos
hier, sondern das Verderbniss hat auch höchst wahrscheinlich,
indem man sich mit ihm abzufinden suchte, eine Aenderung
im Verbum hervorgerufen, das dem Subject mores angepasst
werden musste. Unter dieser Voraussetzung und nach Anleitung
der erhaltenen Schriftzüge im Riccardianus komme ich zu
folgender Aenderung:
Ab his columbarum maxime spectatur (sc. vita) simili ratione
mores induere. et - pudicitia Ulis etc.
Bezüglich der Construction vita spectatur induere verweise
ich zunächst auf 10, 193 utpote cum plausu coiigregari feros ad
cibum adsuetudine in quibnsdam vivariis spectetur. Dann auf 2, 40
7iam ea et quarta parte caeli a sole abesse et tertia, et adversa
soll saepe cernuntur. 11, 216 pitbescens nodum quendam solvere
sentitur. 17, 252; 35, 71; 14, 140 praedicatur ; 2, 58 coUigitur;
9, 154 accipitur. Vgl. Sillig zu 35, 121. — Zu mores vgl. 11, 11
favos conßngunt (apes) et ceras mille ad usus vitae, laborem
tolerant, opera conficiunt, rem publicam habent, consilia privatim
ac duces gregatim, et quod maxime mirum sit mores habent. Zu
der Wendung vita induit mores: 28, 106 severos, non modo
' Dass dem nicht etwa ah his entgegenstehe, zeigt z. B. 11, 263 homini
tantum iniuria aut sponte nalurae franguntur (testes), idque tertium ah
hermaphrodilis et spadonihus semiviri genus hahent.
"^ Et = et quidem (vgl. Sillig zu 35, 32 und Fels p. Hl) behalte ich natür-
lich nur bei, weil es durch die Handschriften geschützt scheint.
354 J- Müller.
■pudicos mores induere. 23, 40 at nos e diverso ftimi amaritudine
vetnstatem indui persuasum habemus. '
10, 118.
Minor nohilitas, qnia non ex longinquo venu, sed expressior
loquacitos certo generi picartim est. adamant verba quae loquantur,
nee discunt tantum sed deligunt, meditantesque intra semet cura
atque cogitatione intentionem non occnUant.
Dass in den letzten Worten ein Verderbniss stecke, hat
bereits Billig erkannt. Es ist zu klar: das Nachdenken ist der
innere Vorgang-, auf den man aus der Geberde der Anspannung
schliesst, aber nicht umgekehrt erkennt man die Attitüde aus
dem Nachdenken. 2 Es enthalten mithin die Worte cura atque
cogitatione intentionem non occidtant eine Verkehrtheit, die jedoch
schwerlich mit Sillig durch die Annahme einer Glosse beseitigt
werden darf. ^ Vielmehr führen die überlieferten Schriftzüge
citram R^ cum R ' und mehr noch corru F' auf curarum und
da R und d auch cogitationeni, nicht cogitatione bieten, so hat
auch cogitationum an dem Ueberlieferten einen Halt, ^ so dass
also zu lesen wäre:
meditantesque intra semet curarum atque cogitationum inten-
tionem non occultant.
1 Die mit dem Vei-biim induere gebildeten Metaphern, überhaupt beliebt,
werden in der silbernen Latinität mannigfaltiger, besonders bei Tacitus.
Vgl. u. A. Ann. 6, 20 qualem diem Tiherins induisset. 42 plurimum adula-
tionis Selencenses induere. 12, 13 societatem Meherdatis palam induerat,
Hist. 4, 57 hostihs spiritus induisse. Ann. 12, 40 adversus nos hoitilia
induerat (16, 18 proditorem palam et hostem Thrasea induissetj. Dial. 6
qnemcunque (afFectum) orator induerit. Ebenso mannigfaltig sind die
Verbindungen, die exuere eingeht.
2 Das wird wohl der Punkt sein, an dem Sillig Anstoss nahm, wenn dies
auch nicht eben präcis ausgedrückt ist: ,Nemo facile assequatur, quomodo
is qui aliquam rem meditatur possit dici non occultare intentionem cura
et cogitatione; nam qui aliquid meditatur nou aliter id facere potest,
quam nt cura et cogitatione utatur; .... deinde ineptum est dicere ali-
quem suam intentionem occultare cogitatione, cum cogitatio dici possit
occultari, non possit occultare.
3 Sillig schlug vor: curavi atque intentionevi non occultant.
* Vgl. u. A. kurz vorher, §. 114, wo mehrere Codices hirundinem statt
hirundiniiin bieten.
Emendationen zur Naturalis Historia des Plinius. II. oDO
10, 12(>.
Nee Diomedias praeteribo aves. Juha cataractas vocat et eis
esse dentes oculosqice igneo colore, cetero candidis, tradens.
Obwohl alle Codices et vor eis bieten, fehlte es doch in
den älteren Ausg-aben. Erst Sillig hat es in den Text auf-
genommen, ohne jedoch zu verkennen, dass mit der Copulativ-
partikel das Particip tradens unverträglich sei, das er desshalb
als Glosse zu streichen geneigt war. Aus dem g-leichen Grund
schlug Mayhoff tradit statt tradens vor. Allein der ganze An-
stoss, den die Editoren an der Ueberlieferung genommen haben,
beruht auf einer, allerdings sehr verzeihlichen, Vergesslichkeit.
Schon §. 7 nämlich hat Plinius einen Vogel berührt, dem Zähne
beigelegt werden: Phemonoe Apollinis dicta filia dentes ei
(morphno aquilae) esse prodidit. Darauf also bezieht sich
Plinius an unserer Stelle und et ist nicht die einfache Copulativ-
partikel, sondern =^ etiam. Es ist also Alles in Ordnung, wenn
dies durch die Interpunction angezeigt wird :
Jnba cataractas vocat, et eis esse dentes oculosque igneo
colore, cetero candidis, tradens.
Vgl. 26, 133 alii pinus foliis similem nigricantem eodem
nomine appellant^ vim eins admirabileni tradentes. \1, 87; 263. —
Die Beziehung auf eine so weit zurückliegende Stelle ist bei
Plinius überhaupt nichts Ungewöhnliches, wie ich in der Zeit-
schrift f. d. österr. Gymn. 1877, S. 831 nachgewiesen habe,
und ist hier um so weniger zu beanstanden, als es sich um
eine Abnormität handelt, deren Erwähnung leichter im Ge-
dächtnisse haftet. Vgl. 11, 164 volucrum nulli dentes praeter
vespertilionem.
10, 165.
Aquila tricenis diehus incubat, et fere maiores aUtes, minores
tricenis, ut miluus et accipiter. singulos fere parit, numquam plus
ternos, is qui aegolios vocatur et quaternos, corvus aliquando et
quinos. incubant totidem diebus.
356 J. Müller.
Es kcinnte singidos fere parü auf aquüa bezogen werden,
als dem herrschenden Subject. Allein g"eg-en diese ausschliess-
liche Beziehung' spricht, dass über den Adler in dieser Richtung
schon §.13 berichtet ist und dass was dort gesagt ist unserer
Angabe entschieden widerspricht. Es heisst §. 13 pariunt et
ova terna, excludunt pullos hinos, visi sunt et tres aliquando.
alterum expellunt taedio rtidriendi. ^ Dies stimmt vollkommen
mit Aristoteles hist. anim. VI, 6 p. 563 A 17 — 22: c V asToc
wä ij.iV TixTSt Tp(a, hXi~zi Se touxwv Ta Suo . . . . w; [jlIv ouv toc
r^o)0^3. o'JTU) c'j[j.ßa''v£t, t^Stj Be xal ipst? vscrcol o)[jl[X£voi hai». r/.ßaXAs;
o' au^avojj-cvtov tbv stspov twv vsottiöv ay63[;.£voc ty) eowSf,. Die Diflferenz
zwischen den beiden Stellen des Plinius ist augenfällig. Sie
mit Rücksicht auf alterum expelUmt §. 13 zu leugnen, gestattet
der Ausdruck nicht. Educat kann der Abwechslung halber
für parit eintreten (Arist. a. a. O. A 30 Tixtet Ss 6 iv-tTvoc xa |j.£v
xXsTcjTa DUO, svicTS o£ 7.01,1 "zpsXq ecaY£'. v£otto'jc\ sofern es das peperisse
voraussetzt, die umgekehrte Vertauschuhg ist unzulässig. Auf
die Benutzung verschiedener Quellen kann die Differenz nicht
zurückgeführt werden, da offenbar beide Mal Aristoteles vor-
lag. Auch lässt sie sich unmöglich so ausgleichen, wie Harduin
thut, indem er Not. LXXIV sagt: ,nec refert quod idem Plinius,
sect. 4 libri huius binos excludi pullos ab aquila dixit, ternos
interdum; hoc enim ipsum et nunc coniitetur quandoque con-
tingere, qui fere tamen ac plerumque singulos taatum edi pro-
nunciat'. Noch weniger aber ist diese Entschuldigung zulässig
gegenüber der bestimmten Angabe in §. 26 parit (coccyx)
maiore ex parte singula ova^ quod mdla alia avis, ^ rai'o bina.
Es muss daher die Zahlangabe in unserer Ueberlieferung alterirt
sein, doch wird eine Aenderung hier nicht genügen.
Wenn auch, wie gesagt, die Beziehung von parit auf
aquila zulässig ist, so widerstreitet doch sehr entschieden die
folgende Bemerkung incubant totidem diebus. Bleibt nämlich
' Vgl. auch noch die Bemerkung: sed eiectos ah his cogiiatum yenns ossi-
fvagi excipiunt et edticant cuvi suis und 36, 149 aiunt binos (aetitas lapides)
invenii-i, marem ac feminam, nee sine is purere quas diximus aquilas, et
ideo binos tantum.
2 Vgl. Index: quae avis singula ova pariat. Arist. h. a. VI, 7 p. 564 A 1
sagt blos: t(xt£i o' oXiyaxt? ji.kv Öjo, toc Se TXzXaxa. I'v.
Emendationen zur Naiuralis Historia des Plinius. II. do7
der Adler das herrschende Subject, so kann totidem nur die
Zahl wieder aufnehmen, die für den Adler angegeben ist. Nach
Arist. h. a. VI, 6 p. 563 B 2 ist aber die für den miluus und
accipiter angegebene Zahl gemeint. Jene Bemerkung setzt also
voraus, dass im Vorausgehenden statt des Adlers ein anderes
Subject eingetreten ist. Und eben darauf führt auch die Quelle
des Plinius, die er im Uebrigen vollständig wiedergibt. Aristoteles
sagt p. 563 A 27 : £'::(|)aLct Se 7:£pl Tpiäxov6' r^xspaq. y,a\ twv a).Ao)v
Ss ToI? [xe^aAcc c /pövoc toctoStö; Iqv. T^q emoaaswc, oicv yr/Zt •/,«'.
(Ji)Ti8t • ToT? Ss [jL£cot; •::ept cl'xoaiv, otov ly.Tivo) y.al Ispxy.;. T'!y.T£t es 6
h.iviQc Ta ;j.;v -AeTora S6o, £v(ot£ $£ y.a; xpcTc £^äy£'. veottouc • c S'
a'.TWA'.s; y.aAoüiJ.£vo; isTiv cts y.al TcTT:(p3cc. v:/,iv. C£ y.al o xöpar y.T.A.
Wenn auch Wiederholungen bei Plinius nichts seltenes sind, ^
so ist es doch hier recht unwahrscheinlich, dass er vom miluus
und accipiter abgesprungen sei und diese habe leer ausgehen
lassen, dagegen vom Adler wiederholt habe, was er schon §. 13
aus derselben Quelle berichtet. Es wird vielmehr j;(xr<Y nun-
quam statt pariunt nunquam verschrieben und plus vor singulos
ausgefallen sein. Hiernach dürfte die ganze Stelle so zu be-
richtigen sein:
j)lus singulos fere pariunt, nunquam plus ternos. is qui
aegolios vocatur etc.
Die Unbestimmtheit der Angabe — p^ws singulos — ist
dadurch gerechtfertigt, dass auch der Kuckuk miteinbegriffen
ist, den Plinius, wie §. 25 zeigt, zu den accipitres zählt.
11, 20.
Ratio operis haec: interdiu statio ad jyortas more castrorum.
quies in mafutinnvi, donec una excitet gemino aut triplici homho
ut bucino aliquo. tunc universae provolant.
So die älteren Ausgaben und noch Silliü". In den Hand-
Schriften fehlt haec^ wesshalb es Jan beseitigte, Urlichs aber
Vind. PHn. Nr. 199 i^atio operis für eine am Rande bemerkte
Inhaltsangabe eines Abschreibers hielt und mithin zu streichen
' Vgl. eben an unserer Stelle cor«;«» aliquando et quinos mit §. 32.
358 J. Müller.
empfahl. Mayhoff stimmte ihm bei und setzte die Worte in
Klammern, zugleich auf den Index sich berufend. Dort fehlt
nämlich in den besseren Handschriften ratio opens als Inhalts-
angabe dieses Abschnittes, was desshalb besonders auffallend
ist, weil die Worte im Text schon das Ansehen einer Ueber-
schrift zu einem neuen Abschnitt haben, also um so geeigneter
waren, in den Index überzugehen, wenn sie wirklich im Texte
standen. Gleichwohl bleibt es sehr fraglich, ob dadurch ratio
operis im Text verdächtig wird. In Wahrheit ist §. 20 — 26
Fortsetzung der mit §. 5 begonnenen Beschreibung der Bienen
und ihrer Arbeit (im Index: qui ordo in opere earum). Diese
Beschreibung wird zunächst durch die Erklärung unterbrochen,
was commosis, pissoceros, propolis, erithace sei und aus welchen
Blüthen sie gewonnen würden 5 dann wird sie wieder auf-
genommen §. 19, abermals unterbrochen durch die Bemerkung
über zwei Bienenfreunde und ihre Beobachtung und zu Ende
geführt von §. 20 an. So konnte Plinius im Index über diesen
Abschnitt hinweggehen, wie er das auch 9, 170 gethan hat und
sonst manche kleinere und grössere Partie in der Inhaltsüber-
sicht unberücksichtigt geblieben ist: 8, §. 110; 198 und 199;
213. 9, §. 98-93; 170. 14, §. 58; 94—97 u. A. Und selbst
das, was wir als besonders auffallend bezeichneten, dass die
Worte im Texte schon das Ansehen einer Ueberschrift haben,
findet sich auch sonst, ohne dass dies auf die Stilisirung des
Index Einfluss gehabt hätte. So 5, 17 Tingitanae provindae
longitudo CLXX est. Gentes in ea: Quondam praecipiia Maiiro-
rum etc. 13, 98 mensae vitia: lignum etc. 35, 98.
Es ist aber noch etwas andres zu beachten. Nach der
Ueberlieferung wäre der Wachposten nur bei Tage ausgestellt.
Ist dies an sich bei dem Vergleich mit dem Brauch im Lager
auffallend, so stimmt es auch nicht mit Varro de re rust. 3,
16, 9 omnes ut in exercitu vivunt atque alternis dormiunt. Und
bei Plinius selber wird die Nachtwache vorausgesetzt §. 62
verum et ruhetae veniunt nitro adrepentesque forihus portas
sufßant. ad hoc statio provolat covfestimque ahripitur. ^ Auch
• Es ist das aus Ai'ist. h. a. IX 40, p. 626, A 30 ajioXXuai Se xa\ 6 ypuvoc
Emendationeii zur N;i.tui:Uis Histom des Pliiiius. II. 359
bei Verg-il Georg-. 4, 165 heisst es allgemein: Siuit qidhus ad
portas cecidit custodia sorti. Zuletzt ist interdiu auch desshalb
störend, weil mit quies in mafutinum von der Nacht ausgegangen
wird um §. 26 zu ihr zurückzukehren. Ich vermuthe daher,
dass interdiu verdorben sei und Flinius geschrieben habe:
Ratio operis interim dicenda:^ statio ad. portas more ca-
strorum.
Ueber den Gebrauch von intenm Hand Tursell. III.
p. 425 f. Plin. 15, 106.
11, U.
Alvos quidam. in eximendo melle expendunt, ita dirihentes
quantum relinquant. aequitas quidem etiam in iis obstringitur,
ftruntque societate fraudata alvos mori. in primis ergo prae-
cipitur lauti ut purique eximant mella. et furem mulierumque
menses ödere.
Mit den Worten in primis ergo geht Plinius speciell auf
die Besonderheiten bei der Honiglese ein, und was er über die
erforderliche Reinlichkeit dessen sagt, der die Waben aus dem
Bienenkorbe zu nehmen hat, stimmt überein mit den nur aus-
führlicheren Vorschriften Columella's, de re rust. 9, 14, 3 verum
maxime custodiendum est curatori, cum. alvos tractare debebit, uti
jJridie castus ab rebus venereis, neve temulentus, nee nisi lotus ad
eas accedat abstineatque omnibus redolentibus escidentis, ut sunt
salsamenta et eorum omnia liquamina; itemque foetentibus acri-
moniis allii vel ceparum. ccterarumque rerum similium. Zugleich
aber zeigt diese Vergleichung, was schon an sich augenschein-
lich, wie fremdartig und ungehörig bei Plinius die Bemerkung
ist, dass den Bienen der Dieb zuwider sei. Es kann damit
unmöglich g-emeint sein, was 19, 123 gelegentlich angemerkt
ist: rutam furtivam tantum provenire fertilius jmtant sicut apis
furtivas j^esswne. - Es könnte offenbar nur von einem Honig-
diebe und zwar in ßlenschengestalt die Kode sein und das hin-
/.»-caOtct genommen , nTir dass bei Plinius der Wachposten substituirt
ist, von dem jedoch auch Aristoteles weiss p. 625, h. 2 f.
' Vf,'l. Fels p. 24 lind 10, i:jO, wo die Codices .toliflo ut oder -loHda. vt
bieten und Jan mit <!frosser Wahrscheinlichkeit snJi fHainlvr hergestellt hat.
2 Darauf bezieht es Ilaiduin und Andere.
Sitzungsber. iL phil.-liist. Cl. XC. VA. III. Ilit. • ^4
,'^00 • .T. Müller.
wieder ist durch den Znsaranienhang- ausg-eschlossen. Verg-leicht
man §. 61 ödere foedos odores lyrocidqne fufjmnt, sed et ßctos;
itaque nnguenta redolenfes infestant und neben der aus Colu-
mella angeführten Stelle Varro de re rust. 3, IG, 6 sequimtur
omnia pura. itaque nnlln harimi assidif in loco mquinato, out eo
qui male oleat, neqiip- etiam in eo qid bona ölet iinguenta. itaque
his unctus qui accessit, pungiint, sowie Aristot. h. a. IX, 40, p. 626,
A 26 ff. ou7/£paivo'jct xodz o'j70)0£C7'.v cc[j.cdq y.. -. X., so scheint es
ausser Zweifel, dass hier bei Plinius etwas den menses mulierum
Aehnliches muss bezeichnet gewesen sein und wir werden dies
treffen, indem wir schreiben:
et furfiirem mulierumqtie menses ödere.
Gemeint ist wohl der Kopfgrind, auch porvigo genannt, '
von dem Celsus 6, 2 sagt: Porrigo est, uhi inter pilos quaedam
quasi squamulae surgunt eaeque a cute resolvuntnr; et interdum.
madunt, midto saepius siccae srint. Idque evenit modo sine ulcere,
modo exulcerato loco; huic quoque modo malo odore, modo nullo
accedente. Fereque id in capillo fit, rnrius in harha, aliqnando
etiam in supercilio.
Es kommt zwar bei Plinius der YhiraX furfures häufiger
vor als der Singular, wie denn die alten Grammatiker das
Wort als Plurale tantura aufführen. Vgl. Neue, Formenlehre
der lateinischen Sprache I, S. 385; 389 f. 391. Doch findet
sich auch der Singular z. B. 26, 2 von der Flechte: faedo cutis
furfure. ^
11, 45.
Im Anschluss an die eben besprochene Stelle heisst es
weiter :
Cum. eximantur mella, apes ahigi fnmo utilissimum, ne iras-
cantur aut ipsae avide vorent. fumo crehriore et ignnvia earnm
excitatur ad opera, nam nisi incuhavere, favos lividos faciunt.
Auch dies in Uebereinstimmung mit Varro 3, 16, 36: Si
ex alvo minus freqnentes evadunt ac suhsidit aliqua pars, snffn-
' Beide Ausdrücke verbunden l'lin. 24, 187 farina (feni graeci) porrlgines
rnpi/ix fit.rfiiresquc cum vinn et iiilro celerifer tollit.
2 In der Bcdentunfr , Kleie' stellt der Sino-nlnr IS, 87; SS; ;U)i; 1!), 44;
22, 145. Vgl. Neue I, S. 4(i0.
Gmendalionen znr Naturalis Historia des Plinius II. du 1
mic/andem etc. Colum. 9, 14, 2 Ilac ciira (nämlich neben anderer
Pflege durch das Räuchern) per id tempus, quod diximvs, exa-
mina firmahuntiir eaque fortius operihus inservient. Weiter wird
dann bei Cohimella §. 7 das Räuchern nur im Allgemeinen als
zuträglich bezeichnet • ohne den bestimmten Zweck die Bienen
zur Thätigkeit anzureizen, doch aber mit der Wirkung, dass
dieselben in Aufruhr gerathen: Verum hoc tempore et usque in
autumni aeqttinoctmm decimo quoque die alvi aperiendae et fumi-
gandae sunt, quod cum sit molestum examinibus, sahdjerrivmm
tarnen esse convenit. Sufßtas deinde et aestuantes apes refrigerare
oportet etc. Hiernach ist völlig klar, dass die Bienen durch
Räuchern nicht zum Brüten, wie man sich dies nach Plinius
§, 48 (gallinarum modo incubant) und Ai'istoteles, h. a. V, 22
p. 554, A 18 dachte, sondern zum Fleisse in ihrer Arbeit an-
gereizt werden sollten. Vergleicht man nun Arist. h. a. IX, 40
p. 625 A 5 ff: £7:r/.aG-^vTat c' z-kX zolq •///jpioi; al [jiXiTTat %at QU[:.rÄ--
T0U!7tv • säv o£ Toü-0 \):r, -otwci, c-Osi'pscOat ^a^i xk y.r^^iy. xal apayvtoijffOa'.
■/,. -. A., so könnte man auf den ersten Blick geneigt sein, an-
zunehmen, dass inciihavere bei Plinius dem iT.'.v.'J.fir,v-y.'. y.al cjy.'TriT-
Tsjcjtv entsprechen solle und könnte in diesem Sinne die Worte
des Plinius zu deuten oder zu ändern suchen. Allein dem
steht entgegen die Verbindung jener Worte mit fumo crehriore et
ignavia earitm excitatur ad opera und die unzweifelhafte Wirkung
des Räucherns. Man wird sich daher schliesslich dafür ent-
scheiden müssen, dass zwar Plinius etwas Aehnliches habe sagen
wollen, wie die Stelle des Aristoteles enthält, - dass er dies
jedoch ganz allgemein gehalten und so ausgedrückt habe: , durch
Räuchern werden die Bienen zur Thätigkeit gereizt, denn
wenn sie nicht mit Eile am Werke sind, so leiden die Waben'.
Und eben dies erhalten wir, wenn in dem überlieferten incii-
havere das a getilgt und geschrieben wird:
nam nisi inciihuere, favos licidos faciant.
Das Verbum incumhere findet sich absolut gebraucht bei
Vergil, Aen. 4, 397 7'«??? vero Tencri incumhnnt et lifore celsas
deducunt toto navis. 9, 73. Mit dem Infinitiv Georg 4, 249.
1 Vgl. Varro .'5, 16, 17.
- Vgl. Cnliim. i>, 13, 11 tumque (apnm p.aiicitns si favis compicndis iion
suflicit) vaeune cernttim partes covi.putre.icun f.
'24*
362 J.Müller.
Zur Sache vgl. Plin. §. 29 mliil komm stato tem/pore,, sed rapinnt
cliehus serenis mnnia. Arist., h. a. IX, 40 p. 625 B 21 flf. '
11, 173.
Qnihusdam insectis intus linguci, ut formicis. ceferurn htta
elephanto praecipue.
So werden diese Sätze, wie sie die Manuscripte über-
liefern, in allen Ausgaben beibehalten, doch selten ohne den
beig-efügten Zweifel an ihrer Richtigkeit. Durchweg hegt man
Bedenken gegen lata, weil Aristoteles, h. a. II, 6 p. 502, A 3
sagt: v/^coTiav es v/zi (5 sXscpa;) ixiy.pav Xc csöopa v.oa evxic, wcxe
spYov sTvat Izih. Allein die Versuche die Stelle in diesem Sinne
zu verbessern schweifen entweder von dem Ueberlieferteu allzu-
kühu ab, wie des Pintianus veterinis lata, ehplianto perexigua,
oder wahren zwar die äussere Verbindung der beiden Sätze,
verkennen aber den Punkt, der dieselben in Beziehung gebracht
hat, wie Mayhoff' s ceterum laiet elephanto perexigua. Jener Punkt
ist, wie eine Vergleichung der beiden bei Plinius verbundenen
Stellen des Aristoteles lehrt, intus est, lyzK evxoc. ^ Wir glauben
daher nicht zu irren, wenn wir bei Verbesserung der Stelle
hiervon ausgehen, lata aber unangetastet lassen, da es nicht
ausgeschlossen ist, dass Plinius in diesem Punkte die Angabe
des Aristoteles zu berichtigen in der Lage war. Hiernach,
glaube ich, wird es genügen et vor elephanto einzuschieben und
die Stelle so anzuordnen:
quihusdam insectis infus lingna, ut formicis, ceterum lata
et elephanto pi^aecipue (sc. intus est). ^
' Vgl. aucli Plin. §. 14, wo, beiläufig bemerkt, tum nicht verinis.'?t wird
wie Mayhotl' meint. Exire ist .stehender An.sdruck vom Erwachen ans
dem Winterschlaf; extvnt steht also dem voransgchondon condinifiii- gegen-
üljer und ad opern et lahores in gedachtem Gegensatz zu anderen Thieren:
,Nach beendetem Wintersclilaf (vgl. §. 43) fliegen sie aus sofort zur Arbeit'.
2 Neben h. a. II, 6 de part. anim. II, 17 p. 661, A 15 tfov o' ivToatüv
t!o)üJV £via (J.EV Evxb; v/zi io to'.outov [j.öp'.ov, otov to tjÖv [jLup|j.r^/.(ov y-'voc.
^ Vgl. 10, 77 rni .toU avi furacifa.i arffetiti anriqiie jii'arripue. inira ent ^^
cni soll avi mira furacitas est argenti praecipueque anri (Ovid. Met. 7, 467).
Euitiudatiuueu zui- Naturalis llii>tüiia des Pliuius. II. ÖOÖ
11, .>77.
Animae leonis virH.s gravi', ursi pestileiis. contacta halita
(iltia naUafera attimjit, ociiisque piitrescunt adflata reliquis. homiui
tantum infici natura voluit plurilms modis, et ciborum ac dentiuvi
vitiia, sed maximc sanio.
So sind die beiden letzten Sätze in den Ausgaben abge-
theilt und nur Pintianus hat einen Wunsch nach einer andern
Interpunctiüu hiut werden hissen: ,Leg-endum diversa inter-
punctione, Citiusqiu: pittrescwd. Afßatu reliquis, homini tantum
infici natura ylxuihun modis voluit etc. Dieser Vorschhig, trotz
der beigegebenen Erklärung kaum verständlich, ist mit Recht
unberücksichtigt geblieben. Was er bessern sollte, bedarf auch
der Verbesserung nicht. Adflata nämlich, das nach contacta
halitu überflüssig zu sein scheint, ist hinzugefügt, weil g'eschieden
wird zwischen dem zufälligen Beschnuppern und deui absicht-
lichen Anhauchen. Vgl. Aristoteles h. a. VIII, 5 p. 594 B 16
Ta GS y-pix r.Ti-y. v.y.T:tzf)Ui {r, xpv.xoc) r.pzür,-o-jzy. -ptoxov. Jedenfalls
ist reliquis bei adflata leicht entbehrlich und es ist nicht abzu-
sehen, warum es auch noch in den neuesten Ausgaben nicht
zum Folgenden gezogen wird, obwohl auch der Palimpsest, nicht
blos Codices von gei-ingerer Autorität, adflatae bietet. Hiernach
ist ohne Zweifel zu schreiben:
ociusqiie putrescunt adflata. e reliquis homini tantum infici
natura voluit etc.
Zu der Verbindung e reliquis (auimalibus) homini vgl. 7, 3;
43; 63; 188. 8, 58. 11, 283.
12, 11.
Est Gortynae in insula Greta iuxta fontem platanus una
insignis utriusque linguae monimentis, numquam folia dimittens,
statimque ei Graeciae fahulositas superfuit Joiem sub ea cum
Europa concuhuisse, ceu vero non alia eiusdem generis esset in
Cypro. sed ex ea primum in ipsa Greta, ut est natura hominum
304: J. Müller.
noüitatis avida, platani satae regeneravere vitiiivi, quandoquidem
commendatio arhoris eius non alia maior est quam soles aestatt
arcere^ Jdeme adrnittere. inde in Italiam qnoqae ad suburbana sua
Clcmdio 'principe MdvceUi Aesernini libertiis .... transtulit id
genus. duranfqae et in Italia ijortenta terrarum praeter illa scilicet
qnae ipsa excogitavit Italia.
Allgemein wird regeneravere vitiam so verstanden, dass
die Abkömmlinge jener immergrünen Platane diese Eigen-
schaft nicht geerbt, sondern den Fehler wieder angenommen
hätten, die Blätter jährlich zu verlieren. Dass damit die folgende
Begründung quandoqnidem commendatio arboris eins non alia
maior est quam soles aestate arcere, hieme adrnittere unvereinbar
sei, wird zwar von Niemand gesagt, aber durch den Versuch,
die Vereinbarkeit zu erläutern, recht augenscheinlich gemacht.
So bemerkt Harduin: ,Ex Gortynensi platano aliae deinceps
satae non eamdem retinuere dotem, ut numquam folia de-
mitterent, quae laus illius propria et peculiaris fuit; sed nati-
vum retulere arboris eius seu vitium seu ingenium'. ' Aehnlich
Urlichs, ehrest. Plin. p. ITH: ,Die Eigenschaft die Blätter zu
verlieren, welche die neuerungssüchtigen Menschen fälschlich
für einen Fehler halten, denn u. s. w.' Ich kann in diesen
Erklärungsversuchen nur eine Ausflucht der Verzweiflung
sehen, die eben das, wodurch quandoquidem seine Beziehung
erhalten soll, hinzufügt, ohne dass es im Wortlaut des Schrift-
stellers läge. Suppliren lässt sich der Gedanke ,ich nenne es
Vitium', vielleicht auch ,die Leute nennen es vitium'. Aber
nicht mehr suppliren lässt sich ,die Leute nennen es fälsch-
lich vitium^ Die Begründung quandoquidem etc. setzt unbe-
dingt entweder voraus, dass im Vorausgehenden die Eigen-
schaft, die Blätter zu verlieren, als ein Vorzug des Baumes,
oder dass die entgegengesetzte Eigenschaft, die Blätter nicht
zu verlieren, als ein Fehler bezeichnet sei. Es fordert also
die beigefügte Begründung, dass vitium von der Eigenschaft
des Immergrünens verstanden werde. Ebendasselbe verlangt
' Auch wenn man inf/euiian statt vitium einsetzte, wäre es doch gar selt-
sam, es dem Baume anzurechnen, dass er seine natürliche Eigenschaft
wieder angenommen, weil sie seinen Vorzug ausmache.
Emeudutiuueu zur Naturalis Ilistoriu Ju^ Pliuius. 11. 360
üLich das weiter Folgende; deiiu iude in Itaiiain quoqnc tvaus-
tidit id genus kaun nur von dein Abköinniling- der immer-
grünen Platane auf" Kreta verstanden werden, weil die gewölm-
liehe Platane längst in Italien eingebürgert war, wie ausser
Plinius §. 6 ff. die häufige Erwähnung des Baumes bei anderen
Sehriftstellern beweist. ' Zugleich darf schon bei diesen Worten
nach dem ganzen Zusammenhang angenommen werden, das^
der Abkömmling die specitische Eigenschaft des Mutterbaumes
gewahrt habe. Und was schon hiernach angenommen werden
darf, wird auf das bestimmteste vorausgesetzt durch die Worte
durantque et in Itcdia portenta terrarum etc. Das kann nicht
von einer nur geringen Abweichung von der gewöhnlichen
Platane verstanden werden und ebensowenig etwa von der
Grösse, wie bei den §. 9 und 10 beschriebenen Exemplaren.
Denn in fünfundzwanzig Jahren wächst keine Platane zu c'nem
mächtigen Baume heran. -
Hiernach ist klar, dass die bisherige Auffassung der Worte
leijeiteravere vitium unrichtig ist, und es fragt sich, ob eine
andere möglich, oder ein Verderbniss anzunehmen sei. Aus-
gegangen ist die unrichtige Auffassung offenbar von der Ad-
versativpartikel sed und nur wenn diese Partikel ohne Beziehung
auf legeneraveve vitium gesetzt sein könnte, würde sie nicht
nothwendig jene unrichtige Auffassung bedingen. An sich
könnte sie das Abbrechen der kleineu Digression von der
fabulositas Graeciae bezeichnen. Doch empfiehlt sich dies
durch nichts. Der Schriftsteller hätte fühlen müssen, wie sehr
dem Missverständniss ausgesetzt seine Rede sei und hätte dem
vorbeugen müssen, indem er wenigstens statt aatae ein Verbum
finitum wählte. Zwar kommt es vor, dass die Plaupthandlung
in das Particip zurücktritt, wie z. B. 9, 148 intellectum inesst
his apparet, qida, uhi avidsorem sensere, contractae midto diffi-
cilins abstr/ihvntnr. •' Doch ist eine solche Auffassung in dem
vorliegenden Falle kaum zulässig und wird auch durch die-
' Vgl. Hehn, Culturiiilaiizen und Haustliiore iu ihrem Uebei'gauge aus Asieu
nacli Griechenland und Italien, ö. 2ü0 f.
- §. 12 wird auch, wie ich sehe, allgemein von einem yenns plataiii jbliu
nunujuaw, diniittens verstanden. Vgl. die Indices sju den Ausgaben.
•^ Vgl. Wex zu Tac. Agr. p. 274. Xipperdey liheiu. Mus. l'J, S. lU-t.
366
J. M Uli er.
selbe kaum etwas gewonnen. Es müsste demnach secl in et
geändert werden. '
Mit diesem Resultate werden wir, so weit ich mich infor-
miren konnte, bei den Botanikern auf entschiedenen Wider-
spruch stossen, die an eine immergrüne Platane in Italien nicht
§:lauben. C. Fraas spricht sich in der Einleitung zu seiner
•Synopsis plantarum florae classicae S. 28 (Ausg. II) hierüber
aus. Er zeiht den Theophrast'^ nicht gradezu des Irrthums,
hält es jedoch für wahrscheinlich, dass seine Angabe auf einer
Täuschung beruhe. ,Es sei eine allzuhäufige Erfahrung, dass
ausländische Bäume mit zarten, mehr diaphanen Blattorganen
und selbst inländische dergleichen, wenn auf mageren oder sehr
trockenen Boden verpflanzt, zur Zeit der höchsten Wärmegrade
(Ende Juli und Anfang August) ihre wie versengten Blätter
fallen lassen, dann aber bei rasch folgender Temperaturabnahme
im September nach so kurzer Ruhe wieder frisch nachtreiben,
freilich nur mit geringer Wachsthumzunahme. So scheinen sie,
wenn die härteren Sorten im Winter in wärmeren Laffen das
nachgetriebene Laub behalten, immergrünend, wie ich an einer
am Marktplatz von Athen stehenden Platane und an den am
alten Palais von mir gepflanzten Linden alljährlich beobachtete.'
So Fraas. Er nimmt auf den Bericht des Plinius keine Rück-
sicht. So weit dieser wiedergibt, was er bei Theophrast vorfand,
ist er ja auch keine Autorität. Aber die Verpflanzung jener
kretensischen Platane in das Suburbanum des Freigelassenen
des Marcellus Aeserninus ist durch das Zeugniss des Plinius
gegen jeden Zweifel sichergestellt. Doch ist in diesem Zeugniss
allerdings, weil eben die Worte regeneravere vitium zweifelhaft
sind, die in Italien angepflanzte Platane nicht mit Bestimmtheit
als eine immergrüne bezeichnet, die ihre Blätter nie abwerfe.
Vielmehr ist in dem Berichte des Plinius, wenn wir von rege-
neravere vitium absehen, nichts enthalten, was der Annahme
widerspräche, dass es mit dieser Platane eine ähnliche Bewaudt-
niss könne gehabt haben wie mit der, die Fraas in Athen
' Zu regeneravere vitium vgl. 7, öO signa quaedavi naevosque et cicalrices
etiam regenerari.
2 Auf ihn geht die Notiz über die immergrüue Platane zu Gortyne auf
Kreta zurück, hist. plant. 1, 9, 5. Vgl, Plin. 16, 81.
Emendationen zur Naturalis Historia des Plmius. II. Öu /
gesellen. Wenn also die Botaniker Recht hätten, indem sie eine
imme.rg-rüne Platane in Italien für ein Ding- der Unmöglichkeit
erklären, so wäre nicht in der Adversativpartikel sed, sondern
in regeneravere Vitium das Verderbniss zu suchen. Und würde
dies in degeneravere Vitium geändert, so wäre damit eben der
Sachverhalt, den Fraas als wahrscheinlich voraussetzt, zwar
nicht klar und bestimmt bezeichnet, doch aber immerhin in
genügender Weise angedeutet. Das vititim wäre die Eigen-
schaft, die Blätter nie zu verlieren, die degeneratio bestünde
darin, dass jene Platanen ihr Laub über Winter behalten,
dann im Frühling neues getrieben hätten. Die spielende
Ausdrucksweise degeneravere Vitium wäre dem Plinius wohl
zuzutrauen. Vgl. 7, 122 semper Olympiae victor et semel victus
d. i. obwohl victus, doch victor. 8, 131 nee alteri animalium
in maleficio stultitia soUertior. Grasberger de usu Pliniano
p. 122 f. Ueber den transitiven Gebrauch von degenerare Neue
Formenl. II, S. 282. '
12, U.
Nardo colos, si inveteravit, nigriori melior.
So alle Manuscripte und Ausgaben. Und doch scheint
mir der Satz: ,Je schwärzer die Narde, desto besser ihre Farbe'
ganz verkehrt zu sein. Es handelt sich ja nicht um einen
Färbestoff und dessen Güte. ,Je schwärzer die Farbe, desto
besser ist sie' würde ich in Ordnung finden, doch wird die
Stelle nicht in diesem Sinne zu ändern sein, sondern es wird
der in den Handschriften häutige Fehler der Vertauschung der
Endungen vorliegen und zu schreiben sein:
nigrior meliori.
(Turis arboruin) silva divisa certis portionibus mutua inno-
centia tuta est; nemo saucias arhores custodit, ntmo furatur alteri.
1 Ich gebe dies mit jener Reserve, zu der der Philolog bei riiuius nicht
selten gezwungen ist, wenn er sich auf Gebieten bewegt, auf denen er
so gründliche Fachkenntnisse nicht besitzt, um sich auf sein eigenes
Urtheil verlassen zu können.
368 J. Müllur.
at Hercules Aicxandriae, vhi iura interpolantWj nullet satis custo-
dlt diligentia officinas. suhlitjaria signantiir opifici, persona additur
caplti densusve reticulus, nudi eruittimfar, tanto minus fidel apud
HOS poena quam apud illos siloae hahent.
Detlefsen hat zuerst an der Geg-enüberstellung von poena
und silcae Anstoss g-enommen, oder doch den ersten Versuch
gemacht das Unzutreifende und Unpassende derselben zu be-
seitigen. Dies ist in der That augenfällig. Poena in dem einen
Vergleichungsgliede würde als Gegensatz in dem andern etwa
mores erheischen, nach Tac. Germ. 19 pluscpie ibi honi mores
valent quam alihi honae leges; oder consensus iiinocentiae, ^ oder
ooluntaria innocentia , - oder pudor,-^ oder dergleichen. Aber
zwischen silvae und poena weiss ich keinen Vergleichungspunkt
zu entdecken. Der wäre nun zwar in Detlefsens Conjectur —
pjoma statt poena — gegeben. Allein da der Gedanke diu'ch
das eben Besprochene angeregt ist, muss er auch daran an-
knüpfen und sich hierauf beziehen; von einer Unsicherheit der
Obstbäume aber war im Vorausgehenden durchaus keine Rede.
Die letzten Worte nudi emittuntur ^ könnten auf paenu/fa führen:
,Bei uns wird der Mantel mit seinen winzigen Taschen ver-
sagt, während dort ganze Wälder ohne Wache bleiben.' Doch
würde dies eine Missbilligung jeuer Vorsichtsmassregeln ent-
halten, die mit 33, 26 quae fuit illa vita priscorum, qualis inno-
centia, in qua nihil signahatur! at nunc cihi quoque ac pottis anido
vindicantur a rapina wenig stimmte und hier durch nuUa satis
custodit diligentia ausgeschlossen scheint. Einen vollkommen
zutreffenden und in den Zusammenhang passenden Gegensatz
wird penates bieten, dessen Gebrauch für ,Haus und Hof' hin-
länglich bekannt ist. Vgl. Cic. de rep. 5, 5, 7 Äd vitam autem
usumque vivendi ea descripta ratio est iustis nuptiis, legitimis
liheris, sanctis penatium deorum Lariimqu,e familiarium sedibus,
ut omnes et communibns commodis et suis uterentur. Colum. de re
rust. 11, 1, 19. Zu dem Ausfall der Endung tes vgl. Fels p. 24.
• Nach Senec. de clcm. 1, 23, "2.
2 Seuec. a. a. O. 1, 24, 2.
^ Senec. de .benef. 3, 16, 1.
* ^udi in dem Sinne wie 18, 20. Tac. Germ. 20. Vurg. Geory. 1, 21)9.
Kmendatioueu mv Naturalis Hi:3toria des l'liuius. II. OOj
VZ, 100.
Tricenis ab eo (lacii) stadiis calanius et iuncus odorati
(jujnantur. sane enivi dicamus et de iunco, quamvis alio herbis
dicato vohirnine, quoniam tarnen hie ainjuentorum materia tvactatur.
nihil evfjo a ceteris sui yeneris differunt aspectu, sed calanius prae-
slanti odore statim e longinquo invitat, mollior tacfti, meliorque
qui minus fragilis et qui assidose potius quam qui raphani modo
fiangitur. inest ßstulae araneum qiiod vocant; ßore praestantiove
cui nnmerosius. reliqua prohatio ut nigtr sit; damnantur alhi.
melior quo brevior crassiorque et ^ lentus in fvangendo. calamo
pretium in libras singulas X 7, iimco X V.
An dieser Stelle erscheint mir Mehreres als höchst auf-
fallend, zunächst, dass zwar sehr bestimmt und umständlich
die Beschreibung auch des iuncus angekündigt, dann aber nicht
das geringste über ihn bemerkt wird ausser der Preisangabe
am Schlüsse; ferner, dass hingegen eine Beschaffenheit des
calamus zweimal angegeben wird, nämlich die Art und Weise,
wie er sich breche und dass dies beidemal gleichmässig als
Zeichen der Güte mit melior eingeleitet ist. Schliesslich lässt
reliqua prohatio erwarten, dass mit dieser Bemerkung die Be-
schreibung des calamus abgeschlossen werde.
Das Alles legt die Vermuthung nahe, dass in unserm Text
iuncus zwischen albi und melior ausgefallen sei. Weder in der
21, 120 folgenden Beschreibung noch bei Dioscorides 1, IG
tindct sich etwas, das meiner Annahme widerspräche.
(Baisami) summa est prohatio ut lac coagulet, in veste ma-
culas non faciat. nee manifestior alihi fraus, qiiijjpe milihus
denarium sextarii, empti vendente fisco tricenis denariisj veneunt.
in tantum expedit Heere auctorem.
Allgemein wird angenommen, dass Plinius hiermit einen
Beweis für die Fillschung des Balsams im Kleinliandel bei-
bringen wolle. Salmasius Exerc. p. 417 b. D und mit ihm
370 J. MuHor.
Harduin paraphrasirt den Gedanken also: Purum quidem putum-
que balsamuni;, zo ä'xpaxov, vcndente fisco trecenis ' denariis veni-
bat. Qui a fisco emebant mercatores in tantum liquoiem illum
augcbant admixtis aliis sucis, ut mille denarios facerent ex ea
mensura, pro qua trecentos tantum denarios dedissent. Dieser
Gedanke ist verkehrt, weil Plinius gar nicbt in der Lage war,
die Summe, welche die Unguentarii aus einem Sextar reinen
Balsams lösten, zu constatiren, da ihm die Mischung nicht be-
kannt sein konnte. Und auch der Ausdruck ist dem Gedanken
nicht angemessen, der eher erheischte: milia denarium ex sin-
(jtdis sextariis, emptis vendente fisco trecenis denariis, reficiunt,
oder redigunt oder reciphmt oder dergleichen. Wollte man
aber annehmen, Plinius sei naiv genug gewesen einen Parfumeur
zu fragen, wie viel er aus einem Sextar reinen Balsams durch
Fcälschung löse und der Unguentarius sei einfiiltig genug ge-
wesen, ihm die Wahrheit zu sagen, so wäre für Andere der
Beweis der Fälschung aus der Differenz zwischen dem Ein-
kaufspreis und dem Erlös nur dann zu führen, wenn sie eine
so unverhältnissmässig grosse war^ dass an Aufschlag auf den
reinen Balsam nicht gedacht worden könnte und Fälschung
noth wendig. vorausgesetzt werden müsste. Der Beweis müsste
immer ein schwacher bleiben, könnte aber doch gelten, wenn
tricenis, kaum noch wenn trecenis gelesen wird. Da jedoch
Plinius eine andere Basis für seine Berechnung nicht haben
konnte, als den Preis eines Sextars beim Fiscus und die ge-
wöhnlichen Preise eines Sextars in den Läden der Unguentarii,
so konnte ein vollgiltiger Beweis für die Fälschung unter allen
Umstilnden nur in dem niedrigeren Preise bei den Unguentarii
gefunden werden. Denn wenn der Kleinhändler billiger ver-
kauft als der Producent, so liegt darin ein ofi'enkundiger Beweis
der Fälschung, gerade weil es, wie Salmasius a. a. O. sich aus-
drückt, contra rerum naturam est mercaturis ita insistere, ut
pauciorc pretio vendas quod pluris emcris. Und diesen Ge-
danken ergaben die Worte wie sie vor Salmasius interpungirt
wurden mit Beziehung von empti vendente fisco zu milibus dena-
rium sext.arü und von trecenis denariis zu veneunt. Doch ist
' So las Snlmaslus, nicht trkenii.
O T 1
Erncndiüioiiou -/.m Natm-ilis Historia (Ips Phnnis. 11 i) i 1
damit das Folgende absolut unvereinbar und mithin jede Er-
klärung- ausgeschlossen, welche von der Annahme ausgeht, dass
Plinius einen Beweis für die Fälschung des Balsams bei-
bringen wolle.
Dass aber die Worte auch noch anders aufgefasst werden
können, zeigt 8, 135 magnum fraus et ihi lucriim monoiwlio invenit.
Während aber dort die üebervortheilung in der Steigerung des
Preises durch Monopolisirung besteht, kann sie hier nur dadurch
ermöglicht sein, dass reiner Balsam in Folge des Verbrauches
desselben zu Salben und Parfümerien in Rom schwer zu be-
kommen war. Die Mischung des Balsams mit anderen Ingre-
dienzen muss sehr rentabel gewesen sein, da derselbe aus-
giebigen Zusatz vertrug. Vgl. Theophrast hist. plant. 9, 6, 2
T7;v B' oijirfjV oiaöipo'juav y.x; TroAAvjv, mqxz ä-b [x'.xpcü ttoauv £(piy.v£T(jOa'.
rizcv. Dioscor. 1, 18. Daher reiner Balsam nicht blos nach
Griechenland kaum kam (Theophr. a. a. 0.), sondern auch in
Rom, selbst nachdem der Fiscus die Gärten bewirthschaftete
und den Ertrag bedeutend erhöht hatte (Plin. §. 117), so schwer
zu haben war, dass Aerzte, die zu Medicamenten natürlich unver-
fälschten suchen mussten, selber Reisen nach Palästina unter-
nahmen. ' Hiernach muss an unserer Stelle fraus nicht von
Fillschung, sondern kann von üebervortheilung beim Verkaufe
des reinen Balsams zu sehr erhöhtem Preise verstanden werden.
Dieser war aber nur zu erzielen, wenn die Unverfälschtheit
garantirt war, etwa durch die Etiquette und das Siegel des
Fiscus an den Gefässen. Die Händler in Rom also verkauften
zu so enormen Preisen nicht eigentlich den Balsam, oder diesen
wenigstens nicht allein, sondern mit ihm den Verkäufer und
Garanten, auctorem.
Wenn man hiernach bei der Herstellung des Textes sich
lediglich an den Cod. Riccardianus hält, der licpj-e auctorem
UquorE bietet, so bedarf es nur der Einschiebung von in.
vor liquore und der Gedanke, den ich bezeichnete, ist ausge-
drückt. Also:
in tantum expedit licere mictorem in liquore.
' Vgl. Ar.arqunrclt Rom. Privataltortli. •_' S. -MVl A. I'.i und IX.
372 J. Müller.
Wie Li vi US 2ß, 43, 3 säg-t: in una urhe imiversam ceperitis
Hispnniam, ^ so lässt sich auch wohl Stagen licet mictor in Uqnore'^
=: in vendendo liquore. Vgl. Plin. 10, 142.
Ob nach einer Vermittlung zwischen dem Riccardianus
und den geringeren Codices gesucht werden dürfe, wie Jan
und Fels g-ethan haben, ■' lässt die stark alterirte Leseart der
letzteren als sehr zweifelhaft erscheinen. Am einfachsten er-
klärt sich doch die Leseart der g-eringeren Codices expedit
augere liquorem so, das licere wegen der Aehnlichkeit mit
liquore ausgefallen und dann auctorem in augere corrigirt worden
sei. Nur dass der Riccardianus nicht expedit sondern expedita
bietet, könnte etwa noch auf eine vor sich g-egangene Um-
stellung statt expedit auctorem licere schliessen lassen, doch ist
der Anhaltspunkt nicht ausreichend eine Umstellung zu recht-
fertigen.
Noch lässt mich ein anderer Punkt in der Stelle nicht
ohne Bedenken. Der Riccardianus bietet vendente fisco tricenis
deuariis, Parisinus d trecenis, a trecentis. Seit Sillig folgt man
dem Riccardianus. Das wäre eine exorbitante Steigerung des
Preises lediglich in Folge starker Nachfrage. Zwar sagt Plinius
6, 101, dass die aus Indien importirten Waaren in Rom um
den hundertfachen Preis gekauft wurden (quae apud, nos centi-
plicato veneant). Allein was die indischen Waaren so vertheuerte,
der Zwischenhandel, Transport, Zoll, das traf eben den Balsam
entweder gar nicht, oder doch nur in geringem Maasse. Ferner
wird der Balsam bei Plinius §.111 als der vorzüglichste unter
> Vgl. Hand Tursell. III. p. 267, 31.
- An dieser Stelle also wäre dem Verbum Heere sein intransitiver Gebrauch
= ,feil sein' gewahrt. Ob es überhaupt transitiv gebraucht worden sei,
wird bekanntlich bezweifelt. Vgl. Neue Lat. Formenl. 2 S. 267. Wenn
übrigens Neue auch Plin. .S5, 88 ijerconlanti quanti Uceret opera ejf'ecta
parvum nescio quid dixernl, at ille quinquagenis talentis poposcit famamque
(linpersit se emere nt pro suis venderet in unveränderter Ueberlieferung dem
neutralen Gebrauche vinditMrt, so beruht das auf irriger Auslegung. Opern
ejl'ecia kann nicht Nomin. Singul. sein, wie sclion das folgende suis zeigt.
^ Fels sagt p. 55 f.; In archctypo sie scriptum fuisse arbitramur expedit
I.iquo7-em
licere auctorem, voc. liquorem explicationis causa addito. Qvae explicatio
etiam in deterioros codd. transiit, omisso v. licere et corrupto v. auctorem
in augere.
Eraendationen zur Naturalis Ilistoria des Pliniii~. 11. DiO
allen Wohlgerüclien bezeichnet (omnihus odorihns praefertur
halsamMm) und dies 23, 92 noch einmal bestätig-t (Bahaminum
longe 'pretiosissimum oinnmm). Vergleiclit man nun die Preise
anderer, so scheinen 30 Denare für den Sextar Balsam unver-
hältnissmässig- wenig. 12, 43 wird der Preis für 1 libra Narden-
blätter auf 40, (30, 75, Nardenähre auf 100 Denare angegeben,
was für den Sextar Nardenöl — und erst dies würde doch dem
Opobalsamum entgegengestellt werden können — einen unver-
gleichlich höheren Preis ergibt. ^ Das Pfund Isocinnamou
kostete 300 Denare (12, 98), Cinnamomumreiser noi'mal 1000
Denare (12, 93), Malobathrumöl bis 300 Denare (12, 129),
Amomumtraube 60 Denare (12, 48), Cassiarinde 5 bis 50 De-
nare (12, 97), Myrrhe 3 bis 50 Denare (12, 70).'^ Die Frage ist
berechtigt, wie kam der Fiscus dazu, so weit hinter diesen
Preisen zurückzubleiben?
Auch die Ladenpreise der Salben und Parfümerien ge-
statten einen Masstab. 13, 20 wird 1 libra von den theuersten
Wohlgerüchen auf über 400 Denare angegeben. -^ Das Cinna-
mominum erreichte nach 13, 15 einen Preis von 300 Denaren.
In Jerusalem kostete nach Joh. 12, 3 und 5 die litra Narden-
salbe 300 Denare, nach Mark. 14, 3 ff. ein aXaßacxpov über
300 Denare. Martial setzt 12, 65 4 ff. das Pfund feiner Salbe
10 Aurei gleich. Natürlich waren diese alle mit anderen billigen
Ingredienzen gemischt. Ein wie viel gewinnbringenderes Ge-
schäft also machten die Unguentarii mit dem Balsam als mit
der Nardensalbe, wenn sie den Sextar reinen Balsam um 30
Denare kauften und den Sextar wer weiss wie stark gefälschten
zu 600 Denaren (nach dem Ansatz bei Plinius 13, 20) ver-
kauften! Schliesslich ist auch das Preisverhältniss zwischen den
Balsamreisern, das Pfund zu 6 oder 5 Denaren, und dem Opo-
balsamum, das Pfund zu 20 Denaren, ein durchaus unnatürliches.
' Der Masstab, den 12, 120 an die Hand gibt, wo das Pfund Malobatlirnm-
Ijlätter auf GO, Malobatlirumöl auf 300 Denare angesetzt wird, ist natürlicii
nicht verlässlicli, wird er aber angelegt, ergibt er für den Sextar Nardenöl
560 — 750 Denare.
- In der Aufzählung der zur Zeit des Plinius tlieuersten Waaren 37, 204
stobt das Oj)obalsamum der Myrrhe voran.
^ l'lvcedimtque quadringonoft denarios lihrae. Die Jjoscart ist dort duroli die
Uebcreinstimmung von Codex M und R gesicliert.
374 J. Müller.
Alle diese Bereclinimgen sind zwar nicht streng beweisend,
docli machen sie's, denke ich, recht wahrscheinlich, dass die
Zahlang-abe der geringeren Codices frecenls die richtige sei.
Dagegen fällt die Angabe des Theophrast histor. plant. 9, 6, 4
und des Plinius §. 117, dass zur Zeit Alexanders erst das
doppelte Gewicht reinen Balsams dem einfachen des Silbers an
Werth gleichgekommen sei, also ein Sextar etwa 63 Denare
gekostet habe, nicht in's Gewicht. Denn der Preis zur Zeit
Alexanders ist für die Zeit des Plinius in keiner Weise mass-
gebend. Auch der Angabe des Dioskorides 1, 18 ^wAsiTai ce h to)
tct:o) "Kpaq Bi-Xouv apY'jptov, wonach ein Sextar etwa 250 Denare
gekostet hätte, wollen wir in unserer Berechnung kein Gewicht
beilegen, wiewohl wir vielleicht dazu berechtigt wären. Denn
daraus, dass Dioskorides seine Notiz ^€i oe öXi'yov, wc -/.aö' iy.asTov
yjpz'io-i [j.r, z/vsTjv t^ Iq ^ kr^xx yixc cuvaOporCsaOa'. aus Theophrast ent-
lehnt hat, folgt noch nicht, dass die weitere, abweichende Notiz
über den Preis werthlos sei. Dioskorides könnte neben dem
Anschluss an die Ausdrucksweise des Theophrast den Preis
seiner Zeit substituirt haben.
13, 46.
Suum r/enus e sicciore turba (palmarum) dactylis, iiraelonfja
f/rncüitate cnrvatis Interim., nnvi quos ex his lionori deornm, damvs
chydaeos ajjpellavit Jndaea, gens contumdia nwninum insignis.
MayhofF hat Luc. Plin. p. 121 gezeigt, dass in dem vor-
liegenden Gedankeuzusammenhang für die Partikel nam kein
Platz sei. Das ist so unbestreitbar richtig, dass Detlefsen nam
ohne weiters aus dem Text entfernt hat, während bei Mayhoff
selber es in Klammern eingeschlossen ist. Darüber will ich
auch weiter kein Wort verlieren, nur kann ich die Art, wie
sich MayhofF nam aus einer verkehrten Wiederholung der letzten
Buchstaben des vorhergehenden Wortes entstanden denkt, nichts
weniger als wahrscheinlich finden. Ausserdem aber ist mir
die Verbindung des Relativsatzes mit dem Folgenden unver-
ständlich, und sie war es auch wohl, die dem Salmasius den
Emendationen zur Naturalis Historia des Plinius. II. 375
Ausruf auspreiste: peream, si sciam quid velit. ' In der That
regen sich eine Menge Fragen, auf die ich keine Antwort
weiss. Mussten diejenigen unter den dactyli, die den Göttern
dargebracht wurden, irgend etwas Besonderes haben, und was
kann dies gewesen sein? Und wenn man eben diese in Judäa
mit einem eigenen Namen bedachte, wie verfiel man auf
chydaei?- Alle diese Fragen fielen weg und es käme, wie
mir scheint, genügende Klarheit in die Stelle, wenn nam quas,
wie der Kiccardianus und Parisinus d bieten, ^ aus namq. was
d. i. namque was verdorben wäre und das Ganze so ange-
ordnet würde:
namque uvas ex Ms honori deorum damus. chydaeos appel-
lavit Judaea etc.
Wenn man in Judäa, wie Salmasius a. a, O. näher aus-
führt, die ganze Varietät der dactyli zu den chydaei rechnete,
so wäre die Deutung erklärlich, die Plinius der Sache gibt.
Auch ist nun die Beziehung der Begründungspartikel auf sunm
qenns dactyh's est einleuchtend.
Bezüglich uvas vgl. §. 30 non inter folia hoc (pomum), ut
in ceteris, sed snis inter ramos palmifihus racemosiini , utraque
natura uvae atque pomi. Die Auslassung des Pronomens (chydaeos
appeUavif) ist bekanntlich in Fällen, wie der vorliegende, allen
Schriftstellern geläufig. Vgl. meine Beitr. z. Krit. u. Erkl. des
Tac. III. S. 10 A. 2.
13, 09.
Naufragia docuere nuper hanc qnoque materiem siccatam
mari dnritie incorrnpta. cospissari non nllo modo vehementius.
Offenbar muss bei dieser Gestaltung des Textes siccatam
als Particip zum Ilauptverbum cospissari genommen werden.
Dann aber widerstreitet die Fortführung der Rede durch non
ul.lo modo vehementius, statt dessen zu erwarten wäi'e: vehementius
' Exerc. p. 932 a. F.
- lieber diese Bezeichnung vgl. Salmasius, Exerc. p. 932 b. F. Ifplin Ciiltur-
pflanzen n. s. w. S. 481.
2 Qnos im Palimpsest und Parisinus a ist wohl durch Assimilation ent-
standen.
Sitznngsber. d. pbil.-Uist. Ol. XC. Bd. III. Hft. 25
376 .1. Mull.'!-.
cospissari quam xdlo nlio modo oder etwas dergleichen in ähn-
lichem Aiischluss. Auch lieg't in den Worten diiritie incorriqyta
cospissari ein starker Verstoss gegen die Logik; denn wenn
auch diiritie incorrwpta sich an das Particip siccatam anlehnt, so
steht doch alles dies auch in engster Verbindung mit cospissiari
und es ist durchaus unpassend von einem Holze zu sagen,
dass es getrocknet unbeschadet seiner Härte fester werde. * Da
nun der Palimpsest nonmdlo bietet, so wird cospissari nnn
(cospissarino) aus cospissari imo verdorben und zu schreiben sein :
siccatam mari duHtie incorrupta, cospissari immo nullo moilo
veheinentivs.
Siccatam ist von dem einzelnen Fall, cospissari allgemein
zu verstehen. Vgl. meine Emend. z. nat. bist. d. Plin. I, 8. 11.
Zu der Nachstellung von immo vgl. besonders Tac. Ann. 12, 6
Procul id a praesenti modestia. Statueretnr immo documenttim
etc. Hand Tursell. IH. p. 226 f. Dräger Synt. u. Stil d. Tac.
§. 227, Mayhoff Luc. Plin. p. 35 N. 20.
13, 118.
Nee athspicatior in Lesho instdn arhor qitae vocafur euony-
mos, non ahsimilis Punicae arhori, itder eam et laiirum folii
magnitudine, figura vero et molUtia Punicae, ßoris candidi odore
statim. pestem denuntians.
' Damit man zum Schutze der Vulgata sich nicht etwa darauf berufe, dass
eine gewisse Fülle des Ausdrucks dem Stile des Pliuius eigen sei, so
will ich selber eine kleine Lese beifügen und man wird den grossen
Unterschied zwischen Pleonasmen und einer so unlogischen Tautologie,
wie sie in der fraglichen Verbindung liegt, leicht erkennen, 33, 13 ne.icio
an prior usus afeminis coeperit. 16, 78. 5, .'J4 (Nilus) po*<ea lenis et confractis
aqiiia domitaque molentia . . . in mare se evomat. G, 75 quingne amniinn
in unum covfluPMte concursu. 33, 23 cuiiifi Ucentiae origo nomine ijjso in
Samothrace id institutum declaraf. 14, 19 (vitis) opinio pracmio tardos
ordines ad lentas perd.ucit a(/ni/as. Die Stelle ist mit überflüssigen Con-
jecturen heimgesucht worden und noch der neueste Herausgeber Mayhoff
erklärt, dass ihm lentus verdorben scheino. Gewiss ist die Redeweise
nichts weniger als einfach, aber die IJcbcrlieferung sicher richtig. Turdon
ordines ist von der langen Reihe der Centnrionenstellon, die von der
untersten an zu durchlaufen war, also von dem langsamen Avancement
zu verstehen, und ad, tentus aqnilus von der laug ausbleii)enden höchsten
.Stelle des Priniipiius, dem der Adler anvertraut war. Zu lenlon vgl. Liv.
Emendalionen zur Naturalis lli-itoiia dos Plinius II. 37 <
So hat Mnyhofi" den letzten Theil der Stelle in engem
Anscliluss an den Palimpsest nnd unter Benützung- einer Ver-
muthung des Pintianus richtig gestellt. Doch ist sie in einem
andern Punkte noch fehlerhaft. Da nämlich arhor quae vocatnr
enonymos herrschendes Subject ist, so gehört zu ihm als Attribut
ebenso fignra et molllHa Puincae, wie inter eam et laurum folii
maqnititdine, während die Quelle des Plinius Theophrast bist,
plant. 3, 18, 13 xal xb yjk'Kov iyzi powoeq [xsTwOv ok -q yajjLaicäo'V^,
v.al p.aXaxbv, b)Z7:zp r, pix zeigt, dass von der Gestalt und Weich-
heit der Blätter nicht des Baumes die Rede sein muss. Nun
hat der Palimpsest nicht foUi, sondern folia. Dies ist auf-
zunehmen, indem die Worte inter eam bis Punicae als Parenthese
bezeichnet werden. Also ist das Ganze so zu schreiben :
non ahsimilis Punicae ai'hori — inter eam et laurum folia
magnitudine, figura vero et mollitia Punicae — floris candidi
odore statim pesteTn denuntians.
6, 8, 10 lentae spei victoriam und die Lexica. — Ancli 11, 260 quia lon-
gUudo superficievi corporum solam ampliat wird von MayhofF beanstandet,
vielleicht doch ebenfalls ohne Gri^nd, da longitudo praegnant stehen kann
= iusta longitudo d. i. ihre natürliche Länge, wenn sie ausgewachsen
sind. Diese Ausdrucksweise fällt in das Gebiet der Vertauschung von
näheren Bestimmimgen des Prädicats mit Subjecten, von Eigenschaften
und Nebenbestimmungen mit Personen und Sachen. Vgl. 6, 202 arhorum
ibi proceritatem ad CXL pedes adolescere. 11, 236 in pumicis modum coeimfe
duvitia. 14, 74 ciiius dulci admixfo reliqiioruvi ditritia suavitatetn accipiat,
siniul et aetatem. Auch 10, 30 ut quae duritiam nucis rostro repugnantem
volantes in altum in saxa tegidasve iaciant möchte ich noch nicht mit
Mayhoff unerträglich hart nennen. Es ist gesagt statt nncem ditrilia
rostro repugnantem, indem die Eigenschaft, da sie für den Gedanken das
Wesentliche ist, unnuttell)ar zum Prädicat gezogen wird. Vgl. meine
Beitr. z. Krit. u. Erkl. d. Tac. III. S. 26 ff. So dürfte auch 10, 99 nidi-
ficat in specu sex pednm defossa allitudinc zu beurtheilen sein. Es lässt
sich bei Plinius von den einfacheren Fällen dieser Ausdrucksweise bis zu
den gesuchteren und harten eine so lange Htufenleiter zusammenstellen,
dass die grösste Vorsicht bei der Reurtheilung geboten ist. Ich begnüge
mich auf Folgendes hinzuweisen : 2, 156 neferri c7-ucialus scinderet corpus.
8, 208 et feri sapiunt urina fugam levare = se in fuga. 9, 143 huius
iecori teneritas nidla praefertur = nihil teneritate. 9, 171 huius vUUim
XL Piscinae vendiderunl. 11, 88 constat et septena caudac internodia
saeviora esse. 13, 45 rvmpitque se pomi ipsius ebrielas. 7, ö; 8, 13ö; 188-,
9, 34; 40; 11, 17; 12, 22; 13, 09: 11, 17.
25*
378 .1. Müller.
Till der Kürze des Ausdrucks inter eam et laiirnm folia
vgl. 16, 108 cui folia inter ilicem et olivam ' und über die
sogenannte comparatio corapendiaria überhaupt Sillig zu 32, 149.
Mayhoff Luc. Plin. p. 97 N. 59.
13, 137.
Aliud genus frutictim hryon vocatur, folio lactucae, rugosiore
tantum, iam hoc interius nascens, in alto vero ahies et quercus
cuhitali altitudine. ramis earnm adhaerent conchae, queren et tivgui
lanas tradunt, glandem etiam quasdam ferre. in alto efiam nau-
fragis haec deprehensa nrinantihusque est et aliae traduntur
praegrandes circa Sicyonem.
Eine Vergleicliung der Quelle des Plinius Theophr. bist,
plant. 4. 0 f. zeigt ganz unzweifelhaft, dass die Vulgata in alto
vero nicht richtig sein kann. Theophrast scheidet §. 7 scharf
zwischen ''q ok op3c y.al r, iXar^ T:pia^(a:o'. [j.h a,a5w und nochmals
am Schlüsse von §. 8 Tauix [j.£v oüv i^pccyaia y.al paoia (hii)prfiT,va.'.
und zwischen der anderen Eichenart, die er §. 9 TcovTi'av nennt.
Dass auch Plinius beide auseinandergehalten habe, beweist das
zweite in alto im Folgenden, mag dies nun, wie gewöhnlich
geschieht, zu quandam ferre oder mit Mayhoff nach dem Cod. M
zu naufragis haec etc. gezogen werden.
Da, wie das Festhalten an der sicher unrichtigen Vulgata
auch in den neuesten Avisgaben bestätigt, eine annehmbare Ver-
besserung der Stelle noch nicht gelungen ist, so ist ein neuer
Versuch berechtigt und dieser wird einerseits von in altum im
Cod. M und andrerseits von dem Wortlaut des Theophrast
auszugehen haben. Das sichere vero und dessen einzig mög-
liche Beziehung auf ctdjitali altitudine, sowie die Andeutung des
Unterschiedes in der Höbe zwischen den bisher beschriebenen
Tangarten und zwischen ahies und quercus bei Theophrast (y.at lic
|ji,lv i'k'hxi.t) cT/sScv tajT' sattv. r, oe opuc -/.y). r, sXatr^ y..T.A.) führen
zu der Vermuthung, dass eine Maassbezeichnung in den ver-
dorbenen Schriftzügen der Handschriften in al stecke und zwar
etwa ijalmi, ^ so dass etwa so zu schreiben wäre :
' In Uebereinstimmung mit der Vulgata lieisst es 25, 95 unum (genug)
foliis- inter vialvam et hederam.
2 \'gl. Theoplir. §. 4. Pliu. 12, 48 palnii altittuline. 09; 17, ül.
Emendationeu zur Naturalis Ilistoria des Pliuius. II. O i J
iam hoc interius nascens palmi, tum vero abies et qnercus
cuhltali altitncUne.
U, 40.
Sed sunt etiamnum insignes uva, nou vino, ambrosia e dura-
cinis, sine ullis vasis in vite servattir^ tanta est contra frigora,
aestus tempestatesque firmitas; — nee orthampelos iiidiget arhore
aut palis, ipsa se sustinens, non item dactylides digitali gracili-
tate — ; cohimbinae e racemosis, et magis purpureae, cognomine
bimammiaej quando non racemos, sed uvas cdias gerunt.
Ich führe die Stelle nach der Auordnimg Sillig's auf, nicht
als ob ich diese füv die richtige hielte, sondern weil Sillig-, wie
mir scheint, indem er die Worte nee orthampelos — gracilitate
als Parenthese bezeichnete, einem fremden Zusatz auf der Spur
war, den ich als solchen bestimmter kennzeichnen und beseitigen
möchte. Ich meine das Wort orthampelos. Es soll nach dem
Zusammenhange der Name einer besonderen Rebenart mit
eigenthümlichen Trauben sein, während es nach seiner etymo-
logischen Bedeutung alle an Stäben gepflanzten oder frei auf-
recht stehenden Weinstöcke bezeichnet, von denen bei Plinius
§. 13 die Rede ist. Nun aber kommt das Wort bei Plinius
nur hier, sonst bei keinem lateinischen und auch bei keinem
griechischen Schriftsteller vor. ' Letzteres bleibt, wenn es auch
keine singulare Erscheinung 'ist, dass Wörter griechischer
Etymologie in Griechenland selbst nicht gebildet und gebraucht
wurden, wohl aber in Rom, immerhin verdächtig. Und der
Verdacht wird dadurch geschärft, dass das Wort, wie bereits
bemerkt wurde, nicht als Name einer besonderen Rebenart
passt (vgl. 16, 152) und dazu störend in die Beschreibung
einer anderen Rebenart eingeschoben ist. Von der Ambrosia
ist gesagt, dass sie Kälte, Hitze und Unwetter vertrage, aber
nicht gesagt, dass sie keiner Stütze bedürfe und doch wird
dem angefügt, dass auch die orthampelos keiner Stütze bedürfe.
' Harduin bemerkt zwar zu §. 13 N. 15 ,Et luiec vitis erecta, Graecis
opOa[A-cAo; appellatur', doch ist das ebeu tmserer Stelle (§. -lO) cut-
nomuien.
380 J. Müller.
Es wird orfhampclos eine Randbemerkung sein eben zu
den Worten iiec indiget arhore aut palls, die sich nach Be-
seitigung von orthampelos durchaus passend an das Voraus-
gehende anschliessen.
U, 95.
P. Licinins Crassvs L. Julius Caesar censores anno urh's
conditae DCLXV edixerunt, )ie qnis vinum Graecinn Amineumqiie
octonis aerls singula quadrantaUa venderet. liaec enivi verha sunt,
tanta vero Graeco vino gratia erat ut smgnlae potiones in con-
victu darentur.
Dieses Edict wird allgemein so aufgefasst, dass durch
dasselbe der Marktpreis des griechischen und amineischen
Weines festgesetzt worden sei. So fassen es die Uebersetzungen,
in die ich Einblick genommen, so Dalechamp, so Drumann
Gesch. R. 4 S. 71, und die Indices, bei Sillig 7 p. 2G5 b, 8
p. 454 b. Und dem Wortlaute nach scheinen sie im Recht
zu sein, in Wirklichkeit aber kann das Edict dahin nicht
gelautet haben. Zwar wäre die Unbestimmtheit des Ausdruckes
ne quis octonis aeris venderet, an der allein Austoss genommen
worden ist, nicht schlechthin verwerflich, da sie doch nur
dahin verstanden werden konnte, dass sich der Preis unter
8 Ass zu halten habe. Allein 8 Ass war nachweisbar zu allen
Zeiten in Rom ein abnorm billiger Preis für ein Quadrantal
gewöhnlichen Landwein. Dies erhellt aus mehreren Angaben.
Zunächst erfahren wir von Plinius selbst 18, 17, dass bei un-
gewöhnlich reichlichem Erntesegen zur Zeit des ersten punischen
Krieges, im Jahre 502 d. St. ' eine Billigkeit der Lebensmittel
herrschte, wie sie bis dahin nur durch künstliche Mittel vorüber-
gehend erzielt worden war. Und damals kostete ein Congius
Wein 1 Ass, also ein Quadrantal 8 Ass. Dass dies in der
That nur ein Ausnahmspreis war, - wird dadurch bestätigt, dass
' Vgl. Plin. 8, 16.
- Die noch niedrigeren Ansätze des Polybios für Oberitalien, worüber
ßöckh Staatshaush. d. Athener 1 S. 87, können natürlich für Rom niclit
massgebend sein.
KmenJationen znr Naturalis Historia des Pliniii.s. 11 381
Pliiiius 14, ö(j die Ampliora eines allerdings besonders guten
Jahrganges (()3o d. St.) auf" lUO Sesterze sehätzt ' und Columella
3, 3, 10 für seine Zeit als den geringsten Ansatz für jungen
Wein lö Sesterze bezeiehnet. - Hiernaeh ist es möglich, dass
die genannten Censoren im Jahre 665 d. St. als Preis für das
Quadrantal Landwein 8 Ass festsetzten, wenig wahrscheinlich
schon, dass sie bestimmten, der Preis habe sich unter 8 Ass
zu halten, aber ganz und gar unmöglich ist es, dass sie diesen
Preis auch für griechischen Wein bestimmt hätten, der selbst
an Ort und Stelle weit höher zu stehen kam. Schon für den
Metretes attischen Landwein zahlte man in Athen gewöhnlich
nicht unter 4 Drachmen. •'' Doch waren es selbstverständlich
nicht die gemeinen Sorten, die exportirt wurden. Chier aber
z. B. kostete in Athen schon zu Sokrates Zeit der Metretes
1 Mine. ^
Jener Ausatz also des Ediktes vom Jahre 665 hätte nur
bezwecken können, dass griechischer Wein überhaupt nicht auf
den römischen Markt gebracht werde. Das wäre nun vielleicht
den Censoren P. Liciuius Crassus und L. Julius Caesar ganz
recht gewesen, aber es ist sehr zu bezweifeln, dass sie urtheilten,
dieser Umweg führe zum Ziele, und noch weniger von ihnen
anzunehmen, dass sie ein directes Verbot sollten gescheut haben.
Hiernach ist es sachlich unglaublich, dass jenes Edict den
Marktpreis des griechischen Weines und zwar unter acht Ass
für das Quadrantal festgesetzt habe.
Es kann aber auch Plinius jenes Edict nicht dahin auf-
gefasst haben. Das beweisen die folgenden Worte tanta vero
vino Graeco gratia erat ut sinfjulae potlones in convicta darentar,
die entweder ein Verbot oder hohen Preis voraussetzen. Da
nach dem Wortlaut an letzteres nicht zu denken ist, fragt es
sich, ob derselbe vielleicht erstere Auffassunu- zulasse. Die
' Wie er ausdrücklich sagt, eins temporis aestimatione.
' Utque trecentin nnnimis quadragenae urnae veneanl, quod minimtim pretium
est annonae.
3 Vgl. Böckh a. a. O. S. 187 f.
* Böckli a. a. O. S. 139. Wie sehr der Transport, dazu allerdings der Zoll
den Wein vertheuern konnten, ersieht man aus C. I. L. III p. 593 C. XV,
wonach in Dacieu 2 Quadrantal und 2 Hemina gewöhnlicher Tischweiu
auf 97 Denare kamen.
382 J. Müller.
Loslösung des ersten Satzgliedes von den näheren Bestimmungen
octonis aeris singula quadrautalia, so dass zu ne quis vinnvi Gr.
nur venderet zu denken wäre,' darf als unzulässig ausser Be-
tracht bleiben. Ebenso wenig lässt sich etwa aus ne quis bei
y. Gr. ,ut quivis' bei Amineum ergänzen. Es ist zwar im
Lateinischen die Ergänzung eines aftirmativen quisque, omnes
in einem folgenden Satzgliede aus nemo im vorausgehenden
und ebenso die Ergänzung des affirmativen iit aus ne nichts
Ungewöhnliches, • allein hier würde dem Leser beides vereint
zugemuthet, und zwar ohne jede Andeutung in der Form der
Rede, die auf die richtige Auffassung führte. Mit ne quis
vinum Graecum Ämineique octonis .... venderet Aväre schon eine
solche Andeutung gegeben und Amineum könnte leicht durch
Assimilation an Graecum entstanden sein. Allein wo sich in
solchen Fällen Anfügung durch que, et oder afque findet, ist
das Verhältniss der Gedanken adversativ und der Uebergang
so selbstredend, dass er nicht eigens angezeigt zu werden
braucht. Vgl. aus den eben bezeichneten Beispielsammlungen
besonders Tac. Ann. 13, 14. Curt. 8, 14, 35. Corn. Nep.
XVIII, 6, 2.
Wir werden daher uur durch Einschiebung von ut nach
Amineumque zu einem verständlichen Ausdruck gelangen. 2
14, 97.
Quid^ non et Caesar dictator triumphi std cena vini Falerni
amphoras, Chii cados in convivia distrihuit? ideni Hispaniensi
triumpho Chium et Falerniim dedit, epulo vero in tertio consulatu
suo Falernum, Chium, Leshium, Mamertinum.
1 Vgl. Madvig Gr. §. 462 b. Hand Tursell. 4 p. 56 Nr. 3. Seyffert-MüUer
zu Cic. Lael. S. 387. Curt. 3, 5, 14-, 7, 1, 38; 8, 1, 48; 8, 14, 35; 9, 4,
27. Pliu. 28, 24. Tac. Hist. 1, 1.
2 Eine Stütze meiner Auffassung der Stelle darf vielleicht auch darin ge-
funden werden, dass neben der Jaiireszahl gerade das Verbot der vina
exotica (vgl. Gell. 13, 5, 5 quaeri dehere exotkuvi, vel Rhodmm aliquod
vel Leshium) zu dem Irrthum des Pliuius könnte Anlass gegeben haben,
dass er l)ei Erwähnung des älinlichen Verbotes der ungnenta exotica 13,
24 die Ceusoren des Jahres ^liö P. Licinius Crassus und L. Julius Caesar
auch auf das Jahr 565 übertrug.
Emendationen znr Natnralia Historia des Plinius. II. ööd
Die bestimmte Bezeichnung- des Triumphes im zweiten
Satze (Hispaniensi triumijho) setzt, wie mir scheint, mit Noth-
wendig'keit voraus, dass auch im Vorausgehenden eine nähere
Bestimmung- bei trimnphi sin nicht gefehlt hat. Es könnte einer
der vier Triumphe in Frage kommen, die Cäsar ausser dem
Spanischen gefeiert hat, der Gallische, Alexandrinische, Pon-
tische oder Africanische. Da aber Plutarch Caes. 55 aus-
drücklich die Bewirthung- des Volkes an den Schluss der vier
im Verlaufe eines Monats im Jahre 46 v. Chr. gefeierten
Triumphe setzt und auch die Darstellung des Sueton Caes.
37 f. so verstanden werden muss, so wird dieselbe als cena
triumphalis jenes vierfachen Triumphes anzusehen sein und
es dürfte qnatei'ni hinter dictator ausgefallen und mithin zu
schreiben sein:
non et Caesar dictator quaterni triumplii sui cena etc.
Zu dem Gebrauche des Distributivum im Sing-ular und
im Sinne des Multiplicativum vgl. Plim 13, 57 septeno ita nuvie-
rosa partu per singidas aestates. 28, 228 septeno circuitu. Neue
Lat. Formenl. II, S. 170 f. Kühner, Ausführl. Gr. d. lat. Spr.
I, §. 150, 2. Zumpt Gr. §. 119.
14, 136.
Flos vini candidus prohatur. rubens triste signuni est, si
non is vini colos sit, item vasa incalescentia o-perculave sudantia.
quod celeriter ßorere coeperit odoremque trahere non fore diutinum.
ipsa quoque defruta «c sajM, cum sit coehtm sine luna, hoc est
in sideris eins coitu, neqtie alio die coqid dehent, praeterea plurn-
heis vasis, non aeveis, micibusque iuglandibiis additis,' eas enini
fumum excipere.
So bieten die neuesten Ausgaben, zum Theil allein nach
dem Palimpsest. Im Vorausgehenden hat indirecte Rede ge-
herrscht, abhängig von tradantque et haec praecepta §. 133. Am
Schlüsse von §. 135, mit den Worten aperiri vetant etc. geht
der Schriftsteller in die directe Rede über, springt jedoch nach
der Ueberlieferung- aller Codices mit non fore dintimim ganz
willkührlich wieder zur indirecten ab, um so willkürlicher, als
sich oratio obliqua, wenn er zu derselben zurückkehren wollte,
ganz natürlich und ohne weitere Vermittlung an prohatur an-
384 -T Alüllr-r.
schliessen konnte, während nun Weiterwirkung dieses Verbs
über den zunäclist folgenden Satz liinaus dem Leser nicht in
den Sinn kommen kann, viehuehr Rückkehr zu der von §. 133
bis 135 herrschenden oratio obliqua angenommen werden muss.
Aber noch mehr. Mit dem folgenden Satze geht der Schrift-
steller nach der Leseart des Cod. M abermals in directe Dar-
stellung über, um sie sogleich mit den Worten eas enim fumiim
excipere wieder zu verlassen, ebenso willkürlich wie zuvor;
denn ein Anhaltspunkt findet sich in der nächsten Umgebung
nicht, wie z. B. §. 84 his adiciunt aliqxd quod vocant diachytoii
uvis in sole siccatis loco cluso i)er dies Septem in cratUnis, totidem
pedes n terra alte, noctihns ab umore defemds, ocfavo die calcatis.
ita fieri optimi odoris saporisque. Wenn ein solches Abspringen
von einer Darstellungsweise zur andern schon in einer rein
logischen Schlussfolgerung verdächtig ist, wie Cic. Acad. 2,
13, 40 Composita ea conchisio .sie est: ,Eorimi, quae videntur,
alia Vera sunt, alia falsa, et quod falsum est, id percipi non
potest,' quod autem verum visum est.^ id omne tale est, ut eiusdem
modi etiam falsum possit videri. Et quae visa sint eius modi, ut
in iis nihil intersit, non posse accidere ut eorum. alia percipi
jjossint, alia non possint. Nallum igitur est visum quod percipi
possit:' * so muss es in einem Berichte über thatsächliche Beob-
achtungen um so unzulässiger erscheinen und ich glaube nicht
zu irren, wenn ich vermuthe, dass fore ausyere verdorben und
non fere diiitinum (sc. est) '^ zu schreiben, dann neben debent
das verschmähte iubent der Vulgata wieder zurückzuführen sei;
neque alio die coqui debent. iubent praeterea plumbeis vasis
(sc. coqui) etc.
Uebrigens will ich diese Stelle nicht verlassen, ohne meine
Bedenken zu äussern gegen eine andere Bevorzugung des Cod.
M vor den übrigen. §. 135 sie operctda doliorum medicanda
addita masticlie aut pice Bruttia. aperiH vetant nisi sereno die,
austro flaute, luna plena bot die Vulgata bis auf Jan noch ein-
' Vgl. Madvig zu Cic. de fin. p. 67 (Ed. II). Ein sehr auffallendes Bei-
spiel des umgekehrten Uebergangs in die directe Rede mitten in fort-
laufender oratio obliqua ist Curt. 4, ö, 5 ne Sogdianos et Arachosios no-
viineni etc.
2 Zn non fere vgl. 29, 92; 31, 47; 2, 106. Zum Conjunctiv coeperit 13
95; 14, 72; 86; 118; 128. Sillig zu 33, 103. Madvig Gr. §. 364 A. 1.
Kmpndationen znv Natmaiiii TTi.^türia des Fliniu^. II. OöD
mal vdant vor austro. Im Palimpsest fehlt dieses vatanf, wes-
halb es die neuesten Editoren bescitis^ten.
Zunächst scheint mir nicht stichhaltig was MayhofF Luc.
Pliu. p. 34 g'Cgen das zweite vef.nnf geltend macht: ,In his
molesta oftendit tantologia, uam quum dolia aperiri iam in Uni-
versum vctitum sit una dierum serenorum exceptione, quid
opus est singillatim adicere etiam austrum flantem et lunam
plenam, quae quidem iis, quae antecedunt, coinprehenduntur?'
Wenn ich das recht verstehe, so ist Majhoff der Meinung, dass
mit luna plena nur die Zeit der Nacht bezeichnet sei. Dem
ist uatürlich nicht so. Vgl. 18, 318 silente luna nocfu mit, si
interdiu, plena. 322 scrohes luna plana noctu facito. arborum
radices luna flena operiio. 228 (fabam) plena luna serendam,
lentim vero n vicesima quinta ad tricesimam. 10, 194.
Ebenso muss Mayhoff der Meinung sein, dass das Wehen
des Südwinds heiteren Himmel ausschliesse. Allerdings scheinen
die bekannten Epitheta des Auster: plnvlus, nuhütis, nebulosus,
niger, imhricus und Aehnliches darauf hinzudeuten und Seneca
Q. N. 5, 18, 2 sagt gradezu: (nubes) in Italiam auater inpellit,
aquilo in Africam reicif. Vgl. Plin. 2, 126 umidi Africtis et
pruecipue auster Italiae. 18, 329. Und so ist es auch in der
That: der Südwind bringt Wolken, bringt Regen, aber wenn er
zu wehen beginnt, ist in Italien oft wolkenloser Himmel und das
währt nicht selten mehrere Tage, bis sich dann gegen das
Ende seiner Herrschaft der Himmel umzieht. Uebrigens heisst
es auch an der eben angezogenen Stelle des Plinius 2, 127
noxius allster et magis (sc, noxius) sicctis, foriassis quia umidus
frigido)' est.
Freilich, wenn nun auch die Gründe, welche Mayhoff gegen
die Wiederholung von vetant vorgebracht hat, unhaltbar sind,
so ist sie damit noch nicht gcrechtfertiget gegen die Autorität
des besten Codex. Doch kommt den andern Codices das
Zeugniss des Cato und des Plinius selber zu Hilfe: Cat. de re
rust. 18, 2 extr. Vento austro caveto, ne quam niateriem neve
vinum tractes, nisi necessario. Plin. 18, 329 illinc (a meridie)
flatu veniente materiam vinumque, ' agricola, ne tractes. Gegen
den Palimpsest und für die andern Codices spricht auch Plin.
' So Detlefseu, die Vulgata cineavique.
doD J. Müller. Emendationi-n zur Natnralia Historia des Plinius. II.
14, 136 ijpsa quoqne defrtita ac sapa, cum sit caelum sine luna
. . . coqui dehent, was nur dann eine Beziehung- hat, wenn im
Vorausgehenden das Oeffnen der Dolia bei Vollmond miss-
rathen ist. Es wird daher doch das zweite vetant vor austro
wieder in den Text zu setzen sein und Plinius bezeichnet das
OefFnen der Dolia nur an solchen heiteren Tagen als zulässig,
wenn der Süd nicht weht und nicht Vollmond ist.
Hör a Witz. Erasmiana. I. 387
Erasmiana. I.
Von
Adalbert Horawitz.
I.
Als unumgäng'liche Vorarbeit meiner Erasmus-Biog-raphie,
die zugleich im gewissen Sinne eine Geschichte des Huma-
nismus werden muss, suchte ich vor Allem das gesammte epi-
stolographische Material zusammenzubringen. Durch öffent-
lichen Aufruf in deutschen, schweizerischen, italienischen,
englischen und französischen Zeitschriften wollte ich vorerst
feststellen, ob noch uugedruckte Briefe von und an Erasmus
vorhanden seien. Der Erfolg dieses Aufrufes war auffallend
gering, von den Briefen, die ich erhielt, Avaren die meisten
schon gedruckt, so z. B. alle aus London, fast alle aus
Leyden, die ich durch die Güte des Herrn Dr. de Rien er-
hielt, nicht minder die Mehrzahl der Dresdner Archivalien.
Zu Danke verpflichteten mich aber trotzdem alle diese Zu-
schriften und Sendungen, so auch die des Herrn Prof. Dr.
M. Hertz in Breslait, des Herrn Dr. Höhne in Dresden und
Anderer, deren ich im Texte dieser Arbeit gedenke. Auch auf
meiner durch die Liberalität der hohen kaiserlichen Akademie der
Wissenschaften ermöglichten, im Sommer 1877 unternommenen
Reise durch Süd- und Westdeutschland, die Schweiz und Nord-
italien richtete ich mein Augenmerk auf Briefe des Erasmus.
Umsonst hoffte ich in der Brera zu Mailand, wo mir Director
und Beamtete mit der rühmenswerthesten Liebenswürdigkeit
entgegenkamen, wie in der Ambrosiana Spuren einer Corre-
spuudenz des grossen Philologen mit italienischen Humanisten
388 uoiiiwitz.
zu finden — die einzige Ausbeute gewährten mir — vor Allem
Dresden, Stuttgart, Gotha, Ottobeuren und endlich die über-
reichen handschriftlichen Schätze der — Wiener Hofbibliothek.
Sorgfältig prüfte ich die gefundenen Briefe; nicht zufrieden,
wenn sie sich nicht in den bekannten Ausgaben der Briefe
Erasmus' fanden, forschte ich, auch durch Herrn Director Dr.
Förstemann, Herrn Pastor Dr. Seide mann in Dresden und
dem Director der Leipziger Universitätsbibliothek Herrn Prof.
Dr. Krehl unterstützt in den äusserst werthvollen, fast un-
bekannten ,Spicilegia', der Leipziger Universität, in Seidemann's
verdienstvollen Publicationen und einer grossen Anzahl von
sächsischen Specialhistorien und Urkundensamralungen nach
bereits gedruckten Briefen des Erasmus. Einige meiner Ab-
schriften erwiesen sich als bereits gedruckt, die Anderen hier
Mitgetheilten sind nach meiner sorgfältigen Untersuchung bisher
völlig unbekannt und bieten für die Erkenntnis des Vaters des
europäischen Humanismus so wichtige Beiträge, dass ich es
für nicht unpassend erachtete, dieselben nebst einleitenden Be-
merkungen hier mitzutheilen. ^
n.
In ihrem innersten Kern sind fast alle hier mitgetheilten
Briefe verknüpft, nämlich in der Stellung des Erasmus zur
grössten Frage des Jahrhundertes, zur kirchlichen. Es ist
über diese Seite in dem Leben des Gelehrten so überaus viel
geschrieben worden; je nach der Parteistellung hat man in
dieser Hinsicht mehr zu loben oder zu tadeln gefunden, im
Grunde wird man doch sagen müssen: Erasmus hat allen Par-
teien missfallen. Und dies ist eben so natürlich als noth-
wendig! Eine so feingeistige, seinem Jahrhunderte, ja selbst
' Die Basier Erasniituia hat Williehu Visclier unter dem Titel ,Erasiniaiia'
mit selir werthvoller Einleitung versehen und als Programm zur Rec-
toratsfeier der Universität Basel daselbst 1876 herausgegeben. Wenn
meine einleitenden Bemerkungen hie und da sehr breit werden und Be-
kanntes wiederholen, so meine ich doch, dass zum Verständnisse der
folgenden Briefe dieser Nachweis des Zusanunenhanges nicht am un-
rechten Platze sein dürfte.
KnisiuiiiiiH. 1. öoo
den lautesten Wortführern desselben so oft überlegene Natur
kann den Parteien nicht gefallen. Ein solcher Mann ist
kein einfaches Rechenexempel, er geht nicht auf in dem engen
Glaubensbekenntniss, in der Phraseologie einer wenn auch
noch so grossen Partei. Dass man ihn, den ruhigen, jeder
Ueberstürzung abgeneigten Gelehrten, auf lutherischer Seite
tadelte, weil er eben keine Hütten- oder Ijuther-Natur sein
konnte, dass man ihn endlich hasste, weil er stets wieder
aufs bitterste die sehnsüchtigen Hoffnungen der Wittenberger
täuschte , ist ebenso begreiflich , als dass reformfreundliche
Katholiken ihn als den Ihrigen betrachteten, während die Eck,
Aleander, Bedda, Sutor, und Consorten ihn — freilich mit
mehr Recht — als den Vater der Ketzerei angriffen und ge-
fährdeten. Das ist Alles so natürlich, als das Schwanken des
Werthurtheils der Zeitgenossen über Erasmus' religiöse oder
kirchliche Ansichten, die Ueberzeugung derselben, dass Eras-
mus nicht gleich geblieben, völlig inconsequent sei u. dgl. m.
Daran ist absolut nichts Wunderbares oder Erstaunliches! Er-
staunlich ist es dagegen, dass in unserem Jahrhunderte bei der
Beurtheilung des Erasmus alle jene Erscheinungen in der
grossen Literatur über den gewaltigen Geist zu Tage treten.
Auch heute müht man sich hier ab, in ihm einen latenten
,Lutheraner' zu finden, dort rettet man die Ehre des verkannten
, Katholiken'. Die grosse Menge der Historiker aber bricht
frischweg in sittlicher Entrüstung über den , schwächlichen
Charakter' den Stab. Hauptsächlich deslialb, weil Erasmus
eine völlig willkürliche Beurtheilung entgegengebracht, er vom
theologischen Standpunkte aus betrachtet wird. " Erasmus —
ich stehe nicht an, dies zu behaupten — gehörte aber weder
dem katholischen, noch dem protestantischen Lager an. Viel zu
gelehrt und scharfblickend, um die vorhandene Geistlichkeit in
allen ihren Mitgliedern zu schätzen, viel zu scharfsichtig, um
die flagranten Mängel und Missbräuche zu übersehen, war er
es eigentlich, der mit seiner unvergleichlichen Begabung und
einschneidender Satire den ersten Hieb gegen die Autorität
» Sehr stark tritt dieser Staiidpiiiikt in der tkissigeii und iustriietiven Zu-
sammenstellung- Sticliart's Erasnuis von Ki)tterdaui, Leipzig Bruckhaus
1870, hervor.
390 H 0 r a w i t z.
der katholisclieu Kirche gefülirt — er ist, wie Ranke so
treffend bemerkt, der erste moderne Oppositionsschriftsteller!
Und diesem Manne mit dem spöttischen Lächehi auf den
Lippen, dem rationalistischen Philologen kamen gewiss manche
Stunden, in denen er die tiefe Kluft zwischen seiner Auf-
fassung und den Urtheilen seiner hohen kirchlichen Gönner
wahrnahm. Aber noch ersichtlicher war ihm doch bei aller
geistigen Gemeinschaft, bei aller Gleichartigkeit der Grund-
anschauungen mit den Reformatoren, dass er auf ihrem Wege
öffentlich nicht mitschreiten könne, ohne nicht argen Stössen
und Kämpfen ausgesetzt zu werden. Man vergesse doch nicht:
Erasmus war zur Zeit des beginnenden Geisteskampfes kein
junger Mann mehr, er zählte schon über fünfzig Jahre, das
ist nicht mehr die Zeit, in der man Kämpfe um Sein und
Nichtsein unternimmt, in der man den ganzen Erfolg eines
mühevollen, arbeitsreichen Lebens auf eine Karte setzt! Am
wenigsten ein Gelehrter, der liebe Gewohnheiten, freundschaft-
liche Beziehungen, ja die gesammte Grundlage seiner wirth-
schaftlichen und socialen Stellung hätte aufgeben müssen, um
schliesslich in seiner vermittelnden Thätigkeit von den Vor-
v/ärtsstürniendeu beargwöhnt, ja zurückgestossen zu werden!
Dazu kamen Luther's so sehr populärer aber Erasmus um so
weniger zusagender, derber und kräftiger Ton, die Heftigkeit und
Zuversichtlichkeit seiner Aussprüche, die Uebertreibiingen seiner
Freunde und Schüler. Es ist nicht zu läugnen, dass der Vater
des deutschen Humanismus dem Vater der deutschen Refor-
mation anfänglich sehr günstig gesinnt war, dass aber nach
und nach eine immer grössere Besorg-niss in der Seele des
Ersteren platzgriff, die völlige Lostrenuung von der gewohnten
Ordnung würde nicht bloss ,Scandale', sondern sogar eine
völlige , Tragödie' herbeiführen, die den Untergang der von
Erasmus selbst so herrlich gepflegten aber kaum erst be-
gonnenen Studien nach sich ziehen müsste. Und wie sehr
schienen die Gräuel des Bauernkrieges, der Münzerschen und
der Wiedertäufer- Unruhen diesen schlimmen Ahnungen Recht
zu geben! Waren so einerseits Gründe genug voi'handen, um
den Gelehrten von dem offenen Anschlüsse an die Reformation
zurückzuhalten, so koimte andererseits auch nicht erwartet
werden, dass er sich entschieden und öffentlich gegen die
Erasmiana. I. 391
Gedanken erkläre, deren Berechtigung er nicht bloss anerkannt,
sondern auch selbst in den Jahren seines sich erhebenden Ruhmes
ausgesprochen. Es konnte nicht erwartet werden, dass er die
Männer angreife, die zu ihm als dem ,Unicum decus Germa-
niae' bewundernd emporblickten, die seine Mitkämpfer im
Streite gegen die Scholastik und die Dunkelmänner, die sein
begeistertes Publicum, seine hingehendsten Schüler gewesen!
Hätte er sich dem ihm gewiss nicht sympathischen Luther
unbedingt angeschlossen, so musste er seine Individualität,
seine Art zu sein, und die gewohnten liebgewordenen Verhält-
nisse und Beziehungen zum Opfer bringen; trat er an die Seite
der Eck, Aleander, Stunica, so beging er eine Art von gei-
stigem Selbstmord, er opferte die Achtung der Urtheilsfähigen,
die Verehrung der gelehrtesten Kreise, des hoffnungsvollsten
Theils der Nation nicht bloss, sondern auch sein ganzes glän-
zendes Vorleben, seinen Ruhm, die Principien seiner Forschung,
die schönsten Ideen, für die er gewirkt. Er entschloss sich,
keiner von beiden Parteien beizutreten, eine völlig singulare
Stellung über den Parteien einzunehmen. Aber wie wenig die
idealen Strebungen der Menschen ins Reale umgesetzt, die
Reinheit des ursprünglichen Wollens wiederspiegeln, zeigt auch
die fernere Haltung des grossen Gelehrten. Concessionen nach
beiden Seiten, der Aerger über absichtliche und unabsichtliche
Indiscretion seiner Correspondenten, Klatschereien, mit denen
man seine üble Laune schärft, nervöse Gereiztheit, das Drängen
seiner Gönner und Freunde, die Heftigkeit Luthers lenkten
Erasmus oft genug von dem ab, was er gewollt haben mochte,
was seiner einzig würdig gewesen wäre. So kommen scheinbare
Unklarheit und Widersprüche aller Art in sein Schreiben
und Handeln — die aber doch in jedem einzelnen Falle er-
klärlich sind.
Die hier mitgetheilten Briefe zeigen uns Erasmus inmitten
dieser Wirrnisse, inneren Kämpfe und Verlegenheiten. Ist es
hier der interessante Gedankenaustausch mit dem der Reform
nicht abgeneigten Bischöfe Christoph von Augsburg, der Eras-
mus als Ireniker zeigt, so liefern die Briefe Georgs von Sachsen
und die des Johann Choler klare Beweise, wie man im streng-
conservativen Lager bestrebt war, die gewaltige Autorität als
Waffe zum Kampfe gegen Luther und seine Anhänger zu
Sitzungsber. d. phil.-hist. Ol. XC. Bd. III. Hft. 26
392 Horawitz.
gewinnen und wie man dort Alles anwendete, um den sichtlich
Widerwillig-en in den für ihn so ärgerlichen und wenig ehren-
vollen Kampf zu treiben.
III.
Betrachten wir zuerst die lichte Seite seiner Beziehungen
zu den hier aufgeführten Correspondenten, so tritt uns auch
hier wieder das Bild Christophs von Stadion,' des edlen
Bischofs von Augsburg (von 1517 bis 1543) in ruhiger Würde
entgegen. Stadion war einer der gebildetsten deutschen Bischöfe,
so friedliebend und zur Versöhnung geneigt, dass protestan-
tische Fürsten und Theologen gerne auf ihn compromittirten.
Er war es, der die Confessio Augustana zu vertheidigen wagte.
Ein ausserordentlicher Mäceuas der Gelehrten, ja selbst von
Anfängern, unter Anderen von Caspar Bruschius, ^ wurde er
von diesen überaus gepriesen, Bruschius hat gute Beiträge zur
Charakteristik des liebenswürdigen Kirchenfürsten gegeben,
dem er sein Schriftchen Salomonis proverbiorum capita duo
1539 und als der Bischof 1543 starb, in demselben Jahre einen
Nachruf in seiner ,Sylua' widmete. Er deutet darin dessen
evangelische Gesinnung in den Versen an:
Dum pontifices reliqui Christum fidemque
Abiiciunt diris excutiuntur modis
Uenit is de tot millibus unus
Et uerum uoluit discere rite deum.
Freilich bemerkt er auch: Sed noctu tan tum uenit und
vergleicht ihn mit Nikodemus. Aber eben diese Eigenthüm-
lichkeit des Bischofs war ja Erasmus' Wesen so sehr verwandt,
es begreift sich leicht, dass diese beiden Männer über die re-
ligiöse Frage zu ähnlichen Anschauungen gelangten, Stadion
scheint aber jedenfalls weiter in den Concessionen gegangen
* Cf. Zapf Nachrichten von Christoph von Stadion, Braun Nachrichten
von Christoph von Stadion, Bruschius Opus magnum de episcopa-
tibus f. 149.
2 Cf. meinen Caspar Bruschius 31. 35. 36. 80 imd meine Nachträge
zu C. Bruschius in den Mittlieilungen des Vereines der Deutschen für
die Geschichte Böhmens 1876. S. 312 ff.
Erasmiana. I. Ovo
ZU sein. Erasmus spricht schon um 1528 ' in einem Briefe an
den Bischof viel mehr Befürchtung-en vor der Entwickeln ng-
der reformatorischen Bewegung aus, er meint, es werde wie
bei einer Krankheit gehen und endlich Alles zu spät sein.
Freilich liegt nach seiner Ansicht auch ein grosser Fehler in
den Mönchen und Theologen, die durch ihr Geschrei und ihre
Plumpheit die Sache noch schlimmer machen und Leute zur
Irrlehre treiben, die sich sonst nie derselben angeschlossen
hätten, sie verdammen auch das aus Hass gegen Luther, was
fromm und nicht erfunden, sondern von Christus und den
Aposteln überliefert wurde. Erasmus Hess dabei merken, dass
auch er durch solchen Unverstand mehr und mehr auf die
Seite der Neuerer getrieben werde. ,Was thaten sie doch
und thun sie stets, um mich durch Unbilden Abge-
matteten ins Lager der Lutheraner zu stossen!' Ihn
bezeichne man als den wahren Urheber des ganzen Sturmes,
solche Aeusserungen führe er aber auf Hieronymus Aleander
zurück, einem Menschen, von dem er nichts Anderes sagen
wolle, als dass er nicht sehr übertrieben wahrheitsliebend sei.
Und doch könne Niemand eine Ketzerei aus seinen Schriften
nachweisen, obwohl ganze Heerden mit aller Mühe darnach
suchen, es aber nur zu Verdachtsäusserungen und Lügen
bringen. Freilich geschieht es ihnen dabei oft, dass sie das,
au dem sie herumknuspern, nicht einmal verstehen, so ver-
urtheile man ihn als Ketzer, weil man weder Latein noch
Griechisch verstände. ^ Weder der Kaiser, noch der Bischof
von Toledo könne jene Menschen bändigen. Er wolle übrigens
lieber alle seine Lucubrationen ausgetilgt sehen, als wissen,
dass man aus ihnen Gottlosigkeit schöpfe. — Stadion hatte
Erasmus schon früher eingeladen, der Gelehrte entschuldigte
sich aber — wie gewöhnlich — mit seiner so sehr angegriffenen
Gesundheit, die ihm auch unmöglich machte, die Einladungen
des Kaisers, König Ferdinands, der Margaretha von Parma,
der Könige von England, Frankreich und Polen anzunehmen.
Die Antwort auf dieses Schreiben gibt die bisher unbekannte
• Cf. Erasmi Opera et Clericus III. 1094.
- Er erzählt als Beleg eiue köstliche Geschichte von einem Dominicaner
und dem Madrider Arzt Xuarez.
26*
304 Horawitz.
Nummer XIII dieser Sammlung vom 8. October 1528. Bischof
Stadion begrüsst den ,princeps doctrinarum' in äusserst schmei-
chelhafter Weise, schildert den grossen Genuss, den ih)n die
tägliche Leetüre seiner Lucubrationes bereite und versichert
seine völlige IJebereinstimraung mit den Ansichten des Erasmus.
Nicht bloss die Theologen aber — meint Stadion — sind es,
die Alles, was von Luther ausgeht, verdammen, auch viele
der Ersten des Reiches thun diess, selbst wenn es mit der
heiligen Schrift übereinstimmt. Am Meisten stösst den Bischof
aber der zähe Conservatismus zurück, mit dem sie alle Ge-
wohnheiten festhalten und vertheidigen, wenn sie auch ganz
vernunftlos seien, da es .ja doch bekannt wäre, dass viele
Menschen Satzungen den evangelischen Schriften beigemengt
seien. Der Bischof sucht dann den Erasmus über jene Ver-
unglimpfungen zu trösten: , Glaub' es mir, gelehrtester Erasmus',
schreibt er, ,dass man Dich als den Urheber dieser Unordnung
betrachtet, thun Jene nicht aus Liebe zur Religion, deren
Feinde sie sind, noch aus Achtung der Tugend, die sie nie
verkostet haben, sondern aus Neid, Schmerz und Bosheit streuen
sie solche Gerüchte aus'. Aus eigener Erfahrung wohl schildert
er dann, wie gross der Hass und der Neid gegen Diejenigen
sei, welche mehr Kenntnisse besitzen, und die im Evangelium
Unwissenden weise tadeln. Eine Andeutung weist sogar darauf
hin, dass Stadion stets von den Anderen überstimmt ward. —
Für Erasmus mussten aber vornehmlich die Aeusserungen des
Bischofs erfreulich sein, in denen er die trefflichen Wirkungen
seiner Schriften bespi'ach: ,Was Andere Deinen Schriften ent-
nehmen, weiss ich nicht, ich aber bekenne es offen, dass ich
aus Deinen Lucubrationen mehr Frömmigkeit und evangelische
Kenntniss geschöpft, als aus den Schriften Anderer; Deine
Schriften verletzen mich in keinem Stücke, sondern durch die
Leetüre derselben werde ich täglich besser und unterrichteter;
sie zeigen mir den wahren Weg zum christlichen Leben'. Und
weiters sucht er ihn damit zu trösten, dass Jene, die stets
gegen rechtschaffene und gelehrte Männer voll Wuth gewesen,
auch den L. Valla nicht geschont hätten, weil er geäussert
habe, dass das Catholicon und der Huguicio kein Wort recht
erklärt hätten. Er wisse übrigens nicht recht, was sie ihm
vorwerfen könnten, um ihn als Irrlehrer hinzustellen, Erasmus
Erasniana, I. öuD
zeige ja nicht bloss durch seine Gelehrsamkeit (!), als auch
durch seine Lebensweise seinen Glauben, während Jene durch
die letztere und ihren Ruf das Gegentheil böten. — Ange-
nehmer als diese Hiebe gegen die uiri obscuri musste dem
Erasmus dieses Ehrenzeugniss eines so bedeutenden Kirchen-
fürsten gerade in jenen Tagen sein, in denen er durch die
vielverbreiteten Aeusserungen des Alberto Fürsten von Carpi,
welcher ihn als den Urheber der Luther'schen Bewegungen
bezeichnet hatte, in die höchste Erbitterung und Besorgniss
versetzt ward. Erasmus verfehlte auch nicht, dafür seinen
wärmsten Dank zu sagen, ' von seinen Arbeiten ' und Gesund-
heitverhältnissen '^ zu berichten, wobei er es nicht unterlässt,
auf seine finanziellen Einbussen hinzuweisen, die ihn bald in
evangelische Armuth bringen werden. In einem Schreiben vom
11. August 1530 theilt Erasmus dem Bischöfe ausser Nach-
richten über seine Studien — die Vorrede zum Chrysostomus
habe er bereits fertig* — über Favre de Estaples und die
Hinrichtung des von ihm in würdigen Worten gerühmten
Berquin ^ auch mit, dass er die drei Bedingungen, welche der
Bischof zur Einigung vorgeschlagen, vollständig durchführbar
finde, aber dass er nicht daran glauben könne, dass die Partei-
häupter damit zufrieden sein würden. Des Bischofs Erhabenheit
sei freilich ausser dem Bereiche der beissenden Reptilien, aber
die Leute seien ja so bösartig, dass sie Alles versuchten. Mit
einer aristophanischen Reminiscenz setzt er hinzu: ein Mist-
käfer sei ja auch gegen Himmel geflogen.
i Opera Erasmi III. 1128.
2 Er arbeitete damals am Augustinus und der 1529 bei Froben erschienenen
Ausgabe der Werke des L. A. Seneca, die auf dem Titel besagte: ex
fide ueterura codicum ... sie emendata ut merito priorem edit. ipso
absente peractam nolit haberi pro sua.
3 Opera ITI. 1292.
* Wurde 1530 herausgegeben und war dem Bischöfe Stadion gewidmet.
Cf. die Dedicationsepistel, in der Erasmus, nachdem er seine bisherigen
Leistungen auf dem Gebiete der patristischen Literatur aufz<ählt, Chry-
sostomus hinsichtlich der uitae integritas, diuinarum literarum amor, in-
dicii rectitudo, ueritatis libera professio und Andere mit Stadion ver-
gleicht und über den Untergang der Frömmigkeit bei den Geistlichen klagt.
* Cf. über Favre und Louis Berquin, den Uebersetzer der Erasmischen
Schriften, besonders die werthvolle Schrift von Graf: Faber Stapulensis.
396 Horawitz.
Die anbei mitgetheilten Briefe Stadion's an Erasmus vom
10. April 1531 und 12. Januar 1532 geben viele Nachrichten
über die politischen Verhältnisse, die Wahl König Ferdinands,
die Türkengefahr und das Fortschreiten der lutherischen An-
schauungen in Augsburg, über Gerüchte von Oecolampadius.
Besonders interessant aber ist die Aufforderung (a. a. 1532)
des Bischofs, die Sorbonnisten für ihre Angriffe auf Erasmus
einmal tüchtig abzufertigen, da er nicht einsehe, was sie denn
Gutes geleistet, sie hätten gewiss wieder nichts als conclusiones,
illationes und corolaria geschrieben. Noch entschiedener äussert
sich Stadion in dem werthvollen Briefe vom 4. April 1533, in
dem er einige theologische Fragen bespricht, die radicalen
Bewegungen der Augsburger gegen Messe und Priesterschaft
schildert, die Versprechungen des Papstes und Kaisers hinsicht-
lich eines Nationalconcils aber leere Worte nennt. In diesem
Schreiben spricht sich Stadion für die Zulassung der deutschen
Sprache in der Kirche aus, weil dadurch die Andacht der Hörer
viel inniger und grösser würde^ plaidirt für die Aufhebung
des Coelibates, die er sich sehr leicht denkt, und legt Erasmus
seine Bedenken über die Irrthümer Caietans vor. Er dankt
dem Gelehrten für die Uebersendung der neuen Homilie des
Chrysostomus, die er lesen werde, um dann sein Urtheil zu
äussern. ,Doch wozu ein Urtheil!^, unterbricht er sich selbst,
,da ja nichts von Dir ausgeht, was nicht in jeder Hinsicht
vollendet wäre. Diess werden alle Gelehrten bestätigen mit
Ausnahme weniger tollköpfiger (cerebrosi) Theologen und
Mönche, die ja damit nur die eigene Dummheit entlarven.'
Die Freundschaft mit Stadion blieb auch fortan bestehen.
Der letzte Brief des Bischofs, der bekannt ist, trägt das Datum:
8. August 1533 ' und ist ein Begleitschreiben für zwei Pferde,
die der liberale Fürst dem Ei'asmus zum Aussuchen eines
sanft gehenden Thieres sendet. Dabei meldet er Politisches,
ferners dass die Augsburger sich mehr zu Zwingli als zu l^uther
neigen und wundert sich über die Blindheit der Sorbonnisten
und die ,Beddaische Tragödie^ — Erasmus aber wusste von
Stadion stets nur Rühmliches zu sagen; um 1529 schreibt er
z. B. an Konrad von Dingen, den Bischof von Würzburg von
' Spicilegiuni III. 22.
Erasmiana. I. 397
der ünbescholtenheit der Sitten, theologischen Gelehreamkeit
und klugen Mässigung Stadion's dem er nur noch zwei Bischöfe
an die Seite stellt. ' 1530 im März war Stadion sogar zu
ihm gekommen und aus keiner anderen Ursache nach Freiburg
gereist, als um ihn zu sehen ,uidelicet hominis umbram^ und
hatte reiche Geschenke mitgebracht."^ Und noch im November
1533 rühmt er Vergara gegenüber den Bischof als einen Mann,
dem an Adel, Klugheit, Ueberlegung, Frömmigkeit und Wohl-
thätigkeit in diesen Gegenden kaum Einer gleichkomme. ^
Weniger erfreulich als diese Beziehungen waren die des
Erasmus zu Herzog Georg von Sachsen,^ zu deren Be-
trachtung ich mich nun wende.
IV.
i
Schon frühzeitig begann die Beziehung des für die Wissen-
schaft empfänglichen Herzog Georg zu Erasmus. Der Brief,
in dem er mit gewinnender Naivität seine Sehnsucht aus-
spricht, ihn kennen zu lernen, ihn, der alle Deutschen nicht
bloss, sondern alle Nationen der Erde an Gelehrsamkeit über-
treffe, ihn, ,das Licht dieser Welt', dürfte den ersten Anlass
zu den Beziehungen gegeben haben, '" die nun in einer langen
Reihe von Briefen und Sendungen ihren Ausdruck fanden. Um
das Jahr 1518 widmete Erasmus seinen Sueton Herzog Georg
gemeinsam mit Kurfürst Friedrich dem Weisen; er sagt, er
kenne Georg ,e propinquo dum Frisiam nobis fiuitimam ad-
ministrares^ 6 ,Als Jüngling', schreibt er dann (1520) an den
Herzog, ,habe er in den Niederlanden schon von dem Ruhme
seines Vaters gehört, in England von ihm vernommen, was
> Opera Erasmi III. 119-J.
2 Ibid. 1285.
3 Ibid. 1481.
* Eine Ehrenrettung' Herzog Georgs ver.suchte in manchen Stücken mit
Glück Adolf Moriz Schulze Georg und Luther. Leipzig IS.'U, ein Buch,
dessen Benützung ich der Leipziger Universitätsbibliothek verdanke.
5 Cf. die Beilage.
^ Erasmus schrieb die Dedicationsepistel aus Antwerpen, Georg rückte
1514 in Friesland eiu.
398 Horawitz.
ihm wahre Zuneigung- zu ihm erregte. Vornehmlich müsse er
seine Bemühung um die Belebung der Wissenschaften preisen;
was er aus Leipzig gemacht, zeigen die (durch ihn berufenen)
Mosellanus, Stromer, Pistorius und Breytenbach. Er ist voll
Hoffnung, dass Georg die ärgerlichen Streitigkeiten der Scho-
lastiker und Humanisten ausgleichen werde. Damals schon
beschenkte der Herzog den Gelehrten; sein Schützling Heinrich
Eggendorf, den er zu seiner Ausbildung zu Erasraus schickte,
überbrachte diesem rohes Silber aus sächsischen Bergwerken. '
In dem sub H mitgetheilten Briefe vom 25. Mai 1522 ent-
schuldigte sich Erasmus gewissermassen, dass er wieder nach
Basel zurückgekehrt, nur um den Druck seiner Werke zu be-
sorgen; er klagt darin ganz vertraulich über seine Kränklichkeit
und die schlechten Zeiten, ,nec minus est tumultus in studiis
quam in regionibus'. Eggendorf sei sein einziger Trost. In
dem nächsten Schreiben des Gelehrten an Georg ^ tritt bereits
das Verhältniss zu Luther schärfer hervor. Im Ganzen urtheilt
er günstig über I^uther, tadelt nur dessen Mangel an Mässigung
bei seinem löblichen Werke, sieht in der Unterdrückung Luther's
eine Gefahr für das Gute überhaupt. Er ergeht sich dann in
einer geschichtlichen Betrachtung des vorschreitenden Verderbs
der Kirche, es gelte heute den Funken des evangelischen
Glaubens wieder zu beleben. Sehr scharf äussert er sich
gegen die Gegner Luther's, freilich habe er kein Bündniss mit
den Lutheranern, ihm missfalle ja nichts mehr als die Em-
pörung. Seine Ansicht gehe dahin, die ganze Angelegenheit mit
Stillschweigen zu übergehen. Die furchtbare Bulle des Papstes
habe so wenig als das furchtbare Edict des Kaisers mehr be-
wirkt, als dass man den Brand schüre. Es möge vielleicht
die Zungen und Federn Einiger im Zaume halten, aber die
Gesinnungen werde es nicht verändern. Uebrigens hätten das
wohl Solche beim Kaiser durchgesetzt, die von den Gelehrten
wenig geschätzt werden. Auch in dem Briefe an Papst Adrian
sprach er sich mit erstaunlicher Offenheit über die Mängel der
Kirche, die Bedeutung Luther's und Anderes aus. Georg von
Sachsen (cf. Nr. IV) schien den auch (1523) jede Hoffnung
» Opera HI. 329.
2 Ibidem 731.
Erasmiana. 1. Uifu
aufzugeben, dass Erasmus gegen Luther schreibe. Doch da
erfolgte jener für Luther's Natur ausserordentlich ruhig ge-
haltene Brief dieses Mannes an Erasmus (April lö24), in dem
er an ihn neben vielen anderen oft zutreffenden Bemerkungen
die Forderung stellt, wenigstens die Angi'iffe gegen ihn und die
Seinigen zu unterlassen. Die Antwort des Erasmus (b. Mai
1524) war ebenso gereizt als Luther's Brief massig war. Er
hielt sich an die ,improbitas^ mancher Anhänger Luther's, um
zu beweisen, dass man ihn auf diese Weise sicher auf die
andere Seite treibe. Von dieser Zeit an datirt der innere
Bruch zwischen beiden Mcännern, der durch zahlreiche Ein-
bläser endlich trotz der versöhnlichen Strebungen Melanchthon's
zum öffentlichen höchst bedauerlichen Conflict führte.
In dieser Stimmung trafen jene zahlreichen Briefe ein,
in denen hochgestellte Freunde des Erasmus drängten, den
literarischen Feldzug gegen Luther zu eröffnen. Nicht zuletzt
Herzog Georg, der im Mai 1524 aufs Neue und zwar in un-
verblümter, fast beleidigender Sprache Erasmus apostrophirte.
Schon erhob er Vorwürfe gegen ihn, dass er nicht vor drei
Jahren gegen Luther geschrieben. Jetzt sei die damals noch
löschbare Flamme zu einer grossen Feuersbrunst gediehen.
An ihm — um es offen zu sagen — liege alle Schuld, damals
seien noch Wenige ergriffen gewesen. Aber Ei'asmus habe
keinen offenen Kampf gegen Luther gekämpft, er greife ihn
nur heimlich und leise an, das bringe Irrung unter die Menschen.
Einige wohl hielten ihn für Luther's Feind, Andere dagegen
meinten , er kämpfe nur zum Scheine und stimme in der
Sache selbst mit Jenem überein. Er solle einmal Farbe be-
kennen, offen gegen Luther auftreten, sonst werden Alle finden,
dass er es habe an sich fehlen lassen u. s. w. ' Der sub VII
abgedruckte Brief des Erasmus aus dem Jahre 1524 ist keine
Antwort auf die heftigen Aeusserungen des Herzogs, beide
Briefe haben sich offenbar gekreuzt. Voll Misstrauen spricht
Erasmus seine Befürchtungen aus, dass ihre Correspondeuz
von den Lutheranern aufgefangen werde; er habe sich stets
von Luther ferngehalten und schon in der Zeit sich vorsichtig
benommen, als noch Alles Luther wohlgesinnt war. Erasmus
1 Opera S. 800.
400 Horawitz.
geht SO weit, zu versichern, dass er nicht bloss selbst sich von
ihm ferngehalten, sondern auch die Anderen vor ihm gewarnt
hätte. Für sein Stillschweigen führt er den Hilarius ins Treffen,
der gegen die Arianer noch länger als er geschwiegen. In
seinen Werken habe er übrigens schon oft gesagt, was Luther's
Anschauungen widerspreche. — Man sieht, wie sehr er Alles
aufführt, um sein Verhalten zu rechtfertigen und sich dem ihm
so lästigen offenen Auftreten gegen Luther zu entziehen. Voll
Selbstgefühl und Erbitterung äussert er schliesslich — nachdem
er schon früher schneidend bemerkt, dass dort, wo man mit
Confiscationen u. dgl. arbeite, man seiner Hilfe nicht bedürfe:
Ich bin doch nicht geboren und eingeübt für solche Gladia-
torenkämpfe! Er endet mit der Versicherung, Alles, was in
seinen Kräften läge, für die Kirche thun und Luther's Partei
auch fürderhin fern bleiben zu wollen. Endlich aber ent-
schloss er sich doch, in der bekannten Schrift ,de libero ar-
bitrio' gegen Luther aufzutreten und dieselbe dem Herzog zu
senden. Er schrieb demselben unter dem 4. September 1524
und entschuldigte sich, dass er bisher nicht dazu gekommen,
gegen Luther zu schreiben; Alter und Begabung eigneten ihn
nicht zu solchem Geschäfte, ein eigenthümlicher Zug seiner
Natur lasse ihn vor dergleichen Gladiatorenkämpfen zurück-
schaudern. Bisher habe er Luther's Lehre als ein nothwendiges
Uebel betrachtet, durch das in den argen Verderb der Kirche
Gesundheit gebracht werde, so bitter auch das Heilmittel sei.
Da er aber nunmehr vernommen, man halte sein Schweigen
für eine Verabredung mit Luther, mit dem er keinen geheimen
Bund habe, und er unter dem Namen des Evangeliums ein
neues Völklein emporwachsen gesehen: frech, unzüchtig, un-
erträglich, kurz so, dass es Luther auch nicht ertragen könne,
den es übrigens gerade so verachte, wie die Bischöfe und die
Fürsten, so trete er in die Scene. Ob es nützen werde, wisse
er nicht, er wünsche nur, dass es dem christlichen Gemein-
wesen fromme, — Er lässt die Bemerkung fallen, des Königs
von England Brief sei es vornehmlich gewesen, der ihn an-
spornte, mehr noch freilich die ,improbitas rabularum^, die,
wenn sie nicht in Schranken gehalten werden, das Evangelium
und zugleich die Wissenschaft verderben würden. Er habe
gehofft, die Tyrannei der Pharisäer werde gestürzt werden.
Erasmiana. I. 401
nicht aber bloss geändert; wenn man schon nachgeben müsse,
wolle er es lieber den Päpsten und Bischöfen, wie sie nun
einmal sind, als jenen schmutzigen Phalarissen, die noch un-
erträglicher sind als Jene. '
Auch dieser Brief athmet noch eine grosse Unsicherheit;
die Streitschrift war erschienen, Erasmus aber fühlt sich beinahe
zu einer Apologie getrieben, dass er endlich gesprochen. Und
diess Georg gegenüber, der in der Abfassung und Veröffent-
lichung jener Schrift ja nur ein löbliches Thun sehen musste.
Eine gewisse Bangigkeit mag aber die Seele Erasmus erfüllt
haben, wenn er an die Wittenbei'ger dachte. Was würden sie
dazu sagen? In einer solchen psychologisch sehr erklärlichen
Stimmung schrieb Erasmus zwei Tage nach jenem Briefe an
Herzog Georg ein ausführliches Schreiben an Melanchthon. ^
Dieser Brief beginnt sehr artig: Erasmus hätte sich gefreut,
Melanchthon bei sich zu sehen, er hätte gewiss die Nachrede,
die daraus entstanden wäre, verachtet. Wäre Wittenberg nicht
so weit — er würde hinkommen, um mit Luther und ihm ver-
kehren zu können (!). Er spricht es auch ganz offen aus, dass
er dem Werke der Erneuerung der evangelischen Freiheit
hold gewesen, zählt ausführlich und mit sichtlichem Behagen
seine irenistischen Strebungen, sowie mit ziemlicher Absicht-
lichkeit auch die Versuche gewisser Leute auf, ihn in Miss-
gunst zu bringen, ebenso seine vermittelnde Thätigkeit beim
Papste und den Fürsten, ^ bemerkt aber dabei zugleich, er
wisse nicht, wozu man die Päpste absetzen solle, um ihre
schäbigen Nachahmer zu ertragen, wie man den Uneinigen zu
Liebe von den orthodoxen Vätern und Concilien abfallen könne.
Erasmus nimmt dabei die Evangelischen ziemlich scharf mit,
namentlich den Alberus und beginnt dann zum Schlüsse eine
Erklärung, warum er sein Buch ,de libero arbitrio' heraus-
gegeben, indem er den Melanchthon geradezu apostrophirt :
,Miraberis cur emiserim libellum de libero arbitrio'. — Er
schildert nun die zahllosen Angriffe seiner Feinde und wie
1 Opera III. 812.
2 Corpus Reformatorum I. 667.
3 Clamores Theologorum quoad potui compescui, principum saeuitiam cohi-
bui, quod et hodie facio.
402 • Horawitz.
die Theologen (ganz allgemein gehalten!) und Hasser der
schöneü AVissenschaften Alles gethan hätten, um ihn zu ver-
derben, ihn, der die ganze Gegend von Löwen mit dem Studium
der Sprachen und schönen Wissenschaften vergiftet habe, ihn,
der, wie sie die Regenten glauben machen wollen, mit Luther
verschworen sei. Die Freunde nun, die ihn in Gefahr wähnten,
hätten dem Papste und den Fürsten die Hoffnung gemacht
dass er etwas gegen Luther herausgeben werde. Er selbst
habe diese Hoffnung nach Umständen genährt. Unterdessen
habe man ihn durch Schriften gereizt, so sei denn für ihn
nichts übrig geblieben, als herauszugeben, was er geschrieben,
wenn er nicht die Fürsten zu Feinden haben wollte. Mit
grossem Eifer und frischer Lebendigkeit schildert er alle die
Nothwendigkeiten, in die er versetzt worden sei, und fügt ge-
wissermaassen entschuldigend hinzu: . . . ipse rem tractaui
modestissime . .
Aber er ist auch auf Melanchthon's Einwendung gefasst,
dass er ja den Muth der Tyrannen zu neuem Wüthen mehre.
Niemand, erwidert er, habe eifriger. Niemand freimüthiger von
der Grausamkeit abgemahnt als er. Ja er geht so weit, in die
Worte auszubrechen: Et si papisticae sectae (das Wort secta
wendet er sonst auf die Lutheraner an) essem addictissimus,
tarnen disuaderem saeuitiam . . denn das mache nur Märtyrer,
wie schon Kaiser Julian erkannte und die Vorgänge zu
Brüssel in neuester Zeit bewiesen hätten. — Zum Schlüsse des
interessanten Briefes lässt er durchschimmern, das Cardinal
Campeggio den Melanchthon gerne anderswo sehe, dass auch
er ihn frei von jenen Streitigkeiten erblicken möchte, aber
dass er daran verzweifle, dass Melanchthon sich einem Wider-
ruf unterziehen würde. — In demselben Geiste, in dem dieser
Brief geschrieben, nehmen auch die Wittenberger die Schrift
,de libero arbitrio^ auf, ich sehe nicht, dass sie aufgebracht
gewesen wären, im Gegentheile Melanchthon schreibt an Spalatin
von Erasmus ,Videtur non contumeliose admodum nos tractasse' •
und schon am 30. September in seiner Antwort räumt er dem
Erasmus sehr viel ein, ,die, welche seine Würde anklaffen,
scheinen ihm Humanität und Religion vergessen zu haben', er
' Corpus Refonnatorum L G73.
Erasmiana. I. 40o
vertlieidig-t dann Luther auf das Zarteste und Freundsclmft-
lichste, auf das Entschiedenste aber erklärt er sich von dem-
selben nicht abbriug-en hassen zu wollen. Und. endlich ver-
sichert er ganz bestimmt, des Erasmus Buch de libero arbitrio
sei ,aequissimis animis' aufgenommen worden. ,Perplacnit tua
moderatio, tametsi alicubi nig-rum salem asperseris'. Luther
werde — so verspreche er — in der Antwort eben so ge-
mässigt sein; er sei nicht so reizbar, dass er nichts vertragen
könne. ,Mihi', fügt er hinzu: ,Lutheri erga te beneuolentia
perspecta est^ Zum Schlüsse bemerkt er: ,Lutherus te reve-
renter salutat. ' Eine Verständigung zwischen den Beiden
über diese Frage, die Melanchthon ,caput religionis christianae'
nennt, 2 schien also immer noch möglich. Erst der ungemeine
triumphartige Jubel der päpstlichen Partei, der Spott und Hohn,
der sich gegen Luther, den damals ohnedem von allen Seiten
Bedrängten und Gehetzten, erhob, wird Luther's so erregbare
Natur zur heftigen und derben Erwiderung getrieben haben.
Wie man die Wirkung der Schrift im katholischen Lager auf-
fasste, zeigt unter Anderem der Brief Herzogs Georg vom
29. November 1524 (Nr. VH). Der Herzog wünscht, Erasmus
möge sich überhaupt als Vertheidiger der katholischen Kirche
gegen die verdammlichen Anschauungen erheben. Mit der
Schrift de libero arbitrio habe Erasmus das erste Mal sich
offen gegen Luther erklärt, welche Wirkung habe aber das
auch hervorgebracht! Bisher hätten die Lutheraner den Eras-
mus zu den Ihren gerechnet, wie ihm das auch zu Zeiten vor-
geworfen worden sei, obwohl er es widersprochen habe. ,Nun
aber, da sie erkannt, dass Du offen widersprichst und den
ernsten Kampf beginnst, ist ihnen alle Hoffnung und jeder Muth
benommen.^ Das Beispiel des Hilarius acceptirt Georg mit
Vergnügen ; wie dieser den Arius bezwang, so werde er auch
jene lutherische Ketzerei besiegen und ausrotten. — Mittler-
weile schrieb Erasmus wieder an Melanchthon (10. December
1524) aber durchaus nicht in dem Ton eines Solchen, der die
Ketzerei ausrotten will; in sehr gemässigter treffender Weise
' Wie ernsthaft wirklich Melanchthon bestrebt war, Luther zurückzuhalten,
zeigt gut sein Brief an den Letzteren Corp. Kef. L 893.
2 An Spalatin. Corp. Ref. I. 673/4.
404 Horawitz.
äussert er sich über Luther und die Verhältnisse. Niemand,
meint er, schade Luther mehr, als die, welche die eifrigsten
Lutheraner sein wollten. Dabei versichert er freilich: ,Nou
defuturus sum Euang-elico negotio'. Gegen Melanchthon zeigt
er die grösste Achtung, er nennt ihn für die Wissenschaft ge-
boren, betheuert, dass er der evangelischen Lehre nie gezürnt,
wohl aber ärgere ihn Vieles in Luther's Lehre und an Luther
selbst, der mit so unpassenden Bezeichnungen um sich werfe,
wie ,Pontifex antichristes' u. dgl., der es offen ausspreche,
,nullum esse liberum arbitrium, sed omnia necessitate geri',
hier sehe er Beispiele evangelischer Gesinnung, vor denen er
erschrecke. Man dürfe freilich nicht dem platonischen Staats-
traume folgen, dass die Massen nicht ohne Lügen regiert werden
könnten, aber es fromme nichts, alle Wahrheit auf jede
Weise dem Volke zu verrathen! — Er wisse recht wohl,
dass Luther über ihn zu Freunden gar nicht in dem Sinne
schreibe, wie Melanchthon es darstelle. Melanchthon wolle
Luther zu massvoller Antwort veranlassen, er solle ihn lieber
nur nach seiner Natur schreiben lassen, denn, wenn er so sich
selbst unähnlich erwidere, werde man an ein Einverständniss
glauben. Das Eine verspreche er zum Schlüsse, dass er nie-
mals wissentlich gegen das Evangelium die Waffen ergreifen
werde. ^ Schrieb hier Erasmus ziemlich ärgerlich gegen Luther,
so lobt er Herzog Georg gegenüber zwei Tage nach jenem
Briefe denselben reichlich. Bei seinem ersten Auftreten hätten
dem Luther ja Alle zugejubelt, wie er glaube, auch der Herzog,
ja sogar Cardinäle und Theologen; habe er ja doch eine gute
Sache gegen die völlig verdorbenen Sitten in Kirche und
Schule vertreten! Dass es so weit gekommen, sei die Schuld
der Mönche und der Heftigkeit Luther's, mit dem er keine
Verbindung habe. Aber er sei auch nicht der richtige Mann,
um Luther zu unterdrücken. Was wäre denn bei einem theo-
logischen Zank für ihn zu gewinnen? Würde er gegen Luther
nicht so toben, wie sie von Hass erfüllt seien, so werde es ihnen
nicht genügen. Und wem würde er dadurch dienen? Seinen
Feinden und denen der Wissenschaft. Was würde Erasmus
dann werden, als deren Henkersknecht! Feinde werde
1 Corpus Reform. I. 688.
Rrasniiana. I. 405
er genug- bekommen, die jetzt seine Freunde sind. Solle er
sich einigen Feinden zu Liebe diese Freunde zu Feinden
machen? Kaiser und Papst könnten ihm da wenig helfen, da
sie sich selbst vor Schimpf nicht retten könnten. Seine Sache
sei diess nicht, gewiss gebe es ja Theologen, die sich dem
mit Erfolg unterziehen könnten. Es sind auch ja solche gegen
Luther aufgetreten, was aber ist damit erreicht worden? Was
haben das furchtbare Edict des Papstes und das noch schreck-
lichere des Kaisers geholfen, was könnte also der Pygmäe
Erasmus in der Arena thun? Luther sei freilich sehr hoch-
müthig, aber im Vergleiche mit Anderen sei er noch bescheiden
zu nennen. Das aber beenge ihn: so viele Tausende halten
zu Luther, auf den gemeinen Haufen freilich gebe er nichts,
aber es seien darunter auch so viele hochbedeutende Männer
von grosser Urtheilskraft, deren Sinn fromm und tadellos sei.
Gott bediene sich eben zum Heilen unserer Krankheit eines
scharfen Zuchtmeisters, des Luther, wie einst der Pharaonen,
Philister, des Nabuchodonosor und der Römer. In Erkenntniss
aller dieser Umstände habe er sich auf das Ausgleichen be-
schränkt und müsse er gegen die scharfen Mittel eifern, durch
die das Uebel gewiss nicht besser werde. Schliesslich lässt
Erasmus seine Verletztheit merken, dass ihm Georg einen Brief
geschrieben, weit anders als er es vom Papst, Kaiser, König
Ferdinand und dem König von England gewohnt sei. Am
Härtesten sei für ihn das Wort gewesen ,Utinam ante trien-
nium' . . . Was Herzog Georg wolle, das habe er schon vor
vier Jahren gethan. Alles habe er gethan, was Georg gewünscht;
freilich selbst seine Mässigung in der Collatio werde geschmäht
werden, obwohl gerade diese Mässigung Ijuther beschwerlicher
fällt, als alle Schimpfreden. — Sehr charakteristisch ist die
Bemerkung, die Erasmus anlässlich der Besorgung eines Nach-
folgers des verstorbenen Professors der Leipziger Universität,
Mosellanus, macht — eine Angelegenheit, die öfter den Gegen-
stand ihrer Correspondenz bildet — Erasmus findet die Be-
schaffung eines solchen aus d e m Grunde besonders schwer,
weil Georg einen Lehrer verlange, der Luther und seiner Lehre
völlig ferne stehe. ' Die Erwiderung Georgs vom 13. Februar 1525
' Ich nahm anfänglich wirklich Anstand au der Datirung dieses Briefes.
Dass die Chronologie der erasinisclien Briefe verwirrt ist, ist allgeuieiu
40ß
Hora witz.
1 unser Stück Nr. IX) beschäftigt sich im Eingang-e mit der
Bemerkung- des Erasmus, auch er, der Herzog-, sei aufäng-lich
Luther gewog-en gewesen. Er läugnet diess auch nicht, er
habe eine Verbesserung von ihm erwartet, aber leider bald
gesehen, dass er nur hussitische Lehren wieder an's Licht
fördere. Gegen ihn zu kämpfen sei die Pflicht eines Jeden, ob
er Theolog sei oder nicht, bemerkt der Herzog mit sehr ver-
ständlichem Seitenblicke auf Erasmus' letzten Brief. Uebrigens
möge er sich nicht an die Verläumdungen der Theologen
kehren, sondern auf Jene losgehen. Geschimpft werde jetzt
gegen Jeden, gegen den Papst, den Kaiser, ja gegen ihn, den
Saul unter den Propheten. Und um seinen Eifer mehr zu
schärfen, erinnert er ihn an die Schmähungen Luther's gegen
den Papst, den Kaiser und andere Fürsten, sucht sein Schreiben
Schritt für Schritt zu widerlegen, stellt ihm vor, wie er sich
schon als Theologe erwiesen. Er werde wie David den prahle-
rischen Goliath (Luther) fällen. Ein besonders wirksames Ar-
gument musste für den überlegenden Gelehrten die Aeusserung
des Herzogs sein, er sei davon überzeugt, Erasmus wäre der
bekannt, dieser Brief aber sieht mit seinem frischen Unwillen, mit
seinem genauen Citat aus einem so fernliegenden Schreiben so aus, als
ob er die unmittelbare Antwort auf Georgs Brief vom Mai 1524 wäre,
in dem dieser Fürst sich in so heftigen Aeusserungen erging. Auch die
vielen Entschuldigungen, dass er gegen Luther niclit der rechte Mann
sei, damit nur seinen Feinden diene u. s. w. sprechen dafür, als ob er
diesen Brief vor der Publication der Schrift de libero arbitrio geschrieben.
Freilich kommt darin die Hinweisung auf diese Schrift vor, es heisst
aber collatio de 1. a. Collatio heisst allerdings auch Zusammenstellung,
und es könnte also ein erster Entwurf damit gemeint sein, der bei den
Gönnern circulirte. Dieser Annahme widerspricht aber völlig der Satz:
Veniunt a multis epistolae, huic meo labori gralulantes. Sunt qui fatentur
sese hoc libello lecto mutasse ueterem sententiam. Scribunt etiam Witten-
bergae aequissimis animis exceptum. (Citat aus dem Briefe Melanchthon's
vom 80. September 1524!) Hie tamen fremunt. Quidam in singulis con-
cionibus aliquid iaculantur in eum libellum. Dass die Erregung über
jene Stelle so lebendig, die Stelle aber so genau mitgetheilt ist, erklärt
sich unschwer, aus der Gepflogenheit des Erasmus, sich alle Briefe sorg-
fältig aufzuheben. Er las ihn eben nochmals vor der Beantwortung durch.
Uebrigens spricht Erasmus von zwei Briefen des Herzogs. Es entfällt
also jeder Grund an der richtigen Datirung dieses Schreibens zu
zweifeln.
Erasmiana. I. 407
Einzig-e, welcher die Mittelstrasse zu halten im Stande
sei und Alles in den Hafen zurückführen könne. Uebriffens
habe er den Papst und den Kaiser, wie alle Fürsten zu Gönnern,
die Kirche und Christus selbst würden ihm beistehen. Schliesslich
entschuldigt sich der Fürst sehr höflich wegen seiner letzten
Briefe.
Wir fragen uns billig, was soll dieses Drängen? Erasmus
war ja mit der Schrift über den freien Willen ohnedem in die
Arena getreten? Was soll er weiter, wenn er wirklich dadurch
schon so viel erzielt? Aber trotz aller Lobeserhebungen genügte
es den Drängern nicht. So wohlfeil sollte Erasmus sich nicht
mit dieser Sache abfinden. Man wollte gewiss an ihm einen
bleibenden Vorkämpfer gewinnen; irre ich nicht, so bestand
dabei der Hintergedanke, ihn wenigstens mit dem gesammten
Kreise der Reformatoren in Feindschaft zu bringen, um der
Sorge entledig't zu sein, ihn doch vielleicht noch einmal im
Lager der Wittenberger zu sehen. Ganz dieselben Strebungen
leiten Hieronvmus Emser, den Secretär und Hoftheologen Herzog
Georgs, der (7. Januar 1525) nicht müde wird, die Gunst des
Fürsten gegen Erasmus zu schildern, der versichert, dass Georg
sehr gut über Erasmus denke, ' was er ihm geschrieben, habe
er nur geschrieben, um ihn anzutreiben, seine Paraphrasis habe
er ins Deutsche übersetzen lassen, sie finde grossen Anklang
bei den Gelehrten.
Erasmus fühlte natürlich sehr wohl, was man mit ihm
vorhabe. ,Du treibst den Laufenden an', ruft er mit einer
bei ihm häufigen Phrase den Herzog in einem Schreiben vom
26. März 1525 an, aber — versichert er artig, — es ist angenehm,
von solchen Helden angetrieben zu werden. Auch hier folgt
wieder ein Versprechen , dass er seinen Wünschen (noch-
mals gegen Luther aufzutreten?) nachkommen werde. Nur
möchten Georg und die übrigen Fürsten dafür sorgen, dass der
Sieg nicht den sinnlosen Leidenschaften gewisser
Leute zu Gute käme, sondern dem Ruhme Christi und dem
Wohle der Christenheit.
Der nächste Brief (Erasmus an Georg von Sachsen vom
8. April 1525) ist ganz merkwürdig wegen der Bemerkung:
> Opera III. 856.
Sitzungsber. d. phil.-hist. Ol. XC. Bd. HI. Hft. 27
408 Horawitz.
,sit posthac inter nos omnium querimoniarum ac suspicionum
finis!' Ich meine doch, dass Erasimis damals schon entschlossen
war, nochmals gegen Luther aufzutreten. Da erfolgte die Heraus-
gabe der Schrift Luthers ,de seruo arbitrio' mit ihren heftigen
und beleidigenden Ausfällen gegen Erasmus. Was lag bei
Erasmus so leicht verletzbarer Art näher, als dass er nunmehr
der vollen Erbitterung gegen Luther, dessen Lehre und An-
hänger die Zügel schiessen Hess?' Dazu kamen aber aufs Neue
die Aufreizungen vieler Gönner und Befreundeter. Herzog
Georg fehlte hierin nicht. In unserer Nr. X (vom IG. April
1526) schildert er recht absichtlich das eminente Aufsehen,
das Luther's Schrift errege, man sage — referirt er — es sei
nichts Aehnliches noch geschrieben worden, er habe sich selbst
damit übertroffen. Sehr unfein, aber sehr zum Zwecke führend,
war es, dass er nicht anstand, auch des Geredes Erwähnung zu
thun, das Erasmus als besiegt hinstellte, als einen, der gar nichts
dagegen thun könne, der ganz still und stumm geworden sei.
Und so recht offenherzig zeigt sich Georg, wenn er gleich darauf
ausruft: ,Uebrigens kommt nun der Hyperaspistes heraus, in
dem Du alle jene Schwätzer widerlegst'. Alle hoffen, dass er
nun doch, obwohl er so lange wie Fabius gezaudert, endlich
siegen werde. Die Lutheraner haben sich gewiss schon ver-
schossen, während er den Bogen noch voll hätte. — Der Herzog
versprach, dafür Sorge zu tragen, dass der Hyperaspistes ins
Deutsche übersetzt werde, damit er von dem Hasse der Schuster
und Gerber nicht gedrückt werde, sondern Anhänger gewinne.
Er hielt dieses Versprechen auch, und Hess ihn 1526 durch
Hieronymus Emser übersetzen. 2 Zur Anspornung sandte er
dem Erasmus einen Ehrenbecher. Einige Tage später schrieb
auch der Kanzler Simon Pistorius in ähnlichem Sinne. Er kann
es kaum ausdrücken, welche Gunst sich Erasmus durch den
Hyperaspistes bei Georg erworben, besser hätte man gegen
Luther gar nicht schreiben können. Georg könne sich an dem
Werke gar nicht sattlesen, damit habe sich Erasmus von
' Erasmus' Verhalten ist gut geschildert in Hess Erasmus von Roterdam.
Zürich 1790. II. 225.
2 Unter dem Titel Schirm- und Scliutzbüclilein der Diatribe wider Miirtin
Luther's knechtlichen Willen durch Erasmum von Koterdam in Teutsch
gebracht durch Hier. Emser. Gedruckt zu Leyptzik.
Erasmiana. I. 409
tillem Verdacht, der auf ihm lastete, freigemacht. Was
man aber von Erasmus noch erwartete, zeigt ganz trefflich der
Satz: Exspectamus autem a te non solum liberi Arbitrii
egregiam defensionem sed et confutationem aliorum
omnium. qiiibus causam illam vestit et imprimis, quod Eccle-
siam ad uihilum redigit et ex aliquorum corruptis moribus de
ipsius doctrina et institutis Hussitico more pronuntiati atque quod
verbum Dei non sine tumultu propagari posse contendit. Und
Pistorius eröffnet sofort weitere Perspectiven: Quae certe si
falsa esse, ut nihil addubitamus persuadebis, non solum in
libero Arbitrio victoriam obtinebis, sed et omnia alia ipsius,
quibus vulgo perstringit oculos, subvertes, et eos ad Eccle-
siae unitatem reuocabis, qui temere discessere. Das
ist doch deutlich genug! Man ist mit den bisherigen Leistungen
noch nicht zufrieden, Erasmus soll seine ganze Kraft der Be-
kämpfung der ,Irrlehren' zuwenden, man schmeichelt ihm, indem
man die grosse Bedeutung seines vornweg angenommeuen Sieges
für die Heimbringung der Abgefallenen darlegt. ' Dass Erasmus
trotz all' dieser Köder und seiner heftigen Zweiung mit Luther,
wovon unter Anderem auch sein Brief an diesen zeigt, ^ durchaus
nicht gemeint war, bedingungslos ins Lager der Päpstlichen zu
gehen, zeigt sein Schreiben an Pistorius aus dem Jahre 1526, ^
in dem er sehr vorsichtig zwischen den Constitutionen der
Kirche, die aus allgemeinen Concilieu hervorgingen, den Be-
stimmungen einzelner Bischöfe, des Papstes und der päpst-
lichen Kammer unterscheidet, schliesslich aber die vorsichtige
Unterscheidung mit der offenen Erklärung beschliesst, es käme
Alles zur Ruhe, wenn man Einiges abändern wolle. Aber es
wolle eben Niemand nachgeben, obwohl es der Kirche nicht
schaden würde, wenn Einiges von ihren Häuptern geändert
• Hier, wie an vielen anderen Stellen der Correspondenz wird erwähnt,
dass deutsche Schriften für Erasmus ins Lateinische übersetzt werden
mussten. An einem anderen Orte erklärt er, eine deutsche Schrift nicht
gelesen zu haben, weil er sie nicht verstünde. Daraus lässt sich aber
für die bekannte Streitfrage, ob Erasmus deutsch gekonnt oder nicht, kein
fester Schluss ziehen. Er kann ja deutsch verstanden haben, ohne im
Stande gewesen zu sein, ein Buch in dieser Sprache leicht und ganz
zu verstehen. *
2 Cf. Hess Erasmus U. S. 227 f.
3 Opera III. 966.
27*
410 Hor.iwitz
würdu, wie ja das schon öfter geschehen. Mit Strafen und
Hinrichtungen aber richte man nur für einen Augenblick etwas
aus. — So wonig diese Auffassung des Erasmus, die grosse
Bewegung mit kleinen Mitteln aufhalten zu wollen, Aussicht
auf Erfolg gehabt hätte, so sehr gering war die Hoffnung, auch
nur Derartiges durchzusetzen. Wie anstössig sofort jede Be-
merkung freierer Art erschien, musste Erasmus selbst ersehen.
Er hatte einmal geäussert, ihm scheine jede der streitenden
Parteien nicht nüchtern zu sein. Jetzt muss er sich Pistorius
gegenüber rechtfertigen: Er habe damit nur einige Theologen
und Mönche gemeint, möchte überhaupt nicht alle Lehren der
Transalpiner vertheidigen, so z. B. jene Lehre, der eine Papst
gelte mehr als alle Kirchen und das christliche Volk.
Er habe übrigens nicht gesagt, dass er auf keiner Seite stehe,
sondern nur dass er ,neutri addictum esse', worauf er mit einer
köstlichen Wendung die Definition gibt: ,Addictus autem est,
qui seruit in omnibus^ Ueber das, was nach seiner Ansicht
abgeändert werden solle, spricht er sich im Verlaufe des
Schreibens ebenfalls aus. Er sähe nichts Arges darin, wenn
die Kirche den Gebrauch des Abendmahles in zwei Gestalten
zuliesse, denn auch den Böhmen habe die Kirche diess einst
erlaubt. Auch über den Coelibat denkt er nicht allzu conser-
vativ; jetzt, meint er, sei statt der den Priestern und Mönchen
so nöthigen Keuschheit Alles in das Gegentheil verkehrt, da
wäre vielleicht das mindere Uebel zu erkiesen. Doch fügt er
besorgt hinzu, wenn dies den Vorständen der Kirche nicht ge-
falle, so möge man es für einen Traum halten (!). Ohnedem
sehe er täglich, wie man, wenn er noch so vorsichtig etwas
begonnen, mit Verläumdungen hinter ihm her sei, als ob man
es gerade darauf anlegen möchte, ihn durch Beschimpfungen
auf die Seite Luther's zu treiben. ' Pistorius möge es dem
Fürsten aber vorbringen, dass sein ganzes Bemühen darauf
abziele, die scholastische Theologie wieder zu den Quellen der
heiligen Schrift zuiückzuführen, damit in den Sitten der
Menschen weniger Ceremonien, im Gemüthe mehr Frömmig-
keit heri'schen, die Bischöfe und Geistlichen ihres Dienstes sich
' Freilich fügt er sogleich hinzu : Quod nunquam efficient donec propitius
Dominns mihi mentem hanc esse patietur.
Grasmiana. I. 41 1
erinnern, die Mönche in Wirklichkeit würden, was sie heissen.
Das werde auch Jeder finden, der ihn ohne Voreingenommenheit
lese, wenn man aber die Werke des Chrysostomus und Hiero-
nymus in dem Sinne lese, mit dem man seine lese, würde
man wohl mehr zu tadeln finden, als in seinen. ^ Aehnlichen
Anklagen der schlechten Mönche und gleichgearteten Theologen
— die er bei den Deutschen nicht kenne, wohl aber in Spanien,
Ungarn, Polen, England, den Niederlanden und besonders in
Frankreich, wo sie gegen die guten Wissenschaften einen argen
Lärm erheben — ähnlichen Anklagen begegnet man auch in
einem Briefe an Georg von Sachsen vom 2. September 1526
(Nr. XI unserer Sammlung). Sie seien es, die gegen ihn als
den zu Felde zögen, von dem man glaubt, dass er die guten
Studien erweckt oder doch gefördert habe, gewiss hätten sie
gesiegt, wenn sie nicht durch die Fürsten in Zaum gehalten
worden wären.
Der zweite Theil des Hyperaspistes wurde jedesfalls
damals mit Begier erwartet, Erasmus entschuldigt sich mit
seiner Krankheit, die Aerzte gäben keine Hoffnung. Er bittet,
nachdem er dem Herzog Mittheilung gemacht, dass er den
Briefwechsel Georgs und Luther's an den englischen Hof ge-
sandt, die Wissenschaften auch fortan so unterstützen zu wollen,
wie er bisher gethan.
Dass der zweite Theil des Hyperaspistes nicht sogleich
erschien, erzeugte am sächsischen Hofe neuerdings eine Ver-
stimmung gegen Erasmus, der Emser in einem Briefe (vom
25. December 1526)2 Ausdruck gab. Nach freundlichen Ver-
sicherungen der Huld des Herzogs und des ganz ,erasmischen'
Pistorius, die sich durch die Bedda und Sutor nicht irre machen
Hessen, äussert Emser sein Befremden über die Verzögerung
des 'zweiten Theiles des Hyperaspistes, das mache ihn auch
bei ihnen — verdächtig. Er möge dazu sehen, diese Schrift zu
vollenden. Es widerstrebt mir länger bei den Worten zu ver-
weilen, in denen Emser einerseits den König von England in
' Der Brief an Georg vom 30. Juli 1.5-26 (Opera HI. 945) enthält nichts
als Bemerkungen über den noch nicht eingetroffenen Ehrenbecher und
Klagen über Arbeitslast und Krankheit.
2 Spicil. XIV. 5.
412 Horawitz.
schönster Perspective hinstellt, andererseits den Erasmus durch
abgeschmackten Klatsch zu erregen bestrebt ist.
Endlich erschien denn der ersehnte Hyperaspistes TL
Erasmus schickte ihn am 1. September 1527 an den Herzog.'
Ob er Luther darin nach Gebühr behandelt habe, möge Georg
entscheiden, aber er müsse es wahrheitsgetreu heraussagen, dass
ihm seit lange nichts so widerwärtig gewesen sei, als jenes
Menschen ruhmredige Lieder lesen zu müssen. Er sieht den
Sturm voraus, der losbrechen werde, da er jene auf ihrem
Gebiete angegriffen, nachdem er den Ekel bezwungen und die
Sache ernst behandelt habe. Er wendet sich an die Gunst der
Fürsten; lassen ihn diese im Stiche, so glaubt er kaum aus-
halten zu können, er fürchte diess nicht wegen der Lutheraner,
sondern wegen Jenen, die dem Namen nach wohl Antilutheraner,
aber eigentlich dessen beste Freunde sind. 2
' Opera III. 1009.
2 Nun sollte eigentlich der Brief vom 2. September 1527 folgen, wie ihn
Clericiis III. 1010 datirt. Ich gestehe aber, dass ich ganz entschieden an
dieser Datiruug Austoss nehme. Am 1. September 1527 schreibt Erasmus
dem Herzog: Mitto nunc alterum librum Hyperaspistae. Am 2. aber
soll er wieder und dann geschrieben haben: Hyperaspistae pars altera
iamdudum exisset, wenn er nicht den Pariser Angriifeu hätte antworten
müssen, relictis, quae erant in manibus libris et epistolis. Dennocli hätte
er Beides bezwungen, wenn er nicht im .Juni so erkrankt wäre, dass die
Aerzte keine Hoffnung gegeben. (Von dieser Krankheit berichtet Erasmus
dem Pirkhaimer cf. Opera III. 944 f. in einem kurzen Schreiben mit der ganz
ähnlichen Bemerkung: Medici non plus adferunt spei quam muscae und dem
resignirten Worte: Memoriam meiuobisamici.s commendo.) Dann aber schreibt
er: Kecipiam nunc in nianus quod coeptum erat et si Dominus
dabit aliquid virium absoluam brevi. Das heisst doch, dass er
jetzt erst an die Beendigung des zweiten Theiles des Hyperaspistes
gehen werde. Weiters spricht er von dem Briefe Luther's an Georg und
dem des letzteren an Luther, die er an den englischen Hof geschickt.
Das hätte doch nur Sinn, wenn es Novitäten wären. Der Brief Luther's
ist vom 23. December 1525 datirt, bald darauf antwortete der Herzog.
Das stimmt doch entschieden besser zum Jahre 1526. Erasmus bemerkt
weiters de professore quem raiseram, scripsi rem omnem Emsero. Ich
meine, der Brief, der hier erwähnt wird, ist der mit dorn einzigen Jahres-
datum 1527 (Opera III. 1055) versehene, der dann natürlich auch in das
Jahr 1526 zurückzuversetzen sein wird. In ihm erkundigt sich Erasmus
um den Ceratinus, über den ihn Pistorius, wie es sclieint, ungenügend
informirte (cf. dessen Brief III. 1714), von dem aber Emser wohl aus
Erasmiana. I. ^13
In seinem nächsten Briefe an Georg (vom 30. December
1527) wiederholt Erasmus so ziemlich das, was er in dem vom
1. September gesagt, spricht sehr scharf gegen die Mönche, die
mehr um den Bauch besorgt seien, als um das Evangelium, wie
gegen die Bischöfe, die sich um alle anderen Dinge kümmern.
Er sehe die gefährlichsten Zeiten herannahen. Der Brief ist
überhaupt ausserordentlich lesenswerth und voll der treffendsten
Bemerkungen. Er fragt in diesem Briefe auch an, ob der zweite
Theil des Hyperaspistes schon angekommen. ' Am 16. Januar
J528'- schreibt er an Georg, dass es ihn sehr freue, dass der
Hyperaspistes zugleich mit dem Briefe angekommen, noch
melir aber, dass er dem Herzog nicht misfalle. Er bedauert den
Tod Emser's (f 8. November 1527) und bestätigt den Empfang des
Briefes Luther's an Georg und dessen Brief an jenen in latei-
nischer Uebersetzung u. s. w. — Einige Zeit später (18. Februar
1528) schickte der Kanzler Pistorius ein Buch in deutscher
Sprache ,de communione sub una specie', das Carlowitz für
Erasmus lateinisch übersetzen solle. Pistorius stellt ihm nun
die Aufgabe zu erkennen, wer es verfasst ,paucis enim constat
ex cuius officina prodierit'. ^
dem Grunde schrieb, weil er bereits Leipzig verlassen. Eben in diesem
Schreiben spricht Ei-asmus nur von dem ersten Theile des Hyperaspistes,
sagt ausdrücklich respondi operis dimidio. Reliquura nunc est in
manibus. Also war der zweite noch nicht fertig, was noch weiters
durch die Bemerkung bestätigt wird: Quod absolutum est, ad te mitto.
— Eine Schwierigkeit bereitet nur der Verweis des Erasmus in jenem
Briefe an Georg hinsichtlich der That des Königs von Frankreich, von
der sich im Briefe Emser's nichts vorfindet. Daraus Hesse sich aber nur
folgern, dass diess nicht jener obgenannte Brief an Emser ist; an der
Datirung jenes Schreibens des Erasmus an Georg (2. September 1526)
möchte ich aber trotzdem festhalten.
' Proxirais autem nundinis misimus Illustr. Celsitudini tuae schreibt er da
seeundum Hyperaspistae librum una cum literis (Opera IIT. 1050).
Dieser Brief ist, wie wir sahen, vom 1. September datirt, man kann nun
annehmen, dass jene Datirung oder diese vom 30. December falsch is*.
Denn der Ausdruck proximis nundinis kann doch bei der Distanz
zwischen 1. September und 30. December nicht zulässlich sein. Zur
Rettung der bisher angenommenen Datirung könnte höchstens angenommen
werden, dass der Brief und die Sendung in Ermanglung eines Boten (vide
Brief vom 1. September 1.027) einige Zeit liegen blieben.
2 Opera III. 1058.
3 Spicileg. XIV. 19.
414 Horawitz.
In seinem Briefe vom 24. März 1528 ' an Herzog Georg
äussert Erasmus wahrhaft goldene Worte über das massvolle
Vorgehen gegen die Andersdenkenden, Dass er lieber milde
Massregeln, als Tausende von Menschen erschlagen sähe,
habe er mit Augustinus, Hieronymus, kurz mit allen Vor-
kämpfern des Christenthums gemein. — Aber auch ,humanae
conditionis respectus' rathe dazu. Und trefflich fährt Erasmus
fort: ,De saeuitia bellorum nihil sensi, quanquam, si fieri posset,
optarem et Monarcharum animos iungeret Christiana concordia
et huc frequenter sum hortatus Caesarem. Id si fieri non potest
illud precari non desinam, ut Caesar ac Ferdinandus uincant
quam minima sanguinis humani dispeudio'. Wenn Georg wüsste,
wie die Mönche in Spanien, die Bedaiten in Frankreich wüthen,
so würde er Erasmus begreifen. Jene Leute schaden der Kirche
am meisten. Die Grausamkeit und Strenge der Fürsten kann
das Uebel nur schlimmer machen, er fürchte für die Fürsten
und den Staat. '^ — Zwei Tage früher hatte Melanchthon an
Erasmus geschrieben^ 3 einen so liebenswürdigen, schwärme-
rischen Brief, wie Melanchthon so viele z. B. an Joachim
Camerarius gesandt. Er spricht darin seine Freude aus, dass
Erasmus nicht, wie er aus dem Hyperaspistes argwöhnte, gegen
ihn gereizt sei, er, dem er die unveränderte Gesinnung
bewahre. Denn möchte er auch widerstreben, ,rapiunt me in
amorem tui excellentes ingenii tui dotes^ Tief bedauert er,
dass zwischen Luther und Erasmus ein so heftiger Streit aus-
gebrochen.
Man sieht auch aus diesen Zeilen des edlen Mannes, wie
weh ihm dieser Streit thut^ aber er bezwingt sich und sagt
dem alten Meister Worte zartester Ergebenheit. In der För-
derung der Wissenschaft möge Erasmus nicht nachlassen —
er verweist ihn damit gar fein auf sein eigentliches Gebiet —
zeigt sich auch die Gegenwart nicht dankbar, gewiss werde
' In dem Briefe vom 5. Februar 1528 empfiehlt Erasmus den Franz Dilfus
einen ,ausserordentlich' geliebten Jüngling, der dem Herzog Alles über
Erasmus sagen werde und den auch er zu Melanchthon sandte (cf. Corpus
Reform. I. 946).
2 Opera III. 1072. In dem sab X gedruckten Briefe handelt Erasmus nur
von H. Eppendorf.
3 Corp. Reform I. 946. .
Erasmiana. I, 415
das iudicium posteritatis ein besseres sein. Ego tanquam gre-
garius miles tua signa sequens sehliesst er artig sein Schreiben,
das auch in anderen Stücken (z. B, in der warmen Vertheidi-
gung des todten Nesen) zu den schönsten Beweisen für Melanch-
thon's verehrungswürdigen Charakter gehört.
Sehr erregt drückt sich dagegen Erasmus in einem
Schreiben an Geo]-g gegen Luther aus (30. Juni 1530); er
findet nichts Gutes an ihm, spottet über seine Schrift über
die Türken und ergeht sich in den rücksichtslosesten Aus-
fällen. Freilich muss man sich die damalige Stimmung des
Erasmus, der körperlich wieder einmal ungemein litt, durch
den Zusammenstoss mit Geldenhauer ' und seine Anfeinder im
katholischen Lager aufs Höchste erbittert war, vergegenwär-
tigen, wenn man ihm hinsichtlich des Tones jenes Briefes ge-
recht werden will. 2
In Wittenberg (oder doch wenigstens Melanchthon) er-
wartet man von Erasmus noch immer ein gewisses Wohlwollen
für die evangelische Sache. Melanchthon hatte erfahren, dass
Erasmus vom Kaiser zum Reichstage nach Augsburg berufen
worden sei, ^ schon am 27. Juli schreibt er an diesen,^ drückt
ihm seine Befriedigung darüber aus, dass er beim Kaiser sich
gegen gewaltthätige Pläne ausgesprochen, bittet ihn, von dieser
Bemühung nicht ablassen zu wollen; Ruhmvolleres könne er
nicht thun. Und nochmals beschwört er ihn, den Kaiser zu
ermahnen, den Krieg gegen die Mitbrüder nicht zu beginnen,
die sich ja nicht weigern, auf billige Bedingungen einzugehen.
Der Brief ist unter dem Eindrucke der Besorgniss geschrieben,
welche die drohende Apostrophe am Schlüsse der ,Confutatio'
der katholischen Theologen in Melanchthon und seinen Glaubens-
verwandten erzeugen n^usste. Allerdings hiess es, den Einfluss
des Erasmus überschätzen, wenn man erwartete, er werde den
Hetzereien der dominicanischen Partei ein Ende machen können,
und er selbst widersprach schon 2. August 1530 in einem
' Die Streitschrift , Contra quosdam, qui se falso iactant Evangelicos' :
Opera X. 1574 ff.
2 Der Brief ab^. Opera III. 1298.
3 In seinem Schreiben an Luther Corp. Reform. II. 1-iü.
* Corp. Reform. I. 232.
416 Horawitz.
Schreiben an Melanchthon, ' dem Kaiser geschrieben zu haben,
doch ist es zweifellos und von ihm selbst zugegeben, dass er
sowohl den Cardinal Campeggio, als auch den Bischof von Augs-
burg und einige Andere in diesen Anschauungen ebenso bestärkt
habe, wie er auch Georg von Sachsen stets von Gewalt-
massregeln abmahnte. Freilich hielt er es für nothwendig,
Melanchthon aufzufordern, die zu ermahnen, welche durch ihre
Halsstarrigkeit und Schmähungen die Fürsten zum Kriege reizen.
— Der Briefwechsel zwischen den beiden grossen Philologen
wird nun wieder ein lebendigerer^ die conciliante Art Melanch-
thon's musste Erasmus' Sympathien aufs Neue gewonnen haben,
wohl möglich, dass er ihn für den hielt, der die Einheit der
Kirche herstellen könnte. Er spricht sich ihm gegenüber sehr
offen aus, Melanchthon solle beachten, wie sich die katholischen
Theologen gegen ihn benehmen, dem Papste werde es gewiss
nur angenehm sein, wenn die Deutschen sich zerfleischten. ^
Sehr ernst sieht er die Lage an, er fürchtet schon die Prä-
ludien des Krieges zu gewahren. Hätte doch Luther seiner
Zeit daran gedacht; die anderen Ecclesiasten freilich wollten
den Krieg, weil sie den Sieg erhoffen. Geht es schlecht, so
werden sie sich auf die Flucht begeben. Er schildert dann,
wie sich Einige danach sehnen, dass er in Augsburg sein
möchte, wie Eck und die Seinen gegen ihn agitiren, betheuert
aber, dass ihn auch die Angriffe von Bucer und Genossen nicht
dazu bringen werden, zum Kriege zu rathen."^
Wie man weiss, ging die Gefahr vorüber. Ja so günstig
gestalten sich in Erasmus' Vorstellung die Verhältnisse, dass
er ein goldenes Zeitalter zu erhoffen geneigt war, wenn nur
das Fieber des Religionsstreites geheilt werde. So schreibt er
unter dem 15. März 1431 an Georg von Sachsen,^ dem er freudigst
dafür dankt, dass er ihn vor den Fürsten des Reiches so gelobt,
dadurch habe sein Ansehen sehr gewonnen. — Der letzte (mir
bekannte) Brief des Ei'asmus an Georg :^ vom 15. Mai 1531
1 Corp. Reform. II. 244.
2 Corp. Reform. II. 268.
3 Corp. Reform. II. 288.
* Opera III. 1371.
^ Opera III. 1402.
Erasmianu I. 41 (
behandelt Literarisches, klagt über den Tod Pirkheimer's,
dessen hinterlassenes Werk er ihm empliehlt.
So viel über die Beziehungen des grossen Gelehrten zu
Herzog Georg, die freilich mit den vorliegenden Andeutungen
nicht erschöpft sind. Neben der grossen weltbewegenden An-
gelegenheit des Tages laufen auch zahlreiche Anempfehlungen
strebsamer Jünglinge, Nachrichten über Carlowitz und Ep-
pendorf, über literarische und persönliche Verhältnisse, Auf-
träge des Herzoges seiner Leipziger Lehrkanzeln wegen u. s, w.
Immer blieb aber das Verhältniss zwischen beiden ein festes,
Georg hielt den Gelehrten stets hoch , Erasmus aber fesselten
gewiss die Consequenz und Treue, die Georg zu allen Zeiten
bewies und die sogar seinem grössten Widersacher imponirten.
y.
Auch in der Correspondenz mit den anderen Männern,
deren Namen in den anliegenden Briefen aufgeführt werden,
ist die bewegende Hauptangelegenheit die religiöse Frage.
Wie wohlgesinnt Christoph von Augsburg dem Erasmus
gewesen, welche Bedeutung das Verhältniss Beider hatte, wurde
früher klar. Als ein Vermittler zwischen dem Augsburger
Bischof, wie auch zwischen Bernhard, Bischof von Trient, er-
scheint Johann C holer, ,praepositus Churieusis', auf den
Erasmus sehr viel hielt. Choler war in den nächsten Beziehun-
gen zu Anton Fugger, zu Johann Georg Paumgartner und
verschiedenen Beamteten der päpstlichen Kanzlei zur Zeit
Clemens VIL und Paul HI. Erasmus nennt ihn allerdings
einen amicus niuei pectoris, ' aber aus seinen Briefen, von
denen Burscher zwölf werthvolle herausgegeben, - gewinnt man
kein sympathisches Bild des Mannes, der entschieden ' Alles
gethan, um Erasmus gegen Luther und dessen Anhang zu
hetzen und seinen Aerger zu schüren. Dabei gewann und er-
hielt er sich das Vertrauen des Erasmus durch bereitwilliges
Eingehen auf dessen kleine Bedürfnisse, er besorgt z. B.
Zucker und Wein, er hält Fugger's Sympathien und Liberalität
1 Opera III. 1278.
2 Spicilegium II.
418 Horawitz.
stets rege und ermüdet nicht, Erasmus nach Augsburg einzu-
laden. Anfänglich spricht auch er öfter noch die irenistische
Sprache Stadion's, dessen Abneigung gegen jenen Conserva-
tismus, der gar nichts ändern will, er schildert. Später freilich
unter den steten Bedrängnissen, die ihm wie so Vielen nur
ein Leben von heute auf morgen gestatteten, ward seine Stim-
mung stets fanatischer und er ist es wohl hauptsächlich, auf
den das Wort des Erasmus angewendet werden kann, als er
sich beklagt, mit dem Hyperaspistes so viel Zeit zu verlieren:
,Obstrinxi fidem meam et hanc magnis conuitiis efflagitant
amici, non ferentes aduersariorura insolentissimas insultationes'. ^
Erasmus verhehlt ihm seine Gesinnung nicht; er beklagt sich
aufs Schärfste über Eck, ^ Aleander, ■' den er nun als seinen
Todfeind, der ihn zu vernichten strebe, betrachtet. Ja Erasmus
geht so weit, Choler zu versichern, ein Höfling, der ihm sehr
zugethan sei, habe ihm im Vertrauen mitgetheilt, die Zusammen-
künfte der Fürsten und die Berathungen der Gelehrten seien
nichts als Ceremonien, es werde Alles durch geheime Couriere
des Papstes geführt u. s. w. Er beklagt sich aber auch, dass
er überall Feinde habe, den Aleander beim Kaiser, den Bedda
in Paris, den Lee in England, den Eck in Deutschland, den
Luscinius bei Ferdinand, Massen von Mönchen und Theologen
überall. Obwohl die Urtheile der Pariser Facultät so dumm
und verläumderisch seien, würden sie doch zu dem Zwecke
herausgegeben, um den Fürsten sagen zu können: Seht das
Urtheil der höchsten Facultät über Erasmus! — Choler aber
variirt das Thema stets, dass Erasmus sich von Luther nichts
bieten lassen dürfe, er geht in der Aufreizung so weit, dass
er sogar alle Schimpfwörter wiederholt, die Luther ziemlich
geschmacklos gegen Erasmus gebrauchte (1533). Auch dem
Choler gab Erasmus die Versicherung, man möge thun, was
man wolle, man werde ihn nicht zu den Secten bringen, ' trotz-
dem man gegen ihn Alles versuche. Li einem anderen Briefe^
beklagt er sich über Sepulueda ,Stunica's Nachfolger' und über
1 Opera III. 985.
2 Opera III. 1325.
3 Opera III. 817.
* Opera III. 1452.
5 Opera III. U89.
Erasmiana. I. 419
den bekannten Ausspruch, er habe das Ei gelegt; aber Luther
habe es ausgebrütet.
Choler nahm keinen Anstand, selbst entschieden zu
schüren ' (1534), er erklärt z. B., es habe ihn verdrossen, wie
sanft (!) Erasmus den Luther behandelt, dessen Petulanz habe
das nicht verdient, am Meisten habe ihn aber geärgert, dass
Erasmus äussere, er habe nie aufgehört, Luther zu lieben.
Zum Schlüsse des sehr ordinären Schreibens fordert Choler
den Erasmus auf, seinen Stil zu schärfen ,ut aliquando in-
telligat te virum esse, nisi malis apud Melanthonem
causam deprecari, ne quid in te moliatur Lutheri, quod
te fecisse aemuli tui iactant et calumniantur, nescis spermologi
iactent! Und ganz ähnlich in einem späteren Briefe (24. Juni
1534).'- Alle Freunde rathen ihm, wenn Luther nochmals an-
trete ,ne homini parcere uelis, sed propriis illum suis coloribus
depingere', Erasmus möge dafür sorgen, dass Luther einsehe,
dass auch er Feder und Zunge habe.
Erasmus ward durch alles dieses nicht abgestossen, aber
Misstrauen erhob sich in seiner Seele, dass Choler seine Briefe
lesen lasse, ein Verdacht, gegen den sich Choler damit ver-
theidigt, dass er angibt, dieselben nur dem Bischof, Paum-
gartner und Fugger mitgetheilt zu haben.
Ein von Erasmus warm verehrter Gönner war der früher
genannte Bernhard von Gloess. In Tirol um 1485 geboren,
studirte er zu Verona und Bolosrna, wurde Canonicus und
Archidiacon zu Trieut, dann päpstlicher Protonotarius und
Bischof von Trient; man verwendete ihn auch als Gesandten
Karls V., 1527 wurde er Kanzler König Ferdinands L,
1529 Cardinal mit dem Titel S. Stephani in Coelio Monte.
Dass er die Wissenschaften imd Gelehrten hochgeschätzt, zeigen
die Briefe an Nausea, F. Faber, Bembo und Erasmus. 1539
starb Bernhard als Administrator Brixens erst fünfundfünfzig-
jährig. 3
Den Erasmus lud er 1523 zu sich ein, eine Einladung,
die derselbe unter Hinweis auf seine Berufung durch Cle-
mens VIL nach Rom, durch den Kaiser nach Brabant, durch
' Spicileg. II. 26.
- Spicileg. III. 3.
^ Nach Burscher 1. c.
420 Horawitz.
den König von Frankreich dahin wegen seiner Kränklichkeit
ablehnt. ' Erasmus empfahl dem Bischöfe Jünglinge - und
widmete ihm den Irenäus (1526). •' Später (1529) sucht er
durch Verwendung des Bischofs eine Berufung durch König-
Ferdinand, um aus Basel wegzukommen. Wieder äussert er
sein Misstrauen, wenn er meint: Ich kann hoffen, dass mein
Abgang frei sein werde, aber unter jenem Verwände werde
ich sicherer fortziehen. ^
Bernhard von Trient sprach sich gegen Erasmus stets
Wühlwollend und freundlich aus, er will ihn gegen Eck und
andere Zeloten beschirmen, ■' seine Briefe sind dem Erasmus
ein , wahrer Tröste '' Nur dem Ansinnen des Bischofs, sich von
Ferdinand etwas zu erbitten, will Erasmus später (1532) nicht
mehr entsprechen; was sollte er auch erbitten? ,Exceptis
studiis, quibus immori übet, ad omnem uitae functionem sum
inutilis. Dignitas nihil aliud iam esset mihi quam sarcina equo
collabenti; opes congerere iam decurso uitae spatio nihilominus
absurdum sit, quam si quis confecto itinere augeat uiaticum.'
Er wünsche sich nur ein ruhiges Alter, wenn auch nicht ein
fröhliches und blühendes, wie es so Viele haben. Das Alter
zu vertreiben, die Gesundheit herzustellen, vermögen weder
Papst noch Kaiser, so zugethan sie mir auch sein mögen. Sie
können ja nicht einmal den missgünstig Bellenden den Mund
stopfen.^ Ganz trefflich bemerkt Bernhard: Erasmus möge sich
damit trösten, quod super petra ac marmore durissimo funda-
menta ieceritis: ut ipsorum conatus ob hanc soliditatem uestram
omnino irriti futuri sint. ^ Bischof Bernhard gab aber nicht
bloss schöne Worte, sondern war auch stets bereit zu that-
kräftiger Unterstützung des Gelehrten; 1533 sendete er ihm
150 fl. von Ferdinand und 50 fl. aus Eigenem. Erasmus
' Opera III. 744.
2 Opera III. 927, 1164. (Christoph von Carlowitz) Spicileg. V. 8.
3 Opera 947. Widmung vom 27. August 1526.
* Opera 1158.
s Spicileg. V. 8.
6 Opera 1438.
■J Opera III. 1438.
8 Spicileg. V. 10.
Krasmiana. I. 4^1
nennt ihn denn auch seinen ,Patronus incomparabilis', ' dessen
,mirum erga me Studium non seniel expertus sum'.
Ueber Ortuinus Gratius, J. Lange, an die kein Brief des
Erasmus bisher bekannt ist, sowie über den an Schidlowski,
Viglius und Ellenbog- wird bei dem Briefe selbst das Nüthige
gegeben werden.
Die Verwirrung in der chronologischen Anordnung der
Briefe in den bekannten Ausgaben ist eine so ausserordentliche,
dass der Herausgeber mehrfach Versuche gemacht hat, dieselbe
aufzuhellen. Freilich bekennt er selbst, sind seine Vorarbeiten
noch nicht so weit gediehen, um dieses nicht zu umgehende
Experiment im Grossen jetzt schon unternehmen zu können, er
musste sich auf einige kleinere Fälle beschränken. Eine neue
Biographie des Erasmus aber wird nicht früher mit Erfolg
gearbeitet werden können, bevor nicht Ordnung in dieses Chaos
gebracht wurde. Freilich verlangt diess eine ebenso resigna-
tionsvolle als zeitverschlingende Untersuchung! Dennoch wird
sie unternommen werden müssen, der Herausgeber betrachtet
diese Arbeit als eine seiner nächsten wissenschaftlichen Auf-
gaben, an die er — sobald er mehr Müsse haben sollte —
herantreten wird.
1 Opera III. 109G F.
422 Horawitz.
? I. ? 1519.1
Erasraus an Ortuinus Gratius. '^
. . (In) animo mihi fuit admonere "^ is contentio-
nibus uerteres ingenium ^ studia. Nam stilus tuus
sat bonae spei, si malis (in)oderato iudicio
duci quam ser(ui) '" crede nee b'tteris nee '' me
dignis. Alia uia plus ue contentionum nu
seritur. Ubi interim (stud)iürum dulcedo? dum mor ps "
uulueribus contiei(mus) . . . . si . . . pugnis tumet admisces ....
quod negotium (ad te) (et) si bis de rebus prolixam
epistolam N. Jacobo Hocbstrato, nee dubito, quin . . .
.... uestro negotio suscep(erim) gero (?) ego scripsi.
Scripsi am(icis)simo. Q(uan)tae sunt et bic linguae quo
concordiam huius Academiae Et i-es itidem erat
in rabiem ex(itura) . . ni magistri nostri caeterique huius Aca-
demiae rem animaduertissent, itaque uentum (est in)
colloquium et facile discussa discordia pax orta est nunquam
1 Die Datirung ist aus graphischen Gründen wohl unmöglich, ich nehme
aber an, dass der Brief in die Zeit des Reuchlin'schen Streites fällt,
Erasmus beruft sich auch auf die epistola prolixa, die er de his rebus
an Jacob Hochstraten geschrieben. Diese epistola ist aber doch wohl die
Aehnliches behandelnde ep. vom 11. August 1019, die in den Opera
(III. 484 bis 490) abgedruckt ist. Der Brief ist also nach dem 11. August
und vor den Iden des September geschrieben.
2 Ortuinus de Graes, aus Holtwick in Westphalen geboren, ist aus dem
Dunkelmännerstreite hinlänglich bekannt. (Cf. Böcking Hütten Opera
Popp. II. 381. Strauss Hütten ) Er starb zu Cöln 1542. Seine Schriften zählt
Hartzheim Bibl. Colon, p. 262 auf. Erasmus spricht über ihn tun 1518
ziemlich von oben her (Opera III. 388) zälilt ilin 1519 zu den Ruhm-
süchtigen, die herostratisoh ringen, dass sie ex una aut altera quali-
cunque conflictatiuncula Lob und Ruf gewinnen (Opera III. 527). Die
Dunkelmännerbriefe an ihn ärgerten ihn freilich. Cf. Hütten Opera
I. 149.
^ Vielleicht ,ut a tu(is)' oder ,ab istis' zu ergänzen.
* ad bona?
^ seruire illis.
• te miuime(?).
'' mortiferis?
Erastniana. I. 423
uti spero distra(h)enda. Quod Id. Septembris proximis
J(esu) Chr(isto) . . . (a)g-o gratias. Uelim igitur et isthic et
contemtui iit istiusmodi in omnium amnestia.
Hoc raptini (in)citante mincio. Alias pluribus
tecntn ius praesertim si seusero te conciliat (...).'
litterisque dig'na sunt applicuisse .... fratrem meo nomine
salutato.
MD . . Erasmus Roterodamus.
Aussen : Honorabili uiro M. Ortuino Gratio ut fratri
charissimo.
Von Tengnagel's Hand: Erasmi Roterod . manus.
Aiitograph aus dem Cod. Pal. Vindob. 97.37. c.
Dieses Autograph des ersten Briefes des Erasmus an Ortuinus Gratins,
der überhaupt edirt wird, ist in dem allerdepravirtesten Zustande, tiefe Ein-
risse haben grosse Theile der linken Seite des Briefes weggenommen, hie
und da ist die Schrift völlig verblasst, in der Mitte sind Löcher, auch der
Schlussrand ist mitten durchgeschnitten. Hie und da ist man völlig auf das
Errathen angewiesen. Jene Lücken habe ich mit Punkten bezeichnet, die von
mir gegebenen Ergänzungen eingeklammert. Ich zweifle aber sehr, dass trotz
eingehender und häufiger Beschäftigung mit diesem so arg beschädigten Briefe
meine Lesarten oder Rettungsversuche die richtigen seien und muss es einem
Tüchtigeren überlassen, den richtigen Sinn überall in das defecte Schriftstück
zu bringen.
Basel. H. 25. Mai 1522.
Erasmus an Georg von Sachsen.
S. P. Ornatissime princeps! Non erat quod magnopere
scriberem Celsitudini Tuae, nisi quod praeter spem oblato certo,
qui litteras perferret, tribus uerbis testiticari uolui, illius apud
me memoriam perpetuam esse semperque futuram. Atque
utinani detur oppnrtunitas, qua re quoque liceat declarare, quod
tua benignitas honiinem haud quaquam ingratum ad aniicitiam
prouocarit. Excudendorum uoluminum nieorum cura me Basi-
leam retraxit,^ nescio quauto fraetu studiorum, certe magno
' conciliatum esse?
- Erasmus schreibt darüber d. 1'.. an Pirklieimer im Januar 1522. (Clericus
III. 7(tT: Exauditur nunc Paraphrasis in Euangelium Joannis Ferdinando
Sitzungsber. d. pUil -bist. Ol. XC. Bd. HI. Hft. 28
424 Horawitz.
vitiic meae periculo. Toties me repetiit morbus, qui iiereor ne
nunquam i-elinquat, adeo coepit esse faiiiiliaris. ' Est autem
oiiiniuin grauissimiis, calculus renum. Auxit priuatum dolorem
publica tcmporum calamitas, adeo uideo totum orbem duobus
monarcliis dissidentibus inuolui feralibus bellis. Nee minus est
tumultuum in studiis, quam in regionibus. Precor deura opt,
max, ut principum auimos uertat ad consilia pacitica. Mihi in
bis tantis malis magno solatio fuit Henricus Eppendorpius,
iuuenis iuxta doctus et humanus cuiusque mores generis nobili-
tatem prae se ferunt. - Agit enim iara menses aliquot Basileae,
optiino cuique g-ratissimus. Si quid erit in quo tua Celsitudo
desiderabit officium sui clientis, intellig-at id totum fore promp-
tissimum, quod nostro studio nostraque cura praestari poterit.
Illustriss. Celsitudinem tuam incolumem ac florentem* diu seruet
Christus Jesus. Basileae 8. Cal.. Junii. Aa. 1522.
Erasmus Roterodamus
Celsitudini tiiae
addictissimus.
Illustriss. Principi ac Domino Domino Georg^io Saxoniae
Duci, Lantgrauio Turingiae, Marchioni Mysnae, Domino suo
Clementissimo.
Aus dem königl. Hauptstaatsarchiv zu Dresden. Act. Dr. Martin Luther'.s
Lehr- und andere Sachen. 15-22 bis 1549. Loc. 10300. Bl. 1.
Basel. IIL ö. Deeember 152-2.
Erasmus an Georg von Sachsen.
S. Illustrissime princeps! Quoniam tua Celsitudo non re-
spondet litteris ineis, suspicor eas non esse redditas. Nam quo
dicata und Anderes über seine Beziehungfon zu Frobens' Officin. Im März
sciireibt er dem Nicolaus Wattenwjl: Mittam ad te l'araplu-asin in Mat-
tliaeum, .si modo fuerit perfecta ante abitum Glareani.
' Be.itändige Klagen über seine Krankheit z. B. aucli in einem Briefe an
Pirkheimer aus dieser Zeit (Clericus' Ausgabe 7ü8).
2 Ueber Heinrich Epjjcndorp dachte Erasmus später ganz anders als dieser
für Hütten eintrat. C'f. W. Schcrer in d. A. D. Biographie, Strauss
Hütten n. 272 und besonders die späteren Briefe. Freilich hatte ihn
Georg von Sachsen zu ihm geschickt.
Grastniana. I. 425
minus suspicari qiieam his ueluti Hberius scriptis offensum
esse tuiim animura, slngularis quaedam tua nulli non prae-
dicata facit luinianitas, praesertini, quum luic ipse prouo-
caris. Äuget suspicionem hanc meam, Hcnricus Eppen-
dorpius, qui ueretur ne famulus per quem miserat sit inter-
ceptus, aut aliud quippiam sinistri fati acciderit. Id quod ego
sane illius causa nollem. Est enim mea sententia iuuenis Omni-
bus omnium fortunarum fauoribus adprirae dignns tui no-
minis praedicator indefatigabilis. Superioris itaque epistolae
exemplum, denuo mitto, si forte intercidit. Nihil interim addam :
nisi me toto pectore tuae illustrissimae Celsitudini deditum
esse, quam nobis diu felicem ac florentem conseruat Opt. Max.
Jesus Christus. Basileae Non. Decembris Anno 1522
Erasmus Rot. Serenitati tuae addictissimus manu mea
subscripsi.
lUustrissimo principi ac domino doraino Georgio, Saxoniae
duci etc.
Aus dem königl. Hauptstaatsarchiv zu Dresden. Act. Dr. Martia Luther's
u. s. w. Loc. 10300. Bl. 3.
Dresden. IV. 25. Januar 1523.
Georg von Sachsen an Erasmus.
Georgius, Dei Gratia Dux Saxoniae, Landtgrauius Thu-
ringiae et Marchio Mysnae Erasmo Roterodamo Theologo Gra-
tiam et Fauorem. Non te fefellit suspicio, doctissime Erasme '
qua putasti literas, quarum exemplum denuo ^ misisti inter-
ceptas, autea enim non fuere •' redditae, sed quid ' in causa
fuerit, nobis non constat, Ceterum quod prouinciam illam scri-
bendi contra Lutherum adeo subterfugis et detrectas, nos nihil
nunc miramur, posteaquam intclleximus, te in illius scriptis
' Im Entwxirfe des Schreibens loc. 10299 fehlt das ,docti.ssime Erasme'.
2 ,ad nos' steht iui Entwürfe.
' jsunt' im Entwurf.
* ,quid' der Entwurf.
28*
42G Bora Witz.
tarn multa bona, quibus times pleraque etiam christlanisslma
offendisse nullaque ratione hanc tragoediam melius consopiri
posse censes, quam silentio. Proinde inpriraisque ' cum et nos -
numinatim atroci simus ab ipso afFecti iniuria, in posteium te
ad hoc quod tot rationibus recusas, cohortari cessabimus, ne aut
uindictae alicuius cupidi arguamur, aut uersus torrentem saxum
uoluamus. •' Non autem putassemus, nisi a te ipso fuissemus
facti certiores, cum et nunc sicuti quoque antea saepius, in
Germania superiori vitam agas, te linguae illius rudern esse ac
propterea libellos frustra ad te missos; suspicamur^ tarnen te
eos non alia animo, quam quo missi sunt, suscepisse. Bene
uale. Ex arce nostra. Dresden XXV^ Januarii et Christo nato
Anno MDXXIII".
Doctissimo Theologo Erasmo Roterodamo, Deuoto iiostro.
Aus dem königl. Hauptstaatsarchiv zu Dresden. Act. Dr. Martin Luther's
etc. 1522 bis 49. Loc. 1030Ü. Bl. U.
In tergo des fol. 27 des Entwurfes findet sich folgendes Schreiben
ohne Adresse, das jedenfalls in das .Jahr 1524 gehört; sollte es an Erasmus
gerichtet sein'?^
Magister Martinus heri ad nos a tuo nomine attulit literas
nemini adscriptas iidem tamen fecit, quod mox credidi nobis
de te missas, mortem Mosellani *> assereris suprascriptionem inter-
cepisse. Posteaquam autem easdem perlegi, satis aperte intellexi
scriptionem illam nulli alteri quam mihi destinatam. Ceterum
quod causaris, nos tibi ad priores tuas literas nihil respondisse,
nescio quo pacto acciderit, ut eo fato responsio missa sit, quo
ipsae literae et non fuerunt primitus missae nobis
1 ,et inprimis' der Entwurf.
2 ,et' fehlt im Entwurf.
3 Cf. Adagia 471.
* jCredimus' der Entwurf.
^ Cf. Clericus III. 800. Wohl nur ein Entwurf zu diesem Briefe.
6 Petrus Mosellanus starb 19. April 1524. Cf. O. G. Schmidt Petrus
Mosellanus R. 75. Der Herzog nennt ihn in einem Briefe an Erasmus
(Clericus III. 801) ,summum Lipsiensis gymnasii decus'. Seine Ver-
dienste um das Studium des Griechischen an der Leipziger Universität
sind nicht zu unterseliHtzen, seine auch in dieser Hinsicht lehrreiche
Schrift , Oratio de uariarum linguarum cognitione paranda. Basel, Frohen
1519 ist Herzog Georg, Mecoenati{!) liberalissimo gewidmet.
Erasmiana. I. 427
redditae. Sed exemplmii deniio transmissent(!) proinde et nos
tibi responsionis nostrae exemplum raittimus.
Basel. V. 5. April 1523.
Erasmus an Bernhard von Trient.
Salutem plurinuim ornatissime praesul. Serenissimus prin-
ceps Ferdinandus suis ad nie literis postulauit, ut ad se mitterem
libellum paraphrasis in euangelium Joannis ipsius dicatatn no-
miui. ' Id feci, adiecto libello paraphrasis in Matthaeuni, quam
Caesari Carolo pridem dedicaram.' Visum est autem Joanni
Fabro, •' Canonico et Vicario ecclesiae Constantiensis, liomini
docto pio et Romano Pontifici quum bis dotibus tum praecipue
ob mirum quoddam Studium restituendae tranquillitatis Chri-
stianae gratissimo, ut nostrum munusculum per te Serenissimo
Principi exbiberetur. Sic enim fore commendatius, si a proba-
tissimo uiro calculus aliquis accederet. Quod si facere digna-
bitur T. R. D. non illibenter debebimus illi, cui cupimus esse
chari ac proprius noti, quod idem optat Faber, tuae dignitatis
admirator unicus ac praedicator candidus. Quam diu nobis
seruet incolumem Christus Optimus Maximus.
Basileae, Nonis Aprilis Anno 1523.
Erasmus Rot. E. R. D. T. addictissimus.
Aussen: Reuerendo in Christo principi ac domino P. Bern-
harde, episcopo Tridentino.
Autogrcapli im Cod. Pal. Vindob. 9737. c. fol. 3.
1 Erschien 1523 bei Frobeii zu Basel in fol.
' Erschien mit einer Epistola nimcupatoria ad Carolum Caesarem 1.522 zu
Basel bei Proben.
3 Johannes Faber, Vicar des Constanzer Bischofs, später ein entschiedener
Gegner der Reformation, wurde Rath König Ferdinands, starb als Biscliof
von Wien. Briefe des Erasmus an ihn Opera III. 533, 960, 1089, 1809,
sein Brief an Erasmus 435, in dem er auch des B. Rhenanus und seiner
dicatio des ,Methodus uerae Theologiae' erwähnt.
428 Horawitz.
Leipzijr. VI. 1524.
Georg von Sachsen an Erasmus.
Georgius Dei Gratia Dux Saxoniae, Lantgrauius Thurin-
giae et Marchio Mysuae.
8alutem et fauorem doctissime Erasme! Accepinius litteias
tuas una cum collatione de libero arbitrio ^ et quoniam super
ea iudieium nostrum expectas, non possumus non ingenue fateri,
quod admodum perplaceat nee dubitamus, quin in laudem et
incrementum reipublicae Christianae perpetuum sit cessura.
Ceterum qualem apud diuersarios fructum fere nondum satis
constat; tiinemus enim quid aures obdurauerint nee uelint ut
aspis incantantis uocem audire et aiunt quoque nunc ab ipsis
quasi perfectam responsionem. Sed salua res est quod causae
huius discussio ab ipsis non pendet. Atque ut intelligas ex
animo nos iudicare, mittimus hie ipsius Lutheri libellum ,De
Votis'2 Je quibus cum et uernacula lingua nefanda scripserit,
mirum quot animas offenderit atque e monasteriis ad prosti-
bula coegerit, ut ergo et illis atque aliis, qui adhuc uota red-
dunt, sed tarnen dubitäut, succuratur. Hortamur te summopere,
ut quoque in hoc ueterum et Catholicae Ecclesiae sententiam
tot saeculis obseruatam defendere atque ab impiis ac iufandis
argutiis uindicare et asserere uelis. Procul dubio enim fautorem
et adiutorem habebis Deum ipsum et omnes boni et pii tibi
assentientur et in finem usque perseuerabunt. Peruersos autem
aut ad meliorem frugem et resipisceutium reuoeabis aut ad
silentium adiges. Ceterum respondimus nuper e ^ epistolae tuae
1 Es ist nicht ganz klar, ob unter dieser collatio nur ein Entwurf zu ver-
stehen sei; über den Erasmu« das Urtheil des Herzogs wissen wollte,
wie er dies auch König Heinrich von England gegenüber mit derselben
Schrift gethan, oder ob es die Sclirift de libero arbitrio selbst gewesen.
Ich möchte mich für die erste Auffassung entscheiden, denn in seinem
Briefe vom 4. September 1524 (Opera III. «12 f.) sagt Erasmus: Mitto tuae
Celsitudini libellum de libero arbitrio, de quo uidi pridem tu am eru-
ditissimam epistolam.
2 Unter dieser Schrift i.«t Luther's im Jahre 1022 erschienener Tractat de
uotis monasticis zu verstehen, über den Kost li n Leben Luther's I. öUl f.
näiieres angibt.
3 et.
Erasmiana. 1. 429
de Eppendorpio. Desideramus ergo a te desnper responsum.
Bene uale. Lipsiae. A reparata salute Anuu MDXXIIII." '
Aus dem königl. Hauptstaatsarchiv zu Dresden. Act. Dr. Martin Luther's
Lehr etc. Loc. lOoüU. Bl. 23.
Basel. VII. 21. September (152A).'-
Erasmus an Georg von Sachsen.
S. P. lllustrissime princeps! Celsitudinis tuae literas
22. die Maii scriptas, ' aceepi pridie Matthaei, quum iam ad te
raisissem libellum de libero arbitrio cum epistola mea, quam
supero nunc esse redditam video et meas ad te litteras et tuas
ad me fuisse interceptas ; nam amicus quidam Norembergensis
scripsit prideni ad me, Lutheranos intereepisse quandam epi-
stolam meam ad te nee tua, cuius nunc exemplar aceepi,
fuerat reddita. Nunc ad utramque tuam paucis respondeo, ut-
pote per nuntium usque certum et prius abeuntem quam se
diceret abiturum. Libellos abs te missos animo gratissimo
aceepi, quam ^ hie iam vulgo babebantur. Ceterum huius lin-
guae nihil omnino teneo, id quod doleo. ■'' Mihi res est cum
Graecis ac Latinis auctoribus. Quod tua Celsitudo optat, ut
mihi fuisset ante triennium ea mens, ut me seiunxissem a fac-
tione lAitherana, idque edito libello testatus fuissem, id ultro
feci ante annos phtres quinque, quum primum exissent libelli
Lutheri omnibus adhuc fauorabiles et idem sexeentis libellis
atque etiam epistolis editis sum testatus. Nee solum seiunxi
< Für die Datirung schiene mir der Brief Georgs an Erasmus fOpera III.
800) , auf den sieh vielleicht jene Bemerkung ,ceterum respoudimus
nuper et epistolae tuae de Eppendorpio' anwenden lässt, wichtig. Herzog
Georg spricht sich nämlich dort sehr scharf über Eppendorf aus, der
eine ,labes et maeula' seines Landes sei. Daraus würde sich nun wenigstens
so viel gewinnen lassen, dass der Brief VI jedenfalls nach dem 21. Mai
1524 anzusetzen sein wird.
2 Obwohl sicli keine Datirung des Jahres findet, ist, wie aus der folgenden
Antwort zu entnehmen, der Brief in das Jahr 1524 zu setzen.
3 Soll man aus der bestimmten Angabe 22. Mai annehmen, dass der bei
Clericus 800 gedruckte Brief wieder einmal falsch datirt ist?
* Offenbar quamquam.
5 Cf. Brief IV.
4öü Horawitz.
me ab illius factione, verum etiam, quocl malus est, ab illius
factioiie semper diligentissime abstinui, quum nondum suspicari
possem, qualus belluas aleret illa factio, nee ipse solum abstinui,
ueruni quuscunque potui dehortatus sum. Quod haetenus nuUum
Lutheri dogma peculiari libello rel'elli, diutius tacuerat Hila-
rius, Alianis orbem oceupantibus. Et tamen si uacaret, docerem
manifestis rationibus, me nee debuisse secus facere, quam feci,
nee aliter expedisse. Nee tamen interim sum ueritus in libiis
meis docere, quae longe discrepant a decretis Lutheri. Scripsi
Adriane pontifici ' de negotio hoc sie compescendo, ut nou
repullulet clamoribus ac libellis in Lutheruni scriptis quid hae-
tenus profectum sit, quid censuris et edictis. Quod si malum
hoc manicis et incendiis et confiscatiouibus tollere decretum
est, ad id mea opera non est opus. Ego quamquam neque natus
sum, neque excertitatus ad has pugnas gladiatorias, tamen pro
uiribus nee defui ecclesiae dei, nee defuturus sum, praesertim
ubi uidero, principes ecclesiae hoc agere sinceris affectibus, ut
Christi gloriam et gregis Christiani salutem procurent. Quod
si non uidero, certe a Lutheri factione, ut semper fui, ita semper
futurus sum alienissimus. Bene ualeat tua Celsitudo. Basileae.
Natali S. Matthaei. Nuncio urgente.
Erasmus Rot, manu propria ex tempore. Illustriss. prin-
cipi Georgio, duci Saxoniae, Landtgrauio Thuring. Marchioni
Misnae.
Aus dem köuigl. Hauptstaatsarehiv zu Dresden. Act. Martin Luther's
Lehr etc. Loc. 10300. Bl. 15.
Dresden. VIIL 29. November 1524.
Georg von Sachsen an Erasmus.
Georgius, Dei Gratia Dux Saxoniae, Landtgrauius
Thuringiae et Marchio Mysnae.
Salutem et fauorem Doctissime Erasme. Dominica a na-
tali S. Simonis et Judae aduenere tuae literae, quibus respondes
' Es ist der berühmte Brief aus dem Jahre 1523 (Opera III. 745 ff.) gemeint,
der leider unvollständig erhalten ist.
Erasmiana. I 431
epistolae nostrae et exeniplo prioris ad te iampridem missae
quideni, sed necdum acceptae, et quod Lutherani tuas ad nos
interceperint literas, nihil miror. Quid enim non moliuntur, quod
proposito ipsoruni quoquo modo subseruiat; sed tanieu si scire-
mus furti illius auctorem, saltem ostenderemus nos moleste ferre.
Ceterum quod asseris, te ultro et ante annos plures quinque a
factione Lutherana non soluni seiunxisse, id quod nostris opta-
uimus literis, sed semper diligentissinie abstinuisse et ut nun-
quam non fuisse (!) ita futurum alienissimum, non est ut in
persuadeudo uobis labores, facile enim credimus. Nee eo animo
seiunetionem optauimus, ut te factionis illius et tumultuum quos
excitauit aut reum aut participem argueremus, sed ut ad id
quod abhinc biennium tot rationibus undequaquam perquisitis
adeo detrectasti te denuo adhortarer, incitarem et quouis modo
impellerem, uidelicet ad uindicandam Dei ecclesiam a tot pro-
digiosis et abominandis dogmatibus. Quanquam etenim non semel
testatus sis tibi Lutheri effrontem immodestiam , canillos et
scommata ac Lutherauorum seditiosissimos tumultus maxime
omnium displicere ipsosque satis grauibus rationibus reprehen-
deris confutarisque, attamen ante emissam illam collationem de
libero arbitrio nihil fuit ad nos allatum, in quo aperte potuis-
semus cognoscere, quod ab ipsius decretis discrepantia et ex
aequo pugnautia docueris. Quin immo non tautum uulgo per-
suasum fuit, te ut in plurimum re ipsa eidem assentiri nihilque
aliud quam impium illum et tumultuosum traetandi modum
damnare, sed et Lutherani ipsi in hoc gloriati sunt et con-
stanter asser uere, te ab ipsorum parte stare idque non semel
tibi a tuis Zoilis obiectum et a te depulsum est. At nunc, po-
steaquam intellexere quod aperte contradixeris et seriam pugnam
exhibueris, omni spe deiecti sunt et animis cecidere. Utinam
ergo statim a prineipio prodentibus se haeresibus istam assuni-
psisses prouinciam nee enim adeo factio illa iucubuisset. Verum
quia silentii tui grauem auctorem profers et manifestas polliceris
rationes, nihil neglectum arbitrabiniur, si adhue in adseruandis
et asserendis votis et aliis, quae quasi per manus a maioribus
accepimus strenuus propugnator et acerrimus defensor ecclesiae
sanctisque patribus adsis, nee dubitamus quin, ut Ililarius rum-
pendo diutinum silentium Arrianam haeresim supressit, ita tu
poteris uincere Lutheranam et pestifera illius paradoxa extir-
432 Horawitz.
pare profligareque. Quid autem in causa fuerit, quod ad epi-
stolae nostiae calcem nihil responderis et ne spem quidem feceris
surrogandi alicuius Mosellano, nobis non satis constat, nisi
inopinatae abitioni ipsius nuncii iuiputaii uelis. ' Rogamus ergo,
ut quamprimuni me de hoc facias certiorem. Ac bene ualeas.
Ex Dresdeua. Pridic Andreae. A Christo nato MDXXIIII.
Aus dem königl. Ilauptstaatsarchiv zu Dresden. Act. Dr. Martin
Luther's Lehr etc. Bl. 87. Loc. 10299.
Dresden.
IX. 13. Februar 1525
Georg von Sachsen an Erasmus. -
Georgius Dei gratia Dux Saxoniae, Landtgrauius
Thuringiae et Marchio Mysnae.
Salutem et fauorem doctissime Erasme. Ex literis tuis e
Basilea pridie Idus Decembris proxirao ad me datis comperi
primum, quot a me acceperis atque ad me rescripseris literas,
deinde omnium argumentorum summam postremo causas non
parum multas, quibus excusas, quod in re Lutherana nihilo
plus praestiteris. Et quod ad epistolarum numerum attinet
uideo tibi adhuc unam deesse, quam proximo misi et nunc
allatam arbitroi\ Ceterum quod asseris Lutheranae tabulae
1 In dem Briefe vom 21. Mai 1524 hatte der Herzog um einen Nachfolger
des Mosellanus ersuclit, der an der Leipziger Universität das Griechische
übernehme, aber es müsse ein Mann sein, der von Luther's Partei sich
völlig ferngehalten habe. Erasmus sandte denn auch den Jacob Ceratinus
(eigentlich Teyng aus Nordholland) einen Mann, ,der drei Moseliane im
Griechischen überträfe' (Opera «55), dessen Bescheidenheit er rühmt, der
aber in Dresden wegen seiner Hinneigung zum Lutherthum sich nicht
halten konnte, obwohl Erasmus sowohl bei Emser als bei Pistorius für
ihn plaidirte. Es ist derselbe Ceratinus, der im Erfurter Kreise erscheint
(cf. Kampschulte Univ. Erfurt), zu dessen griechischem Lexicon Erasmus
die Vorrede schrieb, eine seltene Ehre, — für dessen Placirung er sich
auch bei Pirkheimer verwendete (Opera III. 941). Cf. über ihn Mosellanus,
Seidemann Leipziger Disputation 16 ff., dessen Beiträge 88. n. Burscher's
Spicilegia XI. p. 12. XIV. 22.
2 Antwort auf den Brief des Erasmus vom 12. December 1524. (Opera
III. 836 ff.).
Erasmiana. 1. 4:1)0
initinm mihi quoque placuisse non eo infitiar; uidebatur enim prae
se ferre emendatiouem abusuuni et corruptelarum, quae non-
nihil increbuerant; at posteaquani hussiticas haereses refricare
coepit, prodidit sese Satanas eoque tandem ipsuiii adegit, ut
nihil paene integrum in tota ecclesia et ineontaminatum reli-
querit, a Summo Pontitice initium faciens et tandem nihil non
eorum quae a sanctissimis tradita sunt Patribus peruertens con-
spurcansque. Et quidem illius foederi et coniurationi in hoc
institutae nunquam putaui te addictum, sed propter singularem
tuam et eloquentiam et eruditionem cohortatus sum, ut Phili-
steum hunc, qui sponsam Christi stuprare et contaminare cona-
retur aggredereris profligraresque; id enim non solum ad Theo-
logos sed etiam ad quosuis Christianos pertinere arbitror, magis
autem ad eum qui profitetur utrumque et maxime omnium, si
ita poUet, ut ceteros anteat. Ceterum quod moleste fers hoc
uerbis parum ciuilibus et aliis quam te deceant a me factum
non est, ut in aliquam sinistram partem accipias. Quin immo
non desino interpellare, obsecrare et obtestari, ut spretis Theo-
logorum iniquis de te opinionibus et stimulis adhuc perseueres
in tuenda lide Catholica; uides enim hactenus consiliis tuis quan-
tumuis prudentibus et circumspectis parum quod profectum et
forte si nunc calamum in eum stringeres, posses cunctatione
tua reparare neglecta et eo cumulatiorem quam Diuus Hilarius
ferre palmam, quo is plures habet, quam Arius haeres, quan-
quam persuasum habeam te arrogantiam minime omnium sec-
tare, sed magis Christi gloriam quaerere. Nee est, quod te
ab hoc instituto terreat tantus conuiciorum cumulus in sanc-
tiööimum Papam, inuictissimum Caesarem et alios magnatis
proiectus et congestus, iuter quos ego unus sum uelut 8aul
inter prophetas. Peccatis etonim nostris omnes nos Israelitae com-
meruimus Golia ab illo contumelias, a quibus nos aliquando uin-
dicabit pygmaeus Dauid non annis nee ingenio suo iidens, sed
spem ponens in Dei gratia illiusque iniuriam aegre ferens
inermis armatum, pius impium et humilis superbum vincet.
Et quid te terret exemplum Ozae? satis enim gcriptis tuis te-
staris te non solum Christianum quem quoque decet labantem
iuuare arcam, sed et sincerum Theologum et ex eorum tribu
esse ad quos imprimis et cura et defensio arcae pertinet, pro-
fecto si Oza de tribu Leuitarum fuisset nee temere arcam bobus,
434 Horawitz.
sed humeris suis imposuisset, non sie infeliciter ei cessisset.
Ceterum de iis, quae litteris non putasti credenda, nihil habeo
compcrtum, sed in hoc omnino tecum sentio, quod raaluni hoc
nostris debeatur iniquitatibus, qui carnali uostra sapientia omnia
metiri uokimns nullam non fiduciam in proprias uires, haud
aliquani autem in deum ponentes. Et eerte nisi ipse Lutherus
suae fuisset innixus prudentiae et plus uoluisset saper e
quam oportet nunquam ita aberrasset et complures se-
duxisset adeo, ut ne a concitandis quidem seditionibus quas
leges capite puniunt, sibi temperent; diuersa quoque pars parum
quid in geuio et labore suo nimium cupiditatibus et afFectibus
suis dedito promouit. Tempus ergo appetit, ut ad Deum toto
corde reuertamur et exoremus pro uno qui medium tenere possit
et omnia in portum reducerCj qualem certe te esse mihi per-
suasi. Macte ergo uirtute Erasine atque in harena ut coepisti
perseuera. Habes enim Papam, Imperatoren! et omnes deuique
Christianae Religionis proceres tibi fauentes et astantes, arri-
debitque ipsa spousa Christi et sancta mater ecclesia, qua uidente
et applaudente lanceam confringes et senex palmariura feres a
Christo, qui pugnam tuam feliciter coeptam consumabit et dexter
aderit. Id enim mihi praesagit animus. Ceterum quod longe
dissimiles ad te scribunt epistolas quam ego Pontifex^ Caesar
Ferdinandus et Rex Angliae, in causa est, quod Oedipus non
sim. Attamen si quid molestiae inde tibi accessit depone et
animum meum, non uerba explora, qui in hoc totus est incli-
natus, ut bene reipublicae Christianae ^ nee facile possint ea
quae nouant et invertunt bene constituta ferro, immo nee tu
scopum tetigisti, quod me alienis persuasionibus et nescio quibus
auctoribus ad te scripsisse autumasti. Nemo enim alius mihi
aut consultor aut instigator adfuit. Ignoscamus ergo et boni
consulamus utrimque ac falsas suspiciones deponamus, nee ego
unquam accusaui tuam molestiam et ciuilitatem a tot magna-
tibus praedicatam, sed hoc semper in uotis fuit, ut nostris tem-
poribus tragoediae huius finem haberemus, idque per haud uUum
quam te fieri posse censeo^ et moram longiorem abominor. De
successore Mosellani recte scribis; omnia enim a Luthero con-
taminata sunt et eo redacta, ut uix electi et iusti constantes
' Hier scheint das Verbüm ausgefallen.
Erasmiana. I. 435
et perseuerantes reperiautur. Si quis tarnen idoneus occuret
significa, nondum enim prospectum est. Libellus de oratione
undique leg-itur ing'eniumq^^e tuum prodit et testatur te uerum
esse nee iuermera quidem Theologum. Ceterum Clithoueum
de uotis non uidi. Tu bene uale et me tibi bene uelle certuin
habeas. Dresden, Piidie Valentini et Christo nato MDXXV".
Aus dem köuigl. Hauptstaatsarchiv zn Dresden. Act. Dr. Martin Luther's
Lehr etc. Loc. 10299 fol. 135 ff.
Leipzig. X. 16. April 1526.
Georg von Sachsen an Erasmus.
Salutem et beneuolentiam doctissime Erasme. Venit ad
manus nostras iam ante trimestre seruvini arbitrium a Martino
Luthero in te et tuam diatribain editum. ' Et luirum quantum
de eo libro trinmplium duxerint et gloriati sint suae factionis
assertores, persuasissimum habentes quod seipsum hac editione
uicerit, nee unquam antea ab aliquo tale quid emissura, aut
etiani in posternm edi possit, quippe prof'ectum a uero et
bono spiritu, atque Roterodamum non andere contra hiscere,
sed penitus conclusum et niutum redditum. Ceterum nunc
prodiit Hyperaspistes diatribe decennio absoluta/' in qua eerte
cum summa ciuilitate ref'ellis illius calumnias et sycopluintias,
tua fortiter defendens. Tum etiam polliceris ea ex quibus
Christiaua res publica olim a nouis illis et haereticis dogmatlbus
uindicabitur et pristinae tranquillitati restituetur atque ex mortuo ;
id quod non semel Lutherani optauerunt: i'ideris resuscitatus
et nobis omnibus uiuere. Proinde occurrit id, quod olim de
Fabio proditum est, cunctando restitues rem.'^ Maxime eniin
omnium omnes hoc sibi de te persuasere et certam spem con^
cepere. Nam Lutherani proiectis sagittis arcu diinicant. Tu
uero pharetram iaculis adhuc repletam habes et auxiliante dei
' Erschien l.')2.5 im December. Cf. Köstlin a. n. O. I. C9ö, II. 140.
- Opera X. 12äO sag-t Erasmus selbst im Vfirwort zum Hyperaspistes I.,
dass er nicht mehr als zehn Tage zur Arbeit gehabt.
3 Ennius bei Cicero de senectute.
436 Horawitz.
Spiritu et ecclesia matre prostratiim Achillem iug-ulabis. Cete-
rum, ne te cerdonuin et Cüriarioruni inuidia premat, curabimus
qiiod liber tuus debeat germanica lingua donari atque ab ilHs
intellig'i nihilque dubitamus, qiiia permiilti non solum in hoc
dogmate sed et in omnibus aliis damnatis ab illius sententia
sint discessuri, palamque uidebunt, te non frustra hucusque
taeuisse. Bene uale et perge, iit coepisti, animiunque nostrum
isto poculo tibi testatum uolumus, et quamuis aliud te deceret
donum. Verum quia Saxo sum, tractant fabrilia fabri. ' Nosque
tibi bene uelle persuasissimum habeas. Datum Lipsiae XVP.
Calendas Maii A Christo nato MDXXVI°.
Aus dem königl. Hauptstaatsarcliiv zu Dresden. Act. Dr. Martin Luther's
Lelir etc. Bl. 137. Loc. 10299.
Auf Bl. 138 steht folgender Entwurf von Herzog Georgs eigener Hand:
Vidi librum Martini Lutheri in te, seruum arbitrium
appellatum, de quo omnes istius factionis gloriantur nunquam
talem edidisse uUum hunc et alii tanti operis reputarunt, quod
sine spiritu effici non posset haesitantes id maliim spiritum
non posse periieere , aliqui uero Roterodamum nunc con-
culsum (!) et obmutescere oportere putantes ; uidi iam et tua
condita ut audio decem dierum opus excussum, in quibus
tu toti reipublicae Christiauae et mihi uiuis occuritque illud
adagium Romanum, ubi dicitur de Fabio ,cunctando restituit
rem' haec enim tua cunctatio sperantibus multis rem plu-
rimum restituet, nam proiectis sagittis Lutherani nunc arcu
dimicant, tu uero repleta pharetra iaculis non cares et prostra-
tum Achillem subito iugulabis auxiliante dei spiritu matreque
ecclesia et ne te cerdonum et coriariorum inuidia urgeat, dis-
ponemus ut et legant materna lingua Roterodamum ubi ipsius
legerunt Lutherum et ipsi forte iudicabunt te non frostra(!)
hucusque taeuisse, uale et perge ut coepisti; poculum tibi mitto;
deceret quidem aliud donum, sed quia ISaxo sum, tractant
fabrilia fabri.
' Hör. Ep. II. 1. IIG. Es dauerte ültrigens lange, bis Erasmus zu seinem
Becher kam.
Krasmiana. I. 437
Basel. XI. 1528.»
Erasmus an Georg von Sachsen.
S. Serenissime Princeps: quid tua Celsitudo scripserit
Henrico Eppheudorpio ignoro, scripsisse auteni iiitelligo ex
litteris Simonis Pistorii.^ Sed paucis post diebus quam litteras
tuas acceperat, uenit Basileam uehementer commotus, ac mihi
iudicia minitans, prolatis litteris quibusdam, quas suspicabatur
a nie ad Illustriss. Celsitudinem tuam fuisse scriptas, in quibus
insimulabatur, quasi Friburgi partim ob tumultum illic ex-
citatuni, partim ob aes alieuum ab ipso confiatum coactus sit
Basileam concedere; ubi cum pari g-loria se gessisset, rursus
hinc Argentoratum comraigravit ibique ducem et propuguatorem
impii et Lutherani negotii sese praestitisset (!). Eas sane litteras
iguota manu scriptas nequaquam agnoscebam^ nee inter meas
schedas reperio, nee arbitror a me profectas. An Henrico
Epphendorpio Serenissima tua Sublimitas succenseat, me qui-
dem latet et si quid succenset, quibus de causis id faciat,
mihi non liquet. Optarim certe illum tibi suo merito esse gra-
tissimum. Scio me scripsisse Sublimitati tuae, ut ingenium
iuuenis egregiis dotibus praeditum ab otio luxuque ad honestam
aliquam functionem auocares. Similia scripsi proximis niindinis
ad Hieronymum Emserum, quum Henricus Epphendorpius iam
tertium per epistolam hostilia denunciaret, addens hoc me ne-
quaquam cupere, ut tua Illustrissima Celsitudo ulla in re
laederet illum, sed ut eadem opera et ipsius commodis pro-
spiceret et mihi meisque studiis quietam ab illo pai'aret. Fre-
quenter autem dedi litteras et ad Celsitudinem tuam lllu-
strissimam et ad aulae tuae ministros praesertim Emserum et
Pistorium, nee satis possum omnium meminisse, quae scripsi.
Quod si quibus scriptis aut querelis meis ab illo factus est
animus tuus alienior, optarim ut pristinum fauorem ac bene-
uolentiam erga tuae benignitatis alumnum recipias, praesertim
quum nos inter nos utrinque positis offensionibus ac suspi-
cionibus ita ut Christiauis dignura est, pristinam amicitiam
* Der Brief ist jedenfalls nach dem 18. Februar anzusetzen.
2 Cf. Spicilegium XIV. 19.
4ij8 Horawitz.
instaurauerimiis, post hac de integro beneuolentiae certamen
inituri. Id per amieos coinmnnes uiros enxditissimos et optimos
procuratum est: quibus uisum est hoc in rem utriusque fore,
praesertim meam, qui et senio et ualetudine et immensis stu-
dioruin laboribus et fori linguaeque minime sum ad litigandum
iiiötructus. Ruraores saepe uani sunt, nee raro fallunt suspi-
ciones. Quod si Henricus Epphendorpins Serenissime tuae
Celsitudiuis expectationi satisfecerit, quod equidem facturum
confido, mihi duplici nomine carus erit et quod pro hoste sim
habiturus amicum et quod ei Principi probetur, cui non semel
meis litteris fuit commendatus. Ad postremas E. C. T. litteras,
perbreues quidem illas, sed tamen amantissime scriptas iam
pridem respondi, per adolescentem eximiis ornamentis insignem.
Opto Serenissimae Celsitudini tuae felicitatem perpetuam.
Datum Basileae Anno Domioi MDXXVIII. '
E. T. Celsitudiuis addictissimum mancipium Erasmus
Rot. mea manu subscripsi. Illustrissimo Principi Georgio, Duci
Saxoniae, Lantgrauio Thuringiae et Marchioni Mjsnae.
Aus dem königl. Hauptstaatsarchiv zu Dresden. Act. Dr. Martin Luther's
Lehr etc. Loc. 10300. Bl. 27.
Basel. XII. 27. August 1528.
Erasmus an Christoph von Schydlowitz. ^
Quod tibi tantopere placet in scriptis meis nonnullos
offendit, quibus haec assidua pacis praedicatio uidetur esse
principium sine üne dissidentium sugillatio. Quamquam ego nee
omne bellum damno, est enim interdum necessitatis, nee quem-
quam principem sugillo, tametsi negari non potest, ubicunque
bellum est, ibi crimen esse uel ab hac parte uel ab altera,
interdum utrinque. Ceterum animos causasque principum Deus
' Der ganze Brief ist sehr versöhnlicli gelialten, es ist wie eine Variation
über das Thema, das or unter Anderem Melanchthon (Corp. Ref. III. 86)
in .seinem letzten Schreiben an diesen ausspriclit: Nee ia snni, qui ob
quamlibet offensionem ex amico fiam hostis.
- Ciir. V. ScliydlowitK (Schidlowski), Polens Kanzler, wurde von Erasmus
als ein ,nir prudentissimus et integerrimus' sehr gerühmt (Opera III. 977)
Erasmiana. I. 439
iudicat, non ego. Epistolam quam istic excuderunt non me-
diocrem inuidiam mihi conflanit ii07i apnd ipsum Fei'dinandum
quo nil aequius sed apud quosdam aulae Ferdinandicae proceres
ob unam iioculam quam prorsus illic nescieham esse, qua
Johauui regis cognomen addidi, quoniara aliud tum non habe-
bam. Sigismundi regis epistolam humanitatis ac religionis
plenam magna cum animi alacritate recepi ' munusque non
absque rubore, quod ego sane ut non promerebar, ita nee ex-
pectabam et bellorum et factionum tumultus in dies magis ac
magis incrudescunt, nee ullam uideo spem finiendi mali, ni
proceres Ecclesiae cum Monarchis positis priuatis affectibus se
totos diuinae uoluntati comraittant et nisi populus mutata in
melius uita placet numinis iram ad eiusdem confugicns miseri-
cordiam. Si sie obruantur nouae sectae, ut reuiuiscat impro-
borum monachorum tyrannis aut illorum, qui sub nomine
Romaui pontificis hactenus feceruut quicquid collibuit, hoc erit
mutare pestem, non tollere. Res episcoporum ac principum
auctoritate temperanda est, ut uincat Christus, triumphet pietas
non hominum improbitas. Qua quidem in re quaeso, ut animum,
quem hactenus praestitisti constanter obtineas, nee ad dextram
declinans nee ad sinistram. Opto tuam Celsitudinem quam
optime ualere uir elarissime ac patrone singularis.
Datum Basileae VI. Calen. Septembr. Anno 1528.
Addictissimum T. Celsitudini raaueipium.
Erasmus Roterodamus mea manu
subscripsi.
Magnificentia tua Herculis instar pro Atlante saepissime
humeros supponit, qua non modo rex dignüs est uerum ipsa
mehrere Briefe an ihn sind vorlianden, die ebenfalls zeigen, wie hoch
Erasmua den gebildeten und maassvollen Mann schätzte. Seine , Lingua'
erklärt er in dem einen Schreiben (9. September 1526. Opera III. 9ä4)
habe ihm jetzt erst weniger missfallen, seit sie Sclij'dlowitz' I'.illiginig
erfahr. Schydlowitz beschenkte ihn reichlich ; Erasmus bittet, ihn gegen
die Uebelredenden in Schutz nehmen zu wollen, denn die ihm übel wollen,
die ziehen auch gegen die Wissenschaften zu Felde. In dem anderen
Schreiben lobt er König Sigismnnd gar sehr, Iiotit, dass auch dieser sich
um die Pacification bemühen werde und rühmt den Johannes a Lasco.
(16. Mai 1527. Schydlowitz starb 1533).
> Cf. Opera III. 1059. Der Brief ist datirt vom 19. Februar 1528.
Sitzungsber. d. phil.-hist. Ol. XC. B.l. III. Ilft. 29
440 Horawitz.
mngis tantn rege digna. Tanta est animi tui moderatio aequitas,
prudentia, humanitas, eonstantia et quidquid est hwiusmodi, ut
i'eliqnas longe a tergo relinquas. Ego uel toti orbi decem Ne-
stores huiusmodi tibi siiniles exoptarem, satis consultum Rei-
publicae profecto tieret.
Clarissimo iiiro domino Christophoro de Sebydlowitz Ca-
stellano et Capitaiio Cracouiae ac Regni Poloniae Cancellario.
Aus dem Cod. Gotlianus chartac. B. Nr. 20. f. 52 b.
Dill in gen. XIII. 8. October 1528.
Christopti von Augsburg an Erasmus.
Sabitem p. d. Idibus Septembris literas quas septimo Calen-
das eiusdem mensis ad me scripseras ' accepi et queniadniodiim
quotidiana lucubrationum tuarura lectio incredibili aninium meum
seniper afficit uoluptate ita uix dici potest, quam me oblectarint
literae tuae, cum a doctrinarum principe, tum ab amico ex
animo dilecto descriptae. Quae de Lutherano narras negotio
sicut nobis notissima ita sunt et verissima, non modo tbeologi,
uerum quidam ex Romani Imperii proceribus ea, quae a Luthe-
ranis scribuntur, etiam si cum euangelicis conueniant literis,
daranant et quod animum meum magis perturbat, omnia in
religione christiana hucusque obseruata etsi omni careant ra-
tione tueri et defendere nituntur et tarnen uerius est quam quod
egeat probatione, phires humanas constitutiones euangelicis esse
admixtas literis;, ^quae parum cum illis conueniant. Haec est
una causa et meo indicio potentissima, quae non sinit hos
ecclesia tumultus ad pacem et concordiam reduci, omnes quaerunt
quae sua sunt et propriis ducuntur affectibus, nemo autem rem
publicara et christianam considerat; nisi Dens sua immensa
dementia aliter disponat non uideo pacis et concordiae spera
aliquam. Quod aliqui asserunt hunc ecclesiae tumultum ex
tuis scriptis sumpsisse initium, illi profecto mihi crede doctis-
sime Erasme non amore religionis cuius hostes sunt, nee uir-
tutis reuerentia, quam nunquam degustarunt, sed inuidia, dolore
1 Die H.S. hat ecriseras, das p ist von späterer Hand hineiugesetzt.
Erasmiana. I. 441
et iTialiuolcntia hos spargimt sermones. Magnus est inuidiae
Stimulus, superior a cetevis; mao-nnm odium in eos, qui singn-
lari peritia freti traditis aperte simplieiterque praeceptis evan-
g-elicis imperitos necessario reprehendunt. Quid alii ex tuis
sumant literis nescio, hoc tarnen ingenue profiteor, me ex tuis
lucubrationibus phis pietatis et euangelicae doctrinae hausisse,
quam ex scriptis aliorum quorumcunque; tua scripta rae in nullo
penitus offendunt, sed leg-endo efficior quotidie melior atque
instructior, demonstrant mihi ueram christianae uitae uiam. Ex
aninio loquor non ex aflfectu, praeterea quod ab aliquibus, tan-
quam male de fide sentias christiana, ex nullis ac leuissimis causis
denunciaris, Non est mirandum, cum hoc genus hominum hanc
tyrranidem et saeuitiam ergo bonos et doctos uiros odio et inuidia
potius quam religionis intuitu semper exercuerit, Laurentium
Vajlam uirum doctissimum is rationibus iudicarunt suspectum
de fide, quia ^ dixerat Catholiconem, - Huguwicionem et sirailes
nullum uocabulum recte exposuisse, nisi quod aut expositum
inuenerunt aut de quo nemo dubitat: tria esse praedicamenta,
non decem, tria esse elementa non quatuor, tres sensus in-
teriores esse, non quinque, concretum non differe ab abstracto,
nulla esse pura elementa, nisi quae cernimus tangimusque, non
esse mare altius terra, unum esse transcendens non sex. Vides
' Diese Angabe ist wohl nicht ganz genau, die Verfolgung Valla's richtete
sich liauptsächlich gegen seine Dialoge von der Lust (Joh. Vahlen
Lorenzo Valla. Berlin 1870. S. Gff.) und sein Werk über die Constunti-
uisclie Schenkung (ebendort S. 25 ff.).
- Stadion meint das ,Catholicou, des Joliannes Balbi de Janua, das um das
Jahr 1286 beendet, seitdem aber in zahlreichen Auflagen erschien, cf.
Hain Repertor. nr. 2251 . . . 2269 Panzer Ann. typ. X. p. 430. Das Ca-
tholicon bestand aus fünf Bücliern über Orthographie, Accent, Etymologie,
die Figuren und die Prosodie, denen sich ein aus Papias und Hugutio
compilirtes Lexicon Latinum anschloss. Es bildete mit den Genannten
ein besonderes Hilfsmittel des scholastischen Unterrichts im Latein. Diese
Aeusserung des Bischofs gemahnt sehr stark an eine des Erasmus aus
dem Jahre 1490, der über Lorenzo Valla bemerkt, man werfe ihm vor,
er habe ausgezeichnete Männer zu heftig mitgenommen und dann furttlilirt
(Clericus ITI. .S): Ego .sane quid in hos mordacius dixerit, non uideo,
nisi forte eos uiros jtraeclaros appellandos putabunt, quos ego barbariei
duces uel praccipuos iudico Papiam, Huguitionem, Ebrardum, Caflm-
licon, Joannem Garlandum, Isidoruni ceterosque indignos etiam qui no-
mineutur etc.
29*
442 Bora Witz.
modo excellentissime Erasme, quid non aduersus probos et doctos
uiros illi ting-ere, calumniari aut excogitare ausi sunt, ut hos
laesae maiestatis criminis reos denunciare possent, quid autem
tibi tanquani male de fide sentienti obicere possint, non uideo.
Cum ipse queas non solum ex doctrina, uerum etiam ex uitae
tuae actibus eam ostendere, illi nequeaut ex sua, quorum non
uita modo turpissima est, uerum etiam fama, ut taceam quosdam
eorum cerebrosos esse ac prorsus insanos. Haec ad te scribere
uolui, quo cognoscas ea, quae amicus noster Augustinus Marius'
tibi meo nomine singuiücauit (!) non ex ore tantum, sed ex
intimi animi mei uisceribus procesisse. Christus optimus maxi-
mus te quam diutissime seruet incolumem. Datum Dillingae
8. Octobris anno 1528.
Cristofforus Episcopus^ Augustensis
propria manu.
Prineipi doctrinae domino Erasmo Roterodamo theologo
amico ex animo dilecto Basileae.
Von anderer Hand aussen :
Episcopus Augustanus Lutherum tradueit et omnes eins
adhaerentes, extollit contra scripta Erasmi. Laurentius Valla
cur nonnulis de fide suspectus. 8. Octob. 1528.
Autograph aus dem Cod. bist. Stutgardianus 47 fol. 1 ff .
1 Augustinus Marius, gebürtig aus Ulm, ein Jugendfreund Vadian's. einst
Weibbiscbof zu Basel, war, wie es scheint, um 1528 Hausgenosse des
Erasmus (Clericus HI. 1426), vermittelte die Bekanntschaft mit Christoph
von Stadion, wofür ihm Erasmus, der ihn sehr schätzte (um 1530) herzlicli
dankt (Clericus HI. 1291). Erasmus riilimt ihn unter Anderem mit den
Worten: habes in te ipso pharmaciam, quo omnes tibi concilias. Marius
war auch Titularbischof vou Salona und Weilibischof in Freisingen, war
durch den bekannten ,1. Faber von Constanz nach Basel empfohlen, wohin
er im December 152.5 kam, um 1.52G sein Amt dasell>st anzutreten. Hier
kam er in Conflict mit Oekolampadius, erwies sich überhaupt als Gegner
der Reformation, der er aber doch 1528 weichen musste. Er begab sich,
wie ich glaube, nach Würzburg.
2 Die Hs. hat: Apüs, Stadion schreibt aber öfter AEpiscopus: AERASMVS
4BXCELLENS.
Es ist der bei Clericus lll. 1. 1094. abgedruckte Brief des Erasmus
gemeint.
Erasmiana: I. AAo
? XIV. 30. December 1529,
Erasraus an Johannes Choler.
S. P. Qui tuas postrenias reddidit [>.o'fiyzip erat. Alteram
opinor habet carnifex. Huic faraulus duos nummos argenteos,
qui ualent octo rapos, ille perinde quasi fuste percussus in-
dignanter abiecit pecuuiam. Hoc mihi fuit lucro. Non est qui-
buslibet tidendum. Gaudeo fasciculum Polyphemo inscriptum
incidisse in manus tuas, scio quid egat Polypheinus ' apud epi-
scopum quaerit, qui ipsius otio ac temulentia(e) suppeditet
sumptum. lactat se apud omnes famulum ac discipulum meum,
quum res long-e secus habeat. Quod in t'auore desierit, efficiam
ut ilhim poeniteat, semel hominem admonui serio. Quaerat
alios amicos absque mei nominis lenocinio. Detinuit iste hie,
ut suspicor Liuium meum, a quo audio nescio quae mea edita.
Hoc dissimula, Polyphemo bona uerba^ praeterea nihil mea
quidem causa. Sic illum amo, ut cuperem esse apud Indos.
Sensit Augustensis-^ benignitatem, in tales scurras, nolim meos
cuicunque irapendere. Dissimulo animum meum, nam talibus
rabulis interdum abutendum est. Scripsit ad me Matthias
Buschius(?) concionator Augustensis. Cupio scire quid hominis
sit. Nam huiusmodi dominicanorum litteras aliquando delusus
sum. Miror si principes nihil boni reliquerunt; uerum hac de
re nolim Antonium nostrum ' esse anxie sollicitum. Bene uale.
11. Cal. Januar. 1530. Has litteras ubi legeris concerpito.
Erasmus Rot. tuus.
Ornatissimo uiro D. Joanni Cholero amico suo cumprimis
obseruando.
Augustae. -^
Aus dem Cod. Pal. Vindobon. 9737. f. 6.
' Ueber diesen Polyphemus der in den Briefen des Erasmus sehr häufig,
aber meist wenig ehrenvoll erwähnt wird, und der ein Exemplar jener
fluctuirenden Elemente gewesen zu sein scheint, wie sie die Zeit, aber
auch der Humanismus sehr häufig aufwies, cf. Steitz Wilhelm Nesen.
Frankf. a. M. 1877. S. 156 und Erasmus Cyclops (Opera I. 831 fi'.).
2 me ausgestrichen.
3 Natürlich ist JStadion gemeint.
* A. Fugger.
^ Von Tengnagel's Hand: Erasmi manu.s.
444 Horawitz.
Fr ei bürg. XV. 13. April 1530.
Erasmus an Johannes Choler.
S. P. Quas ex Italia reuersus ad me dedisti recepi, '
nihil potuit illis accidere gratius, tantum adieriint uoluptatis
ac solatii. Utinani in effingendo ornatissimo Antonio- uel
Apellem-^ praestare qneam, sed illi doleo propemodum conti-
gisse Clioerylum, qua de le nonnihil attigi proximis literis, quas
huius urbis tabellario publico nuper dedi, qui et tuas ni fallor
attulerat.
Maius dicitur inauspicatus pangendis matrimoniis unde
prouerbium, mense Maio nubunt malae, utinam sit Gennaniae
tranquillandae felix. Caesar nimium haeret in Italia ac plus
satis indulgere uidetur animo poutiticis, in cuius gratiam urget
florentissimam Italiae ciuitatem. ' Germanieae tragoediae nullam
uideo catastrophen, ni deus quispiam inexpectatus sese prot'erat
e machina. Si legisti nostram epistolam ad Uulturniura^ illis
ostendi uiam finiendis hisce tumultibus quamquam ea epistola
mihi magnos tumultus excitauit Argentorati, quum nee ciuitatem
attigerim nee sectam ipsani, sed quosdam, qui iactantes Euan-
gelinm sua uita laedunt causam cuius uideri uolunt propugna-
tores nee minus libere paiteni alteram admoneo. Uenio nunc
ad alteras litteras tuas. Öi Liuius meus uera narrauit, audisti
miserabilem historiam. Uenit huc pridem R, D. Christophorus,
episcopus Augustensis non ob aliud, nisi ut uideret Erasuium,
quemadmodum aiebat. Attulit duo pocula magni pretii et in
his ducentos florenos. Demiror si uirum non et itineris et
benignitatis poenitet. Gerte ego nihil illo uidi uel humanius
uel moribus commodioribus. De Italia accedo tuae sententiae
nisi quod huic aliquo migrare libet in ciuitatem frequentiorem.
Ubi typogi-aphi redierint e mercatu Francofordiae statuetur
• Oberhalb der Zeile steht das iu den Text aufgenommene recepi.
2 Fugg-er.
3 Zweimal geschriebeu.
^ Wie richtig Erasmus urtheilte, zeigt die Darstellung bei Rauke, deutsclie
Geschichte, III. 156.
5 Geldenhauer. Ueber den Streit mit ihm, cf. Baum Capito, Bucer 464 flf.
Erasmiana. I. 445
aliquid. De Aiigusta adeunda nihil decerni potest, nisi finitis
comitiis. At quando hoc est? Et interim an hie tuto sedere
liceat nescio, maxime si Caesar quod niina(n)tur uti coepit
austerioribus remediis. Quanquam ab illo non minus (s)ibi
metuunt sacerdotes quam a Lutheranis.
Antonio nostro tantillum officiolum tam fuisse gratum
magnopere gaudeo. Datums operam, ut illius caudidissimo
ingenio pro mea uirili respondeam. Meretur hoc hominis
eximia probitas, ut etiam gratis ametur ac celebretur.
Quoniam mihi uisus sum animaduertisse tuum ingenium
non prorsus abhorrens a meo proximis litteris quaedam liberius
effudi in sinum tuum quae sie interpretaberis, ut non ab ulla
maleuolentia sed a sincero amore, quam in Luscinium, ' tu(u)m,
in Antonium profecta. Bene uale, uir candidissime.
Friburgi, 13. die April An. 1530.
Erasmus uere tuus manu propria.
Non relegi, ignosce si quid delirauit calamus.
Aussen :
Clarissimo uiro D. Joanni Cholero praeposito Curiensi.
Augustae.
Dabei steht wohl von Choler's Hand: Respondi 5. Mai
1530. und von Tengnagel : Erasmi manus.
Autograph aus dem Cod. Palat. Viudob. 9737. c. f. 7.
Dillingen. XVI. 10. April 1531.
Christoph von Augsburg an Erasmus.
Salutem p. d. Nihil habeo quod ad te scribam amice
carissime, nisi quod rex Ferdiuandus se contulit ad Bohemiam
et Morauiam, animo petendi aduersus iidei Christianae inimicum
subsidium. Uerum, ut audio, recusant praestare pecuniam. Sed
in euentum quo Thurca eos inuaserit, obtulerunt pro Morauiae
ac Schlesiae defensione 25000 bellatorum. Narrant pontificem
obsedere Ciuitatem Senarem, licet sint qui asserant, haue esse
' Ottomarus Luscinius (Nachtigall), der bekannte Feind der reforinatorischeu
Richtung.
446 Hor;iwitz.
fictam et quod pontifex sub hac umbra intendat expellere ducem
Ferrariensein. Dux de hoc admonitus ne opprimatur imperatus
incipit adornare initia belli.
Ferdinandus ac sui asseriint Thurcam iter aduersus Ger-
maiiiam arripuisse, sed mercatores fortiter in contrarium clamaut,
aflinuaiites Tliurcaui hoc anno necquaquam inuasurum Germa-
niam, quod inter ista uerius, experiemur in breui et fortassis
non sine nostro periculo.
Quidam bonae fidei uir retulit mihi Thurcam Feidinandi
oratoribus sing-uificasse (!) pontificem, Gallos, Uenetos ac non-
nuUoö Germaniae principes ipsum ad inuadendum Ferdiuandum
sollicitasse et hoc post regis captiuitatem.
Idem retulit eisdem oratoribus omnia in consilio Augu-
stensi tractata et conclusa non aliter, quam si consilio inter-
fuisset, inter alia diem ac mensem, quibus Ferdinandus in Ro-
manum regem esset ' eligendus designaudo principes, qui eandem
electionem impedire conati fuerint; quid ex talibus fabulis boni
sperandum de re Christiana, non satis intelligo.
Lutherani apud nos multum laborant pro abditione missae,
nee ut arbitror desistent, donec obtinueriut. Augustenses hoc
anno amouerunt a senatu socerum Anthonii2 Fucheri, uirum pium
ac prudentem non ob aliud, quia noluit adhaerere Lutheranis.
Ista uohii tibi signiticare (!) non ob aliam causam, nisi
ne Polyphemus sine meis literis ad te rediret. Cui precor
omnem felicitatem. Ex Dillingen 10. Aprilis anno MDXXXI.
Tuus episcopus
Aussen: Augustensis.
Excellcntissimo theologo Erasmo Roterodamo Amico ex
animo dilecto.
Friburgi.
Von anderer Hand: 10. April 1531.
Turca
T^T i. /.VI 1 electione Ferdinandi
Notra (!) de . ^
in regem liomanum
negotio religionis Augustae.
Autograph aus dem Codex Hist. 47 der königl. Bibliothek zu Stuttgart
fol. -jff.
' Die Hs. hat esse.
2 Die Hs. Athonii.
Erasmianii. I. 447
Freiburg im Breisgau. X\ IL April 1531.
Erasmus an Viglius. '
S. P. Utinam esset aliquid mi Vigli, qiiod hie tibi possim
polliceri, tuis uirtutibus dignuni. Zasio scripsi, nee enim aliter
colloquimur, respoudit chzk yp'J idque praeter morem suuin. Si
quid illi accideret^ arbitrur successuruin Bonifaciuni Ainerba-
cbium. Nee ulla uocat hie iiuue professio. De Cannio^ noliin
de posthac meaiinisse. Excusat se per litteras atque etiam
incusat. lam sacrilicus factus est; nulim superioris ufFensae
uestigium superesse posteaquam iam est alius.
Me uehementer delectauit tarn honorificum Alciati ^ de te
testimonium. Ego sane praeclarius arbitror a tali uiro laudare,
' Viglius ab Ayta (Zuichenius) war ein Friese. Er wurde am 19. October lüU7
geboren, als Sprössling eiues hochadeligen alten Geschlechtes. Er studirte
in Löwen, Dole die Rechte, wurde 1529 zu Valence Doctor legum,
später Professor zu Bourges und Padua, dann Official des Bischofs zu
Münster, Assessor beim Kammergerichte zu Speier (1535), 1537 au die
Universität Ingolstadt berufen, wo er mit grossem Rulime lehrte. Von
vielen Fürsten begehrt und gesucht, wurde er zu Gesandtschaften benützt,
war k. Commissär in der Sache des Erzbischufs von Köln, Hermann von
Wied (cf. Ranke deutsche Geschichte IV f.), war dann geheimer Rath der
Statthalterin Marie in den Niederlanden, stieg immer höher und starb
als Präsident des Staatsrathes, Siegelbewahrer und Kanzler des goldenen
Vliesses am 8. Mai 1577 zu Brüssel. Ueber seine Schriften cf. Gesner
Bibliotheca, Franc. Swertii Athenae Belgicae. Burscher Spicilegium X.
Es existiren mehrere Briefe, die den Verkehr des Viglius mit Erasmus
bezeugen. So der erste schüchterne Schülerbrief (Opera 1156 a. 15"29),
in dem Viglius dem Erasmus verspricht, ihn gegen dessen Feinde ver-
theidigen zu wollen, worauf dieser fein ablehnend antwortet: malim te,
mi Vigli, in Musarum uiretis ludere quam cum Carcinis et Planodor[)iis
conflictari (1160). Dabei ist aber Erasmus ausnehmend artig gegen den
Jüngling, den er sogar einlud und dem er in unserem Briefe, in dem
er ihm freilich die Hoffnung auf eine Berufung nach Freiburg (um 1531)
benimmt, ein glänzendes Loos propiiezeit. Später warnt er ihn vor dem
Ciceroniasmus (Opera III. 143Ü) und unterrichtet ihn über seine Fehden
und Antipathien (Opera III. 1754, 1756, 1759). Viglius gibt ihm hin-
wiederum Nachrichten über die wiedertäuferische Bewegung und ihren
Ausgang (Spicileg. X. 6. 8. ff.). Cf. das treffliche Buch von Stintzing:
U. Zasius 290.
2 Die Hs. hat Canio.
^ Ueber den berühmten Alciat. Stintzing: Zasius.
448 Horawitz.
quam inaurari. Non ' sie potent istis ingenii dotibus deesse
splendida fortuna. Sed suum quaeque tempus habent et ut
Theocritus ait: Tic y.v* hipioc ia ok Y'-Vve-ai iv /£'.[xöjv. Bene uale.
Postridie id. Aprilis 1531. Friburgi Brisgauorum,
Erasmus Rot.
mea manu.
In Script. Ornatissimo Juueni Viglio Phiysio apud Bi-
turiges.
Adscripsit Viglius: Accepi Biturigibus anno 1531. 18. Maii.
An.s der Papenbr. Nr. 2 der Bibl. Acad. Lugd. Bat. durch die Güte
des Herrn Dr. v. Rieu abschriftlich erhalten.
Freiburg? XVIII. 1. November 1.5.S1.
Erasmus an Johannes Choler.
S. P. Male sit isti chiragrae et alio demigret ad tali
dignos malo. De Fuggeri animo nihil unquam dubitaui. In hoc
nido hibernandum est, prorsus expecto grauem tragoediam.
Hieronymus Aleander archiepiscopus nunc est apud Caesarem
legatus cum plenissima potestate, nee dubito quin fuerit Lu-
tetiae et hanc Camarinam mouerit apud Theologos, ut ederent
suas determinationes. Eodem tempore adfuit illic Eccius; qui
quod istic subito ceperit ita saeuire in me, non dubito quin
fecerit Aleandri litteris irritatus. Aleander quum ante annos
ferrae nouem adferret bullani aduersus Lutherum hoc animo
uenit, ut prius perderet Erasmum, quam quicquani ageret ad-
uersus Lutherum nee eiusmodi uoces continuit. Ac tum quidem
adnisus est pro uiribus, ut me extingueret, sed non successit.
Nunc irritatior est, quod in bis, quibus respondeo Alberto Pio -
subinde taxatur nemine diplomatophoro. Quidam aulicus Caesari
ualde familiaris subindicauit mihi hos prineipum conuentus et
eruditorum consultationes nihil esse nisi ceremonias, eeterum
• Ist doch wohl non und nicht nos zu lesen, wie der Text hat.
2 Albertus Pius, Fürst von Carpi, Todfeind Luther's, gerieth in einen
heftigen literarischen Kampf mit Erasmus. Sehr genaue Darstellung des
Streites bei Hermann von der Hardt (Ilist. lit. Reformat. p. I. 107. 180).
Erasmiana. I. 44«?
per occultos ueredarios omnia geri ex praescripto pontificis.
Plus ' Albertus et Aleander erant una auinia et iitrunque - plu-
rimi facit pontitex. Carolas parat colloquium cum regibus Gallo
et 3 Anglo. Spirense collegiuin euanuit nee dubium est, quin
haec omnia tiant ex praescripto pontiticis, qui Cardinales omnes
conuocauit Romam ad natalem Christi. Hac uia uisum est
sopire orbis dissidia. Excursus est Lutetiae liber famosus ac
simpliciter furiosus ficto titulo Julii Caesaris Scaligeri. ' At ego
illie phrasim Aleandri non minus agnosco, quam noui taciem.
Non sum tarn stupidus, ut non intelligaui quorsum tendant
haec proelia. Habeo Aleandrum apud Caesarum, Bedam Lu-
tetiae, Leum in Anglia, Eccium in Germania, Luscinium apud
Ferdinandum Monachos ac Theologos plerosque ubique. Ex-
pectamus exitum fabulae, quam utinam dominus uelit esse
felicem. Censuras facultatis Theologiae Parisiensis quanquam
sunt ineptissimae ac simpliciter calunmiosae, hoc consilio cura-
rant edendas, ut principibus dicere possint : Ecce iudicium
summae facultatis de Erasmo. Luscinius ' aestate superiore in-
uisit Galliam et collocutus est cum Sadoleto, episcopo Carpen-
toratensi. Is communicauit Luscinio quoddam arcauum de
opprimendis sectis. Id Luscinius iactauit Basileae. 8uspicor
huius occasione accitum ad Ferdinandum. Censuris Theologorum
iam respondi. Curabo excudeudas. Quanquam ibi nihil est, id
quod non decies responderira Leo, Bedae, Pio etc. Haec mi
Choleri nolim spargi in uulgus, poteris tarnen si uidetur signi-
ficare R. D. episcopo Augustensi. Bene uale. L die Nouembris
153 L Remos salutatis amanter, quibus scribam breui uolente
Christo,
Erasmus Rot. tuus ex tempore
Ornatissimo uiro D. D. Joanni Cholero praeposito Curiensi.
Tengnagel: Erasmi epistola.
Aus dem Cod. Pal. Vindob. 9737. c. f. 9.
Augustae Vindel.
' ,et' ausgestrichen.
- ,uel' ausgestrichen.
3 ,rege' ausgestrichen.
* Veranlassung zu dem wütheuden Ausfalle des Joli. Scaliger gab Erasmus'
Urtheil über die Cicerouiaaer. Cf. Hess Erasmus 11. 38U. fl*.
^ Hier ist etwas ausgestricheu : ,anno'?
450 Horawitz.
Dillinffen. XTX. 2. Januar 1532.
Christoph von Augsburg an Erasmus.
Salutem p. d. Misit ad me Cholerus literas a te ad ipsum
scriptas, e quibus intelligo, Theolog-os Parisienses nonnullas
contra tua scripta emisisse determinationes. Hucusqiie non potui
nancisci exeniplum, unum abs te peto, ut in responsione eos
tractes pro meritis ac propriis dcpingas coloribus. Quid boni in
tantis iidei dissidiis scripserint, non uideo. Nee arbitror in istis
aduersum te caluraniis aliud quam conclusiones, illationes ac
corolaria scripsisse.
In tuis nouis epistolis folio 13'^ ad Cutbertum Tonstallum '
inter alia scribis haec uerba: deinde constat temporibus apo-
stolorum fuisse synaxim, quam laici inter se faciebant adhibita
precatione et benedictione et eum panem appellabant corpus
domini et cetera. Sunt quidam, qui de hoc dubitaut, idcirco
uelis indicare locum, unde hoc probari ualeat. De Oecolam-
padio uai'ii apud nos sparg-untur rumores, nonnuUi asserunt
ipsum in tumultu occubuisse, alii a mulieribus occisiim, quidam
uero referunt morbo periisse, uarietas rumorum praestat in-
dicium nullum horum inniti ueritate. De Pontitice ac Caesare
penitus nihil habemus, quid nobis paritura sit dieta Ratis-
ponensis exspectabimus. Utinam Christus dig-netur interesse,
ut tandem aliquid dignum Christiano nomine concludatur, qni
tibi semper assistere dignetur. Vale. Ex aedibus uostris Dil-
lingae 2. Januarii anno 1532.
Tuus Episcopus Augustensis.
Aussen:
Erasmo Roterodamo theologo amico suo summo.
Von anderer Hand:
Episcopus Augustensis.
1. Inuehitur in scripta Theologorum Parisiensium, quae
contra Erasmum ediderunt.
2. Quaedam Erasmi de coena DOMINI uituperat.
3. Rumores uarii de obitu Oecolampadii.
2. Januarii 1532.
1 Tonstall Cuthbert, Bischof von London, war ein alter Freund und Mäcenas
des Erasmus.
Grasmiana. I. 40l
Dillingen. XX. 4. April 1533.
Christoph von Augsburg an Erasmus.
S. p. d. Accepi tuas litteras una cum symbnlo ac nouis
Chrysostomi homiliis ' (1.) legam et postea singuificabo (!) iudi-
ciuni ; sed quid opus est iudicio, quum nihil abs te exeat, quin
sit ex omni parte perfectum, hoc omnes docti palam atte-
staiitur paucis cerebrosis theologis ac monachis demptis, qui
quidem per hoc nihil aliud efficiunt, quam quod propriam dete-
ffunt stultitiam.
(2.) Rumor est, regem Ferdinandum cum suo aduersario
de consensu Turcae concordatum, (de) quibus conditionibus adhuc
nihil certum habemus, nisi quod Ungaria remaneat penes Fer-
dinandum, omni hora expectamus totum tenorem concordiae.
(3.) Augustenses iam multo tempore consultarunt de missa
et imaginibus instigantibus eorum predicatoribus. Timendum est,
ne expellant missam et imagines una cum toto clero.
(4.) Nowerenberges in hoc mutauerunt missam, quod non
celebrant nisi adsint communicantes ^ nee demonstrant sacra-
mentum populo prout antea consueuerunt,
(5.) Pontifex de consilio genei-ali inducendo scripsit ad
circulos Germaniae prout in cedula tuis introclusa continetur,
pari forma imperator Germaniae scripsit, tamen nunc audio,
nihil aliud fuisse quam uerba.
(6.) Quantum ad errores Cardinalis Caetani (7.) attinet,
crederem primam propositionera scilicet licitum uiro fornicante
uxore ducere alteram uerissimam per expressum sex (!) Matthaei
11. 9. cuius uerba sunt: si quis dimiserit uxorem nisi causa
stupri et alteram duxerit, adulterium committit, ergo si stupri
causa ipsam dimittit et alteram ducit, non committit adulterium.
Non uideo quis alius sensus possit ex iis uerbis elici, modo
non obstat Paulus Corinth (7.) dum dicit: non ego sed dominus
. . . ubi uidetur iubere quod praeter ullam causam liceat uiro
dimittere uxorem et alteram ducere quare uerba Pauli sunt
intelligenda secundum mentem Christi in praeallegato loco Mat-
' J. Chrysostomi Homili.-ie aliquot ad pietateni siunniopere conducentes
nunc priinum versae et edit. per E. R. Basileae, 1533, 8.
2 Christoph von Stadion schreibt ,comonicantes'.
4o2 Horawitz.
thaei 1. 9. dicunt iureconsulti^ quod dictum doctornm sit
intollig-enduiii secundum leg-eni, qiiani allegat sanctus Paulus
ubi supra dum dicit uon ego sed dominus demonstrat
lücum Mattliaei 1. 9. (8.) ut retulerunt theologi. Sequitur igitur
quod secundum eundem locum uerba Pauli sint intelligenda et
Christus ' excepit causam stupri ergo eandem uidetur excepisse
et Paulus, pro hoc faciunt, quae tu multum erudite scripsisti
in supputationibus aduersus Natalem Bedam. (9.)
(10.) Confessionem auricularem non esse institutam a
Christo eandem opinionem tenent Canonistae in causa
omni utriusque sexus de peccato - et remissione '^ ubi Panor-
mitanus Gratianus multos refert eandem teneutes opinionem.
In causa ^ porro de peccato •" et gratia '' faciunt, quae tu copiose
pro hac parte scripsisti in apologia aduersus Leum (11.) super
locum actorum 1. 9. annunciantes actus suos et omnes auctori-
tates ac rationes quae pro altera parte solent adduci parum,
faciunt et nihil probant meo iudicio.
(12.) Melius esse quod orationes dicantur in lingua uulgari
in ecclesia quam lingua Latina crederes uerissimum, cum per
hoc intentior ac maior redderetur auditorum ac interessentium
deuotio, nee uerbum Dei ad unam autalteram sermocinationem
est allegatum quid igitur obstat, quin omni lingua possit pro-
nunciari.
(13.) Quantum ad coelibatum ' clericorum attinet crederem
expedire ut ipsis permitteretur matrimoni contractus nee uideo
micam rationis cur id fieri non debeat aut non possit, hoc
consuluit Panormitanus in eanone ^ cum olim declarat con-
iugium nisi quod ibidem fuit in eodem errore, in quo nunc
plures sunt uidelicet quod actum saeerdotibus non possit per-
mitti propter uotum, quod sit de jure diuino, quod tamen meo
' Stadion schreibt ,Cristus'.
2 Der Codex liat nur ,pe/'.
3 Codex ,re/'.
* Codex ,c'.
5 Siehe Note 2.
6 Codex ,g"'.
■^ Stadion schreibt ,celebatum'.
8 Der Codex hat nur ,c'.
Ernsmiana. I. 453
iiulic'io nequaquain obstat, cum iuramentum non minus sit de
iure diuino, quam uotum et tarnen si quis decein praestitisset
iuramenta de non contrahendo et contraheret, ualeret matrimo-
nium Omnibus iuramentis non obstantibus, hoc modo disponunt
iura Cauonica, cur igitur non idem iuris, si quis contra uotum
contraliat, cum uotum non raaiorem uim habeat de iure diuino,
quam iuramentum et si quid ultra habet a iure positiuo ergo '
istud ius potest tollere quuui illius sit'-^ tollere cuius est et
condere. Cur igitur non tollit cum tot praegnantes rationes sint
prae manibus , ut resistentes uix a calumnia excusari possint.
Utrum discordia orta inter coniuges huiusmodi sine spe
remedii sit rationabilis causa dispensandi ut scilicet uterque
cum aliis contrahat conjugium consensu accedente non ausim
hoc affirmare propter hoc dictum: quod Deus coniunxit horao
non separet. Illud tarnen mihi uidetur si uire diuino tieri
posset quod sibi usurpat ecclesia, uidelicet quod matrimonium
legitime contractum ante subsecutam copulam praeter ingressum
unius coniugum religionem dissoluit quod in casu praeposito
idem fieri possit cum adsit efiicacior dissolutionis causa. Sed
apud me non est sine dubio, an ecclesia matrimonium legitime
contractum praeter ingressum vitae genus possit dissoluere,
quum nusquam in literis diuinis reperiatur hanc potestatem
ecclesia traditam. Haec de Caietani sentio^ erroribus quae
tum omnia tuo submitto iudicio, cui precor bonam ualetudinem
Datum apud Dillingam 4. Aprilis. Anno 1533.
tuus
CristofForus
Episcopus Augustensis.
Autograph ans dem Cod. Hist. 47 der königl. J3ibliotliek zu Stuttgart.
Fol. 7. ff.
' ,et' au.sgestrichen.
2 Wie oben.
3 Stadiou schrieb ,sensio'.
454 Horawitz.
Wien. XXI. 27, April 1533.
Bernardus EpiscopuH Tridentinus an Erasmus.
Venerabilis in Christo, egregie, nobis sincere dilecte.
Quod ob absentiam nostram antea peragere nequiuiruus, nunc
postremis literis uestris adnioniti pro Glariano ' uestro quin-
quaginta florenos et pro persona uestra triplicatum munus a
Regia Maiestate obtinuimus. Verum quum hoc tarnen non con-
tenti fuerimus in praecipui amoris signum, quo uos semper
prosecuti fuimus, ultra iHud ex nostris quinquaginta florenos
uobis dono mittimus, ut in totum 200 florenorum munere gau-
dere possitis, neque ob id uobis persuasum esse uolumus, Stu-
dium nostrum antehac uobis defuturum esse, quum uobis cordi
sit, quibuscunque in rebus possimus, ita uobis gratificari uelle,
ut officium nostrum expectationi uestrae correspondeat. Viennae
die XXVII. Aprilis M. D. XXXVII.
Bernardus miseratione diuina.
S. R. C. Cardinalis et Episcopus Tridentinus.
Aussen als Adresse :
Venerabili in Christo, egregio, nobis sincere dilecto
Domino Erasmo Roterodamo Sacrae Theologiae Professori.
Friburgi.
Aus dem Cod. hist. Stuttgardiensis 47. Fol. 7 fi".
Als Note von anderer Hand:
Episcopus Tridentinus Erasmo nummos mittit partim sua
liberalitate, partim Ferdinandi Regis munificentia.
Autograph aus dem Cod. hist. Stuttgardiensis 47. Fol. 11.
1 Es ist natürlich Heinrich Loriti Glareanus der Freund Zwingli's, Rhe-
nanus u. A. gemeint. Cf. H. Schreiber H. Glarean. 1837.
Krasiuiiinu. I. 405
AXII. s. 1. i'l anno.'
Erasraus Roterodamus Nicoiao Ellenbogio - suo fratris viice
dilecto. s. d.
Hieronyiuus ad proximuni auctuninum absoluetur. Nouura
testamentum praecipitatum est uerius quam editum, 3 ut in hoc
sane genere superiores omnes uicerimus. Quod nostris nugis
delectaris, aino ttium candorcm et studiuiu orga ine tuum am-
plector; laudeni nihil nioror. Hoc gratius fuerit, si Christo me
commendas, a quo pruhari uera felicitas est. Tua phrasis sim-
plex, aperta, puraquo et ingenii simulacrum prae sc ferens me
uehementer delectauit. Si iudicabis laborem nostrum, quem in
jioui testanienti editione insumpsimus utilem fore ad rem Chri-
stianam, fac et alios ad idem inuites Studium. Bene ualc,
Nicolae carissime.
Aus dem Cod. Ottobnr. epist. 100 libri soc. pag. 168''. Dureli den
Herrn Bibliothekar von Ottenbenren gütigst übermittelt.
1 Ans inneren Gründen, vor Allem ans dem ersten Satz schliesse icli, dass
dieser Brief ins Jalir lölO oder 1517 gehört.
2 Nicolans Ellenbog (über ihn vgl. L. Geiger Vierteljahresschrift für
kathol. Tlieologie von Wiedemann 1«70, Nachtrag ebenda 1871), Tlieolog,
Vertheidiger Keuchlin's, trat später gegen die Reformation für das
Mönchsleben ein, als Mönch zu Ottobeuern starb er 154.S. Ein Brief des
Mönches voll Devotion gegen Erasmus, dessen Herold er sein wolle
(schon vom 30. März 1516), ist abgedruckt in Opera Erasmi IH. 1.554:
dieser ist oft"enl)ar die Antwort.
3 Erschien 1510. Ellenbog bat 1. c. um ein Exemplar des N. T.
Sitzungsber. d. phil.-hist. Cl. XC. Bd. 111. lllt. 30
45G Horawitz.
Leyden. . XXIII. 2. Anglist 152 ?»
Erasmus an Johannes Lange.
Eximio theologo Joanni Langio. 2
S. p. Vir optime, Lei ^ me miseresceret, ni tarn uirulenter
se gessisset, ' etiam a suis Anglis. Habet et
Hispania Lciim altenim. Zuniga quidam ■' '' librum ut
audio satis uirulentum aduersus Fabrum ae me. Uetuerat Car-
dinalis Toletanus " defunctus. Eo mortuo prodidit "*
1 Ich nehme an, dass der Brief in das Jahr 1520 oder 1521 gehört, da
Stiinica's Anfall 1520 erfolgte.
2 Ich nahm iirsprünglich Anstand, in Johannes Lange den Erfurter zu
sehen, der zn dem mntianischen Kreise gehörte und später so ent-
schieden zu Luther hielt. Doch ist die Beziehung zu Jonas Ceratinus
und Andern, die erasmische Begeisterung des ganzen Freundeskreises,
vgl. Kamp schulte Univ. Erfurt I. 242. 244. 258, sowie das ange-
nommene Jahr 1520 so vereinbar mit der Annahme, dass Lange von
Erfurt es ist, an den dieser Brief gerichtet ist, dass ich auch an dem
Umstände keinen Anstoss nahm, dass kein einziger Brief von Erasmus
an oder von Lange an diesen vorhanden ist. Oder sollte es der Leipziger
Theolog Johannes Lange sein, der die Disjiutation zu Leipzig mit seiner
Rede beschloss? Audi für diese Annahme sprechen einige Grüiule.
^ Eduard Lee und dessen literarische Fehde sind zu bekannt, als dass
hier weiter darauf eingegangen werden müsste. Lee starb als Erzbischof
von York 1544. Zxi der obigen Stelle sei nur erwähnt, dass die Angrifle
der Freunde und Anhänger des Erasmus, die eine eigene Sammlung
Epist. erudit. uirorum de Lei uirulcntia veranlassten, auch von den
eigenen Landsleuten Lee's gebilligt wurden. Man betrachtete es als eine
Schande für England, dass Lee in diesem Lande geboren sei.
Ein Brief des Johannes Sapidus von Schlettstadt an Lee ist auf-
fallend durch die Aehnlichkeit der Eingangsworte mit jenen des vor-
liegenden Briefes.
* Man würde erwarten: ,ita tractatur, dire 'tractatur', doch ist es graphiseli
nicht haltbar.
^ Zuniga, oder wie er gewöhnlich genannt wird Stunica (Jac. Lopez) war
einer der allererbittertsten Gegner des Erasmus, von dessen Bekämpfung
ihn nur der Cardinal von Toledo — Ximenez — abliielt.
" custodit?
'' Ximenez starb 8. November 1517.
s ,suum uenenum ?' oder ,suam uesaniam'.
Erasmiana. I. 457
Opus nondum uidi. Li caueat, ne liber ucniat in manus meas.
Nescio quem finem hie tuinultus sit habiturus. Nam omnino
res ad seditionein speetat, a qua semper abhorrui. Si neeesse
est, ut oi'iantur scandala, eerte a ine profusa, deuotis animis
couspirant isti ae summuruni reihum aulas oppug-nant ac uereor
ne expug-nent. De Philippu Oecolanipadio quae iani cogno-
ueraui ex alioruni litteris, utranique epistolani tuaui recepi.
Bene ualc uir in doniino milii colende.
Lugduni postridie eal. Augusti.
Erasmus ex* animo tuus.
Autograpli im Besitze des Herrn Dr. W. Höhne in Dresden, der
die grosso Güte liiitte, dasselbe au mich zu senden. Leider ist die Sclirift
des, wie es scheint, in grosser Aufregung geschriebenen Briefes, so schlecht,
dass es viele MüIie kostete, das Vorliegende zu entziffern. Bei den drei
Lücken blieb aber ich, sowie eine Zahl sehr kundiger Fachleute völlig auf
Vermuthungcn beschränkt.
Beilage.
Herzog Georgs erster Brief an Erasmus.
(Bei Seide manu Beiträge zur Keformationsgoscliichte. 2. Heft,' S. 69.)
(Eigenhändige Niederschrift. Oline Zeitangabe.)
Cum de te lania ad me perucnit qua superemines omnes
almanos ceterasque uacioues tum sciencia cum doctrina folgeas
ita utt tu prae omnibus lumen mundi merito dici possis in
dies animus creuit tantum uidere de quo talia dicuntur ut et
uisus lioc frueretur pabulo quo auditus iam dudum refectus
est, sed quia oportunitas mihi usque huc data non est ut scircm
ubi maneres tc uisitare non ualui nunc autem te per iuclitum
Teodericum de Wertern iurium doctorem subditum et fami-
liärem meum hisque meis inpolitis litteris hac ruda latinitate
mea te uisitare non erubesco hie tibi asseret afiectum sum-
mumque desiderium meum huic credas rogo ne frustra cum
de te mittas uale feliciter.
1 Ist in Wien in keiner Bibliothek aufzutreiben, icli erhielt es aus Dresden
durch die Gefälligkeit des Herrn Directors der Hof bibliothek Dr. Förste-
raann.
30*
XIII. SITZUNG VOM 15. MAI 1878,
Se. Excellenz der Herr Curator-Stellvertreter Ritter von
Schmerling theilt mit, dass Se. kais. Holieit der durclilaucli-
tigste Herr Curator der Akademie die feierliclie Sitzung am
29. Mai d. J. mit einer Ansprache eröffnen werde.
Se. Excellenz der Herr Curator-Stellvertreter übermittelt
ferner das , Militär-statistische Jahrbuch für 1874', IL Theil.
Der Vicepräsident der Akademie Herr Hofrath von Arneth
überreicht ein Gesuch um eine Subvention behufs der Vollendung
des von dem verstorbenen Legationsrathe Alfred Ritter von
Vivenot begonnenen Quellenwerkes, welches die wichtigsten
Acteustücke zur Aufhellung der Politik Oesterreichs von 1792
bis 1801 mitzutheilen bestimmt war.
Von Herrn Theodor Gärtner, Professor an der k. k. Staats-
unterrcalschule im fünften Bezirke, wird ein druckfertiges Manu-
script, betitelt: ,Die Grediier Mundart, von den wichtigsten
spi'achvvissenscliaftlichen Gesichtspunkten aus dargestellt' mit
dem Ersuchen um Gewährung eines Druckkostenbeitrages ein-
gesendet.
459
Das w. M. Herr Dr. Pfizmaier legt eine für die Sitzung-s-
berichte bestimmte Abhandlung: ,üer Pulast Josi-teru's' vor.
Das c. M. Herr Professor Dr. Benudorf in Wien über-
sendet eine Abhandlung des Herrn Dr. Wilhelm Klein in Wien,
welche betitelt ist: ,Euphroniüs. Eine Studie zur Geschichte
der griechischen Malerei' um deren Aufnahme in die Denkschriften
angesucht wird.
Von Herrn Dr. J. Strobl, Universitäts-Professor in
Czernowitz, wird eine Abhandlung unter dem Titel: , Berthold
von Regens bürg und der Schwabenspiegel' mit dem Ersuchen
um 'ihre Aufnahme in die Sitzungsberichte eingesendet.
»An Druckschriften wurden vorgelegt :
Akademie der Wissenschaften, ungarische: Ertekezesek a nyelv- es szeptu-
domänyok köreböl. V. Kötet. No. 1—10. Budapest, 1875/76; 8^. —
VII. Kötet. No. 1 u. 2. Budapest, 1877; 8".
— — Ertekezesek a törteuelmi tudoini^nyok köreböl. V. Kötet. No. 2 — 6.
Budapest, 187Ü— 70; 8'\ VII. Kr.tet. No. 2 — 4. Budapest, 1»77 ; S'\
— — Munuaienta Ilungariae historica. I. Abthcilung. 25. Band. Budapest,
1876; 8«. II. Abtheilung. Scriptores, 11., 21., 28. u. 29. Band. Budapest,
1877; 80.- IV. Abtheilung. 1.— 4. Band. Budapest, 1876; 8".
— — Ertekezesek a tarsadalnii tudoniüiiyok köreböl. III. Kötet. No. 7, 8
u. i). Budapest, 1875; 8'J. IV. Kötet. No. 1, 2, 3, 8 u. 9. Budapest,
1876—77; 8".
Evköiiyvei. XVI. Kötetenek, 1. Heft. Budapest, 1877; i'\
Arehaeologiai Ertesitö. IX. Kötet. Budapest, 1875; 8'\ X. Kötet.
Budapest, 1876; 8«. XI. Kötet. Budapest, 1877; 8".
— — Arehaeologiai Közlemenyek. X. Kötet. 1. Heft. Budapest, 1865; 4".
XI. Kötet. 1. u. 2. Heft. Budapest, 1877; 4«.
— — Ertesftöje. 9. Jahrgang. Nr. 13 bis 17. Budapest, 1875; 8«. 10. Jahr-
gang, Nr. 1 — 6. Budapest, 1876; 8». 11. Jahrgang. Nr. 12 — 17. Budapest,
1S77; 8".
_. _ Magyarorszdgi regeszeti emlekek. II. Band. 2. Theil. Budapest,
1875/76; gr. 4».
460
Akademie der Wisseiiscliaften, ungarische: Nyelvtudomdnyi közlemenyek.
XII. Band, 2. Heft. Budapest, 187G; 8». XIII. Band, o Heft. Budapest,
1877; 8». XrV. Band, 1. Heft. Budapest, 1878; 80.
— — Nyclvemlekttir, regi magyar codexek es iiyomtatv/inyok. IV. Band,
1. Theil. Budapest, 187G; 8". V. Band, 2. Tlieil, Budapest, 187G; 8".
— — Mouumenta coniitialia regni Huugariae. III. Band (1540 — löüO). Buda-
pest, 187G; 80. V. Band (1ÖG4— 1572). Budapest, 1877; 8".
regui Transilvaniae. I. Band (1540— lö5G). Budapest, 187G; 8».
III. Band (157G-159G). Budapest, 1877; 8''.
— _ Literarische Berichte aus Ungarn; Paul llunfalvi. I. Ban<l, 1. bis
1. Heft. Budapest, 1877; 8".
— — Magyarorszäg helyrajzi törtenete; Jakob Kupp. III. Band. Budapest,
1876; 80.
— — Magyar-ugor összehasonlitö szöt/ir; Jos. Budenz. ;!. Heft. Budapest,
1877; 80.
— — Bonfiniusnak mint törtenetironak jellemzeso; August Hol mär. Buda-
pest, 1876; 8". — Regi magyar költük tara; A. Szilddy. Budjepest,
1877; 80. — Kazäui-tatär nyelvtanulnuinyok; B. G. Szeutkatolnai,.
1., 2. und 3. Heft. Budapest, 1875, 1«76 und 1877; 80. — A leveltdrakrol
tekiutettel a magyar allamleveltjir-ügyre; E. Jabab. Budapest, 1877; 80.
— Hazai es külföldi folyoiratok magyar tudomÄnyos repertöriuma; Jos.
Sziunyei. II. Abtheilung, 1. Band. Budapest, 1876; 80. — Kortan.
Gekrönte Preisschrift; L. Kranz. Budapest, 1877; 40.
Bonn, Universität: Akademische Gelegenheitsschriften vom Jahre 1877;
62 Stücke; 40 und 80.
Gesellschaft, k. k. geographische, in Wien: Mittheilungen. Band XXI
(n. F. XI), Nr. 3. Wien, 1878; 4".
Hintner, Val. Dr.: Beiträge zur tirolischcu Dialektforschung. Wien. 1878; 8".
Jahrbuch, militär-statistisches für das Jahr 1874. II. Theil. Wien, 1878; 40.
Mittheilungen aus Justus Perthes' geographischer Anstalt von Dr. A. Peter-
mann. 24. Band, 1878. V. Gotha; 4o. Ergänzungsheft Nr. 54. Die Ethno-
graphie Eusslands, nach A. F. Rittich. Gotha; 40.
,Revuc politique et litteraire' et ,Revue scientifique de la France et de
TEtrauger-. VIP Annee. 2« Serie. Nr. 45. Paris, 1878; 40.'
Society, the American geographica!: Bulletin. 1878. Nr. 1. New- York; 8».
Special- Comite der k. k. Central-Commission für die Anthropologisch-
ethnographische Ausstellung: Katalog. Weltausstellung 1878 zu Paris.
Wien, 1878; 8«.
Pfizmaier. Der Palast Josi-tern's. 461
Der Palast Josi-teru's.
Von
Dr. A. Pfizmaier,
wirkl. Mitglied der k. Akademie der Wissenschaften.
Indem der Verfasser die den Titel : ,Der Schauplatz des
Palastes Josi-teru's' führende Fortsetzung der in der früheren
Abhandlung: ,Die Zeichnung der zwei Pa' gebrachten Erzählung
erklärt, fügt er zu dem in der Einleitung zu jener Abhandlung
Gesagten noch hinzu , dass in sprachlicher Hinsicht der Text
dieser Fortsetzung an vielen Stellen den genannten ersten
Theil an Schwierigkeit überbietet, was um so mehr zu ver-
wundern, als man allgemeine Verständlichkeit als nothwendige
Eigenschaft derartiger Werke voraussetzen sollte.
Hieran mögen dialectische Verschiedenheit und die Ein-
mengung unbekannter Wörter der gemeinen Sprache haupt-
sächlich die Schuld tragen, allein auch die Darstellung im
Ganzen ist eigenthümlich dunkel, so dass manche Handlung
erst aus dem eingeschalteten , oft ebenfalls unklaren Dialog
errathen werden muss.
In letzterer Beziehung werde zum Verständniss die Bemer-
kung vorangeschickt, dass Fürst Josi-teru, nachdem er auf
dem See Bi-wa eine Lustfahrt gemacht, wieder landet und in
seinen Palast zurückkehrt, ferner, dass in dem nächsten Ab-
schnitte der für einen kaiserlichen Abgesandten sich ausgebende
Go-e-mon, nachdem er unsichtbar geworden, in dem Flurgang
des Palastes, zweien seiner Genossen gegenüber, zum Vor-
schein kommt.
-±i)2 1' fi ziuiii er.
Die Erklärung gescliali auf dieselbe Weise, wie in der
, Zeichnung der zwei Pa^ Einige neue grammatische Formen
werden bei der Durchsicht des Textes in die Augen fallen.
Hervorzuheben ist die bisweilen beobachtete Bildung eines
negativen Zeitworts mit ^*^S (ne-je), welches mit nai gleich-
bedeutend zu sein scheint. So wakarane-je statt icakaranu
, nicht verstehen', hijerare- ne-je statt kejerarenu , nicht um-
gewechselt'.
Der Sinn der folgenden Wörter Hess sich durchaus nicht
mit Sicherheit ergründen, und erhielten dieselben an den
betreffenden Stellen nur die hier angegebene muthmassliche
Erklärung :
Siko-nasi , Verunstaltung'.
KtJckaru ,es ist beschlossen'.
Me-rio , weiblicher Drache'.
Wo-rih , männlicher Drache'.
Sa-mi für sia-mi ,ein halb weltlicher Bonze'.
Zin-fai , göttliche Verehrung'. Für sin-hai gehalten.
Tatsu-hifsu für fehlerhafte Schreibart statt tappitsu ,grosser
Pinsel' gehalten.
Ziü-kai-rb ,ein Gefängniss zur Warnung'.
Te-gara-gui , Essen nach verrichteten Thaten'.
Z6-ritsu ,vermehrte Tonweise'.
Teppeki-dzio ,die Aufthürmung eiserner Mauern'.
Ki-jozi-hasi ,eine hölzerne Leiter, die man erklimmt'.
Abweichende Schreibarten chinesischer Wörter wurden
gewöhnlich nicht besonders erklärt. Ein Beispiel von dem
Gebrauche eines einen verschiedenen Sinn ausdrückenden chi-
nesischen Zeichens ist ^^H j[^ ^H mi-seo-in ,kaiscrliches
richtiges Siegel' statt des sonst einzig vorkommenden ^j|n Vm pp
mi-seo-in , kaiserliches klares Siegel'.
Der Palast Josi-tern's. 4bo
Josi-terii jakatn-uo-lni.
Der Schauplatz des Palastes Josi - terii's.
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Jutaka-na toki-ni bmi-dzi-ja arnta-ni siiltsu-rh jakata-no
kekkb sasuga-ni si-ga mijako tote saza-nami josuru koto sa-mi-
sen kono fodo mijako simn-hara-jori koko-je ne-hiki-no kei-sn
fu-ju fiki-fnne-ga muro siaku torase itodo go-ki-gen josi-teru.
Der in segenvoller Zeit auf dem Gebiete von Omi neu
zum Vorschein gekommene Palast war reizend. Es hiess so-
mit Hauptstadt Si-ga, und an die gekräuselten Wellen sich
lehnten Harfe und Laute. In dem inneren Räume des Schlepp-
schiffes der um diese Zeit aus der Hauptstadt Sima-bara hierher
reisenden, den Preis herabsetzenden, stadtumwerfenden Fu-jü
reichte den mit Wein gefüllten Becher und war überaus freund-
lich Josi-teru.
HJ ^ Siüfsu-rai ,zum Vorschein kommen'. Aus diesem
Wort wird hier ein japanisches Verbum siütsu-rb gebildet, was
sonst nicht beobachtet wurde.
464 Pfizmaier.
^ 1^ Kekkö , reizend, zierlich'. Hier wird statt Z] $?
die Sylbe ~Jj ^ gebraucht.
Ä'-^a-ist ein Kreis des Reiches Oini in der Nähe des
Sees Bi-wa.
— Bl^ ^^ >Sa-mz-.se«, eine Laute.
i^ ^ Kei-sei , stadtumwerfend' bezeichnet ursprüu§;lich
ein schönes Weib. Gegenwärtig- bezeichnet es eine Buhlerin.
3^ ^ Fu-jil , Lotosblume' ist ein Eigenname. Später
liudet sich die Schreibart /W-^'o ( y ^ ^) nnd ßi-jo {y ^ ^ ).
Das letztere ist das richtige.
^y Siaku bedeutet: den mit Wein gefüllten Becher im
Kreise umhergehen lassen.
^g Ar Josi-terii ist ein Eigenname.
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Fn-jü-wa kimi-ni utsi-mukai | sugi-si koro-jori go-den-je
iigari o-soba-wo fanarenu uresi-sa-ni fiki-kajete o-itaioasi-i-wa mi-
dai-savia do-zo go-ki-gen nawosarete-to.
Fu-jü, zu dem Gebieter gewendet, sprach: Was mir bei
der Freude, dass ich, seit der vergangenen Zeit in euren
Palast gestiegen, von eurer Seite nicht getrennt bin, zur Ab-
wechslung um euch leid thut, es ist, dass eure Gemalin auf
irgend welche Weise in ihrem Gemüthe wiederhergestellt —
^j|n B^ Go-den ,die erhabene Vorhalle oder Palast'.
:j^|n ^ Mi-dai-sama ,<lie Weise der hohen Erdstufe' oder
mi-dai-dokoro ,der Ort der huhen Erdstufe' ist eine Benennung
der Geinalinnen der grossen Würdenträger und Heerführer.
Der Palast Josi-teru's.
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Wahiru-ico uisi-hesi josi-teru-kö \ so-mo-zi-ga kotoha motsi-
inu-ni-wa na-kere-domo ano aja-no dai-ioa kuan-baku-ke-no
musume-de ari-nagava ka-siowa tori-oki gun-gakn-zuki mustime-
no zai-ni wake-mo senu ken-ziütsu jawara-to bu-ke-mekasu men-
do-sa-ni me-dori-iüa kanawana-to tozake-oi-ta-mo kimi-je sin-tsiü
tHin-to nikü-ica aru-mai-to.
Bei dieser Klage unterbrach sie Fürst Josi-teru.
— Es ist zwar nicht der Fall , dass ich von einem
solchen Worte nicht Gebrauch mache, doch jene Genialin
Aja ist eine Tochter des Hauses des Kuan-baku. Als ein
Weib, welches das Liederbuch weglegt und an der Kriegs-
kunst Freude hat, achtet sie nicht auf die Güter. Bei der
Verdriesslichkeit, dass sie durch Fechtkunst und Ringen wie
zu dem Kriegerstandc gehörend aussieht, ist sie nicht geeignet,
mir vor die Augen zu kommen. Dass ich sie entfernte und
an die Gebieterin das Herz hänge, was wird dabei Plassens-
werthes sein ?
466 Pfizmaier.
^^ Aja ist ein Eig-enname,
^^ Dai steht für mi-dai ,die Gemalin eines Fürsten^
^ ifiT Kaan-haku ,der höchste Würdenträger'.
W ^ Gun-gaku ,die Kriegskunst'.
^ Za«' ^Werthsachen, Güter'.
^(J Htf Ken-ziütsit ,die Fechtkunst'.
^ ^ /:Jw-ä;ö ,das Haus des Kriegers', der Kriegerstand.
i^ pp Sin-tsiü ,in dem Herzen'.
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Sake-ga sake-nomu ufsutsn-no ko-zio looii-knra koko-je
kosi-moto waka-na fcirxika anata-je te-wo tsukaje \ mi-dai aja-no
dai-sama tada-ima kare-je on-ide-to fi-rö-snru.
Während sie beim wirklichen Weintriuken in mündlicher
Rede begriffen waren , stellte die hierher gehörende Magd
Waka-na nach der anderen fernen Seite hin die Hände auf
und gab bekannt: Die Gemalin^ die Gemalin Aja tritt eben
jetzt hier ein.
pj _J2 Ko-zib , mündlich'.
^ ^E -^*^"''^ , offenkundig machen'.
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Der Palast Josi-feru's. 467
Josi-teru kikti-jori \ ja-a jo-ga jumsu-to hl kotoba-mo viatazu
sui-san seu-ban osi-te kitara-ba tsume-sio-no mono-domo en-rio-ni
ojobazu ßki-tate e-to ose am utsi kaslko-jori oku-serii iro-naku
aja-no dai tsume-sio-no samiirai kutsi-gutsi-ni todomere-ba.
Sobald Josi-teru dieses hörte, befahl er: Wenn man, ohne
auf das Wort meiner Erlaubniss zu warten , sich eindrängt,
um jeden Preis mit Gewalt herkommt, so sollen die Leute des
Dienstplatzes, keinem Bedenken Raum g-ebend, sie anhalten.
Unterdessen zeigte sich die Gemalin Aja nicht eingeschüchtert,
und die Kriegsmänner des Dienstplatzes hielten sie mit ver-
schiedenen Worten zurück.
-J-» Jo steht für loare ,ich'.
-|^ :^ Sui-san ,sich in eine Gesellschaft drängen'.
^^ .S Sen-ban , tausendmal zehntausend'.
Im, M^ En-rio ,ferne Ueberlegung', Bedenken.
Oku , Zaghaftigkeit'.
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So-tsi-tatsi-ga zon-zenu koto ßkajete i-jo-to 6-j6-ni go-za-no
ma-tsikaku iii-tamaje-ba \ ja-a jurusi-mo naki-ni kono tokoro-je
ki-tsu kiiai si-goku tatte juke tatte jukazu-ba josi-teru- ga te-wo
oros6-ja-to.
— Es ist eine Sache, die ihr nicht kennet. Ziehet euch
zurück! — Hiermit kam sie grossartig ganz nahe zu seinem
Sitze herein.
— Ei, man ist ohne Erlaubniss an diesen Ort gekommen.
Es ist äusserst sonderbar. Gehet auf der Stelle fort ! Wenn ihr
nicht auf der Stelle fortgehet, wird Josi-teru wohl die Hand
herablassen.
3^ ^ 0-o-jo ,die grosse Weise'. Hier die Aussprache o-jö.
468 rfiztnaier.
i^P ^ Go-za ,der erhabene Sitz^
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,das äusserste
seltsam'. Hier
Ende', äusserst.
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On-fakase-ni te-wo kake-tamo-wo todomuru fu-ju \ ijasi-i
kono ffii-wo tono-sama-no go-teo-ai uresi-i naka-ni-mo kanasi-i-wa
anata-ioo o-soha-je mesarenu-mo mina kei-sei-me-ga waza juje-to
o-sage-sumi-mo fadzukasi-i-to.
Hierauf legte er die Hand an das an seinem Gürtel
befindliche Schwert. Fu-jü hielt ihn zurück.
— Bei der Freude, dass mich, die Niedrig-e, der Gebieter
seiner Gunst würdigt, habe ich die Trauer, dass Jene nicht an
seine Seite gerufen wird. Durch ihre Verachtung, weil alles dieses
wegen der Sache der Stadtumwerfenden ist, bin ich beschämt.
Teo-ai ,mit besonderer Gunst lieben'.
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Der Palast .Tosi-teiu's. 469
Sugu-naru kotoha-ni aja-no dai | ija-no so-mo-zi-7io waza
narazu mina mi - dzuhara - ga kokoro-je-tsigai kono uje waga
kimi-no go-ki-gen-no iru jh-ni kiki-ojohi-si sato-no kotoha si-nan-
site tahe fu-jü-dono.
Auf diese geraden Worte erwiederte die Gemalin Aja:
Nein, eine solche Sache ist es nicht, es ist gegen meine eigene
Ueberzeugung. Belehret mich zudem über die mir zu Ohren
gekommenen Worte der Strasse, wie die Gemüthsstimmung
meines Gebieters sich äussert, PVäulein Fu-jü!
ijigf ^f Si-nan ,nach Süden zeigen', belehren.
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i-i-ico dd ma-a nnata-ga mnttai-nai \ ijn kokoro-ni dani kanai-
na-ha kotoha-ica oroka kei-sei-no sio-xcake-io Jara-mo nokori-rib
go-den-ziü-no fodo tanomi-masu-to.
— Ihr habet etwas im Sinne, das nicht sein kann. Wie
solltet ihr die Reden der einsamen Vorstadt für unerträglich
halten ?
— O wenn es euch nur gefällig ist, so bitte ich, ohne
dass ihr etwas auslasset, um Mittheilung der Worte, so wie
sie die Sache der thörichten Stadtumwerfenden sind.
470 Pfizmaier.
f^ ^ (rio-?" ,die hohe Absicht'.
JSnmosi-i steht für sabisi-i ^einsam, stilP.
Y|fe Ijr^ Den-ziu ,überliefern und übergeben'.
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sei~no mane-to-ioa kori-ja ki-ga kawatte omo-siro-karo tote mono-
koto-ni mi-dai-to fti-jü-ga rih-fo i-sih-wo tori-kajeru. kono siü-ko-
100 toku-sin nara me-dori-too jurusu-ga do-zia.
Bei den beständig gewechselten Worten war auch Josi-
teru wohlgelaunt.
— Bei der Aehnlichkeit mit einer Stadtumwerfendeo,
denke ich, würde der Sinn sich verändern und man würde
liebenswüi'dig sein. Bei dem Umstände tauschen die Gemahn und
Fu-jü beiderseits ihre Kleider. Wenn man auf diesen Vor-
schlag eingeht, erlaube ich euch, vor meine Augen zu kommen.
B^ "^ Rib-fo , beide Seiten^
:^ ^ I-sih ,die Kleidungsstücke'.
^^ [rt] Siü-kb ,das Vorhaben, der Entwurf. Ko u steht
hier für ka u.
^ i(j) Toku-sin , ein will igen'.
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sita-ga ijasi-i watasi-ga kono ko-sode | nan-no i-no gio-i-wo
somukanu - ga nid -go-no tsune tagai - ni i -fuku - wo fori - kajete
o-mija-dzuknje-mo mata ikkio-to.
— Da die Erlaubniss gegeben ist, werdet, ohne Bedenken
ihr, die ihr die Gemalin gewesen, dieses mir^ der Niedrigen,
gehörende Kleid mit kleinen Aermeln —
— Es ist etwas ! Dem hohen Willen sich nicht widersetzen,
ist Gewohnheit der hohen Gemalinnen. Lasset uns gegenseitig die
Kleider wechseln! Eine Palastdienerin sein, ist auch eine Freude.
-tr ^^n Nio-go ,eine Gemalin des Kaisers'. Dieselbe
steht der CH '^ (fsiu-gü) , Kaiserin' im Range zunächst.
^ ^B I-fuku ,die Kleidung'.
— • Ja. ikkib .Unterhaltung, Freude'.
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472 ' Pfiziriaier.
0-ose-m fsiiJd-so kosi-moto-domo fu-jü-ni tsuld-so sin-zo
vaka-i kai-toru i-fuku fori-kaje kise | kori-ja de-ki-ta mi-rlai-no
fu-jü kei-sei-no aja-no dai sono nari-de tote-mo-no koto-ni age-jo
iri-ga mi-tai-ga madzn sono maje-ni kuruwa- no aco-fn do-
zia-do-zia-fo.
Bei diesem Befehle schlössen sich die sich anschliessen-
den Mägde an Fu-jü. Die Zofe der Buhlerin erfasste die
gewechselten Kleider und zog sie ihr an.
— Dieses ist zu Stande gekommen. Die Gemalin Fu-jü
hat die Gestalt der als Stadtumwerfende erscheinenden Gemalin
Aja. Wenn man , wie immer es auch sei , in das hohe Haus
eintritt und besuchen will , ist es die frühere Tänzerin der
Vorstadt. So ist es, so ist es.
^ ^9j Sin-zo ^neugeputzt' bezeichnet eine Buhlerin. Sin-
zh in der gegenwärtig ebenfalls üblichen Bedeutung : ,Die Braut
eines Grossen' wird für *^ ^ (sin-zo) , tiefes Fenster'^ gehal-
ten. Hier die Aussprache zo n.
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Kinii-no gio-i somuka-ha ika-ga-to [ ha-ha ha-tsu-to nan-fo
kotaje-mo aja-no dai o-soba-ni i-nivasu ßki-fune-no mume-dzuru-
ga oku-men-nasi-ni siakuri-ide | mbsi mi-dai-sama-no dai-hn
Der Palast JoBi-teru's. 473
sonna koto-wo wo-wo sukan wasi-ja ija ino-io wosijerare \ zia-to
iüte sono jh-na osore-o-oi koto-wo nan-to situ.
— Wenn ich dem Willen des Gebieters zuwider handle,
wie ist dieses? — Jene gab lachend Etwas zur Antwort.
Die als Begleiterin der Gemalin Aja eben anwesende
Mume-dzuru von dem SchleppschiflFe trat mit zaghafter Miene
schluchzend hervor.
— Höret, Frau Gemalin! grosse Frau! An einer solchen
Sache, fürwahr ! würde ich keine Freude haben.
So gewarnt, sagte Jene : So !
— Was soll man bei einer solchen, mit grosser Furcht
erfüllenden Sache beginnen?
B^ ^S ^^"""*ß^ jöin verzagtes Gesicht'.
Hjj^ ^ Dai - bu ,ein Grosser' wird auch auf Frauen an-
p-ewendet.
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naku tatsi-agari-tamb aja-no dai nmme-dzurii-gn tatsi siko-nnsi-
wo ze-ß-naku maneru-mo kimi-no yio-i \ ivo-ico sukan wasi-ja
474 PfiziiKiier.
ija-ija i-na-a-to jo-jo-ni rio-guai-no dan-iva iku-e-m-mo o-jurut>i-
nasarete kudasari-mase-to.
— Alsu briclit man sein Wort? — Dabei veränderte er
die Züge und erhob sich ohne Widerspruch.
Die Gemalin Aja und Mume-dzuru erhoben sich.
— Dass man die Verunstaltung ohne Widerrede nach-
ahmt, ist der Wille des Gebieters.
— Fürwahr ! Meine Freude wäre es nicht , durchaus
nicht. — Es wurde allmälig ein unüberlegtes Gespräch.
— Ich bitte mehrfach, erlaubet es.
^^ d-k Ze-fi , Recht und Unrecht'.
Siko-nasi, ein sonst unbekanntes Wort, welches unten
noch einmal vorkommt, ist offenbar von siko ,hässlich' abgeleitet
und bedeutet , Verunstaltung'.
W^ :^h /?/o-^?/a/ , unüberlegt'.
^^ Dan , Gespräch'.
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nb ko-e | Ja-a jü-kib-no tarne ki-dzukase-si kono betsu-kuan-je
Der Patast .Tosi-teru's. 475
fsiokn-si-no ziü-rai jo-ga dziki-dziki o-mo ktkknai saixcai-sancai
mi-dni-no svgata-no fii-jb so-tsi-de mukbte ai-te-ni nare sore-ico
sakana-ni ikkon kuman sa-sa mina-mo via-i're to.
Man brachte es erst zurecht. In diesem Aug;enblicke
ertönten Stimmen : Der kaiserliche Abgesandte tritt ein !
— O ich habe es weg-en der Lustfahrt aufbauen hissen.
In dieses besondere Gebäude die Begleiter des Abgesandten!
Ich treffe gerade ein. Es ist sonderbar — zum Glück, zum
Glück! Die Gemalin iu der Gestalt Fü-j6's stelle sich dort
gegenüber. Man wird dieses als eine Darreichung zu der
Fischspeise einschenken. Also kommet Alle in die Gesellschaft !
^<JJ ^ Sio-te ,der Anfang'.
W] 1$ Thioku-si ,ein kaiserlicher Abgesandter',
^ Jp. Jii-kio , lustwandeln und sich vergnügen'.
Qjj ^a Bekkuan ,ein besonderes grosses Gebäude'.
;^ ^ Zlh-rai ,die ankommenden Begleiter'.
T^ \f Dziki-dziki .gerade, so eben'.
^ 'ß Ä7Mv?<a« , wunderbar, seltsam'.
— • iM Ikhm ,ein Geschenk', ein Wort für Zählungen.
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Utsi-fsnrefe iru oku-dm-wa siü-jen-no kio-ga-mo ito-take-no
sirahe on-rifsu iori-dori-no rd-ka-dzntai-m iri-kitaru tsioku-si
mi-josi teo-kei si-rb knni-naga rei-gl tadasi-ku ide-mukni tsioku-
si-no omomvki o-ose-tsiikerare-kudasarii-hesi-to.
Hiermit trat man in Begleitung ein. In dem inneren
Palaste waren die Gesänge des Weinfestes und der Einklang
der Seide und des Bambus. Indess die Tonweisen mannich-
faltig längs dem gedeckten Gange sich fortpflanzten, trat der
kaiserliche Abgesandte ein. Mi-josi Teo-kei Si-rö und Kuni-
naga kamen ihm genau nach den Regeln der Artigkeit ent-
gegen.
— Die Angelegenheit des kaiserlichen Abgesandten soll
mitgetheilt w^erden.
^ ^ Oku-den ,der innere Palast^
VPi -^ Siü-jen ,ein Weinfest'.
S "^ Kio-ka ,rasender Gesang^ der Gesang in einem
Schauspiele. Hier die Aussprache kio-ga.
On-ritsu ,die Tonweise'.
Ro-kn ,ein gedeckter Gang'.
^ ^ Mi-josi ist ein Geschlechtsname.
'Tis S ^^'5'' 'die Weise der Artigkeit'.
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üihi sasage-tstitsu tsiokn-dzib-to-no itsi-gon-ni \ ha-ha hatsu-to mi-
josi oja-ko-wa fei-jnku nase-ba tsioku-si-no mottai^
Der Palast Josi-tern's. 4:7 (
Aus dem Busen eine in einen brocatencn Beutel gelegte
kaiserliche Vollmacht ehrerbietig emporreichend, sagte er : In
dem einzigen Worte der kaiserlichen Entsehliessung —
Mit dem Ausrufe Ah! legten sich die beiden Mi-josi,
Vater und Sohn, zu Boden. Der kaiserliche Abgesandte sagte
mit wichtiger Miene :
*^ Fp Kuai-tsiü ,\n dem Busen'.
^ro ^ ^"^ ■ ^^ '^®^' eingehändigte kaiserliche Wille , die
Vollmacht'.
Wi ^ Tsioku-dzib ,die kaiserliche Bestimmung oder
Kntschliessung'.
— • "^ Itsi-gon ,ein Wort'.
2p 'f^ Fei-fnku ,sich zu Boden legend
^ i^S Moffai ,eine wichtig thuende Miene'.
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kuan-no mi-se6-in tsin-nd-gon ndzi-sadn nke-tamaivart kajere-to-
iio tsioku-zio-fo.
478 Pfizmaier.
Dass der Kriegsanführer Josi-teru in diesem besonderen
Wohnsitze von Si-ga sich vei'borgen hält, Tag und Nacht lust-
wandelt, überdies den Besuch des Inneren vernachlässigt, den
abgeschlossenen Vorhof gering-schätzt , darüber ist der kaiser-
liche Zorn ungewöhnlich gross. Desswegen ist es die kaiser-
liche Entschliessung, dass das in Verwahrung erhaltene hohe
klare Siegel der grossen richtigen Obrigkeit der mittlere Rath
Udzi-sada in P^mpfang nehme und zurückkehre.
■0^ i|^ Bu-seö ,ein Kriegsanführer'.
^ij ^fe Betsu-geo ,die besondere Beschäftigung' ist der
Ruhesitz eines hohen Würdenträgers. Man sagt gegenwärtig
simo-ja-siki. Hier wird ki ja u statt ge u geschrieben und die
Trübung vei'nachlässigt.
^ ^ Tdü-ja ,Tag und Nacht'.
^^ ^ San- dal ,der Besuch in dem Inneren', der Besuch
des kaiserlichen Palastes.
■^ ^ Ä7n-^e^ ,der abgeschlossene Vorhof '.
•j^ Deo , Abzweigung' dient wie josi, koto und andere
Wörter zur Bezeichnung des Infinitivs.
^ Geki-rin ,gegen den Strich stehende Schuppen'
bezeichnet den Zorn des Himmelssohnes.
y^ j£ ^ Da-zed-kuan ,das grosse richtige Amt'.
f^P ^ ^P Mi-seö-in ,das erhabene klare Siegel', das
kaiserliche Siegel.
Fp ^^ ^ Tsiü-na-gon ,ein mittlerer Rath'.
^ ^ Udzi-sada ist ein Eigenname.
ji;^ Tsioku-dzib ,die kaiserliche Entschliessung'. Si ja u
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ässigt.
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Der Pillast Josi-teru's. 479
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Tsussinde nobe-kere-ba tsib-kei-ica ivaza-to odoroki \ ko-iva
zon-zi-jorazaru tsioku-zio josi-teru nan-ga juje-ni kin-tei-wo
karon-zi-tate-matsuran sassuru tokoro nei-sia-no zan-gen matta
mi-seo-in-wo adzukari-tate-matsuru-iva nippon so-tsui-fn-si-no ki-
bo kono gi-wa sibaraku go-ju-jo-ico negai-age-tate-matsuru-to.
So legte er sorg-fältig dar. Tsio-kei erschrack absiehtlich.
— Welch' eine unverhoffte kaiserliche EntSchliessung!
Wessweg-en sollte Josi-teru den abgeschlossenen Vorhof g-ering-
schätzen? Wie ich vermuthe , sind es die verläumderischen
Worte eines Schmeichlers. Dass er ferner das hohe klare
Siegel in Verwahrung erhalten hat, ist nach dem Vorbilde des
allgemein verfolgenden und festnehmenden Abgesandten von
Nippon. In dieser Sache bitte ich, dass man sich eine Weile
Zeit lasse.
^ ^ Nei-sia ,ein Schmeichler^
^ ^ Zan-gen ,ein verläumderisches Wort^
^M ^ -fTii ^ So- tsui-fu-si ,der allgemein verfolgende
und festnehmende Abgesandte' ist ein Amt, welches Jori-tomo
in seiner Eigenschaft als Verwalter sämmtlicher Landstriche
bekleidete.
h^ Ki-bo ,ein bemessenes Muster', ein Vorbild.
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Jn-jo ,ein Uebriges'.
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480 Pfizmaier.
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M-ivo adzi-sada utsi-kesi-fe | ja-a rin-gen ase-no yotosi ide-
ide futa-tahi kajeranu kuri-koto i-fji-naku mi-seö-in ai-watasi
josi-teru teo-tei-je-no mbsi-ioake tatsuru-ja ika-ni sa-a-sa-a-to.
Udzi-sada unterbrach ihn.
— Ei, die Worte des Himmelssohnes sind gleich dem
8chweisse. Sie kommen immer hervor und kehren nicht
wieder zurück. Uebergebet mir ohne Umschweife und Wider-
rede das hohe klare Siegel. Verschliesst man die Sache,
welche Josi-teru dem Hofe meldet? Wie so? Wie so?
^ Rin-gen ,die Worte des Himmelssohnes*.
-^ 1-gi ,eine verschiedene Weise'.
$^ J^ Teo-tei ,der Vorhof des Hofes'.
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nia-no mi-su-no utsi \ <^-i tsioku-tb-ica josi-tern-no tsvma aja-no
dai Ttiosi-agtiru-de gozari-maseo-to tatsi-idern- sugata-wa oku-gata
siko-nasi-wa sato-ni iro-masn fu-jh-no josowoi.
Bei dieser Bedrängung mit Worten rief Mi-josi Ah! imd
war verwirrt. In diesem Augenblicke rief man durch die
Thürmatt«; eines Zimmers: lieber die Antwort für den Kaiser
Der Palast Josi-teru's. 481
wird die Gattin Josi-teru's, die Gemalin Aja, eine Meldung
bringen.
Ihre Gestalt trat heraus. Die Gemalin hatte in ihrer
Verunstaltung den Putz der in der Strasse ausschweifend leben-
den Fu-j6.
■^ ^ Tb-ivakv »Verwirrung, Bestürzung'.
Äjf| ^ Tsioku-to ,die Antwort für den Kaiser'.
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mi-dai aja-no dai o-mi-siri-nasarete kudasari-mase-to me-mofo-mo
saro-vi saknra-no iro-ka \ fafe nte-jaka-na-to kaico-ni mi-torete
/-gi-mo kudzururii, fsioka-si me-dzukni nttori- se-si-ga kokoro-
dzuki I site tsioku-to-no omomuki-wa .
— Dieses ist der kaiserliche Herr Abge^^andte. Ich bin
die Gemalin Josi-teru's, die Gemalin Aja. Lernet mich kennen 1
— Dabei war der Grund ihrer Augen völlig Farbe und Duft
der Kirschblüthen.
— O es ist schätzbar.
Indem er in ihr Angesicht stanzte, brach seine Strenge
zusammen. Der kaiserliche Abgesandte, die Blicke hinwendend.
482 Pfizmaier.
war geistesabwesend. Sich besinnend , sagte er : Also der In-
halt der Antwort für den Kaiser.
^ I-<ji ,ein strenges, gebieterisches Aussehen'.
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faina-a \ nan-to \ fai use-masi-te gozan-su-to nibe-naki kotoha-ni
udzi-sada-ga \ ja-a dai-setsu-naru mi-seo-in useta-to bakari-de
koto-ga siimo-ga kori-ja teo-kei sono fo-iva kakaru dai-zi nan-to
kokoro-je-orn koto-zo-to.
— Jenes hohe richtige Siegel, wovon die kaiserliche Ent-
schliessung spricht, ist uns abhanden gekommen.
— Wie ist dieses?
— Nun, wir haben es verloren.
Bei diesen trockenen Worten sprach Udzi-sada: Ei, das
hohe richtige Siegel, welches von grosser Wichtigkeit ist, hat
man verloren und man lässt es dabei bewenden, Teo-kei! Wie
verstehet ihr eine solche wichtige Sache?
^^ -^ Fun-zitsu ,verlieren*.
Nibe-naki ,ohne Fischleim' bezeichnet das trockene Wort.
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Kotoha-ni kufsi-gomoru soha-kara | Ä;aÄ;w ro-ken-no tije-wa
tsntsuviu-ni ojobazu ika-nl-mo nani-no mono-no siwaza-ni-ja fim-
zitsu itasi-te ari-dokoro sirezu kore-io inhsu-mo fu-seo-no mi-
motsi fö-ratsu da-ziakxi.
Bei diesen Worten stotterte er. Nebenbei sagte er: Da
es so offenbar ist, kann man es nicht verheimlichen. Wie und
in Verrichtung welcher Sache hat man es verloren, so dass
man nicht weiss, wo es sich befindet? Wenn man dieses
benennt, so ist es ein ungeschicktes Benehmen, Fahrlässigkeit
und Lauheit.
^i^ ^ Ro-ken , offenbar'.
^ ^ Fu-seö , entartet, ungeschickt^
^fej^ j^ Fo-rafsn , wegwerfend, fahrlässig^
*fÜ ^ Da-ziaku ,träg und schwach'.
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Kori-ja-kori-ja segare damari-oro mnkofo-ni kakusu-jori
araivaritru ■ wa nasi-to tatoje-no gotosi ze-fi-ni ojobanu kono
si-gi-to jo-so-me-ni tsuguni tstii-sin-gawo.
484 Pfiz maier.
— Ei doch ! Mein Sohn wird schweigen. Es ist wirklich
wie das Gleichniss: Was durch Verbergen offenkundig wird,
ist nichts. Dieser Sache lässt sich nicht widersprechen.
So redend, als ob es ihn nichts anginge, hatte er eine
treuherzige Miene.
tt ^ Si-gi ,eine Weise, ein Umstand'.
^ J\j) Tsiü-dn ,ein redliches Herz'.
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zoku-no sode-wo ßkajete \ o-tsiokit-si-sama-ni-wa idzu-kata-je
wo -wo adziikari-no sina fun-zitsu-no uje loare-wo karonziiru
josi - teru - (ja furumai tatsi - kakatte so - mon - ho nji- yo - nitsi - no
o-fntari.
Der kaiserliche Abgesandte verliess , ohne etwas zu ant-
worten , den Sitz und trat hinaus. Sie zog den Aermel ihres
Anzuges.
— Dem kaiserlichen Herrn Abgesandten soll man irgend
wohin —
— Ah ! Nebstdem dass man den anvertrauten Gegenstand
verloren hat, schätzt man mich gering. Das Benehmen Josi-
teru's werde ich auf der Stelle an dem Hofe zu Ohren bringen,
und er hat dazu das Unheil späterer Tage.
Za ,der Sitz'.
^ Seo-zoku ,der Anzug und Putz'.
Der Pillast Josi-teru's. -iHf)
^ Sö-mon ,au dem ITofe zu Ohren brini^en^
0 Go-nitn .ein späterer Tag^
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waga kimi-no on-tni dai-zi do-zo josi-na-ni fori-nasi-to.
Euer Zorn ist zwar begründet, doch zu einer solchen Zeit
hat mein Gebieter wichtig'e Geschäfte. Man wird euch trefflich
bewirthen.
-j^ '^. Dai-zi ,eine grosse, wichtige Sache'.
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Kotoha-ni otnote jawaragete j jo-zin-ica kakii-befsti mi-dai-no
tanomi inamu-ni-wa arane-domo sunn-doru ami-ni kokoro ara-ha
tsi-firo-no soko-no uro-kuzu-mo kokoro -nasi-to-wa iware-mazi-to.
Auf diese Worte erheiterte er sein Gesicht.
— Die Bitte der Gemalin, dass von den übrigen Leuten
ein Jeder getrennt sei, will ich zwar nicht abschlagen, doch
wenn das Fischernetz eine Absicht hat, darf nicht gesagt
werden, dass die Fische des tausend Klaftei- tiefen Bodens
keine Absicht haben.
^ \, '^^-^^^ A^^ übrigen Menschen'.
i^ 9|J Kakn-hetst( ,ein Jedei- besonders odei- getrennt'.
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Komoru kotoba-ni tsuju tnotsn fu-jb o-ose-ni kokoro ari
sö-zo fiikaki neru fi-no mi-dzukara sonn mune saje jasume-
tamawara-ha | sa-sure-ha ami-ni iru kokoro-ka-to.
Bei diesen verschlossenen Worten hatte Fu-j6 Thau.
Ein so tiefer Tag', an dem mau schläft, ist mein Wunsch.
Wenn ich nur Beruhigung erhalte —
— Eure Worte haben einen Sinn. Also hat man die
Absicht, in das Netz zu gehen?
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Iwarete fu-jo-wa utsi-an-zi j fana narade kaworu ßfo-ki-ioo
kimi toioa-bci kogaruru mune-no fozo-mo sirasen.
So angesprochen, dachte Fu-j6 nach.
— Ohne dass Blüthen sind, nach einem duftenden Baume
wenn der Gebieter fragt, | der verbrannten Brust Fruchtknoten
gab' ich kund.
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aida fiaku-nitsi-no fi-nohe mbsi-je-sasen \ kiku-jori mi-josi-wa \
ija ß-nobe-wa nari-masu-mai ßaku-nitsi-ja ni-ßaku-nitsi-de ta-
jasi(ku sire-jb jö-ga nai-to.
Der Palast Josi-teru's. 487
In der That, ein lieblicher Vortrag! Ueberdies, während
man das hohe richtige Siegel sucht, werde ich einen Aufschub
von hundert Tagen verschaffen.
Sobald Mi-josi dieses hörte, sprach er : O ein Aufschub
wird nicht stattfinden ! Man braucht nicht hundert oder zwei-
hundert Tage, um es leicht zu erfahren.
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mo karokii tori-fakaro-ga o-o-jake-no zin-sei sono fo-ga si-jb-no
fi-ivo agurn-ica nani-goto-zo tnakoto-ja nei-zin ken-zin-ni magb-no
tatoje he-he-he ha-ha-ha-to utsi-ioarai mi-dai-no setsu-naru kokoro-
ni men-zi fi-nobe-ivo tori-nasi-mbsi-knren-to.
Bei diesen Worten neigte Udzi-sada das Ohr.
0 bei einem schweren Vergehen wird man leichthin Rath
schaffen. Es ist eine öffentliche menschliche Lenkung. Wenn
euer Verfahren die Tage opfert, was ist dabei Wirkliches?
Das G-leichniss von der Verwechslung des Schmeichlers mit
dem Weisen? He he he! Ha ha ha! — Er sagte dieses lachend.
— Indem ich bei dem tugendhaften Sinne der Gemalin
Nachsicht habe, werde ich einen Aufschub vermitteln.
in i^ Zin-sei ,die menschliche Lenkung'.
SiUungsb^r. d. i.hil.-hist. Cl. XC. Bd. III. llft. 3-'
488 Pfizmaier.
j^ ^ Si-jb ,d\e Art zu handelu'.
'^ K Nei-zin ,ein Schmeichler'.
^ A Ken-zin ,em Weiser'.
"Ä (Men)-zuru ,verzeihen'.
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lü-ioo teo-kei utsi-kesi-te \ i-i-ja soiio gi-toa o-tanomi-mhsanu
tatoje fun-zissi-tare-ba tote asi-kaga-no ken-i-ico viotte notsi-to-mo
iwazu tatta-ima sagasi-idasi-te o-ioatasi-mbsu-to.
Teo-kei unterbrach ihn.
— Ei, um diese Sache bitte ich nicht. Gesetzt, es wurde
verloren, so ist vermöge der Macht Asi-kag-a's keine Rede da-
von, dass es zu spät ist. Ich suche es eben jetzt heraus und
übergebe es euch.
1^ ^ Ken-i ,Macht und Ansehen'.
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Der Palast Josi-tern's. 489
Ije-ba kotoha-ico ibnkaru fu-jb teo-kei-iva j nani-goto-mo
sessia-ga mxme-ni-to tsioku-si-ni mukal tva-da-no fara kogi-idete
mire-ba fisd-kata-no kumo-i-ni magafu oki-tsii sira-nami j nan-to \
sono sira-no.mi-no tatase-jb o-tsioku-si-sama-ni-wa zan-zi-no go-jo-sia.
Ueber diese Worte staunte Fu-jö.
Teo-kei sprach : Ich führe etwas in meinem Sinne.
Zu dem kaiserlichen Abgesandten gewendet, sagte er:
Zu der Ebene von Wa-da | hinausrudernd, als ich hinblickte, |
mit dem ew'gen, festen Wolkensitze w^ar vermengt | die weisse
Welle an der Bucht.
— Was bedeutet dieses ?
— Die Art, wie die weisse Welle sich erhebt, ist für
den kaiserlichen Herrn Abgesandten das Bedürfniss einer
kurzen Weile.
1^ ^ Sessia ,der Thörichte', ein Pronomen der ersten
Person.
Sira-nami ,weisse Welle' bezeichnet auch einen Strassen-
räuber.
^§ ßrfe Zan-zi ,eine kurze Zeit, eine kleine Weilet
ffl Ja ,das Bedürfnisse
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o-tsioku-si-jn kib-o-no jo-i mbsi-tsitken \ sikara-ha kore-ni ai-matsi-
32*
490 Pfizmaier.
mbsu I tai-za go-men-to feö-kei kuni-naga fu-jo-mo tomo-domn
fito-ma-no ntsi tsure-datte koso iri-ni-keru.
— Also bis dabin wird man das bobe ricbtige Siegel —
— Wäbrend man es sucbt, wird man dem kaiserlicben
.Abgesandten die Bereitscbaft der Bewirtbung melden.
— Also warte icb darauf.
— Erlaubet, dass wir uns zurückzieben.
Hiermit traten Teo-kei, Kuni-naga und Fu-j6, einander
begleitend, in ein Gemacb.
^ü f?|l Ä76-Ö .die Bewirtbuno;^ In Jomi mote-nasi.
K ^ Jd-{ ,die Vorbereitung'.
^M, ^ Tai-za ,sieb von dem Sitze zurückzieben'.
f^P ^tt ^o-men ,bobe Verzeibung, Erlaubnisse
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kotoha-no fast fafe kokoro-jezu-to maju-ni siwa wori-kara kin-
ziü - ga dai - han kasane - si ßro - buta - wo tsioku - si - no maje - ni
nawosi-oki sagaru.
Udzi-sada, zurückbleibend, sagte sich : Der Rückgedanke
der Gemalin und der Zweck der Worte Teo-kei's, in der
Tbat, icb begreife es nicbt. — Er runzelte die Brauen.
In diesem Augenblicke stellte ein vertrauter Diener eine
breite Tafel, auf welcber grosse Sebüsseln über einander
Der Palast Josi-tern's. 49 1
geschichtet waren, vor dem kaiserlichen Abgesandten zurecht
und stieg- hinab.
iff ^ Kin-ziü .nahestehend und vertraut'.
^* W^ Dai-han .eine Schüssel, in welche Schalen gestellt
sind^ Hier wird das Zeichen -rr (dai) gebraucht.
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Za-siki-je iri-kawaru ko-no sita to-kitsi nozonde tsutomeru
kib-ö jaja-faruka konata-ni kasira-wo sage \ rin-zi-no mbke-no
seki fu-tsutsuka-na o-mote-nasi o-osame-kudasara-ha ari-gato zon-
zi-tate-matsur^t-to.
In die Halle trat dafür Ko-no sita T6-kitsi. Derselbe
blickte hin und leistete bei der Bewirthung Dienste. Dies-
seits ziemlich entfernt, senkte er das Haupt.
— Ein eben um die Zeit erlangter Teppich, eine unkluge
Bewirthung. Wenn ihr es annehmet, ist man dankbar.
^ gi Rin-zi ,die bevorstehende Zeit'.
j^ Seki ,Matte, Teppich'.
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Kei-zuru-wo vUi-vdjari kumo-i-ni maziwartt ndzi-sada-je
kua-iseki-fo ijad-ki kono kib-6 motte tate-tate \ ha-ha-tsu gio-i-no
omomuki osore-iri-tate-matsura | kori-ja-kori-ja sono fo-tatsi-wa
jö'zi ara-ha jobi-idasn tsugi-je tate-tate-to.
Mit diesen Worten ehrte er ihn. Jener richtete auf ihn
den Blick.
— Für den mit dem Wolkensitze verkehrenden Udzi-sada
veranstaltet man diese nach Art einer Versteinerung' gemeine
Bewirthung.
— Ha! Ich fürchte die Richtung des hohen Willens.
— Höret Leute ! Wenn ich euch benöthige, rufe ich euch
heraus. Tretet in das nächste Zimmer!
^ Kei-zuru , ehren, hochachtend
>^ ^ Kua-seki ,ein verwandelter Stein, eine Ver-
steineruiig^
^ ^ Jo-zi ,das Bedürfniss'.
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josi-ga kokoro-wo home-tavn kono tsi-so o-kake-kudasaru-besi-to
niziri-jotte kaivo ^itsi - nagame \ loo-wo sore-jo-to tsiiku-dzukn
inijari-te tö-kitsi-ga | kori-ja tomo-itsi-jo minu hixoo su-na-je-su-
na-je-to kaiocnn kotohn-wo jü-zen-to | sa hl so-tsi-ioa.
Er Hess den vertrauten Diener, den er wegzog-, zurück-
treten.
- — Dessen ungeachtet wird der Geschäftsführer Mi-josi,
indem er einen Sinn hineingelegt hat, euch diese Ehre anthun.
Dabei rückte er zu ihm hin und betrachtete sein An-
gesicht.
— O, er ist es !
Aufmerksam ihn anblickend, rief T6-kitsi : Es ist Torao-
itsi! Sehe ich nicht das Angesicht? — Sie wechselten die
Worte ruhig.
— Wie heisset ihr?
^ ^§ Kuan-rei ,ein Leiter, ein Führer der Geschäfte'.
ffi^ ^ Tsi-so, eigentlich ,dahinsprengen und laufen', steht
für , Ehrenbezeigung', , Festlichkeit', , Unterhaltung'.
/'^ ^ Jw-zeJi ,auf ruhige, gelassene Weise'.
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wasnretn-ka-to iü kmco joku-joku mite hikkuri ! wo-too tsigeje-
ne-je saru-da-savu-da san-siü-no sai-ga ga-ke-je-de dettsi-no zi-
hun asi-momasete jatta saru-no suke-ga.
— Nun, Saru, Saru.
— Was ist Saru?
— Habt ihr mich denn vergessen? — Jener blickte ihm
bei diesen Worten genau in das Angesicht und erschrack.
— O es ist kein Unterschied! Saru, Saru! Der in der
Schhicht dreier umlaufender Jahre, zur Zeit, als er ein junger
Knecht war, die Füsse reiben machte, Saru-no suke.
Tsigeje-ne steht für tsigajenn ,nicht verschieden sein'.
— ■ ^ San-siü ,drei Umdrehungen'.
^g Sdi ,ein Jahr'.
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medzurasi-i-to rih-fö-ga itsi-do-ni joko-de ufsi -katsurogi \ säte
ma-a loari-ja dd-sita-zo-je-to.
— O^ der als früherer Dienstgenosse mit den Füssen
scharrte, Tsiku-ba-no Tomo-itsi.
— Du bist auch gesund.
— Es ist euch auch nichts zugestossen.
— Dieses ist seltsam.
Beide waren zu gleicher Zeit gegen einander ungezwungen.
— Also was ist es mit dir?
Der Palast Josi-teru's.
495
^ Fo-lio ,der Dienst'.
|# Fö-hai , Genossen'.
^ ^ Tassia , stark, gesund'.
#f ^ i?»-;2i .ohne Zufall, wohlbehalten'.
p^ ~^ Hio-fo ,beide Seiten'.
— ' ^ Itsi-do , einmal, zu gleicher Zeit'.
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kar-jari to-to itfara umai koto-mo nai mono-da tvare-to seri-
jatte kudan-no tatsi maki-age-jh-to aita fokoro-ga ne-da-wa agatte
ja-ba-na siro-mono jb-jb-to fukette-mo oja-kata-je-ica modorarezu
496 Pfizmaier.
naratüo jon'-tca nareta si-goto joi-nozoki-kara kin-tsiaku kiri jo-
to katsu saki ja-ziri klri-te nuketa fokoro-ga numtto-no o-knsira
te-no Sita bakori-ga go-rokn-sen-mo aro-ka~i.
So angesprochen, zupfte, an der Handtafel die eine Seite
schlagend, Tomo-itsi die Aermel seines Anzuges.
— Wenn ich in die östliche Hauptstadt gegangen wäre,
gäbe es auch nichts Angenehmes. Aus eigenem Antriebe aus-
verkaufend, that ich als ob ich das gedachte Schwert in die
Höhe rollte. Die Preise stiegen , und die Waaren auf dem
Schiessplatze versanken alhnälig, zu den Aeltern wurde nicht
zurückgekehrt. Indem ich es lernte, wurde die Sache erlernt.
Durch nächtliche Erspähungen durchschnitt ich Geldtaschen,
die Nachträuber durchschnitten einstweilen die Schwertspitzen,
die Zacken der Pfeile und entschlüpften. Die Käuber, welche
unter mir stehen, werden vielleicht fünf- bis sechstausend sein.
^ Siaku, eine Tafel, welche die Würdenträger ehemals
in der Hand hielten.
W^ ^ 'S'^'^-zoku ,der Anzug, der Putz^
^ T6-to ,die östliche Hauptstadt'.
;^ Kin-tsiaku ,eine Geldtasche'.
^ ^ Jo-fö ,ein nächtlicher Räuber'.
Nusutto steht für misu-to oder nusn-hito , Räuber'.
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Sori-ja sö-to icari-ja-a ß-kufsi-Je otsi-te te-ko-neta-to omottu-
ga icari-ja-a rippa-na nari-katatsi tcare-ga koto-da-kara man-
zara sirazi-ja-a arn-me-Je \ siraka kura-ka fanasi-te kikase-i'O-
kikase-ro-to.
Der Palast Josi-teru's. 497
— Dieses ist geheim. leb g^laubte, du wärest in den
Zunder gefallen und eingeschlafen. Du bist eine prächtige
Gestalt. Meine Sachen werden dir völlig unbekannt sein.
— Sei es weiss oder dunkel, sprich und lasse es hören !
Lasse es hören !
^ i^ 5^ Te-ko-neru ,als Mörserkeule schlafen' kommt
in zwei Wörterbüchern vor, wird aber nicht erklärt.
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Iwarete tö-kitsi sare-ba i-jai ore-ga nangib ku-gib-sife
kokete-wa oki-oki inotsi kara-garn fo-kutsi-kara agan-ete mono-
no ko-dzi-gakure uaka-mura-no oj<i-no utsi-je-wa tajorarezu viesi-
taki-ni-mo nari dettsi-ho-kh togure-kogurete ziii-nen amari do-jara
ko-jara fsiu-gen hn-ko ko-ko-ni-mo rei-no siri-suwarozu tai-gnn
498 Pfizmaier.
rolcii-rio ton nige-site mi-no mawavi-ico kosiraje wo-da-dono-je
ari-tsui-te ima-no na-ica ko-no sita to-kitsi-jo.
So angesprochen, erwiederte T6-kitsi: Also! In Gefahr
und Ungemach mich befindend, wenn ich niederstürzte, immer
wieder aufstehend, indess es mir gelang, mit dem blossen
Leben aus dem Zunder mich zu erheben und nichts dem Hause
des Vaters in Naka-mura, dem Verstecke des kleinen Weges,
Hilfe brachte, wurde ich auch ein Koch. Der Dienst als
kleiner Knecht ward erreicht, errudert, über zehn Jahre war
es auf jede Weise ein untergeordneter Dienst. Es war hier
nicht das gewöhnliche Bleiben. Höchstens sechs Tael mit-
nehmend, entfloh ich. Indem ich mich i'ings umher bereit
machte, erhielt ich eine Stelle bei dem Gebieter Wo-da, und
mein jetziger Name ist Ko-no sita T6-kitsi.
H^ ^^ Nan-gio ,ein gefährlicher WandeP.
^ ^^ Ku-gio ,ein mühseliger Wandel'.
pfa ^ Tsiü-gen ,ein Knecht, ein untergeordneter Dienert
"^ij Rei-no ,üblich, gewöhnlich'.
-^ ^ Tai-gon ,das grosse Wort', im Grossen gesagt,
höchstens.
B^ '^ To-kitsi sind die Zeichen des hier und früher
vorkommenden Eigennamens.
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Suri-ja-ano ima se-ken-de tsi-e samurai-samurai-to iiwasa-
suru ko-no sita to-kitsi-to -loa saru icare-ga koto-ka | loo-wo-i
jai I ko-itsu-a su-teki-na siüsse-sia-a gatta-na sasu-ga-no tomo-
itsi akirern-iüo.
Iter Palast Josi-tPiu's. 499
— Also Ko-no sita To-kitsi, der in dem Rufe stellt, zu
den verständigen Kriegsmännern zu gehören, bist du?
— O ja wohl!
— Du gleich einem in der Welt überaus ausgezeichneten
Manne ! Selbst ein Mann wie Tomo-itsi staunt darüber.
jg: PJ Se-ken ,m der Welt^
Hj "fy^ Siilsse ,aus der Welt hervortreten , sich aus-
zeichnen.
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Ha -ha -ha nani-wo iu-zo-i vippon-wo maru-dori-ni site
te-gara-ga roku-ziü-jo-siü tatsu-no sireta kono kuvai-wo rissin-to-
wa nahurii-na-naburu-na s6-site ware-ga ima-no na-wa \ nani
ore-gn to-zoku-no teo-hon isi-gaioa go-e-mon-to.
— Ha, es bedeutet etwas. Dass ich, Nippon ganz auf
mich nehmend, zu dieser Rangstufe, indess die Thaten in den
sechzig Landstrichen bekannt sind, mich erhoben habe, dar-
über scherze nicht. Also dein gegenwärtiger Name?
— Nun, ich bin der Räuberanführer Isi-gawa Go-e-mon.
Siü ,ein Landstricii'.
^ Rissin ,sic]i erheben, sich emporbi'ingen'.
ß^ 2b Teo-bon ,ein Anführer, ein Häuptling'.
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Ki-i-te ko-no sita utsi-emi-te \ suri-ja ware-gn isi-gawa go-
e-mon-ka mu-mu son-nara mi-bu-mura-de jnki-bta to-tsi an-
nai-no bu-kotsu-no samiirai-td | tsioku-si-no tvori-kara \ saru-jo |
tomo-jo kori-ja-a fanaseru fai-to.
Dieses hörend, lächelte Ko-no sita.
— Also bist du Isi-gawa Go-e-mon? Ei, dann bin ich
dir bei dem Dorfe Mi-bu begegnet. Es waren den Weg auf
dem Gebiete zeigende unbeholfene Kriegsmänner.
— Zur Zeit, als ich ein kaiserlicher Abgesandter war?
— So ist es !
— Begleiter! Dieses wurde besprochen.
-f- ^ To-tsi ,Erde und Land'.
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tsufsu tsuknho-dznje \ ija midzn-no nagare-to fito-no mi-no iije
kore-fodo icakarane-je mono-wa ne-je \ sare-ha o-nusi-mo ore-nio
kan-nan kti-rb sira-to kura-to-ioa iü mono-no atta tokoro-ga ku-
ge-to dai-mib sb-site o-nusi-wa do-slte hu-ke-je ari-tsui-ta-je.
Beide, in dem Aufputze der oberen und unteren Kleider
bleibend, waren, indem sie liegend krochen, hing-ekauert.
— Ei. der Lauf des Wassers. In Bezug auf Mensehen
ist es keine Sache, die in solchem Maasse unverständlich wäre.
— Indessen hat es für dich und mich Widerwärtigkeit
und Ungemach, weisse und dunkle Sachen gegeben, Fürsten-
häuser und Lehensfürsten. Also bist du irgendwo bei dem
Kriegerstande untergekommen.
^ ^ 'Sßo-zoku ,der Anzug, der Aufputzt
^^ H^ Kan-nan ,Widerwärtigkeit'.
^ ^ K%i-ro ^Beschwerde, Ungemach'.
^ ^ Ku-ge ,ein Fürstenhaus'.
y^ -^ Dai-mib ,der grosse Name', ein Lehensfürst.
^ ^ Bu-ke ,der Stand der Krieger'.
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5()2 Pfizmaier.
Sa-a ki-i-te kure fiakken amari-'nio fo-kö-site joku-joku-no
kofo - de ima - mo Uta wh - gon roku- rih -ga moto -de-to nari mi - no
osamari-wa kimatta mono-no kono juku-saki-toa ivakara-ne-je-to.
— So höre! Nachdem ich mehr als hundert Häusern
gedient, ist es ein Hauptgeld von sechs Tael Goldes, das ich
in der That jetzt gebraucht habe. Mit meiner Ordnung ist es
auf das Aeusserste gekommen. Wie die Sachen in der Zu-
kunft sein werden, begreife ich nicht.
^ Ken ,em Vordach^, ein Wort für Zählungen von
Häusern.
^ ^ Wb-gon ,gelbes Gold'.
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Ije-ha konata-no go-e-mon-ga \ sikasi o-nusi-no koto-da-kara
nani-ka-ni tsukete mike-me-wa arii-me-je nan-zo medzurasi-i moke-
gutsi-ga aru nara-ha kikasete kure-ro-to.
Auf diese Worte erwiederte seinerseits Go-e-mon : Es
wird jedoch geschehen , dass bei deiner Sache irgendwie ein
Ausweg und ein Entschlüpfen ist. Wenn etwa eine kostbare
Erwerbung vorhanden ist, so lass es hören.
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Der Palnst Josi-tem's.
503
Iri-n-o JciJd \ so tu Jcofo narn teo-rJo ikn icare-mo seJckaku
si-konde kita si-goto loh-cjnn san-ften-mai narn joi saka-te jo-no
ifsu-no iwazn-to fnjahi motte ikanu-ka-i.
Dieses hörend, erwiederte Jener: Wenn es sich so ver-
hält, g-elit es eben recht. Es war meine Verrichtung, dass ich
mühevoll etwas hereingebracht habe. Wenn es dreitausend
Stücke g-elben Goldes sind , ist es ein gutes Trinkgeld. Soll
man es nicht, damit es nicht vier oder fünf heisse, schnell
herbrinsren?
^JX ^ Sekkaku ,die Hörner brechen', sorgfältig oder mit
Mühe.
^ ^ Wh-gon ,gelbes Gold'.
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Ba-ka-wo iü-naje kore-zia-a tnada-mada kajerare-neje |
naze-naze.
— Sprich keinen Unsinn. Ist dieses noch nicht um-
gewechselt?
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Fate-kh moto-de-wo irete kita-kara-ioa motto o-oki-va ni-
goto-ni si-tai-wa sari-to-wa zib-bii-ni te-atsni kon-zih fu-soku nara
sono kane-de ware-ni uru mono-ga am katoanu-ka-i.
— Da du auf diese Weise ein Handgeld hereingebracht
hast, willst du damit ein äusserst grosses Geschäft machen.
SitznngBber. d. phil.-bist. Cl. XC. Btl. HI. Hft. 33
504 Pf i 7.111 ai er.
p]s ist daher sehr wichtig. Wenn du im Gemüthe unzufrieden
bist , verkaufe ich dir etwas für dieses Geld. Kaufst du es
nicht?
-^ J^ Zio-hu ,ein Mann', als Adverbium: stark, sehr.
^g »^ Kon-zih ,das Gemüth'.
yK Ä Fti-sok^i , unzufrieden'.
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oM-nawori fito-ma-ni mvkai. i-gi-tsukiiroi \ ja-n fo-kifsi-ga ke-rai
jö-i-no ßto-sina zi-zan-itase-to kekkaru faje-to iitsi-ioarh.
— Nun, je nach der Waare werde ich es kaufen.
— Ha, werde ich es verkaufen?
Wieder aufstehend, kehrte er sich zu einem Zimmer und
nahm eine gebieterische Miene an.
— Es ist beschlossen , dass man einen von dem Haus-
g-enossen To-kitsi bereit gehaltenen Gegenstand wegbringe.
— Dabei lachte er.
JS£ '^ I-gi ,ein strenges, gebieterisches Aussehen'.
^ >d^ Ke-rai ,ein Hausgenosse'.
ffl ^ Jö-i ,die Bereitschaft'.
•f^ :^ iJzi'san , herbringen'. Hier zi-zan geschrieben.
^^ Kefsti ,beschliessen, bestimmen'.
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en-gawa-ni sasi-oke-ba tö-kitsi kin-ziü-wo toivozakefe | säte kore-
zia fn-so-o-na sina nare-do ki-ni ittara uro-ka-i dori-ja urb-ka-to.
Man antwortete Ja! und aus einem Zimmer ward ein
Koffer von Färberröthe herausgetragen. Man stellte ihn auf
den Flurgang. To-kitsi entfernte die vertrauten Diener.
— Also hier ist es. Es ist zwar ein unpassender Gegen-
stand, doch wenn es dir gefällt, werde ich es wohl verkaufen.
Nun, soll ich es verkaufen?
3^ i^^ Jffl Fu-so-6 ,nicht passend'.
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taru fiizi-fsudznrn to-kitsi kin-zih-wo fotoo-znke | säte kore-zia-ga
fti-sb'ö-na fiiru-gi-zia-ga ki-ni itta nara urb-kaje-to.
33*
506 Pfizmaier.
Wieder aufstellend, kehrte er sich zu einem Zimmer.
— Es ist beschlossen, dass man das von To kitsi bereit
Gehaltene wegbringe. — Dabei lachte er.
Man antwortete Ja! und herausgeschafft wurde ein Koffer
von Färberröthe. To-kitsi entfernte die vertrauten Diener.
— Hier diese unpassenden alten Kleider, wenn sie euch
g-efallen haben, werde ich sie wohl verkaufen.
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futa ßki-akure-ba ki-rui-m arade loaga ko-no go-ra-itsi kawo
miru-jori te-bajak^i futa sikkuri sasii-ga go-e-mon gikkuri mune-
wo suje-taru tsudzura-no nje \ nan-to san-sen-mai-ni-wa jasni
mono- de arh-gci-na.
Bei diesen Worten, welche eine Bewandtuiss hatten, sagte
Jener : Wohl ! Ich werde sie nochmals ansehen.
Als er den Deckel aufzog, waren es keine Kleidungsstücke,
sondern er sah das Angesicht seines Sohnes Go-ra-itsi. Er
schlug sogleich mit rascher Hand den Deckel zu. Selbst
Go-e-inon war erschrocken und hatte die Brust über den Koffer
gelegt.
Der Palast Josi-teru's. 507
— Dreitausend Stücke wird doch wohlfeil sein.
^ -^ Jo'Su ,die Weise, der Umstand*.
— ■ ^^ Itsi-gon ,ein Wort*.
'^ ^( Ki-rui , Kleidungsstücke*.
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Wo -wo id-kai-ni naranu furu-gi jahurenu titsi-ni hatte
okb-to sio-zoku-no sode makuri fe-ni futoki kokoro-wo foso-hiki-
mo gi-ri-no ven-ziaku sasu-ga-no isi-gaica i-se-sato-se go-sii ko-no
sita-ga karamu kotoha-no fa-gai-zime.
— O, es ist kein erster Kauf! So lange die alten Kleider
nicht zerrissen sind , kaufe ich sie und werde sie niederlegen.
Er schlug die Aermel des Anzuges zurück, in der Hand,
o starkes Herz ! das dünne Seil und die angemessene Trag-
stange. Selbst für I-se-sato-sei in Isi-gawa bestimmte er die
Zeit. Ko-no sita schloss die Flügel der bindenden Worte.
^g ^1 Gi-ri ,das Ordnungsmcässige, Angemessene*.
i^ ^ Ren-ziaku ,ein Tragband oder eine Tragstange*.
Go-su ,eine Zeit bestimmen*.
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0-tsioku-si I siü-ziü-no mote-nasi o-sara-ha sara-ha sagata-
loa kwno-i-no uje minu wasi jü-jii-to site tatsi-idzuru mi-su-no
fima moru fuje-no ne-ni tswete kikojurv, gaku-sa-no sira-he toki-
ni ajasi~ja rib-nin-ga tai-seru tatsi-ni ko-e atte tö-to-to site nari-
ßbiku.
— Der kaiserliche Abg-esandte —
— Allerlei Unterhaltung-! Ich sage euch Lebewohl!
Lebet wohl!
Mit der Haltung- des über dem Wolkensitze unsichtbaren
Adlers erhob er sich gelassen und trat hinaus. Von dem durch
die Thürmatte dringenden Tone der Flöten begleitet, hörte man
den Einklang der Musik. Um die Zeit wiederhallte sonderbarer
Weise ein lauter Ton von den Schwertern, mit welchen die
beiden Menschen umgürtet waren.
M" \^ /Siü-ziü , mehrerlei, allerhand'.
jik \^ ]-» Ju-jü-to , ruhig, gemächlich'.
M i^ Gaku-sa ,das Aufführen von Musik'.
^ Tai-mru ,umgürten'.
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Fate kokoro-jenu ima kikoje-taru ano faje-ni tai-se-si tsurugi-
no natüo idasu-wa-to. .
Dfi Palast Josi-teru's. 509
— In der That, es ist unbegreiflich, was man jetzt ge-
hört hat. Zu der Flöte den Ton des Schwertes, das man an
dem Gürtel trägt, hervorschicken. —
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Ibukaru konata-ni-mo fiije-ica rib-no gin-ziiru ko-e tsiokxi-
si-no ohi-taru tsurtigi made tomo-ni ne-ico nasu do-ki-no gattai
suri-ja xitagai-mo naki me-rio so-tsi-ga hai-tori sio-dzi-se-si jo-na.
Man verwunderte sich. Bei dem Tone der Drachen,
welchen diesseits die Flöte austimnite, gab eben das Schwert,
mit welchem der kaiserliche Abgesandte umgürtet war, einen
Ton von sich, es war der Einklang derselben Stimmung.
— Es ist also ohne Zweifel der weibliche Drache. . Er
hat ihn durch Raub sich angeeignet.
fl Bio ,Drache^'
gA. Gin-zuru , summen, hersingen^
[^ ^ Do-ki , dieselbe Luft, derselbe Geist'.
^ -^ Gattai ,der vereinte Stoff, der Einklang^
Me- öji vio ,der weibliche Drache'.
Ä :^fe So-td Jene Gegend^
]&)t" J^ Sio-dzi ,was man erfasst, der Besitz'.
1 Es musS angenommen werden, dass rio ,Drache' eine gewisse Stimmung
der Tonwerkzeuge ist, und dass auch die hier erwähnten zwei Schwerter
eine solche Stimmung hatten, wobei ein Unterschied zwisclien me-rio
,weiblicher Drache' und wo-rio ,männlicher Drache' gemacht wird. Ucbrigens
kommt keines dieser drei Wörter in einem der benützten Wörterbücher vor.
510
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Ho-lio-wo sasii-ga-no ko-no sita joku sittavi nandzi-ga tai-
se-si sono katana-vio tomo-ni ne-wo nasu ima-no ki-doku sate-
wa wo-rio-no tsurugi naru-ka.
— Oh! Selbst Ko-no sita wusste es gut. Auch das Schwert,
mit welchem du umg-ürtet bist, gibt zugleich einen Ton von
sich. Es ist jetzt seltsam und einzig. Also ist es das Schwert
des männlichen Drachen?
-pHf ;J^ Ki-doku , seltsam und einzig^
Wo- b|| rib ,der männliche Drache'.
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ken gattai-suiu-wa ima kono toki me-rib-mani uke-torb-ka \ i-i-ja
nandzi-ga wo-rib-maru kottsi-je watase.
— O! Es lässt sich sagen. Indem das berühmte Schwert
des weiblichen Drach.en der fortlaufenden Zeitalter Asi-kaga's
im Einklang, wird man jetzt um diese Zeit das Rund des weib-
lichen Drachen in Empfang nehmen?
— Ei, bringe mir dein Rund des weiblichen Drachen!
S 4^ Riti-dai ,die fortlaufenden Zeitalter'.
-^ ^J Mei-ken ,ein berühmtes Schwert'.
Iier Palast Josi-teru's. 511
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Nani-wo ko-siakii-na-to tsume-jori-jori so-fo itsi-do-ni nuki'
fanase-ba saki-midare-twu ki-kusa-no kua-gih knzasi-ni si'moto
tsiri-fuse-tari loori-kara si-ra kuni-naga-ga amata-no kumi-kome-
si tsurete ■ tsiirngl-no td-zoku sore mesi-tore.
— Man sagt etwas Ungereimtes.
Indem er es immer hindrängte, zog er zu beiden Seiten
mit einem Male das Schwert heraus. An dem Schirme der
zerrissenen und verwirrten Blumengestalten der Bäume und
Pflanzen lagen die Zweige zerstreut da. - In diesem Augen-
blicke erschien Si-ra kuni-naga mit vielen Begleitern, die er
hereinbrachte, und rief: Nehmet den Räuber des Schwertes fest!
^^ ~fc" S6-fd , beide Seiten*.
— ■ ^ Itsi-do ,ein Mal^
!^ ^ Kua-qio ,die Gestalt der Blumen^
^ Was hier unter ,Ruurl' g'emeint wirrl, lässt sieh uiclit bestimnion. Der
Ausdruck feiilt in der in dem Jcitai-setsu-yö entlialtencu Zeichnung: des
Schwertes.
- Die Rede ist wahrscheinlich von den Verzierungen des Schwertes.
512 Pfiziuaier.
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Ha-ha-a fatto itsi-do-ni jari-busuma go-e-mon sono mama
tatsi nuki-Jaizasi ta-sei-ico asiro sono fima-ni kutsi-ni ziii-mon-wo
j6-ziütsu-ni sugata-ica sono mama kije-usere-ba arasi-ko-domo kawo
mi-awase kore-wa dö-da-to ho-zen-tari.
Ha, Ha! — Mit einem JMale an der gesprengten Dunst-
decke das Schwert ziehend und sich schützend , beschäftigte
Go-e-mou einstweilen die Menge. Unterdessen nahm er eine
Schrift der Beschwörung in den Mund, und durch ungeheuer-
liche Kunst war seine Gestalt verschwunden. Die starken
Männer blickten einander in das An2:esicht.
— Wie ist dieses? — Sie waren erstaunt.
-^ ^^ Ta-sei , grosse Kraft', eine grosse Menge.
^ ^T Ziü-mon ,eine Schrift der Beschwörung^
i^ l^j Jö-ziütsu , ungeheuerliche Kunst'.
4«^ ^^ ßo-zen ^verwundert, ausser sich'.
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Der Palast Josi-tem's. 513
Mi-su-no idsi-jori aja-no dal si-zm-no jb-su tikagb tokoro
tsiohu-si-to Hatte iri-kiwu tö-zoku tatuje swjata-ica kijuru-to-tno
ten-mei itsu-ka nogaru-heki.
Hinter der Thürmatte wurden von der Gemalin Aja die
Umstände vom Anfang bis zu Ende erspäht.
— Ein Räuber, der sich zu einem kaiserlichen Ab-
gesandten gemacht hat , kommt herein. Gesetzt auch , seine
Gestalt ist verschwunden, kann er eines Tages dem Befehle
des Himmels entkommen?
io ^ «Si-zm ,Anfang und Ende',
^ ^ Ten-mei ,der Befehl des Himmels', das Schicksal.
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Nin-ziütsu-ico motte sio-nin-no me-wo kuramasu-to-mo fisn-
josi-ga manako-iva mei-kio.
— Mag er auch durch Älenschenkunst das Auge aller
Menschen blenden, das Auge Fisa-josi's ist ein heller Spiegel.
A |i|tf Niu-ziütsii , Menschenkunst'.
^ ^ Sio-ni)i ,alle Menschen'.
-^ ^ Fisa-josi ist ein Eigenname, der an einer späteren
Stelle des Buches noch zweimal vorkommt.
H^ ^^ Mei-kio ,ein heller Spiegel'.
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514
Ffizmaier.
Ho-ho han-ri-wo mi-nuku sonata-no mei-satsu sasi-dzu-no
töri fakarb-tare-bn kuni-naga-ica si-mon-too katame-tori nigasanu
jb kokoro-je-tari-to.
— O, es ist seine klare Erforschung, wobei er zehn-
tausend Ki mit den Blicken durchdringt. Da der Inhalt der
Weisung erwogen ist, hat es Kuni-naga verstanden, dass er
die vier Thore fest verschliesst und ihn nicht entfliehen lässt.
^^ J|_ Ban-ri , zehntausend Ri^
0^ ^ Mei-satsu ,die helle Erforschung'.
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Ose-ni I fatto kum-naga-iva mono-domo tsvdzuke-to issan-ni
kumi-ko fiki-tsure kaker i-jukii.
Bei diesem Befehle sagte Kuni-naga: Ja! — Mit dem
Rufe: Leute, schliesset euch an! sprengte er, von seinen
Genossen begleitet, in schnellem Laufe davon.
Issan , schnell sich zerstreuen'.
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Ato utsi-mi-jan aja-no dai koro-mo tasogare icaga sa-mi-
ga zin-fai-no koku-gim hnn-zi-ioa to-kitsi.
Die Gemalin Aja blickte ihnen nach.
— Es ist um die Abenddcämmerung, für unseren Bouzen
die bestimmte Zeit der göttlichen Verehrung. Bei allen Dingen,
To-kitsi!
U^ ?S Äa-wi ,ein Bonze, der das Haupthaar nicht ganz
geschoren hat'. Hier sa-mi geschrieben.
Dpi- Palast Josi-tPrn's. 515
jjj(|l ^ Zin - hni ,die göttlicho Verehrung', Hier zin -fai
geschrieben.
^l] Bß Koku-gen ,die bestimmte Zeit'.
^ Ban-zi , zehntausend Dinge', alle Dinge.
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Madzu iraserare-maseo fukaki te-fadzu-wo ßto-ma-no ufsi
fiki-wnkarete-zo iri-ai-no kane-de möke-vo oku-go-ten a-nai-ni
tsurete sidzu-sidzu-to tsio-kei itsi-mi-no dai-ni-mib ke-u-ni zed-zite
foro-ei ki-gen ajwmase-kitari.
— Es wird früher eingetreten werden. Ein wichtiges Vor-
haben !
In einem Zimmer sich trennend und bei der Einführung
in den bei der Glocke des Sonnenunterganges vorgerichteten
inneren Palast begleitend, kam in Ruhe Tsio-kei, sich auf die
Seltenheit der Ernennung zum vertrauten grossen Zugesellten
zu Gute thuend, in halbtrunkener Laune dahergeschritten.
^ f^n 1^ Oku-go-ten ,der innere Palast'.
^ fe An-nai ,die Einführung in ein Haus'. Hier a-nai
geschrieben,
-^ g|^ Dai-ni ,der grosse als Zweiter Zugesellte', die
älteste Obrigkeit des Sammelhauses des grossen Vorgesetzten.
^ Mlh ,der Befehl', die Ernennung.
516 Pfizmaior.
^ "^ Kp.-u ,was selten voi-lianden ist'.
^ Z/'o-zurii ,sich auf Etwas zu Gute thun^ Hier zed-
zuru gesell rieben.
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Aruzi josi-teru-ko-gn zin-fni-no kih-ni zib-zife jo-hnka vi ade
o-fige-no tsiri-to siü-jen-no seki t.^i-s6 tappitsu knkotsi-jokn.
— Der Gebieter, Fürst Josi-teru^ die Freude der g-ött-
lichen Verehrung sich zu Nutzen machend, hat bis tief in die
Nacht, um sich gütlich zu thun, den Teppich des Weinfestes,
eine Unterhaltung in grossem Style, er fühlt sich wohl.
)|jft ^£ Zin - hai ,die göttliche Verehrung'. Hier wieder
zin-fai geschrieben.
J^ Kio ,Lustbarkeit, Freude'. Hier iti ja w geschrieben.
^k Zio-ziiru ,sich auf Etwas zu Gute thun, sich zu
Nutzen machen'.
O-fige-no ,der Staub seines Bartes' bezieht sich auf das
Sprichwort fi,ge-no tsiri-ioo faro oder toru ,den Staub des Bartes
wegkehren oder wegnehmen', d. i. Jemandem schmeicheln.
*^ Sin-jen ,ein Weinfest'.
Seki ,eine Matte, ein Teppich'.
■^ Tsi-so ,Fest.lichkeit, Unterhaltung'.
-4c ^^ Tappiisv ,ein grosser Pinsel'.
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517
Kunii-foka-no san-hai tsi)i-mi hu-hon-vo knzv-mo aolo-mike
zih-gn hifsi-ico age-faru ziü-kai-ro.
— Es sind die Seltenheiten der Berg'e und des Meeres
ausserhalb der Thorwarte, die Zahlen der neun Darreichun-
gen. Es ist ein Gefängniss zur Warnung, dass man den Sieg
der grossen Trinker erhoben hat.
^^ Kuan ,eine Thorwarte',
jjj j^ San-kai ,Berge und Meere^
^ ttt Tsin-mi ,ein seltener Geschmack'.
-j\^ iM Kn-kon ,neun Darreichungen', ein Ausdruck,
welcher den Wein bezeichnet.
^ ^Öt -^'^*"^'^^* ,eine Warnung erhalten'.
^ Rh ,ein Gefängniss'.
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Mei-sm-no koto nara e-do itsi-kawa-no masu-zaka-ja is.ieo-
mo tri-seo-mo san-seö-mo mada-mada o-oki-na jone-no maftii-garn
gaku-ted-no fnna-hu-tai fö-hi-no t/ini-ta /nkn-suke-ja takarn-no
ifsi-kaioari mn-na-da tsndztdcu kami-ja-no kiku-zake.-ka.
— Wenn es sich um guten Wein handelt, so sind in
dem Gantang -Weinhause von Itsi-gawa in Je-do ein Gantang,
zwei Gantang, drei Gantang noch immer grosse Gantang Reis.
Lob von Seite des Tanzbodens der Eckstrasse erntete wohl
anstatt des Marktes der Kostbarkeiten des Hauses Fuku-suke
der Goldbluraenwein des mit Ma-na-da zusammenhängenden
Hauses Kami-ja.
r:^ y^ Mei-siü , berühmter, vorzüglicher Wein'.
ölo Pfizmaier.
-^ Galxu ,eine Ecke^
^^ ^^ Bu-tai ,eme Erdstufe des Tanzest
j^ ^^ Fö-hi , Lobpreisung'.
>^ Y^ Kiku-zake ^Goldblumenwein'.
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Ija-ija ware-ra-iva fidari-jori koromo-ioo ki-se-si ama-kusari
itsi-no tani-ni viei-hutsu-na atsu-mori soba-no utsi-tate-de sei-rb
kasanete te-gara-gui.
— O in Ama-kusari, wo wir von links die Kleider an-
zogen , in Itsi - no tani , gerade neben Atsu - mori , • welches
berühmte Sachen besitzt, hatten wir in dem ßrunnensöller
nochmals das Thatenessen.
^ ^ Mei-bntsu ,eine berühmte Sachet
ih ^^ Sei-rö ,ein Brunnensöller'^, eine Art Festungswerk.
Te-gara-gui, durch , Essen nach verrichteten Thaten' zu
erklären.
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Ija-mo ivare-ßto tomo-ni muisu-masi-kn ifamanu fara-no
mote-nasi-ni atari fakken o-o-arasi.
— Ja, als ich und Andere freundschaftlich die Bewirthung,
bei welcher der Bauch nicht schmerzte, veranstalteten, erhob
' Itsi 110 taiii befindet sicli in dem Reieiie Si'tsii, Kreis Ja-ta-fe, ebenda-
selbst auch die Pagode Atsu-mori. Ama-kusari wurde nicht aufgefunden.
Der Palast Josi-trrn's. 519
sich vor uus, in einem Umfange von acht Ken, ein grosser
Sturm.
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Koto-nara sessia-wa kutsi-afari fara-hnto-motsi-iüo tsuvie-
konde te-ni ase nigiri motsi-ni tsuki.
— Ich besonders, als ich vor dem Munde einen Weiss-
fischkuchen hereinpresste, haftete ich, mit der Hand Seh weiss
eingreifend, an dem Kuchen,
i|fj ^ Sessia ,der Thörichte', ein Pronomen der zweiten
Person.
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Kore-to mhsan-mo kumi-rei mi-josi-dono-no o-fakaral | ono-
ono kata-mo sa-zo-kasi man-fuku itasi-te gozaru-to.
— Wir werden es so sagen, es ist die Anordnung des
Geschäftsleiters, des Herrn Mi-josi.
— Möge also ein Jeder zehntausendfaches Glück haben.
— Wir thuen es.
^^ -^ Kuan-7'ei , besorgen und leiten'.
/j jjjg Man-fuku ,zehntausendfaches Glück'.
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Rata-te ild konata-je Jd-kakaru ^oori-kara-ni saki-ni tattarn
rokkuku-ga ehosi-ga nvgete hikkuri-vasi \ fate mnun-ni-mo smoa-
razu mige-taru ehosi sori-ja sadame-sl zen-ßb navan.
Auf einer Seite gehend, wollte er hierher kommen. In
diesem Augenblicke fiel ihm die nach vorn stehende sechs-
eckige Mütze ab. Er war erschrocken.
— Ei, ohne dass etwas im Wege steht, ist die Mütze
abgefallen. Dieses wird ein bestimmtes Vorzeiclien sein.
-^ -^ Rokkakii ^sechseckige
"^ ^ Zen-ßo ,ein Vorzeichen^
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Ko-wa naze-de gozaru-na-to tadznne-ni kitsa-kaioa susumi-
ide I migete-mo nigasanu ge-ko-no mu-ri-zi-i sassatsu mn-tei
doron-io naru sirasede gana gozarb.
— Warum ist dieses? — Bei dieser P^-age trat Kitsu-
ka^^:a vor.
— Den Entschlüpfenden nicht cntilieheD lässt die un-
geregelte Raschheit des Nüchternen. Der stark Betrunkene —
o, dass man es nicht zu wissen gemacht hätte! wird duselig
geworden sein.
^ jll Kit.sH-kaira ist ein Geschlechtsname.
~\\ Jß Ge-ko ,em massiger Mann, ein Nüchterner'.
ff^ ^ Mu-ri-zi-i ,ohne Ordnung oder Regel'.
@§ HT ^^'-'■fßi ,sti^i-lv betrunken e So viel als Jn-tsuhwe.
rter Palast Josi-ti^iirs. 521
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Ija-ija sa-jo-de cjozarami san-hai nonda vje-no Icoto ato-wa
(jc-san-no toare nare-ha sähe sa-fodo-ni-mo omoi-ja senu mono
kotsi-ja damari ho-ge-sau-a-no fa-tda-mo vii-no tasinami ' ika-sama
sa jo-ka.
— Ei, so ist es nicht. Nachdem ich drei Becher getrunken
habe, denke ich, da ich es bin, der von dem Bei'ge herabsteigt,
nicht so sehr an den Wein. Ich schweige und gebrauche nach
dem Blätterliede des Sumpfes B6-ge ' Vorsicht.
— In^viefern ist es so?
~T\ ijjj Ge-san ,von dem Berge lierabsteigen^
^ ^ Fa-uta ,ein Blätterlied'^, ein Volkslied.
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Tsure-datsi-tsutsii-mo en-saki-no katatsi araioasu isudzura-
wo mite \ kore-kore oiw-ono go-ran-nasare ge-ge-no ge-ge-ra-ga
motsi-afsnkh | jakata-ni. nijaioanu ajasi-i utsiuca-to.
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' lieber dieses Lied und den geuaunteu Sumpf konnte nichts erfahren
werden.
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i')22 Pf i zitiaier.
Während sie sich mit einander erlioben, sahen sie einen
Koffer, welcher die Gestalt der Vorderseite des Vurhauses
zeigte.
— Sehe ein Jeder her! Das Unterste des Untersten hat
man im Gebrauche.
— Ein für einen Palast unpassendes, sonderbares Geräth!
(En)-saki ,die Vorderseite des Vorhauses'.
^ Go-ran ,das Sehen', als Ehrenausdruck.
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Tame-Uu sucjame-tsu | /afe mnrasaki siki-hu-ga fu-ze-vo
afo sono mono-gatari-ico kaki-nose-si ßna-no tsudzura-gn sore
narade \ imikasi-hanasi-no sita-kiri-suzume | fari-hun ko-ja-no
Sita mono-ka \ ßjon-na fokoro-je iü kasi-to.
Sie blickten bald offen, bald mit halbg-eschlossenen Augen
in die Ferne.
— In der That, eine Spur von dem Geiste JVIurasaki
Siki-bu's. Es ist nicht der Küchleinkoffer, der in ihi-er Er-
zählung durch die Schrift eingetragen wurde.
— Der in einer alten Erzählung vorkommende Sperling,
dem die Zunge abgeschnitten war.
— Vielleicht der unter der Hütte von Fari-bun. ^
— Es ist eine seltsame Erscheinung, darf man sagen.
^ j\J ^ Mnrasaki sikl-hu ist die Tochter ^ fl^
Tame-toki's, Statthalters von Jetzi-zen, und Verfasserin des
Gen-zi-mono-gatari.
' Der Name fari-hun ko-ja ist deui Verfasser nirgends vorgekommen.
Der Talast Josi-tern's. 523
^ tra jF?f-.:(.i ,die Leidenschaft, der Geist'. Hier fn-ze
geschrieben.
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matsi-ni kumo kiri kakure mo-io-to mljene-ha mei-mei utsi-odoroki \
kori-ja dö-zia ima-made ari-si tsudzura-iva idznre-je Jcua mijenu-to.
Ein Jeder sagte: So. — Die vorhandene Gestalt des
Koffers, den etwas in Bewegung setzte, verbai-g sich plötzlich
in Wolken und Nebel, erschien trüb und ward unsichtbar.
Alle erschracken.
— Wie ist dieses? Der Koffer, der bis jetzt da gewesen,
wohin ist er entschwunden?
:^ \^ Mei-mei ,NaDQe um Name', jeder Einzelne.
J^ JH 31d-r6 ,trüb, umwölkt', ursprünglich vom Mond-
licht gesagt.
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o24 Pfizniaier.
Atsu-ke-ni torare tada hö-zun-taru nono wori-kara tsiü-tvo
hura-hura tobi-juku tsudzura jo-jo-ni ine-wo tsukete ja-a rokkaku-
dono are mi-tamaje-to iwarete ono-ono utsi-awomuki \ a-a tsudzura-
ga tsiü-ico aruku-ica-arukii-iva ko-ioa-ko-wa ika-ni-to.
Von Hitze ergriffen, waren sie nun ausser sich. In diesem
Augenblicke flog der Koffer schwankend durch die Luft daher.
Sie hefteten auf ihn aUmälig- die Blicke.
— Ah, es mag ein sechseckiger Palast sein. Sehet!
Bei diesen Worten blickte ein Jeder in die Höhe.
— Ah, der Koffer wandelt durch die Luft, er wandelt!
Dieses, dieses wie ist es?
ptl Tsiü ,die Mitte', das Leere, die Luft.
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Mi-aguru utsi sugata cvaivasu goe-mon-ga gan-ka-ni mi-
jari-te nikkori icarai | tsi-isa-na ja-ro-de me-ni mijeniL-ka ko-e-ni
hikkuri mi-aguru ko-kit, \ ha-kn ei he-he Jia-ha-ha-to utsi-ioarai
kumo-ma-wo jü-Jit nori-juku.
Während sie emporblickten, zeigte Go-e-mon seine Ge-
stalt. Er blickte auf die unter seinen Augen Betindlichon und
lachte.
— Als eine kleine Zierpuppe erscheine ich nicht vor
euren Augen?
Als sie, bei dem Ton dieser Stimme erschrocken, empor-
blickten, erschallte es aus dem leeren Räume: Narren! He
he ! Ha ha ha !
So unter Gelächter stieg er zwischen den Wolken langsam
weiter,
Der Palast Jusi-tiTu's.
525
|R^ ~T\ Gaa-lca ,untei- den Äugend
^P ]IP Ja-i'o hat hier die Bedeutung ,Zierpuppe^
]#■ ^ Ko-kü ,(lcr leere Raum'.
j\^ \^ Jü-jü jhmgsain, gemächliche
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Nin-ziutsu suijata mijene-ba awo-ku-ijc-tatsi ki-)ito taniasi-
i-mo ten-do-si sono mama fo-sin nasi-te kern.
Durch Menschenkunst ward seine Gestalt unsichtbar.
Die unerfahrenen Leute der Fürstenhäuser hatten Geist und
Seele umgedreht und machten sich wie früher unbestimmte
Gedanken.
A :|/jtj Nhi-ziütsH , Menschenkunst'.
<^^ Kti-ye ,die Häuser der Fürsten'.
M ||h Ten-du , Umdrehung und Bewegung'.
^ i^ Fb-sin ,das Herz oder die Gedanken freilassen'.
Hier fo-u-sin geschrieben.
flä ^ Md-ka-no ^ ha.
Der Schauplatz des Fliirgaiigs.
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Ma-(joto-goto-ni siki-narabii fana-to mi-magb kiJcu-to-dai
ßru-wo azamuku hakari - idte atari-mo kagajaku kin-den-ivo
osorenu dai-tan fu-teki-no go-e-mon narai-ohoje-si nin-ziiitsu-nite
sugata mijene-ba tare alte togamuru fito-mo naga-ro-ka en-no
sita-jori zi-teo-no asi-gara kore-mo ukagb.
Den in einem Masse , dass in einem jeden Zimmer die
Goldblumenleuchter, die man für in Reihen ausgebreitete Blumen
ansah, den Tag verspotteten, vor ihm schimmernden goldenen
PaJast nicht fürchtend, hatte sich der kühne, furchtlose Go-e-mon
durch die von ihm erlernte Menscheukunst unsichtbar gemacht.
Welcher Mensch sollte ihn beanständen ? In dem langen Flur-
gang, unter dem Vorhause, spähte auch der Knecht Asi-gara.
^ Kiku ,die Goldblume^
»J^ ^^ To-dai ,ein Leuchter'.
^ ^ Kin-den ,ein goldener Palast'.
■y^ B^ Dai-tan , grosse Galle', kühn.
^ '1^ Fu-teki , furchtlos'.
yV ^^ Nin-ziütsu , Menschenkunst'.
Jg[5 ^ Rh-ka ,ein Flurgang'.
:^ Ell ,ein Vorhaus'.
^ ~y Zi-tto ,ein Diener, ein Knecht'.
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Za-siki saki sore-to mim-jori \ asi-gava-asi-gara kin-zo-
kin-zh I ja-a tasika ima-no-iva kasira-no ko-e-da-ga-to atari kijoro-
kijoro u-san-gawo | wo-ico mijenu fatsu koko-ni ivu-to in -wo
fodoke-ba arawaruru kin-zb-wa sasi-jotte \ loo-ico kasira sakki-
kara kosi-kake-ni matte ite-mo oto-ioa sezu moku-romi-wa ivare-
wa sia senu-ka-to.
Vor dem Sitzzimmer, sobald er sah, dass es dieses sei,
rief er: Asi-gara! Asi-gara! Kin-zö! Kin-zo!
— O, es ist gewiss jetzt die Stimme des Anführers ! —
Hierbei spähte er umher und bekundete in seinem Gesichte
Misstrauen.
— O, ich war nicht zu sehen. Ich bin eben erst hier.
— Dabei löste er das Siegel. Kin-z6 zeigte sich und trat
hinzu.
— Der Anführer hat schon früher auf dem Sitze ge-
wartet. Es wurde verabredet, dass wir kein Geräusch machen.
Thust du es nicht?
^ ä^ Kin-zo ist ein Eigenname.
J^ #Jr U-san ,misstrauisch'.
^<J] Fatsu ,der Anfangt
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Ncika-no kutsi-kava kono (/e-ja-je sa-sa fiikcrb-zia aru-mai'
ka I ija fukeranit j ko-iva mata naze-iia wo-ico naze-to-toa kui-
da-koi-da-to.
Mit vertraulichen Worten sagte Jener: Wird es denn l'iir
dieses untere Haus nicht tiefe Nacht werden ?
— Es ist nicht tiefe Nacht.
— Warum ist dieses auch?
— Warum? Es ist innig, es ist innig.
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atari-je kokoro-oku <jo-e-mon-ioa jb-jo-to ' ore-gci kove-made neu
kaketa koto ne-je zai jari-kake-ni-ja-a kono jakata-wa ngohinu
sib-ne zia-ma-ni narit kono tsudzura dai-zi-no zo-ritsu saki-je
kajere.
Hierauf erwiederte Kin-zö: Es heisst, der Vater sei hinge
Zeit nicht gesehen worden. Go - e - mon , der Austand nimmt,
ihm unter die Augen zu treten, ist beinahe —
— Ich liabe bis jetzt keine Aufmerksamkeit geschenkt.
Etwa wie für eine Zeichenfahue und ein Lanzengestell habe
ich für diesen Palast einen unwandelbaren Sinn. Dieser zu
einem Hindcrniss werdende Koflfer kehre zu dem wichtigen
Vorgebirge der vermehrten Tonweisen zurück.
Der Palast Jüsi-tcru'ö.
^ Neu kakerii ,die Gedanken anhängen'.
J© Zai ,einc Zeichenfahne'.
>^ ^^ Sib-ne ,die Wurzel des Gemüthes'.
^ /^ Zia-ma ,ein Hinderniss'.
^ ^ Zö-ritsu ^vermehrte Tonweise'.'
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Wo-wo nomi-konda-to asi-gara-ga kata-kara kake-uke-toru
ren-ziaku-no fimo ßki-simete jvkan-to se-si-ga tatsi-domari \ ija
jukarenu-jukarenu kono jakata-no si-fo fappo-ioa kona-san-ivo
nigasanu jo-i-no te-kuhari kore-sa otte-ioa issun-mo.
— O, ich habe gut verstanden.
— Das Band der Tragstange, die er von der Schulter
Asi-gara's sich angehängt hatte , zusammenziehend , wollte er
fortgehen vmd blieb stehen.
— Man kann nicht fortgehen ! Man kann nicht fortgehen !
In diesem Palaste sind von vier Seiten, von acht Seiten die
' Das auf diese Zeichen •/.uriickgefiihrte Wort ist sonst nicht vorgekonnnen,
weshalb aucli die Richtigkeit der Erklärung zweifelhaft ist, Ebcusu
bleibt Lesung und Erklärung der Worte ve-je ::ai nugewiss, wobei über-
dicss zu bemerken, dass in der in dem IJuchi: angewendeten Firakana-
schrift das Zeichen ^ Je und die Verbindung y' kou immer gleiche
Gestalt haben.
530 Pfizmaiei.
Vorkehrungen so verthcilt, dass man ein Reismehl und Pulver
nicht entfliehen lässt. Die Verfülgcr werden nicht einen Zoll —
^ ^ Ren-ziaku ,eine Tragstange^
ptj Hb y^ Hb Si -j'o fapiJO ,vier Seiten , acht Seiten',
alle Seiten.
jJ8;j^ Wt Kona-san , Reismehl und Pulver', Reispulver.
ffl W .7o-i , Vorbereitung, Vorkehrung'.
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mo ma-ma-na go-e-mon simesi dai-zi-no siro-mono-uo mofsi-juku
sakl-no jd-zin-ni-iva-to kuai-tsiü-jori tori-idasi sono mama ivatasu
ikkuan-ni.
— Man mag in der Nacht ein eisernes Netz spannen,
man mag zu irgend welcher Stunde zurückkehren, es gibt für
die Zwischenzeit eine Weisung Go-e-mon's. Damit man die
wichtige Waare foi'tbringe, hat man früher Vorsicht gebraucht.
Hiermit nahm er aus dem Busen eine Rolle und übergab
sie so wie sie war.
K i^ Jö-zin , Aufmerksamkeit, Vorsicht'.
•JM pb Kuai-isiü ,in dem Busen'.
— ' j^ Ikkuan ,eine Rolle'.
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Kori-ja nan-de gozan-sii \ kore-ga siinawatsi sinohi-no den-
sio köre soje soranzi fada-ni tsiikere-ba su-man-no naka-de-vio
ke-si fodo-mo me-ni kakaranu dai-zi-no sikkari-to adziikuta-
zo-jo-to.
— Was ist dieses?
— Dieses ist eine geheime überlieferte Schrift. Wenn
man sie nur hersag't oder auf den blossen Leib legt, so ver-
wandelt man sich selbst in der Mitte von mehreren Zehntauseu-
den und fällt nicht in die Augen. Man hat es als etwas
Wichtiges, Zuverlässiges hinterlegt.
Den-sio ,eine überlieferte Schrift^
Su-vifin , mehrere Zehntausende'.
/y^ Kusu jsich verwandeln'.
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lü-ni kiu-zb iso-iso-io köre saje are-ha dai-zih-hii s/kasi
ato-ni nnkotte kona-san-no mosi mi-no uje-to nnru foki-ioa.
Hierauf erwiederte Kin-zo hastig: Wenn dieses nur der
Fall ist, so bin ich ganz geborgen. Jedoch ihr bleibet zurück,
und wenn Reismehl und Pulver auf euch Bezug haben wird. —
-4-- ^ J^ Dai-zib-hu ,ganz gesund, ganz kräftig'.
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Ki- dzukai-siiru-na (jo-e-mon-wa ziiitsu-wa nbte-mo kono
tsurugi su-man-no teki-de-mo tatta fito-nade teppeki-dzio-de-mo
fiimi-jnhiiru inotsi-ni kajefe-mo iai-setsu-na sono tsudztira to-tsiii-
de ki-jozi-hasi am toki-ica kujande kajerazu fada-mi fanasanv
imi-ziütsu nare-do sibaraku ware-je adziikuru-mo tsudzura-no bii-
zi-wo 07n6 juje fajaku jnke.
— Sei unbesorgt. Bei Go-e-mon berührt ohne Kunst dieses
Schwert mehrere zehntausend Feinde nur einmal, er zertritt
die Aufthürmung eiserner Mauern. Kämen jene auch in's Leben
zurück, wenn sein wichtiger Koffer auf dem Wege eine Leiter
zum Klimmen hat, reut es sie, und sie kehren nicht zurück.
Obgleich es eine Menschenkunst ist, welche man nicht von dem
blossen Leibe trennt, hinterlege ich sie bei dir für eine Weile.
Weil man auf die Sicherheit des Koffers denkt, gehe schnell fort.
Ziütsii ,die Kunst'.
Teki ,Feind^
^ Tcppeki ,eiue eiserne Mauer', ein Wort, das sonst
nirgends vorkommt.
Der I\ila-;l Josil.'iu's
533
^ Den, dzio ,cine Aufschichtung'. '
"Ac fff Tai-setsu ^Wichtigkeit^
^ ^ 7b-^6-m ,auf dem Wege'.
Ki-jodzi-hasi mag ,eine hölzerne Leiter, die man erklimmt'
bedeuten. Das Wort kommt sonst nirgends vor, und ist dessen
Lesung auch ungewiss. Dzi ( ^) und zi (^) werden häufig
mit einander verwechselt.
ÖE ^ Bu-zi .ohne Zufall', wohlbehalten, sicher.
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Wo-ico gatfen-fo asi-gara-ioa tohu-ga gotohu-ni ulefe jiiJcu.
— O ich verstehe! — Mit diesen ^Vorteu eilte Asi-gara
wie im Fluge hinaus.
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Mo kore-knra-wa ipi^on-datn-to mi-jani kasiko-no en-dznfai
ukagai fiso-fiso mi-kami-no ßakii-auke \ wn-ico kasira koko-ni
i-jan-sita-ka \ kore-to atari-je kokoro-ico ktihari \ wan'-ja fiaku-
suke mada fukerane-je-ka.
— O, von nun an bin ich allein !
Bei diesen Worten blickte er hin. lilngs der anderen
Seite des Vorhauses spähend, sagte Fiaku-suke von Mi-kami
heimlich: Ist der Anführer hier gewesen?
— He! — Jener theilte die Aufmerksamkeit.
— Ich bin Fiaku-suke. Ist es noch nicht tiefe Naclit?
' Die Riclitigkeit der Erklärung- des Ausdniekcs leppfkidzio ist zweifelhaft.
534 Pfizmaier.
— ' ^ IlL JpJ^'^^^-f^fi^^i ,allein dastehend'
En-dzntai jläng's dem Vorliause'.
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Sa-tsnki fiikero-fo-tvfi omotta-ga tahara-no jama-je iri-nagara
mu-de-de knjeru-mo kiman-gn warusa-ni ko-dziikai si-goto-wo
si-jan-sita-to sasi-idasu too-gon-dzidsumi zirori-to mi-jari \ sori-
ja-a nnn-da-to.
— Ich dachte, dass es tiefe Nacht im fünften Monate
des Jahres sein werde, und indem ich in das Gebirge der
Schätze trat, verrichtete ich bei dem äusserst schlimmen Um-
stände, dass ich mit leeren Händen zurückkehrte, die Geschäfte
eines kleinen Dieners. — Dabei nahm er einen Pack gelben
Goldes hervor.
Jener, es anstarrend, sprach: Was ist dieses?
Uffi -^ Mu-de ,die Hand ohne etwas', eine leere Hand.
Wird auch durch |^ -^ , blosse Hand' ausgedrückt.
W7j-gon ,gelbes Gold'.
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In-ni fiakn-suke | sib-siii doi-mih-me-ra-gn ken-zib-no wh-gov
fiak\i-mai juhi-gake-no da-tsin tsni dzio-ro makasi-fe kifa »av-
zo-no fasi-w »arb-ka-to.
Fiaku-suke erwiederte : Ich kam, indem ich die durch die
uichtswürdigeu im Range beförderten grossen Fürsten als ein
Geschenk dargereichten hundert Stücke gelben Goldes als
Pferdelohn des Antrittes der Reise mit der Giesskanne aus-
ffiessen Hess. Was für eine Summe wird es sein?
:&. j[^ Sib-sm ,zu einem höheren Range befördern'.
^ h Ken-zib ,als ein Geschenk darreichend
jg^ ;|^ Da-tsiv ,die Miethe für Pferde^
Y y|^ Zib-ro ,eine Giesskanne'. Sonst auch zio-ro und
dzio-ro geschrieben.
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Zui-hun ware-mo nvke-me-iva ne-jn mi-nognsi-te-wa doro-ho
med-n.-ni tsnkirn-de arb sono mama-ni nwffe jvki mitsi-de zia-mdh
nara suiete simnje \ mada sono uje-ni köre kb-fo.
— Ich habe wohl keine Ausgaben. Wenn ich es über-
sehe, werde ich am Ende den Namen eines Diebes haben.
Bringe es, so wie es ■ ist, fort. Wenn auf dem Wege ein
Hinderniss entsteht, wirf es weg.
— Es wird noch darüber — O so !
j^ ^ Zui-hun , ziemlich'.
^ ^ Meo-ri ,die Beschaffenheit des Namens'.
^ j]^ Zla-ma ,ein Hinderniss'.
Sitzungsber. d. phil.-hist. Ol. XC. Bd. III. Hft. 35
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536 Pfiz maicr.
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Mimi-ni kutsi Jose sasajnke-ha go-e-mon-iün nnadzui-te \ ww-
vin stiri-ja niwn-ioo f&date-si sen-kio-kaku fei-zen-no i-do-no utsi-
wa jakata-no nra-te-je nvke-nutsi-to-va.
Er flüsterte ilnn dieses in das Ohr. Go-e-mon nickte mit
dem Haupte.
— Nun denn ! Bei dem von dem Vorhofe g;etrennten
Söller der Gränze der Unsterblichen, innerhalb des Brunnens
vor dem Vorhofe befindet sich ein Weg", durch den mau nach
der Aussenseite des Palastes entschlüpft.
fPj ■^ Wi 'S'e??-Ä;/r)-/<;aÄ;?t ,der Söller der Gränze der Un-
sterblichen ^
j^ ^ Tei-zen ,vor dem Vorhofe'.
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Ika-ni-m.o mi-josi tsib-kei-je itsi-mi-no monn-ga te-dnfe-ioo-ba
sngu-sama kiki-forv kon-ja-no fataraki.
— Es handelt sich irgendwie um Mi-josi Tsio-kei. Von
dem Anschlag-e des vertrauten Mannes habe ich geraden Weges
durch Hören erfahren. Das Unternehmen der heutig-en Nacht —
-^ J^ Kon-ja , diese Nacht'.
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Der Palast Josi-tern's. 037
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Appare ßaku-suke sono fö-iva asi-yara-cja ninonde kita en-no
sita-kara saki-je fuke-ro | gatten-da-to fa-ira nuke-mitsi sasi-asi-
site-zo isoyi-juku.
— Ei Fiaku-suke ! Verschwinde von dem Fusse des Vor-
hauses, durch welches Asi-g'ara heimlich gekommen, nach
vorwärts.
— Ich verstehe. — Den Weg-, durch den man entschlüpfen
konnte, einschlagend, eilte er mit leisen Schritten davon.
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Rh-ka tsudzuki-no mi.-na-no fima more-kikoje-nuru tsuma-
oto-ni koto-aara taje-narii mei-ko-no kaivori-ni sin-ni sumi-wataH
go-e-mon-mo tittori-to fate siwo-rasi-i ano.
Indess bei den Saiteuklängen, die durch die an den Flur-
gang stossende Thürmatte gehört wurden, bei dem Dufte der
besonders ausgezeichneten Räucherwerke Herz und Ohr er-
quickt wurden, war auch Go-e-mon träumerisch.
— In der That, es ist lieblich!
r^ ^ Mei-kb ,berühmter Wohlgeruch^
'la^ -^ Sin-ni ,Herz und Ohr'.
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Oo8 Pfizmaier.
Tsimia-oiu slrabe-no ito-je motsiire-joru sino-bu tajori-ica
ran-zia-iio Iccmori ui;-ja-no nl-si-kl-ioa aja-no dai.
An die Fäden der Tonweise der Saitenkläno-e verwickelt war:
Die Hilfe des Sino-bu ist | der Luttblume Moschus mit seinem
Dufte. Des Gemaches GoldstofF ist | die hohe Gemalin Aja.
^ -^ Sino-bu,, sonst sino-bu-zuri ,das Geriebene von
Sino-bu' genannt, ist eine gewisse Färbung- der Kleiderstoffe.
^ S^ Ran-zia , Moschus der Luftblume' ist eine Art
Weihrauch.
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^-a koi-Jcaze-ga mi-nl shnu itje-to itsu-ka sozoro-ni kb-ran-je
motarete kiki-iru koto-no ne-ni kokoro-mo sora-ja sora-daki-no
ka-wo siru-be-ni-to sinobi-Juku.
— Ach überdiess dass der Wind der Liebe in den Leib
dringt, ist bei den Tönen der Harfe, die, indess ich unab-
sichtlich an das Gitter gelehnt bin, zu dem Olire gelangen,
das Herz auch unäclit? Ich mache den Wohlgeruch des in
der Luft brennenden Weihrauchs zum Führer.
Hiermit ging er heimlich fort.
U Kd-nin ,eiu Gitter*. Hier statt ko-n die Schreib-
art ka-u.
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Der Palast Josi-teru'e. 539
Konata-no ijo-teu-no kasiko-jori sinohi-de-tatsi-no kosi-tnoto-
ga tagai-ni sore-to jovl-tsudo'i \ sakki-dono-de-ica gozaraim-ka
ico-ico asa-ka-sama o-jaka-me go-kurb-ni zon-zi-vuisuru.
Von der anderen Seite des diesseitigen hohen Palastes
traten die im Geheimen austretenden Mägde eben zusammen.
— Ist es nieht der vordere Palast?
— O Frau Asa-ka ! Euer Dienst macht euch Beschwerde.
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Mi-dai-sama-no o-sasi-dza juj'e jakata-wo manioru sinobi-no
de-tatsi \ kimi-ivo iikagb kuse-mono am juje sinobi-jotte karame-
kure-jo o-ge-dzi-ico komwi-kure-wo ai-dza-ni koiio jaku-me.
— Wegen der Weisung- der hohen Gemalin ist der heim-
liche Austritt, wobei man das Gebäude bewacht.
— Weil hier ein Bösewicht ist, der den Gebieter be-
obachtet, erhielt man den Aultrag, heranzuschleichen und ihn
zu binden. In Uebereinstimmung- hiermit ist dieser Dienst.
j^ |§j Ai-dzu jgegenseitige Bemessung^
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540 Pfizmaier. Der Palast Josi-teru's.
Wataktisi tote-mo sono tövi jakatn-je iri-kuru sio-dai-mio
go-sin-zio ma-tsikaka ukn<jaje-h(i tare-kare-no Jö-sia-naku karame-
toran-to kanete-no kei-jaku.
— Ich thue jedenfalls desgleichen. Als man die Schlaf-
stätte der grossen Fürsten, welche in das Gebäude kommen,
in der Nähe beobachtete, wurde im Voraus die Verabredung
getroffen, dass man alles, ohne irgend Jemanden zurückzulassen,
binden und festuehuKin werde.
^ -^ i^ Sio-dai-mio ,die grossen Fürsten^
t[^ fiJX '^'*'*"^*^ A^^ Schlafstätte'.
^ ^ Jö-sia , Zurücksetzung, Ausnahme^
^ "^ Kei-jaku ,Verabredung^
XIV. SITZUNG VOM 22. MAI 1878.
Der mährische L an desausschuss übersendet den
8. Band der in seinem Auftrage von Dr. B. Dudik heraus-
gegebenen , Allgemeinen Geschichte Mährens'.
Ferner übermittelt Se. Excellenz Herr Vicomte de Porto
Seguro, kais. brasil. Gesandter in Wien, die zweite Auflage
seines Werkes: ,Historia geral do BraziP.
Von Herrn Dr. Ferdinand Kalte n brunner in Graz
wird ein erster Reisebericht: ,Ueber den Vorrath an Papst-
urkunden in Italien* eingesendet.
Das w. M. Herr Regierungsrath Dr. C. Ritter von Höfler in
Prag legt eine für die Denkschriften bestimmte Abhandlung: ,Zur
Kritik und Quellenkunde der ersten Regierungsjahre Karls V.' vor.
Das w. M. Herr TTofrath Tomaschek überreicht eine
Abhandlung von Herrn Dr. August Sauer, gegenwärtig in
Berlin, welche betitelt ist: ,üeber den fünffüssigen lanibus
vor Lessing's Nathan' und um deren Aufnahme in die Sitzungs-
berichte ersucht wird.
Das w. M. Herr Professor Hartel legt eine für die
Sitzungsberichte bestimmte Abhandlung unter dem Titel: , Studien
über attisches Staatsrecht und Urkundenwesen I.' vor.
542
Herr Professor Dr. Richard von Muth aus Wr.-Neustadt
legt: , Untersuchungen und Excurse zur Geschichte und Kritik
der deutschen Heldensage und Volksepik' vor mit der Bitte
um ihre Aufnahme in die Sitzungsberichte.
An Druckschriften wurden vorgelegt:
Acad^mi e Impi'rialp. tlos Sciences de St-Pet.ers))ourg': Bulletin. Tome XXIV.
N» 4 et dernier (Fenilles 29—36). St-Petersbonrg, 1878; gr. 4«.
— Memoires. Tome XXV, No. 1. Ueber Pluralbezeichnungen im Tibetani-
schen von A. Schiefner. St-Petersbourg, 1877; gr. 4".
— Royale de Belgique: Bulletin. 47*= Annee, 2*^ Serie, Tome 4ü. Nr. .3.
Bruxelles; 8».
Akademie der Wis.senschaften, königl, baierische, zu München: Sitzungs-
berichte der ])hilosophischen, philologischen und historischen Classe. 1878.
Heft I. München, 1878; 8".
Cornu, .1.: Phonologie du Bagnard. Paris, 1877; 8". — Una Panera de revi
fribordzey. Nogent-le-Rotrou, 1877; 8".
Dudik, B. Dr.: Mährens allgem. Geschichte. VIII. Band, Brunn, 1878; 8».
Hamburg: Stadtbibliothek. Schriften von 1876/77. 68 Stücke; 4».
Jena, Universität: Akademische Gelegenheitsschriften. 45 Stücke. 4" u. 8".
Porto Seguro, Visconde de: Historia geral do Brazil antes da sua Separa^äo
e Independencia de Portugal. Tomo I et IT. Rio de Janeiro ; 4".
,Revue politique et litteraire' et ,Revue scientifique de la France et de
l'Etranger'. VIl'' Annee, 2« Serie. Nr. 46. Paris, 1878: 4'1
Societfi Italiana di Antropologia, Etnologia e Psicologia comparata: Archivio.
Vol. VHP fascicolo 1°. Firenze, 1878; 8«.
Societe Hollandaise des Sciences ä Harlem : Verhandelingen rakende den
natuurlijken en geopenbaarden Godsdienst. Nieuwe Serie; zesde Deel.
Haarlem, 1877; 8».
Verein für hessische Geschichte und Landeskunde: Zeitschrift. Neue Folge.
VI. Band, Heft 4. Kassd, 1877; 8". VII. Band. Kassel, 1877; 8«.
— — Statuten, 1875 ; 12". — Mittheiluugen und die Glieder des Vereines.
Jahrgang 1876. I. und IV. Vierteljahrs-Heft. Jahrgang 1877. I. Viertel-
jahrs-Heft; 12". — Verzeichniss der Büchersammlung. Kassel, 1877; 8".
1
Hartel. Stadien über attisches Staitsrecht und Urknndenwesen. I. 543
Studien über attisches Staatsrecht und
ürkundenwesen.
I.
Von
Wilhelm Hartel,
wirkl. Mitgliede der k. Akademie der Wissenschaften.
VA'er die paar Hunderte attischer Psephisnien aus der Zeit
nach dem Archontat Euklids (Ol. 94, 2 = 403/2 v. Chr.) durch-
liest, wird nicht verkennen, dass dieselben zwar nach festen
Formularen concipirt sind, aber sich auch nicht des Eindrucks
erwehren können, dass in der Anwendung derselben eine
gewisse Willkür und auch Flüchtigkeit herrsche, indem dasselbe
Decret sich hier vollständiger, dort bei einem ganz gleichartigen
Gegenstand um einen oder einige Bestandtheile gekürzt zeigt
und diese Bestandtheile bald so, bald anders geordnet er-
scheinen. Bald wird, indem wir von den unzweifelhaften Raths-
Psephismen absehen, in ihnen nur des Demos als des be-
schliessenden Factors gedacht, obwohl das verfassungsmässige
Zustandekommen des Decrets auf dem Wege des Probuleuma
keinem Zweifel unterliegen kann, bald wieder ganz besonders
nur die Ingerenz des Rathes betont oder auch nur ausschliesslich
von dem gesprochen, was der Rath beschloss, obwohl aus der
Aufzeichnung des Beschlusses schon erhellt, dass derselbe die
Genelimiguno- des Demos erhalten habe. Sollten hierin nichts
als Willkür und Zufälligkeiten zu erkennen sein?
Die leicht zu überblickende Zusammenstellung zuver-
lässigster Texte, welche wir dem Corpus der Berliner Akademie
verdanken, fordert nicht ohne Aussicht auf Erfolg zu der
Untersuchung auf, ob und in welchem Umfang in den attischen
Staatsui-kunden feste Formulare erkennbar sind, ob diese ver-
schiedeneu Typen mit ihren Varianten nichts weiter als belang-
lose Zufälligkeiten sind, die sich durch den raschen Wechsel
544 Hartel.
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der functionirenden Beamten, einen gewissen Widerwillen gegen
Strenge der Form oder den Mangel an strengen Formen, durch
die Flüchtigkeit des Expedits oder der Stein Schreiber erklären,
ob nicht ihre Varietäten durch den meritorischen Inhalt der
Beschlüsse und die davon abhängige Art der parlamentarischen
Behandlung bedingt sind, ob nicht von da aus ein Einblick in
das attische Kanzlei- und Archivwesen und, was wichtiger ist,
in den Verkehr der Behörden und ihre staatsrechtliche vStellung,
welche uns die zerstückte und getrübte Ueberlieferung des
Alterthums über diese Dinge versagt, gewonnen werden könne.
Die Antwort auf diese Fragen suchen die folgenden
Studien zu geben oder wenigstens vorzubereiten. Ihr eigent-
licher Gegenstand sind die nacheuklidischen Staatsurkunden ;
doch ist es nicht möglich, Bedeutung und Entwickelung ihrer
Formen unabhängig von den Psephismen des 5. Jahrhunderts,
aus welchen sie zusehends nach und nach herauswuchsen, zu
begreifen. Es sind demnach auch jene, so weit es unerlässlich
oder nützlich schien, mitherangezogen worden.
Die reichsten Protokolle der voreuklidischen Staatsurkunden
haben folgende Bestandtheile, welche ich im Laufe dieser Unter-
suchung der Kürze halber mit den ihnen vorgesetzten Zeichen
benennen werde:
a = Namen des Archonten, c csTva ^px^v.
h = Namen des Schreibers der prytanirenden Phyle (später
des jährigen Rathsschreibers), o oeTva £Ypa[j.p.aT£usv.
c = Sanctionirungsformel, sSo^sv 1f^ ßou)v9] xat -w ct^\)m).
d = Namen der prytanirenden Phyle, -^ oeTva sTrpuTavsusv.
e = Namen des Präsidenten der Versammlung, c oeTva
f = Namen des Antragstellers, c SsTva sTzev.
Der erste Bestandtheil (a) kann nicht als ein nothwendiger
bezeichnet werden, wohl aber sind dies die anderen, indem
zwar die trümmerhafte Ueberlieferung uns selten alle vollständig
erhalten hat, das nachweisbare Fehlen aber eines in dem
ursprünglichen Concept auf ganz bestimmte Veranlassung zurück-
geht. Die nothwendigen fünf Bestandtheile stehen in einer
unverrückbaren Ordnung, c db e f, deren Princip später gesucht
werden soll ; ihre grammatische Verbindung ist asyndetisch,
innerhalb dieses Gefüges ist jeder Zusatz, wie das Demotikon
Studien über attisches Staatsrecht uud Urkundenwesen. I. 545
oder der Vatername bei hef, Bezeichnung' der Zahl bei d
verpönt. Als Beispiel diene das wohl erhaltene Präscript von
CIA. I nr. 32:
"Ecc^ev Tfj ßou/^Y] v-xl TW By^iaw • Ke/.po-lc £7:pu-cav£'je • Mvf,ai9eO(;
£Ypa;j.[j.äT£'je • E'j-£{Öy;? £';:£3TiT£'. • Ka/v/a'a; £i7:£.
Dieses Formular cdbef tritt uns mehr wenig;er vollständig
erhalten in folgenden Decreten entgegen:
CIA. I und Snpplenienta voK I: nr. 9 {--^f)- 16 {cdbe-).
21 {cdebf). 22\ 27" (6 fehlt). 32. 37, 1 uud 2. 38, 1 (cdbe-).
40, 1.2 und 3. 42,2 {cd--). 56 (cd--). 60(c-6e-). 65(c(^i--).
68 {cd-ef). 12 (cd--). 76 (c-6?-). AÖr^va-.ov VI 128. Thukyd.
IV 118.
Unter diesen Protokollen zeigt nur eines eine kleine Ab-
weichung in der Abfolge der Bestandtheile nr. 21. Nur einmal
nr. 27" fehlt ein nothwendiges Glied b, wofür später die Gründe
entwickelt werden sollen.
Der Zweck dieses Protokoll-Formulars kann unmöglich
der gewesen sein, die Inschriften zu datiren; denn dieser
würde weder durch die Anordnung noch durch die Auswahl
der Bestandtheile gefördert. Die Sanctionirungsformel wäre
dann gleichgültig, d und b würden ein und dasselbe bezeichnen
müssen, indem im 5. Jahrhundert und noch einige Decennien
nach Euklid mit der prytanirenden Phyle der Schreiber wechselte,
und eine klare, gemeinverständliche Zeitbestimmung wäre das
doch nicht, indem mau nicht voraussetzen kann, dass die
Athener die Namen der Kathsschreiber oder den Wechsel der
Phylen auch nur von wenigen Jahren im Kopf gehabt haben,
uud wir uns nicht wohl kalendarische Hilfsmittel zu diesem
Zwecke in ihren Händen deuken können. Wo möglich noch
schlimmer steht es mit dem Namen des Präsidenten, der den
Tag des kaum zu ermittelnden Monates des unbezeichneten
Jahres bedeuten müsste, wenn man in dem Formular nur den
Datirungszweck erblicken wollte.
Die Athener selbst haben das nicht darin gesucht, sondern
nachdem oder wu sie die Datiriing für nothwendig hielten,
dieselbe dem Furmular cdbef vorausgesetzt und als einen
selbständigen Theil des Protokolles durch grössere Schrift oder
einen Absatz oder durch beides deutlich hervortreten lassen {Vg\.
ni-. 4Ü. 59, 1. 61. 62. 63. 67. 69; vgl. Böckh zum CIG. I p. 112).
546 Hartcl.
Zur Bezeichnung des Jahres bedienten sie sich des Namens des
Archonten in der Regel in Verbindung mit der Präposition i~i,
also i~\ Toj ceTvoc ä'pyovToq (nr. 33. 33". 4G. 59, 1. 69), seltener
in der Form c csTva r,pye (nr. 61. 62. 63). Mit diesem Mittel
der Jahresbezeichnung findet sich zweimal ein anderes ver-
bunden, nämlich die Nennung des ersten Rathsschreibers, d. i.
des Schreibers der ersten prytanirenden Phyle, nr. 33 ['EttI
'Ajjcejoo'j; xpyynoc /. [at ty;c ßouAvj? ^ Kp'.T'.ajc-/]? ■zrpwTo; i^(pOL[).[j. [aTSue,
und ebenso 33", wo nur TrpwToc, vielleicht nicht aus blossem
Versehen, fehlt (vgl, über den izp&xzc Ypap.iJ.aTSjv; Böckh zu CIG. I
nr. 74 und nr. 81, Staatsh. I 258, II 3 und 5, Chvonol. epigr.
Stud. S. 37). Es lässt sich zeigen, dass diese Formel in Decreteu
des 5. Jahrhunderts häufiger zur Datirung verwendet wurde,
als man nach diesen zwei Beispielen zu glauben geneigt sein
könnte. So lesen wir nr. 37, 2 <do'jo'.7:'7:oc sT-s • c-icr' [r,«:'. ttöjaect'.
(fopo? [exa/ÖY) £7cl tJ-^i; ßouA'^c ^ nXeicTTtJac Trpwio? [e'(pa]\j.ijA-
T£U£ £TCt Sxpatoxj [Xsou?] äp^ovioc /.tX., in der Urkunde 322,
Z. 4 [xaojc dvsvpa'i/av Ip^a xoD vsw, w? /.axsXxßov r/ovxa, y.axa xb
(]y'/^[9'.(7][J.a xou o-/;[j,oü, S 'E-tY^v-^? sS'^rev, s^eipYacjj.sva xotl r,ijJ.ep-^0L^ i-Ki
Aio[x]X£ouc ä'p/ovxoc, KExpoxioo? Tupuxav£uouG"/;; TCpwxY)?, £7:1
x^q ßouX^<; ^ N'.j^o^avrji; Mapaöwv.o; •Kpü)XO(; SYpa|j.[xax£Uff£v,
in dem Psephisma des Demophantos in Andokides' Rede r.tpl
xwv ij.jGx. § 96 : cOO^£ x^ ^ouXfi /.al xto o-/5;xw, Atavxl? e-piixavs-js,
KXeo-^fvn^q £Ypa[j.iAax£U£, Bor^öbc; £7:£ffxaT£'.. xäSc A-^[jioavxo; !Juv£Ypxj£v.
ä.p)(j.i yjpövoq xoüSe xou <j^Y3Ci'c[ji.axoi; -^ ßo'jX'/^, oi r,t'nT/,b^<.0K (ol) Xayynzc
xw y.ua[xw, ox£ KX£OY£vr,q Trpwxoc; £Ypa[Ji.!Ji.ax£j£v, Der Redner
wird also dieses Psephisma in einer mit nr. 33 identischen
Form vor sich gehabt haben.
Am häufigsten und als etwas ganz Gebräuchliches tritt
uns aber diese Art der Jahresbezeichnung in den Schatzurkunden
und allen anderen Rechnungsakten entgegen, indem hiebei wie
in den mitgetheilten Belegen bald der Namen des Archonten,
bald der des Schreibers vorausgeht und letzterer bald allein (?>),
bald mit dem Demotikon versehen (/>') — nur einmal gesellt
sich zum Demotikon der Vatername nr. 179 erscheint. So
finden wir:
ab nr. 140. 179" lat. A. Supplem. p. 32 179" laf. B. 180.
181. 182. 183. 273, Z. 16 und 25. 314. 318, Z. 1 und 7.
ah' nr. 179. 188. 273, Z. 36. 322.
Studien über attisches Staatsrecht uud Urkandenwesen. I. ö47
ha nr. 37, Z. 47. 260 (a in abweichender Form Ti^yj. Se
AÖYjvaioi; 'AptaTi'wv). 273, Z. 2 und 25. 301.
J'a ur. 176. 194.
Weit seltener wird der erste Ratlisschreiber ohne den Archonten
zur Bezeichnung des Jahres verwendet und zwar in den Rech-
nung-en der Voi'steher öffentlicher Bauten, so nr. 299 (6'). 303.
304 frg. c (p. 160). 306 frg. d. 308. 309 frg. e. 315. Dass
aber auch Psephismen nach ihm allein datirt wurden, darf man
vielleicht aus nr. 31 Z. 14 ff. ßo-/;0£Tv zb.\q, rShi'.c, | w; ocp^oay. /.(x-zk
-aq ^'JYYpac/ä? , a['i It:! . . | j-ro'j Ypaij.[xaT£'jovTOc £ysvov[to Trspl
T (öv TriXsJwv Twv i::! 0pr/.-r;; schliessen. Ein inschriftlicher Beleg
ist dafür nicht aufzubringen. Alles zusammengefasst erwachte
also das Bedürfniss bei den Athenern, ihre öffentlichen Decrete
zu datiren, spät, etwa zu Anfang des peloponnesischen Krieges
uud gelangte erst nach und nach zu festen Formen und con-
sequenter Befriedigung.
Aber lebhafter fast, wenn die Zahl der erhaltenen Fälle
einen solchen Schluss gestattet, als das Bedürfniss der Datirung
machte sich ein anderes geltend, die besondere Bezeichnung
des Schreibers, welchem in den Decreten selbst der Auftrag,
sie auf Stein schreiben und an bestimmtem Orte aufstellen zu
lassen, gegeben wird. Auch dieser neue Bestandtheil wird dem
Formular cdbef vorausgeschickt, nicht selten mit dem Namen
des Archonten zusammen und wie dieser durch grössere Schrift
und Absatz ausgezeichnet. Fast nirgends aber erscheint an
dieser Stelle der Namen des Schreibers blank wie ausnahmslos
im Innern des Formulars, sondern mit seinen Attributen
ausgestattet, und zwar entweder mit dem Namen des Vaters
und dem Demotikon (45 IIpoy.Asr;; 'Axapßou Eüor;u[j,£'j; b(pix[).\j.i-.e'Jt,
46 und wohl auch 20, 58) oder dem Demotikon (59, 1
A6,j(j)v £7. Kr^owv £Yp., 61 l'.i^(rr,xzq <l>p£äpp'.o;) ; nur einmal steht
der Vatername allein (40 <I>a(v;-7:o; ^pjviys'j), während in
einigen Fällen die trümmerhafte Erhaltung nur so viel sicher
erkennen lässt, dass nicht der blosse Namen aufgeschrieben
war (22^. 63j oder für sich keinen Schluss auf die Existenz
eines oder beider Attribute gestattet (8. 22". 22^ 46'. 62.
67. 70. 71. 73. 75. 96). Auf 33 und 33» steht der blosse
Namen, aber die Form der Aufschrift ist wie bemerkt eine
singulare.
548 Hartel.
Dieser auf inschriftlicher Ueberlieferung- fassenden Reg-el
widersprechen einige Thatsachen litterarischer Ueberlieferung,
ohne sie zu entkräften. Athenaeus VI 234 e führt nach Polemou
aus einem Psephisma des Alkibiades den Schreiber mit dem
blossen Vaternamen ohne Deraotikon an : ev K'jvojapYci [xev ojv h
TW 'Hpay-Xsitp cty^Xt^ liq ecxiv, h ^ '!jr,tfia\xx jjiv 'AXx'.ß'.aoou, Ypa[/i;,a-
xeuq §£ Sts^ävo? 0ouy,uoioou. Ein durch so viele Hände gegan-
gener Text ist ein schlechter Zeuge für seine originale Fassung;
Polemon wird ein Präscript wie das der Inschriften 45 und
46 vor sich gehabt haben. Ein anderes, auf Caecilius und
weiter auf Krateros zurückgehendes Psephisma (vgl. C. Curtius
im Philol, XXIV 112) lautet in der pseudoplutarchischen Vita
der X Redner p. 833 d (p. 233 West.): 6-r^s'.(j[j,a i-l Qtcr.ii).T.z'j
äpXOVToc, ko ob z\ X 'f.'j.xtiJ^^rflX'i^ y.aÖ' : s3o;£V 'Avtisöivta y.p'.er,va'.,
0 Kcy.'iXtoc TiapaTEÖc'.Ta'. • £oo;£ ir^ H2'-'"''^f(, '^-^ '^%<q TrpjTavc'la; , Ar^i^iviy.o;
'AXw-ey.-^Ösv svpojij.jxxTeue, 4>'.A6(7TpaTo; UaAAYjvs-jc e-esTäxs:, "Avopwv
v.-t. Dass dasselbe nicht vom Steine abgeschrieben sein kann,
ergibt die auf voreuklidischen Decreten unerhörte Angabe des
Tages der Prytanie nicht minder als die ebenso auffällige
Auslassung des Namens der prytanirenden Phyle. Krateros
wird also dieses Psephisma dem Staatsarchiv, welches die
bequemste und ergiebigste Quelle seiner 'ir,5'.c[xxTiov cjvavwYr^
sein musste (vgl. C. Curtius Bas Metroon in Athen als Staats-
archiv S. 22), entlehnt und dem Aktenfascikel den Tag
der Rathsversammlung und die Demotika des Schreibers und
des Epistaten entnommen haben. Das öffentlich aufgestellte
Exemplar dieses Decretes aber war in der Form aU -\- cdhe f
abgefasst.
Zur besonderen Nennung der Schreiber an der Spitze
der Decrete möchte man am liebsten die Veranlassung darin
suchen, dass nicht immer jener Schreiber, unter dessen Amtirung
ein Decret zu Stande kam, auch die Aufschreibung besorgte.
In der That sind die Namen an der Spitze und in dem engeren
Protokoll (cdhef) verschiedene, wie 33. 33''. 40, nur dass in
nr. 40 der Schreiber des nicht erhaltenen vierten Decretes,
welches die Aufstellung dieses und der drei vorausgehenden
verordnet haben muss, mit dem an der Spitze stehenden Oai-
vt-zo; identisch gewesen sein wird (vgl. Kirchhoff lieber die
Chronologie der attischen Volksheschlüsse für Methont, in den
Stadien über attisches Staatsrecht und ürkunJenwesen. 1 . 049
Abh. d. Bfii-l. Ak. 1862 S. 559), während in nr. 33 und 33", wie
bemerkt, der zpwTo; Ypa[j.ixaT£'Jc KptTiaor;; zu keinem anderen
Zwecke als um zu datiren vorgesetzt ist. Weit häufiger sind
es dieselben 22'=(?). 45. 58. 59. 61. 71; wodurch Böckh's Ver-
muthung, dass das Gegentheil als die Kegel vorausgesetzt werden
solle {Epigr. chrnnol. Stud. S. 42), nicht bestätigt wird. ; in
anderen Fällen ist dies nicht zu entscheiden, wie 8. 20. 22\
46. 46". 62. 63. 70. 73. 75. 96. Dass dieser neue Zuwachs
nicht der Datirung halber gemacht wurde, dafür spricht von
seiner geringen Eignung für diese Aufgabe abgesehen vielleicht
auch die Fassung, wie 46 FIpoy.AYjc Wxäpßou E'jtov'j[x3bc £Ypa[jt;xxT£ue.
'Et:'. 'AptGT'lojvoc ap/ov-oc, und wechselnde vStellung, wo er mit dem
Archontennamen zusammen auftritt Qxx nr. 46. 61. 62. 63, nU
nr. 59, 1. 67?), besonders aber, dass er so häufig allein steht.
Was sollte in solchem Falle die an sich kaum verständliche
Bezeichnung des nicht einmal mit dem Monat sich deckenden
Jahrestheiles, welcher die Functionsdauer des Schreibers und
seijier Phyle darstellt? Auch ist, wie aus zahlreichen Stellen der
Rechnungsakten erhellt, dem officiellen Stil des 5. Jahrhunderts
die Verwendung der numerirten Phyle, wie nr. 188, Z. 3 'Et:! ■xt^z,
A'.avTisoc TCpwTT^c 7:p'jTav£'jO'jsY]c , Z. 5 'E-t T^g M-^rßoz osuTspa? -puxa-
v£'j0jc-r;c, Z. 7 'E-i r^c Ohrrßoc Tpi'r^c zpuTavs-jousv;;, in dieser Be-
deutung durchaus geläufig. Jedenfalls aber wird die besondere
Bezeichnung des Schreibers nicht eine blosse Spielerei gewesen,
sondern zu einem Zwecke erfolgt sein, welchem der Schreiber-
name im Innern des Protokolles nicht oder nicht völlig zu genügen
schien. Es wird später für die Urkunden der nacheuklidischen
Zeit nachgewiesen werden, dass die Ueberschrift des Schreibers
sie legalisirte und als öffentliche beglaubigte, und dieselbe Be-
deutung dürfte auch der Schreiberaufschrift in den Decreten des
5. Jahrhunderts zuzuerkennen sein. Für nr. 40 steht dies nach
dem eben bemerkten ausser Frage. Der Schreiber bezeichnet
sich dadurch gleichsam als denjenigen, welcher eine Urkunde
im Auftrage und Namen des Staates gestiftet, wie hie und da
auf privaten Urkunden der Stifter seinen Namen an die Spitze
setzt, so CIA. II nr. 403. 482, und wie 334 (vielleicht auch 321)
der -ix\v.aLC cTpa-'.wT'.y.wv als Aufsteller dieses Steines zu betrachten
sein düi'fte. Aus demselben Grunde nimmt der kurzlebige
r/avpacpEÜ; um Ol. 115 diese Stelle für sich in Anspruch.
550 Hartel.
Wie nun h aus dem engeren Protokoll in leicht variirter
Form an der Spitze wiederholt wurde/ so drang- auch von da
das Stück a in das engere Protokoll, sich der grammatischen
Form der anderen Bestandtheile anbequemend (o BeTva r^p/s),
ohne aber hier, ganz wie jenes h an der Spitze, eine feste
Stellung zu gewinnen. Durch diese Erweiterungen und Ein-
fügungen entstanden eine Reihe von Variationen des ursprüng-
lichen Formulars, welche mit ihren Belegen hier zusammen-
gestellt sind, wobei mit h' der mit einem oder mehreren
Attributen versehene Namen des Schreibers bezeichnet wird :
1) a ~\- cdhef nr. 69 (erhalten nur a -{- c-he-).
2) b'-]- cdhef S. 22' (h-hcdbe-). 22' {h?-j-c-b-f).
40,1. 46\ 71. 96. 10{h-^d-e-).
3) ab + cdbef 33. 33\ 67 {a? -\- h -{- cd--).
A) b'a -\- cdbef 61. 63 (&a+ c--e-).
5) cdbeaf 51, 1 (vgl. Supplem. p. 17).
6) b' -\- cdbeaf 20 {b -^ cd-- a-). 45. 58 (/ fehlt).
7) ab' -]- cdbeaf 59, 1.
8) b'a + cdbeaf 46.
9) b' a -\- cdbaef 62 (erhalten nur ha -j ha--).
Was die abweichende Stellung von a in nr. C)2 betrifft, kann
auf CIA. II nr. l'', 1 und 2 aus Ol. 94, 2 verwiesen werden.
Eine neue Form würde Kirchhoff's nicht minder scharfsinnige,
aber weniger sichere Herstellung von 76'' {cdehaf) ergeben.
Von Attributen des Schreibers an der Spitze ist zwar nichts
auf 8. 46\ 62. 71. 70. 96 erhalten, aber solche nach der aus
den Formularen leicht zu abstrahirenden Regel, von welcher
3) keine Ausnahme bildet, vorauszusetzen. Die Zuweisung aber
aller dieser Belege ist nicht eine ganz sichere. So können
46\ 70. 71. 96 auch zu 3), 96 auch zu 6), 63 zu 8) oder" 9),
67 zu 7), sowie vielleicht auch die eine und andere der oben
dem Grund-Formular zugewiesenen Inschriften zu 5) gehören.
Reste von Präscripten bieten noch 22^ {b' -f -). 47 (--/;--).
55 (c? - - -/). 73 (6 + - -). 75 {b + - -). 76« (c - -). 80 (- - r7? - -).
84, 2 {-dbl-). 'AO/,va'.cv VI 129 (-& -f -db--). In dem unter 6)
eingereihten Titel nr. 58 erscheinen hinter // noch zwei Buch-
staben Ol ([«!>] (XiTT-oc ... £00 I [£]YpaiJ.;j.aT£U£v Oi
). R. Schoell ergänzte demnach die ersten beiden Zeilen
[<^]^A'--o; . . . io'j A[to[j.££uc] (vel Af£y.£X££u;]) [£jYpxiJ,ixaT£'j£v 0\[rrß'..],
Studien über attisches Staatsrecht und Urbundenwesen. I. ööl
Modnrch allerdings das Präscript einen ganz singulären Zug
erhält; aber es ist schwer etwas besseres zu iinden und das
Präscript zeichnet sich noch durch eine weitere, durch kein
Beispiel einer vor- oder nacheuklidischen Inschrift belegbare
Singularität, das Fehlen von f, aus, worüber Schoell treffend
bemerkt : ,Porro illud in decreti praescrijyfis singulare ac praeter
nsum constantem accidit quod omittitur nomen rogatoris (o SeTva
tlr^t). Neqite causa longe repetenda. Nempe rogatoris loco ipsi
7'JYY?3tc.r;c fxierant a qidbus decreti verba initium capinnt, quorum
sententia aliqua ctim senatu communicata iam senatus pojmlique
sufragiis rata fit^. (Vgl. Schoell's Abhandlung de extraordinariis
quibusdam magistratibus Atheniensium in den Commentat. pkil. in
honorem Theodori Mommseni p. 459).
Das ursprüngliche Formular der voreuklidischen Decrete
und seine Varianten blieben noch eine Zeit nach Euklid
unverändert im Gebrauch. So finden wir im CIA. II:
cdbef 3. 5. 11. 24 (c nicht erhalten). 25 (vgl.
Foucart Revue archeol. 1878 S. »119 ff.).
29. 31 (e nicht erhalten).
cdbeaf 13. 21. 26 (a nicht erhalten). 128.
cdbaef 9 (c nicht erhalten).
a -\- cdbef 14: (erhalten nur a-\- -dbe-). 105 (c fehlt).
ab" -\- cdbef 78 {ef nicht erhalten).
ab" + cadbef U\
Wir können annehmen, dass dieser Gebrauch sich bis Ol. 101,
also etwa drei Decennien nach Euklid erhielt; denn nr. 128
stammt aus dem 5. Jahrhundert, und wie uns hier die späte
Abschrift eines älteren Decretes vorliegt, so vielleicht auch in
78 und der unvollständig erhaltenen Inschrift 77 (6?c(ie--).
74 betrifft ispi, 105 einen ötaatsvertrag; in Decreten beider
Art conservirte sich am liebsten das Alterthümliche. Nicht
mit einem Mal aber gab man das alte Formular auf, sondei-n
allniälig und wir können den Gang dieser Weiter- und Neu-
bildungen ziemlich genau verfolgen. Sie vollziehen sich in
einer doppelten Richtung, indem man 1) die Bestandtheile
des alten Formulars mit Beibehaltung ihrer Abfolge im Grossen
und Ganzen in eine dem stilistischen Geschmack der Zeit,
welchem die einfache Nennung des Schreibers, Präsidenten
Sitzangsber. d. phil.-hist. Ol. XC. Bd. Ul. Hft. 36
552 Hartel.
und Antragstellers nicht mehr jo-enüg-te, entsprechendere Form
kleidete, 2) indem man überdies zum Zwecke einer möglichst
genauen üatirung und Charakterisirung der Decrete neue
Bestandtheile aufnahm, die alten näher ausführte und eine
neue Ordnung herstellte.
Wir wollen, bevor wir an die Katalogisirung der bezüg-
lichen Protokolle gehen, auf diese Erweiterungen und Bereiche-
rungen vorher noch einen Blick werfen. Bei der Betrachtung
der voreuklidischen Decrete fanden wir, dass der Schreiber-
name, wenn er dem engeren Protokoll als Aufschrift voraus-
ging, in der Regel ein oder zwei Attribute erhielt und zwar
das Demotikon oder den Vaternamen nebst dem Demotikon;
nur einmal erschien bloss der Vatername. Diese auf den
Schreiber allein in seiner Stellung ausserhalb des engeren Pro-
tokolls (cdbef) beschränkte Auszeichnung erstreckte sich auf
den nacheuklidischen Urkunden auf alle Bestandtheile, welchen
Platz sie auch einnehmen mochten, die für dieselbe zugänglich
waren hef, nicht auf a; denn nur auf späten Inschriften zu-
meist und ganz ausnahmsweise tritt zu dem Namen des Archon-
ten eine nähere Bestimmung und zwar:
25 EußouA{oY;c "KkeuGvnoq ^px[e]. Vgl. Revue archeolog. 1878
p. 119
22 [KjaXXiac 'AyvcX^Oev
316 'EttI Nr/.iou ap'/ovToc ['Otpuvejtoc
317 ['EtcI Niyiou ap"/ovTo;] 'OTpuv£[w(;
392 ['EttI toü oev/Qc oipyo^noq tou [xetja <l>avap(p(3r,v
461 'Ette liaMvoc, oip-/p'noc tou [XcTa noAuy./v£t-[ov
475 'EtI Aiovjciou apxovTS? tou [xstoc üapaixovov
489" 'EttI A'jcavopou tsO Attoa-oc'-ooc ap-/ovToc
AOv'aiov VI 490 ['E-i äp/ovic; toü ;j.£T]a AY]jj.-/;Tpiov.
Weitere litterarische Belege stellt Böckh zum CIG. I nr. 113
S. 156 zusammen. Diese Bestimmung war zum Zwecke der
Unterscheidung gleichnamiger Archonten ebenso nothwendig wie
jene, welche nach Köhler's Auffassung den Archonten als arcJion
svffectus charakterisirte, nothwendig gewesen sein wird; es sind
zwei Fälle der Art bekannt: 299" ['Et:! — tjoowpo-j äpyynoq S£UT£[pov]
und 299 'Ezl Nr/.icu äpxovTo; 'j(jT£[pov. Vgl. über nr. 316 und
317 Kirchhoff im Hermes II 165 und gegen Köhler's Auffassung
Studien iilior atiisches Staatsrecht und l'rkuiidenneBen. I. DDÖ
des 0£ut£pov und ucxspov Droysen Gesch. des HeUevismvs IP 2
H. 391 ff.
Auch auf den nacheuklidisclien Urkunden erscheint der
Vatername als eiuzig-es Attribut nur vereinzelt; ich kenne ausser
489'' nur folgende Beleg-e :
1) 181 [ff I nl'jOoowpou £Ypa[/[j.äT£'je. Die Inschrift
enthält, AA^ie später wahrscheinlich gemacht werden wird, eine
nicht officielle Abschrift der Originalurkunde.
2) 221 [t]wv Tpoi2p(ov £7:£(|iiQS'.^£ [5 o£Tva \\p\'.cv.~7:o'j' sSo^cV y.xX.
Die Inschrift stammt aus der Lenoruiant'schen Fabrik und ist
bereits von Köhler als suspect erkannt: nh usu constanti eius
aetatis cni fragmentum, si genninum. est non potest noii adscribi
recedif, quod et demoticum proedri vs. 5 desideratur nee eius
qui rogationem, tulit demotico spatia siqypehint. Ja noch mehr,
wie wir gleich sehen werden : der Antragsteller musste mit
Demotikon und Vaternamen ausgestattet sein.
3) 431, 2 (Z. 34) "E-/.(pavtc; [E]'j[ o]u [£k£v]. Die In-
schrift trägt noch anderweitige Spuren grösster Nachlässigkeit
an sich: so fehlt Z. 32 /.al cu[ji,-ps£$pot; Z. 28 und vermuthlich
auch Z. 2 begegnen Abkürzungen an dem Demotikon Ku[Ga]0-/;v.
und R'jca9['ir;va'..], welche, wie später gezeigt werden wird, zwar
nicht ohne Beleg, aber doch höchst befremdend sind.
Ein weiteres Beispiel bot die von Foucart im Bidleiin de
corresp. hellen. 1877 p. 389 restituirte Inschrift, indem dort der
neben dem Rathsschreiber auftretende avaYpaffi£'j^ in Z. 2 mit
dem blossen Vaternamen erschien — — — iv.oq Nauxp(To[L( ava-
Ypa3/£Üc], woran Foucart, der sonst solchen formellen Eigenthüm-
iichkeiten mit aller Sorgfalt gerecht zu werden bemüht ist,
keinen Anstoss nahm; Kumanudis' Edition der Inschrift befreite
die Zeile von dieser Unregelmässigkeit, indem sie bei ihm lautet:
'AvaYP^9^'-J? 'Ap7£vty,oq ?^'o'jy.piTou Aafj.'ir-pc'j; ( AOr^vocov VI 158). Uebrigens
bleibt sich der officielle Stil guter Zeit consequent. Nicht bloss
in diesen Urkunden, sondern wo immer er einen athenischen
Bürger nennt, nennt er ihn mit seinem Demotikon oder mit
diesem und dem Namen des Vaters, nie mit letzterem allein.
Schreiber, Präsident und Anti'agsteller erhielten nicht auf
einmal noch auf gleiche Weise ihre Attribute; sie traten nach
und nach in ihren Besitz. Ein näheres Anrecht aus alter Zeit
hatte zunächst der Rathsschreiber auf dieselben und wir finden
36*
554 Hartel.
ausser den bereits aufgezählten Inschriften, welche das alte
Formular in seiner Reinheit repräsentiren, nur wenige, wo der
Schreiber mit seinem blanken Namen aufgeführt wird; es
sind 1", 2. 17''. 27. 55. Sonst hat überall der Schreiber sein
Demotikon (ich bezeichne dies durch h') oder Demotikon und
Vaternamen (ich bezeichne dies durch b"). Die Fälle der
ersten Art sind selten, nämlich: nr. P, 1. 2. 23. 'AOi^vacov VI
S. 269 aus Ol. 101, 2 nr. 52. 52^ 52^ 1. 'AO^va-ov V 516 aus
Ol. 104, 2 nr. 66. 73, 1. 2. 76. 105^ 125. 191 und 'AOr^v.
VI 158. Davon gehören 52. 52^ 52'= in ein Jahr Ol. 103,
1 = 368/7 V. Chr.; ebenso die beiden an letzter Stelle genannten
und zwar in Ol. 115, 1 = 320/19 v. Chr. Dieselben haben
das Eigenthümliche, dass neben dem ypaiJ-jj.a'ceüc der ävavpa^su;
erscheint und dieser wenigstens an der Spitze der Inschrift
stehend , mit Vaternamen und Demotikon ausgezeichnet ist.
— 66 mag, nachdem durch 66*^ eine kürzere Namensform des
Schreibers festgestellt ist, Vaternamen und Demotikon gehabt
haben. Was aber 73, 1. 2 betrifft, so stammt das erste Decret
aus den ersten Jahren nach Euklid und kann ganz wohl die
Form des jüngeren beeinflusst haben ; in dem älteren wird
Eukles, in dem jüngeren Philokles, vermuthlich Eukles' Sohn,
das Heroldsamt verliehen (vgl. Kirchhoff im Hermes I 15 ff.).
In 125 steht b' aus Versehen (vgl. 124. 126). In nr. 109 aus
Ol. 108, 2 3= 347/6 v. Chr. wurde sogar der vom Steinschreiber
übersehene Vatername des Schreibers zwischen den Zeilen nach-
träglich eingefügt. Jedenfalls wird man, wie die Dinge jetzt
liegen, in dem mit dem blossen Demotikon versehenen Namen
des Schreibers ein wenn auch nicht untrügliches, so doch un-
verächtliches Indicium höheren Alters erblicken dürfen, eine
Erinnerung an jene Zeit, wo es von Bedeutung war, den
Schreiber durch sein Demotikon näher zu kennzeichnen. Das
war aber die Zeit vor 363 v. Chr., als die Person des Schreibers
mit jeder Phyle wechselte und das Amt noch nicht ein jähriges
war. Denn man scheint, worauf nach Böckh zum CIG. I nr. 81
jüngst wieder Foucart aufmerksam machte {Revue archeol. 1878
S. 120), den Schreiber einer anderen als der herrschenden Phyle
entnommen, d. h. aus den nicht prytanirenden Buleuten erloost
zu haben, wenn man aus acht zu solcher Beobachtung allein
geeigneten Inschriften P, Z. 20. 8. 14". 17. 17\ 23. 50. 52^ Reviie
Studien über attisches Staatsrecht und ürtnndenwesen. I. 05o
arch. a. a. O. 119, wornacli allerdings die Phyle des Schreibers
und die herrschende Phyle nicht identisch sind, einen solchen
Öchluss ziehen darf, und dies zu constatircn mag Veranlassung
gewesen sein, dem Schreiber sein Demotikou beizufügen, wie aus
keinem anderen Grunde dem Prcäsidenten zuerst sein Demotikon
beigefügt wurde, bis Schreiber und Präsident die inzwischen
immer mehr üblich gewordene volle Titulatur empfingen.
Der Vorsitzende der Versammlung wird in dem nach-
euklidischen Decreten in derselben Weise wie auf den älteren
mit c IvMx hzzzvixti bezeichnet. Daneben tritt aber sehr bald die
Form Twv ^poscpwv i-vhrt'j^iCv) o osTva auf, welche wir zum ersten
Mal auf 17" aus Ol. lÖO, 3 = 378/7 v. Chr. (Z. 6 [twv Tzjpcdopcov
i^:-J)^T^o\C,v) navTap£-o;[? ] isuc;) nachweisen können. Wir geben
ihr zum Unterschiede von e das Zeichen e. Es bleiben dann
eine Zeitlang, die sich jetzt mit Rücksicht auf diese jüngst
gefundene Inschrift nach der einen Seite genauer, als M. H.E.Meier
{de epistatis Atheniensimn Halle 1855 S. 5) und von Velsen
fMonatsber. der Berl. Akad. 1856 S. 117) dies zu thun in der
Lage waren, bestimmen lässt — nach dem vorliegenden Material
ist die letzte datirte Inschrift mit 6 BsTva l^eataTsi nr, 109 aus
Ol. 108, 2 = 347/6, 130 gehört derselben Zeit, 128 ist Copie
eines voreuklidischen Decretes — beide Formen in Gebrauch,
nur dass e als die alterthümlichere auf jenen Inschriften zu-
meist sich findet, deren Protokolle nach dem alten Formular
cdbef concipirt sind. e und i bezeichnen also in diesen
Urkunden sachlich dasselbe. Vor Euklid hatte e eine andere Be-
deutung, wie Böckh [Epigr. chronol. Stud. S. 46 ff.) überzeugend
darthat, der seine Meinung in folgender Weise zusammenfasst:
,Bis zu Eukleides oder noch etwas später [was jetzt durch
nr. P Z. 2 und 21 aus Ol. 94, 2 sehr wahrscheinlich geworden]
kam die Epipsephisis den Prytanen, zunächst dem aus ihrer
Mitte bestellten Epistates, der auch selbst vorzugsweise Prytanis
genannt wird, zu; nachher ging die Epipsephisis auf die
nectribulen Proedren und zwar von der Zeit ihrer Einführung
ab, über; von dem Epistates dieser Proedren wurde nun eine
Zeitlang die alte Formel 6 SeTva iTuecra-cs'. in den Präscripten
gebraucht, wie sie vorher vom Epistates der Prytanen, der
selber Prytanis war, gebraucht worden war; denn das Geschäft
des Letzteren, um dessenwillen er mit jener Formel in den
556 Hartel.
Präscripten genannt wurde, war eben auf den Ersteren über-
gegangen. Alluiälig aber vertauschte man die alte Formel mit
der anderen twv Trposopwv eT:e>^z{Cvj b seTva. Eine Zeitlang ge-
brauchte man willkürlich die eine oder die andere, bis die ältere
in den Präscripten zur Bezeichnung des sTi'.d^rjoi^ojv ganz erloscht
Für unsere weiteren Untersuchungen und das richtige Verständ-
niss des nacheuklidischen Urkundenformulars in einem seiner
wesentlichsten Punkte ist diese nicht anzufechtende Thatsache,
dass eine alte Formel für eine moderne Einrichtung, welche eine
vollkommen zutreffende neue Bezeichnung gefunden hatte, neben
dieser und somit in einem von ihrer ursprünglichen Bedeutung
abweichenden Sinne in Gebrauch bleiben konnte, von aufschluss-
reicher Wichtigkeit. Das Jahr der Einrichtung werden wir an
einer späteren Stelle dieser Untersuchungen zu bestimmen suchen.
Die Form e erhielt sich dann eine Zeitlang in ausschliess-
licher Geltung, erfuhr aber seit Ol. 115, 2 = 319/18 v. Chr.
durch den Zusatz y.al (jU[j.i:pzEopo'. eine Erweiterung. Zuerst be-
gegnet diese erweiterte Fassung xwv Trpoeopwv STrcti^r^^i'C'V ö od^x %a\
cu|i,TrpÖ£cpoi auf nr. 187, dann 193, wozu Köhler bemerkt: (titulus)
Ol. 115, 2 non videtur esse antiquior, siquidem jjraescripta liahent
additamenium y.at aui^.Trpceopoi, quo titidi ante OL 115, 2 scrvpti
qui adhuc innotuerunt carent 07nnes (vgl. v. Velsen a. a. O. 119 f.,
Köhler im Hermes III 160 und Böckh zu GIG. I nr. 105 und
Epigr. chronoL Stud. 54 ff,). Von nr. 222 ab erscheint dieselbe
regelmässig; nur 230, 1 (aus der Zeit vor Ol. 115, 2), ferner
431, 2 und vielleicht 431, 1 fehlt der Zusatz /.xX c7U(;,TCps£Bpoi ;
aus dem gleichen Grunde setzt Köhler nr. 492 zwischen 350
und 320 V. Chr. Ueberdies fehlt der ganze Bestandtheil z
nur 323 und 477'', während e in Urkunden mit Präscripten
älteren Formulars dreimal, 8. 49 und 75, vermisst wird.
Einige Male werden sämmtliche c7U[j.Trp6copot mit ihren Demos-
namen verzeichnet 230,2. 236. 244. 245. 252^ 336. 343. 371.
'AOY^vatcv VI 271. In den Buchstabenresten des Präscriptes
der Inschrift V aus Ol. 95, 2 = 399/8 v. Chr. erblickt
Foucart ein ähnliches Verzeichniss von Collegen des Epistates
(a. a. O. 221). Gegen Böckh (a. a. O. S. 52) verdient es be-
merkt zu werden, dass der Artikel ol vor au[j,TCpöc8pot in alter
und jüngerer Zeit so gut wie ausgeschlossen ist; erhalten
wenigstens ist derselbe nur einmal auf nr. 222, Z. 3 KÖTzjps'.o;
Studien über iittisches Staatsrecht und ürkandenwesen. I. 557
■mX ol cup,-p6cc[po'.. Ferner, wo ein Verzeichniss der c'j\>.-^itl^oi
beig-egeben ist, steht auix-posopoi asyndetisch ohne y.y.i 230, 2.
'Id'o. 244; nur 371 und '.\OY-va'.cv VI 276 steht y.ai. Demnach ist
die Ergänzung von -/.ai auf 245. 252^ 336. 343 zweifelhaft.
e nun und e haben von den oben S. 551 verzeichneten
Protokollen nach dem reinen alten Formular und von nr. 23
[h' -\- cdeh'f) und vielleicht 77 abgesehen, auf allen lückenlos
überlieferten Inschriften das Demotikon an ihrer Seite, wodurch
das Präsidium als ein verfassungsgemässes, d. h. ausserhalb der
prytanirenden Phyle stehendes verbürgt war. Mit diesem Zusatz
begnügt es sich noch lange, nachdem h und / bereits mit der
vollen Titulatur, mit Demotikon und Vaternamen ausgestattet
waren. Dazu gelangt es erst fest von Ol. 116, 3 = 314/3 v. Chr.
ab (vgl. 234. 238. 238" u. s. w.j. Allerdings scheint e auf zwei
älteren Inschriften 82" und 107 Demotikon und Vaternamen ge-
habt zu haben, wie die Buchstabenzahl der Lücken zu glauben
zwingt; 107 ist damit noch nicht alle Schwierigkeit behoben, in-
dem man eine ganz ungewöhnliche, so viel ich weiss nur durch ein
Beispiel CIA. I nr. 243 bestätigte Stellung des Vaternamens hinter
dem Demotikon zulassen müsste (s. Köhler z. d. Inschr.). Hing-egen
ist 413 (und 409"? 468?) für beide Attribute nicht Raum genug. Des-
halb ist auch die Köhler'sche Restitution e" in der Inschrift 52 aus
Ol. 103, 1 anzufechten, worauf später zurückzukommen sein wird.
Endlich und zwar zuerst Ol. 106, 4 = 353/2 v. Chr.
gelangt der Antragsteller (/) in den Besitz seiner Attribute
(vgl. nr. 75. 107. 108 u. s. w. Foucart Covrespond. hellen. 1877
p. 389j, behauptet aber dieselben von 350 v. Chr. fortan.
Dadurch wird die von Professor Kumanudis gegebene Ergänzung
einer jüngst g'cfundenen und im 'AöiQvaiov VI 269 publicirten
Inschrift aus Ol. 101, 2 = 375/4 v. Chr., welche für den
Bestandtheil / einige und zwanzig Stellen ausspart, also Vater-
namen und Demotikon voraussetzt, nicht empfohlen. Es steht
übrigens nichts im Wege, den blossen Namen 6 oeTva sIttsv zu
restituiren. Es ist bezeichnend, dass kein Fall bekannt ist, wo
derselbe bloss das Demotikon zur Seite hätte; denn auch die
so ergänzte Inschrift im AOr^vatcv VI 481 lässt sich leicht mit
der Regel in Einklang bringen. Diese Titulatur ist dem-
nach nicht wohl aus dem Bedürfniss einer staatsrechtlichen
Charakteristik erwachsen, wie die des Schreibers und des
558 Hartel.
Präsidenten, sondern weit eher mochte man ein Gefühl stili-
stischer Symmetrie nicht verletzen, indem man zugleich den
Träger der bedeutendsten Rolle in diesem Zusammenspiel der
Gewalten nicht schhmkweg nennen wollte, während man den
Rathsschreiber und den Vorsitzenden titulirte. Dass aber in der
That diese Titulatur zu dieser Zeit als eine Auszeichnung
empfunden wurde, kann das Rathspsephisma nr. 114 (B Z. 1 — 6)
aus Ol. 109, 2 = 343/2 v. Chr. lehren, welches beschliesst
£XtYp[a(];ai Be tb <]^-rfi^\Q\).'y. TÖSe (?) -/.a'-Toli? ßouXjsuTä? Tcaxpoöev y.ott
Tou ov^[j,[ou ot J ecp' ÜYt[£';]a t^<; ßouA-^q xai toü 'hr\\>.o\) [sOuaav].
Vgl. nr. 341, Z. 18. '
Aber auch noch andere Bestandtheile des alten Formulars
erfuhren eine Erweiterung oder nähere Ausführung. So hat
die auf Volksbeschlüssen stehende Sanctionirungsformel c die
doppelte Form soo^e tw o-^,aw und eoo^e ■zf^ ßo/A^ 7,al iw o-/^[J.cp,
während die gleichen Decrete des 5. Jahrhunderts nur letztere
kennen. Diesen Unterschied, welcher uns später ausschliesslich
beschäftigen soll, wollen wir vor der Hand nicht näher verfolgen,
noch in dem Verzeichniss der Formulare besonders uotiren.
Eine kleine Veränderung an der Bezeichnung der pryta-
nirenden Phyle {d) machte dieselbe zu einem passenden Mittel
der Datirung, was sie ohne dieselbe nicht sein konnte. Man
setzte ihr die Zahl bei, welche besagte als die wie vielte sie
in der Reihe der Phylen innerhalb dieses Jahres zur Regierung
gelangte. Dass dies wenn auch nicht in den publicirten Proto-
kollen der Volksbeschlüsse schon in der Zeit vor Euklid durchaus
üblich war, können der Wortlaut der oben mitgetheilten Inschrift
CIA. I 322 Key.poTTiBoq TupuiaveuoiiaY)? r^püvqc, und zahlreiche Dati-
rungen in allen Rechnungsakten lehren. Wir wollen den Bestand-
theil d, wo er diesen Beisatz hat durch d' bezeichnen. Uebrigens
gehöi't dieser Bestandtheil neben a und / zu den unerlässlichsten
der vor- wie nacheuklidischen Protokolle.
Zu den sechs Bestandtheilen des alten Protokolls, von
denen also bis auf den Namen des Archonten [ci) jeder Modi-
ficationen erfuhr, gesellten sich im Laufe der Zeit mehre
neue, und zwar zunächst
g = der Tag der Prytanie,
h = der Tag des Monats, an welchem die beschliessende
Versammlung stattfand.
Studien über attisches Staatsrecht und Urkundenwesen. I. 559
Der Tag der Prjtanie begegnet zuerst auf nr. 52 aus Ol. 103, 1
= 368/7, dann auf 54 aus Ol. 104, 2 = 363/2 und auf dem
thessalischen Bundesvertrag aus Ol. 104, 4 = 361/0, welchen
Kumanudis im 'AOy;vatov V 424 und Köhler in den Mittheil,
d. d. arch. Inst. II 197 edirten, und gelangt nach und nach
zu regelmässiger Aufnahme und fester Stellung. Erst ein
Meuscheualter später gesellt sich h zu (j, zuerst auf nr. 121 aus
Ol. 110, 3 = 338/7. Beide behaupten sich von 336 v. Chr. ab
und zwar in unabänderlicher Ordnung hg als regelmässige
Bestandtheile des Protokolls. Ein Jahr vorher zeigt sich noch
Schwanken. Wir besitzen aus Ol. 110, A =■ 337/6 v. Chr.
zwei in derselben Ekklesie durchgegangene Beschlüsse, wie
aus der Identität des Vorsitzenden zu entnehmen, 125 und 126;
aber nur der erstere hat hg^ der zweite hat hg so wenig wie
die anderen von demselben Rathsschreiber concipirten Decrete
dieses Jahres, 124 und 127.
Ferner wird einige Jahre darauf, zuerst nr, 173 aus Ol. 112, 1
= 332/1 (vgl. 175. 177. 179. 182 u. s. w.), noch eine weitere
Bestimmung in die Protokolle aufgenommen,
i = die Bezeichnung der Versammlung (ßouXY^, i%v.KT,a<.<x)
und des Versammlungsortes (ßouAT] iv ßouXeuTYjpiw,
ey.yCKr,<7<.oi. ev Osärpa) u. dgl.),
und als letztes Stück auf einigen wenigen Inschriften spätester Zeit
k = die Bezeichnung der Gattung des Decretes (ßouXyjf;,
um von einigen ephemeren Veränderungen und Zuthaten hier
noch abzusehen. Bei i wiederholt sich im ersten Jahr der Anwen-
dung dieselbe Beobachtung wie bei hg. Wir haben drei Beschlüsse
derselben Versammlung, wie aus der Identität des Präsidenten
und dem gleichen Datum (hg) hervorgeht, erhalten, nr. 173, 174
und den jüngst von Kumanudis im 'AO-/^va'.ov VI 131 publicirten. In
dem Protokolle des ersten ist der Versammlungsort notirt, exy.XY]{7'!a
[ijv [EIstpa'.cT); in jenen der beiden anderen fehlt diese Angabe.
Als Beispiel des vollen Formulars mag das fast makellos
erhaltene Präscript der Inschrift nr, 247 aus Ol, 118, 3 = 306/5
V. Chr. dienen :
0£C'. I 'E'TTi Kopcißo'j öipyo'/xoq It:! x\f,q Ov/eiioq hv/,iXTr,q Tuputa-
v£ (ac, V. llx[}.o'.\oq OcOYEitovo q 'Pajxvoja'.o? £Ypa[j.ixäT£uev • Mouvj-
•/iwvo? £V£'. 7.3.\ V£a £(j.ßc;A([X(i), £vaT£'. y.at £?7.oc:t|£^ x^? irpuTavc'laq •
560 Hartel.
h.YXr,zloi.j [ -röiv •rrpoecpwv £7t£'jiv^«i!^£v IT'jjO'.'äzoc IIuöiojvo? Mapa-
Owv'.ojrc] y.al s'Ji^.Ttpösopoi • sBo^sv tw i cr^ixw ■ ^TpaToy.Ar,; EjO'jC'<^^[ji,o'j
Die mit Rücksieht auf die Ausstattung und die Anzahl
der ßestandtheile ziemlich bunte Mannigtaltig'keit der Formulare
wird nicht wenig erhöht durch die auf den ersten Blick regellose
Abfolge derselben, die erst um Ol. 110 definitiv beseitigt ist.
Gleichwohl lassen sich in dieser Regellosigkeit einige leitende
Gedanken und eine Entwickehmg nach einem bestimmten Ziele
hin erkennen. Eine Katalogisirung der uns mit leidlich voll-
ständigen Protokollen erhaltenen Inschriften wird dies klar
machen. Indem dadurch zugleich die vorher aufgestellten Be-
hauptungen über die Form der einzelnen Bestandtheile belegt
und näher ausgeführt werden sollen, bediene ich mich der
gewählten Zeichen für die einzelnen Bestandtheile und meine
mit b' e und s', dass b e und e ihr Demotikon, mit b" e" £"/",
dass beef Demotikon und Vaternamen neben sich haben.
d' bedeutet die mit Nummer versehene Prytanie. In jedem
der vorzuführenden Formulare konnte aus Nachlässigkeit oder
auch aus besonderem, später zu suchendem Anlass das eine und
andere Stück schon im ursprünglichen Concept ausgeschlossen
gewesen sein. Ich habe dies durch ein in Klammer gesetztes
,es fehlt' vermerkt. Weit häufiger ist aber der Fall, dass
durch Zertrümmerung oder Beschädigung der Steine einzelne
Bestandtheile für uns verloren gingen, die aber, wie eine ge-
nauere Untersuchung der Raumverhältnisse ergibt, ursprünglich
an ihrem Platze standen. Ich habe dies durch ein in Klammer
gesetztes , nicht erhalten' bezeichnet. Consequent hätte diese
mangelhafte Erhaltung auch bei den Attributen der Bestand-
theile beef angedeutet werden sollen. Doch konnte im Interesse
der Einfachheit der Zeichenbilder davon Abstand genommen
werden, da, was die Berücksichtigung dieses Punktes verlangt,
bereits zur Sprache kam und noch kommen wird und Zweifel-
haftes oder Singuläres auch kurz notirt ist. Aus demselben
Grunde blieben vorläufig die vor oder nach den ersten Stücken
des Protokolles gesetzten Titel einzelner Decrete wie ffuixp-a/ja,
■::po;evia toü SeTvo? u. dgl. unvermerkt.
In den ersten Decennien also nach Euklid gebrauchte man
das alte Formular c dbef völlig unverändert (die Fälle sind oben
Studipn über attisches Staatsrecht und Urtundenwesen. I. 561
S. 551 gesammelt) 5 daneben gab man, indem man die Abfolge der
Bestandtheile ganz oder fast ganz unangetastet Hess, dem einen
und anderen die neue Form, wie die folgenden Beispiele zeigen:
cdh'e'f 73, 1.2.
cdb"e'f 28. 30.
cdh'ae'f l^ 1.2.
a ^ cdhe'f \% 2 (/ nicht erhalten).
a-\-cdh"e'f bT.
a + cdb"ef" 107 (vielleicht e"f). 108 (a und b
nicht erhalten). 109.
a -\- cdU'e'ijf Aör^va-.cv V 424 (Mitth. d. d. arch.
Inst. II 197).
b'-\-cdeb'f 23.
b" -\- cbef 27 (vielleicht stand «c^'im Eingang).
h"a + cdbt'f 17^
Wie a und b oder ba (ab), so schickte man dem eigentlichen
Formular cdbef eine andere Art unvollständiger Datirungs-
clausel voraus, nämlich a d :
ad' -\- cdbe'f 55.
ad -\- cdb"ef 57 itnd vielleicht 72 (mit /", d nicht
erhalten).
ad' ^ cdb"e'f 63. 56 (ef nicht erhalten). 105" (e'f
nicht erhalten und b' statt b").
Dieselbe gewann an wünschenswerther Präcision, indem man
zu d' den Tag der Prytanie g und den Monatstag h hinzusetzte:
ad' gs.' b' cf" 116.
b"^ad'gecf 66^
a + cdgs'b"/" 117 (mit ungewöhnlicher Stellung
des i'-(p!x\).iJ.!X-e'jt wie 169j.
ad'hgce'f" 120 ? ?
Man darf sich wundern, dass die rationellste Datirung
« d' g nicht durchdrang, was wohl seine Ursache gehabt haben
mag. Statt dessen setzte sich immer mehr af^'i" an der Spitze
der Protokolle fest und diese drei Bestandtheile wurden auch
in eine engere grammatische Verbindung gebracht, welche uns
schon auf nr. 8 aus Ol. 96, 3 = 394/3 begegnet ('Ext EüßouXiBo'j
ä'pyovto; izl T^q HavBtovi'ooc ixir;; TrpD-avsuoiicr]; [dafür sonst Trp'JTa-
veiac], ri FIXäTtov iNas/apouc <t>A!j£l); iYpaixjxäTcje). Wenn man nun
562 Hartel.
das volle alte Formular cdhef beibehalten hätte, so würde
nicht bloss wie in den eben mitgetheilten Fällen d, sondern
d und b zweimal haben gesetzt werden müssen, was um so
weniger erträglich schien, als die nun einmal festgewachsenen
Attribute von h kein geringer Ballast waren. Zudem sind die
Schreibernamen, wo sie doppelt gesetzt und erkennbar sind,
nicht wie auf einigen voreuklidischen Decreten verschieden,
sondern identisch: 14^ 17\ 23. 27. 50. 78. Schon die an letzter
Stelle mitgetheilten Formulare können zeigen, wie man das
Präscript zu entlasten bemüht war und wie durch die Heraus-
nahme alter Stücke und das Eindringen neuer, die eine feste
Stelle erst erringen mussten, das alte Schema aus den Fugen
ging. Die folgenden Formen veranschaulichen, wie sich alhnälig
wieder ein festes Gefüge im Eingang ad' b und am Schlüsse
e (c) c/ bildete, in deren Mitte die neu hinzukommenden Be-
standtheile Aufnahme fanden und wie endlich ein Typus durch
Jahrhunderte hindurch eine ausschliessliche und unbestrittene
Herrschaft behauptet.
a d'b" cde b"f 50.
ab"d'cef 17.
adh'e'cf 52"=, 1. 76 (a nicht erhalten).. 110 (d nicht
erhalten, c fehlt). 'AOiQvaiov V 516 aus
Ol. 104, 2.
ad'h'e'cf AOv^vatov VI 269 aus Ol. 101, 2 (/nicht
erhalten).
ad'b"e"cf 82^
ad'h'e'f 52\
a d' b" e'f" AÖT^vaiov VI 152 (Rh. Mus. XXXIII 418)
aus Ol. 108, 2.
ad'b"cf 8.
b"^ad'b"cf 49.
ad'b'cf" 75.
ad'Vz'cf 51 (c fehlt oder ist nicht erhalten).
66(?). 67 (a nicht erhalten). 68, 2 (a
fehlt, cf nicht erhalten). 69.
ad'h'gcef 52 (nach Köhler e." c f).
ad'b"gcef 54.
ad'b"gecf 62. 70.
ad' b" ge cf" 111.
Studien über attisches Staatsrecht nnd Urknncienwesen I. 563
ad'h"hqt'cf" 121. 124 {hgc fehlen). 125 (c fehlt, h'
statt h"). 126 {hg fehlen). 127 {hgc
fehlen). 132 (/nicht erhalten). 168,1.2
(6 Ä^r fehlen). 169 (sc/ nicht erhalten).
174,2. Aer.va-.ov VI 131 (aus Ol. 112,1
wie nr. 174). 175"^ {h fehlt). 176. 178.
180. 181. 221 {gf nicht erhalten).
222 {ahc nicht erhalten).
ad'V'hgit'cf" 173. 175. 177 (sc/ nicht erhalten). 179
(c fehlt). 182. 183, 1 (c fehlt). 183, 2
(/sc/ nicht erhalten, wenn nicht c wie
in 183, 1 schon ursprünglich fehlte).
186, 2. 188 (c/ nicht erhalten). 191
und 'AOY^vaiov VI 158 {i fehlt; in beiden
h' statt h" und avavpaseuc). 230, 1 {ad
nicht erhalten). 231, 1 (/ nicht er-
halten), ^er-va-.cv VI 134.
ad'h"hgit"cf" 234 {hc fehlen). 236 (c fehlt?). 237 {hc
fehlen). 238 {g fehlt). 238'' (c fehlt).
246 (ec/ nicht erhalten). 247. 249" {ade
nicht erhalten). 252" (/ nicht erhalten).
255(/ nicht erhalten). 256". 257 (/nicht
erhalten). 259. 260 {a nicht erhalten).
262. 263. 264. 269, 2. 270. 278. 280.
297. 299 (ec/ nicht erhalten). 299" (6
fehlt, dafür der avaypaipcj^ zwischen a
und d; cf nicht erhalten). 300 (/> fehlt).
301. 302 {cih"d"i). 303. 304. 305. 306.
307, 1. 2. 308. :\Or,va'.ov VI 271 (aus
Ol. 123,2). 311. 312. 313 {adhhg nicht
erhalten). 314. 315 {g fehlt). 316. 317.
319 [a nicht erhalten. /> fehlt). 320" (sc/
nicht erhalten). 322 {aif nicht erhal-
ten). 323 (i£ fehlen)«- 325 {hi nicht er-
halten). 330. 332 {h fehlt). 334. 336
(/ nicht erhalten). 343 {h fehlt, icf
nicht erhalten). 352" (9 fehlt). 371 (^/
nicht erhalten, c fehlt?). 372. 373 {cf
nicht erhalten). 373", 2. 377 381.
564 Hartel.
384. 385. 389 {adh nicht erhalten;
s. Böckh Epigr. chronol. Sind. p. 87).
390, 1. 391, 2. 392, 2. 406 (c/ nicht
erhalten). 408. 409*' {adcf nicht er-
halten). 416 (i mit [fj •^o-av at] apya'.pscia'.
xaTx ty;v [xavT[£iav). 420, 1 und 2. 421. 2
{h f nicht erhalten). 431, 1 (/ nicht
erhalten). 431, 2. 432 [hi nicht er-
halten, c fehlt?). 433 (c nicht erhalten).
434 {a nicht erhalten). 435. 436. 437
(a nicht erhalten). 439 [g fehlt). 454
(a nicht erhalten). 459. 460 {li i nicht
erhalten). 461 (/nicht erhalten). 465, 2.
467,1.2. 468 {ah nicht erhalten).
469, 1. 2. 470, 1. 2. 4. 5. 471, 1. 2.
472 (« nicht erhalten). 475. 477
{gi nicht erhalten). 477'' (&£ fehlen).
482, 1 {Ic fehlen). 489^ 492 (at^j/
nicht erhalten, /.al TJ[j,TCpÖ£Bpot fehlt).
493 (/ nicht erhalten). — IXO/^vatov VI
S. 133 igif nicht erhalten). S. 386
(c scheint zu fehlen). S. 489 (c / nicht
erhalten). S. 490 (sc/ nicht erhalten,
zwischen h und A 21 Stellen Raum).
Ehrendecret des Philosophen Zeno aus
Ol. 130, 1 bei Diogenes L. VII 10 (h
und c fehlen).
ad'b"khgie"cf" 403. 407. 413 [hgk?). 417. 440 (c fehlt).
Vgl. 481. 'Aer,va'.ovVI271 (c fehlt). Dazu
käme noch Köhler's Restitution 389.
Vgl. Köhler zu 403, wo 441 irrig für
440 steht.
408 weicht von diesem Formulare ab, indem auf h" folgt
dvTrfpa^eu? AY)[xoy.pÄr/)? \r,\}.o-/.pd-o'j Kuoa6r;va'.£u;; und h doppelt in
folgender Weise bezeichnet wird : 'EXa<^-^ßoAtwvo[;] hiTv. [j.£t'
£'.y.aoac /.ät' apy^ovxa, y.axa Ocbv [o]£ [Mjsjv'./'.[w]vo; c[a)3J£[/.a|T£' (vgl.
Köhler zu d. Inschr.); nr. 433. 437. 471. 472 (vgl. 320") zeigen Ä
in derselben Form (vgl. Köhler zu 437). Auch in der von
Kumanudis im 'A6r,vatcv VI 386 publicirten Inschrift scheint
Studien über attisches Staatsrecht nnd rrVunilenwesen. I. 5bo
Z. 2 y.ÄTä tbjv Oibv i . , . auf eine solelie di)ppelte Datirmig zu
deuten, wenn diesetbe ein Volksdecret enthielt; doch l'aio; t,t:o
TO 'bitOisiJ.0L O'.acsu T-.vb; y^ 9'ja^«; 'Q sy^jj.oj bemerkt Kumanudis. Ein
interessantes Beispiel aus dem 4. Jahrhixndert v. Chr. bietet
aber das Belobungsdecret eines Priesters, welches Kumanudis
a. a. O. S. 134 edii-te : pEzl apJ/ovTo;, kpctto? Se
AvBpo|[7.Aeoui: iv. Kspajj.jswv, szi f^c 'Avtio/(ooc CY^[c:r,; irpu-avciaj; y.TÄ.,
womit man aus römischer Zeit nicht etwa Z. 2 der von Pitta-
kis {l'ancienne Athenes p. 493) mitgetheilten Inschrift i-\ Aaxwvo^
äp/cvTc;; y.al kpsoj; ApoJs[c'j jtxtsj vergleichen darf, indem nach
K. Keil's NacliAveis dieselbe Person das Archoutat und das
Priesterthum des Drusus verwaltete (vg-1. Rhein. Mus. XVIII 64),
eher die Weihiuschrift, welche Philios im 'AOr,vaiov V !S. 319
nr. 44 publicirte, \KG-/.'Kr{r.>.^ y.oi'. T-f-iia y.a'; ^z'^t.zxiü Kafcapt iiv,
ä'p/ovToc y.al Upewc Apo'jGCj •j-xto-j ^r^'^.zyji^ojz 'Aw-^v-ew;, kpswc oiä ßicu
Zr,'/io'ioc Taij.vojsioj (vgl. Kumanudis ebend. VI 146). Dass unsere
Inschrift nicht etwa gemissbraucht werde, um eine Nachricht
Plutarchs in der Vita des Demetrius 10 S. 893 zu retten, ist
nach Kirchhoff's überzeugender Untersuchung über die Dati-
rung nach Priestern der Soteren kaum zu befürchten (Hermes
11 161 jBF.). Derselbe bemerkt a. a. O. S. 171 : ,Nichts ist
gewöhnlicher und auch natürlicher, als dass Inschriftensteine,
welche im Temenos eines Tempels aufgestellt waren, entweder
allein oder nebenher nach den Priestern oder den Prieste-
rinnen der Gottheiten datirt wurden, denen der Tempel ge-
hörte'. Und damit ist, wie ich meine, die bis jetzt singulare
Datirung unseres Decretes erklärt, auf dessen Abfassung die
attische Staatskanzlei ebensowenig wie auf andere derselben
Gattung Einfluss genommen haben mag. Unter diesen Um-
ständen verdient selbst eine Kleinigkeit wie die Schreibung
£::e'iY^5'32v, auf welche als eine ganz ausnahmsweise bereits Ku-
manudis aufmerksam machte, Beachtung. Ich vermag im Augen-
blick nur ein Beispiel namhaft zu machen, CIA. II nr. 117
Frg. a Z. 3; 325 Z. 5 steht ir.vi>-f,o'.c':vK Auch in dem Ehren-
decret Zeno's bei Diogenes L. VII 10 steht der Aorist.
Nicht weniger singulär ist 461, wo gleichfalls zwischen h
und h eine behördliche Person erwähnt erscheint, die in irgend
einer Weise mit der Protokollirung oder Aufzeichnung der
Beschlüsse zu thun gehabt haben dürfte: f, 'K-'.^xvr,; 'K-'.savcj
566 Hartel.
Aa|j.7rupsuc; £Ypx[;j.ij.xT£'j£'/ • — • ] KaAA-apaTOU Ize'.p'.z'jq
7päiJ-;j.aTa xäZe s [j.sv • riuavo'i^'.äivo; ey.xr] b-rajjivoj v.ta. Vgl.
Böckh Clironol. epigr. Sfud. S. 83 ff. 481, 1 hat bei einem im
übrigen defecten Protokoll {akhif") hinter a den Namen toD
£■7:1 xa ItXt. G-poL-r,-;o'j : 'Ezl [ J O'J xpyynoz ■ cTpxr^voüvxo; izl
Tou; OTiAi-aq MvaG[£OJ toj] Mva!:[£0'j B£p£]v'.7.(cou. Hingegen geht 334
dem Namen des Archonten als Aufschrift mit grösseren Buch-
staben voraus Tap-ia; twv CTpa-ia)[T'.y,wv] EJp'jy.Atior,; M'.y.i'wvo; [Kr^si-
ci£j;J und dasselbe vermuthet Köhler für 321. — Auf die Ur-
kunden mit dem ava^paosuc an der Spitze, welche einem kurzen,
durch unser Material aber nicht näher zu umgrenzenden Zeit-
raun"! um Ol. 115, 1 und 2 angehören, machte ich bei der Auf-
zählung schon aufmerksam; es sind 191. 192. 226. 299'' und
das von Kumanudis Aöv-va-.ov VI 158 publicirte, in dasselbe
Jahr wie 191 gehörige Decret. Vgl. Köhler zu 227 und 299\
Der Vollständigkeit halber mögen hier noch 1) jene
Decrete zusammengestellt werden, welchen mehre Bestandtheile
der regelmässigen Formulare fehlen, die also schon ursprünglich
aus irgend welchem Grunde mangelhaft concipirt waren, 2) die-
jenigen, in welchen in Folge defecter Erhaltung nur wenige
Bestandtheile der ursprünglichen Protokolle erhalten sind. In
Klammer sind die erhaltenen Stücke beigefügt:
1) 52^ 2 (a 4- c/). 114 (/"). 119, 2 (c/"). 190, 2
{hge'cf"). 230, 2 {hgb' [oder h"] ie [oder £"] mit Verzeichniss
der c'j'^.T.pöaopci f" ; c scheint zu fehlen). 240 (acf"). Ehren-
decret des Lykurgos aus Ol. 118, 2 in der Vita d. X Redn. 852 a
= S. 278 West. {ad'f"). 249 {ad! f"). 302^ 2 (/"). 329, 2
{d'f"). 390, 2 {hg[i\^"cf"). 401 (ahif"). Mr-va-.ov V 522 aus
Ol. 158, 2 {ahicf"). 444 (/"). 445 (/"). 446 (/"). 469, 3 (/").
470,3(/"). 478, 1.2.3 (/"). 480,2 (/"). 481, 1 {a mit dem
cTpaTY)YÖ? kTzl xouq oTjAda; Ichif"). 482, 2 und 4 (/"j. 488, 2 (/").
Wie man sieht, erklärt sich in der Mehrzahl der Fälle der Defect
daraus, dass den betreffenden Decreten andere vorausgingen.
Ohne Präscript sind 481,2.3. 482,3. 487.
2)22[b'a--). •d-d^b'i-). 34,2(a?--). 53 (a d' 6" c - ->
60(6"--). 65(--c/j. i^^'iti--). 68, l(--c/), 68, 2 (c^' 6" £' - - ;
a fehlt). ll{ad'h"--). ll{h"lcde--). IS (ab" cdb- -). 79
(6"ac--). 80 (a 6"--). 81 (a 6"--). S2{b"--). 83 (c--). 104
(6"a--). 122 {ad'b"--). 123 {^ad'b"--). 129 (ac--). 130
Studien über attisches Staatsrecht unii (Trbandenwe^en. 1. 567
{-ch'>e-). 131 (-h?-f). 135" (--.9 e'/'). 135"= (arf'Ä--). 107.
{[a]c[f]). 171 (--£'/'). 180- (---c/"). 185 {ad'h"h--). 187
{--^cf"). 192 und 226 (ad'--- voraus geht der oLvxypoLot\j:;).
193 (--Ägrs'/"; also 0 fehlt). 199(r/--). 201 (--/s'c/'j. 231,2
(ad'h"h?-t?-). 241 («6"/??/?--; also c/ fehlt?). 242 (a--).
244 ([a]c?'6"A^■s' undVerzeichniss der (TJix-pisopci--; also g fehlt).
245 (- [(i'] 6" Ä ^ [i] s und Verzeichniss der a'Jix::p:£Bpoi--). 248
(arf'6"— ). 256{ad'h"h--). 261 {ad' h"--). 26b (—g[i]e"cf").
266(— /"). 267und268(— £"c/"). 271 (—/'). 279(a£Z'— ).
280*- (--h? i £"?/"). 310, 2 (a (^' /»" - -). 314" (a d' - -). 321
(ad'b"---). 337 (a ). 3^2 ([a]d' b" hg--). 344 und 345
{ad'h"h--). 3^b\-b"kg?^"cr). 346(--r/fe-£-). 347 (--£-/").
348 (--£-/'). 350 und 357 (---/"). 373", 1 (--^-c"c/").
399 (a-b-g-e-). 409 {--ecf). 413 {-- g-ke' cf"). 418
(ac^'6"-— ). 421,1 (---£? c/"). 430{-d'b"h-i-). 453(--Ä-/).
453" (---/"). 457 (---c/"). 458 («cZ' //'---). 462 (- d' b" h - -).
463 (- (^' //' ?•£--; also h g fehlen). 477"= {a--hg?i- -). 479, 2
(.db"h--z--). 489(---£c/). 490(ari'r---). 494(-d'-t-).
499 (a (^ 6? - -). Aör.vaicv VI S. 385 (a-c- -) aus Ol. 95, 1. 8. 385
(acZfe--) aus Ol. 101, 2. S. 480 (cd--). S. 137 (--c/). 368
(ad'---). S. 387 (--cf). Ebend. (ad'V'i--- hg fehlen?).
•Dieser Katalog von ürkundenformularen lässt bei aller
Mannigfaltigkeit nicht verkennen, dass ihm einige wenige Typen
zu Grunde liegen. Alle älteren sind Erweiterungen oder Va-
rianten des Grundschemas cdbef. Die jüngeren sind aus
dem Schema adbecf herausgewachsen und die dazwischen
liegenden Formulare geben ein Bild dieser successiven Ent-
wickelung und Vervollständigung, Auf den ersten Blick scheint
es rein zufällig, nach welchem Formular der Schreiber gegriffen
habe. Aber manche Judicien beschränken diesen Zufall und
lassen eine gewisse Ueberlegung erkennen, wie wenn in den
ersten Decennien nach Euklid die Rathspsephismen mit ent-
schiedener Vorliebe den älteren Stil zeigen, T^-kunden inter-
nationalen Charakters noch später daran festhalten oder wenn
Agatharchos des Agatharchos Sohn aus Oe, Schreiber im Jahre
Molon's Ol. 104, 3 = 362/1 , sich in seinen Urkunden von
der alten Formel cdbef nur in soweit eine Abweichung
erlaubt, als er ihr a oder ad vorausschickt (vgl. nr. 56. 57. 57").
Wenn sogar ein zwischen Ol. 106 und 111 aufgeschriebenes
SitzungBbor. d. phil.-hist. Ol. XC. Bd. III. Hft. 37
568 Hartel.
. Decret nr. 128 eine dei' ältesten Formen aufweist, so wirft
eine Bemerkung Köhler's Licht auf dasselbe, wonach wir es
wahrscheinlich nur mit der Reproduction eines Ol. 92, 3 = 410/9
V. Chr. gefassten Beschlusses zu thun haben. Und so lässt sich
noch mancher individuelle Aufschluss verheissende Zug auf-
spüren. Doch liegt es nicht in meiner Absicht, diese Unter-
suchung, für welche noch andere Vorarbeiten nöthig sind, nun
in die Hand zu nehmen. Hier sollen zunächst die Unterschiede
vor- und nacheuklidischer Formulare und die Eigenthüralich-
keiten der letzteren schärfer präcisirt und geprüft werden.
Wie bereits bemerkt, zeigen uns die älteren Formulare
die Verbindung der beiden Bestandtheile a d im Eingange in
keinem Falle ; die späteren hingegen sämmtlich bis auf die
Inschrift 17 {ah" d' ce f), welche die Bundesurkunde von Ol. 100,3
= 378/7 enthält und nr. 117 {acdgz'h" f"), in welcher ein
anderer Ol. 110, 1 =:= 340/39 mit Tenedos geschlossener
Staatsvertrag niedergelegt ist. Ein dritter Fall 302, wo die
Köhler'sche Restitution im Eingang a h" d' ergeben würde, ist
sehr zweifelhafter Art, wie Köhler selbst bemerkt. Jene beiden
aber tragen den Charakter von Uebergangs- oder alterthümeln-
den Mischformen an sich; die letztere nennt die Prytanie ohne
Nummer, wohl aber den Tag der Prytanie, die erstere setzt ah wie
dies auf den älteren Urkunden üblich voraus, fügt aber dann die
Phyle mit i~\ und die Nummer nach neuem Stile an. In beiden
steht die Sanctionirungsclausel unmittelbar hinter dem Datum.
Wie zäh Urkunden, die für den Austausch mit fremden Staaten
und internationalen Verkehr bestimmt waren, das alte solenne
Concept festhielten, werden wir noch später an anderen Er-
scheinungen bestätigt finden. Als aber vorübergehend neben
dem Rathsschreiber eine neue Behörde , der avjiYpai-s'JC creirt
wurde und in den Präscripten eine Stelle erhalten musste, da
wurde noch einmal die feste Verbindung ad durch das sich
zwischen sie eindrängende neue Stück zerrissen 299"" (['Et:; — '.]o-
cwpou ä'p/ovToc 0£Ü-s[pov, «vaYpajcpitoc oe 'ETCixoupou toO
(jiou, ezl Tr,; lIavS'.o[v'!ooc 'iv.~r,c Trpj'j-ravsi'ac -f- hgie"), während auf
den anderen hieher gehörigen Urki;nden der avaYpa(pe6c, wie der
Schreiber auf den voreuklidischen, an der Spitze steht.
Was aber konnte bestimmend sein, dass man die alte für
den Zweck der Datirung allerdings kaum praktische Aufschrift
Studien fiber attisvhee Staatsrecht und Urknndenwesen. I. 569
ah oder ha aufgab und eine neue n cV h schuf? Man möchte
geneigt sein , diese Veränderung mit der Umwandlung der
auf die Zeit einer Prytanie beschränkten Amtsdauer des
Schreibers in eine jährige, welche nach den Inschriften nr. 50,
52", 52'" einerseits, nr. 54, 55 und 'AG-^-vatov V 516 andererseits
zwischen 367 und 363 v. Chr. anzusetzen ist (vgl. Köhler im
Hermes VIT und CIA. II p. 402 zu 52"^, Foucart Remie archeol.
1878, S. 120), in Zusammenhang zu bringen und meinen, dass
man die Bezeichnung des Jahres durch den Archonten und den
Schreiber dieses Jahres als etwas für die Datirung Ueberflüssiges
aufgab und wie billig an dem Archonten allein festhielt, dem
man zur Bestimmung des Monats die prytanirende Phyle ge-
sellte. Allein mit a d' ist fast untrennbar h zusammengewachsen
und die Formel ad' b hatte sich längst vor dieser Veränderung
festgesetzt, indem wir sie schon von Ol. 96, 3 = 394/3 v. Chr.
bis Ol. 103, 1 = 368/7 nachweisen können (vgl. nr. 8. 17. 49.
50. 51) f ja die grammatische Form selbst (z. B. nr. 8 'Ett'
EüßouXtco'j ä'pyovTO(; s-l xf,c DavStoviSoc vAvr,c -pu-avs'JoucY;?, fj ÜAaTwv
N'.y.cyapc'jr <I>A'J£uc B'{pa\i\)A'zt'jz) kann lehren, dass dies zu einer
Zeit geschah, wo der Schreiber mit der prytanirenden Phyle
ein- und abtrat. Da diese Form einmal fest geworden war,
Hess mau unverändert das f, 6 BsTv« £Ypaii.tj,äT£j£ stehen, obwohl
der jährige Beamte Schreiber wie der ersten, für die er be-
stellt wurde, so der übrigen Phylen des Jahres war, so wenig
man sofort seinen alten Titel ^■;p<x'^\i.(XT:thc, Tr,c ßouX^c mit einem
neuen, seiner veränderten Stellung entsprechenderen vertauschte.
Daraus geht zugleich weiter unwiderleglich hervor, dass der
dritte Bestandtheil h gar nicht dem Zweck der Datirung dienen
sollte, so wie in dem alten Schema cdhef weder h noch d
noch d b noch das dem Formular vorausgesetzte b diese Aufgabe
hatten. Der Schreiber war vielmehr das Executivorgan des
Rathes und seiner beglaubigenden Unterschrift bedurfte jedwede
Urkunde zu ihrer Rechtsgültigkeit (vgl. Köhler im Hermes
II 29). Das unmittelbar auf die Datirung folgende h vertritt
also gewissermassen die in dem alten Formular an der Spitze
stehende Sanctioniiiingsformel c.
Daran wird man festhalten dürfen, obwohl die Stellung
des jährig gewordenen Rathsschreibers (fpap.iJ.aTiu; ty;; ßouX^;)
oder wie er später mit voller klingenden Titeln hiess, Raths-
37*
570 Hartel
und Staatsschreiber (Ypa;xjjiar£l»c x^^ ßouA'^? xal toü 3r^|j.oj) oder
Staatsschreiber (Ypa!j.;j.aT£'j; tou oTQp,o'j), und seine Betheiligung
an der Ausfertigung der Psephismen nicht dieselbe blieb. Zu
derselben Zeit ungefähr schon, da sein Amt jährig geworden war,
linden wir an seiner Seite einen Collegen (nr. 61 Z. 15 und 18),
dessen Titel 6 yP^M-I^-^^'^'-'? ^ ^«"^^ ^pytaveiav deutlich verräth, dass
derselbe mit den einzelnen Prytanien wechselte (zuerst als
Aufschreiber nr. 115''. 191. 124 aus Ol. 110, 4\ und mit welchem
er sich in das Geschäft der Aufschreibung und öffentlichen
Aufstellung der Decrete in der Art theilte, dass bald dieser
bald jener damit vom Volke beauftragt wurde, während ihm
nach wie vor die Anfertigung der Protokolle der Raths- und
Volksversammlungen und die Oberaufsicht über das Kanzlei-
und Archivwesen zugekommen sein wird. Nur vorübergehend
scheinen diese wichtigsten Geschäfte ganz oder zum Theil
in die Hand seines jüngeren Collegen, des Prytanienschreibers
übergegangen zu sein, als man einen neuen Beamten, den
avavpaosjc creirt hatte, der nun vielleicht ausschliesslich mit
der Aufschreibung der Urkunden betraut werden sollte (vgl.
nr. 226 — 229 und 'AOv^vxtov VI 133) ; denn in den beiden in
das gleiche Jahr Ol. 115, 1 := 320/19, aber in verschiedene
Prytanien desselben fallenden Decreten nr. 191 und 'A6y;va'.ov
VI 158 erscheinen verschiedene Schreiber (szi r^; 'Av[T'.oy](oo;
Tii[X7rt[-r;]; Trp'jTavsiac, -^[i N'.]y.:o-/;;j.oc Ava[5]A'j[7]T'.o; £Ypa[iJ.[xäT]£'Jc —
ii:\ vlr,c 'Epv/J)rßoc Srjiipar Tzpuiavciac, £'. (-)-^po![X£vr,; Kr,9'.cr;£lic i^pay-
(jLaT£'j£) ; bald darauf aber lassen sich wieder jährige Beamte in
dieser Function nachweisen, so für Ol. 118, 3. 119, 1. 2. 3. (Vgl.
nr. 246. 247. 248—255. 256. 2b6\ 257—259 bis 264—269. 270).
Eine bleibende Verschiebung der Competenzen hat also nicht
stattgefunden. Das Geschäft des Aufschreibens aber war nie-
mals fixe Obliegenheit ein und desselben Beamten. Wo wir
also im Folgenden vom Rathsschreiber sprechen, ist der in
den Protokollen figurirende, eigentliche Rathsschreiber gemeint.
Die nähere Ausführung und Begründung der hier kurz skizzirten
Ansicht über den Rathsschreiber wird an einer späteren Stelle
dieser Untersuchungen, wo über das Aufschreiben der Urkunden
im Zusammenhang zu handeln sein wird, gegeben werden.
Zur Datirung aber war der blosse Name der Prytanie noch
nicht geeignet; er wurde es erst durch den Zusatz der Zahl,
Studien über attisches Staatsrecht und Drkundenwesen. I. 571
als die wie vieJte diese Phyle im Laufe dieses Jahres zur Führung
der Geschäfte kam ; denn damit war trotz der Uugeurdnet-
heit des attischen Kalenders ungefähr der Monat, in welchem
die Entscheidung gefallen war, auf das genaueste aber der Ort,
wo der Beschluss in dem der Obhut des Schreibers anvertrauten
Archiv niedergelegt war, bestimmt. Diese Zahl erscheint dem-
nach als das Wesentliche des zweiten Bestandtheiles und darf
niemals fehlen. Ich kenne nur einen dieser Beobachtung wider-
sprechenden Fall nr. 57 (['Ezt MjiXwvc; äp-/j:vTo; e[-t] zr,c 'Ep£[/OjY;(
Bc[; -pjiavcixr] ), wo die Ergänzung der Zahl sich durch die
Raum Verhältnisse verbietet, ihre Auslassung aber, wovon ein
anderes Decret derselben Prytanie nr. 56 überzeugen kann,
auf einem Versehen des Steinschreibers beruhen wird ; denn
die vier für adb'e'cf beigebrachten Beispiele (52'', 1. 76. 110
und die Inschr. im "AÖY^vaicv V 516), wo die Nummer der Pry-
tanie fehlt, gehören nicht hieher; denn ihr Formular zeigt in
der Aneinanderreihung der Bestandtheile den modernen, in der
Form der einzelnen alten Stil. So lautet z. B. 52': [Najatvjsvr,;
■^pysv, A'avTt? £Tip'j|[Taveu£Jv, Msc/ocKuSaOrjva'.eüc i[-)'p7.[).iJ.i]~fjtv/\p<.üVJK-
Koq 'Epyj.\s.\hc £';:£aT[ätci. | [eocjciv ^:f^ ßcuAYJ y.at tw ct;|j.(|) | - cp[
z.]iT:vK Die prytanirende Phyle hat niemals in dieser Form r,
ceTva ezpuiävEJc, sondern nur in der Form £7:: t^; BeTvoc; zpjTaveia;
die Nummer beigeschrieben.
Ueberdies gehört d in vor- und nacheuklidischer Zeit, in
Protokollen des alten und modernen Formulars zu den unent-
behrlichsten Bestandtheilen und wird demnach wie a und /
äusserst selten, auf öffentlichen Urkunden ohne besondere Ver-
anlassung nie vermisst (vgl. Carl Curtius im Philol. XXIV 89);
denn ni'. 27 (b" -^chef) ist zu vermuthen, dass vor //' ursprüng-
lich der Namen des Archonten und der Phyle gestanden habe. —
nr. 25, 2 Z. 13 (b[e]f) ist ein zweites Decret, das aller Wahr-
scheinlichkeit nach in derselben Prytanie zu Stande gekommen
war, wie das vorausgehende [eiusdem fortasse prytaniae bemerkt
Köhler). — Dieselbe Bewandtniss hat es mit nr. 119, 2 {cf").
190, 2 (hg-'cf"). 302", 2 / (vermuthlich wie 119, 2 ein
Amendejnent enthaltend) und 390, 2 (Ji g\;i]^" <^f")- I^nd so
gelten auch für die anderen oben zusammengestellten Decrete,
welche von den Bestandtheilen des Präscriptes nur den letzten
aufweisen, indem ihnen ein Decret mit vollem Protokoll voraus-
572 Hartel.
ging, die Bestandtheile dieses als gemeinsam und -war ihre
Wiedeiholung erlässlicli (vgl. Böckh Chronol. epigr. Stud. S. 36).
— Auch 52'^, 2 Z. 35 ff. kann, obwohl ein ein Jahr vorher
beschlossenes Psephisma enthaltend, mit seinen unvollstän-
digen Präscripten (acf) als entschuldigt gelten, indem dieses
Psephisma gleichsam als eine Beilage des vorausgehen (Jen be-
handelt wurde. — Demnach erregt derselbe Defect in 230, 2
{hgb' i^' f", der zweite Beschluss gehört in ein anderes Jahr wie
der erste), 240 (acf), 401 (ahif), 'Aer.va-.ov V 522 (aÄic/")
481 (akhif") für sich schon den ernsten Verdacht, dass die
athenische Kanzlei mit der Abfassung und Aufstellung dieser
Inschriften nichts zu thun hatte und Unkenntniss oder Flüchtig-
keit privater Aufsteller dafür verantwortlich zu machen sei, ein
Verdacht, der noch durch andere Indicien zur vollen Gewiss-
heit gebracht werden wird.
Die Bedeutung, welche der Unterschrift des Schreibers
beigelegt wurde, Hesse sich an einem interessanten Beispiel
darthun, wenn nur sein ofticieller Ursprung sicher stünde. Auf
der Inschrift nr. 230 folgt auf ein erstes Decret, in welchem
alle wesentlichen Stücke des regulären Protokolles erkennbar
sind ad'h"hgiecf" unmittelbar ein zweites, dessen Protokoll
Frg. b Z. b ff., was sonst wie wir sahen auf das strengste
festgehalten wird, die Datirung a d' fallen liess, aber die Er-
wähnung des Schreibers doch nicht aufgab, sondern lieber an
ganz ungewöhnlicher Stelle hgb" ie'f" anbrachte. Man könnte
durch die mit kleineren Buchstaben angefügte 4. Zeile des
Frg. b sich zunächst veranlasst sehen zu glauben, dass Raum-
mangel zu dieser Kürzung drängte. Aber der eben beobachtete
Usus für ein zweites auf demselben Steine stehendes Decret
die Datirung des erstem so weit wie möglich gelten zu lassen
(vgl. 119, 2 cf, 190, 2 hge'cf", 390, 2 hgit'cf") unterstützt
solche Vermuthung nicht , Hesse aber die ungewöhnliche
Einfügung um so bedeutungsvoller erscheinen, wenn nur die
beiden leider sehr fragmentarisch erhaltenen Decrete in das-
selbe Jahr gehörten, wie sie auf dieselbe Person (Archippos)
sich beziehen. Nun bemerkt aber Köhler sehr richtig p. 98 :
Atque Rangabis quidem duo decreta quae duobits fragmentis con-
Studien über attisches Staatsrecht und Urkundenwesen. I. 573
tinentiir etiam eiusdem anni fuisse sihi jjeisuosit, de qna re aliter
sentiendnm esse puto ; neqne enim intellego quomodo praescripta
alterius decreti ita restitui possint ut et lacuna expleatur et non
evadat annus intercalaris, qiium p?'ms decretum non possit non
spectave ad annum communem. Ergo duo decreta diversorum
annorum esse censendum est et prius quidem anni communis^
alterum anni intercalaris. Man mag sich versucht fühlen, diese
Behauptung nocli durch ein weiteres Arg-umeut zu stützen.
In dem Fragment des ersten Decretes ist b" bis auf vier Buch-
staben sicher herzustellen: f; Mvr,<j'9'.A0!: Mvy^cu)[vc; .... evpxix-
[j.äJTS'jcv. In dem Fragment des zweiten Decretes erkennt man
von b nur den Rest des Demotikons Z. 7 [- -]v£j; ivpai^ixot-
[t£j£v -- ., der schon allein hinreicht die Lücke hinter Mvi^acovo;
zu füllen. Für die nothwendige Ergänzung, welche man immer
nehme, bleibt mithin kein Raum ; denn die .Stellenzahl der
Zeilen ist in beiden Decreten die gleiche 31. Dies führte auf
verschiedene Schreibernamen und Jahre, wenn man nicht besser
an eine auf dieser Inschrift nicht unmögliche Abkürzung des
Demotikons glauben müsste, worüber später zu sprechen sein
wird. Wichtiger und für die verschiedene Zeit der Decrete
beweisend ist der Umstand, dass i ' im zweiten den Zusatz y.ai
cjixrpicopc. hat, £' im ersten ihn aber entbehrt. Dass dieselben
also in verschiedene Jahre gehören, kann keinem Zweifel unter-
liegen. Jedoch auch unter diesen Verhältnissen verliert das Pro-
tokoll des zweiten Decretes nichts an Interesse für unsere Frage.
Dasselbe leidet dann allerdings an einem bei einer Urkunde
officiellen Ursprungs höchst befremdenden Mangel, wie ja auch
noch ein anderer wichtiger Bestandtheil c zu fehlen scheint. Aber
man wird in seiner Fassung um so mehr eine Bestätigung dafür
eiblicken, dass wer immer sie concipirte b für unentbehrlicher
als ad hielt, lieber die Datirungs- als die Legalisirungsclausel
aufgab, wenn beide nicht anzubringen waren. Bevor wir aber
vorschnell entscheiden, gilt es sich mit der Thatsache ausein-
ander zu setzen, dass in nicht wenigen Fällen das Fehlen des
Bestandtheiles b in den Präscripten nachzuweisen ist. Wir
wollen demnach zum Zwecke einer genaueren Prüfung das in
der früheren Uebersicht der Formulare zerstreute JMaterial hier
zusammenstellen. Die Inschriften, in deren Präscripten der
Schreiber nicht aufgezeichnet war, sind folgende :
574 Hartel.
nr. 52^2. 77. 119,2. 120. 135^? 168, 1 und 2. 175\
190, 2. 234. 237. 240 (= Vita d. X Redner S. 852j.
249. 299". 300. 319. 329, 2. 332. 343. 390, 2. 4Ul.
477". 481, 1. 482, 1. AOr.va-.sv V 522. Ehrendecret
Zeno's bei Diogenes L. VII 10.
Von diesen 25 Fällen sind zunächst vier bei Seite zu
stellen, in welchen die Unvollständig-keit der Präscripte und
das Fehlen des b seine Entschuldigung oder Erklärung in dem
unmittelbar vorausgehenden Decret mit vollständigem Proto-
koll findet: 119, 2 (c/"). 190, 2 {hgt'cf"). 329, 2 {ä'f").
390, 2 (hyie" cf")-j von besonderer Beschaflfenheit ist b2%2.
Was 77 betrifft, so habe ich bereits oben die Vermuthung
geäussert, dass in [nG]A'jx.X?;; ]ai$''i? vor den sicher erkenn-
baren Bestandtheilen cde der Namen des Schreibers zu sehen
sei. Auch sind diese Reste wie sonst die an die Spitze gestellten
Namen der Schreiber mit grösseren Buchstaben geschrieben.
Auf der ersten Zeile stand das solenne 0£o(. Jedenfalls ist
dies aber ein Protokoll alten Stils und demnach anzunehmen,
dass cdebf auf dem Steine gestanden.
240 (acf"), 249 (ad'f"), 401 {ahif") geben durch die
grosse UnVollständigkeit ihrer Protokolle den deutlichsten
Beweis, dass sie nicht auf officieller Aufzeichnung beruhen.
Füi- 240 ist dies auch längst von C. Curtius in seiner gründ-
lichen Untersuchung dieser Inschrift (im Philologus XXIV
83 ff.) erkannt worden und es kann keinem Zweifel unterliegen,
dass auch die uns in dem Leben der X Redner S. 852 er-
haltene Abschrift desselben Ehrendecretes mit gleich unvoll-
ständigem Präscript ad' f" nicht nach dem von Staatswegen
errichteten Denkmal erfolgte, sondern in letzter Reihe auf eine
Inschriftensammlung zurückgeht, welche das Archiv als Quelle
benutzte. In 401 verräth sich dies auch schon im Wortlaut
des Decretes durch den sprachlichen Ausdruck und einige
Abweichungen von dem regulären Formular der späteren
Bürgerrechtsdiplome, wie es uns in 395. 427. 428. 429. 455
vorliegt 5 ich verweise nur auf sisosOac ci aÜKo -/.al zoXiTciav
co/.i|ji,ac6£VT'. £v TW c'./.aaTr,pu.) y.aTa ti'jc vifjioyc statt BscöjOa'. und
xaTÖc xbv v6|j,ov5 ferner ist in xobc ok OeaixiÖSTa;, ötäv y.al üz ^Xr^pw-
5tv Sty.acn^p'.ov zlc vn. y.al •Trsvcay.oci's'Ji; o-.y.aaTä;, t\Q:c{x^[v.-) ty;v ssy.i-
\i.'XQ'\x> 7'jvv£(;j.avTa: 7.y). ;:jvz'. zsp"; aÜTiO ty;v 'V?;siv sowohl
Studien über uttisches Staatsrecht und Urkundenwesen. I. OiO
x«; u); als auch die Verbindung cojva-. xxa. mit ÖiSjxcOäxz; singuläi',
cjvvet'ij.czv-a; aber singulär und unbeliolten. Ob die Aufzeichnung
am Schhiöse des Decretes verordnet war oder nicht, lässt sich
nicht sagen. Auf die Nichtbezeichnung der prytanircnden Phyle
in 240 und 401 und ihre Bedeutung wurde bereits früher auf-
merksam gemacht (S. 572).
Ist die nicht ofticielle Aufzeichnung dieser Decrete dem-
nach höchst wahrscheinlich, so steht sie bei zwei anderen mit
gleich defecten Protokollen
481 {akhif") und 482, 1 {ad'hgit'f)
durch den Wortlaut der Urkunden selbst fest, indem der Rath
beschliesst 481 Z. 41 {i'z\-/.t'/M^f,o^y.'. toT; ssr^ßo'.;) Iv. Zi y,y.\ ^T^ca».
cty;/.y;v 'iyzjcTt -ric sajTwv ovijxaTa y.al ta TCcpl tojtwv 'iTfOi^hOL-za. (dies
bezieht sich auf das erste und zweite Decret) und Z. '6Q (e;£lvat)
ävavpä'J/at 8s tccs tb '}r,9i7[j.a p.exä twv «aXcov v.- ty;v auTY;v aT'»}XY;v
(das bezieht sich auf das dritte Decret), und so auch 482 nicht
ein Beamter mit der Obsorge der Aufzeichnung betraut wird.
Wie auf älteren Inschriften der Namen des Rathsschreibers an
der iSpitze steht und dieselben dadurch als öffentliche Stiftungen
bezeugt werden, so steht hier als derjenige, der die Inschrift ver-
anlasst und die Kosten getragen hat: -öjc.c -waiso;; Dy;f)iV ü-sp twv
[cuvssY-ßojjv äv£Ör,y.£v. Ferner sind dieselben und ausser ihnen nur
487 einzig in ihrer Art, indem sie Decrete enthalten — auf
der ersten Inschrift ist das zweite und dritte, auf der zweiten
das dritte von dieser Beschaffenheit — , welche der Protokolle
gänzlich bis auf den Namen des Antragstellers, der doch sonst
wenigstens solchen an zweiter, dritter oder vierter Stelle stehen-
den Ephebendecroteu vorgesetzt zu werden pflegt, entbehren.
Aber wenn man diese Argumente nicht für genug beweisend
halten sollte, dass mit der Aufschreibung dieser Urkunden eine
der hergebrachten, strengen Formen unkundige Hand zu thun
hatte, so müsste wenigstens zugegeben werden, dass sie der-
selben entwohnt war; denn es bleibt zu beachten, dass 481
und 482 in die zweite Hälfte des ersten Jahrhunderts v. Chr.
gehören und was Köhler über beide bemerkt 8. 295: scilicet in
hoc titulo et in titulo 482, quem inter annos 41 et 30 a. Chr.
exaratum esse ojiortef, vestigia quaedam depiehendere licet siatus
verum piiblicarum. a temporihus antlqidorihns diversi. In ntroqne
titulo rosmetne et ephebis honoies dectrnunttir )ion iam a sin(tti(
576 Hartel.
et popnlo, sed a senatu solo; in ntroque pronuntiatwnes coro-
narum non iam pnietoribus demandantur et quaestori aerarii mili-
taris, sed praetori et praeconi senatus Äreopagitarum. In titulo
481 praetevi^a nomen tgu stcI xä ÖTiXa sTpaTr,YOj cum nomine archon-
tis pi-aescriptnm est, idem magistratus rogationes de coUaudandis
ephehis et cosmeta tiderat, worauf im Laufe dieser Untersuchungen
noch öfter zu verweisen sein wird. Dieselben werden aber
auch ausser Frage stellen, dass die uns erhaltenen Epheben-
Inschriften sämmtlich nicht als streng officielle Aufzeichnungen
zu betrachten sind.
Ohne Bedenken sehe ich ein privates Denkmal in der
von Kumanudis im 'Ä6'/;va'.ov V 522 publicirten Inschrift aus dem
Archontat des Hagnotheos, aus welchem auch nr. 458 herrührt,
dessen Zeit in die Mitte oder das letzte Drittel des 2. Jahr-
hunderts V. Chr. fällt, wofür ich auf Köhler zu nr. 458 verweise.
Wenn der gelehrte Herausgeber mit Berufung auf den Schrift-
charakter das Decret einer früheren Zeit zuweist, kann ich nicht
widersprechen ; wenn er aber weiter meint, dass die Erwähnung
eines Psephisma des bekannten Stratokies in Z. 21 dies fordere^
so halte ich es nicht nur für möglich, sondern für höchst wahr-
scheinlich, dass damit nicht auf einen Beschluss zu Gunsten des
in unserer Inschrift geehrten Telesias, sondern eines Vorfahren
desselben berufen wird. Die Inschrift bietet nun abgesehen von
dem höchst unvollständigen Protokoll iahicf") des Auffälligen
genug. Sie hat ein Aetoma mit einer auf den Theseus-Mythos
bezüglichen Darstellung. Unter derselben und vor dem Text
sind in ungewöhnlicher Weise vier die Summarien der nachfol-
genden Decrete, deren erstes und das nur zum Theil übrig ist,
enthaltende Kränze ausgemeisselt. Der dritte und vierte bezieht
sich auf Auszeichnungen, welche h l%\j.oq h Tpour^vitov dem Telesias
verliehen hatte. Wir haben es also mit einer wahren Orden-
niederlage zu thun, für deren Errichtung und Ausstattung weder
im Ganzen noch im Detail die athenische Kanzlei verantwortlich
gemacht werden kann. Das Denkmal hat ohne Zweifel Telesias
auf seine Kosten errichten und in dem Heiligthum, dessen Priester
er war (y; ßouAy; y.al h o^[jloc Ispsa vsvdixevov liest man im ersten
Kranz), aufstellen lassen.
In späte Zeit (1. Jahrhundert v. Chr.) gehört auch 477''
(ad' hgicf"), die Belobung des Asklepios-Priesters Protagoras
Stadien über attisches Staatsrecht und Urkundenwesen. I. Ö7 l
enthaltend ; auch wird die Aufzeichnung und Aufstellung im
Heiligthum des Gottes zwar verordnet, aber nicht einem'
öffentlichen Beamten übertragen. Der TaiMÄC twv cxpaTtio-
T'.y.wv, auf welchen die Kosten angewiesen werden, hat damit nichts
weiter zu thun. Es heisst Z. 20: avaYpx'}«'. Ik to 'W,5'.a[j.a av cti^ay)
Aiövvr; 7.x. aTr;'ai iv tw toj A5/,Ar,7i'.ou '.spw, "cbv es Tajj.(av -wv cxpaTuo-
Tiy.wv [Acpi^at TÖ Y£vc;.;.£vov ävaAio[j,a eic r);v äva^pa^-i^v r?,; cr/jAr,;. Die
ungeübte oder unkundige Hand des Aufschreibers verräth sich
aber noch durch einen anderen Defect. Es fehlt das Pi'äsi-
dium. Das fehlt, wie bemerkt, sonst noch in einem Raths-
decret 8 und zwei Volksbeschlüssen 49 und 75. In späteren
Urkunden ist dies nur einmal 323 der Fall.
Privaten Charakters, sind M'ie bereits Köhler erkannte
(Hermes V 351 ff.), weiter die beiden wohl erhaltenen Decrete
168, 1 und 2, deren mangelhafte Präscripten ad't'cf" für jene
Zeit — die Inschrift gehört in Ol. 111, 4 = 333/2 — höchst
befremdend wären. Auch enthalten sie keine Verfügung über
die Aufstellung. Die Inschrift ist im Piraeus gefunden worden
und sie war wohl von den kitischen Kaufleuten im Heilig-
thume der Aphrodite aufgestellt worden, dessen Gründung damit
genehmigt worden war. Wir werden später sehen, dass bei der
Aufzeichnung des ersten Decretes ein grober staatsrechtlicher
Irrthum sich eingeschlichen hat, der mit nicht minderer Sicher-
heit darauf führt, dass der Rathsschreiber mit der Aufzeichnung
und Aufstellung beider Decrete nichts zu thun hatte. Das Fehlen
seiner Unterschrift wird mithin nichts weniger als zufällig sein.
Gegen diese Auffassung aber lässt sich nicht ohne den
Schein vollster Berechtigung einwenden, dass in einem Falle, wo
die private Aufschreibung einer Urkunde keinem Zweifel unter-
liegt (nr. 403), worüber später noch genauer zu handeln sein
wird, der Schreiber nicht fehlt und in Fällen, wo die Auf-
schreibung nicht vom Rathsschreiber, sondern einem anderen
Beamten, dem ava^passjc, besorgt worden sein muss, welchem
sie ausdrücklich 227. 228. 229. 'AÖova-.sv VI 133 übertragen wird,
dieser avavpassj; in den Präscripten genannt, aber daneben doch
der Schreiber nicht übergangen wurde, nämlich in der von Kuma-
nudis im 'Afty-vaisv VI 158 publicirten, in die zweite Prytanie
des Jahres Ol. 115, 1 = 320/19 v. Chr. gehörigen Inschrift,
deren erste Zeilen lauten : ^\vaYp2^e'jc Wpyir.v.o: Nojy.piTij A?.;;.--
578 Hartel.
t[pc'J]c I 'E-l NsxiyjJiS'J xpyo^noq i7:\ zr;c 'Epv/ßr,\i'ioq oeuTspac ::puTa-
veiac, V. Qr,pa.iJ.vrr,z K'^sisisjc i7pa;/i;.äTcj£ /.ta., und in nr. 191 aus
demselben Jahre, deren erste Zeilen sich nun so mit Sicherheit
ergänzen lassen: 191 'Ava^passbc 'A[pxev'.7.cc N5]jy.p[{T c]'j Aa\).r.-ps.\jq.
['EtcI Nsa'jyjxGU ä'p/[c|v]Toc £7:1 xf,q ''Av\-:<.oy]izoq 7:£|j,-T[r, ; Tijp'jTavsiac,
^[i NtJy.io'/jiJ.or 'Ava[9]|AÜ[c]Tio; £Ypa[;x[ji,äT]£'jc[vJ xta. ; denn 192 ist
in dem zerstörten Protokoll ausser demselben ävaYpa^£jc nur a
und d' noch zu errathen, und auch nicht mehr von den Prä-
scripten auf 226 ('Ezl ävaYpa[9£w; • ItiI A'::]oAAooa)p[oj
apycvTc; i-zl x-^? — i'oci; csJxaTr,; 7:p[jTav£(a(; - -) erkennbar. Dass
der ävTivpa^sjc in 408 mit dem ava^pac-sü; nichts zu thun habe
und nur die unrichtige Ergänzung avxiYp]a5£a in 229 ihn mit
der Errichtung der Stele beauftragt erscheinen Hess (vgl. Köhler
im Hermes V 342), braucht kaum bemerkt zu werden, wenn wir
auch über den ävaYpa^Ej; nichts weiter wissen, als dass ihm die
Anfschreibung der Urkunden oblag — so heisst es 190 in der
Motivirung der dem avaypJ'Y-"'? Kallikratides des Kallikratides
Sohn dem Steirier decretirten Auszeichnung i7:v.ir, b äva^pa^sl»?
KaAA'.y.pÄTi^r;; y.aAöc y.a't o-.y.atwc h:\\j.t\).tKr{r:a.'. r?;; avavpasv-c TWYYpaix-
[xaxwv y,al al TcpuTaveÜxi a'jxbv £(jx£ifava)y.aGt y.xA. — und dass er nur
wenige Jahre (Ol. 115, \. 2 = 320—18) fungirt haben dürfte.
Man scheint zu derselben Zeit, als mit dem Präsidium der Ver-
sammlungen eine Veränderung vor sich ging, worauf uns die,
wie S. 555 dargelegt wurde, von da ab regelmässige Erwähnung
der aufjL'TrpösBpo'. führt, einen neuen jährigen Beamten des Rathes
creirt zu haben, der einen Theil der Geschäfte des damals neben
dem jährigen Rathsschreiber fungirenden Prytanienschreibers
übernahm 5 denn wir fanden in verschiedenen Prytanieen des
Jahres Ol. 115, 1 denselben äva^paoEj;;, während wie auf den Ur-
kunden vor 363 V. Gh. die Schreiber wechselten (S. 570), ferner ist
das obige Decret des Kallikratides vom letzten Tage des Jahres
datirt (^Ly.'.pccop'.cüvo; £vy) y.al via, x£xapx£'. y.ai xpiaxo^xt) x^;; Trp'jxavcia;)
und auf die erfolgte Belobung der Prytanieen dieses Jahres
wird berufen. Seine Wirksamkeit war von kurzer Dauer; denn
nirgends findet sich sonst eine Spur desselben als auf 299'',
welche wohl in derselben Zeit aufgezeichnet sein dürfte. Das
Präscript dieser Inschrift {ad' hgi^" -) zeigt aber, dass hier
der ävaYpa^cjq den Ypa|ji[xax£'j; verdrängte : ['£-•. - ijoowpou apyovxo;
0£6xi[pov, ava7pa]^£'a)c ot 'K-'.xo'jpc'j xoO c(c'j , £~l x^^
Studinn über attiscbps Staatsrecht und UrlcutiflcnwpsPn. I. o79
IIj;vi'.c[v(c:c iy^vr,z ~p]'jTT/v.xc • Mo'jvjy'.wv[cc y.TA. Nur war es niclit
der jcährige Rathsschreiber, sondern sein anderer College, 6 Ypaij.-
[xxts'jc 6 y.aTa zpjTjivi'av. der hier vom ava^passj; verdrängt wurde
und in den beiden anderen Inschriften ('AOr^vatov VI 158 und
nr. 191) neben ihm seinen Platz behauptet. Diesen Schreiber
zu nennen hielt man einmal für überflüssig, weil er es nicht
war, von dem die Aufzeichnung des Decretes ausging, ein an-
deres Mal geschah es in sehr bezeichnender Weise so, dass man
ihm nicht die beiden üblichen Attribute, sondern nur das eine
derselben, das Demotikon, gönnte. Dass also in der Inschrift
299'' der Schreiber fehlt, ist begreiflich ; dass die beiden anderen
und 403, die nicht von Staatswegen gesetzt wurde, ihn dennoch
in ihren Protokollen führen, weder unerklärlich noch der vor-
getragenen Ansicht von der Bedeutung dieses Bestandtheiles der
Präscripte widersprechend ; denn es begreift sich leicht, dass
der avavpacs'jc oder ein privater Concipist, wenn er nur in der Lage
war, seine Decrete mit der herrschenden Norm in Einklang zu
bringen suchte und den Schreiber beifügte; aber es ist kaum anzu-
nehmen, dass die Rathsschreiber in den von ihnen ausgefertigten,
für die Publication bestimmten Decreten so häutig die legalisi-
rende Beisetzung ihrer Namen sollten vernachlässigt haben. Der
Namen des Schreibers verbürgt also noch nicht mit voller Sicher
heit, dass die öffentliche Aufstellung und Aufschreibung eines
Psephisma beschlossen wurde und von Staatswegen erfolgte ; wohl
aber lässt sein Fehlen nicht leicht zweifeln, dass er, während
dessen Amtirung ein Beschluss fertig wurde, mit der Aufzeich-
nung nichts zu thun hatte, dass dieselbe, wenn sie nicht dem
Schi-eiber einer anderen Prytanie oder eines anderen Jahres von
Staatswegen übertragen war, auf privatem Wege geschah. Der
Umstand abei-, dass jener ,Aufschreiber' von ephemerer Dauer
und doch wohl untergeordneter Stellung mit vollem Titel an der
Spitze vor oder neben dem Archon figuriren durfte, kann be-
weisen, dass wir den Schreiber an der Spitze der älteren
Decrete richtig nicht als ein Stück des Datums, sondern als
Vollstrecker des staatlichen Willens gedeutet haben. In dem jün-
geren Formular änderte sich in den Präscripten seine Stelle,
aber nicht seine Bedeutung.
Wer wird nach diesen Erfahrungen und Betrachtungen
noch zweifeln wollen, dass das Fehlen des Schreibers in l'db"
580 Hartel.
{ad'h--\ 175" (ad'hgE'cf'X 234 {ad'hgii'f"), 237 {ad'hgit'f"),
den nicht ofüciellen (Jharakter der Aufzeichnung verbürgt.
Leider lässt sich aus dem Text der Decrete, der nicht erhalten
ist, kein Argument dafür gewinnen. Wohl aber fehlt es an ande-
ren Indicien nicht. Auf dem Ehrendenkmal 175**, das sich wohl
Tr;ßojX2c I,8J6o'j üb; Körjcc auf seine Kosten setzen liess, wie
Lachares für ein ähnlich ausgeschmücktes Denkmal die Kosten
der Herstellung nach nr. 70 Z, 18 zu tragen hatte, {Lapis
ornahis fuit anaglypho, cnius nunc pars inferior superest. A dextra
conspicitur Minerva, ad hanc accedit vir pateram tenens^ pone
virum repraesentati fuisse videntur duo eqiii Köhler), war die In-
schrift wenn nicht Nebensache ohne Zweifel von jenem besorgt
worden, dem die Herstellung des Denkmals übertragen worden
war. In 234 aber und 237 fehlt ein anderer wichtiger Bestand-
theil der Protokolle, die Sanctionirungsformel (c). In 234 befrem-
den weiter zwei in diesen Texten sehr seltene Abkürzungen
Z. 8 'ApisToy-parr,; ApiJTOcrjjxou Otv. xal cujXTrposopo'.uud Z. 10 0pa<7-
uxAyjc Na'jaiy.paTOj; Öpiac.. sTttsv. Wenigstens lassen sich für die-
selben nur wenige Belege aus attischen Psephismen beibringen
und es verlohnt die Mühe, hier auf die Sache näher einzugehen.
Wir finden mehrere Abkürzungen der Art in einer Inschrift
gleich suspecten Charakters, von der wir bei dieser Besprechung
ausgingen 230, und einer zweiten, die sich durch ihre Unsoi-gfalt
auszeichnet, 431. In 230 lesen wir Frg. a Z. 5 Aavtt. für Aa/.-
•A.iaBr,c, K'jsa. für Kjcaövjvatsjc, welches Demotikon Frg. h Z. 11
mit doppelter Endung ausgeschrieben steht KuBaör^vateueuc; ferner
wird, wie ich früher (S. 573) vermuthete, Frg. a. Z. 1 das ab-
gekürzte Demotikon des Schreibers gestanden haben. In 431
Z. 2 wird ergänzt Kuoa]6[-^va'.. t(psLiJ.ij.x]xz<jEv und Z. 28 Kj[5a]9v;v.
£Ypa(jL[j.a-c£jsv überliefert. Es ist dieselbe Inschrift, welche in den
Präscripten des zweiten Decretes -/.at aufj-zpcEopot Z. 32 ausliess
(s. oben S. 556) und Z. 34 den Antragsteller mit dem blossen
Vaternamen ohne Demotikon nannte (s. S. 553); titulus satis
negligenter incisus et litterarum mumerns in singulis versibns valde
diversus ßiif bemerkt Köhler. Eine gleiche Abkürzung des
Demotikons gestattete sich auch einmal eine sonst correcte In-
schrift, nr. 62 Z. 6 [AiöJti[[j,]o; Oivat.- Bocs vf\ ßcu[X^] y.al tw BY^[iji,a)],
aber wie es scheint um ein Versehen gut zu machen; denn
Köhler bemerkt: titulus aiov/ji^h'/ disjpositus praeter versum 6 qui
Studien über attisches Staatsrecht und Urkundenwesen. I. Ool
Iitteris minus diductis exarntus est. Es war nämlich für die be-
treffende Zeile die Sanctionirmigsforniel BoSs tm or,\i.i>} vom Stein-
schreiber in Aussicht genommen, wodurch dieselbe auf 27 Stellen,
den anderen Zeilen entsprechend, gekommen wäre. Die Ein-
setzung der längeren Formel ISo^s tt, ßo'jAf, y.at -ro) 3r,[Ji.(i) brachte
ihr um 12 Stellen mehr, für die zum Theil duich gedrängtere
Schrift und die ungewöhnliche Abkürzung ü'.va'.. Platz geschaffen
wurde. Ein anderes Beispiel bietet nr. 193, Z. 4, wo Köhler
ergänzte \r,iJ.ior,c \-t][iJ.io'j Ilaiav.] sItcsv ; Böckh CIG. I nr. 96 hatte
edirt \r,'^.y.or,z AY;[ixäBou Aaxi.] si-jisv^ ex more eins aetatis wie er
bemerkt decurtnto denii nomine, etenim etsi non par uhivis litte-
rarnm numerics est, nee cTO'.y^r,csv scnptnm hoc decretum videtur,
tarnen plenwn nonien AAKIAAH^ nimis longiim est. Den Irrthum
über die Zugehörigkeit dieser Familie zum Gau der Lakiaden
berichtigte Böckh selbst in den Ui-k. üb. d. Seewesen S. 234.
Dass das Demotikon llaiavtsjc in der That nicht ausgeschrieben
war, wird demnach nicht zu bezweifeln sein. Leider ist uns
von dem Ehrendecret des Eurjlochos und Akesander nicht so
viel erhalten, um sagen zu können, ob es von Staatswegen aus-
gefertigt und aufgestellt worden war oder ob der Stein wie
andere zahlreiche Proxeniedecrete, zu welcher Gattung er
gehören dürfte , nur eine private Abschrift des Beschlusses
enthielt. Letzteres wird durch den Mangel eines wichtigen Be-
standtheiles des Protokolles, der Sanctionirungsformel (c), wahr-
scheinlich.
Ihre eigentliche Stelle innerhalb der Psephismen -Texte
haben die Abkürzungen zunächst der Demotika in Personen-
verzeichnissen, wie von Gesandten, Eidabnehmern, Steuer-
trägern, Triei'archen u. dgl. m., indem das Individuum nicht
durch die Zufügung des Vaternamens, sondern des demotischen
als völlig bezeichnet galt und dieser trotz starker Abkürzung
hinreichend erkennbar blieb. So finden wir in dem Verzeichniss
der Eidabnehmer nr. 64, welche Inschrift von Köhler in den
Mittheil. d. d. arch. Inst. II 209 ff. durch einen neuen Fund
ergänzt und von Foucart Revue ardieol. 1878 S. 228 in einigen
dieses Verzeichniss betreffenden Punkten berichtigt und erklärt
wurde, Mdvwv floTa * tl>'.A07_ap-^c 'Pa[j." [ 1 ' | E\r,y.zQv.c,r^z WspiV.'..
neben Ais/.X^? 'AAwzey.-^Osv zum Schluss; in einem gleichen Ver-
zeichniss nr. 14'' Z. 14 [. . . .]-/.ay;; 'Ep/t., 15 [ a]pr,: Wxrx. ; in
582 llartel.
einem Verzeiclmiss der Steuerträs^er nr. 334 'Ep/i. ^V.py.t. l\.r,o'.c.
Kr/y.G'.. Wptaai. TstOpx. 'A<pio. Eipsc. u. a. ; daneben aber auch schon
Frg. d col. 2 Z. 10 ^(ocjißio; IcoTz, col. 1 Z. 29 Auxo^v oiXccc.
Allerdings kann es bei diesem Decret frag-lich sein, ob wir die
()ri!2;inahirkunde vor uns haben oder eine Abschrift, welche der
an dei' Spitze stehende Ta|j,{a; (7TpaTiwTty.(7Jv K'jp'jy.As(or,c M'.y.iwvo;
Kriaicjiz'jq sich besorgte. Endlich liefern die Ephebenverzeich-
nisse, allerdings nicht alle, Belege, wie nr. 324. 330. 338. 340.
467 (vgl. hingegen nr. 465. 470. 481. 482).
Weiter finden sich die gekürzten Demotika in den Prä-
scripten der Schatzmeisterurkunden, wofür es genügen mag auf
Kirchhoff Ueber die Uebergahurkimde der Schatzmeister der Athene
vom Jahre OL 10.9, 1 (Abh. d. Berl. Akad. 1868 S. 3 und
besonders den Anhang vS. 24) zu verweisen.
Am zahlreichsten erscheinen, um von kleineren Aufschriften
zu praktischen Zwecken abzusehen, die Abbreviaturen in den
Urkunden über das Seewesen des attischen Staates, welche zu
der Exactheit attischer Psephismen einen scharfen Gegensatz
bilden, und sie stehen hier mit der Nachlässigkeit, Flüchtigkeit,
Unerfahrenheit, welche die Aufschreiber derselben auszeichnet,
in einem durchaus entsprechenden Verhältniss (vgl. Böckh Ur-
kunden üb. d. Seewesen Cap. II bes. S. 15 und den aus diesen
Urkunden zumeist schöpfenden Index siglorum ex netate ante
dominationem Eomanam. S. 354 ff. in Franz's Elementa epigra-
phices graecae). Aber dieselben beschränken sich nicht mehr
auf die Demotika, sondern treten bei allen häufiger vorkom-
menden Worten, namentlich technischer Art auf. So lesen wir
Urk, II Z. 39 Tpiv^. 41 xpiYjpap., (womit sich CIA. I nr. 447
col. 1 *J>(»)y.(ü)v xpt-^. col. 3 nuBoGwpot; (püXapy. vergleichen lässt),
und allenthalben 9pav{(TiO£(;), 9aXa[jL({ai), a36xt([j,oc\ 6pt'äv^($£CToi) und
anderes der Art. Dass die gekürzten Demotika von da aus in
die diesen Urkunden als Beilagen einverleibten Psephismen
Eingang gefunden, wie Urk. XVI Z. 104 ff. nGA6£uy,Toc KaXAi-
y.paTOu; 'Eaxtato* 105 ^oy-KOMOoq toj ^[j,'.y.'jöo'j KuSaOr;,, kann nicht
wundern. Reiche Belege ähnlicher Abkürzungen bieten endlich
die von Professor Kumanudis im 'Aöy^vatov VI 476 ff. publicirten
Inschriften, wie N£oxToA(e;xou), tl>iXY^([j,ovo^), [Io!j£i(3i'r7:o!j), 0£TT(äAoD).
Dieselben sind von Köhler in den Mitth. d. arch Inst. III 103 ff.
einer eingehenden Untersuchung untei'zogen und die ganze Masse
Studien über attisches Staatsrecht und Ürkundenwesen. I. 583
dieser Aktenstücke in zwei Gruppen zerlegt worden ; die erste
enthält Listen der Sieger an den grossen Dionysien, die auf der
Burg aufgestellt waren. ,Von den erhaltenen Aufzeichnungen
ist keine älter als das 4. Jahrhundert. Erst als die Blüthe der
dionysischen E'estfeiern der Vergangenheit angehörte, fühlte man
das Bedürfniss bleibende Denkmäler jener Agonen aufzurichten,
welche einst die lebhafteste Theilnahme von ganz Hellas begleitet
hatte. Daran dass die Aufstellung von Staatswegen erfolgt
sei, sehe ich keinen Grund zu zweifeln, wenn auch die Mög-
lichkeit zugegeben werden muss, dass ein reicher Privater
einmal auf seine Kosten einen solchen Stein aufstellen Hess'
(S. 111). Ganz anderer Art ist die andere Gruppe inschrift-
licher Denkmäler, , welche nach Jahren geordnete Listen der
im dionysischen Theater vorgekommenen dramatischen Auf-
führungen, mit griechischem Ausdruck also Didaskalieen ent-
hielten. Den bekannten Fundstellen nach zu schliessen waren
diese Denkmäler in dem Bezirk des Dionysos, zu welchem das
Theater gehörte, aufgestellt' (S. 112). Auf diesen Lischriften
nun finden sich die bezeichneten Abkürzungen, so wie zahl-
reiche andere mehr technischer Art, wie t.ckt, = zciTjTai, jtto =
'JTiCy.p'.r^^, •J'TTS = GxSXpi'vSTS, CaiUp'. = GXVJpr/M^ OcU r= 0£UT£pC;, Tp; =
TpiTo;, welche nicht minder wie die Notirung des Ausfalls dra-
matischer Aufführungen diese Steine als Reste des Theater-
archivs oder der Theaterchronik erscheinen lassen, deren Auf-
zeichnung der Vorstand des Tempelbezirkes mit einer von der
peinlichen Strenge und Sorgfalt, welche alle Staatsurkunden
auszeichnet, abweichenden Lässigkeit gemacht haben wird.
Ich kehre nach diesem Excurs zu den Inschriften zurück,
welche dazu Veranlassung gaben , indem ich wahrscheinlich
gemacht zu haben meine, dass die Abkürzungen auf der durch
das Fehlen des Rathsschreibers ausgezeichneten Inschrift 234
auf eine andere Hand als die seinige führen, dass ihre Auf-
zeichnung nicht durch ein Organ der Staatskanzlei erfolgte oder
controlirt wurde. Und dasselbe wird von der Inschi-ift 230 zu
gelten haben, welche uns überdies durch die ganz abweichende
Stellung des Schreibers in den Präscripten des zweiten Decretes
nicht minder als den muthmasslichen Abgang der Sanctionirungs-
formel (c) befremdete (hf/h" ief"). Auf derselben kommen aber
noch andere ludicien hinzu, die an dem privaten Charakter ihrer
Sitzungsber. d. plill.-bist. Cl. XC. IUI. HI. Ilft. 38
584
H;irtel.
Aufzeichnung keinen Zweifel übrig lassen. Auch sie ist mit einer
bildlichen Darstellung-, deren Herstellung- wohl weder in einem
andern Falle noch in diesem der Staat auf sich nahm, geschmückt,
von der Reste erhalten sind. Vor derselben müssen, wie Köhler
richtig sah, der Archon und die Prytanie des ersten Decretes
ihre Stelle gehabt haben. Das zweite, wie S. 572 gezeigt wurde,
einem andern Jahre angehörige Decret ermangelt aber der Dati-
rung gänzlich. Wie schwer dieser Defect wiegt, konnte die oben
(S. 566) gegebene Zusammenstellung zweiter Decrete mit ge-
kürzten Protokollen zeigen, welche, wenn nicht aus demselben
Jahre wie das erste Decret herrührend, den Archonten nicht
fahren lassen, wie ja das auch durchaus begreiflich ist. Endlich
ist zwischen das erste und zweite Decret eine Bestimmung mit
kleineren Lettern eingezwängt, welche sich auf die im ersten
Decret ausgesprochene Bürgerrechtsverleihung bezieht - -] v spa-
xpiixq Ycvecöat TrAp^Jv - -, von der Art wie 397 in den bezüglichen
Antrag selbst aufgenommen wurde, deren Sinn sich durch 115'',
Z. 20 -;pä'l)xabai oe autbv or,iJ.o'j 7.y.['. | o'jjXrjc '/.a\ tspxxpiocz, r,c av ßo6A-/;T[a t
wv ot vc[xo'. Xevo'jff'.v erschliesst. Augenscheinlich ist sie durch
Amendement hinzugekommen, für die Amendementsclausel aber
hat die Zeile unmöglich Platz, so dass man auch dadurch an
einen Flüchtigkeitsfehler und seine nachträgliche theilweise Ver-
besserung zu denken sich bemüssigt fühlt.
Ich bin weit entfernt den Rathsschreiber oder die unter
seiner Controle arbeit^enden Organe für unfehlbar und es für
unmöglich zu halten, dass nicht auch das eine oder andere
Mal ein defectes Protokoll aus ihrer Kanzlei hervorging. Aber
die Concurrenz von Defecten und Umständen, wie sie bei
Besprechung der bisherigen Inschriften sich ungesucht geltend
machten, enthält eine nicht geringe Beweiskraft. Und so möchte
ich auch nicht Bedenken tragen die Inschrift 237, wo neben
dem Schreiber die Sanctionirungsformel (c) fehlt^ in eine Kate-
gorie mit den anderen zu stellen.
Hingegen wird es allein von der durch die vorausgehende
Untersuchung gewonnenen Ueberzeugung abhangen, ob man die
Rathsschreiber oder die privaten Aufsteller dafür verantwortlich
machen will, wenn in drei Inschriften mit sonst vollständigen
Protokollen
300 und 319 {ad' hgiz" cf"), 343 (ad'hgiz"--)
Studien über attisches Staatsrecht und Urkundenwesen. I. 585
der Schreiber fehlt, zumal in der ersten ausdrücklich ver-
ordnet wird avÄYpa-j/ai es to$£ to 'W,5i(j|j.a tov -^py.ij.ij.xiix xbv /.a-ca
Trp'jxavsiav sv avr^sX, X'.6{v£'. y.al cr^ca-. ev a-ApozcXe;. Zu diesem Irr-
thum würde sich allerdings ein zweiter gesellen, wenn Köhler
in dem Summarium richtig \ri ßojAv^] 6 o-Tjixo; ergänzt hätte,
während, wie später nachgewiesen werden wird, es correct nur
6 o^fAc;, entsprechend dem Bo^e tw Sy;[jl(i) in dem Protokolle, heissen
durfte; doch ist die Ergänzung zweifelhaft und nicht durch die
Symmetrie der Anordnung gefordert. Vollständig bis auf b und
c ist auch das Ehrendecret des Philosophen Zeno bei Diogenes
L. VII 10 (ad' hfjie'f")'^ doch stammt die uns überlieferte
Abschrift aller Wahrscheinlichkeit nach aus dem Archiv, aus
dessen Akten die lückenlose Zusammenstellung eines Präscriptes
nur kundiger Hand glücken mochte. Was aber das bei Köhler
in folgender Weise hergestellte Protokoll der Inschrift 120 betrifi't
a d' h gctf
so trage ich Bedenken, in demselben einen gesicherten Beleg
für das Fehlen des Schreibers anzuerkennen, indem dieses For-
mular ohne Beispiel ist und namentlich czf für die Zeit der
Inschrift (Ol. 110, 1 == 340/39) Befremden erregt. Unmöglich
wäre es nicht aus den erhaltenen Buchstabenresten ein Formular
ad' cgh' z f" zu reconstruiren. Erinnert mag aber werden,
dass auch eine andere Inschrift dieses Jahres 117 eine ganz
singulare Form des Protokolles aufweist.
Am schwersten müsste aber derselbe Irrthum wiegen und
könnte unsere Ansicht über die Bedeutung der Ueberschrift
des Schreibers ernstlich erschüttern, wenn es nicht gelänge das
Fehlen des h in einer Vertragsurkunde
332 {ad hgW'cf")
aufzuklären, mit deren Aufschreibuns: und Aufstellung? an be-
sonders feierlichem Orte der Schreiber der Prytanie beauftragt
wird. Doch lässt die Beschaffenheit des Textes, so scheint es,
an der Zufälligkeit des Defectes keinen Zweifel. Hinter ad'
nämlich, die nicht etwa abgetrennt und mit grösseren Lettern
voranstehen, ist eine ganze Zeile bis auf neun Stellen frei-
gelassen, offenbar zur nachträglichen Aufnahme von h bestimmt.
Der kundige Steinschreiber mag in diesem Falle erkannt haben,
dass die ihm in die Hand gegebene Vorlage dieser Vervollständi-
gung bedurfte, um für legalisirt zu gelten, und Hess genügenden
38*
58G Iliirt.'l
Raum die Lücke auszufüllen. Mit diesen Erwägungen müssten
wir uns zufrieden geben, wenn uns die letzten Zeilen der In-
schrift, welche die Aufschreibung verordnen, nicht erhalten
wären, die also lauten Z. 42 ff. :
y.al avaYpa'i>a['. aü-cr^v xbv vpj-
a,a(JLaT£a tov /.aiä 7:p'JTavs(av iv sTr^Xr, yy.'/.7,[f^ y.ol'. cT^sat i]-
V ä/.pozcXc'. zapa ibv vso) r^? 'AOr^vä; tv-c no[Aaoo; • 6[j.öayA es]
[la] apysTa toT? -irpsaijss'. y.-rX.
Daraus geht unwiderleglich hervor, dass die uns erhaltene
Steinschrift mit dem von Staatswegen errichteten Denkmal
nichts zu thun hat; ja wenn man bemerkt, dass für die be-
schlossene, ungleich kostspieligere Publikation auf Erz keine
Gelder angewiesen werden, könnte sogar der Verdacht rege
werden, dass unsere Abschrift diese Bestimmung absichtlich
übergangen habe. Ich will mich nicht in Vermuthungen er-
schöpfen, wann, zu welchem Zwecke und von wem unser
Steindenkmal gestiftet wurde. Sicherlich erfolgte die Stiftung
nicht von Staatswegen. Sollte unter diesen Umständen das
Fehlen der legalisirenden Unterschrift noch zufällig sein und
nicht vielmehr aus gutem Grunde die Absicht des verständigen
Steinschreibers, wenn eine solche richtig vermuthet wurde,
unerfüllt geblieben sein?
Unter besonderen Umständen konnte die Legalisirung gar
nicht von demjenigen Schreiber, unter dessen Mitwirkung ein
Beschluss in der Ekklesie gefasst und im Archiv niedergelegt
worden war, ausgehen, wenn z. B. das Volk erst später, in
einem anderen Jahr die Aufzeichnung beschloss. Ein solcher
Fall liegt uns in
52^ 2 (acf)
aus Ol. 103, 1 = 368/7 vor. In dem unmittelbar vorhergehenden,
aus Ol. 102, 4 = 369/8 v. Chr. datirten und vollständig protokol-
lirten Beschluss (ad'h'ecf) war bestimmt worden Z. 20: ava-
^(py.'liy.>. ok 7.X'. xb 'WiV.ciJ.x ei; ty;v auTr;v Grr,\qv ö aTrEy.pivaTO 6 5-^;;.oc toT;
■TrpEsßsci ToT; M'jT'.A-/;va{o)v tou iuxt. 'kpoixa und zwar ward dies dem
Yp3!|j,;xaTEu; Triq ßcjAyj; dieses Jahi-es mit Namen Moschos auf-
getragen. Das zweite Decret ist diese Antwort und es ist unter
diesen Umständen genügend durch das Protokoll des ersten
beglaubigt und seine Präscripten enthalten alles Wesentliche
ac/, d. i. das Datum, die erfolgte Sanctionirung und den
Stiidieu über uttisches Staatsrecht und Urkuiideiiwcseu. 1. 587
üjheber des Autras>-s, ohne welclieii ein solclicr g-ar nicht gedacht
wei-den kann. Die Hiuzug-abe des Mza/o: KjcaOr,va'.£'j; i';py.[).'^).i-:vje
hätte ohne weitere Beifüg-img des voijähi-igen Sclireibers irre
führen müssen; die Beifügung dieses allein ohne de aber war
bei der Bedeutung-, welche man mit h damals zu verbinden
gewohnt war, ohne Missverständniss nicht möglich, da er selbst
ja mit der Ausfolgung und Aufschreibung dieser Urkunde gar
nichts zu thun hatte, sondern Moschos. Durch das gekürzte
Präscript wurde das zweite Decret so recht eigentlich als eine
Beilage des ersten, von dem es auch räumlich durch einige
Zeilen Spatium getrennt ist, hingestellt.
Auch im 5. Jahrhundert v. Chr. unterliess man es in einem
ähnlichen Falle lieber, den Schreiber zu nennen, unter dessen
Prytanie ein Beschluss zu Stande gekommen war, während ein
anderer die Aufschreibung besorgte. Denn kaum in anderer
Weise dürfte das Fehlen des Namens des Schreibers nebst
dem des Archonten in den Präscripten der Bundcsurkuude mit
(^halkis aus Perikleischer Zeit — Kumanudis setzt sie kurz nach
Ol. 83, 4 — CIA. I nr. 21" Supplem. p. 10 zu erklären sein.
Dasselbe ist, wie bereits Köhler bemerkte (Mittheilungon des
deutschen archäologischen Institutes in Athen I 187) und die
obige Zusammenstellung bestätigt hat, für jene Zeit beispiellos
und in einer Urkunde von solcher Bedeutung doppelt be-
fremdend. Seiner Vermuthung aber, dass der Name auf der
Leiste der verlorenen Reliefplatte gestanden habe, vermag ich
nicht beizustimmen. Das Präscript also lautet : Birsv -•?;[; liJcjXfj
y.y.\ -0) c-<;;/(j). W'/X'.oylc i[T.pu-] avcJs, Apav.[jv]Tto-/;; £7:3fJTaTii, \'.ö^;Yr,TOq
;(•::£ • | -/.y-'y. -yot [xjbv cpy.ov hiJ.iay.'. 'AOr,vai(.)v TjYjv ßo'JAY;v 7.ai to'j?
y:/.y.z-i.z -/.ta. Es folgt die Eidesformel der Athener und Chal-
kidier, welche bis Z. 39 reicht. Von Z. 40 — 69 folgt in
einem deutlich abgetrennten Absatz ein weiteres Decret, von
Antikles beantragt, welches sich auf die äusseren Modalitäten
der Eidesabnahme, einige andere athenisch-chalkidische Ange-
legenheiten und die Aufschreibung des Beschlusses bezieht,
— Z. 40 ff: AvTi'/.Ar^c si-s • avsO-^ tj/y] ty) 'AOy;vai(ov ■TTOisTsOa'. -cbv opy.ov
'AOr,va'!;'jr y.y.: XaXy.ioiac v.y.^y.'zzp 'KpcTptcDtJi itj^rjOtGaTO £ c-^[j.o;
; l\Or,va{(.}v. ztmi s' xv xix'/Kzxy. Yr;vr,Ta'., iz'.txsAdcOwv oi CTparr^Yoi /.tX.
Z. 57 Tb o£ <\-rff.Q\i.y. Tios y.x'. tiv 'ipy.z-^i avavpd'ia'. 'A6-/;vr,!Jt \ik't -rbv
vpaiJ-tj-aTSÄ T?;: '^^zSiSr^z iz-.r^nr^ '/jJi'.'rr, /S.'. 7.y.-'J)ivrj.<. Iz tSl'.'i /.-'/,.
588
Hartel.
Daran schliesst sich nach sechs Stellen freien Raum Z. 70 — 79
ein Amendement zu dem Antrag des Antikles : 'ÄpyicTpaxo; ske •
Ta ij.h (ZA/.a y.aOaTEp Ävc'.y.A-^c • xa; oe euOivac XaXy.tOcuat xaxa ccwv
auxoiv £?vat iv XaA/.iO'. xaftaTrsp 'A6'r^v/;civ 'AOr^vatcr 7:/>y;v ou^riq '*-<^'-
6avaxo'j y.al ax'.jj.ia;. r.z^i ce xouxcov £<pcctv sTva-. 'AOYjva'Ce sc r/)v rikiixlm
xy;v TÖiv Oeqj.oOcXwv y.axa xb 'i/v^cp'.cij.a xoij ot^jj-o-j.
Das Amendement handelt von der Gerichtsbarkeit, von
der aber in dem uns erhaltenen Antrag- des Antikles keine Rede
ist. Davon muss aber nach der Fassung des Amendements und
der Analogie zahlreicher anderer Zusatzanträge, welche später
zusammengestellt werden sollen, nothwendig vorher die Rede
gewesen sein. Aus der Verweisung auf das '}y-5'.s|j,x xij ov-[xoj hat
bereits Kumanudis auf den Verlust eines Decretes geschlossen.
,Das angezogene Psephisma' sagt Köhler S. 193 ,muss sich auf
den vorliegenden Fall bezogen haben, da sonst eine nähere
Bestimmung nach Zeit oder Inhalt nicht fehlen könnte. Danach
war also den uns vorliegenden Beschlüssen ein anderer Volks-
beschluss über die Friedensbedingungen vorausgegangen,
wie dies auch bereits Professor Kumanudis mit sicherem Tacte
aus der Fassung der Inschrift geschlossen hat.^ Auch Kirchhoff
pflichtet bei Stcpplem. p. 11. In ähnlicher Weise bezieht sich
das Amendement in CIA. II nr. 331 mit den Worten y.xxä xb
Tipsxcpov '^•q<i'.aij.a auf den vorausgehenden Hauptantrag. Daraus
aber und aus der Fassung der ersten Zeile des Amendements
geht weiter hervor, dass auch dieser verlorene Antrag Antikles
zum Urheber hatte, und dass darin die Competenz der athe-
nischen Gerichte normirt worden war. Wenn man dies festhält,
ist die Beziehung der Präscripten und ihre mangelhafte Be-
schaffenheit leicht zu begreifen.
Köhler trennt die Verhandlungen über die Friedensbedin-
gungen, deren Resultat jener verlorene Antrag war, von der
Verhandlung über die Eidesformel, um die sich die erhaltenen
Beschlüsse drehen, eine Trennung, die sich auch sonst nach-
weisen lässt. Nach den ausgeschriebenen Worten fährt er fort:
,Die Feststellung der Eidesformeln war ein Geschäft für sich,
was nicht ausschliesst, dass bei dieser Gelegenheit, vielleicht auf
Betrieb der chalkidischen Unterhändler, über einige Friedens-
bedingungen nachträgliche Declarationen zur Sicherstellung der
Rechte der Chalkidier abgegeben \vurden\ Nicht anders äussert
Studien über attisches Staatfirecht und Uikiiudenweseu. I. 589
sich Kirchhoif a. a. O. : In liia (praeficriptisj nun tavi archontis
quam scrihae nomen untissinn ojf'ensioui est. Suspicari igitur licet
cum Kumanude, alt er um illud decretum prius factum, cuius
vs. 76 mentio inicitur, in alia tabula seorsum exaratum nostraeque
a sinistra adpositnm olim fxiisse; quod decretum, quum eadem
Antiochidis jyri/tania sed alio die factum esset scribaeque nomen
haberet praescriptum, non erat cur in alterius decreti poste-
rioris praescriptis id nomen repeteretur necessario, erat cur
episfafae nomen diserte commemoraretur, quo dies scilicet sifpii-
ficaretur a prior is decreti die diver sus. Ich habe mich nicht von
der Richtig-keit dieser Vermuthiing überzeugen können: zwar will
ich nicht gegen die aufgestellte Beziehung der Präscripteu an-
führen, dass ja, wenn die des verlorenen üecretes bis auf den
durch den Präsidenten bezeichneten Versammlungstag mit den
des erhaltenen identisch waren, dann auch die Wiederholung von
d ('AvT'.o/l; £7:pjTavcUc) unterbleiben konnte; denn w^as mtigHch
war und wofür früher Belege gegeben wurden, war nicht auch
in allen Fällen nothwendig und wir werden auch das weniger
wahrscheinliche nicht ablehnen, wenn andere Umstände dafür
sprechen. Aber es muss Befremden erregen, dass die Eidesformel
nicht von Antikles, sondern von Diognetos beantragt wird,
und doch bezeichnet sich Antikles deutlich genug in Z. 40 — 42
als jenen, der diese Eidesformel in Antrag gebracht und er
bezeichnet weiter seinen Antrag und die Eidesformel als ein
untrennbares Ganze: xb oe 'Vrff.z[}.y. -zZz y.al xbv opy.ov avav?«'^^'-
"AÖr/zr,!'. ;/£v xbv '[Z'j.\).\}.7.-iv. ir^t .jO'jX"^; ; denn ich kann Tbv Spy.cv in
diesen Worten nur von Z. 1 — -o9 der Inschrift, nicht aber von
dem grösser geschriebenen llOPKO- am Schluss derselben ver-
stehen, so bestechend auf den ersten Blick KirchhofF's Deutung
dieses Wortes erscheint: denique quod in vacua lapidis parte
his siibicitur grandioribtis litteris exaratum vocabidum cpxo?, iuris-
iurandi id formulae loco est, quae una cum decreto lapidi ut in-
cideretur supra vs. ö7 seq. praeceptum est. Nur wer mit attischem
Brauch unbekannt ist, könnte sich daran stossen, dass eine
solche Kleinigkeit wie die Aufschrift durch Volksbeschluss aus-
drücklich geregelt würde.
Antikles hat sich an der betreffenden Stelle etwas kurz,
aber ganz wie der Antragsteller CIA. I nr. 20 Z. 11 xvxYpa-ya'.
ce -rb 'VffO<.z\j.'j. xizi y.y.'. tcv bp/.sv, 61" Z. 27 ava^pa-^av-ar -.z'jz ~i
590 Hartel.
cpy.ojc 7.yX ikq cjkvOv/.x; und CIA. II nr. 17'' Z. 15 ava^pa-ia-. scty^ay;
A'.Oiv/) /.al cr^^a'. V\Ör,v/;c'. !/3v vt axcsTriXci, iv o£ \aA-/.'3'. sv to) Ispo)
ty;; l\0-^va(a; -rbv cpy.ov y.at läc cjv6r,y.a; (vgl. AOr/V. V51G Z. 17), aus-
g-edrückt; er hätte sagen können: ib oe 'y/;c;'.7|j.o! xios avavpä'^a-. y.al
-bv cpy.ov cv 'Epcxp'.cDG'. e'J;-/;9'c-aT0 o cy;;/o; c 'AOr^va-wv, wie er es einige
Zeilen vorher gethan TroicTsOa-. -rbv cpy.ov 'AOY;vaiou; y.al Xa/atosac y.a-
iiir.z^ 'EpöTp'.sus: £(};-/;s((jaTO o oy;[xo; 6 l\0-/;va{ojv. Mit einem
Worte, der Z. 2—39 aufgeschriebene Eid ist der Eretrier-Eid,
welchen nicht Antikles, sondern Diognetos concipirt und Antikles
nur bis auf die Einsetzung der Chalkidier an Stelle der Eretrier
unverändert zu wiederholen und auf dieseStele zu setzen beantragt
hatte, und die in Zeile 1 und 2 erhaltenen Präscripte beziehen sich
demnach nicht auf das Psephisma des Antikles, sondern auf
das von Diognetos herrührende, welches vor Monaten zu Stande
gekommen sein konnte. Was also auf unserer Inschrift voraus-
ging- und für uns verloren ist, war ein Theil des Antikleischen
Antrages, in Avelchem auch die Bestimmungen über das Gerichts-
wesen ihre Stelle hatten und in welchem zum Schluss beantragt
wurde, dass die für die Eretrier, welche kurz vorher und unter
gleichen Bedingungen sich Athen unterworfen hatten , fertig
gestellte Eidesformel in Anwendung zu kommen habe. Anstatt
nun diese als Beilage des Antrages zu behandeln und wie dies
sonst geschehen mochte, am Schluss des Ganzen anzufügen,
z. B. CIA. II 52° mit dem ein Jahr früher beschlossenen Pse-
phisma, einverleibte er sie bis auf den Schreiber mit allen
wesentlichen Theilen ihres Protokolles versehen (cdef) seinem
Antrage selbst, und wer die Aufschreibung besorgte, bezeichnete
dies deutlich genug durch den sonst ganz ungewöhnlichen zwei-
zeiligen freien Raum nach der Eidesformel und Antikles selber
durch die W^orte, mit denen er seinen eigenen Antrag wieder
aufnimmt und fortsetzt Z. 40: 'Avcr/.X-^; £•.•;:£• aYaÖr; tj/y; tyj tojv
AOr,va{ojv, -jroie'icrOat xbv cpy.ov A6r;vaic'j; y.al Xa/a'.oea^ ■/.y.iyir^z^ 'Eps-
Tp'.suat hhrff.zaxo b cri\ioc, b 'AO-r;vauov otmc, o' av xiyKcxy. Yr/vr^xat, £•::'.-
[j,£AC(70(ov ot c-par^7c(- o v.vtc ot ecopy.wtjcjc: y.x'h. Denn wer so spricht,
kann nur seinen eigenen Antrag aufnehmen und zu Ende bringen.
An eine Vertheilung auf zwei Antragsteller ist, ganz abgesehen
von den früheren Gründen, schon deshalb nicht zu denken,
weil dann der erhaltene zweite Theil in die Form eines
Amendements gekleidet sein müsste und es ihm nicht wohl
Studien ülier attisches Staatsrecht und Urkuiuienwescn. 1. 591
zukäme, für die Aufzeichnung- des Gunzeu Vorsorge zu trefFen.
Bis auf den Gebrauch des Präsens vergleichbar ist Alkibiadcs'
Antrag- 61^ Z. 26 ff.
Wenn die Beziehungen dieser Beschlüsse richtig erkannt
sind, so folgt daraus, dass das Felden des Schreibers nicht
zufällig, sondern begründet ist, und unsere Anschauung von der
Bedeutung des Bestandtheiles h in den Präscripten wird nur
bestätigt. Er ist nur auf jenen Decreten unerlässlich, in welchen
ihm oder seinem Collegen der Auftrag der Aufzeichnung und
Aufstellung- ertheilt wird, und beglaubigt die Richtigkeit der
Wiedergabe eines Beschlusses. Die Legalität desselben ist
durch cdef, ja selbst durch cf, wie CIA. II nr. 52'', 2 lehrte,
genügend bezeugt. In unserem Falle konnte dies nicht der
Schreiber der prytanirenden Phyle Antiochis thun, sondern nur
derjenige, w^elchem das avavpa'i/xt des Antikleischen Psephisma
übertragen wurde, wahrscheinlich jener der unmittelbar folgenden
oder einer späteren. Der Namen des Schreibers verbürgt also
einerseits die von der competenten Körperschaft ausgegangene
Verfügung der ofliciellen Aufzeichnung und Aufstellung ihres
I^eschlusses, so wie die correcte Ausführung dieser Anordnung,
für welche er die Verantwortung zu tragen hatte. Käme ihm
nicht diese schwerwiegende Bedeutung allein oder in erster
Linie zu, sondern hätte er die Aufgabe gehabt zu datiren, welche
neben dem Archontenuamen und neben der Bezeichnung der
Prytanie von ihm nur überflüssig oder schlechter erfüllt werden
konnte, dann müsste man staunen, dass er auf den öffentlichen
Urkunden eben so regelmässig erscheint, wie er auf privaten
fast regelmässig fehlt.
Wenn dem aber so ist, dann wird man vielleicht fragen,
weshalb der Schreiber in dem neuen Formular jene Stelle, die
er im alten cdbef besass, nicht behauptete. Wenn sich dieser
Zweifel auch erst durch eine genaue Untersuchung der Func-
tionen des Secretariats in der Zeit vor und nach Euklid voll-
ständig beheben Hesse, welche sich nicht so nebenbei abtliun
lässt, so wird doch ein genügender Grund für die betreffende
Veränderung aus der Erkenntniss des verschiedenen Priiicipes
in der Anordnung der Bestandtheile des älteren und jüngeren
Formulars gewonnen werden können. Im älteren Formular sind
die Bestandtheile nach einem meritorischen, im jüngeren nach
592 Haitel.
einem archivalischen Gesichtspunkt geordnet : dort folgen die
Factoren welche zur Perfectionirung eines Beschlusses mitgewirkt
haben, nach dem Grade ihrer Competenz und Betheiligung an
der Arbeit. Vorangeht wie billig Rath und Volk 'doo^i xfi ßouX-?]
y.ai T(T) or([j.(;), die Träger der höchsten Gewalt. Es folgt die pryta-
nirende Phyle, welche die Vorarbeiten und Verhandlungen,
die jede Massregel erheischte, bevor sie vor den Demos kam,
ausführte und leitete; Hand und Kopf derselben war mehr als
der täglich wechselnde Epistates ihr bleibender Schreiber,
dessen Functionsdauer man sicherlich um der Continuität der
Geschäftsführung und der dadurch gegebenen Vortheile willen
später sogar zu einer jährigen machte. Die Formulirung, Proto-
kollirung der Anträge, die Aufbewahrung und öffentliche Auf-
zeichnung der Beschlüsse war sein besonderes Geschäft, das
ihm für das einzelne Decret eine grössere Bedeutung verleiht
als dem ephemeren Leiter der Debatte und Abstimmung zu-
kommt. Auf diese festen Elemente cdb folgen die fluctuiren-
deu, der Präsident, welcher den unfertigen Beschluss vor
die Ekklesie brachte, die Debatte leitete, die Abstimmung
vornahm und endlich der von dem Antrag untrennbare Antrag-
steller.
Von diesem Gesichtspunkt betrachtet, erscheinen die
Bestandtheile des jüngeren Formulars bunt durcheinander
gewürfelt, aber sie ordnen sich einfach und folgerichtig anein-
ander, sobald wir in ihnen die Etiketten der Haupt- und
Unterabtheilungen des Archivs und der in ihm niedergelegten
Schriftstücke erkennen. Die Akten eines Archontenjahres
waren also nach der Aufeinanderfolge der prytanirenden Phylen
geordnet. Wie a und d die Zeit, so fixirten sie den Ort eines
Beschlusses. Mit d verband sich nothwendig b, so lange der
Schreiber mit jeder Phyle wechselte und demnach die Unter-
schriften der zehn Fächer d^b\ d'^b'^, d'^b'^, d^b^ usw. sein
mussten, behielt aber diesen einmal eingenommenen Platz, nach-
dem er die Schreibergeschäfte durch alle Prytanien des Jahres
besorgte, wenn auch nicht in den Fachüberschriften, so wenig-
stens in den Präscripten. Im Archiv mochte die einmalige
Nennung im Jahresanfang genügen und daraus dürfte es sich
erklären, dass Abschriften einzelner Beschlüsse zum Zwecke
privater Aufschreibung die Bezeichnung des Schreibers häufig
Studien über attisches Staatsrecht und Urkuiidenwesen. I. 593
vermissen lassen. Inneihalb der Phylcnfächer gab es wohl
mehrere Unterabtheiluugen , von denen wir zwei durch ihre
Ueberschriften kennen ; ßouX-^q 'lr,oiQ'i).x-x war die Ueberschrift
der einen, qt,ij.o\) ''hrff.r:\).-).\y. die der anderen. Innerhalb dieser
Unterabtheilung-en war die Folge der Akten eine streng chro-
nologische. Daher denn jedes Aktenstück eine specielle Signatur
erhielt. Die Aktenstücke der beiden uns bekannten Unter-
abtheilungen waren fortlaufende Protokolle der Raths- und
Volksversammlungen, an welche sich auf die Anträge bezüg-
liche Beilagen anschliessen konnten, und so bestand demnach
die Signatur eines jeden aus Monatstag (Ä) und wo dies er-
forderlich schien, Tag der Frytanie {ß), Art der Versammlung
und Versammlungslocal («'), sowie dem Präsidenten und seinen
Collegen, seitdem es !7U!j.-pssop;'. gab, woher denn auch genauer
abgefasste Aktenauszüge — 230, 2. 236. 244. 245. 252\ 336.
343. 371. 'AÖr^vaccv VI 271 — selbst das Verzeichniss der cufj.-
r.^bto^oi entnommen haben. Ueblich war das durchaus nicht
und wir dürfen, so lange uns nicht eine vollständig erhaltene
Inschrift mit dem Verzeichniss im Protokoll eines besseren be-
lehrt, vermuthen, dass die Präscripten mit diesem genauen bis
auf die Namen der Symproedren sich erstreckenden Aktenaus-
zuge nicht officiellen Ursprunges sind, sondern dass wir sie dem
um die kanzlistische Praxis des Secretariats wenig bekümmerten
oder wenig wissenden Privatfleiss zu verdanken haben, wie ein
Aktenauszug solcher Art, welcher dem von Kumanudis im 'AOr,-
va-.ov VI 271 publicirten Decrete zu Grunde liegt, und ein an-
derer von gleich simpler Genauigkeit, welchen sich der wackere
Eukles, um dem Hpw; larpi; durch eine Aufschrift seine Ver-
ehrung zu bezeugen, anfertigen Hess, sogar den Plural der Fach-
überschrift o-^[j.cj 'i/r,cpi!:[j,aTa recipirten, obwohl nur ein Psephisma
den Akten entnommen wurde (vgl. nr. 403 und was an späterer
Stelle über diese Inschrift gesagt werden wird). Wenigstens
ist es sehr compromittirend, dass mehrere Inschriften mit dem
Namensverzeichniss der suix-pösopoi als nicht ofticiell erkannt
wurden, so 230, 2. 343. AOy;va'.ov VI 271, worüber wir eben aus-
führlich gehandelt. Auch 236 und 371 sind dessen verdächtig,
indem ihren Protokollen ein so wichtiger Bestandtheil wie die
Sanctionirungsformel (c) mangelt. Indessen ist es gerathener
ein definitives Urtheil über die Beschaffenheit der mit Sym-
594 IIu,itel.
proedren -Verzeichnissen versehenen Protokolle aufzusparen, bis
eine neue vollständig- erhaltene Inschrift dieser Ai-t vielleicht
besseren Aufschluss bring-t. Jedenfalls stammen diese Ver-
zeichnisse aus den Sitzungsprotokollen der einzelnen Versamm-
lungen, in welchen weiter nach der Reihenfolge der Verhand-
lung und Abstimmung die einzelnen Anträge eingetragen waren.
(Ueber die Einrichtung des Archivs vgl. Böckli Kl. SchriftcM
IV 293 ff., C. Curtius jDa.s- iMetroon S. 23 Anm. 164.)
Woher aber stammte c, die Sanctionirungsformel? Diese
Frage könnte als eine müssige erscheinen, indem ja das Ab-
stimmungsresidtat wenn etwas bemerkt sein musste. Aber die
Sanctionirungsformel besagt nicht die blosse Annahme, sondern
enthält genauere, die Natur der Beschlüsse charakterisirende
Merkmale, welche kaum ohne weiteres aus den Protokollen, nicht
ohne Kenntniss der staatsrechtlichen Verhältnisse in jedem
Falle leicht und sicher zu gewinnen war. Sie hat nämlich in
den nacheuklidischen Decreten nicht mehr eine und dieselbe
Form £oo;£ ifi ßcuAr^ y.al tw o-^[j.<o, wie auf den Urkunden des
5. Jahrhunderts, sondern sie tritt uns in dreifacher Form
entgegen. Das ist eine ihrer wichtigsten und instructivsten
Eigenthümlichkeiten, welche die eingehendste Untersuchung-
verdient.
Bevor wu* aber daran gehen, die drei verschiedenen Cha-
rakteristiken zu erörtern und ihre consequente Anwendung zu
erweisen, wird es angezeigt sein, jene Präscripten zusammen-
zustellen, in welchen dieser wichtige Bestaudtheil fehlt, indem
dadurch zahlreiche Umstände und Veranlassungen für die
unrichtige Anwendung seiner streng geschiedenen Formen
werden erkannt werden können. Die in Betracht kommenden
Inschriften sind:
51. Ö2\ 105. HO. 114. 120. 124. 125. 127. 179. 183. 193.
222. 230, 2. 234. 236. 237. 238^ 249. 249^ 280\ 329, 2.
345". 371. 401. 432. 440. 481, 1. 482, 1. :\fJY^va:ov VI
S. 152. S. 271. 8. 386. Zeno's Ehrendecret bei Diogenes
L. VII 10.
Unter diesen 33 Inschriften erscheinen sieben bereits in ihrer
Qualität privater Aufzeichnungen nachgewiesen, nämlich 230.
234. 237. 249. 401. 481. 482, indcni ihre Präscripten des
Schreibers entbehren, dessen Namen die ofiicielle Aufschreibung
Studien ülier attisches Staatsrecht und ürliundenwesen. I. 595
zwar niclit in allen Fällen verbürgt, aber wo er fehlt mit
grösster Wahrscheinlichkeit ausschliesst. Dass die das Ehren-
decret der Söhne Leukons enthaltende Inschrift 'AOy;v. VI 152
nicht das athenische Staatsexemplar ist, wird später nach-
gewiesen werden. Bei 2oG. 371, 'AOr^vatov VI S. 271, welche
Verzeichnisse der c7U[j.7:pc£cpo'. haben, ist das Gleiche, wenn
auch nicht mit voller Sicherheit, zu vermuthen. In einigen
anderen ist c zufällig übergangen oder nach den erhaltenen
Buchstabenresten der Präscripte noch herstellbar. So vermissen
wir nr. 51 {ad'h"tf) hinter s den Bestandtheil c, aber hinter
dem Demotikon des Vorsitzenden, wenn es sechs Stellen ein-
nahm, waren in derselben fünfton Zeile noch 25 freigelassen
worden, die für das vermisste Bo^sv -?) ßcuAvi xal tw otjij.o) gerade
genügten. Wenn ich Köhler's Worte richtig verstehe, dass der
Stein Z. 5 nur zu Anfang, wo das Demotikon stand, zerstört
sei (Mittheilungen des deutschen arch. Inst, in Athen I lo.,),
wird anzunehmen sein, dass hier der Steinschreiber freien Raum
gelassen hatte, um den Bestandtheil c, den seine Vorlage zufällig
nicht haben mochte, den er aber für unerlässlich hielt, später
nachzutragen. Nach dem Wortlaut des Decretes konnte er
schwanken, ob Bo;; xy] ßouXf, oder ty] ßouXY] y.al xw ov^(j.(o zu setzen
sei. Die gleiche Erscheinung zeigt die Inschrift im 'Aör^vatov VI
386, und wir haben einen analogen Fall mit h auf der Inschrift
332 kurz vorher zu beobachten Gelegenheit gehabt (S. 585).
Auch in 249*^ und 345'' erscheint, wie der Text uns vorliegt,
allerdings keine Spur von c. aber aus der Abbildung ist ersicht-
lich, dass zwischen Z. 5 und G eine ganze Linie frei geblieben
und darauf auch aller Wahrscheinlichkeit nach Izozvi iw cr,[j,(i)
eingegraben war. Nicht selten eben steht in Inschriften dieser
Bestandtheil auf einer Zeile für sich mit freiem Raum vorne und
hinten (308. 330. 334. 403. 420, 1. 2. 431, 1. 2. 4G0. 475; vgl.
Böckh Chronol. epigr. Sfud. S. 34), wie ich überzeugt bin, nicht
um ihn vor den anderen Stücken des Protokolles auszuzeichnen
und hervorzuheben, sondern weil der dem Steinschreiber in
die Hand gegebene Aktenauszug, den oft ein untergeordneter
Kairzlist angefertigt haben mag, ihn hie und da, indem er nicht
ohne nähere Einsicht in die Verhandlung leicht festzustellen war,
vielleicht auch, weil er sich aus dem Wortlaut des Decretes von
selbst zu ergeben schien, übergangen hatte. Den erfahreneren
596 Ilartel.
Steinmetz führte ja ein mechanisches Abzählen der Stücke leicht
auf den Defect, der Wortlaut der Decrete ebenso oft auf die
richtige, wie auf die falsche Ergänzung. Ein sicheres Zeugniss
für die nachträgliche Verbesserung der Formel soo^s tw OTtiJ.M
in ioo;£ r?; ßojX-?; v.al t(o or,'^.(<^ hat die Besprechung .der Inschrift
62 oben (S. 580) ergeben.
Auf nr. 183 {ad' h" hgit f") ist es möglich, an Stelle von
ief am Schluss des Präscriptes czf herzustellen und zwar c
in der Form loo^s tw Sy'/Ixw, die mit Rücksicht auf den Wort-
laut des Beschlusses allein richtig ist, wie sich später zeigen
wird; denn das jetzt ergänzte iy,yXr,GioL y.upiy. hat die gleiche
Stellenzahl wie ioo^e tw or,\j.u), und selbst eine kleine Unregel-
mässigkeit der 33stelligen Zeile, wie sie durch Bo;£v hervor-
gerufen würde, wäre nicht unzulässig, ja auch diese noch durch
die eine Stelle cedirende Schreibung •irpuTxveac vermeidbar (vgl.
TTputavia? 186). Ferner stammt die Inschrift höchst wahrscheinlich
aus Ol. 112, 1 = 332/1, also aus einer Zeit, wo man erst den
Bestandtheil i (i7.vX-ridoi., iyyXrflia xupia) den Protokollen einzu-
fügen begann, daher derselbe noch nicht regelmässig erscheint,
wie er z. B. nr. 174, 2 aus Ol. 112, 1, nr. 176 und 178 aus
Ol. 112, 3 und 4 vermisst wird. Bedenklich aber bleibt die
Abfolge czf an Stelle der regelmässigen sc/; denn wohl haben
wir oben mehre Belege für ce/, aber auch nicht einen sicheren
für czf aufbringen können (vgl, S. 585).
In 222 gestatten die Raumverhältnisse das defecte Proto-
koll {--V'-g-z" -f") mit allen ßestandtheilen zu restituiren
ad' h" hgiz" cf", obwohl sich aus den wenigen Trümmern des
Decretes nicht mit Sicherheit bestimmen lässt, ob zooze tw or,[j.{o
oder £00^2 tyj ßouX-f] 7.al tw o-/j[7,w ursprünglich geschrieben war.
Der Umstand, dass keine Spur auf die probuleumatische Formel
führt, über die gleich ausführlich zu handeln sein wird, macht
mir die erste Form sehr wahrscheinlich. — Sicher hingegen
ist 432 £oo^£v TW or,[i.a) vor f" einzustellen.
Anders liegt die Sache bei 329, 2 (d'f"), wo wir es mit
einem Rathspsephisma zu thun haben. Hier gilt die durch zahl-
reiche andere auf einem Stein vereinigte Psephismen dieser Art
zu bestätigende Beobachtung, dass man sich in solchen Fällen
die ausführliche Form des Protokolls gern eiliess, die man bei
einem für sich bestehenden Decret nicht vernachlässigen durfte,
Studien über attisches Staatsrecht und Urkundenwesen. I. 597
weil die Bedeutung des einzelnen Decretes nicht wie die der
vereinigten durch das Ensemble oder den Aufstellungsort und
eine gemeinsame Aufschrift ohne weiteres klar war. So erklärt
es sich, dass die ausführlichen Rathspsephismen auf dem Weih-
geschenk des Rathes nr. 114 aus Ol. 109, 2 = 343/2 von den
Bestandtheilen des Präscriptes nur / haben. Und mit blossem
/ begnügen sich die zweiten und folgenden Decrete der grossen
allerdings nicht ofticiellen Ephebeu-Inschriften, die S. 566 zu-
sammengestellt sind. Die Rathspsephismen 481, 2. 3. 482, 3 und
487 haben nicht einmal /,
Ein Rathspsephisma ist a,\ich A40 (ad' b" kg Jiit" f"). Dass
aber Bo^e t^ ßouXr] vermisst wird, darf deshalb weniger befrem-
den, weil die Gattung des Beschlusses schon Z. 3 durch ä; =
ßo'jAv;; '>r;c'.c;j.a, wie in 481, 1 {cikhif"), genügend charakterisirt
erschien, und aus einem gleichen Grunde erklärt sich das Fehlen
von Bc;s tw or,i^.w in 124. 127 und vermuthlich 179; denn in
den beiden ersten Fällen folgt wie 234 unmittelbar auf / im
Eingang des Antrags öcYaOr, rj/r; tfj twv 'AGr^vaiwv csos/Oai xw
C7^|j.(o, 179 aber weisen die Buchstabenreste 'hrizi an gleicher
Stelle auf e-i-rj^icjöa-. ■zf^ ßsyAr,. Es ist übrigens ein merkwürdiger
Zufall, dass Demades der Antragsteller von 124 und 127 ist und
dass sich noch ein drittes Mal ein Psephisma dieses Redners 193,
dasselbe, in welchem früher (S. 581) eine jener in den Präscripten
sehr verdächtigen Abkürzungen des Demotikons constatirt wurde,
durch den gleichen Defect auszeichnet; doch vorschnell daraus
etwas zu folgern, können die andern Anträge desselben 174,
178 und l\ör,v. VI 158 abhalten. Mehr verdient ein anderer
Mangel an 124 hervorgehoben zu werden, der auch 127 zu-
treffen dürfte; 124 nämlich entbehrt der auf Proxenie-Decreten
öffentlicher Aufstellung unentbehrlichen Aufschrift r^^oivtis. toü
otiuzz oder toj livioz -rrpocevoj, über welche an einer späteren
Stelle eingehender zu handeln sein wird. Wir werden auch
sehen, dass die Aufstellung solcher Decrete den Betreffenden
häufig überlassen blieb oder von ihnen gerne eine weitere Ab-
schrift angefertigt wurde. So ist auch 237 vermuthlich ein Pro-
xenie-Decret, das durch das Fehlen von h und c seinen nicht
officiellen Ursprung verbürgt. 280'' fiel c vielleicht einer Spielerei
zum Opfer, indem die Präscripten in den Giebel des Steines,
wie auch theilweise auf 279, welche Inschrift aus derselben
598 Hartcl.
Zeit herrührt, zusammengedrängt sind; indessen ist es durchaus
nicht sicher, dass c Ivier wirklich gefehlt habe.
Es bleiben somit 52'\ 105. 110. Mr,v7.'.ow VI 152. 125.
183, 1. 2? 19o. 238'' übrig, wo das Fehlen von c unaufgeklärt
bleibt. Aber es ist zu erwägen, dass im Eingang des einen
und anderen dieser Decrete osodyOai {i'lr,dz()y.'.) tv^ ßojA-i} oder o£-
oiyßy.'. T<p cy;;j.(.) nicht gefehlt haben wird und dass der Akten-
auszug die in solchem Falle selbstverständliche Ergänzung
unterlassen oder auch dem Steinschreiber überlassen haben kann,
welcher die Lücke übersah, wie er sie in anderen später nach-
zuweisenden Fällen falsch ergänzte. In den vier ersten Fällen,
welche das Schema adhef und in einzelnen Bestandtheilen
noch den älteren Stil des Formulars cdhef n\Q\\v weniger genau
darstellen, weiss ich nicht, ob nicht nach dem Muster von 14''
{ah" -\- cadbef) eigentlich cadhef beabsichtigt war; auf dem
Ehreudecret der Sühne Leukons ist zwischen der Aufschrift
und den Präscripten leerer Raum in der Breite von etwa acht
Zeilen, wo c nebst den Kränzen Platz hatte. Uebrigens zeigt
ein in derselben Ekklesie perfect gewordenes Volksdecret 109
das Formular acdb" e'f" und 110 stammt aus demselben Jahi-.
Drei davon beziehen sich auf Verträge, wie auch 14''. In 105
kann die ungewöhuliche Einfügung eines Verzeichnisses von
Gresandteu zwischen a und d zum Ausfall von c beigetragen
haben. Auf 110 wäre auch die Herstellung eines Formulars
n -\- cdbef nicht unmöglich. Doch wir eilen zum Schluss dieser
Untersuchung.
Unter den sechs Bestandtheilen, welche schon die ältesten
Inschriften vollzählig aufweisen, scheint c, wodurch die Sanctio-
nirung eines Beschlusses von Seiten der verfassungsmässigen
Gewalten bezeugt wird, einer der wichtigsten. Gleichwohl fehlt
er häufiger als ein anderer derselben, ohne dass dieser Mangel
durchw^eg völlig überzeugend entschuldigt oder erklärt werden
kann, selbst wenn man alle meine Zweifel an der Verlässlich-
keit der Restitution der in diesem Punkte defecten Protokolle
theilen sollte, was ich kaum erwarten darf. Dass er gerade
nicht selten in solchen vermisst wird, welche durch den Abgang
von h privaten UrsjDrung verrathen, verdient alle Beachtung,
nicht mindere, dass einige Mal der Steinschreiber freien Raum
für seine nachträgliche Einfügung gelassen zu haben scheint.
Studien über attisches Staatsrecht und ürkundenwesen. I. 599
Beides weist darauf hin, dass c aus den Akten nicht so leicht
wie die anderen Bestandtheile zu gewinnen war. Eine Bestä-
tigung dafür Hegt auch in dem Ehrendecret des Philosophen
Zeno bei Diogenes L. VII 10, welches wie oben vermuthet
worden ist, den Akten des Metroou entnommen wurde. Auch
sein Protokoll lässt ausser h die Sanctionirungsformel vermissen.
Jedenfalls werden wir, durch diese Erfahrungen gewarnt
und aufmerksam gemacht, auf vereinzelte Trrthümer in der
Anwendung der Formen von c gefasst sein müssen, aber durch
sie uns nicht abschrecken lassen, die strenge Regel zu suchen,
welche ihre Anwendung bestimmt. Ein TIeberblick über das
gesammte Urkundenmaterial verspricht ja, wenn anders feste
Normen zu Grunde liegen, die Fehler zufälligen Irrens leicht
und sicher zu eliminiren.
Bisher hat man unter den Decreten nur Raths- und Volks-
decrete unterschieden. Die drei Formen von c führen auf eine
dritte dazwischen liegende Gattung. Wir können dieselben
danach in drei Arten theilen, in Raths-Psephismen, pro-
buleumatische Decrete, wie ich diese mit Verwerthung
eines in den demosthenischen Studien II S. 416 [54] erklärten
terminus technicus nennen möchte, und Volksdecrete. Das
charakteristische Merkmal der ersten ist c in der Form Bo^e
TT, ßouXf^, das der zweiten c in der Form llo%t xf, ßo-jAf, xa». -rw
B7;p.(i), das der dritten c in der Form i'ooSs t<o li•^\l.^^}. Einen
theilweisen Ersatz für die mit den Anfängen der Inschriften
so häutig vernichteten Protokolle und die damit verlorenen
Charakteristiken der Beschlüsse können uns einigermassen die
am Eingange der Anträge oder auf die Motivirungen folgenden
Formeln zizöyßx'. xf, ßo/Af, oder ~m s-/;;j.w, noch besser aber jene
kurzen den Decreten in der Regel nachgestellten Auszüge oder
Summarien bieten, in welchen derjenige, welcher den Beschluss
gefasst hat und für welchen er gefasst wurde, kurz bezeichnet
werden. Dem Bo;£ if, ßouXf^ in den Präscripten und dem damit
gleichwerthigen osoi/Oa-. t^ ßouAY] vor dem unmittelbar folgen-
den Antrag entspricht, wo beides erhalten ist, regelmässig r, ßojXi^
in'den Sun)inarien ; dem Bo;c tw S-/^[ji.w, das von äeSdyÖa'. tüj St^hw
Sitznngsber. d, phil.-hist. Cl. XC. Bd. HI. Htt. • ^'J
600 Hartel.
begleitet zu sein pflegt, 6 c^jj-oc; dem 'ioozz Tf^ ßc'J^fi xal toj Br^wp
'f) ßo-jX-}; y.a; 5 8^|J.cc, im Eingang der Decrete aber auch BöBiyÖai
T^ ßouXri wie in den Kathspsephismen, nur dass sich zwischen
dieses und den Beschhiss eine längere Formel einschiebt. Aus-
nahmen von dieser Regel beruhen theils auf unrichtiger Ergän-
zung, theils begegnen sie in nicht ofiiciellen Aufschreibungen
und erst in jener späten Zeit, in welcher man Strenge der Form
und Klarheit staatsrechtlicher Vorstellungen vergeblich sucht.
Wir werden auf diese Ausnahmen an späterer Stelle zu sprechen
kommen. Die Thatsachen aber, welche dieses Zusammenstimmen
der Indicien erweisen, wird die folgende Zusammenstellung der
Decrete mittheilen. Nur sollen, um diese zu vereinfachen, vor-
erst die am leichtesten erkennbaren Rathspsephismen ausge-
schieden werden.
Ich setze bei jenen Rathspsephismen, welche nicht durch
das Charakteristicum in den Präscripten scoEsv xf^ ßouXfj oder
durch die Beifügung von ßcuX-^<; d/'/^tpicf^a oder des Locales der
Versammlung ßo'jAr; ev ßouXeur/jpiw, ev tw 0'/;ic(a)iiusw. als solche
erkennbar sind, sondern nur durch BeSo/öa'. t^ ßouXr, im Ein-
gang ein 0 in Klammern bei oder mache kurz auf andere
bezeichnende Indicien aufmerksam, wo dies nothwendig er-
scheint. Die bloss durch r, ßouAv^ in den Summarien charakteri-
sirten haben ein Sternchen. Es enthalten also folgende In-
schriften
Rathspsephismen.
l'=,2. 3. 8. 23. 29. 73,1. 74 (o). 114. 166*. 179. 221
(Fälschung). 258 (o und y) ßouAir^ in dem Summarium). 329, 1
(o). 329, 2 (aus dem Inhalt und der Datirung iz: r?;;
cws£/.xr/;c TTpuiaveia; erkennbar^ vgl. Köhler im Herm. V 331
und im CIA. II zu nr. 454). 339*. 372. 375*. 390,2.
391, 1*. 2. 393* (Aufstellung ev tw zpuTaw/.o)). 394 (Auf-
stellung £v TW xpuTav'.7.(T)). 400*. 404 (c). 409\ 427*. 431,2*.
440. 441 (o; Aufstellung in dem xA-ripwfriptov, worüber
Köhler im Hermes V 342). 454*. 457. 466 (z). 475.
477^ 481, 1. 2 (2). 3 (o). 482, 1. 2 (5). 3 (o). 4 (c). 487 (5).
489\ 535 (o). 'AOr.va-.cv VI S. 270 (die Kosten werden auf
den ~oi.ijJ.xc t^c ßo-jAv^c angewiesen). S. 387. S. 490. Revue
archeol. 1878. S. 119 (vgl. nr. 25). — In den Summarien kommt
Stadien über attisches Staatsrecht und Urknndenwesen. I. 601
hestätis-eud H BOVAII hinzu in 258. 390, 2. 391, 2. 420.
440. 481. 482.
Die Inschrift 440 sollte nicht hier stehen, da es Z. 16
heisst (»[YaOcT vjy^et. osSö/Oat t(T) ^r,[).(o i~\oLVfhai. ibv Ta[jL'!av 'AzJoX-
Xi[o](i)[pov y.-rX., denn das ist die untrüg'liche Charakteristik der
Volksdecrete. Aber es kann keinem Zweifel unterliegen, dass
api'aOsT vjyj.i oecöyOat -^ ßouX^ zu ergänzen ist und das Decret
von mir richtig- unter die Rathspsephismen eingereiht wurde.
— 166 ist die Unterschrift H BOYA.H entweder mangelhaft,
also zu ergänzen durch c or,\).o^, oder es bezog sich dieselbe als
Aufschrift auf ein folgendes Rathspsephisma. Das Decret, von
dem uns der Schluss erhalten ist, kann, wie die Aufstellung
h ay.poTOXs: und die Kostenanweisung desselben ix toW -aolxx
'|'^p'C[xaTa avaXi(7/.o[;.£vtov tw othjm) zeigen, nur ein Volksbeschluss
gewesen sei.
Diese Rathspsephismen nun unterscheiden sich von den
Decreten der Ekklesie in den bezeichneten Punkten, formell
aber weiter durch nichts, Ihre Protokolle haben dieselben
Bestandtheile nach den bei den Volksdecreten nach und nach
in Anwendung gekommenen Formularen geordnet, nur dass
sie etwas zäher an dem Alten zu hangen scheinen ; denn von
8 (ad'b"cf) abgesehen zeigen die uns aus den ersten fünfzig
Jahren nach Euklid erhaltenen sämmtlich den älteren Stil des
5. Jahrhunderts, so
cdbef 3. 25. 29. Reime archeoL 1878. S. 119.
cdh'e'f 73, 1.
a-^ cdbef 74.
a-i- cdbef r,2.
b'^cdeb'f 23.
Von Ol. 106 bis Ol. 113,4 = 356 bis 325 v. Chr. haben wir
keine Rathspsephismen mit Protokollen. Von da an aber sind
sie nach dem allein herrschenden jüngeren Formular concipirt
(ad' b" hgiz[t"]c f"). Wie in den Decreten der Ekklesie treten
an die Stelle des Epistates die -pdeopo'., zuerst tojv -ocEcptov ir.i-
<^ri<^v> b oeTva (nur 179 aus Ol. 113, 4 = 325/4; denn 221 ist
eine Fälschung und 431, 2 ist ml cJixxpiiopoi inthümlich weg-
geblieben), seit Ol. 115, 2 r= 319/18 Tüiv xpoiopwv ir.t<lrt<'^\Cvt b
ccTva y.al sj|j.-pisopot (372. 390,2. 391,2. 409^ 475. 482,1. 489").
Der Tag des Monats und der Prytanie ist durchweg notirt,
39*
602 Hartel.
nur 481 steht der Tag des Monats allein. Besonders genau
wird die Versammlung- nebst dem Ort, wo sie stattfand, vermerkt,
niemals mit ^ojay^ allein, während das blosse £xxXY;a(a in den Volks-
decreten nicht selten vorkommt, so: JicjA-r; h ßouAsuTiQpia) 179. 390,2.
391,2. 440(?). A09\ 475. 477'\ 489\ ^Aör.va-.ov VI S.'387. S. 490,
ßsuXr; £v TW 'Easucivio) 372, £v xw &r,ae'.(x) ßouAv; 481, ßouXr, £[ji.ßou-
XeuTYjpto) y.ai h. tcj ßouXcUTYjpi'ou ev im 'EXsu^tvito 431,2, ßo'jXr; iv xw
Sszxpü) -^ [j.sxayösTffa iy. xoi) n3:vaÖr;vxVy.c3ij a-xaoioj 482. Die Stelle von
eSo^e xfi ßouXfj in den Protokollen vertritt ßouX^q '}-/;s'.a[j.3: 440,
ßouX^c 6Y;5(a[;Laxa 481. Nur zwei Decrete sind, so viel ich bis
jetzt sehe, trotz £Oo;£v x'^ ßoyXf, xa; xw S-/^[ji.to Rathspsephismen,
nr. 11 und 30, zwei andere 168, 1 und 403 sind trotz £§o^£ xij
ßouXrj probuleumatische Decrete. Dieselben werden noch genauer
zu prüfen sein.
Dieser durch die mitgetheilten inschriftlichen Thatsachen
verbürgte durchgängige Parallelismus der Einrichtungen des
Käthes und der Ekklesie, der, was das Präsidium der Raths-
sitzungen und seine jedesmalige Ausloosung betrifft, merkwürdig
genug erscheint, wird in diesem auffälligsten Punkte gerade
durch Pollux VIII 96 bestätigt: y.al öxa^i o\ 7:puxav£ic xov o7J[jlov
^1 xy;v ßouXr,v cuva'cwatv, ouxo? (sc. £7:tc;xaxrjc) £^ £y.aaxY;c s'jXyjc
TTpceSpov hy. -/'hr^poi, [JL5vr,v xrjv ■j:puxav£6c'j7av xouic. Der Rath ist neben
der Ekklesie, wenn auch staatsrechtlich betrachtet, nicht eine
Art Oberhaus neben dem Unterhaus, so doch nach seiner
Geschäftsordnung und Organisation ein Parlament neben dem
andern. Die inschriftlich nachgewiesene Existenz der g'j\i-
TCpceBpoi der Bule und die Art ihrer Ausloosung führt nothwendig
auf die Annahme von Plenarsitzungen des Rathes, in welchen
die bezüglichen Decrete debattirt und beschlossen wurden. Wenn
in einem derselben das sicherste Merkzeichen^ das sie haben,
Bo;£v xff ßcuX'^, verloren, die anderen aber nicht vorhanden wären
oder wenn man ein Recht hätte anzunehmen, dass auch der Raths-
beschluss als Urkunde des erst in der Ekklesie perfect gewordenen
Volksbeschlusses ausgestellt werden durfte, dann könnte man nur
aus dem Inhalt der Beschlüsse und der staatsrechtlichen Competenz
der Behörden die Entscheidung fällen, ob eine solche Inschrift
ein Psephisma des Rathes oder der Ekklesie enthalte. Indessen
hat man zu einer solchen Annahme kein Recht, indem nicht die
attische Staatskanzlei, sondern vielmehr die Nachlässigkeit oder
Studien über attisches Staatsrecht und Urknndenwesen. I. 603
Unwissenheit privater Personen in übrigens ganz vereinzelten
Fällen Entscheidungen der Ekklesie das Kennzeichen der Raths-
beschlüsse vorsetzte, und fast nie fehlt es an allen Indicien
zugleich, ein Decret nicht als Rathspsephisma zu erkennen.
Während die Volksdecrete sich, abgesehen von ihrem
Inhalt vor den Rathspsephismen äusserlich nur durch das
Merkmal sSo^e tw OY;ii.tp und die damit häufig verbundene, an
der Spitze des Beschlusses stehende oder auf die Motivirung
desselben folgende Einleitungsformel liciyßx'. (i-iz-^^isOa'.) tw SY^fAto
unterscheiden, tragen die probuleumatischen Decrete noch ein
weiteres Kennzeichen an sich, die probuleumatische Formel,
welche ohne Berücksichtigung ihrer kleinen, aber nicht durch-
aus bedeutungslosen Varianten also lautet:
i<l>r,(iia(iy.'. ty; ßouXr, toI»; zpciopo-jc, c'i ä'v Xä/wc.v 7rpo£Cpc'j£iv elq
TY)v Trpcor^v i-/,-Kkrp'.Ti (TCpcaaYÄYctv tsv oeTva xa'i) '/[jpT,\}.ix-i<:ai 'irept
TOÜTWv, Yva)irr;v os ^uixßäXXeffOa'. t^? ßouX'^c sie ibv or;[xcv, ov. BoxsT
■er, ßc'jXYi,
woran sich nun der Inhalt des vom Rathe zu stellenden An-
trages reiht. Die aus einer Untersuchung des gesammten
inschriftlichen Materials gewonnene Thatsache, dass das Cha-
rakteristicum llocvi xr^ ßojXt) /.al tw ck^ij-w fast ausschliesslicher
Trabant der probuleumatischen Formel ist, so dass man, eine
einzige leicht und sicher erkennbare Art von Beschlüssen älterer
Zeit ausgenommen , bei fragmentarischer Erhaltung einer In-
schrift von dem Vorhandensein des einen Stückes mit vollster
Zuverlässigkeit auf das andere schliessen kann, dass hingegen
mit dem Merkmal loozt tw B-i^p-w die probuleumatische Formel in
keinem Decret officiellen Charakters und guter Zeit sich zusam-
menfindet, ist ein Resultat, welches ganz unabhängig von der
Bedeutung und Richtigkeit der daraus zu ziehenden Folgerun-
gen staatsrechtlicher Art von Seiten der Inschriftenkritik vollste
Berücksichtigung in Anspruch nehmen darf.
Ich stelle zum Beweise dieser Sätze hier I. die Nummern
jener Inschriften zusammen, welche nach dem charakteristischen
Merkmal in den Präscripten als Volksdecrete anzusehen sind,
dann II. die probuleumatischen Decrete^ und zwar a) die
vollständig erhaltenen, welche neben dem charakteristischen
Merkmal in den Präscripten die probuleumatische Formel
aufweisen, b) jene wo der trümmerhafte Zustand der Steine
604 Hartel.
nur so viel zu behaupten gestattet, dass auf das erhaltene
Kennzeichen sco^ev vfi ßouXvj xal to) o-q\jA<) in den Präscripteu die
probuleuniatische Formel gefolgt, oder c) der erhaltenen probu-
leumatischen Formel das charakteristische Kennzeichen vor-
ausgegangen sein kann. Um das Material für diese Unter-
suchung ungeschmälert zu verwerthen, habe ich zugleich jene
Inschriften mit in Rechnung gezogen, deren fehlende Präscripte
durch die hie und da voraus- oder nachgestellten Summarien
H B0V4H 0 AHMO:^ oder 0 AIIMO^: und durch den Zusatz
^z.'Böyßai (£'];Y;^(!j6ai) tw oirii.».([) ersetzt werden und die, wenn sie
vollständig wären, i'oo^sv ty] ßouXfj y.al xo) h-qij.o) einerseits, anderer-
seits soo^cv T(;) ov;[xw bieten würden. Doch da diese Summarien
nicht Jedermann zuverlässig erscheinen könnten, habe ich die
betreffenden Inschriften, wo c nur auf Grund der Summarien
vorausgesetzt wird, durch ein Sternchen * ausgezeichnet, so wie
jenen Volksdecreten o in Klammern beigesetzt, welche nur durch
ihre Ocsö/Oa-. (£'|y](p{(;6ai) tw 3y]|wp sich als solche zu erkennen
geben und auf ein einmal vorhandenes eBo^sv tw Sy^ixw schliessen
lassen. Die Nummern jener Volksdecrete, welche soo^sv xw OYj[j.a)
und oeocyßcci tw ov^jj-w zusammen erhalten haben, sind fett ge-
druckt. In einigen Fällen ist von den Decreten, auf welche
sich die vorhandenen Summarien beziehen, nichts erhalten.
I Volksdecrete.
14 (S). 14". 15 (S). 19 (B). 28. 39 (o). 48 (B). 58. 65. 67. 68.
69. 82'' (o). 108. 115"*. 116. 117. 119. 120 (?). 121. 124 (B).
127 (3). 142 (3). 143 (3). 145 (B). 149* (?). 157*. 159" (B).
165*. 167. 168,2. 171 (3). 173. 174. 175. 176. 178. 180".
181. 182. 186,2. 187. 191. 195(3). 201. 203(3). 230, 1.
231, 1. 232. 233 (3). 234 (B). 238. 240. 243 (3). 247. 249 (3).
251 (B). 256". 259. 260. 262. 263. 264. 265. 268. 269, 2.
278. 282 (B). 283 (3). 291 (3). 297. 298*. 300. 301. 302.
302" (3). 307, 1. 307, 2. 310, 1 (3). 311. 312. 313. 313".
323. 324*. 328 (3). 329*. 331 (B). 332. 350 (B). 360 (o).
381. 384. 390, 1. 392, 2. 408. 413. 414(3). 417. 420, 1.
420, 2. 425 (3). 431, 1. 432 (3). 448*. 459. 460. 472.
478, 1 (3). 488 (B). 489. 493. 509 (B). 'AOr-vatov VI S. 131.
S. 134. S. 158. S. 269. Decret Zeno's bei Diogenes
Studien über attisches Staatsrecht und Urkundenwesen. I. 605
L. VII 10 (5). — Zu £'cj;ev tw ct^ij^ und ozczyßxi -m o-/i[jaü
kommt 0 AHMOZ in den Summarien bestätigend hinzu
121. 159^ 300 (yj ßouX^ ist unrichtig ergänzt). 311. 390, 1.
420, 1. 2.
II. Probuleumatische Decrete.
a) mit £§o;£ t^ ßoyX^ xal xm o-fnuo und der probuleumatischen
Formel:
17^ 49. 50. 52', 1. 54. 55. 6i^. 66^ 73, 2. 76. 82^ 107.
126. llö\ 180. 190. 305. 316. 319. 325. 331*. 338*.
373", 1. 2. 377. 407. 421, 1. 423*. 434. 444*. 445*.
446*. 454. 465, 2. 468. 469, 1. 2. 3. 471, 1. 2. 477^ Mr,-
vatcv V S. 522 (?). — Mit Bo^t xf, ßouX^ -/.ai t<o o-qjM
in den Präscripten stimmt überdies in den Summarien
H ßOlAH 0 AHMO:- 316. 454. 465,2. 469, 1. 2. 471, 1. 2.
477^ 'AeY;va'.ov V S. 522.
b) mit der erhaltenen probuleumatischen Formel und zu er-
gänzendem eBo^ev tyj ßouA^ y.ai tw Btq[J.w :
40. 47. 51. 87. 91. 95. 96. 97. 141. 148. 186, 1. 206. 212.
252. 253. 254. 273\ 279^ 287. 309. 318. 319. 320. 335.
341. Sb2\ 363. 374. 376. 380. 382. 383. 387. 388. 395.
397. 401. 402. 405\ 415. 427. 428. 429. 438. 442. 455.
465. 467, 2. 469, 3. 478, 2. 3. 480 (vgl. 479, 1). 480, 2 486.
490. 500. 511. 518. 534. 542. 544. — 'Aev-vaiov VI S. 135.
S. 136. S. 137. S. 481 (nr. 3). S. 486 (nr. 4). S. 271
(c fehlt in dem sonst vollständigen Präscript). — Die
Ergänzung wird in einigen schon unter a) vermerkten
Fällen durch H BOVAH 0 AHMO^ in den Summarien be-
stätigt: 331. 338. 423. 444. 445. 446.
c) mit erhaltenem Bj^ev ir; ßoy/.r, y.ai ko cr^xw und zu ergänzen-
der probuleumatischen Formel:
5. 13. 21. 26. 31. 53. 56. 63. 75. 77. 78. 79. 10b\ 111.
130. 267. 270. 280. 303 304. 306. 308. 314. 317. 322.
330. 336. 389. 416. 421, 2 (?). 433. 435. 436. 437. 439.
477. 492. A6y;vai=v VI S. 371 (ur. 3).
In einigen wenigen Fällen verweisen wie bemerkt die vor-
handenen Summarien auf Decrete zurück, die nicht oder von
denen nicht so viel erhalten ist, dass man eine Spur der anderen
Charakteristiken zu erkennen vermöchte und beruhen zudem auf
606 Hartel.
mehr weniger unsicherer Ergänzung: 151 ['H ßojXy; '0] Byjijlc;.
Der Charakter des vorausgehenden Decretes ist nicht bestimm-
bar — 166 'H ßo'jXv;. Es ist zu ergänzen '() or^ij.oq. Denn wenn
die vorausgehenden Zeilen C7r^7a|[i h ay.poTciXst, v.z Se t-/jv
avaYpa(p->;v t^]? jrr/A-/;!; ooüva[[t tov laiJ.iav tcu o-^|;,ou . cpa/j/ai; iy. xjwv
•/.arä 'yr/^i!ji;.|[aTa avaAiG7.ciJ.£vojv zm ot^jj-w /.xX.^ woran kein Zweifel
sein kann, richtig hergestellt sind, dann konnten diese nicht zu
einem Rathspsephisma gehören. — 209 ['0 or,\).oq 'IT] ßouAv-. Die
Ergänzung ist völlig sicher, indem der erhaltene Rest des In-
haltes des Decretes die Competenz der Ekklesie nothwendig
voraussetzt. — 219 |Tbv oeTva] OivaTov [-/j ßouA-*^ y.]al o otiIxoc. Vom
Decrete ist nichts erhalten. — 326 [H ßoJuXfv^]. 'O 3-^|ji,oi;. Für
die Evidenz der Ergänzung spricht die vorausgehende gleich-
artige Inschrift (Belobung des Priesters des Zeus Soter), welche
£oo^£ T^ ßouXfj xai T(T) ordAtp in den Präscripten sowie die pro-
buleumatische Formel aufweist. — 330. Auf dieser ganz frag-
mentarischen Epheben-Inschrift muss nicht nothwendig Frg. b — e,
Z. 30 ['H] ßojA-/^ [y.al b ^]fiiJ.oz [ibv a]y.cvTic[r/;v] auf das probu-
leumatische Decret, dessen Protokoll mit soo^sv vq ßouXf, y.al to)
or,iJAi> Frg. rt, Z. 1 — 7 erhalten ist, bezogen werden, ebensowenig
das Frg. b — e, Z. 4 stehende Summarium o crjij.cq Tobq £<pr,ßojc. —
Das gleiche gilt von 338, Z. 16 [b 5-^[xoc; -cbv | y.o(j|r^r}]v j xov
Betva I y.Aiou? | [E'j](ovj|jia. — 340. Das zu dem dreimal wieder-
holten •/) ßojAY^ 5 oi^[j.o? gehörige Decret ist nicht erhalten. —
367 ['H ßcuA-r^. 5 5]-^[xoc. Die Ergänzung wäre sicher, wenn Z. 4 in
[Ti;p]o(7aYaY£Tv ein Rest der probuleumatischen Formel zu erkennen
wäre; diese müsste aber dann unvollständig angewendet worden
sein, indem für den fehlenden Theil derselben xbv oihy. y.xl
yprjjjLaxba'. ■:x£pl xoüxwv. '("^IJ-'Q"' ^£ ^'j;/ßaAA£cOat xxA. kein Raum ist.
Dies so wie die Zeilengrösse, welche eine symmetrische Ver-
theilung der Worte v; ßouAr^ b z-qj-oc nicht gestattet, spricht
dafür, dass nur 0 AHMOIS auf dem Steine stand. — 369. Es
ist nur ¥ erhalten ; die Ergänzung 'H [ßo'jAv; '0 of([ji.o;] ist wahr-
scheinlich, weil T, ßojAr, allein unmöglich ist wegen des noch
erkennbaren Inhalts des Decretes. — 391 geht das linke und
rechte Summarium auf das folgende Rathsdecret, das mittlere
Z. 4 b S['^ixo(;] I xou[c 7:pjjxav[£i;| auf das vorausgehende Volks-
decret, dessen Schlusszeilen erhalten sind. Vgl. 431, 1. 2 und
440. Dass in diesen Beh^bungsdecreten für Prytanen und
Studien über attisches Staatsrecht nrd Urknndenwesen. I. 607
Beamte des Käthes, welche auf einem Steine vereinigt zu
werden pfleg-en, das der Prytanen stets ein Volksdecret sei,
ist bereits von Köhler (im Hermes V 333) bemerkt worden.
— 420, Z. 57 geht das rechte Summarium auf das' voraus-
gehende Volksdecret, das linke yj ßouAY; | 5 c^iao? | toIic -xTox; |
-:(yjc iXiUÖe pou; xal xbv | SiSäaxaXov | auTw[v - - auf ein nicht er-
haltenes probuleumatisches Decret. — 451 'H ßouXr^ | ö B^[j.oi; \
BÜTTay.cv nüppo'j | Aaijxzpeoc. Von dem Decret sind nur die Schluss-
zeilen erhalten.
In einigen wenigen Fällen widersprechen die Summarien
der regelrichtigen Anwendung oder scheinen es: 159'' beziehen
sich '0 5v;;j.2c und 'H ßcuAy; nicht auf das vorausgehende Volks-
decret; dagegen spricht die Stellung und Trennung, indem
b cTiiJ.oq in einem imd -^ ßo'jAv; in einem anderen Kranze stehen.
Vielmehr gehört o o-qj.oq zu dem vorausgehenden Volksdecret, rj
ßouXrj zu einem verlorenen Rathspsephisma, — 425 widerspricht
'H ßojXr; [- Oayjipav der im Decret vorgenommenen Ergänzung
Z. 2 CcScyOa'. t(o By^ixw. Aber nichts verböte $co:/6at t-^ ßouA9)
einzusetzen, wenn sich das Summarium auf das vorausgehende
Decret und nicht auf ein anderes verlorenes bezöge. Das ist
aber durchaus wahrscheinlich, da in dem erhaltenen die Pry-
tanen belobt werden, das Summarium aber auf eine bestimmte
Persönlichkeit, den Ta;xia; oder Ypaij.p-aTSj; derselben, sich zu
beziehen scheint. Die Belobungsdecrete der Beamten der Pry-
tanen sind aber in der Regel Rathspsephismen. — 454. Das
mittlere Summarium geht auf das verlorene Belobungsdecret
der Prytanen ['0 s-^;j.c; | ts]'jc j [tsjJtx [vJs'.c und an seiner Her-
stellung ist nicht zu zweifeln. Das rechte aber 'H {ic[Ar, \ 'A[toX] -
Ao[^a]|v[-^v] n£pYa'cY;6i[v], in welchem für die Einfügung von 5
zT,iioc kein Raum ist, muss auf das folgende probuleumatische
Decret bezogen werden, in welchem der Schreiber Apollophanes
und der xy-iüoc: belobt werden. Wir werden also hier einen Fehler
anzuerkennen haben, der aber in dieser Art von Urkunden, wie
sich noch zeigen wird, am wenigsten befremden kann. — 465,
Z. 59 lautet das dritte Summarium 6 c"^[iJ.o; xoj'j; £9r,[ßoj; | y.alj
Tov %o[7[rr,rr,v], an dessen richtiger Herstellung niclit zu zweifeln
ist. Dasselbe gehört, wie leicht zu erkennen ist, zu dem nicht
erhaltenen Decret der Gemeinde Salamis. Auf anderen In-
schriften steht genauer o s^p.o; b iaAaiJ.'.v(wv to'j; i^r^ßouc y.al xbv
608 Hartel.
y.oGi^/OT-'iv, wie 467 Z. 58. 470 Z. 83; ungenau wie 465 ist 471
Z. 100. Wo uns aber das salarainische Decret erhalten ist, hat
es probuleumatische Form, so 469, 75 fF. 470, 53 ff., wie auch
das einzige, ausserhalb der Epheben-Inschriften auf uns ge-
kommene Decret derselben Kleruchie 594. Es kann sein, dass
mit Rücksicht auf die fremde Gemeinde, deren Decrete hier
mit athenischen vereinigt waren, der Ausdruck 6 cy;[j.o; gewählt
wurde. — 467 sind die Summarien rj ßouXr] -/.od b o^jaos; insoweit
correct und verständlich, als sich das zweite und das dritte auf
das erste und zweite Decret, welche beide die probuleumatische
Formel aufweisen, beziehen ; aber in ihren Präscripten steht
unrichtig £5o;ev xm ori\).t,), und auch die die Belobung der Meister
enthaltenden Summarien Z. 148 ff. sind im Widerspruch mit dem
Charakter des ersten Decretes, auf welches sie sich beziehen. —
469 ist das erste Summarium Z. 44 6 5^[j-o; -bv ■Aoc[rr,[Triv] | 0£5-
Xaptv y.xX. gegen die Regel, die drei anderen entsprechen. Wahr-
scheinlich aber ging vor denselben eines unter den Händen des
Steinschreibers verloren ; unter dieser Voraussetzung erhielte
man folgende symmetrische Anordnung:
['H ßouX-rj] '0 ofiij.oc 'H ßouAYi ['H ßouX]t) '0 B-?iiJ,[o;]
[tov x,0!7[j/r(-r)v] xbv y.o(7[;/^[rf,v] 5 3'^[j.oc [tov y.oz^ij:r,Tr,v xbv /.3ajj,r,TY;v
[öeoy^apiv] 0£3-/apiv toIi.; e<fi,{io'jq [0£i/api]v [öeiyajpiv
und 1 + 2 sowie 4 -)- 5 bezögen sich auf das zweite Decret
Z. 49 — 74, das mittlere dritte aber auf das erste Z. 1 — 43.
— 470. Es gilt dasselbe, was über 467 bemerkt wurde. Den
correcten Summarien (1. 2) -q ßouX-l] y.al 5 c-^i^-o; entspricht das
falsche Merkmal in den Präscripten der beiden ersten Decrete
eSo^ev TW oriiJ.o). Die probuleumatische Formel bestätigt die Richtig-
keit der Summarien. — 471 ist Alles in Ordnung, wenn man
das vierte Summarium ['0 o]-?;[xo;; tov y.oc7irr,Tr(V | A'.sv'j(jio[v] auf
das verlorene Decret der SaJaminier bezieht. Die vorausgehenden
Urkunden zeigen alle Merkmale probuleumatischer Decrete und
damit stimmen die übrigen Summarien sämmtlich. — 473
halte ich die Ergänzung ['H ßo/At; 6] Qf,\j.oz \ ibv as£TY;v I DsBiea |
ey. Kepajj.ewv wegen der Raumverhältnisse für richtig. Das dazu
gehörige Decret ist nicht erhalten. Die auf die Meister der
Epheben bezüglichen Summarien sind, wie das hier der Fall
gewesen sein mag, nicht unmittelbar hinter dem Decret an-
gebracht, zu welchem sie gehören, sondern hinter den Ver-
Studien über attisches Staatsrecht und Drkundenwesen. I. 609
zeichnissen der Epheben angefügt wie 330, Z. 30. 338, Z. 37.
340, Z. 6 (?). 467, Z. 148 ff. 469, Z. 128 ff. »470, Z. 119 ff.
482, Z. 125 ff. Dieselben stehen mit dem Charakter des De-
cretes, wo dasselbe erhalten ist, bis auf 467, Z. 148 ff. in
Einklang. — 481 und 482 zeigen flagranten Widerspruch
zwischen den Decreten und den Summarien. Denn diese späten
Ephebendecrete sind, neben anderen ein unverkennbares Zeichen
grosser innerer Veränderungen, Rathspsephismen ; gleichwohl
steht auf dem ersten 481, Z. 71 zuerst richtig r, ßouAr; | tbv j
y.ocixYjT/^v , dann falsch 5 3-?;;xoc | xbv | v,0GiJ:r,vr,^/ und 482, Z. 75
neben ['H ßouAJr, | TO'jq | ^f^ ßoj? das unrichtige '0 3-^[j.[o(;] ,
wenn nicht auch dieses auf das nicht erhaltene salaminische
Decret zu beziehen ist. — Wir werden daraus nur die Lehre
ziehen, dass in diesen späten Inschriften Correctheit der
staatsrechtlichen Terminologie nicht erwartet werden darf. Als
Resultat aber dieser Betrachtung kann hingestellt werden, dass
die Summarien durch eine die Präscripten überbietende Cor-
rectheit des Ausdruckes sich empfehlen und weil ihre strenge
Unterscheidung sonst unbegreiflich wäre, Zeugenschaft ablegen
für den wesentlichen Unterschied, der zwischen probuleuma-
tischen und Volksdecreten bestanden haben muss.
Eine grössere Zahl von Ausnahmen bieten die Präscripte
selbst, indem in mehreren Fällen wenigstens nach den uns
vorliegenden Texten der Inschriften einerseits auf 'iiozi t(o cr,[)M
und CöoiyOai tw c-^jm die probuleumatische Formel folgt, anderer-
seits auf score xf, {icS/Jf] y.al w or^ixo) dieselbe nicht folgt. Dass
von dem Steinschreiber irrthümlich die eine Form von c mit
der anderen vertauscht wurde, wäre zwar eine mögliche,
durch ähnliche Thatsachen der inschriftlichen Ueberliefenmg,
welche zum Theil bereits bemerkt wurden, zum Theil noch zur
Sprache kommen werden, zu rechtfertigende Erklärung. Wer
könnte sich nach den obigen Betrachtungen über die Bestand-
theile der Protokolle gegen die Annahme sträuben, dass,
wenn die Aktenauszüge, welche dem Steinschreiber in die
Hand gegeben wurden, defect waren und einen oder selbst
mehrere wesentliche Bestaudtheile entbehrten, dieser nun, so
gut er es vermochte, die Lücken füllte und beide gleich ge-
läutige Formeln socHsv xm oy^iaw und £Oc;£v vf, ßojAf, xal xo) or,\xi^
mit einander vertauschte, oder dass der der Unterstützung und
610 Hartel.
Controle des öffentlichen Beamten entbehrende Privatmann, der
einen Stein setzen liess, die Aufschrift nach Gutdünken und
ohne die Exactheit der von Staatswegen angefertigten Inschriften
concipirte? Dass gerade der Bestandtheil c so gerne der Sitz
von Fehlern wurde, damit möchte man sich um so eher zufrieden
geben, als sich uns die Unsicherheit seiner Ergänzung hie und da
in der vorsorglichen Freilassung einer Zeile zur nachträglichen
Einfügung zu verrathen schien. Ja manche Judicien könnten
selbst darauf führen, dass Inschriftenköpfe, wie wir Aktenköpfe
Vordrucken lassen, in Reserve gearbeitet wurden ; sollte ja nach
ausdrücklicher Verfügung die Aufschreibung und Aufstellung
mancher Urkunden in der Frist von zehn, ja auch fünf Tagen
erfolgen. Indessen eine genauere Betrachtung der Abweichungen
von der Regel wird lehren, dass wir es nur in einigen Fällen
mit wirklichen Fehlern zu thun haben, deren überraschend
geringe Zahl gegenüber der mannigfachen Gelegenheit zu irren
nicht zu begreifen wäre, wenn nicht ein schwer wiegender und
für den Kundigen auch schwer zu übersehender Unterschied der
Decretc durch die verschiedene Form des Merkmals zu be-
zeichnen gewesen wäre. Die anderen Ausnahmen aber sind von
solcher Beschaffenheit, dass sie die Regel nur bestätigen und,
weil aus ganz individuellen Veranlassungen hervorgegangen, uns
in die Behandlung öffentlicher Angelegenheiten und in die staats-
rechtlichen Anschauungen der Athener einen tieferen Einblick
gewähren als die Regel selbst. Ich beginne mit jenen Urkunden,
welche, durch ecoSc tw o-qj.M oder ozoiyßai (i'^v^^iaOai) iw M^iiu) als
Volksdecrete charakterisirt, dennoch die probuleumatische Formel
aufweisen.
Zunächst sind sechs Fälle, die auf unrichtiger Ergänzung
beruhen, auszuscheiden :
1) nr. 348. Die sehr trümmerhaft erhaltene Inschrift, deren
Zeilenmass sich nicht mit Sicherheit feststellen lässt, bezieht
sich vermuthlich auf die Belobung eines Mannes, der sich um
die Sicherheit und die Verproviantirung der Stadt Verdienste
erworben hatte. Die Präscripten fehlen. Z. 19. 20 ist ein Rest
der probuleumatischen Formel erkennbar, welchen Köhler so
ergänzt:
'Studien über attisches Staatsrecht und ürkundenwesen. I. 611
av Aaxwff['. -po£Op£'j£'.v], Z. 21 [y.a-xj tov v6[[jlov].
2) 359 ist von älmlichev Beschafienheit und Erlialtuug
wie die vorausgehende Inschrift. Die Präscripten fehlen.
Z. 6 ff. [ — CTCw; oäv oOv xa' o S-^[j.o; savjipb; sl /äp'.Ta; a['::o-
C'.So'j? sy.äaTC'.? a^ijc; tcöv susJpYsctöiv, a.-^x^v. [vr/ti Oioi'/Oai to»
o-(';[j.(i) tob; rposjopo'j; o'i (äv [Xa/cojiv zpoeopcüsiv £v tw or,[JLw st?
TYjjv [z]pu)r^[v £y.y,XY;(7(av y.-X.
3) 386 ist von ähnlicher Beschaffenheit und Erhaltung.
Die Präscripten fehlen,
Z. 11 ff. OT.iin; av oüv [- c S^|ji.o; cpai'vYjTJc*. — twv] y-T®"^5T(j)v
a.rAav9pa)7:a)v [ c], ÜYaOsT Tuy^et 3co6y^[03(i tTo 3y^(ji.w xoIk;
Tcpos^po'j; o'i avj Aaywa'.v [T:po£B]p£[u£iv y.-X.
Titulus littevis minutis et atoiyr^Sbv dispositis exaratus esse
dicitur, hoc quidem vix rede Köhler,
4) 421. Zwei trümmerhaft überlieferte Decrete, in welchen
Miltiades für gewisse Leistungen aT£A£ta verliehen und der Weg
für eine weitere vom Volk zu erbittende Gnade eröffnet wird.
Das erste lautet:
Z. 2 ff, [ — £co;£vJ T£T ßoupAcT y.ai xm or,\>.M ' b 0£Tva ]
M£AiT£u; [£?u£v] — Z. 10 — 12 — V ettiteaeTv aYaÖ£"i T[6y£i
0£2:yOa'. ko 3r, [j.w xohc AayjvTxc ■rpoiopouc £?]i; 'r,v iiutoüjav
£y.y.X'/;[7iav yp-r; [xaticai -spi toutwv, Yvu),y.-/;v ok ;'j]p.ßx"AX£jG3!i T^q
ßouA^q [ei; tov S^[j,ov, Z. 13 [M]'.>vT'.äo£i ZwiAcj Mapa6[wv'wJ,
Z. 14 [r?;;] £v KspxjjLSty.to [ji.'.y.pa.: ^^[oa;] , Z. 15 — ä'.] 31
xJTw aT£A£iav Xüiv £[?caYO[j.£Vü)v], Z. 16 --TW c:'jvypr,aa';0(a'.) y.a;
Tot;, Z. 17. 18 [£?vai SJI aütw y.aOiT; £7:-/;yy^X[a£tc to
£up£G6at ■/.«[ aAAO ayÄÖcv zapa] tqü or,[j,cu.
Daran schliesst sich das zweite Decret, offenbar mit der
Z. 17. 18 des vorausgehenden Decretes in Aussicht gestellten
Verleihung, das wegen der in den Präscripten vorgenomn)euen
•Ergänzung [Bo^ev rr, ßouA-^ y.al ~m or,\>.td] noch später zur
Sprache kommen muss.
5) 438''. Ein trümmerhaft überliefertes Ehrendecret aus
der Mitte des 2. Jahrhunderts v. dir. Die Präscripten fehlen.
Z. 14 ot.'(!xht['. v'jyti csosyOai xTp cr^iAW xou; AayövJTa; Trpoiopjj;
£ic Tr;[v £::ioj(jav £y.y,Ar,a{av yp-r;[j.aTi'5at •:r£pt] tojtiov, -p'***!^''!''' 31
5['j[i.ijaAA£i6Ä'. rr,; ßouA-?;; tlz xbv 3r,iji.sv örtj zo/.v. xii ßo'jAET
£[7tatv£(;Ä'. y.ai cT£cpÄ]vcÖ5ai y.TA,
G12 Hartel.
6) 'Aö/jvatov VI 133. Ein Bürj^errechtsdiplom, dessen Zelt
sich auf Grund der Erwilhnung des avxypoc<fE{)q Z. 18 um Ol.
115,1 = 320/19 V. Chr. ansetzen lässt. Z. 3 ff. ergänzt Pro-
fessor Kumanudis in folgender Weise:
[ ayaOsT t6]-
3 /£t, hzo[6y^ay.i tw dr,ixt>), Touq Tupoiopouc o'i; ocv Xj-
äydiavf ';cp[o£Bp£6£iv £?;; ty;v TCptbr/;v £xy.X"/;(jiav]
■::poGaY«T^^['' ----- -j
7rpb(; Tov o-^[ji,ov [xal 7pY)[xaT{aai 7C£pl auxwv, Y'^wi^-j-
Tjv o£ ^u[j,ßaXX£c-6a[t tv;*; ßouX-^g xtX.
Dazu bemerkt derselbe mit Rücksicht auf die von ihm richtig
ermittelten Ergänzungen dieser und der folgenden Zeilen :
Y(v£Tat oy;Xov, otc sy-olgtoc, CTiyoc, üyi :rox£ ava 38 Ypa[j.|j,aTa, xXr,v
i'cax; £vb<; c7Ti)^ou, tou 7', öaxt? 37 (j,6vov, cpoc(v£Tat, e^X^j «AAa
Toüxo Sev cr-^[j,aiv£t X0X6.
In keiner der sechs Inschriften steht irgend etwas im
Wege die der Regel entsprechende Ergänzung C£o6-/0at t^ ßouA^
vorzunehmen. Denn ausser der letzten ist keine derselben
genau cTot/r^oov mit fester Stellenzahl geschrieben; von 38G
wurde es behauptet, aber von Köhler nicht bestätigt. Und
wenn sie es wären, so müsste die Differenz um eine Stelle,
welche ßouX-^t bei der Schreibung mit ou gegenüber 3-^[xon mehr
hat, lieber auf eine bei den auf das strengste cTor/'/)3cv ge-
schriebenen Inschriften nicht ungewöhnliche Unregelmässigkeit
innerhalb der Zeilen oder am Zeilenende zurückgeführt, als
eine derartige Abweichung, wie sie die Ergänzung o£o5)r6at tw
ov^[jL(o mit sich bringt, zugestanden werden. In der an letzter
Stelle mitgetheilten Inschrift aber bringt die Einsetzung des
richtigen ßouXr^t die dritte Zeile auf 38 Stellen und befreit
sie von der kleinen Unregelmässigkeit, welche sich mit Ku-
manudis' Ergänzung einschlich. Ueber derartige Unregelmässig-
keiten vgl. übrigens CIA. I nr. 8, Z. 12. 22^ Z. 13 (Kirch-
hoff Supplem. S. 8). II nr. 121, Z. 16. 23. 35. 37. 162, Z. 18.
312 u. s. w. und die Bemerkungen Böckh's Staafsh. 11-35, Kircli-
hoff's im Philol XIV 577, in den Abh. d. Berl. Ak. 1864 S. 49,
Köhler's im Hermes II 24. 27, V 18. 344. 348, R. SchölI's
ebend. VI 31.
Dieselbe unrichtige Ergänzung ist auch noch an einer an-
deren Stelle vorgenommen worden, in einem unzweifelhaften
i
Studien über attisches Staatsrecht und ürltundenwesen. I. G13
Rathspsepliisma, in welchem der Rath seinen Txjv.fa; und Ypxp.-
[j,aT£u; belobt, nr. 440, Z. 5 fF.:
'Ettc EuTToXei^.ou ap-/ovT[o!; et:! xf^q — i'5o; - - c '^p'^]-
Tavctaq, fj ixpaxiviy.o; 1 2iTpaTOviy.o'j 'A|j,a^avT£'j; £YP*]~
[jL[j.aT£U£v • ßouA'^; tj/-r^i5ts[j,[a - - wvo; i tsxa]-
[[^.Jivo'j, £[y.]T£'. xr,c 7:p'JTav£[iag • ßo'jXy; iv • twv]
TTposopwv i'ze'lir,<i{Ctv Uot.
10 [y.al c7U[jL'::pi]£[cp]ct • [TjY)A£c;[avr,; £-.]-
[ttcV • eTTcts-}) 0'. TrpuJTävctc x[f,z — i'^oq <fukr,q e^atve]-
[cavTc.; y.ai cT£sa]va)[c|avT[s; «Trocpaivouct r?) ßouArj xbv ta]-
[[At'av Sv sTXovTO £^] £auTU)[v 'ATCoAXöotopov y,ai xbv Y?3:iJ-[Ji.3:T£a]
[ xä; G'ja]ta[(;] 'C£Ouy.£[vai Tracac xac y.aO'^y.ouaa; u-£p]
[r?;; ßo'jAy;^ xal to]ü crjxou, £7:[ii/£;/£Ar^s6a'. §£ y.al tcov «AAtov]
[xaAw? y.al 9t]A[o]Tip.[a)c] • a[Ya6£T rj"/£t BcCoyOai tw i'/^lJ.';) i'^j-
[atvio-at xbv Tafxi'av 'A':rjoAA6[o](o[pov y.TA.
Die starken Ergänzungen stehen durch die gleichartigen De-
crete nr. 431 und 454 völlig sicher, bis auf jenes c£oö/Oa'. tm
cr,\jM)^ wofür nr. 431 das Richtige an die Hand geben konnte;
denn dort steht Z. 40 ff . :
[- - ayalfifj t[Ü'/£; C£02/J6ai xti ßouX£'i, £7:aiv£[c]at tbv Ta|i/.']av
[l[aTpoy.Ar,v [lioJuvtEa y.al tbv Ypa[jL[x[aT]£a 'A7:oAA09av['riv 'AttoaJ-
A05[avou? Kr,TTi]ov y.tX.
Denn beide sind als Rathsdecrete, 440 durch den Zusatz in -den
Präscripten ßouA-^c <]^r(Cptc[ji.a, beide durch die Summarien, nr. 431
überdies noch durch die theil weise erhaltenen weiteren Zusätze
in den Präscripten Z. 30 ßouXv) £[v ß]ou[A£'jTY;pi(o y.al ey.] toü ßoo-
A£UT-/;p{c'j £v TM 'Ea£[u]siv((|) uud [£Oci]^£[v teT ß]ouA£T charakterisirt.
Hingegen ist nr. 454 ein probuleumatisches Decret mit allen
wesentlichen Merkmalen (Z. 11 i-Av.\r,ziy. v.jpiy. iv t(o 0£aTpo),
Z. 13 [£oo;j£v r^ ßcuA'^ y.al tw o-(][j.o), Z. 22 ciozyjixi x^ ßs'jAf, xob;
Xaydvxac TrpoiBpsj; /.XA.) eines solchen. Wenn dasselbe wirklich
nicht mehr enthielt als nr. 431 und 440, so liefert es ein be-
achten swerthes Symptom für die Vermischung der staatsrecht-
lichen Competenzen des Rathes und der Ekklesie, worauf
schon Köhler kurz aufmerksam machte: in reliqids eiusdem
generis monumentis senafus soliis decernit honores quaestoris et
scnhae prytanum.
Hingegen gehört Bo^v/ x(o cy-ij.«.) dem ursprünglichen Con-
cept auf folgenden Inschriften an :
614 Hartel.
7) 467. In der wohl erhaltenen Ephebeninschrift hat das
erste auf die Belobung der Epheben und ihrer Lehrer, so wie
das zweite auf die Belobung- des Kosraeten bezügliche Decret
in den Protokollen i'oo;£v tm 5y-[;.w, beide aber die gleichlautende
volle probuleumatische Formel otoöyßxi t^ ßsuA-i^ touc hayövxa:
-^rposBpou; xt/.. Z. 44 ff. und Z. 96 ff. Zu beachten ist, dass in
dem ersten Decret i'oocsv tw Zr,iJ.M Z. 4 durch ein Spatium von
drei Buchstaben von dem vorausgehenden, durch ein Spatium
von vier Buchstaben von dem nachfolgenden Wort getrennt
ist. In dem zweiten Decret aber ist soo^sv xw By^[;.w Z. 69 von
dem vorausgehenden tjJiJ.Trpssopo'. durch einen leeren Raum von
15 Buchstaben geschieden und hinter ihm ist die Zeile bis zu
Ende auf einen Raum für etwa 28 Buchstaben unausgefüUt.
Es würde daraufhin die Annahme nicht unmöglich erscheinen,
dass die nachträgliche Einfügung eines unwissenden Stein-
schreibers den Irrthum verschuldete, und dies um so weniger
als, wie S. 608 bereits bemerkt wurde, zwar nicht die Z. 148 ff".,
wohl aber die unmittelbar am Schluss des ersten Decretes bei-
gefügten Summarien (2 und 3) die richtige Signatur 'H ßojXr,
y.at 6 S-^p-oc touc £'f</ßou; und r, ßouX'}; y.xl c or,\j.oz ibv •/.0(7iJ.r,rr,v Ti'[j.(i)va
BouTa5r,v aufweisen. Auch ist nicht zu übersehen , dass im
zweiten Decrete schliesslich zu Gunsten des Kosmeten be-
antragt wird Z. 102: sTvai Ss auTto [y.al aXXo aYaObv] eiiphdy.'. -[apa
t]ou 5'/^[j.ou ctou av Bov,^ oi^ioq sTva'. ; denn es ist dies ein weiteres
unter gewissen Umständen, die später im Zusammenhange er-
örtert werden sollen, ziemlich sicheres Kennzeichen probuleu-
matischer Decrete. Aber es bleibt zu bedenken, dass die Inschrift
dem Anfang des ersten Jahrhunderts v. Chr. angehört, also einer
Zeit, in welcher die Grenzen der Competenzen zwischen Volk
und Rath allgemach zu schwinden beginnen (s, o. S. 575) und
was von richtig angewandten Formeln sich noch observiren lässt,
nicht auf lebendigem Gebrauch, sondern auf zäher Tradition
beruht; ferner, dass, wie die uns vorliegende Verbindung, der
Ephebendecrete nicht von Staatswegen veranstaltet wurde, so
auch die Aufzeichnung der einzelnen nicht von einem öffent-
lichen Beamten überwacht worden sein wird, und diese mithin
nicht jene Correctheit bis in's Detail verbürgen können, welche
wir von eigentlichen Staatsurkunden zu fordern berechtigt sind
und an ihnen auch nicht vermissen. Dieselben Fehler wieder-
Studien über attisclxes Staatsrecht uinl UrVnndenwesen. I. Gl 5
holen sicli in dem ersten und zweiten Decrete der jüng-eren
Ephebeninschrift
8) 470. Aber auch hier wird das falsche 'izoze tco or^^i^.o)
in den Präscripten durch r, ßcuAY] c Br;[xo; in den Sununarien
einigermassen berichtigt.
9) 315 Z. 1 ff.:
[E-]\ M£V£7.A£C'Jc äpyovTs; ez; rr,: Ilavo'.ovio [c;] o[Y]o=r,c Trp'JTa-
vsiac, ft öcÖGwpo; AuctOsou | [Tpty.opjüj'.o; i'(poi.[>.[jAxejVK 'AvOiJxr,-
p'.wvc; I [v/i: y.Jal via • iv.v.Wr^ziy. • twv ::pc£op(.)v £::£'W,9 [u£ ....
o](i)poc Sxjct.[j.3.yzj E'jwvjp.cli; y.al c7'j|[v-p:£op]o'. ' £Ooq£v tw
SY;,ato • KxAAisTpaTo [c FAajjy.ojvoc Kpw'TriB-/;: 5T7:£v • ':r£pl ojv a'r^av-
Y£A [Xo'jJtv ojl £7:'.[j.cAr('cai töjv [rjsrr;piiov •j'irEp r^ [c Ouci'a;] :^7 i'Ojsav
£v ToT[c 7rp]bc 'ÄYpav [i.'j!:rr,p|[{oi;], äy^iÖs^ U)y^£t B£ocy_0at tcT ßo'jAsT
TOu|[c '::p]o£B[po]'JC S'l av Aäy(OCtV 7:pO£Op£'J£'.V £V T(i):[l cy^[/.(«) £1]?
Tr,v iTT'.oijjav iy.y.Ar^siav -poc:3:Ya|[Y£T]v aüropjc] 7rp[b|q tbv o^[ji.ov
y.al /pY;;j.xT{sa'., Yli"'^'^!-''''"*]''' ^^ ;'j[x[,'i]a/>A£sOx'. r^; ßs'JA'^i? ^i; tov
oy; [[J.ov], '6v. 'boY.eX TcT ßcjAiT, xic [;,£v itY^Öic 0£y£sO[a'.] ty]v ßouATjv
y.al Tov o^;j.ov a ©aaiv Y^Y^viva [i ijv toT; '.£poI; y.T/..
Es folgt dann die Belobung der Epimeleten der Mysterien und
die Verordnung der Aufstellung dieses Ehrendecretes im Eleu-
sinion. Was das Jahr des Archon Menekles betrifft, so setzt
ihn Dittenberger im Hermes II 299 ff. Ol. 124, 2 = 283 2 oder
124, 3 = 282/1 V. Chr., womit Köhler S. 141 zu nr. 316 über-
einstimmt. Derselben Zeit gehört ein Decret, welches an den
gleichen Fehlern leidet:
10) 352^ (S. 426), Z. 1 ff.:
K~'. A'.OY^'-'fOvoc äpyovTo; stcI Tr^c \T,[j:r,zz'. xooz oo)Oty.y.rr,c TpjTav£(a;,
•fj öccooxo; (:)£05rA0'j Ki'.p'.äsr,; syP^I-'-I-''^'^^'-'^'' " ^"/-'poc'Op'.wvo;; b'(o6v.
[>.tz' c'.y.äoar • iy.Y.KTfZ'.y. y,'jp'!a • twv 7:po£opojv i7:i'lir,o\.'^vf A'.iswpoc
'K-'.yapou Kozpstoc y.a; 7j;j.T:pc£o[p]o'. • £oo;£v tö> or,iJA<): !Ay.p2-
T'.;j.oc Aia/Jo'j 'ly.ap'.£'jc £{-£v • £-£'.M^ zaTp'.iv £7T'.v toT; latpoT; cao'.
or,;j.ccr'.S'jO'J(Jcv Ojc-.v -(o \\TAKrtTM<) xal t£T 'VY'.£''a See toj iv'.ayxo'j
■jT.ip -z ajTwv y.al twv 7(o;j.äT(ov wv £>ca7Tc;'. '.asavio, aYaO£'i x'jx£'.
Itoiyßy.'. Til ßo'JAsT, toj; zpoEopoj; i'i av hiyMzv/ zlz v'r,'/ £-to'j(jav
£y.y.Ar(7'!av ypr,i/ax'!7a'. -£pl tjjkov sv •.£pou, Y''t»>M'''i'' ^s xta.
Man kann bei diesem Alter beider Decrete nicht wohl
annehmen, dass das volle Bewusstsein der Bedeutung der ver-
schiedenen staatsrechtlichen Formeln nicht mehr lebendig war.
Da auch die öffentliche Aufstellung des ersten der beiden Decrete
Sitiuugsber. d. pliil.-liist, Cl. XC. Bd. lU. Htt. "t^
616 nartel.
wenigstens durch den Prytanienschreiber nach dem Wortlaut
desselben feststeht, Aväre man geneigt an einen Fehler des Ab-
schreibers zu denken, der r^ ßouXfj xal ausliess, was man diesem
um so eher zutrauen wird, wenn derselbe noch für eine zweite
Lücke in dem Protokoll verantwortlich zu machen ist, indem
der Tag der Prytanie hinter dem Monatstag übersprungen wurde.
Allein diese zweite Lücke findet sich in beiden Decreten. Es
wäre ein merkwürdiges Spiel des Zufalls, dass bei gleichartigen
Decreten, welche an jenem grösseren Fehler leiden, dieselbe
Schreibersünde sich sollte eingeschlichen haben. Nun ist seit-
dem die Beifügung des Monatstages (h) üblich geworden, der
Tag der Prytanie (g) ein so regelmässiger und nothwendiger
Zusatz des Protokolles, dass nur drei Li Schriften mit vollstän-
digen Präscripten ihn nicht haben , 238. 244. 439 ; denn in
231,2. 241. 280" ist die Ergänzung unsicher, 401 ahif und
481,1 (akhif) sind die Präscripten von Haus aus ganz un-
vollständig. Und von diesen drei ist mindestens 244 noch in
anderer Hinsicht, wie wir früher sahen (S. 593), privaten Ursprungs
verdächtig. Wir wollen uns mit den bescheidensten Folgerungen
aus diesen Thatsachen begnügen, dass Decrete von so zweifel-
hafter Exactheit nicht geeignet sind, eine sonst wohlbezeugte
Thatsache irgendwie zu erschüttern und etwa zu beweisen, dass
auch mitunter Bo^sv xw oriixo) in den Präscripten der probuleu-
matischen Formel vorausgehen konnte.
Es wird wohl kein Zufall sein, dass die meisten Defecte
und Mängel selbst solcher Urkunden, deren Ausfertigung einem
Rathsschreiber oblag, auf Inschriften getroifen werden. Avelche
Belobungsdecrete von Priestern, Aerzten, Prytanen enthalten
und die nicht avif dem feierlichsten und öffentlichsten Platze
Athens, auf der Burg, sondern an der Oeöentlichkeit mehr
entrückten Orten, in Tempelbezirken, im Eleusinion, Asklepieion
oder sonst wo aufgestellt werden sollten.
Coniplicirter sind die Verhältnisse, welche die abweichende
Formulirung
11) der Inschrift 409 erklären. Sie lautet Z. 1 iF. :
[twv "irposopcov eTcsd/'/^i/tuSv 6 othy. /.jal Gu^iJ.-Tzpztzpo'. ' looSsv
Tw] 0'/]ix(o[i • c ocTva — ]paT3'j Aa[j.[';:Tp£u; eiTTSv • üj-sp <ov o'(
TE c^xpxTrf^[o\ AiY0'j]c7'.v 7.at b c-?;j;.o[c £'i;v]j''.(7-a]i (?) •rrpsjßiiav
a c! ToTc £U£pYiT[ '/]pv.ixq 'Tzxps.cyr, — otmq] (3cv y.upt«'.
&
Studien über uttisclies Staatsrecht iiml Urkuntlenwesen. I. (31 i
od c(ji)p[cal (i)7'.v|, yi'(y.(ifi rJy-f] o£[oc)(oa'. -f, ßsj'JAr, toIi; 7:poi[opo'jq
oTt'.Vcc] «v Aay_o)7tv 7:po[£ops6s'.v slq] ty;v syaXr^aiav ["/pr,[j.aTiffai]
CTt o[ci/.£'i rfi ßouAYj, s-rrJÄ'.vs^a! Ms tcj llxpi3!v[bv /.ai
-jvaüxo'j [ . - — y.y.\ ] llaptavbv /,[at Jojto'j 'O/.jv-
[O'.ov xai Najoopd'xou
Einiges Licht fällt auf dieselbe durch die Inschrift 126,
auf welche wir genauer an einer späteren Stelle zurückkommen.
Hier nur so viel. In beiden Fällen war nämlich ein Volks-
beschluss vorausgegang-en, welcher den Kath, vielleicht unter
gewissen Voraussetzungen, die sich inzwischen erfüllt hatten,
ermächtigte, einen Antrag zur Verhandlung und Abstimmung
vor das Volk zu bringen, was nur in der Form eines probu-
leumatischen Decretes gesciiehen konnte. Auf jenen Volks-
beschluss bezieht sich I2(i unverkennbar schon durch die sonst
ganz unerhörte Form von c : 'ioozi t(o c-/^|ji.(;) xat ty] ßojAf,. Dieselbe
Foi'mel ist in unserer Inschrift wegen der Raumverhältnisse
kaum herzustellen ; aber es scheint, dass mit soocs T(o oV;ij.'>) hier
dasselbe wie dort durch die ungewöhnliche Stellung ausgedrückt,
dass dadurch auf den vorausgegangenen Volksbeschluss hinge-
wiesen werden sollte. Uebrigens ist die Inschrift in einem anderen
Punkte einzig mangelhaft: es heisst in der probuleumatischen
Formel zlc ty;v iv.v.Kr^'j'.y.v statt s'.c Tr,v stt'.oDsxv iY:/.\r,ciyM.
Eine unter keinen der bezeichneten Gesichtspunkte
fallende Ausnahme, die zunächst als solche anerkannt werden
zu müssen scheint, bietet
12) 331 Z. 1 ff.:
Ty.[jJ.xz 7-:pa'na)[x'.'/.oüv]
FJjpj7.\zior,z Mr/.twvoc [K-^jötcisuc].
['Ej::'; A'.o;j.£oovToc äp-/ovTcr a::! vr,z [ coq otY.irqc -pj-
■jTaviia;, f, (l^opjzvJ.rr,: 'Apiaxoi)Avo'j A[ r;paiJ.[j.ä]-
[-rsj'jsv ' 'KAasr^ßoA'.wvo; ivs; y.xl via i[j\yto'/J.[JM i tj-
[f,q] Tzp'jzot.'/ziac, • iv.y.'kr^v.y. ■ twv ■::po£opo)v £['aS'Vf,c.'.!^£v ]-
. . xToc TcAsaivoj 'Ep-/'.s[u: y.]x; z'j\\).~pbilpy.\ '
£ 0 0 ; £ V T 0) oi, II. (i) •
|9£]iir^;j.oc Tt;j.oy,A£0'j; MzpzOwv.o; £'-£[v • ztm: av xpr,;AäT(i)v]
JTcJsp'.crOIvTcov £/£[ 0 '.y.[>.'.Oiq ii,£p('C£'.v Tic [o£cix£va, Tvx y.xia to]-
[v y,]Ä-x/>0'.-cv -/p:v;v toü ivia'JTO'j s'jvy.[o[J.'.uOro':'.v ci £X Y^;?]
[y,Jap-ol ;a£t' a^^aAS'lac • a7aO£T tj/£'. z.z[oiyj)-x'. rr, ßouAS^J
40*
618 Ilartel.
[t]c'j; \ot:/övx'j.z TTposopouc £t? ty)v £'ä'.oij[c-av iy.'/Xrfliy.v -/p-rjix]-
[aJTiiai ■rrspt toütwv, y''''*>H-'1^ ce gj\x'^£kkz\ai)ci.\ xr^q ßouX^<;, 5n]
Bo/.e'i T^ ßouAcT, Tob; ßouXoijivoi); xwfv tioAitwv xal twv aX]-
A(i)v TÖv O'.xouvTtov £v TY) TcsXci £TCioicd[vai £1;; TYjv c(orr)p(a]-
V T^i; TOA£W? %ca TYjV ouAaxrjV tyj; x^P'''? £[7uaYY2rAac6ai tcT ß]-
ouXcT •5^ Trpbc touc o-tpar^vouc a'jroYpä(J>a[s6at ivVo;; [j//]vbc Mo]-
UVl/UOVC?' [XY] £^£(7X0) OS [/.TjOcvl £7r'.OCijV3:[l 7:A£CV H H opa}([j.äjv]
[JL'/jo' TAaTTOV F' y.TA.
Es folgt noch die Verheissiing von Belohnungen;, die Verfügung
über Aufzeichnung des Beschlusses und der Namen derer,
welche einen Beitrag geleistet und über die Aufstellung, dann
heisst es
Z. 27 xb Be d^7][a;iqj-a t6o£, £7:£[0y;]
7U£pt TTOpou /pr^p-aTtov £ct1v aTpaT[a)Tty.w[v, £ivat a7:av dz, (fu]-
XaxYjv T^? y(i')pa?.
OtSe £Tr£oa)y.av Eiq tyjv c(j)[r/;p{av t^; 7:6]-
\zis)q y.al r})V ®u7^ay.Y;v x-^<; [xt»>p*? ■''-3:i;3( xb]
'>/^cpiffp.a xou ov^[j-ou.
Dann folgt das Verzeichniss der Zeichner und der gezeichneten
Summen.
Man entschliesst sich ungern dazu, einen so schweren
Fehler im Protokoll eines Decrets, dessen Aufzeichnung aus-
drücklich dem Staatsschreiber übertragen wird, anzuerkennen,
und auf Flüchtigkeit oder Unkenntniss zurückzuführen. Allein
dass selbst officielle Concepte hie und da die Sanctionirungs-
formel nicht aufgenommen haben, sahen wir früher und ver-
mutheten, dass der intelligentere, den Defect bemerkende Stein-
schreiber in einem solchen Falle eine Zeile zur Ergänzung frei
Hess. Auch hier occupirt £oo^£ xö» oi^\JM eine ganze Zeile und
könnte mithin der Steinschreiber ohne weitere Unterstützung
oder Berathung die Lücke nach Gutdünken ergänzt haben, etwa
nach Z. 30 ff.: otoe ETceSo)/.^/^ — [y.axa xb| (l>7^9'.c-ixa xoj o-/j[j,ou.
Uebrigens möchte man vermuthen, dass der Schlusssatz des
Psephisma's Z. 27, welcher nicht etwa die ausschliessliche Ver-
wendung der gezeichneten Summen für Zwecke der Landesver-
theidigung bestimmte, sondern dem Beschluss eine ganz be-
sondere, mit unseren Mitteln leider nicht mehr festzustellende
Bedeutung und Prärogative verlieh, erst nachträglich durch
Amendement hinzugekommen sei, so dass wir nur einen Auszug
Stadien über attisches Staatsrecht und Drknndenwesen. I. 619
der ursprüno'Hchen Fassung vor uns liiittcn, wenn diese Be-
stininmng- nur nicht überall, wo sie sich findet, am »Schluss
angebracht wäre (vgl. nr. 225. 595 und andere Belege bei
Böckh Staatsh. 12 398'', Urkunden über Seewesen S. 467, 540).
Aber ein anderer Umstand lässt es doch fraglich erscheinen,
ob der Staatsschreiber für die verfehlte Sanctionirungsformel
verantwortlich zu machen sei und ob wir die Originalurkunde
und nicht vielmehr ein Apographum, welches der TajjL'!«; sxpaT'.w-
T'.y.div Ehp'jySAeio-qq hatte anfertigen und aufstellen lassen, besitzen.
Denn wie will man, wenn dieser nicht der Aufsteller war, es
erklären, dass er an der Spitze der Inschrift mit grösseren
Lettern figurirt? (Vgl. oben S. 549).
Es beruhen also von den Ausnahmen, dass auf ioo^e xo)
cr,ij,w die probuleumatische Formel folgt, sechs auf unrichtiger
Ergänzung neuerer Herausgeber (1. 2. 3. 4. 5. 6), vier auf einem
Versehen, sei es des Steinschreibers oder des ursprünglichen
Conceptes, welches bei zweien durch die Summarien so gut
wie aufgehoben (7. 8), bei zweien durch einen anderen Mangel
des Präscriptes als solches verbürgt wird (9. 10), in einem Fall
scheint score tw ct'jm durch die das Probuleuma veraidassende
Initiative des Demos hervorgerufen zu sein (11). Nur ein
Fall bleibt ohne concurrirende Umstände als Verletzung der
Regel übrig (12), wenn die Inschrift wirklich das vom Staats-
schreiber besorgte Exemplar der Urkunde enthält.
Wir haben weiter noch zwei Ausnahmen der Art zu ver-
zeichnen, dass in den Präscripten statt koo;£ t-^ ßs'-»/-'?] v-«'- '"i>
ir,[j.M das Merkmal Bo^t ifi ßojAfi steht, obwohl beide Urkunden
in der probuleumatischen Formel das untrügliche Zeichen
probuleumatischer Decrete an sich tragen. Denn auf 434 steht
nichts im Wege der probuleumatischen Formel entsprechend
zu ergänzen Bo;e zzX ßo'jX[£T /.y). -o» c-z^y-o)]. Beide sind auch
insofern mit einander verwandt, als sie Cultusangelegenheiten
betreffen. Die bezüglichen Inschriften sind 168 und 403.
Die erstere enthält ein probuleumatisches und ein Volksdecret;
beide beziehen sich auf ein Gesuch der im Piraeeus ansässigen
Kaufleute aus Kition um Errichtung eines lleiligthumes ihrer
620 Hartel.
Aphrodite, worüber bereits des Näheren in den demosthenischen
Studien II 430 ff. [68] gehandelt worden ist. Das probuleu-
matische Decret lautet:
0£Oi. 'EtcI ]Nty.o/,paTOu? ap-/ovToc ext vr^q A.l-^d'Boq Tzpunr^q izpu-
xavsia? • Twv ■HfosBpojv izt<l)T,zi'Cz'/ Qsi^Ckoq *I>-r)YOU(7to; ' £Oo^£v
T^ fjo'j'hfi ' 'AvtiBoTOt; 'AT^oAXooojpou ^L'jTraAr^Ti'.oc sittev -spl ojv
As^oudiv Ol K'.v.ti: rspc r^c '.opujetwt; -f| 'AspooiTYj xou Ispoü,
l'^'/j^fcOa'. TcT ßGuAcI Touq TrpccBpou? Ol av Aa)^o)[!j]iv •;:pO£op£'j£iv v.q
xrjV Tupwx"/;'/ £-/,y.Xr,ciav -pCffaYaYsTv czutouc y.al '/pr^jj.axi'jai, Yvw[r/;v
§£ HuvßäXXiGÖai T^? ßo'JAr^c £i? tov o-?;[aov oti OQv.zi t^ ßouAcT,
ay.o6c7avTa tov o"^[j.ov twv KiiiEioiv 7U£pi xrjq lopuasio)«; toü i£poij /.al
aXXou 'AOr^vaiwv tou ßouXojjLsvou ßo'jX£U!7a(70ai o ti av auxw oo/,;!
apiffxov £ivai.
Die zweite regelwidrige Urkunde findet sich in dem
jAktenfascikeP, das sich auf den r^piyiq laipoc bezieht und von
Gustav Hirschfeld im Hermes VIII 350 ff. edirt und erklärt
wurde, dessen Text nun in revidirter Gestalt mit Benützung
von Kumauudis' Ausgabe ('A6Y]vaiov III 262 ff.j im CIA. II
nr. 403 vorliegt. Köhler setzt es an das Ende des 3. Jahr-
hunderts V. Chr., Hirschfeld hält es für etwas jünger, Kuma-
nudis für älter. Dasselbe umfasst drei Aktenstücke 1) ein
Decret, durch welches mit Bezugnahme auf eine Verhandlung
des Priesters dieses Heros vor dem Rath in Anregung gebracht
wird, aus den im Heiligthum des r,puiq laipö? vorhandenen Weih-
gegenständen und Geldstücken dem Heros eine Oinochoe zu
giessen, 2) eine Verzeichnung der betreffenden Gaben, 3) die
Rechnungsablage, woraus ersichtlich wird, dass es sich im
Ganzen um die Bagatelle von um etwas über 230 Drachmen
handelte. Uns interessirt hier nur das erste Decret, welches mit
Köhler's Ergänzungen lautet:
Hpo) laTpjj)
EüxA'^; Euv6[j,o'j
KEspaAYjOcv
av£6"/;/.£v
e£o[';j-
5 'EtcI öpacuqjwvTO? ap-/ovTOc [etci Tr;c IlavBi]-
ovi'^oq exTr;«; -puTaVii'xc, y; [6 osTva — j-
Tou Daiaviclti; i-^paii.iJ.i':e\^je^ • ornwj 'ir^j-
Studien über attisches Staatsrecht uml Urkundenwcseu. I. (521
s-c'jjj.aTa • iMaqj,ay.T7;p'.wvoc - - - -,
r/.T£t -/.at osy.aTS'. rf,: ~p'j-:[x^/tioLq • iy.xXr,]-
10 c(a y.upi'a ev tw Osaxfpjo) • t[wv 7:pciopwvj
£TCc'><;cp'.'C3v KAcC[j,a/oc Aa
<7'.oq y,<x\ G'j[).7:p6z.opo'.'
SCO^cV T£l iiOUA[ilJ-
'E|xt:£o{wv lvj!;,r//vOU Ivjwv[uix£'j; cI-£v] •
•jTzsp wv r>jv ■rrpiscscv 7:£[7:ci-/;-ai 6 kpc'jd
Tou rjpMzq TO'j -aTpoü 0?o[- - oTMq &^/ k]- .
y. Twv T'JTTwv TO)V ava/.£t[[/£vwv £v T(o i£po)j
7,at TO'J äpYup'io'j ■AXTOiG\y.vjoi.a()ff avx]-
0[r,];;.a tÖ) 0£ro (o)?vo/5[-^ _ _ _ _|^
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[-:]p£T^ o£ £r ca'JTcTj[v y.T/..
Diese Commissioii, so heisst es weiter, soll die Aiifeitiüiui":
des Weihgescheukes und der Aufsuhrit't besorg-en, dann Rech-
nung' legen (Z. 39 a oh av oaovo!xv;co)o-iv, asviv xaiaßaA^aOat aÜToü?)
und dem Gotte ein Opfer darbringen. Zum Schlüsse wird das
Wahlresultat mitgetheilt, über die Aufzeichnung- des De-
cretes aber nichts verfügt.
Aus diesem Mangel schon ist zu entnehmen, dass das uns
vorliegende Decret nicht ofticiellen Ursprungs ist, sondern
privat. Wie G. Hirschfeld bereits richtig erkannt hat, wird
der in der zweiten Zeile genannte Eukles auf seine Kosten
die Inschrift gesetzt haben. Man könnte dagegen nur geltend
machen, dass in den Präscripten die Erwähnung des Schreibers
Z. 66 nicht fehlt und mithin die Urkunde legalisirt zu sein
scheint. Auf diesen Einwand enthält die frühere Untersuchung
S. 577 die Antwort. Der Schreiber ist hier nichts als eine
Signatur des attischen Archivs ; für die naive Wiedergabe
dieser Signaturen fühlen wir uns dem simplen Copisten zu
besonderem Danke verpflichtet, indem derselbe sogar die Auf-
schrift cy;;xo'j '}r,s's[j.a-3: in unveränderter Form aufnahm, obwohl
ja nur ein Volksbeschlnss den Akten entiioiniiicn wurde;. Er
622 Hartel.
mag- vielleicht in rlieser irrig-en Meinung dadurch bestärkt worden
sein, dass ausser dem einen Volksbeschluss mehrere Beilagen,
die diesem angeschlossen waren, auf denselben Stein kommen
sollten.
Dass nun das Merkmal soo^s t^ ^ouay) der beiden Decrete
auf einem groben Irrthum, gleichgiltig ob des Copisten oder
des Steinschreibers beruht, lässt sich nr. 403 aus den Prä-
scripten selbst in willkommener Weise unwidersprechlich dar-
thun. Ich verweise nicht auf den Bestandtheil k (orjp.ou 'ir(9t(j[j,aTa),
in welchem das entscheidende Wort o-(]p.oi) auf Ergänzung beruht ;
aber der Bestandtheil i {h^-^krfia y.upia bi xm Ösätpo)) bezeugt,
dass dieser probuleumatische Antrag in jener Volksversamm-
lung, welche durch das Protokoll datirt wird, zur Verhandlung
und Annahme kam. "Eoo;e xr^ ßouX^ steht also hier nicht blos
mit der probuleumatischen Formel, sondern mit den Prä-
scripten selbst in nicht wegzudeutendem Widerspruch.
Ebenso wenig Bedeutung kommt dem gleichen Irrthum in
168 zu; denn nicht minder zuverlässliche Indicien sprechen für
die private Aufzeichnung und Aufstellung auch dieser Urkunde.
Es wird nämlich nicht blos über die Aufstellung derselben
nichts, weder von Staatswegen noch überhaupt beschlossen,
sondern es fehlt auch die Legalisirungsclausel o osTva s^pai^-
\}.ä.xtxiV) und die Präscripten liegen in einer officiellen Akten-
stücken dieser Zeit (Ol. 111, 4 = 333/2 v. Chr.) fremden Kürze
vor {ad' e cf"). Unter solchen Umständen wird man einige
sprachliche Vulgarismen, deren in den wenigen Zeilen des
probuleumatischen Decretes drei begegnen ^zweimal Bpüaeito?
und KtTisi'wv), während das Volksdecret 168, 2 sich davon frei
hält imd correct Kcxteiov schreibt, nicht als bloss zufällig anzu-
sehen geneigt sein; denn st für e tritt, von 115'' abgesehen,
doch nur sehr sporadisch auf, so ßatjiXsÜa 263 (vgl. Köhler's
Bemerkung zu d, Inschr. und zu nr. 269), 7pa[j.[xax£'to: 277, hpiiMc,
'AOv^v. VI 134 Z. 1, ilevpacii'ojc Conze im Anzeiger der Akademie
nr. IV V. J. 1877, 'Alaizioyc ['A'Ka'.iMq Kumanudis) nr. 1053 der
'ETCtYpacal iTrixüjj.ßict, Octojvxa'. nr. 119 Z. 14, y.siwvTai 573 Z. 10,
£?av 115'' Z. 30 und 47, s'.auTcv 115'' Z. 13, um von der häufigen
Form 3(op£ia CIA. I nr. 8. 25, II 1" Z. 23, 115 Z. 3, 115"
Z. 2, 121 Z. 20? 311 Z. 51, M-^vatov VI 152 Z. 20. 23 abzu-
sehen, in welcher eine alte, richtige Bildung zu erkennen ist
Studien über attisches Staatsrecht und ürkundenwesen. I. 623
(vgl. A. Schaefer Rh. Mus. XXXTTI 422 und A. Naiick Melanges
Greco-Romains tires du Bnlletin de V Acadernie de <'St. Petersbourg
tom. IV 1878. S. 404, Anm. 10).
Wer wird bei solcher Sachlage behaupten wollen, in looit
-fj ßoüX'^ lieg-e nicht ein Irrthum des Conecptes, sondern ein
richtiges Merkmal, welches die Präscripten des Decretes auf
die Kathssitzung, in welcher es beantragt wurde, zu be-
ziehen zwinge? Auch wenn durch meine frühere Behandlung
desselben nicht erwiesen wäre, dass der zu den Upa y.al Ic\cl
gehörige Gegenstand, auf welchen sich die Beschlüsse beziehen,
nicht sofort in einer Volksversajuniluno- verhandelt und ent-
schieden werden konnte, sondern dass derselbe in einer voraus-
gehenden Ekklesie förmlich eingebracht und procheirotonirt
werden musste, selbst dann wäre es unzulässig anzunehmen,
dass über eine solche interne Angelegenheit des Rathes, wofür
dieselbe unter solcher Voraussetzung doch nur gelten könnte,
eine eigene Urkunde aufgesetzt und in einem Formular conci-
pirt worden sei, dessen Wortlaut schon (7vco;rf,v os ;'j[xßaAA£!;9ai
ty;c ßc'jXv;«; t\q t'ov o'^jj.ov) darauf hinweist, dass sie nur durch
die Zustimmung der Ekklesie rechtskräftig werden konnte.
Wir hätten dann wenigstens ein gewöhnliches Rathspsephisnia
ohne die probuleumatische Formel zu erwarten.
Es kann mithin keinem Zweifel unterliegen, dass die beiden
mit dem unrichtigen Merkmal sco^e x^ ßo'/AY] ausgestatteten Pse-
phismen probuleumatische Anträge sind, wie die zahlreichen
anderen mit dem richtigen Charakteristicum looqvi x^ ßouXf, y.a:
To) or,[j,w, und dass sie in derselben Weise in der Ekklesie ein-
gebracht und behandelt wurden wie diese. Der Aktenauszug,
welchen in dem einen Falle Eukles, in dem anderen die kiti-
schen Kaufleute in die Hände bekamen, enthielt die Sanctio-
nirungsclausel nicht ; beide ergänzten aus der probuleumatischen
Formel i-Lr^cpisOat (osoiyOai) -r^ ß^'jX-?; xouc -K^oiop-jz /.ta., was auf
der Hand zu liegen und KjS durch den Gegensatz des unmittel-
bar folgenden Volksdecretes geradezu gefordert sciiien, Bo^sv
r?] ßo'jX'^,
Es erübrigt noch die Besprechung jener Fälle, wo die in
den Präscripten erhaltene Signatur sco^sv -r^ ßo'j/.vi y.ai xö) oy^imo
ein probuleumatisches Decret erwarten lässt, während Fassung
und Inhalt desselben zeigen, dass in ihm ein in der Ekklesie
D<&4 llartel. Studien über attisches Staatsrecht und Urkundenwesen. I.
perfect gewordener Volksbescliluss formulirt vorliegt und die
probuleumatische Formel notliwendig ausgeschlossen war. Die
Zahl dieser Ausnahmen ist eine überraschend kleine, über-
raschend deshalb, weil man erwartet, dass wenigstens die Pro-
tokolle der Ekklesie rückblickend mit einem zoozzv xf^ ßouArj y.al
xw or,\jM auch des Antheils, den der Rath an der Einbringung
und Formulirung der Anträge gehabt hatte, gedenken und so
gleichsam die passirten Instanzen resumiren, zumal bei allen
wichtigeren Verhandlungen, nicht bloss bei Staatsverträgen, die
Hauptarbeit ohne Zweifel von der Bule geleistet wurde. Wenn
man bemerkt, mit welcher Sparsamkeit und in wie ganz ein-
zigen Fällen man dieser Rücksicht Rechnung zu tragen sich
entschloss, ist es fast, als habe man durch Vermeidung dieser
Gleichstellung von Rath und Demos dort, wo eine Willens-
meinung des souveränen Volkes zum Ausdruck kam, der Vor-
stellung einer staatsrechtlich äquivalenten Stellung vorbeugen
wollen. So ging man von der Regel nur ab in besonders feier-
lichen Verträgen mit auswärtigen Staaten und Gemeinden, in
Ehrendecreten angesehener Fremden, von denen Abschriften
auch auswärts aufgestellt wurden. Ob aber dabei allein oder
in erster Linie die Absicht waltete, durch zoozt xf, ßcJAY) y.al xw
0Tt[j.(>) die gesammten Gewalten des athenischen Staates zu prä-
sentiren oder ob nicht andere Umstände veranlassend waren,
diesen Volksdecreten das Merkmal 'iooczv xyj ßouAf^ /.al xö) o-qj.M
vorzusetzen, welches damals ausschliesslich probuleumatischen
Decreteu zukam, werden wir erst nach Vorführung und Prüfung
der einzelnen Fälle vmtersuchen können.
Sauer. Ueber ilen fünffftssigen lambus vor Lessing's Nathan. 625
üeber den fÜJiffiissigon lambus vor Lossiügs
Nathan.
Von
Dr. August Sauer.
1. Gottsched. 2. Bodmer, "Wieland, Klopstoek. .3. Die beiden Schlegel.
4. Cronegk und J. G. Jacobi. ä. Lessiug und seine Scliule. (>. Herder und
Esclienburg. 7. Kleine Dramatiker.
Ziarucke hat in seinem Programm , Ueber den fünf-
füssigen lambus' ' eine Gesehiehte desselben in der deutsehen
Poesie von seinem ersten Auftreten bis zu Goethe in grossen
Zügen geliefert, Lessing's Vers im Nathan und Schiller's
iambische Dramen ausführlich besprochen: die allmälige Ent-
wickelung dieses Verses seit den vierziger Jahren des vergan-
genen Jahrhunderts nur angedeutet. Die nähere Untersuchung
ergab eine Fülle einzureihenden Materiales und den historischen
Zusammenhang der einzelnen Versuche. Vieles Unbedeutende
musste besprochen, manches in sonstiger Beziehung minder
Wichtige ausführlich behandelt werden. Dass bei einer der-
artigen Durchforschung einer ganzen Periode, wobei ein syste-
matisches Vorgehen kaum möglich ist, dem Zufalle noch I\ranches
zu entdecken übrig bleibt, ist leicht zu ersehen: aber auch
von dem Nachgewiesenen war nicht alles zugänglich und der
Abschnitt über Gottsched ist dadurch minder vollständig
geworden, als beabsichtigt war. Einzelne fünffüssige Verse,
Leipzig 1865. Vgl. ferner Berichte über die Verliandlungen der sächs.
Gesellsch. d. Wiss. zu Leipzig, philos.-hist. Klasse 22. Band 1870:
Zarncke, Miscellaneen geriuanist. Inhalts, S. Zur Geschiclite des fünf-
füssigen lambus S. 20<S ff.; und Dr. Gustav Daune hl, Geschichte des
reimlosen fünffüssigen iambisclien Verses (rrogranim des fiirstl. Gymu.
zu Rudolstadt, 1870).
626 Sauer.
welche unter anderen läng-eren oder kürzeren zerstreut sich in
reimlosen Gedichten finden, habe ich nicht berücksichtigt; aus
diesem Grunde auch die Öing-spiele und Melodramen nicht heran-
gezogen: die einzige Ausnahme, die bei Wieland gemacht
wurde, rechtfertigt sich von selbst. Wo Wiederholung überflüssig
schien, habe ich auf Zarncke verwiesen; die Termini sind die-
selben, die er gebraucht; nur der Begriff des Hiatus ist seither
durch Prof. Scherer's Untersuchung genau festgestellt worden.'
Die grösseren Zahlen sind in runder Summe aufgeführt, die
kleineren durften nach mehrmaliger Prüfung als genau an-
gesehen werden; wo absolute Vollständigkeit in Aufzählungen
angestrebt wurde, ist dies ausdrücklich bemerkt.
1. Gottsched.
In dem Briefwechsel, welcher sich im Jahre 1738 zwischen
Gottsched und dem Grafen E. Chr. von Manteuffel über
die Zulässigkeit , ungereimter'^ Verse im Deutschen entspann, ist
eine Aeusserung Gottsched's sehr wichtig, indem uns dieselbe
den Standpunkt genau bezeichnet, den er sein ganzes Leben
innegehalten hat; er gibt zu, dass die gereimten Verse den
Ohren besser gefallen als ungereimte. ,Aber ich bin auch
niemals der Meinung gewesen, dass man im Deutschen alle
Reime abschaffen solle. Nur Uebersetzungen der alten und
ausländischen Poeten, worin ohnedies so viel Zwang ist, sollten
von Rechtswegen dieses Vorrecht haben, ohne Reime zu er-
scheinen, bis etwa die Ohren der Deutschen diese Art gewohnt
würden, und irgend einmal ein grosser Dichter aufstände, der
Geschicke, Feuer und Herz genug hätte, ein Heldengedichte
oder ein Trauerspiel ohne Reime zu machen' (Danzel, Gottsched
und seine Zeit S. 29). Es ist derselbe Gedanke, den er schon
1730 in der Critischen Dichtkunst (S. 312) ausspricht: ,Wie ein
Milton in Engelland ein ganz Heldengedicht ohne alle Reime hat
schreiben können, welches itzt bei der ganzen Nation Beifall
findet: so wäre es ja auch im deutschen nicht unmöglich, dass
ein grosser Geist etwas neues in Schwang brächte'.
' lieber den Hiatus in der neueren deutschen Metrik: Commentationes
philologae in honorem Theodori Mommseni (Berolini 1877) S. 213 — 226.
Ueber den fünffüssigen lainbus vor Lessing's Nathan. 627
Dieser grosse Geist und g-rosse Dichter war Gottsched
nicht: er hat aber tlieoretisch die reimlosen Verse und speciell
die reimlosen iambischen Verse immer vertreten und auch einige
Versuche in denselben hinterlassen.
In der Critischen Dichtkunst (S. 315) führt er unter den
Vortheilen der ungereimten Verse auch den an, dass wir in
Schauspielen dann bald glücklicher werden würden, als wir noch
zur Zeit sind. Er meint. , Tragödien und Comödien können und
sollen von rechtswegen in einer leichten Art von Versen ge-
schrieben sein, damit sie von der gemeinen Sprache nicht merk-
lich unterschieden, und doch einigermassen zierlicher als der
tägliche Umgang der Leute sein mögend Ein Seitenhieb gegen
die Oper fällt ab, auch klingen ihm die Keime zu studiert und
erinnern ihn ohne Unterlass, dass er nur in der Comödie sei;
dann lobt er die Engländer: ,In diesem Stücke haben die heu-
tigen Engländer auch vor den Franzosen den Vorzug, indem
sie nach dem Exempel der Alten in vielen ihrer besten Tra-
gödien nur ungereimte Verse brauchen, da hingegen diese lauter
reimende Helden aufs Theatrum stellen-. , Sollte ich es einmal
wagen' — so schliesst er — ,ein Trauerspiel zu machen, so
will ich es versuchen, inwieweit man hierinn wider den Strom
schwimmen könnet Ganz ähnlich sind die Worte, welche er
in der Grundlegung einer deutschen Sprachkunst (3. Auflage
1752 S. 617) gebraucht; besonders weist er hier auf die Ver-
w^endung dieser Verse im Lustspiele hin und wünscht, dass
bald ein glücklicher Dichter diesen neuen Lorbeerkranz sich
erwerben möge. In einer Anmerkung fügt er aber hinzu: ,Die
ganze Schwierigkeit ist nur, die Comoedianten zu bereden, dass
sie reimlose Stücke aufführen. Da sie aber auch prosaische
Lustspiele auswendig lernen können: so würde sichs auch mit
reimlosen Versen wohl thun lassen'.
In allen diesen angeführten Stelion hat Gottsched ebenso
sehr oder vielleicht noch mehr den reimlosen Alexandi'iner als
den fünffüssigen Jambus im Auge. Wenigstens ist die in der letzt-
erwähnten Anmerkung genannte Uebersetzung des Agamemnon
von Thomson eine 1750 zu Göttingen erschienene in reimlosen
Alexandrinern. In den Critischen Beiträgen (1. Band 1730
S. 99 f.) wiederholt er seine Ansicht, dass im Trauerspiele und
überhaupt in den theatralischen Gedichten das verdriessliche
628
S a 11 e r.
Reimen abgeschafft werden solle, und theilt dann ein Bruch-
stück einer Uebersetzung des Cato von Addison mit (1. Act,
1. Scene 3G Verse) in reimlosen Alexandrinern: alle stumpf
bis auf einen Vers. Diese Probe setzt er nun, weil er Enjam-
bement und Caesur anwendet, dem Verse der Mi 1 ton Über-
setzung aus dem Jahre 1682 entgegen.
Es ist nothwendig, dass wir diese kurz betrachten. ,Das
verhistigte Paradejp, .... in unser gemein Teutsch übergetragen
und verleget durch E. G. V. B.', Zerbst 1682, war schon zu
Anfang des vergangenen Jahrhunderts ein seltenes Buch ge-
worden: J. U. König, der selbst ein Exemplar zur Verfügung
gehabt haben muss, bemüht sich vergeblich, für Bodmer eines
aufzutreiben. ^
Der Verfasser nennt sich am Schlüsse der Widmung Ernst
Gottlieb von Berge. Goedeke (S. 503) und Zarncke (S. 19)
glaubten aus einigen Worten der Vorrede schliessen zu müssen,
dass Berge eine ihm bereits vorliegende Uebersetzung fort-
gesetzt und vollendet habe; er spricht nämlicli in der Vorrede
von dem englischen Werke, ^welches, so bald nur in seiner
Sprache es durchlesen, mich alsofort veranlasst, auf gleich-
massige Art, wie es unlängst zuvor von dem berühmten Herrn
Theodoro Haaken, fürnehmen Mitglied der Curiösen König-
lichen Gesellschaft allbereit angefangen, vollends überzutragen
und durch den Druck ans Licht zu bringend Er muss also eine
iambische Uebersetzung von Th. Haacke gekannt haben; weiter
besagen diese Worte nichts: innere Gründe lassen sich aber
nicht dafür geltend machen, dass er jene Uebersetzung zu Grunde
legte; Sprache und Stil, sowie die Behandlung des Verses zeigen
nirgends erhebliche Unterschiede: auch die Methode des Ueber-
tragens ist dieselbe. Die Uebersetzung von Th. Haacke, der
überdies damals noch am Leben war, scheint niemals gedruckt
worden zu sein, wie auch Koberstein 2, 93 richtig vernmthet.
Was A. Brandl aus dem von ihm in der Anglia veröffentlichten
Briefe Königs an Bodmer geurtheilt hat, beruht auf einem
Irrtum. König spricht deutlich von ,dor Milton'schen Ueber-
setzung', von welcher er im voraufgehendon Briefe (Litterarische
' Brief an Bödme r vom 8U. April 172ö. Anglia Zeitschrift für englische
Philol. 1, 4G1.
üebor ilen fünffüssigen I^mbns vor Lessing's Nathan. 629
Pamphlete S. 40) Bodiner Kachiiclit gegeben und welclie dieser
inzwisclien von ihm wahrscheinlich zur Leetüre begehrt hatte;
überdies gebraucht König in dem darauffolgenden Schreiben
(B. H. Brockes von A. Brandl S. 141) von der Berge'schen
Uebersetzuug fast wörtlich dieselben Ausdrücke, so dass auch
dadurch die Identität des besprochenen Buches gesichert ist.
Berge's Uebersetzung, welche Gottsched und Bodmer
kennen lernten, will ich kui'z charakterisieren. Er ahmt den
Vers Milton's nach; seine Verse sind iambische Fünffüssler,
vier- und sechsfüssige Verse werden selten eingemischt; unter
den 784 Versen des ersten Buches sind nur zwei Sechsfüssler
S. 11 und 20 und ein vierfüssiger 17; im zweiten Gesänge
unter 1054 Versen drei sechsfüssige 86, 37, 57 und sechs vier-
füssige 39, 48, 49, 51, 56, 62; im dritten Gesänge unter 926
Versen je drei vier- und sechsfüssige; die Mehrzahl der Verse
ist stumpf, im dritten Gesänge z. B. nur 183 Verse unter
926 klingend; es finden sich Verse mit trochäischem An-
fange: 74 ,Ihres Verstands'; auf Vermeidung des Hiatus wird
kein Gewicht gelegt; besonders roh zeigt sich aber der Ueber-
setzer in seinen Synkopen und Apokopen, welche an die Zeit
vor Opitz erinnern; abr, odr, wiedr, übr, allr werden sehr oft
einsilbig gebraucht, auch im Versausgang; daran schliessen sich
Worte wie Kummr, Gliedr, eitl, Schwefl, Felsn, drobn; G'blas,
Ung'stüm; auch Verbalformen bahnt'n, fass'n; zu vor dem In-
finitiv wird auch verkürzt z'entledigen, z'erregen; mit grösster
Freiheit ist das Enjambement verwendet; doch imterlasse ich
es, Beispiele dafür zu verzeichnen. Die Uebersetzung ist im
Ganzen schwerfällig, im Einzelnen oft dunkel und unvei'ständ-
lich: darin mag auch der Grund der geringen Verbreitung ge-
legen haben. ]3odmer sagt von ihr:' ,Ich finde nicht, dass
sie einiges Aufsehen erhalten habe. Auch war das Original
darinnen ganz verfinstert, es war ein Gerippe alles Lebens, des
Lichtes und der Farben beraubet'; ebenso Gottsched, Critische
Beiträge 1, 98: ,Der ehrliche üebersetzer hat wohl eine gute
Meinung gehabt, aber nicht Kräfte genug besessen, seine Er-
findung im deutschen angenehm zu machen'.
' Johann Milton's verlohnies Paradies übers, von Botlmer, Zürich 17'jlr,
1, Vorrede 33.
630 Sauer.
Was aber Gottsched diesen Vers besonders verhasst
machte, war der freie Gebrauch von Caesur und Enjambement;
dagegen eifert er in seinen sämmtlichen theoretischen Schriften
in der kritischen Dichtkunst S. 319 f., in der Deutschen Sprach-
kunst S. 606. An der ersten Stelle sagt er sogar: ,Was einige
Stümper unter uns anlanget, die in einigen Gedichten sich
einer italienischen Freiheit anmassen, und sonderlich in den
fünffüssigen Versen den Abschnitt bald nach der vierten, bald
nach der sechsten Silbe, bald auch wohl gar nicht gemacht
haben, so überlässt man dieselben ihrem Eigensinne und dem
Gespötte der Schüler, die den Uebelklang solcher Zeilen sogleich
wahrnehmend Die Stelle kann sich ebenso gut auf gereimte
als auf reimlose Verse beziehen; es ist mir aber, obgleich ich
in Berlin Alles, was in Betracht kommen kann, durchgesehen
habe, nicht gelungen, zu constatieren, wen Gottsched dabei
im Auge hatte. Doch glaube ich, dass gereimte Gedichte gemeint
sein müssen; denn als er in den Critischen Beiträgen 1732 (1, 98)
zusammenstellt, was seit 1682 an reimlosen iambischen Versen
erschienen ist, führt er nur S eck endo rf's Luc an Übersetzung
an, die 1695 gedruckt wurde, und die wenigen Bruchstücke in
den , Discoursen der Mahlern^ welche wir unten betrachten
werden: beide Versuche in reimlosen Alexandrinern mit regel-
mässiger Caesur nach der sechsten Silbe.
Von Gottsched's eigenen reimlosen Versuchen kenne ich
ausser der erwähnten Uebersetzung aus Cato nur folgende: In
der deutschen Gesellschaft in Leipzig eigenen Schriften steht im
zweiten Bande 1734 ein Gedicht an Herrn M. von Steinwehr
(137 — 141) in sechsfüssigen Versen mit Caesur nach der sechsten
Silbe, alle stumpf; und eines an Herrn M. Schellhof er n über
den frühen Tod seiner einzigen Jungfer Schwester [219 — 281) 79
fünffüssige Verse mit der Caesur nach der vierten Silbe, alle
klingend, ohne Enjambement und ganz hiatusrein; von dem
letzteren Gedichte 2'ibt Zarucke eine Probe. In der Vorrede
entschuldigt sich Gottsched, dass er versucht habe, ,in wie
weit man den Ekel der Ohren bei ungereimten Zeilen durch
ein reines Silbenmass und andre innerliche poetische Zierrathe
überwinden könne'. In Betreff des Ausganges sagt er, dass er
in dem ersten vStücke ,mit Fleiss lauter männliche Endungen
gebrauchet, um die lambus seuarios der Griechen und Lateiner
tJeber den fünffiissigen lambus vor Lpssing's Natlian. 631
uaclizuahmen, die sich allezeit mit einer lang-on Silbe schliessen'.
Dass er in dem zweiten Stücke nur weiblichen Auso-anfr ver-
wendete, begründet er damit, ,weil ich die zärtliche Art der
lateinischen Hendecasyllaben gerne im Deutschen ausdrücken,
und zu dem Ende auch hier lauter eilfsilbichte Verse brauchen
wollte, als welche mir dazu überaus bequem schienen; ob ich
gleich das übrige Silbenmass der Lateiner in solchem Masse
nicht beobachten konntet In den Critischen Beiträg;en 2 (1733),
155 stellt er einem Stücke der Seckendorf 'sehen Lucan Über-
setzung- eine eigene Uebertrag-ung dieser Stelle g-egenüber in
demselben Versmasse nur ohne Enjambement; überdies klarer
und verständlicher ohne der Sprache so viel Gewalt anzuthun.
Nach der deutschen Sprachkunst S. 606 imd nach den Critischen
Beiträgen 1, 98 stehen auch in seiner Zeitschrift: ,Der Bieder-
mann^ und in ,Der deutschen G-esellschaft in Leipzig gesam-
melten Reden und Gedichten' bei der Aufnahme des Freiherrn
von Seckendorf reimlose Gedichte von Gottsched, welche mir
aber nicht zugänglich sind.
Gewiss hatte Gottsched volles Recht in ,dem Neuesten
aus der anmuthigen Gelehrsamkeit' 1752, 2, 210 zu sagen: ,Ich
bin vielleicht mit einer von den ersten gewesen, welche die
reimlosen Verse zu gewissen Arten von Gedichten eifrig an-
gepriesen haben'.
2. Bodmer, Wielaiul, Klopstock.
Bodmer zeigte vom Beginn seiner litterarischen Thätig-
keit an grosse Vorliebe für den reimlosen Vers; in den , Dis-
coursen der Mahlern' (Zürich, 1721 — 1723j ist der siebente
Discours des zweiten Theiles (2. S. 49 — 56) gegen die Reime
gerichtet und die an den verschiedensten Stellen eingestreuten
poetischen Proben zeigen alle reimlose Alexandriner. ' Dass
» 2, 33—35: 74 Zeilen (Der Maler der Sitten, Zürich 174Ü. 1,40-4'J fast
ganz umgearbeitet); Widmung (2, 589—590); 3, 38—39 (fehlt in der
2. Aufl.); ;3, 179—181 (1, 188-190, etwas verändert); S, 183—184 (1,
190—192); 4, 123—124 (2, 157—160). Nur in der zweiten Auflage 174Ü
stehen 1, 294-295; 1, ;367; 2, 157—100; 1, 5«9 — 590. Der Pndelhnnd.
eine Erzählung, ist in gereimten fünffüs.sigen lamben mit freier Caesur
abgefasst (Der Maler der Sitten 2, 604— üll), denen nur aecha sechsfüssige
beigemischt sind.
Sitznngsber. d. phil.-hist. Cl. XC. B.l. IM. Hit. 41
632 Saüor.
aber Bodmer bald darauf den reimlosen Fünffüssler anwen-
dete, und zwar in einem Drama, beweisen ein paar Briefe von
J. V. König an Bodmer aus dem Anfange des Jahres 1725.
Am 30. April sendet er ihm Bruchstücke aus der Milton'schen
Uebersetzung- von 1682, , damit Sie sehen können, wie der Ueber-
setzer nicht nur ohne Reimen, sondern so gar schon in fünf-
füssigen Versen und auch ohne regulairen Abschnitt, überdies mit
Herüberwerfung des Verstands aus einem Verse in den andern
geschrieben, eben wie Sie mir eine Probe in Ihrem Drama:
Marc-Anton gegeben*. • Und am 15. Mai schreibt er, 2 dass
sein sonst so schönes Drama Marc- Anton zu keinem Singspiel
gebraucht werden könnte, ,weil die Recitative zu lang sind, und
zu wenig Arien hinein kommen könnten; ungeacht diese Piece
in ihrer ganzen Einrichtung, Caracteren, Ausdrückungen und
Gedanken unverbesserlich. Aber, da Sie gar keinen Abschnitt
in ihren fünffüssigen Versen beobachtet, auch die Reime dariun
weggelassen, so ist es mir damit, wie mit Bergens übersetztem
Paradiess ergangen, dass es nemlich fast kein Mensch, wegen
üngewohnheit von dergleichen Schreib -Art, lesen könnend
Meines Wissens wurde dieses Drama niemals gedruckt; ^ es
liegt aber hier der erste Versuch des vorigen Jahrhunderts vor,
den reimlosen Fünffüssler im Drama zu verwenden.
Dadurch verliert eine andere ßriefstelle, welche Zarncke
anführt,^ bedeutend an Werth; 1741 theilte C. F. Drollinger
Bodmer seine Gredanken über den fünffüssigen lambus mit und
schickte ihm das Gedicht ,Ueber die Tyrannej der deutschen
Dichtkunst',^ zu welchem er durch Pope'' angeregt war; es
1 Anglia 1, 461.
2 B. H. Blockes von A. Brandl S. 141.
^ Nachforschungen, welche Herr Oberbihl. Dr. J. Horner für mich in der
Züricher Stadt-Bibliothek anstellen Hess, ergaben ein negatives Resultat.
* Miscellaneen, S. 208 f.
^ Drollinger's Gedichte, lierausg. v. J. J. Spreng, Frankfurt 1745, S. 296
bis 297 mit folgender Anmerkung: ,Tst eine Nachahmung des Englischen
Vers- und Zahlmasses; Wer sich nach solchem richten wollte, könnte,
um mehrerer Lieblichkeit willen, den Abwechsel der steigenden und
fallenden Verse (d. i. stumpfer und klingender vgl. Koberstein 2, 94
Aum. 11) beibehalten'.
6 In der Bibl. d. seh. W. 4 (1758) 500 f. und 620 f. finden sich Auszüge
aus dem englischen Werke: An Essay on the Writings and Genius of
Ueber den fünffüssigen I;iml)ns vor Lessing's Nathan. 633
besteht aus fünffüssigen, jedoch gereimten lamben, die alle
stumpf sind; die Caesur ist frei, steht aber gewohnheitsraässig
häufig nach der vierten Silbe. Drollinger gesteht nun in dem
Briefe, dass der Versuch ihm , selber nicht klingen will' und
sucht Gründe dafür: , Vielleicht ist mein Ohr durch die Gewohn-
heit verderbt. Vielleicht auch schickt sich die deutsche Sprache
wirklich nicht so wohl zu dieser Versart als die enalische^
Dasjenige, was in diesem Versuche auf Bodmer Einfluss
gehabt haben kann, ist die freiere Caesur, welche Drollinger
selbst in andern gleichzeitigen iambischen Gedichten wieder
aufgab. '
Die ersten, wirklich gedruckten fünffüssigen lamben
Bodmer's finden wir in den ,Erzählungen aus Thomson's Enff-
lischen', d. h, aus den Jahreszeiten, welche er im Anhango zu
Thirsis und Damon's freundschaftlichen Liedern, Zürich 1745,
mittheilte; auch unter den Liedern selbst, die von Pyra und
Lange herrühren und welche Bodmer veröflFcntlichte, sind
reimlose fünffüssige lamben eingestreut; ^ so besteht das erste
Gedicht von Lange , Dämon empfängt von Horatz die Lesbische
Leier' in siebenzeiligen Strophen aus solchen Versen; die
zweite und sechste Zeile jeder Strophe sind stumpf, die an-
deren klingend (in der vorletzten Strophe ist statt der zweiten
die dritte Zeile stumpf; in der letzten Strophe ist auch die
sechste Zeile klingend). Die Caesur ist oft nach der vierten
Silbe. Auf Vermeidung des Hiatus wird kein Gewicht gelegt.
Pope. London 1756; die in demselben eitierten Verse ans Pope sind in
reimlosen fünffüssigen lamben mit freier Caesur übersetzt. Die Aufsätze
sind der erste mit E, der zweite mit M unterzeichnet.
' Der Deutschen Gesellschaft in Leipzig eigene Schriften und Uebersetzun-
geu, Leipzig, 3. Bd. 1739, S. 36ü Fabel, 367 f. Sinngedichte. (Gedichte 2,
140—141; 131.)
2 Am 12. April 1745 schrieb Bodmer an Hagedorn (dessen poetische
Werke 5, 188): ,Dieser Lange schreibt einen nachdrücklichen und leb-
haften Vers, wovon ich etwas gesehen habe' und tlieilt eine Strophe aus
,Die Kunstricliter' mit (Horatzische Oden S. 153). Er schliesst: ,Dieser
Lange soll Horazens Oden in dergleichen Versen übersetzet haben ; es
gieng ihm aber damit ebenso, wie dem Pyra mit der Aeneis. Man ver-
langte, dass er den göttlichen Gedanken Horazens den letzten Naclidruck
mit den Reimen gäbe; ehe er sich aber zu dieser Niedrigkeit entschliessen
wollte, hat er die Arbeit lieber unterdrückt'.
41*
634 ' f; aller.
Aus lauter fünffüssio-en lamben besteht auch das Gedicht S. 56
,Die Kunstricliter' von Lange: sechszeilig-e Strophen, die Verse
abwechselnd stumpf und klingend. Bei der zweiten Auflage
der Lieder, welche Lange 1749 veranstaltete, blieb diese Ode
weg, wurde aber unter seinen Horazischen Oden (Halle 1747,
S. 151 — 155) gedruckt. Auch auf die letztgenannte Sammlung
müssen wir rasch einen Blick werfen; sie enthält eine ganze
Reihe von Gedichten, aus vier-, sechs- oder achtzeiligen Strophen
iambischer Fünffüssler. Ihre Bedeutung ist keine grosse: sie
haben von den englischen Versen nur die freiere Caesur ent-
lehnt; Enjambement findet sich nicht oder fast nicht; die Verse
theilen sich in stumpfe und klingende, doch so, dass die letz-
teren oft überwiegen. Ich hebe nur einige hervor: 50 — 51 ,Auf
den Hr. v. Kleist' (darin ein Vers mit trochäischem Rhythmus:
,Doch gleich sah ich dich, wie Du mich lächelnd nahmst',
in welchem aber nach dem Druckfehlerverzeichnisse ,doch'
getilgt werden muss); 91 — 93 ,Die rechte Grösse, oder das Lob
der Schweizer' (darin 92 ein vierfüssiger Vers: ,Und lacht der
aufgebrachten Lästrung'); 99 — 100 ,An den Horatz. Im Jahr
1739'; 106 — 108 ,Auf den Hrn. von Krosigk' (darin ein Vier-
füssler S. 106 ,Ihn seines treuen Freunds erinnre'; , erinnere',
weil männliche Endung erforderlich ist) und ,An den König.
Im Jahre 1744'.
Ueber seine eigenen Uebersetzungen hat sich Bodmer
in der Vorrede zu den freundschaftlichen Liedern ausgesprochen
und auch die Versart berührt: ,Er hat ohne Reime übersetzet,
damit er durch dieselben nicht von den Hauptquellen abgezogen
und auf Irrwege geführt würde. Er hat die Pausen in dem
Verse auf keine gewisse Silbe gesetzet, damit sich die Ge-
danken des Urhebers mit ihrem eigenen Schwünge desto natür-
licher in den Vers einspannen Hessen. Er hat den sechzehn-
silbigten Vers für eben so langsam als lange gehalten, und auch
den zwölfsilbigten sich nur wenige mahl erlaubt'. Bodmer
gebraucht freie Caesur ' und lässt stumpfe und klingende Verse
wechseln, so dass diese in der Ueberzahl bleiben.
•An Hagedorn schreibt Bodmer 12. April 1745 (Hagedorn's Werke 5,
185 f.): ,In Popes neunzehnten Briefe an Walsh werden Sie Gedanken
über den Abschnitt im zehnsilbigen Verse antreöen , welche mit den
meinigen ganz genau übereinstimmen'.
üeber den funffüssigen lamtns vor Lessing's Nathan. 635
Lavinia hat 157 Verse, davon sind 97 klingend; 14 Sechs-
füssler; Hiatus wird vermieden: S. 75 ,Hatt' ehdem Freund':
an'; 77 ,der mild' und reiche'; auch die falsche Form 78 ,Sein'
alte Wittib'; dagegen Hiatus: 81 ,harte Arbeit'. Beispiele des
freieren Enjambements wären: 7(5 ,mit solchem ruhigen | und
heitern'; 78 , seine Häuser und Länder'; ein zusammengesetztes
"Wort im weiblichen Ausgange: 78 ,Feldmann'.
Dämon hat unter 68 Versen 21 stumpfe: 8 sechsfüssige;
Hiatus wird vermieden: 82 , Zweig' er'; 85 ,Sass in sein Hertz
und machet ihn'; Enjambement: 84 ,von den nakten | und
glänzend weissen Gliedern'; 82 ,mit Amoretten | und Musi-
doren'; 85 ,so starke Züge | der Schönheit und der Liebe'.
Geladen und Amalia, 66 Verse, 28 stumpf, 4 sechs-
füssige, ein vierfüssiger: S. 86 ,Von ungewohnten Seufzern
schwer'; Hiatus: 87 , schöne Unschuld'; 88 ,Der Traürende auf;
unregelmässige Betonung: 88 ,Wer kan izt den Liebhaber recht
abschildern'. In der zweiten Auflage der Lieder wurden die
Erzählungen unverändert abgedruckt. '
Wahrscheinlich gleichzeitig mit diesen Uebersetzungen
fällt auch ein anderes kleines Bruchstück aus den Jahreszeiten,
das aber erst 1749 in den Neuen Gritischen Briefen (S. 360:
19 Zeilen) veröffentlicht wurde.
1746 übersetzte Bodmer in einem zur Ostermesse ge-
schriebenen Briefe an Hagedorn (dessen Werke 5, 204ff.)
eine Stelle aus Akensides ,The Pleasures of Imagination' in
reimlosen funffüssigen lamben, 38 Verse, davon 2"^ klingend;
Gaesur ist frei, Enjambement massig gebraucht. Ein Vers ist
sechsfüssig (S. 205) ,Dem allgemeinen Gut. Sie stimmten mit
dem Plan', einer vierfüssig (S. 206) ,Von Ewigkeit verwahret
lagen', doch ist er abgebrochen. Hiatus findet sich zweimal
(S.206): ,jede ihren' und , Eine Ordnung'. Unregelmässig betont
erscheint S. 205 ,Die Epochen', S. 206 ,inildthätig'; Synkope
tritt ein S. 206 , Durch seinen göttlich furchtbarn Hauch erwärmt'.
1 Meier schreibt von Halle den 14. November 174:5 an Lange (Lange's
Sammlung 2, 196 f.) : ,I(;li freue mich über den starken Abgang der
freundsch. Lieder ungemein .... Wie gefällt Ihnen aber der Anhang,
den Hr. Bodmer aus dem Englischen übersetzt hat? Icli weiss nicht,
ob mein Geschmack zu zärtlich ist, so viel aber weiss ich, dass ich den-
selben nicht noch einmal lesen kann'.
636 Sauer.
Anfügen will ich die Erwähnung" dreier Verse über
Gottsched's Uebersetzung- von Bayle's Wörterbuch, welche
sich in einem Briefe an Sulz er, December 1747, vorfinden
(Briefe der Schweizer S. 72). Ein Vers ist weiblich; Hiatus
vermieden: , sollt' ein^
1747 folgte , Alexander Popens Duncias^, in unserer Vers-
art ' übersetzt, 1237 Verse, von denen ein Drittel stumpf ist;
41 sechsfüssige und ein vierfüssiger (S. 7, V. 187 , Stets aus-
gerecket sein, der Beigen^) sind eingestreut; nur zwei Hiaten
sind mir aufgestossen; 11, ,307 , Erschütterte ein^; 22, 326
, kletterte auf'; daher viele Apokopen; 2, 54: ,die Stärk' ein';
3, 81 ,die Epope' umarmet'; 3, 87 ,frücht' und*^; 8, 213 ,Lehr'
unfi'uchtbar'; 8, 231 ,die römischen Gans' all'. Von Vers zu
Vers zählte ich 46mal Hiatus. Auch Synkopen finden sich
ziemlich zahlreich: 2, 50 ,bese]gende'; 3, 66 ,hitzigs'; 12, 9
,Augs'; 12, 12 ,närrsch'; 31, 91 ,sendt'; er verwendet Formen
wie 1, 18 ,befestgen'; 29, 36 ,vorge'; 29, 46 ,küuftgen' 32, 127
,andre'; 36, 140 ,predgen', auch im weiblichen Ausgange, in
welchem er jeden schwereren Fall vermeidet; nur ganz am
Ende des dritten Gesanges schreibt er 39, 314 , sitzt er'; 40,
330 jNachwelt'; 40,339 ,Stadtrath' an dieser Versstelle. Wort-
und Satzbetonung wird manchmal arg geschädigt: 8, 214 , Bei-
spiele'; 10, 276, Vorreden'; 11, 296 und 14,58 ,Kunstrichter';
' Ueber dieselbe urtheilt Hagedorn in einem Briefe an Bodmer vom
13. April 1748 (Stäudlin, S. 68 f.): ,Die deutsche Duucias fordert schon
grössere Kenner und Deutsche, welchen auch der englische Hendecasilla-
bus, den Sie mir zu einer Erzählung vorschlagen, nicht zuwider ist, und
die reimfreien Verse nicht blosserdings den anacreontischen Oden er-
lauben wollen. Hier ist es so wahr als seltsam, dass Dichter, die noch
immer ihre Gedanken gereimt haben. Andern und sich selbst nicht zu-
trauen, dass sie so glücklich und gefällig ohne die klingenden Fesseln
des Reims sich ausdrücken, als nach Ablegung derselben. So vei'mögend
und mechanisch ist die lange Gewohnheit!' Bodmer widerholt dies
Bild, wenn er an Hagedorn schreibt (10. September 1748 Hagedorn's
Werke o, 209) : , Meine Duncias soll an dem Schriftsteller k la Mode
einen Misvergnügten gefunden haben, vermuthlich nur die Uebersetzung
und der Mangel am Reime. Er mag Einer von denen sein, die sich nicht
getrauen, dass sie nach Ablegung der Fesseln so hurtig springen können,
als in denselben. Ich wollte den eilfsilbigen Vers in keinem grossen
oder ernsthaften Gedichte gebrauchen, seitdem ich die Tüchtigkeit der
Hexameter, die Kleist und Klopstock gebi-auchen, erkannt habe'.
• lieber den fünffnssigen lanibus vor Lessing'B Nathan. 637
24, 389 ,Mohnkränz'; 25, 415 ,Vorrecht^; 34, 192 ,Und die Nacht
scheusslich macht^; Enjambement ist nicht sehr häutig, auch
darin wird er gegen den Schhiss kühner; die stcärksten Fälle
wären: 10, 23G ,aus seiner sanften, | aus seiner milden Hand';
29, 31 f. ,an seinen breiten Schultern | und langen Ohren nicht,
nicht an dem Gürtel | und Kleide
In den Neuen Critischen Briefen 1749 sind an den ver-
schiedensten Stellen reimlose Verse eingefügt, meistens fünf-
füssige lamben, alle mit freier Caesur; S. 46 (28 Verse, 8 stumpf,
im klingenden Ausgange , Aufruhr', ,um sich'; Enjambement
einmal stärker ,das Gewölbe | des Himmels'); 163 Uebersetzung
eines italienischen Sonettes (darin die Betonung: muthwillig und
hartnäckig); 179 — 182 eine Erzählung: ,Der Körbgenmacher' (118
Verse, 52 stumpf; ein sechsfüssiger ,Sie hatte recht, und recht
die Körbgenmacherin'); 184 — 185 ,Die genezte Frau' (29 Verse;
Betonung: , hingehen'; kaltsinnig); 398 (34 Verse); 449 Ueber-
setzung aus einem Gedichte von Young (50 Zeilen; , gesundstes
Blut'); 361 — 365 führt er ein Bruchstück aus einer poetischen
gereimten Lehrschrift in Alexandrinern an und unmittelbar
daran fügt er eine poetische Darstellung derselben Gedanken
in reimlosen Fünffüsslern, um den Unterschied in Stil und
Vers klar zu machen (80 Verse, 18 stumpf; ,Fusstritte'; JJnd-
würmer'; ,seegrüuen'; ,aufwärtsam'). Ich greife zwei charak-
teristische Beispiele heraus; in Alexandrinern (S. 361):
Durchwandle, mein Gesang, die Reiche der Natur,
Geh ihre Schätze durch, beraube Berg und Flur,
Bei'aube Luft und Flut der hellsten Fracht des Schönen,
Dein liebenswürdig Werk mit ilirem Schmuck zu krönen.
Diese Stelle lautet in lamben (S, 363):
Durchstreife, mein Gesang, die weite Welt,
Und sammle die von ihren schönsten Gaben,
Was die beblümte Flur nur glänzends hat,
Den Schmuck der Flut, und der zerflossnen Luft
Dein holdes Mahlerstück damit zu zieren.
Die zwei Verse (S. 362):
O wende dich nach mir, holdselge junge Dirne,
Und neige gegen mich die ungefälschte Stirne.
lauten in der anderen Fassung (S. 364):
O wende deinen holden Tritt hierher.
Hierher, Holdselige, die glatte Stirne.
638 Sauer.
,Was für eine Menge schildernder kleinen Züge wird in
dieser Ausbildung hinzugesetzt'; — ruft Bodmer in Bezug auf
die fünffüssigen reimlosen Verse aus — ,wie viel feiner sind
die Umstünde in den Bildern gewählt, und wie viel genauer
bestimmt: .... bemerken Sie ferner, ob die Verbindung
der Säze, die hier gewiss runder und periodischer ist, nicht
zugleich poetische!" und anmuthiger sei, als eine Rede, die wie
ein Polypus in zwanzig Theile geschnitten wird, und genug
zu arbeiten hat, Kopf und Schwanz zu gewinnen.'
In den Neuen Critischen Briefen spricht sich Bodmer
auch über den Hiatus aus; der 67. Brief hat im Register den
Titel: , Fürspruch für die Anstösse der Selbstlaute im Verse'
(S.459 — 462). Er ist gegen die ängstliche Vermeidung des Hiatus;
,die Abbeissung des kurzen e beleidigt das Ohr zuweilen viel
mehr als dieses Anstossen. Die Klage ist allzu ängstlich, dass
es Schmerzen in Hals und Ohren verursache, wenn es an einen
Selbststimmer anprellt. Man muss die Ohren, die so schwach
sind, dass sie dieses nicht vertragen können, durch kräftige
Arzneien stärken lassen'. Als Gründe für seine Ansicht führt er
auch an, dass in den classischen Sprachen Hiatus nicht immer
vermieden sei; ferner dass man jene Hiaten aus deutschen Versen
nicht entfernen kann, welche im Innern der Worte vorhanden
sind, welche z. B. durch das Antreten der , Vorstecksilben be
und ge an vocalisch anlautende Worte entstehen' (wohlgeartet,
beehret, geimpfet, geopfert, beurtheilen); , haben die Ohren nicht
dieselbe Empfindung, wenn ein Hiatus von einem Worte ent-
steht, den sie haben, wenn er von zweien verursacht wird?'
,Es ist wahr', — so schliesst er den Brief — , diese Anstösse
könnten durch eine kleine Sorgfalt vermieden werden, und es
scheint nur eine Nachlässigkeit zu sein, wenn man dergleichen
stehen lässt. Aber gesezt, dass der Hiatus eben nicht mit allem
Fleisse gesucht werden müsse, verräth man nicht eine gewisse
kleinmüthige Furchtsamkeit, wenn man vor Ton und Schalle
sich mit dem Kreuze zeichnet und segnet?'
Bodmer selbst hat aber merkwürdiger Weise sehr grosse
Sorgfalt auf Vermeidung des Hiatus verwendet; die Betrach-
tung seiner umfangreicheren Uebersetzungen hat dies bereits
bewiesen. In allen erwähnten fünffüssigen Versen der Neuen
Critischen Briefe habe ich keinen einzigen bemerkt; in den
TTeber den fünffüssigen lunibus vor Lessing's Nathan. Gov
Alexandrinern einen Fall (oOl) ^Ktinige in'. Er wagte es wahr-
scheinlich nicht, seine Theorie in der Praxis durchzuführen.
Der verlorene ,Marc Anton' war wohl Bodnier's erstes
Drama und das einzige auf viele Jahre hinaus; seine Ansicht,
dass die Reime im Drama verwerf bar seien, hielt er aufrecht;
in dem , Mahler der Sitten' 1746 sagt er einmal (1, oli)): ,ist
es nicht ungereimt das Geklingel der Reime in verliebten
Stücken, in Heldengedichten, in Trauerspielen anzubringen?'
In den Critischen Briefen aus demselben Jahre handelt der
sechste Abschnitt des ersten Briefes (60 — 6<j) ,Von der Eigen-
schaft der tragischen Schreibart'; da bespricht er die Vorzüge
des Verses und der Prosa für das Drama, entscheidet sich aber
doch für den ersteren, mit dem ausdrücklichen Vorbehalt ,ohne
Reimet Auch hier sehen wir ihn in seiner späteren ausge-
breiteten Praxis einen anderen Weg einschlagen. Alle Bo dm er-
sehen Dramen, so weit sie bis jetzt daraufhin angesehen wurden,
sind in Prosa geschrieben; zu den bei Zarncke (S. 29, Aumerk.)
angeführten, kann ich noch als gewiss prosaisch hinzufügen das
Schäferspiel Cimon ' (Schirach's Magazin der Critik II, 2, 101 bis
123) 1773, Der Hungerthurm in Pisa 1769, Wilhelm Teil 1775,
Brutus und Cassius Tod 1782. Nur eine Parodie macht eine
scheinbare Ausnahme ,Atreus und Thyest, ein Trauerspiel in
fünf Akten von Weissen, Itzo zum besten der Logen und des
Parterre charakterisirt, humanisirt, dialogirt' (Neue theatralische
Werke 1, 137 — 311) 1768; es ist das Stück Weisse's durch
prosaische Reden unterbrochen; die Vergleichung ergab, dass
die Verse Weisse's wörtlich herübergenommen sind; die weni-
gen Zusätze oder Weglassungen Bodmer's erlauben auf die
Art seiner Versilication durchaus keinen Schluss.
Bodmer's Bedeutung für die Entwicklung unserer Vers-
art ist eine grosse; hauptsächlich dadurch, dass Wieland, wie
er selbst gesteht, durch die Uebersetzungen aus Thomson an-
geregt wurde, dieselbe zu verwenden; auch die Uebersetzung
Es ist 1746 entstanden, IT-IT bereits fertig und Bodmer wünscht es von
Gleim oder Kleist versificiert zu selien (Briefe der Scliweizer S. 43 f.).
30. März ITIS sehreibt Sulzer an Gleim (ebenda S. 8'_') ,Herr JJodmer
hat mir eine neue Ausgabe des Cimons geschickt; wird sich denn Nie-
mand an die Ausarbeitung dieses so schönen Stücks niaclien?' Sie sclieint
nicht begonnen worden sein.
640 Sauer.
der Duncias wurde viel g-elesen; in E. Chr. von Kleist's CoUec-
taneen, zum Beispiel, die mir handschriftlich vorlieg-en, befinden
sich viele Stellen daraus abgeschrieben, die einzigen Citate in
fünffüssig'en lamben. Jedenfalls theilt sich Bodmer mit Gott-
sched in das Verdienst, die Einführung unseres späteren
classischen Versmasses ang-ebahnt zu haben.
Wenn wir im Jahre 17.58 in der Schweiz eine reimlose
iambische Uebersetzung von neun englischen Trauerspielen
linden: ,Neue Probstücke der Englischen Schaubühne, aus der
Ursprache übersetzet von einem Liebhaber des guten Geschmacks^
(drei Theile, Basel), so dürfen wir gewiss Bodmer's Einfluss
vermuthen; man muss nur bedauern, dass der anonyme Ueber-
setzer nicht mehr Fleiss und Sorgfalt angewendet, und dass
daher ein so umfangreiches Werk so roh und unvollkommen
werden musste. In der Vorrede rechtfertigt er seinen Ent-
schluss, dieselbe Versart zu wählen, in der die Originale ge-
schrieben sind, und ergeht sich dann in einigen stark an
Bodmer anklingenden Sätzen gegen den Reim: , Vielleicht
würden es einige meiner Leser lieber gesehen haben, wenn
ich Reimverse geschmiedet hätte. Ein solcher verwegener
Streich kam mir niemals zu Sinne. Die Engländer haben den
Gedanken - mordenden und Ohren - folternden Reimen aus
ihren theatralischen Gedichten grösstentheils, und mit gutem
Fuge, verbannt. Ihre Schauspielschreiber wollen sich nicht mit
einem zusammenklappenden Tone plagen, welchen doch der
gute Schauspieler geflissentlich verbeisset, und ihn hören zu
lassen, für eine Schande und Ungeschick hält^
Die übersetzten Dramen sind folgende; Romeo und Juliet;
Cato von Addison; Die Rache und Busiris von Young; Oedipus
von Dryden und Lee; Die Wayse von Otway; Almeria oder
die trauernde Braut von Congreve; Elfrida von Mason, und
Kalista oder die schöne Reuerinn von Nikolaus Rowe, welche
in Summa die stattliche Reihe von beinahe 20.000 Versen reprä-
sentieren. Darunter ein Vers von einem Fusse (3, 212); 8 zwei-
füssige (2, 251, 308, 361, 383, 385, 426; 3, 34, 50); 11 drei-
füssige (2, 104, 287, 372, 413, 447; 3, 18, 51, 81, 86, 276,
284); 17 vierfüssige (1, 82, 83, 312, 338, 349; 2, 38, 96, 257,
337; 3, 60, 63, 145, 177, 181, 189, 234, 265); 11 sechsfüssige
lieber «Ion fünffüssigen lumbus vor Lessing's Nathan. 641
(1, 51, 70, 93, 96, 122, 247; 2, 199, 209, 280; 3, 44, 137);
ferner übersetzt er die g-ereimten Verse der Originale am Schlüsse
der Aufzüge durch gereimte regelmässige Alexandriner, im
Oedipus auch den Orakelspruch; im ganzen 96 Verse.
Dieses verhältnissmässig- günstige Resultat darf uns nicht
Wunder nehmen; unser Verfasser kann leicht fünffüssig-e Verse
bilden, wenn er sich alle erdenkbaren Freiheiten in Bezug auf
den Versausgang und die Verwendung von Anapästen gestattet.
Ja es ist bei einigen sechsfüssigen Versen im ersten Bande
sogar fraglich, ob mau sie nicht lieber mit Anapästen als fünf-
füssige lesen soll; ebenso kann man bei einer ganzen Anzahl
von Versen schwanken, ob man sie stumpf mit Anapästen im
Inneren oder klingend mit einer schweren Silbe im Ausgange
lesen soll. Alle Wörter können bei ihm im weiblichen Vers-
ende stehen; es lässt sich keine Grenze des erlaubten und
unerlaubten festsetzen; ich erwähne einige der schwersten
zweifellosen Fälle 2, 199 ,Farb' lobt^; 209 ,Müh' macht^; 2, 153
,Lust lässt^; 1, 86 ,überaus schön'; 1, 134 ,Sohn schickt'; 3,
158 , eingesperrt lebt'; 3, 162 , Kunst zeigt'; 3, 199 ,Grab lagst';
3, 228 , genüg alt'; 3, 248 ,Schuld stirbt'; 3, 255 ,Freund nennst';
3, 266 ,Herz stark'; 1, 334 ,von mir floh'; 1, 429 ,drei Uhr'.
Ebenso genügt es für die Verwendung des Anapästs in
der Mitte des Verses aus der Fülle der Beispiele einige heraus-
zugreifen: zunächst schreibt er Worte wie , Feuer, Ungeheuer,
Trauer, trauern, dauern' etc. sehr oft zweisilbig, verwendet sie
aber einsilbig im Verse. 2, 26 ,Es trauert, weil Theben trauert.
Du bliebest selbst'; 2, 147 ,weit dauerhaftre Gläser'; es ist
bei der grossen Anzahl der Fälle kaum erlaubt, hier überall
zu elidieren; ähnlich gebraucht er ,oder' 1, 243 ,zu retten oder
zu sterben'; in anderen Fällen ist Elision überhaupt nicht
möglich: 1, 307 ,Zu ihren Füssen. Ist dieses wohl gethan';
3, 8 , Versprach ich — Was? mein Elend? Du weisst es schön';
2, 4 ,Mit Pest und Seuchen. Die Seuche steckt nicht nur';
2, 402 ,In der Verbannung selbsten in der Verbannung'; Eigen-
namen wie , Romeo', ,Pörtius' werden zweisilbig verwendet; der
erste Name auch dreisilbig 2, 397 ,0 Römeo, Röraeö'. Im
Anfange des Verses kommen Anapäste nicht vor, wohl aber
Trochäen, 1, 158, 159, 162, 168 , Väter'; 1, 160 ,über'; 1, 231
.jeder'; 1, 206 , Himmel'; 3, 55 , Schrieb es'; einige Verse
642 Sauer.
müssen ganz mit tiochäischem Rhythmus gelesen werden; 1, 304
,Und — ich zweifle noch! Dies ist so viel'; 1, 339 ,Sie be-
reitet sich auf das gemeine Beste'.
Trotz dieser Freiheiten muss der Uebersetzer sehr oft
zur Einschiebung eines e in die Flexionssilben seine Zuflucht
nehmen, um den Vers auszufüllen. ,Schwesteren, Eiteren,
äderen', besonders im Dativ Pluralis: , Blätteren, Geisteren,
Götteren, Weiberen, Volkeren, Kinderen, Sommeren, Kräuteren';
im Infinitiv: ,veränderen, zögeren, bewunderen, aufmunteren';
im Particip: ,donnerend, zitterend, verlängeret, erbitteret'; auch
jgesteren' (2, 286, 292) für , gestern' findet sich.
Endlich die Betonung. Die Auswahl wird schwer: 3, 252
,Bei den sprachlösen Heiligen zu wohnen'; 2, 27 ,Bei den
Glücksfällen'; 1, 33 ,wie man den, so man hasst, in den Irr-
gängen'; 1, 97 ,Erbärmlicher, erschrecklicher Anblick' (oder
ist dieser Vers dactylisch zu lesen?); 1, 309 ,melir als ich
lebendig ertragen könnte'.
Nach alle dem darf es uns nicht Wunder nehmen, dass
der Uebersetzer von der Regel, dass Hiatus vermieden werden
müsse, keine Ahnung hat; unter den 360 Versen des ersten
Actes von Romeo und Julie habe ich 35 Fälle gezählt; dann
aber auch das Zählen aufgegeben.
Caesur und Enjambement wird ganz frei gebraucht. Bei-
spiele für das letztere anzuführen, unterlasse ich. Als Probe
der sehr seltenen Uebersetzungen will ich zweierlei anführen.
Aus dem Cato (1, 222) folgende Rede Cato's IV 7, welche mit
der Uebersetzung Gottsched's, seiner Frau und Brawes in
Cap. III verglichen werden mag.
Meine Freunde !
Was trauert ihr so? Geht eines Manns Verlust
Euch so zu Herzen? Rom begeliret Thräneu.
Die Meisterinn der Welt, des Reiches Sitz,
Der Helden Amme, unsrer Götter Lust,
Die der Tyrannen Stolz erniedrigte,
Und die den Völkern ilire Freilieit gab,
Rom ist nicht mehr. O Freiheit! und du Tugend!
Und du, mein Vaterland !
Ferner kann man den ersten Act der trauernden Braut
von Congreve zusammenstellen mit der Uebersetzung von Joh.
El. Schlegel (vgl. unten); letzterer kürzte bedeutend; der Act
Ueber iloii t'ünfliUsi^on Tniiilius vor I,o';sin?;'.s Xatlian. ()43
hat bei ilim nur 349, in unserer Uebersotznng 440 Verse; ich
führe zum Vergleiche zwei Stellen an: Schlegel 583:
Ich traure (Irmii, und will es stets betrauern.
Nie leg ich dies betrübte Kleid von mir.
Nie will ich die geschvvollnen Augen trocknen
Nie Fried und Trost in meinem Herzen sehn
Weil ich noch leb" und an Alfunso denke.
3, 10 Ich will trauten
Und ewig- trauren. Eine sclnvarze Kleidung
Wird mich stets decken ; nimmer werde ich
Die weinend aufgeachwollnen Augen trocknen ;
So lang ich lebe, und Alphonso mir
Zu Sinne liegt.
Schlegel 584:
In goldnen Fesseln schwitzt an seinem Wagen
Der beste Kern der Helden Afrikens
Sie murren noch vor Zorn, und fressen knirschend
Den Staub in sich, den sein Triumph erregt.
3, 14. Kriegeshäupter schwitzen
Bei seines Wagens Rädern, und sie lecken,
Sie kauen, grimmig mit den Zähnen knirschend.
Den Staub den sein Triumph erreget hat. >
Wieland verwendete den lambus zuerst in seinen , Er-
zählungen', welche im J\Iai 1752 gedichtet sind- und in diesem
Jahre zu Heilbronn erschienen.
Diese Erzählungen bilden eine Hauptgrundlage für die
Einführung unseres Versmasses in Deutschland; hier war das-
selbe zum ersten Male in einem grösseren Originalwerke an-
gewendet, und mit einer Schönheit, Reinheit und rhythmischen
Vollendung, welche Staunen erregen muss.
In Bezug auf die Verslänge ist er viel genauer als Bodmer;
unter den 3200 Zeilen der er.sten Auflage ist ein einziger sechs-
füssiger Vers, der auch in die anderen Auflagen übergegangen
' Die Recensinn in der liibl. d. s<'li. W. (j, Ol sagt von dieser Ueber-
setzung: ,Sie ist in fünfTüssigen, ungereimten Versen; in Versen! das ist
freilich ein Verdienst mehr! — aber sie sind bisweilen so holpricht. die
Harmonie und der Abschnitt so verabsäumt, kurz so schweizerisch, dass
wir eine wolklingende Prosa diesen Versen weit vorziehen würden*.
2 Poetische Schriften 1772, 1, 195.
644 Sauer.
ist, S.32: ,Was vor Empfindungen, Avas vor Begeisterung', während
zwei Zeilen später ,ßewundrung' im Versende steht; ferner
sechs vierfüssige: 11 ,Sank er an ihren Mund, sank sie' (ebenso
Poetische Schriften 1762, 1, 209; 1770, 1, 237); 47 ,Umflossen;
dennoch blieb die Schönheit' (1762, 1, 236 , Umflossen; dennoch
bleibt die ächte Schönheit'; ebenso 1770, 1, 263); 53 ,Uiid duften-
dem Jasmin gewölbet' (ebenso 1762, 1, 241; doch 1770, 1, 267
,Und blühender Acacia gewölbet'); 86 , Entehret hatte zu ver-
mehren' (ebenso 1762, 1, 268), 107 ,Mit offner Zärtlichkeit
besprachen'); 1762, 1, 245 ,Mit unverhaltuer Zärtlichkeit be-
sprachen'); 115 ,Der Herr der Schickungen erlaubet' (ebenso
1762, 1, 291; 1770, 1, 294). Er mischt stumpfe und klingende
Verse, die letzteren überwiegen; von den 437 Versen der ersten
Erzählung Balsora sind 150 stumpf, von den 552 der zweiten
Zemin und Gulhindj 160; selten gebraucht er Composita im
weiblichen Verschluss ,30 Granatbaum; 46 Einöd'; 103 Sand-
korn; 107 Aushauch; 114 Schutzgeist; 54 zuflohn; 59 nach-
ahmt; 60 dahinreisst; 96 vorzieht; 110 herwinkt'; noch seltener
zwei Worte: ,59 vertobt ist; 73 gethan hat; 75 fliehst du; 94
erstaunt sie; 122 fühl ichs; 115 war es; 118 versezt sind'.
Den Hiatus beobachtet Wieland hier wenig, er schreibt
wol auch bei Gelegenheit einmal 119 , welch ein' Erscheinung',
scheut auch härtere Apokopen gerade nicht, dennoch habe ich
fast 80 Fälle des Hiatus gezählt; die der ersten Erzählung will
ich rasch aufführen 3 , Jünglinge, ein'; 4 , Menge übrig'; 5 , weise
Elim'; 6 ,grausame und'; 7 ,alle Adern'; 8 , deine Arme'; 9
, gleiche Ehre'; 11 ,in seine ofne Arme'; 12 , himmlische, euch';
12 ,Wege aus'; 13 ,himmlische Erscheinung'; 15 , seine Ai'me';
also zwölf Fälle; von Vers zu Vers habe ich in derselben Er-
zählung 17 Beispiele dafür gefunden. Apokopen und Synkopen
ziemlich häutig; ,39 Ausflüss'; 54 Wonn'; 97 Wünsch'; ebenda
Todesbäch'; 110 Mien'; 8 ermüdten (1762, l, 206; 1770, 1, 233
entnervten); 23 bildt; 30 schwindt; 50 traur'gen; 63 blühende;
66 unerforschlichs; 75 entbehrlichs; 110 empfindbarn; 115
glühnden; 122 manchfaltig'. 123 ist zu lesen: ,0 heiliger Gedank
der izt mein Herz' statt Gedanke ; 111 ,und etwa unempfund'-
nen Genien', statt ,unempfundenen'; denn Anapäste ver-
meidet Wieland durchaus. In den späteren Auflagen sind
beide Stellen ganz geändert. Einige unregelmässige Betonungen
Ueber den fünffüssif^en lambus vor Lessing's Nathan. 045
seien verzeichnet: 31 ,des sich selbst unergründlichen Ge-
müthes^; 39 ,so sprach er segnete sie'; 49 , warum'; 50 ,mit-
sterben'; 53 ^tiefsinnig'; 63 ,Lastthieren'; 73 ,demüthigtV; 78
jOder bist du es (Satzbetonung- wäre: oder bist du es); 76
,anziehuden'; 119 ,Blunnchter Weste'; 123 ,aufbraüsen'. In Be-
tonung der Eigennamen schwankt er. S. 5 findet sich ,Ibraliim'
und ebenda , Ibrahim'.
Caesur und Enjambement sind frei gehandhabt; letzteres
aber noch nicht mit jener grossen Kühnheit, die aus den ge-
reimten Erzählungen Wieland's bekannt ist. Es finden sich
also Fälle, wie 4 ,vom höfischen Gepränge | der Klippe'; 11
,rait staunenden | und von Empfindung unterbrochnen Worten';
25 ,in ihrer Mutter | Umarmungen'; 93 ,frei von lüsternen |
Aufwallungen der wünschenden Begierden', aber keine Verse,
in denen der Artikel oder die Präposition das letzte Wort bildet.
Die Perioden in den Erzählungen sind meistens ganz kurz :
in der ersten ,Balsora' haben die längsten nur sieben imd acht
Zeilen. Ganz vereinzelt steht eine Periode von 27 Zeilen: S. 36
,Sie bebt unschuldig blöd' — 37 ,und sprach mit ruhigfrohem
Anblick'. In den vielen Monologen, die sich vorwiegend in
rhetorischen Fragen bewegen, bedingen nach meiner Ansicht
nicht alle, aber immer einige Fragezeichen, Periodenschluss.
Von den übrigen längeren Perioden wären zu verzeichnen:
18 Zeilen: 50 ,So klagt er' — 51 ,Von ihrer unglückseligen
Sympathie'; 16 Zeilen: 48 ,Ach! eine Marmorsäule' — 49 ,zu
sich reisset'; 15 Zeilen: 54 , Verborgner Schluss — ver-.
seh wunden'; 66 ,So wie der Geist' — 67 , umflattert'; 122 ,Die
Abendröthe — schwimmet'; 14 Zeilen: 113 ,Ich sinne nach'
— 114 , entgegeneilen fühlte'; 116 ,Sie fand bald' — 117 ,des
Weges'; 13 Zeilen: 64 , Einst da er — heruntersah'; 78 ,lJnd
wundert sich — unterlag'; 105 ,In seiner Bildung' — 106 ,zu
geniessen'; 112 ,So seufzt ich' — 113 , zeiget'; 12 Zeilen: 38
,Die Seelen wallen schon — lieben können'; 58 ,Er kam in
Cherubinischer Gestalt — führt' ; 67 ,Die schlafeinladende —
enthielt', 76 ,Noch spricht der Unzufriedne' — 77 ,tiefer'; S3
•,Wie dich, eh du die niedre Erde ziertest — Schiumier'; 104
,Du goldne Zeit — noch übrig waren'. Die Perioden von 11, 10
und 9 Zeilen sind bereits so häufig, dass Beispiele überflüssig
wären, die kürzeren von 8 bis 3 Zeilen bilden die grösste Anzahl.
(146 P a ti p r.
Die zweite Auflag-c der Erzählungen 1762 ist von rein
metrischen Gesiclitspnnkten ans keine verbesserte zu nennen;
abgesehen von vielen Einzelheiten ist der Rhythmus gar mancher
klangvollen Periode zu Gunsten einer sachlichen Aenderung
zerstört.
Was einmal die Länge der Verse betrifft, so findet sich
S. 212 unter neu hinzugekommenen Versen ein dreifüssiger:
,Und euers Glückes werth'; die Zahl der vierfüssigen ist fast
gleich geblieben; folgende drei nämlich sind hier hergestellt: 203
,Der Perser spricht. Sie lieben sich' (wo 1752, 5 noch der
Zusatz stand ,so redlich'); 211 ,ihr schöner Geist; ihr reines
Herz' (1770, 1, 239 ,ihr unbeflecktes Herz'); 248 ,Empfing er
aus der Hand des Glückes' (1752, 63 ,aus der vollen Hand');
dagegen 236 und 245 zwei frühere vierfüssige Verse auf regel-
mässige Fünffüssler gebracht worden. Zu dem einen Sechs-
füssler der ersten Auflage kommt hier eine ganze Reihe; 215
,Der Unempfindliche, der Böse, dem der Himmel'; 216 ,Er
pflegte vieler selbst, wenn er in ihrer Bildung' (1752, 22 ,Viel
pflegt er selbst'); ebenda , Schon an der Brust goss er in seine
Zärtlichkeit' (1770, 1, 244 ,in seine Triebe'); 217; 232 ,Ihr
Aug enthüllte gleich dem ersten Blick die Seele' (1752, 43
,Ihr Aug verrieth dem ersten Blick die Seele'); 234 , Ein Raub
des siegenden, doch nie beglückten Lasters' (1752, 45 ,Ein
Raub des Lasters, das izt triumphirte'); 235 ,Er hatte nie geliebt.
Sein grosses edles Herz' (1770, 1, 262 ,Sein grosses Herz');
237 ,Izt ein Verbrechen sein, das mir die Pflicht verbeut?
Die allerreinste Liebe soll ich tödten — ' (1770, 1, 264 ,Izt
ein Verbrechen sein, das mir die Pflicht | Verbeut? — Die
reinste Liebe soll ich tödten?'); 243 ,Und du, den die Natur
vielleicht mir zugedacht' (1752, 55 ,Und du vielleicht einmal
mir zugedachter'); 248 ,Die Menschen lebten damals ohne andre
Bande' (1752, 63 , ohne Bande'); 267 , Der Anblick ändert ihres
ganzen Schicksals Lauf (1752, 85 ,Der Anblick ändert auf
einmal die Scene') ; 270 ,Doch wie? — Kaum wagt mein Herz
den schrecklichen | Gedanken — ' (1752, 89 ,Doch wie? —
Kaum wagts mein furchtsam starrend Herz | dich, schrecklicher"
Gedank, herauszudenken — '); 272; 288; 295 (2); 297 (3).
Hiatus scheint manchmal absichtlich weggeschafft zu sein:
201 jzween Freunde, die sich zärtlich liebten' (1752, 3 ,zvveen
Uelier ilcn fruifffissipfcn lamljns vor Lfissing's Nathan. 047
Jünglinge, ein zärtlich Paar'); 202 ,von dieser Anzahl übrig'
{1102, 3 ,von dieser Menge übrig'); 201) ,nnd sinnet Mittel
aus' (1752, 12 ,und sinnt die Wege aus'); 230 ,ihr Auge das
umsonst | verbergen will, was ihre Seele leidet' (1752, 47 ,Bei
den im Auge ausgedruckten Leiden'); 205 ,der Städte schwel-
gerischen Schimmer' (1 752, 83 ,der Städte ekelhaften Schimmer');
209 ,Der Ros' und Nelken eine bessere Kraft' (87 ,Ros und
Nelke eine') doch legt er auf die Vermeidung desselben auch
hier kein besonderes Gewicht, schafft vielmehr durch andere
Aenderungen oder Zusätze wieder neue Hiate.
Anapäste mischt er auch hier nicht ein; der einzige
Fall bedarf der Besserung. 211 ,ambrosiasche Gerüche' muss
ein Druckfehler sein; es ist nun nicht zu schreiben ,ambro-
sialsche', wie 1752, 13 an dieser Stelle mit einem aus Bodmer
stammenden Ausdrucke steht ,ambrosialsche Düfte*^; ferner wie
280 (1752, 109) ,mit ambrosialschen Flügeln' und 273 (1752,
92) , gleich den ambrosialischen Gefilden', sondern , ambrosische',
wie die dritte Auflage (1770, 1, 238) beweist.
Im Uebrigen ist die Behandlung des Verses dieselbe und
das muss auch von der dritten Auflage 1770 gesagt werden;
die obige Zusammenstellung hat bereits Beispiele aus der dritten
Auflage mit einbezogen; es wären einige Stellen nachzutragen,
in denen neue sechsfüssige Verse geschaffen werden; 245 ,Er
will, die Liebe soll ihr Glück elysisch machen' (,Er will'
fehlt 1702, 1, 217); 201 (vgl. mit 1702, 1, 234); 205 ,Als ich
— o lohntest du auch nur mit einem Blick' (,Als ich' fehlt
1702, 1, 238), 208 f. (vgl. mit 1702, 1, 242); 272 (vgl. mit
1702, 1, 245); 310 ,Die dich so sehr entzückt! Zwar fühl ich
nichts dabei' (,dabel' fehlt 1702, 1, 285); 311 ,üie Gegenwart
der Gottheit — | allein bezaubernder, als alle andre Freuden'
(1702, 1, 280 ,DIe Gegenwart der Gottheit j doch noch stärker,
bezaubernder als alle andre Freuden'). Wie im letzteren Falle
ein Drelfüssler neu entsteht, so in andern Fällen vicrfüssige
Verse. 207 ,eln irdisches Elysien' (1702, 240 ,Elysien gewesen');
ebenda ,Er nähert sich. Doch wie bestürzt | bebt er zurück,
da er Serenen einsam' (1702, 1, 241 ,Er nähert sich. Doch
wie bestürzt bebt er | zurück, da er die göttliche Serena'); 275
,Und braucht dazu nicht Ueberfluss' ( 17()2, l, 248 ,Zohars
Ueberfluss').
Sitzuiigsber. d. phil.-hiBt. Ol. XC. BJ. III. Hft. ■42
648 Sauer.
Schon in der zweiten Auflage macht sich gelegentlich
eine Abneigung- gegen Betonungen geltend, wie 1752 (7) ,Die
Unglückselige^, was 1762 (205) geändert ist in ,die unglücksel'ge
Schöne'; diese Abneigung verstärkt sich jetzt z, B. 1762 (225)
, Allmächtige Begierden senken? — Nein! — ' 1770(252) ,A11-
mächt'ge Wünsche senken? — Nein! — Gewiss!'; 1762 (234)
jKaum durch die göttliche Religion' 1770 (261) ,Kaura durch
die Allmacht der Religion'; vielleicht lässt sich auch folgende
Aenderung aus der Rücksicht auf die Betonung erklären: 1752
(236) , Rührt sein zartfühlendes Gemüth zu stark' 1770 (263)
,Wie rührt dies alles sein empfindlich Herz'.
Von den übrigen zahlreichen Aenderungen dieser Auf-
lage dürften sich aus metrischen Gründen wenige erklären
lassen; das stoffliche Interesse überwiegt.
1754 erschienen zu Zürich Wieland's Erinnerungen an
eine Freundin in unserer Versart; 375 Verse, darunter 22
Vier- und 6 Sechsfüssler, 14mal Hiatus (dagegen S. 15 ,das
schön' und gute'); freie Caesur und freies Enjambement; im
weiblichen Ausgang nur einmal zwei Worte 6 , gedacht hat';
in der zweiten Auflage (Poetische Schriften 1762, 3, 83 — 94)
findet sich 92 ein dreifüssiger Vers ,Ein Engel überfiele'; einige
der frühei'en Vierfüssler sind auf regelmässige Fünffüssler
gebracht, so 1754 (11) ,Der Wiz, o Freundin, ist der Seele'
1762 (90) ,ist für die Seele'; 1754 (11) ,als einen aufgeblasuen
Witzling; I der ewig spricht und niemals denket', 1762 (3, 91)
,als einen leeren aufgeblähten Wizling, | der stets entscheidend
spricht, und niemals denket'; 1754 (15) ,in seiner albernen
Entzückung'; 1762 (94), in seiner oft geheuchelten Entzückung';
der Sechsfüssler 1754 (11) ,Nie hat vom stolzen Aug herab
ein tadelnd Lächeln' ist geändert 1762 (90) ,Nie hat vom
stolzen Aug ein höhnisch Lächeln'; hingegen der regelmässige
Vers 1754 (9) ,Oft hat die männliche zu glühnde Tugend' zu
einem Sechsfüssler gemacht, 1762 (89) ,zu feuervolle'. Im
Ganzen hat er jetzt nur 330 Verse, darunter 14 vier- und 6
sechsfüssige. Die sonstige Behandlung des Verses ist gleich
geblieben. In die Poetischen Schriften 1770 (3, 83 — 96) ist
das Gedicht ohne jegliche Veränderung aufgenommen worden.
In dem Vorbericht bemerkt Wieland dazu, dass es durch die
Reime unstreitig viel gewonnen hätte, dass er damals, als es
Uel)er den ffinffüssigcn lambus vor Lessing's Nathan. 649
geschrieben wurde, sich unvermerkt von einer grossen Ab-
neiguno" eejj'en die Reime habe anstecken lassen.
Wieland's sp.ätere Erzählungen sind sämnitlich in Reimen
geschrieben; nur einmal kehrt er zu unserer Versart zurück in
der Erzählung: Geron, der Adelich, die im Januar- und
Februarhefte des deutschen Merkur 1777 erschien. Er be-
gründete die Verwendung dieser Versart, indem er hervorhob,
dass sie ihm , besser zu der Würde des Sujets zu stimmen und
den Eindruck, den es bei der simpelsten Erzählung machen
muss, zu begünstigen geschickter schien, als die vierfüssigen
lamben, die der komischen Erzälüung angemessener sind*.
Die Eizühluug hat 1200 Verse, von denen fast ein Viertel
sechsfüssig sind; ausserdem finden sich 2G Vierfüssler (109 in
dem Verse ,Ihrs sehr, denn weil der Schwestern Burg' ist
vielleicht zu lesen ,der zwoen Schwestern', wie zweimal vorher
steht, wodurch der Vers fünffüssig würde; doch hat Wieland
später denselben nicht gebessert), fünf Dreifüssler (10, 14, 106,
125, 129), sechs Zweifüssler (13, IG, 107, 108, 124, 127) und
fünf Siebenfüssler (108, 118, 120, 123, 126): einige Verse
müssen mit trochäischem Rhythmus gelesen werden: 10 ,Bei
der Hand ihn, schaun ihn an, und ruhn*; 13 , Immer dunkler,
tiefer gehts hinab*; 107 , Höflichkeit, und täuschet sich mit
Namen'; mit schwebender Betonung im Anfange 16 , Pfleg-
vaters Sohn'; unregelmässig ist der Vers 14 .Des einen, Geron,
der Alte hiess' (später geändert in ,Des einen, Geron, hiess
der andere'); 12 ist ,einz'gen' statt , einzigen' zu schreiben, wie
13 ,seergen* etc.; starke Verkürzungen sind 4 ,o'r' für ,oder'
und 11 ,ha'n' für ,]ia]jen', 106 ,sein's; Hiatus wird nicht ver-
mieden; ich habe 34 Fälle gezählt; z. B. 121 , keine Andre
in'; ibid. ,alle andre'; ibid. , Schönste aller'; ibid. ,kein' andre
ist'. Dass Caesur und Enjambement ganz frei behandelt sind,
bedarf keiner weiteren Ausführung.
Hinweisen will ich hier auf zwei Erzählungen im Deutschen
]\Ierkur, welche den fünffüssigen reimlosen lambus nach Wie-
land's Art zeigen; ,Dic Wahl des Herkules'. Nach dem Eng-
lischen eines Ungenannten von Bertuch (August 1773, S. 158
bis 167) 230 Verse, darunter zwei vierfüssige, 158, 162, und
,Palmira. P^ine Erzählung' mit Q. unterzeichnet (September
1774, S. 287—294), 150 Verse, von denen ein Drittel sechsfüssig
G50 Sauer.
ist; cinig-e Verse haben Anapcästo im Innern: 288 ,Des
Frühling-s ihre niedlichen Köpfchen aus'; ibid. ,Üann hüpften
der Scherz, die leichten flüchtigen Stunden'.
Im Sommer des Jahres 1757 verfertigte Wieland nach
einem eng'lischen Stücke von Nicolaus Rowe sein Trauerspiel
Lady Johanna Gray; die erste Vorstellung durch die Acker-
mann'sche Gesellschaft in Zürich bestimmte ihn, Avie er selbst
im Vorberichte gesteht, die letzte Hand an das Werk zu legen
und es drucken zu lassen. Es erschien 1758 in Zürich. '
Unter den mehr als 2000 Versen sind 1350 klingend; es
finden sich 1(J5 Vier-, 17 Drei-, 7 Zwei- und 3 Siebenfüssler
in der ersten Ausgabe; oft folgen mehrere vier- und sechs-
füssig-e Verse auf einander.
Etliche Verse bedürfen der Besserung; S. 7 ist zu lesen
,Und Edward aus den Au'n des Lichts herabsteigt' statt
,Auen'; ein Compositum wie , herabsteigt' an dieser Versstelle
ist nicht auffallend (vgl. 4 ,aufgieng'; 41 , herabstieg'; 32, 107
jzurückliess'; 83 , aufsah'; ferner 12 ,Sach' ! O Guilford' statt
, Sache' (vgl. 42 ,Sach entnervet'); 35 , erklärt'? Er wär^ statt
, erklärte' (vgl. 85 , weint' und'); ,Seit'! Maria' statt ,Seite';
36 ,Zeüg'! Erlaube' statt , Zeuge'; 65 ,Gefäng'nen von' statt
, Gefangenen' (vgl. 92 , Gefangnen'); 70 ,führ ich diesen' statt
, fühle'; 78 , durchs Feii'r gereinigt' statt , Feuer'; endlich wohl
auch 9 ,Das Flehen der Unschuld! Es steigt' statt ,Flehn';-
(vgl. 20 jglorreichen'; 32 , arbeitend'; 76 , anbetend').
In einigen Versen müssen aber Anapäste angenommen
werden: 7 ,Zu athmen begann'; 8 , auf den sterbenden Lippen';
22 ,Die beiden Indien schreckt'.
Auf Vermeidung der Hiate ist kein Gewicht gelegt; es
kommen manchmal deren zwei in demselben Verse vor, so 18
,In meine Absicht ein! — O welche Aussicht'; 86 ,Und deine
Antwort brachte — (3 mein Kind'; es findet sich 35 , Kirche
1 Im vierten Bande fler Bibl. d. seh. W. steht eine lange Reeension,
worin es S. 7SG heisst: ,Die Sclircibart ist für die Declamation überaus
bequem. Das Metrum ist frei abwecliselnd, die Perioden harmonisch
und dentlicli und der Vortrag edel, blühend, doeli nicht zu sehr ge-
scliniüekt'; ein Lob, welches Lessi ng im 63. Litteraturbriefe keineswegs
, unterschreiben' wollte. Werke (Ilempel 9, 223).
2 Zarucke S. 30.
Ueber den fünt'füssigen lambus vor Lessing's Nathan. 601
alle'; 78 ,Kirclie auszusöhnen'; dagegen 77 , Kirch' auf. Im
Ganzen habe ich 37 Fälle gezählt, von denen nur einige durch
starke Interpunction zu entschuldigen wären. Gegen Ende
scheint Wieland darin genauer gewesen zu sein, da im letzten
Acte, wenn mir keiner entgangen, nur ein einziger vorhanden
ist, 98 , Schönste aller'. Hiatus von Vers zu Vers habe ich
55 Mal gefunden.
Einige stärkere Fälle des Enjambement wären hervor-
zuheben, so Trennung der Präposition vom Substantiv, 92
,ohne meine | Bewilligung'; oder um von seinem Inünitiv: 96
,Um nimmer | getrennt zu werden'; oder die Vergleichungs-
partikel abgelöst 94 ,Als wie j von FuriSn gejagt'; oder die
Adverbialpräposition vom Verbum abgerissen; 97 , schlich |
sich eine Stunde nach der andern weg'.
Oft finden sich im klingenden Ausgange componierte
Wörter verwendet; ausser den eben angeführten erwähne ich
noch 37 , Nachwelt'; 46 , Vorsicht'; 51 , Ausgang'; dann här-
tere Fälle, wie 6 , Wohlklang'; 38 , Blutdurst'; 46 ,Rach-
sucht'; 51 , Schlachtfeld'; auch zwei Worte gebraucht er 8
.vollbracht ist'; 25 ,gesagt hat'; 59 ,rein war'; 80 ,Lass mich'.
Der Text der Johanna Gray ist in den späteren x\uf-
lagen 1762 und 1770 wohl geändert, ohne dass aber dem Verse
grössere Aufmerksamkeit zugewendet wäre.
1762 erschien Wieland's Uebersetzung von Shakespeare's
Sommernachtstraum unter dem Titel: Ein Johaunis-Nacht-
Traum, ' welche ebenfalls in diesem Versmasse geschrieben ist.
Die stumpfen Verse sind nur in etwas geringerer Anzahl
gegenüber den klingenden; die Fünffüssler überwiegen der
Zahl nach; aber unter den beiläufig 1470 iambischeu Versen
finden sich 7 Zwei-, 18 Drei-, 75 Xiev-, 106 Sechs- und
2 Siebenfüssler. Die Unterbrechuug durch die Prosa und die
lyrischen Stellen erschwert die Zählung. Hier finden sich Ana-
päste in grösserer Anzahl als in der Johanna Gray im Vers-
eingange S. 76 , Helena ich liebe dich'; in der Mitte sehr oft,
z. B. 4 ,Demetrius! dieser' und so immer bei den Worten
Demetrius, Hermia, Helena; 4 ^mitternächtlichen Spielen'; 6
,würdiger Edelmann'; ebenda , würdiger anzusehen'; 7 .traurige
' Shakespear, Theatralische Werke. 1 Kand. Zürich.
652 Sauer.
Hymnen'^5 ebenda ^irdischer glueklieli'; 11 , Stadien von'; 40
jihre Flüg-el'; 93 ,aber holder Puck'; 101 ,liier und lass uns
folgen'; 77 , Hinweg du K,aze, du Klette du nichts\vürdig-s Ding'.
Trochäen dagegen nur im Verseingange: 11 , Flüchtig'; ebenda
jWünsche'; 40 , Andre'; 74 , Himmlisch'; 79 , Puppe'; ebenda
,Gelten'; 83 ,König'; 97 , Schlafend'; 100 ^Einziger'; 109 ,Lustig'.
Hiatus wird selten vermieden, z. B. : 3 ,vier Tag' in';
30 ,Ros', und'; 46 ,der Reiff' erreicht'; 64 ,Sonn' ist'; 73 ,unsre
Hand' und Stimm' und'. Im Ganzen habe ich 47 Fälle von
Hiatus gezählt, oft dicht hinter einander. 13 , Deine Augen';
ebenda , Stimme als'; oder 65 ,Erschlagne ausseh'n'; ebenda
, keine Otter'; ebenda , deine ist'; sogar in derselben Zeile 25
,alle ihre Elfen'.
Hier linden sich ferner die ersten Reime in den fünf-
füssigen lamben des Dramas, die erst Schiller weitergebildet
hat. Je ein Reimpaar 14; 37; 42; 45; 64; 66-^ 67; je zwei
Reimpaare 13; 16; ein Reimpaar 68.
Das Enjambement ist der Lady Johanna Gray gegenüber
freier gehandhabt; oft sind Präpositionen von ihrem Substantiv
getrennt: 4 ,über | mein Kind'; 15 , durch | die Tliore'; 32
^zwischen ] dem Erdball und dem kalten Monde'; 29 ,In j den
über uns erzürnten Bach'; 36 ,Mit | rundei' Aufrichtigkeit'; 39
,In I der Liebe reichstem Buch'; 72 ,Auf | deine Gefahr'; 74
,an unserm Geschlecht'; 79 ,mit ihrer | Person, mit ihrer langen
aufgeschossenen | Person'; 101 ,mit | getheilten Augen'; Con-
junctionen stehen am Ende des Verses: 34 ,Bis | Titania
schlafend liegt'; 70 , sobald | du deine Hand erhebst'. Die
Caesur ist in beiden Dramen Wieland's ganz frei behandelt.
Wieland's Singspiele müssen wenigstens erwähnt werden,
weil in ihnen ganze Reihen reimloser fünffüssiger lamben in
den Gesprächsscenen eingeschoben sind, so in der Alceste
(Leipzig 1773) S. 7 — 8; 22 — 25 und besonders 53—54; in der
Wahl des Hercules (deutscher Merkur 1773, 3, 133 — 157)
S. 145 f.; in dem ürtheil des Midas (deutscher Merkur 1775,
1, 1 — 19) 7 f. In dem Lustspiele Pandora (deutscher Merkur
1779, 3) sind ganze Scenen in unserm Versmasse, so finden
sich S. 4—8 fast 100 iambische Fünffüssler, ebenso 44 — 48,
wo zwar Merkur zu Prometheus sagt: , Vetter Prometheus,
wenn die böse Laune, die dich in lamben sprechen macht,
ücber dcu füiiffussit;oii laiiibus vor Lessiiig's Nathan. 653
dir auilers Freiheit Ulsöt, Vcrniialf zu Lüruii, so liürc iiii"; aber
trotzdem selber in lainbeii spricht.
Weiter als Wieland in der freien Behandlung des lanibus
geht Klopstock in seinen beiden biblischen Dramen Salomo
und David.
Klopstock nimmt zuerst auf den ftinffüssigen lambus,
der ihm bei Milton schon früh entgegengetreten war, Rück-
sicht in der Abhandlung: Von der Nachahmung des griechischen
Silbenmasses im Deutschen vor dem zweiten Bande des Messias
175G. Er sagt dort: ,Der zehnsylbigte Vers hat viel Vorzüge
vor dem zwölfsylbigten. Er ist an sich selbst klingender, und
überdies kann man seinen Abschnitt verändern. Er ist der
Vers der Engländer, der Italiener, und auch einiger Franzosen.
Selbst Milton und Glover haben ihn gebraucht. Er scheint
aber gleichwohl für die Epopee zu kurz, und dies doch nicht
so sehr in der englischen, als in der deutschen Sprache^ Am
Ende der Abhandlung spricht er von der Art und Weise, wie
man sich die Kunst, Gedichte zu lesen, aneignen soll und da
heisst es auch: ,Dann gingen Avir zu dem Lehrgedichte, oder
dem Trauerspiele fort. Hier würden wir linden, dass auch
die sorgfältigste Reinigkeit der lamben den Fehler , der Ein-
tönigkeit nicht ersetzen konnte, und dass so gar lamben von
genauerer Ausarbeitung, durch die immer wiederkommende
kurze und lange Sylbe unvermerkt verführt, von der eigent-
lichen Aussprache mehr abwichen, als selbst diejenigen Hexa-
meter, die mit weniger Sorgfalt gearbeitet sind'. , Sorgfältige
Reinigkeit' und ^.genaue Ausarbeitung' hat er in seinen lamben
nicht angestrebt; vielmehr sagt er selbst in der Vorrede zum
Salomo: ,Fünffüssige Verse wechseln mit sechsfüssigen ab,
doch so, dass jene die herrschenden bleiben. Den iambischen
Vers unterbricht bisweilen ein trochäischer, derjenige, den die
Alten Hendecasyllabus nannten. Der Anapäst nimmt die Stelle
des lambus da ein, wo es die nothwendige Abwechselung oder
der Inhalt zu erfordern schien. Und aus eben diesen Ursachen
wird der Vers manchmal durch den lonikus, den dritten Päon
oder auch durch den Pyrrhichius geschlossen. Ich hätte mir
vielleicht mehr Abwechslung erlauben dürfen; allein icii habe
654 S ;ui e r.
es diesem Stücke angemessner g-efunden, mich auf die ange-
führte Weise einzuschränken'.
Der Salomo' hat 2280 Verse, über die Hälfte klingend;
137 Sechsfüssler und drei Vierfüssler: S. 8 ,Nenns, wie du
willst, das zu verhcelen'; 153 ,Mit ihm. Verkündigt ward, da
uns'; 109 ,üu Weichling? siehst du nicht, wie tief. Beiläufig
300 Verse sind unter zwei oder mehrere Personen getheilt, da
oft die Reden in der Mitte des Verses beginnen. Die Zahl
der trochäisch beginnenden Verse lässt sich genau nicht fest-
stellen, ebenso lassen sich die einzelnen Unregelmässigkeiten
im Innern der Verse schwer gruppieren; ich will daher aus der
grossen Maasse, wenige Beispiele auswählen. Trochäische Verse:
26 ,Gott der Götter! verzeihs, wenn ich nicht würdig'; 35
,Das da? Gott nur kanns; Ich weiss es wohl'; 112 , Kehrt die
Urnen herum, damit der König'; 133 ,Ganz der Götzen Gewalt
von ihm gelassen'; lOG ,Um mein glühendes Bild, den Knaben-
mörder'. Verse mit Anapästen im Innern: 73 , Ergreifen im-
gestüm hinunter mich stürzen'; 77 ,Ihr Mütter! . . Jetzo ge-
kränzt, und lebend, und blühend'; 'JO ,Das Thier und seinen
Knecht ins Verderben hinab'. Im Ganzen habe ich bei 200
Verse gezählt, welche eine der in der Vorrede erwähnten Frei-
heiten an sich tragen.
Hiatus wird strenge vermieden: 25 ,Wüst'; in'; 26 ,sagt',
ist'; 38 ,Tenn' es'; 78 ,Schon' unser'; 84 ,Thrän' erfleht'; 105
,der Fragen .... ein', im'; 107 ,Höll! Er'; 109 ,Todesdünst'
in'; 151 ,Asch' auf; 153 ,Ohn' Antwort'. Wenn ich nichts
übersehen habe, so ist nur ein einziger Hiatus vorhanden:
102 ,Was kümmere ihn der Pfeil Jeroboams'. Ja es scheint
sogar, dass Klopstock den Zusammenstoss des geschwächten
e mit folgendem ä vermeidet: 11 ,Hütt' hinab'; 18 ,reist' hinab';
37 , Altar' herunter'; 73 ,In seine Tief hinab'; 94 ,nenn' herauf;
107 ,Zur diamantnen Pfort' hinunter'; 109 ,Zur Höll hinab';
159 ,air herauf. Hiatus von Vors zu Vers habe ich über
dreissig Mal gezählt.
Er gestattet sich viele Verkürzungen: 114 und öfter
,gnung'; 27 ,ewigs', ,anders'; 123 ,Da 's'; 125 ,wie dunkel 's
um ihn ist'; 127 ,wollt 's'; 129 ,Vielfältigs'.
' Salomo, ein Trauerspiel von Klopstock. Magdeburg 1764.
üeber den fünffüssigen lambns vor Lessing'g Nathan. 655
Im klingenden Ausgange koninicn bei Klupstuek zu-
sammengesetzte und zwei einsilbige Wörter vor, z.B.: 5 , Ab-
grund'; 30 ,Oelberg'; 33 , Ehrfurcht'; 6S ^Selbstmord'; 89 ,Un-
schuld'; 95 ^zurückgehn'; 9 ,gar nicht'; 48 ,fern her'; 112 ,doch
noch'; 123 , nicht mehr'.
Wie er über die Caesur in der Vorrede gar nichts sagt,
ist sie auch vollständig willkürlich bei ihm behandelt. Nur
wenige Beispiele für das ganz freie Enjambement will ich
anführen: 8 ,Ich tieng | Nur an'; 10 ,sein edler | Zu sanfter
Freund'; 13 ,Das Leben jenseit | Des Grabs'; 17 ,Bis zu der
schrecklichen j Entschuldigung'; 50 ,Ohne noch Einmal | Eine
Mutter zu seyn'; 56 ,um Abschied | Von mir zu nehmen'; 133
,ob du noch | Mich kennst'.
Die zweite Auflage des Salomo, Magdeburg 17G6, weicht
von der ersten ganz wenig ab. In den ersten zwei Acten
habe ich neun unbedeutende Veränderungen bemerkt, welche
auf den Vers fast gar keinen Einfluss haben.
Die neue vermehrte Auflage, Magdeburg 1771, verdient
den zweiten Titel durchaus nicht; es ist kein Vers hinzu ge-
kommen, wohl aber fehlen drei Verse.
Kaum irgend eine Aenderung scheint des Verses wegen
gemacht zu sein. Denn 13 , Zurücke. Er' ist Hiatus geschaffen
worden, während es in der ersten Ausgabe hiess , Zurück'. Er',
ebenso 44 , Erwarte es' statt des früheren , Erwart es' (76);
oder sollten dies Druckfehler der neuen Auflage seinV 48 ist
durch Auslassung des Wortes , keine' (84) ein vierfüssiger Vers
entstanden, ebenso 98 ein zweifüssiger durch Weglassung der
Worte ,0 Gott der Götter! du' (161). Wenn für früheres
jÄltsten' (149 und 162) jetzt , Ältesten' (91 und 99), oder für
,härtste' (165) jetzt , härteste' (101), oder für ,gnung' (156,
zweimal) jetzt , genug' (95), oder für ,ein einzigs Wort' (95)
jetzt ,ein einzig Wort' (54) gesetzt wird, so scheut er doch
andererseits neu entstehende Härten nicht; frülier ,feyerlich'
(25) jetzt ,feyrlich' (16); früher ,Der es' (45) jetzt ,Der 's'
(26); früher ,hast' (119) jetzt ,hasts' (71). Die Ausbeute ist
gering und lohnt fürwahr die Mühe des Vergleichens nicht.
Die Recension in der Bibl. d. seh. W. (12, 284) beurtheilt
die Sprache im Salomo ziemlich richtig: , Sollen wir noch etwas
von der Sprache und den Versen sagen? Wir hätten zuweilen
65G
S> ;i u e r.
jüue njitürlicher und riclitiger, diese wuhlkliugender g-e\vüiisclit.
Die Wurtluyuug ist nicht selten Lart und ungewölinlieli, und
der Leser niuss sich iu der That erst über den Anstoss, den
er daran nehmen kann, liiuwegsetzeu, um das Stück durch-
zuh'sen^ Aehulich ist auch die Recensiuu iu der Allgcni. d.
liibl. o (17G6) 65 von J. N. Meiuhardt.
Ganz auf dieselbe Weise wie im Salomo behandelt Klup-
stöck den Vers in seinem zweiten iambischeu Trauerspiele
David (Hamburg 1772), über welches daher einige Bemer-
kungen genügen.
Unter den 2150 Versen lindeu sich gegen 160 Sechs-
füssler und 3 Vierfüsslcr: 20 ,Auch jetzo noch? Lies! Hundert
Tausend'; 85 ,So viel Rechtschatne mir einst Helfer''; 125
, Nicht mehr. Er tödtet schon! AVas willst du*. Hiatus wird
vermieden^ z. B.: 7 ^Kriegsdrommet' au'; 8 , Stamm' am'; 10
jSonn' euch'; 21 ,sondr' ich'; 35 ,opfr' ich'; 59 ,beyd' in'; 60
,voll Dürr' umher'; 78 ,Thräu' ist'; 115 ,Zung' aussprechen';
111) ,ohu' ihn'; 132 , durch Irr' und Nacht'; der 76 stehen ge-
bliebene Hiatus : , weinte ich' ist im Druckfehlerverzeichniss
getilgt: , weinet ich"'; wenn ich nichts übersehen habe, bleiben
nur folgende Fälle übrig: 39 , werde? Ach'; 134 ,der ganze
Altar'.
Auch hier meine ich gefunden zu haben, dass Klopstock
die geschwächten e vor h vermeidet; wenn mir nichts ent-
gangen ist, so ist nur in folgenden Stellen das e vorhanden:
43 , leise, hörtest'; 114 ,die Sterbedrüse hängt'; 128 , Wolke
hebt'; 131 , Verhüllte heut'; während in der überwiegenden
Mehrzahl der Fälle das e getilgt ist: 12 ,Eir hinab'; 23 ,unweis'
hab'; 24 ,Geh' hin'; 54 ,die Sonn' heut'; 80 ,zum Grab' hin-
unter'; 94 ,wär'. Hör'; 114 ,Sonn' heut'; 119 , Erwach' Husai';
121 ,nah heran'; 134 ,Donnerliamm' herunter';- 138 ,Ln Staub',
hinauf; 138 ,send' hinauf'; 126 ,mit lautem Weh' herauf.
Häutige Synkopen und Apokopeu führen manche Härten
herbei: 4 ,du 's'; ebenda ,Und 's'; 7 , lautsten'; 9 ,droh'nd';
35 , Worin 's auch war'; 37 ,Der 's wagt'; 58 , Kriegs'; 87
,Aus ist 's mit ihr! 's ist aus!'; 115 , sobald 's begann'; 124
, fleht s'; 126 , Begann 's, begann 's mit Wuth'.
Endlich seien noch einige charakteristische Beispiele für
die Behandlung des Enjambements notiert: 9 , eines frommen |
Ueber den fünt'füssigeu luiiibus vor Lessiug's Nathan. 6o7
uud strengten Mauus'; Vi ,-bcvor | er wicdcrkiuuu'; ol ,\v'ni viel |
des Blutö^; 32 ,vom 8utt | der Frucht'; 34 ,aus dem Unstern
Ernst, und diesem | zurück gehultneu Zorn'; 35 ,Du hast | g-e-
wählt'; 38 ,Die laug' erwartete; zuletzt mit Zorn | verlang-te
Zählung'; o\) ,eins | der Völker; 49 ,voll | Bekümmernis'; 55
,des Herrn | Gericht'; 57 ,ein solcher, | so blutiger, noch nie
von mir geführter | Krieg'; Ü5 , gleich | des Blitzes scjmellem
Falle'; 99 ,er sank | zurück'; 125 , zwischen Himmel | uud
Erde'; 127 ^Zwischen dir, o iSohn | und deinem tödtenden Ver-
derber'.
Ueber den Vers des David schreibt Hart mann an Bodmer
von Tübingen 9, December 1772 (Stäudlin, S. 210): ,Ganz
ist dieser David Klopstock's nicht würdig; aber der schöne
lambe und andere nicht gemeine Schönheiten nuichen mir ihn
unschätzbar, und am 27, desselben Monats meint er (ebenda
Ö. 284) : ,Kann ein lambe nicht wirklich in seinem Gange schön
und richtig, uud doch leer an grossen Gedanken sein? Ich
sage nochmal, dass ich in Klopstock's David sehr viel \V'ul-
laut des lamben tinde, wenn schon bisweilen ein leerer lambe
mit einläuft'. Wahrscheinlich hatte Bodmer das erste Urtheil
Hartmann's eingeschränkt.
Klopstock's Ansicht, dass mau im Deutschen keine reinen
lamben machen könne, hatte ihn abgehalten, denselben zu seinem
Messias zu verwenden (Gramer, Klopstock 1, 137): diese An-
sicht behielt er bei. Als er von Bürger's Iliasübersetzuug in
lamben erfuhr, sprach er sich gegen das Versmass aus. ,"\V'^enu',
sagte er, ,die Caesur richtig beobachtet ist, so werden die Verse
monoton und behalten die homerische ]\Iannigfaltigkeit nicht;
ist es nicht, so wird das Gehör beleidigt" (Briefe von und an
Bürger 1, 103). Als ihm aber dann C. F. Gramer ein Stück
derselben vorlas, spendete er ihr vollen Beifall.
Mit Klopstock's Technik müssen die wenigen fünffüssigen
lamben in Verbindung gebracht werden, welche Gersten berg
dichtete; sie linden sich in seiner Uebersetzung der Braut von
Beaumont und Fletcher ' und er äussert sich über sie in dem
vorgedruckten Schreiben au Weisse (S. 12 f.) wie folgt: ,Sie
1 Kopenhagen und Leipzig 176.0.
658
ba uer.
werden wol keine Reelitfertiijiino- von mir erwarten, dass ich
mein Original in deutscher Prosa zurückgebe, da es doch
grösstentheilö in reimlosen füntYüssigen Versen geschrieben ist.
Unsere Hendekasyllaben sind ausserordentlich schwer in der
Bearbeitung-, wenn sie der Vollkommenheit einigermassen nahe
kommen sollen; fallen sie dagegen zu kurz, so halte ich sie
dem Ohre für weit unangenehmer, als eine schöne Prosa. Im
Drama wenigstens schicken sie sich nur für lange Monologen,
lange poetische Tiraden; sobald sie aber dem Dialog und der
Simplicität des Umganges angemessen werden sollen, sind sie
unerträglich Hagedorn selbst würde sich im drama-
tischen Gedichte bei so vielen Schwierigkeiten nicht im Tone
haben erhalten können. Den besten Ausweg scheint mir Klop-
stock in seinem Salomo gefunden zu haben; ich besorge aber
sehr, dass man noch immer viel Zwang und Mattigkeit darinnen
antreffen werde. Sie werden in meinem engländischen Trauer-
spiele eine poetische Maskerade finden, die ich in Hendeca-
syllaben übersetzt habe, weil jene Schwierigkeiten dabei weg-
fielen, da sie sich dem dichterischen Schwünge mehr näherte,
wiewol ich sie für nichts weniger, als für schön halte. Im
Originale ist sie gereimt'. Diese Maskerade nun (S. 39 — 47)
besteht mit Ausnahme der Gesänge aus 140 reimlosen iambi-
schen Versen, von denen beiläufig 60 klingend sind. Hiatus
ist, wie sonst von Gerstenberg, ' auch hier vermieden (S. 44
,Meer' und'). Des Enjambements bedient er sich nur selten,
dagegen finden sich andere Unregelmässigkeiten; vier Verse
sind Sechsfüssler: S. 39 ,Hör, helle Cynthia, mir zu. Ich bin
die Nacht'; 40 ,Lass ihre sanften Lieder uns den Glücklichen';
41 ,Hier eine schönre Scene, hier den Liebenden' und ,Dies
majestätsche Schauspiel nicht genug? O nun'; 4(3 steht ein
Vers ,Für diesmal! Dank! Dank und Lob euch allen', welcher
dm-ch die Conjectur ,diesesmal' kaum gebessert werden könnte.
Im Versschluss verwendet Gerstenberg einige Male Com-
posita: S. 39 , Antlitz'; 41 , Wollust', , Aufzug', Syncopiert muss
werden in dem Verse (S. 42) ,Sei hier verschwenderisch, und
ich will dir danken', wo ,verschwendrisch' zu lesen ist. In
seinen übrigen Werken bedient sich Gerstenberg unseres
' Vgl. Werner , Ztittclail'i für die öpteireidiisehcn Gjniuii.-icn 1878, S. 532.
Ueber den fünffüssigen lamhus vor Lessing's Nathan. 659
Versinasscs hie und da in Verbindung mit anderen, so z. B.
im ,Skuldeu''; allein diese Verse kommen nicht in Betracht.
Hier dürfte der richtige Ort sein, G. K. Pfeffel's Be-
nüiluingen für den lainbus kurz zu erwähnen. Auch er suchte
dem Vers mehr Leben zu verleihen, und schlug vor, die iam-
bischen Füsse mit amphibrachyschen abwechseln zu lassen.
Nach der Recension in der N. Bibl. d. seh. W. ö, G2 steht
in dem 1766 erschienenen zweiten Bande von Pfeffel's thea-
tralischen Belustigungen, die ich nicht kenne, eine Probe dieses
Versmasses; nämlich die Uebersetzung einiger Stellen aus
Saviguj^'s sterbendem Socrates; die in der Recension mit-
getheilten Verse sind stumpf und klingend, mit freier Caesur
und ohne Enjambement; die beiden Verse: ,Du, der mein Herz
erforscht, erhöre mein Flehen, | Und lass die Tage meines
'irrdischen Lebens' mögen ein Beispiel seiner Versification geben.
Der Recensent erklärt sich mit derselben nicht ganz ein-
verstanden.
Im Jahre 1764 Hess Johann Heinrich Steffens,' Rector
in Celle, derselbe, der die Emilia Galotti ins Lateinische
übersetzte, zwei Versuche in fünffüssigen lamben erscheinen.
Die Brüder nach dem Terenz, ein Lustspiel in fünf Acten
und eine Versification des Philotas. Das erstgenannte Drama
scheint mir das ältere zu sein, weil er sich in demselben noch
' Zu den bei Goedeke S. 552 und 616 angeführten Dramen von ihm kommen
noch folgende : Der junge Mensch auf der Probe, Lstsp. nach Destouches.
Zelle 1704; Die Menschlichkeit oder Schildrung der Dürftigkeit. Nach d.
Franz. Zelle 1704; Die Brüder, ein Lstsjj. nach dem Terenz, ver.si6cirt
von J. H. St. Zelle 1704; Philotas, ein Trsj). Nach dem Original ver-
sificirt. Zelle 1704; Der Schatz, Lst.sp. in 1 Aufz. Zelle 1704; Thomas
Jones, Lstsp. von 5 Aufz., nach Fielding, Zelle 1700; Der Geldtopf, Lstsp.
von 1 Aufz. nebst dem latein. Text, aus der Aulularia des Plautus
zusammengezogen, Zelle 1705; Das Unerwartete im Heiratheu, oder die
Frau mit zweenen Männern zugleich, Nactispiel, Zelle 1765; Beverley
oder der Spieler, bürg. Trsp. nach Mocjre, Wien 1705 (wahrscheinlich
zuerst in Zelle erschienen; auch von der Ciiristin Gabiuio — Goedoke
Nr. 4 — existiert ein Druck Wien 1707); Kleveland, Tr.sp. Zelle 1768;
Das Schnupftuch oder der Mohr vi.u Venedig, Othello, Schsp. nach
Shakespeare. Frk. u. Lpzg. 1770.
GGO Sauer.
nicht jene colossalen Freiheiten erlaubt, die er im Philotas
anwendet.
Die Rn'ider, 1550 Verse, die Mehrzahl klingend, ein drei-
füssiger (S. 12) ,Wie? nichts? geh hin zum Teufel', 18 vier-
füssige, 3o scchsfüssige. Trochäischen Rhythmus zeigen fol-
gende Verse: 21 ,i)ass der Kerl nicht aufgehalten werde'; 32
,üeber dem er dient in ihrem Hause'; 46 , Scheust du dich
mir den Entwurf zu sagen'; 49 , Schickt man sich und alles ist
vergeben'; 54 , Meiner Treu! wenn lerntet ihr die Sprache';
schwebende Betonung muss angenommen werden, 36 ,Unsichtbar',
GC) , Gutwillig'; doch finden sich auch im Inneren des Verses
Betonungen wie 10 und oft ,heirathen'; 11 ,anrühren'; 31
.gleichgültig'; 45 , einwenden'; 49 , Grossväter'; 57 ,auffa]irend';
Anapäste finden sich im Anfange des Verses gar nicht, im
Innern ganz vereinzelt; Enjambement fast gar nicht; die Caesur
ist frei gehandhabt. Hiatus habe ich 18mal gezählt.
Die Versification des Philotas beträgt beiläufig 1000 Verse;
etwas weniger als ein Diittel derselben sind stumpf; etwa 20
Vierfüssler und 30 Sechsfüssler finden sich; aber ein grosser
Theil der Verse fängt trochäisch oder anapästisch an ; und auch
in der Mitte sind Trochäen und Anapäste nicht selten, wieder-
holen sich sogar in einer und derselben Zeile, so dass Muster-
verse vorkommen, wie sie sogar bei Klop stock selten sind:
S. 35 ,Und o mächtiger Vater der Götter und Menschen'; 39
,Und verwundet gefangen aber nicht wieder'; 8 , Entzückende
Träume des Siegs und der Ehre'; 3 ,In den schrecklichsten
unter den Ti-äumen der Menschheit'; 32 , Stifter des Friedens
bei zwistigen Vätern gewesen', welche vollständig daktylischen
Rhythmus zeigen.
Hiatus wird zu vermeiden gesucht: z. B. 5 ,die geringst'
ersparen'; 14 ,die Söhn' einander'; '29 ,verändr' ihn'; 32 , meine
Roll' einfältig'; dagegen sind folgende zwei Fälle zu ver-
zeichnen: 24 jRede • — aber'; 34 ,wehe ihm'; zu bessern ist
wol in dem folgenden Verse: 34 ,Wie freute ich mich auf
jedes Thaies Krümmung', , freut'' aus ,freute', wodurch der
Hiatus vermieden wird.
In dem Verse 34 ,Denn auch ein Weib kann mit Er-
staunen hören' ist nach ,kann' das Wort ,man' zu ergänzen;
U<;bcr rlcn fiinffüRsigen Iarnl)u=i vor Lessing's Nathan. 6(51
ilcnii iin Original lautet die .Stelle: ,Ach! - Auch ein Weib
kann man mit Erstaunen hören'.
Enjambement findet selten statt; die Caesur ist frei.
40 Verse sind unter zwei, (5 Verse unter drei, 1 Vers unter
vier Personen g-etheilt; von dem fünften Auftritte reicht der
Vers in den sechsten hinüber.
[Hier will ich einen Odendichter anführen, den ich sonst
nicht unterzubringen weiss: Jakob Wilhelm Blaufuss. Er ver-
öffentlichte 1755 , Versuche in der Diclitkunst' (Jena). Er ver-
sucht sich auch im reimlosen Fünffüssler durch die ,Ode bey
dem Abschiede des Herrn M. Taddel aus Rostock, und des
Herrn Krauss, aus Rotenburg, aus einer Privat- Gesellschaft'
(S. 94 — 99): zwölf zehnzeilige Strophen mit weiblichen und
männlichen Endungen. Caesur steht nach der vierten Silbe.
Enjambement vermieden, ebenso der Hiatus (S. 96 , Gross und').
Synkope und Apokope tritt ein: 96 ,Daur', ,irdschen', ,weg-
pröphezeyhn', 97 ,samtnen', 99 ,vorm'. Die Betonung sehr oft
unrichtig: S. 94 , selbst Wöhlthaten beseufzet'; 95 , Unruh', ,das
einzige'; 96 .bildete', ,weniger'; 97 , Treulosigkeit', ,bebenden
Damokles'; 98 , rednerisch, gross, wie er ist, gemahlt' u. a. m.]
3. Die beiden Sclilegel.
Johann Elias Schlegel hatte sich in seinem 1740 er-
schienenen Schreiben über die Koniiidie in Versen ' a-ee'en die
Verwendung des fünffüssigen lambiis ausgesprochen: ,Sowoiil
die Italiener als Engländer haben zu ihren reimlosen Versen
fünffüssige lamben gebraucht, und zwar jene mit lauter weib-
lichen, diese mit lauter männlichen Endungen. Aber zu diesen
sind unsere Ohren jedoch zu zärtlich und zu jenen ist unsere
Aussprache nicht fliessend genug. Ja es scheint, als ob wir
nicht einmal ein langes Gedicht in dieser Versart ertragen
könnten'. In derselben Abhandlung meint er auch, ,dass uns
bei der jetzt gebräuchlichen Art des Abschnittes in den sechs-
füssigen lamben allezeit der Reim unentbehrlich sein würde'.
Diese Behauptung hält er doch 1747 aufrecht, denn am 15. April
dieses Jahres schreibt er an Bodmer von Copenhagen aus:-
1 Kritische Beiträge 24. Stü'k; Werke 3 (17G4), 88.
- Stäudliu's Sammlung S. 51.
062 Sauer.
,Was die Reime betrifft, so ist niemand, welcher mehr wünschte
als ich, dass mau das Wesen eines Verses nicht in diesem
Klange suchte: Gleichwohl linde ich, dass ich noch immer
Ursache habe, dasjenige davon zu halten, was ich in meiner
Abhandlung für die gereimte Comödie, die in den ,Critischen
Beiträgen' stehet, davon gesagt habe. Ich finde, dass der Mangel
des Reims nicht das einzige ist, was ich wider die reimlosen
Verse, auf den Fuss, wie sie bisher gemacht worden sind,
einzuwenden habe. Wenn ich eine männliche Endung darin
erwarte, bekomme ich eine weibliche zu hören, wenn ich glaube,
dass ich am Ende des Verses bin, bin ich in der Mitte des-
selben. Und die lateinischen Metra sind wegen der Verschie-
denheit der pedum gar nicht im Deutschen brauchbar, weil
die ganze lateinische und griechische Poesie nicht auf den
Accent, sondern auf moram der Silben gegründet ist, zwei
Dinge, welche ganz verschieden sind'.
Schlegel bedient sich daher des reimlosen Alexandriners
— des Uebergangsmetrums zum Fünffüssler — , von dem er
Bodmern in dem soeben citierten Briefe eine Probe mittheilt.
In diesem Versmasse mit stets weiblicher Caesur nach der
fünften oder siebenten Silbe ist das Nachspiel Die entführte
Dose' geschrieben, welches vor dem Geschäftigen Müssig-
gänger, - also vor 1741 entstand und in Leipzig mit grossem
Beifall aufgeführt wurde, ^ ferner das kleine Bruchstück der
Tragicomodie Der Gärtnerköuig. ^
Von dem ersten Stücke sind nur der erste, achte und
neunte Auftritt, im Ganzen 180 Verse, von dem zweiten nur
16 Verse ^ mitgetheilt, alle stumpf. Hiatus findet sich an drei
Stellen, jedesmal in der Caesur: S. 630 ,Dose! ] Einmal; 631
, Stelle. I Auf (beide Male starke Interpunction und der Vers
an dieser Stelle zwischen zwei Sprechende getheilt) ; 632 ,Arme |
1 Werke 2 (1762), 617—6:35.
2 Werke 2, 47.
3 Werke 2, 621.
* Stäudlin'i? Sammlung S. 51, Werke 2, 636. Vgl. Schlegel'.-} Brief vom
8. October 1746 an Bodmer (Stäudlin's Sammlnng S. 39).
^ In dem Briefe vom 15. April 1747 an Bodmer sagt er davon ausdrücklich:
,E.s i.st dieses ein Versuch, den ich vielleicht niemals wagen werde aus-
zuführen'.
Ueber den fünffüssigen lambus vor Lessing's Nathan. 663
oder'. Ein Vers dürfte zu bessern sein, da alle übrigen voll-
kommen reg-elmässig sind: 634 ,So mags denn hingebn. Meine
Dose setz ich darauf', wo , drauf zu lesen sein wird (vgl. 632,
634 ,raus'; 633 ,dran').
Ein Jahr vor seinem Tode begann er dennoch den fünf-
füssigen lambus zu verwenden. Am 6. September 1748 schreibt
er von Soroe aus an Bodmer. i ,Ich hatte erst in diesem
Jahre angefangen The iVFourning Bride des Congreve, doch
mit einigen Veränderungen auf das deutsche Theater in reim-
losen Versen zu bringen. Ich fand nichts besser für das Gehör
als die Verse selbst nach englischer Art, wenn man sich nur
die Mühe geben will, die Endungen der Verse mit weiblicher
und männlicher abzuwechseln .... Ich glaube, die Welt wird
nicht daran verlieren, wenn ich auch nicht die Zeit haben
sollte, es zu Ende zu bringen. Denn ich habe nicht mehr als
den ersten Act und etliche Scenen vom andern fertig'. Mehr
entstand auch nicht davon* diese Bruchstücke aber wurden
unter dem Titel Die Braut in Trauer 1762 in den gesammelten
Werken gedruckt. 2 Er hat stark gekürzt. In dem Briefe theilt
er aus dem Gedächtnisse einige Verse mit, die von den in den
Werken gedruckten theilweise abweichen ; darunter die erste
Rede vollständiger als in den Werken. Das Erhaltene beträgt
450 Verse, regelmässig abwechselnd mit stumpfem und klin-
gendem Ausgange. Nur an einigen Stellen folgen zwei stumpfe
oder zwei klingende Verse aufeinander 579 ,noch Leid' (wo
, Leiden' zu schreiben ist, wie S. 592 und wie auch in dem
Briefe geschrieben ist); 586 ,welchen, Treue, bestimmt, will';
592 ,Bande, Ketten' und ebenda ,Güte, Reden'; 593 endet der
letzte Vers des ersten Actes: ,beständig' und der erste Vers
des zweiten Actes 594 , Schrecken'; 597 ,lebt, zurück'.
Die Caesur steht, wie. beim Alexandriner, noch häufig
gewohnheitsmässig nach der vierten Silbe. Enjambement ist
selten und dann recht vorsichtig angewendet; Hiatus durchweg
vermieden; nur von Vers zu Vers finden sich 13 Fälle, von denen
8 durch starke Interpunction geschieden sind. Einmal findet sich
im weiblichen Ausgange ein componiertes Wort: 595 , Anblick'.
1 Litterarische Pamphlete (Zürich 1781) 128 f.
2 Werke 2, 569—598.
Sitzungsber. d. pbil.-liist. Cl. XC. Bd. 111. Illt. 43
GG4 Sauer.
Der Naclilass Job. Elids Schlegel's war an dessen Bruder-
Job. Heinrich g'clangt und offenbar war es das eben besprocbene
Fragment, welcbes diesen bestimmte, Thomson's Werke in
fünffüssigen lamben zu übersetzen; in der Vorrede zu Sopbo-
nisba hat er m^oI zunächst nur diese Arbeit im Auge, wenn
er seine Behandlung des Verses auseinandersetzt mit freier
Caesur und Abwechskuig der stumpfen und klingenden Verse
und in der Vorrede zu den Trauerspielen 1764, wo das Frag-
ment bereits gedruckt vorlag, bezieht er sich wieder auf das-
selbe. ^
Joh. Heinr. Schlegel's erster Versuch, die Uebersetzung
von Thomson's Sophonisba,^ erschien 1758, in demselben
Jahre mit Wieland's Johanna Gray. Unter den 2380 Versen
sind über ein Drittel stumpf; in den Ausgängen der klingenden
Verse finden sich oft zusammengesetzte Wörter: , hingab, herbei-
kömmt, einhergehn, verabscheut, einzog, hervorstiegst, nach-
stellt, anweht, auflöst, verunziert'; auch zwei Worte verwendet
er und nicht nur die enklitischen ich, du, er, ist, hat, sondern
es finden sich auch Fälle wie: ,kann nicht'; ,ist zwar*; , nicht.
Doch'; ,dort sein'.
In Bezug auf die Länge ist er ziemlich genau; doch finden
sich ein Zweifüssler S. 76 ,Das übrige'; 2 Dreifüssler: 60 ,Von
ihren Handlungen'; 81 , Selbst auf ihr Haupt gebracht'; 9 Vier-
füssler S. 4, 12, 46, 49, 52, 53, 54, 57, 89; 24 Sechsfüssler
S. 4, 5, 9, 11, 13, 15, 22 (2), 23, 24, 33 (2), 34, 35, 41, 43,
46, 47, 48, 52, 59, 73, 74, 77.
Hiatus wird durch Apokope weggeschafft: S. 4 ,der Krön
und'; ebenda ,Lieb'. Er'; 29 ,Scen' ist'; 41 ,Bitt' ist'; auch die
falschen Formen: S. 65 ,ihr' unselge Liebe'; 75 ,Die lang' Er-
fahrung'. Doch sind folgende Fälle stehen geblieben: S. 12
,andre Art'; 23 ,ihre Eltern'; ibid. ,beyde, und'; 24 , Freude
und'; 34 ,kalte unbeseelte'; 48 , eigne üppige'; 52 ,Die vorge
Ehe'; 54 , seine Eifersucht'; 57 , schimpfliche und'; 59 , Nie-
drige, Undankbare'; 72 , Hitze aus'; 73 , Liebe. Alles'; 78 ,alle
' Zarncke 27.
2 Jacob Thomson's Sophonisba, ein Trauerspiel, ans dem Eng-lischen über-
setzt von Johann Heinrieh Sclilegeln, Leipzig 1758. Auch Weisse hat
die Sophonisba übersetzt (Selbstbiograpliie S. 16).
Ueber ilen fünffüssigen lambns vor Lessing's Nuthan. 665
alle^; 79 , ermattete, und'; 92 ,(ler heilge Aug-enblick'; 92 ,ekle
Erde'; 94 ,\väre. Ich^ Von Vers zu Vers habe ich 117 Fälle
gezcählt.
Einmal miiss Ana23äst angenommen werden: 16 ,Zu thun
unmöglich. Das alles rührt mich nicht'; dagegen muss ge-
schrieben werden: 12 ,Die mir zu Füssen liegt, kann dies
vereint' statt ,lieget'; einer kleinen Besserung bedürfen folgende
zwei Verse: 84 ,Zum Hohne? Wispert das nicht Strafe zu' statt
jHohn' und 88 ,0, das verwirret mich. Der Knechtschaft Rutho'
statt , verwirrt'. Als unregelmässige Betonung ist hervorzuheben:
20 , Gleich den Göttinen, Pallas öder Jimo', welchen Vers man
vielleicht mit trochäischem Eingange lesen muss, und 35 ,Zu
Liebkosungen sich herablässt, seufzt'. Das Enjambement ist
ziemlich frei gehandhabt. Die Receusion in der Bibl. d. seh. W.
(1759, S. 117) lobt die Versification und empfiehlt im Anschluss
daran den fünffüssigen Jambus für das Drama.
1760 Hess Schlegel Thomson's Agamemnon und Co-
riolan nachfolgen. '
Im Agamemnon 2200 Verse, davon 700 stumpf; ein
Zweifüssler: 61 .Erhielt, erzog'; drei Dreifüssler: 30 ,Ich liebe
Clytemnestren'; 44 ,In deinen Adern kühlen'; 75 ,Und fühlt
den bängsten Harm'; vier Vierfüssler: 31 ,Den Gram zu lin-
dern — Agamemnon'; 82 ,Sehr unrecht. Schien ich dir denn
fähig'; 83 ,Muth, Redlichkeit, Verstand und Vorsicht'; 95 ,Und
zu geduldig! — Wohl, so sterbet!'; und dreizehn Sechsfüssler.
Hiatus wird vermieden, so S. 32 ,Ehr' erfüllet'; und viele
falsche Formen: 19 ,Dein' Iphigenia'; 34 ,mein' Electra'; 50
jdein' angebohrne Hoheit'; 58 ,lang' Entfernung'; 62 ,mein' un-
verdiente Güte'; 73 ,kein' Ehre'; 83 ,dein' ehrwürdge Tugend';
90 ,ein' ewge Trennung' ; stehen geblieben ist Hiatus nur an
' Agamemnon und Coriolan, zwei Trauer.spiele aus dem Engli.scheu Jacob
Thomson's, Kopenhagen und Leipzig 17G0. Der Agamemnon war 1750
in einer reimlosen Alexandrinerübersetzung in Güttingen erscliienen.
Lessing begann im Gegensatze zu derselben seine Prosaiibersetzung
(Werke, Henipel 11 b, 019 ti'.). Eine andere Ueber.sotzung in Prosa er-
schien 17G0, Frankfurt und Leijizig (Carlsrulier Hey trüge zu den sdilhicn
Wissenschaften, I. Bd., IV. Stück, S. 283—376). Der Coriolan ist in
Prosa übersetzt von .1. F. C. im VIL Bande der Neuen Erweiterungen
d. E. u. d. V. 175G, S. 285-355.
43*
ÖÖ6 Sanor.
drei Stellen: 10 , zarte Ehre'; 34 , andre Ipliigenia'; 82 , Liebende
entzweit'.
Als auffallende Betonung wäre zu verzeichnen: 15 , Selbst-
rettung'; 22 und 58 ,Cycladen'; 29 Treulose'; zu bessern wären
die Verse: 15 ,Ich mich hinwerfen kann? — Misdeut' mich
nicht' statt ,misdeute' (vgl. 35 ,beneid ihn'); 26 ^Gut. Lass
mir Ruh'. Verlasst mich itzt ein wenig' statt ,Ruhe' (vgl. 13
,Müh' und'); 52 ,Du kennest ihn vielleicht. Sie griffen plötz-
lich' statt , kennst'; 90 ,Ich hab', Aegisthus, dieses noch bisher'
statt jhabe'.
Viele componierte Wörter im klingenden Ausgange: , Nord-
ost, Fallstrick, Schandfleck, Leitstern, zunahm, nachhieng, nach-
liess, hinsehn, aufthut, anblickt, brandmarkt, ausgoss, daher-
wankt, herablässt, vornahm, hindurchstrahlt'; auch zwei Worte:
,kund thun'; ,sein kann'; ,thun willst'; ,vermuth ichs'; , ent-
seelt seist'.
Die stärksten Fälle des Enjambements wären: 18 ,ohne
niedrige gedankenlose | und blinde Liebe'; ebenda ,Um Helenens
Entführung | zu züchtigen'; 97 ,Es fliehn auch weinend | die
Lares weg'; 50 ,wohin | dein bittend Auge sieht'; 29 ,den
König, ja | den Führer'.
Coriolan hat über 1900 Verse, von denen 680 stumpf
endigen; in Bezug auf die Länge ist er genauer; es finden sich
nur drei Dreifüssler: 154 ,Und wunderbar verwandelt'; 185
, Schon genug entkräftet hat'; 222 ,So gegen die Vernunft';
zwei Vierfüssler: 150 .,Zehnfachen Tod, den Tod der Ehre';
229 ,Noch willst du nicht? Du nimmst die Rettung'; ein Sechs-
füssler: 160 ,Du warst sein Gast in Rom. Drum, Titus,
konntest du'.
Hiatus wird strenge vermieden: es scheint keiner über-
sehen zu sein; auch hier finden sich die falschen Formen, wie
201 ,Mein' Ehr' und'; 205 ,Dein' Ehre'; 217 ,ihr' eigne Sache';
218 ,dein' erste Jugend'; 173 ,eiu' halbe Nacht'. Einer kleinen
Besserung bedürfen zwei Verse: 164 ,Wie es o Herrscher, Dir
gefällt, mein Loos'; ,Dir' fehlt im Texte; 190 ,Mir zu ver-
trau'n und mich für ihre Sache' statt ,vertrauen' (vgl. 185
jgnug'). In Bezug auf den klingenden Ausgang seien nur einige
vorkommende starke Fälle erwähnt: 147 , hinaufzog'; 149 , hinein-
drang'; 179, aufhub'; 225, misfällt' ; 210 ,austheilt'; 214 , zurück-
Ueber flen fünffüssigen lambus vor Lessiog's Nathan. 667
rückziehst'; 158 ,gut schien'; 175 , hindurch gehn'; 221 ,thim
soll'; 222 ,Tyrann wirst'; 226 ,g-edämpft Wcard'; 182, 211 ,frei
sein'; 187 ,von nun an'; 187 ,Preis gibt'; 192 , emporschwingt'.
1764 Hess Schlegel einen Samniolband englischer Ueber-
setzungen erscheinen/ in denen er den fünffüssigen lambus
in cähnlicher Weise behandelt. In dem ersten Trauerspiele
Eduard und Eleonora von Thomson ist er in Bezug auf
die Länge sehr genau; unter den beiläufig 1730 Versen finden
sich nur zwei Sechs- und ein Siebenfüssler: S. 58 , Beginnt ein
wenig aufzulodern. — Eduard'; denn , Eduard* ist immer drei-
silbig zu lesen, vgl. 13, 15, 16 etc.; 63 ,Um eine Sterbende,
um eine solche Fürstin'; 64 , Betrogene Daraxa! Thörichte!
wird künftig wohl'. Die Mehrzahl der Verse, über 1180, sind
weiblich; der klingende Ausgang ist ebenso frei behandelt
wie früher.
Hiatus wird sehr sorgfältig vermieden ; z. B. S. 1 1 ,Hülf '
entzogen'; 18 ,Sonn' entflammt'; 73 ,Seer entzückt'; 59 ,Mein
Nam' ist'; 35 ,Söhn' und'; 37 ,Gelübd' erfülle'. Auch die
falschen Formen finden sich hier wieder: 45 ,Mein' erste
Sorge'; 53 ,Ein' unsichtbare Macht' (zweimal); 56 ,ein' andre'
(auch 49 ,ihr' frische Thränen'). Stehen geblieben sind folgende
Fälle: 45 , Balsamische Erquickung'; 51 ,die hohe glänzende
Eleonora' (dagegen 85 ,die theure, wahre Leonora lebt!'); 63
, Sterbende um'; 65 ,die unvergleichliche Eleonora'. Hiatus von
Vers zu Vers habe ich 77mal gezählt. Zu bessern' ist der
Vers 57: , Eleonora! erheb die holden Augen', wenn man ,Eleo-
nor'' schreibt, wie 65 ,Eleonor' ist'. Ferner 78 ,Vom Raube
lebet ihr, Raub war der Stifter' statt ,lebt'; dagegen 17 ,Er
schätzet ihren Ruhm, als für Eins mit seinem' scheint mir un-
verbesserlich zu sein. Zu erwähnen ist die Betonung , Unauf-
haltsam' 69.
Das zweite Stück ist Tancred und Sigismunda,^
ebenfalls von Thomson. Es hat 2680 Verse, die weiblichen
' Trauerspiele aus dem Englischen übersetzt durch J. H. Schlegel,
Kopenhagen und Leipzig 1764.
2 Lessing begann dieses Stück in Prosa zu übersetzen. Werke (Hempel)
IIb, 576 ff. Giseke in fünffüssigen lainben; s. unten. Ferner steht
eine Uebersetzung im zweiten Bande der Carlsruher Beiträge 1760
(S. 236—344 des III. Stückes).
668 Sauer.
überwiegen: 1760; im weiblichen Ausgange kommen aucli
starke Fälle vor, wie ,betraut ward'; , Gefühl liegt'; ,es sei
auch'; ,wol kennt'. In Bezug auf die Länge ist auch diese
Tragödie sehr genau: zwei Zweifüssler 116 ,Doch sieh, sie
kömmt'; 180 ,Wo ist mein Vater'; ein Dreifüssler: 117 , Einst
so beseligte^; zwei Sechsfüssler: 117 , Durch dich mehr nun
Monarch, durch dich, weil ich durch dich', wo vielleicht das
zweite , durch dich' zu streichen ist; 200 ,0 edelmüthiger! mich
tödtet deine Treue'.
Hiatus wird zu vermeiden gesucht: 170 ,Der schauer-
voir Altar'; ,der Jahr' und'; auch die falschen Formen: 102
,Deiu' ihm verwandte Tugend'; 148 ,mein' ewge Schmach';
doch 113 ,Nur Avenige erreichen'; ibid. .Nur wenige ersteigen' ;
120 , mordete ihr'; 150 ,Die theuerste einsamen'. Hiatus von
Vers zu Vers habe ich 95mal gezählt.
Zu bessern wäre : S. 102 ,gemässiget' statt , gemässigt' ;
110 ,Gräul' statt ,Gräuel' (vgl. 184; 205 ,0 Gräul, o Gräul');
122 ,trügrische' statt , trügerische'; 146 , befählest' statt ,befahlst*;
147 , armseliger' statt , armseiger'; 158 , eigenen' statt .eignen';
159 ,Höre' statt ,Hör'.
Trochäischen Rhythmus hat der Vers 209 , Winke nicht
mir zu, zu leben! Denn wie könnte' [jWink*^ zu lesen?]; für
folgende zwei Verse weiss ich keine Besserung: 162 ,An ihm,
Tankredeu, der Treu und Liebe' (sollte ,Tancred' • zu lesen
und dei- Vers vierfüssig sein?); 98 ,Auf ewig aus ist, auf ewig,
ganz erloschen' (vielleicht ,ist' zu streichen?).
Das dritte Stück Die Brüder von Young ist im Ganzen^
besonders aber in den letzten zwei Acten flüchtig gearbeitet.
In Bezug auf die Länge ist Schlegel hier weniger
genau, als in den beiden vorhergehenden Dramen. Unter
2415 Versen, von denen 915 stumpf sind, finden sich zwei
Zweifüssler 236, 306; vier Dreifüssler 287, 315 (2), 330; acht
Vierfüssler 332, 247, 264, 287, 292, 302, 309, 325; vierzehn
Sechsfüssler, erst im vierten und fünften Acte, 291, 299, 305,
306 (3), 308 (2), 311, 327, 328, 329, 331 (2). Dazu kommt
noch der Vers 302 ,0b minder gleich gerührt. Verzeihen, oder
Herr?', wo im Texte ,Verzeih'n' geschrieben ist. Besserung
bedürfen noch einige andere Verse. Es ist zu lesen 231 ,reiztet'
statt ,reizetet' ; 242 , Erobert — Schweigest du noch, schweigest
üebcr den fiinffüssiiien Tambus vor Lessing's Nathan. 669
du', während das erste Mal , Schweigest' im Texte steht ; 259 ,ab-
hau'n' statt ,abhauen'; 267 ,Der ältre Perseus' statt ,ultere';
281 ,ich hab' statt ,habe'; 288 ,Du hattest' statt ,hattst'; 293
, Erbarme' statt , Erbarm''; 296 .Durchbohret' statt ,Durchbohrt'.
Mit trochäischem Rhythmus ist der Vers 342 zu lesen
,Und daher durchdring-t sein Reiz dein Herz', während ich
folgenden Vers kaum zu bessern weiss 234 ,Zween Triebe be-
sitzen meine Seele'.
Hiatus wird durch Apokope weggeschafft: 229 ,Söhn'
ergeh'',' 244 ,die Arm' entgegen'; 245 , Deine Wünsch' erlerne';
268 jflöss'. Er'; 332 ,von Seen' in Scene'; auch die falschen
Formen: 215 ,Die schön' Erixena'; 249 ,mein' einige' Geliebte';
250 ,Dein' eigne Rechte'; 267 , welch' Erfahrung'; 328 ,0 mein'
Erixena'. Dagegen blieb Hiatus stehen: 230 Fremdlinge. O',
wo allerdings nach der Interpunction ein neuer Auftritt be-
ginnt: 235 , Blicke ab'; 241 ,Du Eigensinnige! ich'; 242 ,der
oberste im'; 243 , Waise, als'; 247 ,der g-rosse Alexander';
260 ,eure Ehrfurcht'; 274 ,höchste Ehre'; 286 ,glaubte. — O
Erixena'; 300 ,Der Könige entsetzt'; 307 , mütterliche Erde';
320 , zitterte; ich'; 329 ,neue Adern'.
x\lso auch in dieser Beziehung zeigt sich hier grössere
Flüchtigkeit. Von Vers zu Vers habe ich 93 Fälle von Hiatus
gezählt.
In der Vorrede zu diesen drei Uebersetzungen 'konnte
Schlegel bereits sagen: ,Das Silbenmass, dessen ich mich
in der Uebersetzung bediene, gewinnt in Deutschland mehr
und mehr Beifall' ; und gewiss hat er durch die Uebersetzung
von sechs grossen Dramen gern gelesener Dichter viel zur
Verbreitung desselben beigetragen , wenn auch keine Auf-
führung der Stücke nachzuweisen ist, worauf man eigentlich
schliessen müsste nach seinen Worten, dass ,man die vorzüg-
liche Bequemlichkeit desselben zur Declamation erkennt'. -
1 Schlegel gebraucht das Wort mit andern Zeitgenossen statt ,einzig',
vgl. 290 ,Die einge Speise' ; Deutsches Wörterbuch 3, 207.
2 Die Recension in der Bibl. d. seh. W. (1765, S. 76) meint, es würde
vielleicht das beste Mittel sein, dass die deutschen Schauspieler ihre
Rollen mit Verstand lernen müssten, wenn sie nicht immer die gleiche
Caesur und die lieben Reime hätten, auf den sie unterwegs liegen bleiben.
Vgl. Allg. d. Bibl. 1 (17Ü.5), S. 299.
670 Sauer.
4. Cl'onegk iiiid J. (J. Jacobi.
Eine fast vereinzelte Stellung nimmt ein kleiner Versuch
in fünffüssigen lamben von Cronegk ein: das Fragment eines
Lustspieles Der ehrliche Mann, der sich schämet es zu seyn/
Aveil er lauter klingende Verse verwendet, Uz bespricht das-
selbe in der Vorrede und scheint es in die Zeit von 1754 bis
1756 zu setzen; er entschuldigt die Aufnahme dieser Verse
mit folgenden Worten: ,Wir haben die vorhandenen Scenen
diesem Bande eingerückt, weil er in dem Sylbeumasse die
gewöhnliche Bahn verlassen hat. Er brachte es nicht zu
Ende, vielleicht, weil er von der komischen Bühne Abschied
genommen hatte. Er glaubte, dasS kein Dichter in Lust- und
Trauerspielen es zu einer gleichen Vollkommenheit bringen
könnte'.
Unter den 51 Versen linden sich ein sechsfüssiger 378
,Ich muss mich nach den andern richten. Wie verdrüsslich'
und ein vierfüssiger 380 ,Ich dachte dich, geputzt zum Aus-
gehn'; in dem Verse 378 ,Doch warum trank ich ihn? — Ich
Thor, ich opferte' ist eher ,opfre' als mit Zarncke , opfert'
zu emendieren.
Alle Verse enden klingend, nur zwei (379 , sitzt hier zu
Haus', und bethet — Ha, ha, hey!' und ebenda ,Du willst
noch nach Herrnhut. Nimm mich mit dir!') sind stumpf; in
dem letzten Verse ist die Betonung , Herrnhut' auffallend, wie
das dreimal wiederkehrende , geistliche' 379 und 380.
Im weiblichen Ausgange finden sich zusammengesetzte
Wörter verwendet: 379 ,Holzschnitt', , vorstellt'; 380 , Andacht',
,Ausgehn'; sogar zwei Worte: 379 ,That nicht'. Zu bessern ist
der Vers: 379 ,Du hast es oft gelesen — Lass sehen!', wenn mau
, lasse sehen' liest, was trotz des zweimal vorhergegangenen
parallelen ,Lass sehen' möglich ist. Hiatus wird vermieden:
379 ,zu Haus' und'; von Vers zu Vers finden sich zwei Fälle
desselben; das Enjambement ist ziemlich frei gehandhabt: 377
,Ich stehle | mich von Gesellschaften hinweg, um einsam | mir
selber nachzudenken'; 377 f. ,Ach wie wehe | thut mir der
Kopf; 379 ,Sieh, welche Minen j macht er nicht jetzt'.
• Werke (Leipzig 1760) l, 377—380; Zarncke S. 25 f.
Uober (Ion tunffüssigen lamltus vor Lessing's N;itlian. 671
Bei Beantwortung der Frage, woher 'Cronegk die An-
regung empfieng, nur weibliche Verse zu bilden, liegt es
nahe, an eine Beeinflussung durch Gottsched's fünftussige
Verse zu denken, die, wie wir sahen, durchaus weiblich sind;
er hätte sich dann nur in Betreff der Caesur, die Gottsched
immer nach der vierten Silbe setzt, Freiheiten erlaubt. Wahr-
scheinlich aber kam eine directe Anlehnung an den italienischen
tunffüssigen lambus, an den Endecasillabo hinzu, der immer
weiblichen Ausgang zeigt. Cronegk verstand italienisch; auf
seiner Reise nach Italien trat er mit Goldoni und Maffei in
persönliche Beziehung; ' aus Tasso ist der Stoff seines Trauer-
spieles Olint und Sophronia genommen und aus Metastasio
hat er frei übersetzt.^ Es läge hier eine frühe Einwirkung des
italienischen lambus vor, der dann später auf Hein sc und
Goethe seinen mächtigen Einfluss ausübte.
Ein Gedicht von Cronegk An einen Baum ^ ist in ge-
reimten tunffüssigen lamben geschrieben, abwechselnd stumpf
und klingend.
Reimlose Verse nach dem Italienischen habe ich ausser-
dem nur ein einziges Mal gefunden bei J. G. Jacobi, der in
seinen Düsseldorf 1764 erschienenen Poetischen Versuchen
(S. 55 — 58) die ,Uebersetzung einer Stelle aus der Comödie
des Dante im 33. Gesang der Hölle', und zwar die Ugolino-
Episode in unserem Versmass veröffentlichte. Es sind 54 Verse,
alle bis auf sechs weiblich; im klingenden Ausgang liebt er
zwei Worte zu verwenden: 56 ,sah ich', ,ist dir', , Nacht drauf;
57 ,überwand mich'; 58 , verschlangst uns', , starb er'. Die Verse
haben freie Caesur, kein Enjambement und sind bis auf den
einen Fall 56 .keine Antwort' hiatusrein.
;'
5. Lessing und seine Schule.
In meinem Buche ,J. W. v. Brawe, der Schüler Lessings'
(Quellen und Forschungen XXX) habe ich Anhang III nach-
zuweisen versucht, dass Lessing in der , zweiten Hälfte des
' Werke 1, Vorrede.
2 Ibid. 2, 338—342.
672 Saner.
sechsten Decenniunis den {'ilnffüssig(!n lambus zu verwenden
begann; icli habe den Vers ip den drei Fragmenten Kleonnis,
Fatinie und Das Horoscop mit den im Nathan genau verglichen,
habe den Vers mit stumpfem Ausgang als charakteristisch für
Lessing nachgewiesen und den Kleonnis aus äusseren und
inneren Gründen in die Zeit von 1756 — 1758 gesetzt.
Trotz seinem grossen Interesse an dieser Versart dauert
CS noch fast fünfundzwanzig Jahre, bis er ein Werk in fünf-
füssigen Limben in die Welt sendet, und seine Versuche blieben
unvollendet im Pulte. Aber er hatte dazu seine guten Gründe.
Im 40. Litteraturbriefe (17. Mai 1759) meint er, ^ , unmerklich'
müsse sich das Ohr an eine neue Versart gewöhnen, , allein ein
neues Metrum aus Gründen anpreisen wollen und von dem
möglichen Gebrauche desselben Muster geben, die ausser diesem
neuen Metro selbst nichts vorzügliches haben, das heisst plump
zu Werke gehend Weil nun kein bedeutendes nationales Werk,
wie Milton's Epos vorhanden war, auf welches er im Beginn
dieses Briefes hinwies und er selbst bald wieder von anderen
Interessen eingenommen war, so suchte er seine Freunde für
dieses Versmass zu begeistern, und wirklich gelang es diesen,
einige Dichtungen zu schaffen, deren innere Schönheit, nach
Lessing's Wunsch, die ungewohnte Versart so lange vertraten,
,bis sich das Ohr unmerklich an sie gewöhnt und in dem, was es
anfangs nur duldete, endlich auch Wohlklang entdeckt' hatte.
Im Drama folgten Brawe, Gleim und Weisse Lessing's
Anregung, und in kleineren erzählenden Dichtungen wie in
der Epopöe suchte Kleist Lessing's Versmass zu verwenden.
Brawe's Vers in seinem 1757 — 1758 entstandenen und 1768
gedruckten Trauerspiele Brutus habe ich an dem erwähnten
Orte eingehend erörtert; bei ihm, wie bei anderen finden wir
nur stumpfen Vers, der gleichsam das Erkennungszeichen der
Lessing'schen Schule bildet.
Gleim sah die Schönheit unseres Versmasses auch sehr
bald ein, er schrieb am 29. April 1747 an Bodmer:''' ,Die
Erzählung des Hippomedons in den , Malern der Sitten' habe
» Werke (Hempel) 9, 137.
2 Briefe der Schweizer, S. 49.
üetier den fünffübsigen lanibus vor Lessing's Nathan. 673
ich schon oft den besten Kennern empfohlen. Die Versart,
welche er gewählt hat, ist die einzige, in welcher man
Fontainens Naivetät erreichen könnte. Sie kommt der natür-
lichen Sprache näher; sie leidet läng-ere Worte, sie läuft in
eins fort und ist nicht so monotonisch. Ich gestehe, dass ich
im Stande sein möchte, zur Aufnahme dieses Silbenmasses
und der damit verknüpften freiem Art zu denken, etwas bei-
zutragen. Aber ich bin genöthigt, meine bessern Absichten
weiter hinaus zu setzen, um vortheilhaftere desto leichter zu
erreichen'.
Die ersten, meines Wissens noch ungedruckten iambischen
Fünffüssler nun, welche ich von ihm kenne, huden sich in
einem undatierten Briefe an Kleist, der aus inneren Gründen
in das Jahr 1745 gesetzt werden muss. Die elf Verse sind
in der Manier Lange's, ohne Enjambement mit freier Caesur:
alle stumpf; mag dieses Zufall sein oder nicht, mit dem späteren
Gleim'schen stumpfen lambus glaube ich kaum einen Zu-
sammenhang annehmen zu dürfen. Er verwendete ihn erst
wieder in dem Gedichte: ,An die Kriegsmuse nach der Nieder-
lage der Russen bei Zorndorf. Den 15. August 1758' (sämmtl.
Werke 4, 63 — 78), welches Lessing, nachdem er im fünf-
zehnten Litteraturbriefe Bruchstücke davon hatte drucken lassen,
1759 im Format der Kriegslieder einzeln herausgab. Der Vers
zeigt durchwegs stumpfen Ausgang und freie Caesur. Unter
den 258 Versen sind ein sechsfüssiger 64 ,Wie? oder hörst
du lieber, andrer Fabius' und zwei vierfüssige 69 ,Das einen
Helden zu tragen, stolz', 70 ,Der Freundschaft Thränen zollte!
Kam'; ausser dem eben angeführten Anapäst , Helden zu tragen'
ist ein zweiter 65 ,Friederich ist' zu verzeichnen. Hiatus wird
zu vermeiden gestrebt; es findet sich die falsche Form 69
,Ein' arme fromme Witwe'; nur einen Fall bemerkte ich 76
, heftete auf.
Bald nach dem Erscheinen von Lessing's Philotas be-
ginnt er nun denselben in fünffüssigen lamben zu überarbeiten;
schon am 15. April 1759 schickt er ihn an Lessing im Manu-
script zur Beurtheilung, erst im Januar des folgenden Jahres
theilt er ihn den Braunschweiger Freunden mit und verlangt
zu wissen, ,ob der tragische Ausdruck und der Vers der Eng-
länder einigermassen getroffen sei'; er will ihn der Herzogin
6^4 Sauer.
von Braunscliwei^ widmen; aber ,Gcärtner niüsste dann machen,
dass ihr die Verse nicht anstössig wären'. ' Ebert lässt ihm
am 5. Februar 17G0 durch Zachariae sag-en, dass er ,den
Englischen Vers recht sehr gut' in seiner Clewalt habe und
theilt ihm später ausführliche Bemerkungen in Betreff des
Verses mit, welche Gleim grösstentheils berücksichtigte. ^ So
umgearbeitet gab ihn I^essing selbst unter folgendem Titel
heraus: ,Philotas. Ein Trauerspiel. Von dem Verfasser der
preussischen Kriegeslieder verciticirt. ^ Berlin, bey Christian
Friedrich Voss 1760. An der regierenden Herzogin von Braun-
schweig königliche Hoheit'. 48 S. 8".
Trotz Ebert's Tadel, dass sämmtliche Verse stumpf seien
und trotz seiner Mahnung an Gleim: ,Auch die besten Eng-
lischen Tragödienschreiber mischen häutig weibliche Verse mit
ein .... In unserer Sprache ist es noch viel unvermeidlicher',
sind doch auch im Drucke alle 490 Verse bis auf einen
stumpf.
Zwei Sechsfüssler und ein Vierfüssler, die im Entwürfe
standen, sind nach Ebert's Bemerkungen verbessert; ein Vier-
füssler findet sich im Druck: S. 46 ,Was kümmert mich dein
Gold? Es ist'; ferner sind zwei aufeinanderfolgende Verse un-
regelmässig: 12 f. ,Man muss dich lieben und bewundern | nur
fürchten nicht. Das meinst du. Ha! Meinst du das'?'
Hiatus ist ziemlich sorgfältig vermieden; einer, der im
Manuscripte stand, ist im Drucke verbessert. 8. 33 lautete
der Vers: , Aufopfern wollt', ihn noch zu retten, hin' früher
, Zustopfen wollte, ihn zu retten, hin'; Ebert bemerkte dazu:
, Einen solchen Hiatus habe ich schon vergeben; — aber
zwei — das ist zu viel. — Man sollte sie meiden, wenn es
auch nur um des bösen Exempels wäre, und weil die besten
Poeten unserer Sprache sie immer so sorgfältig vermieden
' Briefe von Lessing etc., mitgetheilt von H. Pröhle. Neue Jahrbücher
f. Phil, und Päd. 1876, S. 264.
2 Ebenda S. 360.
3 jvercificirt' ein Druckfehler auf allen Kxemplaren, welchen Lessing in
dem Exemplare, das er an Gleim schickte, verbesserte, woraus höchst
wahrscheinlich die in Körte's Leben Gleini's, S. 114 Anm., aufbewahrte
Fabel entstand, L es sing habe in demselben das Wort ,versificirt' in
jverificirt' geändert. Danzel, Lessing 1, 410 gibt den Titel ungenau an.
Ucbcr den iünfrüssigen lambus vor Lessing's Nathan. 670
haben'. ^ Im Drucke stehen geblieben ist 19 ,Als eine Thräne!
Etwas Linderung-'; 23 ,Wir wurden Könige. O wären wir';
34 , hätte, einen'. Dagegen 9 ,wund', ach'; 33 , macht'. Und';
38 , Fried' und'; 43 ,Ehr', und'. 42 Verse sind unter zwei,
8 Verse unter drei Personen getheilt; Enjambement ziemlich
häufig; von schwereren Fällen etwa nur 13 ,so | gesinnt'.
1766 hatte Gleim auch Klopstock's Tod Adams ^ in
fünffüssige Jamben umgearbeitet, der Vers ist gerade so wie im
Philotas behandelt. Unter den 958 Versen finden sich ein Ein-
füssler: S. 59 ,Und Henaus'; drei Dreifüssler: 47 ,Vor Gott
war ich vergangen!'; 54 ,Will" er nun immer schlafen'; 63 ,Hast
keine Mutter mehr'; zwei Vierfüssler: 21 , Sollst sterben? Sollst
verwesen? 0'; 26 Schon ängstlich jammernd hin und her'; acht
Sechsfüssler: 13; 16 (zwei); 23; 28; S. 42, wo ,Kain' zweisilbig
zu lesen ist; 64; 70. Die Ausgänge sind durchwegs stumpf;
ausser den oben angeführten S. 59, 47 und 54 finden sich nur
noch zwei Verse mit klingendem Ausgange: 2 ,Die Enkelinnen
alle kommen werden'; 3 ,Mit allen seinen väterlichen Freuden'.
Hiatus wird im Ganzen vermieden: 6 ,Seer ist'; 8 ,Hütt'
und'; 12 ,air um'; 34 , deiner Tag', Adam'; doch finden sich
folgende Fälle; 5 , Seine Augen'; 12 , meine Eva'; 32 , Söhne?
Abel'; 45 ,welche stumme Angst'; 49 , meine arme'; 26 muss
der Hiatus weggeschafft werden in dem Verse: ,Wie werde
ich ihre Wehmuth, ihren Gram'. Die Caesar wird frei, das
Enjambement massig behandelt; 100 Verse sind unter mehrere
Personen getheilt.
Gleim blieb diesem Versmasse treu, ohne sich grössere
Freiheiten in demselben zu erlauben; seine Gedichtsammlung:
Halladat oder das rothe Buch 1774 ist in stumpfen reimlosen
lamben geschrieben. Im Ganzen 1560 Verse, darunter 13 vier-
füssige (S. 13, 14, 15, 18, 19, 27, 28, 33, 36, 37, 40, 67, 74)
und 17 sechsfüssige (6, 10, 13, 20, 24, 27 [2], 32 [2j, 38, 49, .50,
52, 56, 64, 83, 86); die zwei klingenden Versschlüsse 37 , lenkest'
und 87 , bereuen' sind im Druckfehlerverzeichuiss in , lenkst'-
' A. a. O. S. 361.
2 Der Tod Adams. Ein Trauerspiel. Von Herrn Klopstock. In Verse ge-
setzt von dem Verfas.ser der preussischen Kriegeslieder. Berlin 17üü.
Schon 17G3 war eine englische Uebersetzung in fiinffüssigen lamben er-
schienen (Bibl. d. seh. W. 11, 192).
G76 Sauer.
und jbereun' gebessert; unregelmässig als vierfüssiger klingen-
der Vers ist der folgende aufzufassen: 65 ,Die Trösterinn ge-
nannt. Still sagt' ich'. Die Unregelmässigkeit ist durch Weg-
schafifung des Hiatus entstanden, der sonst strenge vermieden
ist; wenn ich nichts übersehen habe, findet sich nur der eine,
durch Interpunction gemilderte Fall 85 ,Arme! Ach!'. Das
Enjambement ist sehr kühn gehandhabt z. B. 6 ,rein, | wie
fliessender Cristall'; 28 ,Tag für Tag'; 36 ,ein viel ] Gelieb-
teres'. Ganz ebenso behandelt er den Vers in zwei Gedichten
im deutschen Mercur 1775. An den Panka-Bach (Juli S. 5 f.;
28 Verse) und Ein Herzensgespräch (October S. 3 — 5; 67 Verse),
welche später dem dritten Theile des Halladat o. 0. u. J.
(Flalberstadt 1781) eingefügt wurden; auch andere Gedichte
dieser Sammlung mögen noch in den Siebziger Jahren ent-
standen sein; ich verzeichne ferner noch Gedichte mit stumpfen
iambischen Fünffüsslern : Werke 5, 255 — 258 An Herder. Bei
Uebersendung seines Büchleins; 6, 178 — 184 Der gute Mann
24. September 1774; 6, 252-255 Andenken an E. Chr. v. Kleist.
Den 25. August 1774; 6, 289—292 An die Weisesten des Volks.
Als der Minister Germershausen gestorben war; 7, 98 — 99 Nr. 50
beginnend: , Hoch st wunderbar in unsern Augen wars'.
Im Almanach der deutschen Musen auf das Jahr 1778
steht S. 176 — 180 das Gedicht Der gute Mann, 114 stumpfe
reimlose Jamben ganz in der Weise des Halladat. Ein Vier-
füssler S. 176 , Dacht's noch, und meistentheils fand er'.
Auch Weisse hat zwei Dramen in fünffüssigen lamben
geschrieben : Die Befreyung von Theben und Atreus und Thyest,
Er sagt in der Vorrede über das erstere: in demselben ,hat
ei- einen, wo nicht neuen, doch weniger gewöhnlichen Weg
durch das fünffüssige Sylbenmass und die Weglassung der
Reime gewählet. Die besten unserer Kunstrichter haben schon
längst die deutschen Schriftsteller darzu aufgemuntert, und mehr
als zu gegründete Ursachen angegeben, als dass man ihnen
nicht längst hätte folgen sollen'.
In der Befreiung von Theben, welche im dritten Bande
des Beitrages zum deutschen Theater 1764 zuerst gedruckt
wurde, wendet er nur stumpfe Verse an. Daher tinden sich
viele Synkopen und Apokopen im Versausgange: ,128 Erd';
Ueber ficn funffÜFiigen I;imlms vor Lo^siiiy's Nathan. (^)77
145 Vaterlands: 146 flöh'; 162 befrein; 177 streun; 187 zielin,
ei-höhn; 212 deins^ (doch auch im Inlaut 233 ,ruhigs^). 126 , fallen'
steht in einem vierfüssigen, also darin schon unregelmässigen
Verse; 133 gehört das Wort , Verräther' zum folgenden Satze,
wodurch beide Verse regelmässige Fünffüssler werden. 203 ist
,Tropheen' zweisilbig zu lesen^ wie 233 ,den Thron und die
Tropheen des Siegs erbaut'.
Unter den 2220 Versen finden sich ein Dreifüssler 214
,Mein letzt Vermächtnis sein'; siebzehn Vierfüssler (126, 130,
135 [2], 138, 144, 149, 156, 168, 185, 196, 197, 216, 223,
231, 241 [2J), sechs Sechsfüssler (132, 146, 189, 201, 209,
240) und wol auch der Vers 231 ,Und Sparta zittere! Du
aber, edler Freund' statt ,zittre'. Zu bessern wäre ausserdem
der Vers 150 ,So wie Du aucli mein Stolz, mein Glücke mir
bist', Avo , Glück' zu lesen ist.
Hiatus wird vermieden: 125 ,Ijieb' und'; 131 ,ohn' Unter-
lass'; 149 ^Seel'; ich'; 154 ,Funk' erwacht'; 162 ,Sonn' ins';
178 ,unsre Dolch' in'; doch finden sich folgende Fälle: 137
,Der letzte — einerley'; 144 ,Der listige Entwurf; 167 ,Ich
zittre — ach'; 176 ,Der jähe Uebergang'; 178 , einige: um-
kränzten'; 192 ,Das träge Opferthier'; 201 , seine Antwort';
218 ,der steife Ernst'; 222 ,die meinige erkauft', 234 ,unsre
übrigen' ; 238 ,ich zittre , ah' ; 240 , leuchte — ah' ; 241
,Söhne? O'.
Die Caesur ist ziemlich häufig nach der vierten Silbe ;
in den übrigen Versen wechselt sie beliebig. Einige wenige
Fälle des freieren Enjambements seien aufgeführt: 140 ,um |
Mit Hülf uns beyzustehn'; 165 ,so bald | Du dich gerächt?'
132 ,so ist I Dies ganz die Antwort'; 137 ,mehr | Als alles?';
139 ,die | Uns Theben wieder gibt'; 149 ,als ob ich noch | Ein
Säugling war'; 151 ,zum Untergang | Von Lacedämon'; 154
,wie kann sie der | Zerbrechen'; 165 ,zwey, drey bis vier ,
Spartaner' ; 135 , durch | Verschiedne Thor'.
Schon in der zweiten Auflage des Beitrages zum deutschen
Theater, welche Zarncke allein kennt, ' hat Weisse klingende
Verse eingemischt; in der Sammlung der Trauerspiele erschien
die Befreiung von Theben im dritten Theile 1776, verkürzt
1 S. 31,
678 Sauer.
und umgearbeitet; es hat nur 2000 Verse, beiLäufig 100 mit
klingendem Ausgange, zwei Drei-, zehn Vier-, fünf Sechs-
und einen Siebenfüssler; die Fälle des Hiatus sind nicht ge-
tilgt, zwei sind mit den betreffenden Versen weggelassen
worden. Härten werden nicht gescheut, wie S. 35 ,bey'n
Göttern' und das Enjambement ist etwas freier gehandhabt.
Atreus und Thyest ist zuerst im vierten Theile des
Beitrages zum deutschen Theater 1766 gedruckt. In der Vor-
rede sagt Weisse: ,Uebrigens hat er eben die Versart bei-
behalten, deren er sich in der Befreiung von Theben bedienet,
ausgenommen, dass er bisweilen auch weibliche Ausgänge
zugelassen, um der Declamation noch mehr Abwechslung zu
verschaffen'. '
Das Stück hat über 1870 Verse, unter welchen gegen
130 klingend sind. Ein einziges zusammengesetztes Wort wird
im Aveiblichen Ausgange verwendet 52 , Absicht'. Zweifüssler :
49 , Sieht man es hell'; Dreifüssler: 23 , Nicht den Verräther
kennt^; 94 ,Wenn Dir es nicht gelingt'; sieben Vierfüssler (4,
24, 57, 73, 78, 91, 110); acht Sechsfüssler (15 [2], 62, 64, 65,
79, 91, 100). Hiatus findet sich neunmal: 11 ,Der Cäremönie!
— ich'; 16 , begleitete es'; 20 jzweideiitge Antwort'; 23 ,Ich
zittre — ach'; 31 ,eure Opfer'; 33 , Entsetzliche Erinnerung';
46 ,aufs neue athmen' ; 75 ,Das blutge Eingeweid' ; 89 , opferte,
und'. Von Vers zu Vers habe ich 20 Fälle gezählt.
Auch hier viele Apokopen und Synkopen : 10 ,Traurigs ;
20 Feu'r; 23 Ungeheu'r; 54 fürchtst; 60 täuschst; 104 blutigs'.
Auffallend ist die Betonung , grausamer' 7, 70, welche
Verse nicht trochäisch gelesen werden dürfen, weil sich die-
selbe Betonung auch im Innern des Verses findet: 82 ,Mein
Sohn grausame That'; ferner 95 ,ehrwürdger Greis'.
Das Enjambement ist freier gehandhabt als in dem ersten
Drama; Conjunctionen stehen am Ende des Verses: 21 ,wo
Glück I Und Leben blühn'; 22 ,dass er | Sein Unglück endige';
25 , womit die Pflicht | Dich bindet'; 32 , indem | Ich ihn ge-
hegt' ; 37 ,wenn | Ich unsern Zwist vergässe' ; 58 ,was | Dein
' Dem Recensenten in den Unterhaltungen 1, 455 scheint diese Versart
• ,dein Pathos des tragischen Dialogs, auch in unserer Sprache am ange-
messensten zu sein'.
UeVior (Ion fünffüssic;en Iaml)us vor Lessing's Nathan. 679
Will Ist'; G2 ,seit ilm | Mein Bruder trägt'; 8G ,fl;unit | Die
Urssich dieser Hand die Krilfte gibt' ; Interrog-ativu : 105 ,was
hast Du I Gethan'; um wird vom Infinitiv getrennt: 87 .um
Dich I Hier zu verachten' ; 76 ,um nicht | Gleich in der ersten
Fluth ersäuft zu seyn'; Präpositionen werden von ihrem Sub-
stantiv getrennt: 13 ,in | Den Bund'; 58 , trotz | Der Rache';
69 ,samt Stand \ Und Namen'; 89 ,Auf mich 1 Und Dich';
formelhafte Wendungen werden zerrissen : 41 ,von Glied | Zu
Glied' ; 45 ,Aveit t Und breit' ; die Vergleichungspartikel wird
losgetrennt: 104 , schwärzer, als | Die Nacht'; ein attributiver
Genetiv von seinem Substantiv : 50 ,Auf einer Sterblichen |
Gesicht'.
In der zweiten Auflage dieses Stückes 1769 finden sich
bereits einzelne Veränderungen, welche in Klotzen's deutscher
Bibl. 3, 618—622 verzeichnet sind; es wurde später in den
dritten Band der Trauerspiele umgearbeitet aufgenommen ;
dort hat es einige Verse weniger und etliche klingende Aus-
gänge mehr.
Im Allgemeinen macht der Weisse'sche lainbus einen
steifen schwerfälligen Eindruck, und Herder hat vollkommen
Recht, wenn er in den Fragmenten (Werke, Suphan, 2, 37)
sagt, dass den Schauspielern ,die Weissischen Trauerspiele
am schwersten von der Zunge gehen müssen, die diesen Vers
gewählt haben'.
Kleist verwendete unsern Vers zuerst in der zweiten
Hidfte des Jahres 1757 ; in dieser Zeit entstanden nämlich
seine Erzählungen, Fabeln und Idyllen, welche 1758 in den
Neuen Gedichten von dem Verfasser des Frühlings erschien(m;
es sind folgende fünf Gedichte: Die Freundschaft, Arist, Der
gelähmte Kranich, Cephis, Milon und Iris. Der Vers zeigt in
allen denselben Charakter; es sind im Ganzen 164 Verse, ohne
Ausnahme stumpf, ganz hiatusreiu (S. 39 ,auf einer langen
Reis' Arists'; 42 , streut' aus'; 48 ,h<)ret' oft'); manchmal freies
Enjambement (31 ,arm | an Gütern'; 56 ,sprang j hervor').
Auffallend ist in diesen Versen nur, dass die Caesur regel-
mässig nach der sechsten Silbe steht; in diesem Punkte war
Kleist eben anderer Ansicht als Lessing, der gewis auch
schon den Vers dieser Gedichte beeinflusste. Ganz schliesst er
Sitzungsber. d. pbil.-liist. Cl. XC. B.l. III. Ilft. U
680 Sauer.
sich Lessiug's Gebrauch an in seinem Cissides und i^aches,
der 1758 gedichtet ist, 1709 erschien und freie Caesur zeigt.
Doch auch hier sind alle 450 Verse stumpf; in der Lauge
vollkommen correct. S. 19 ist in dem Verse ,Sein Schwert und
die Gewalt des Feuers verübt' zu lesen ,Feu'rs', wie 32, 35
(Feu'r); in Ramler's Ausgabe (4. Auflage 2, 57) lautet der
Vers ,Und die Gewalt des Feuers ausgeübt'-, 46 ist zu lesen
, Mauer' statt ,Mau'r, 47 ,eu'r' statt ,euer', wie dies die späteren
Ausgaben thun; Hiatus wird vermieden: 8 , Versammelt' und';
26 jwinsel' und'; 31 , statt Steinen eine', wo Ramler's Aus-
gabe 2, 63 und Körte's Ausgabe 2, 105 lesen , Steine eine'.
Ich habe nur einen Fall gefunden : 25 , Hände über'. Wie die
Caesur ist auch das Enjambement freier gehandhabt als in
den kleineren Gedichten: 15 ,Meer | und Himmel'; 24 ,Berg
auf Berg'; 23 ,in j der Erd'; 36 ,von | Ruinen'; 40 ,aus | der
Quell''; 49 ,aus | der Schleuss''; 52 ,an | der Rüstung'; 53 ,auf
I der Erd'; 33 ,vom Blitz | gespalten'; 56 , ewiger ( Verehrung
werth'; 52 ,wie sein I furchtloses Heer'; 51 ,den | erhitzten
Feind'; 53 ,in Zügen des i erblassten Angesichts'; 37 ,\vie |
der helle Morgenstern'; 55 ,so | geschwächt'.
Kleist verwendet nur einmal eine sehr lange Periode
von 26 Zeilen: S. 25 ,Den tapfern Parmeo' — 27 ,mit Jammer
Zelon rang'; sonst gebraucht er die längeren Perioden gerne
bei Vergleichen, wie sich dies auch bei Wieland gelegentlich
hudet; 19 Zeilen: 53 ,Er war mein Herr' — 55 ,zu über-
wältigen'; 18: 12 jMistrauen hat das Heer' — 13 ,von mir
fliesst'; 15: 31 ,Leosthenes sah' — 33 , schwamm darauf, 46
,Euch Wenigen' — 48 ,und nicht scheut'; 14: 8 ,Kaum starb'
— 9 , Thessalien', 15 ,Wenn, vom Orcan gepeitscht' — 16
,den Tapfern ein', 22 , Gleichsam ein Wolkenbruch' — 23 ,die
Macedonier', 49 ,Der Herold brachte' — 51 ,in wildem Lärm';
11: 34 ,zu löschen war umsonst — ist unser Theil', 45 , Nach-
dem der Feind' — 46 ,wie es'; 10: 18 ,Wie ein gewaltger
Sturm' — 19 ,zu den Waffen griff', 21 ,Und vom Geschrei'
— 22 ,mit Tod den Feind'.
Hätte Kleist die Absicht, seinen Seneca in Versen aus-
zuarbeiten, wovon er in dem Vorbericht zur ersten Ausgabe
spricht, festgehalten, so würde er gewiss diese ihm schon ge-
läufige Versart und nicht den Alexandriner gewählt haben, den
lieber den fünffüssigen laitibas \'or Lessiiig's Nath;in. 681
nach seinem Tode Jemand 7.ur Versificierung des Stückes ver-
wendete. ' AVer der Versificator ist, konnte ich nicht erforschen;
er spricht in dem Vorbericht von der Frenndschaft, die ihn
, ehedem mit diesem unsterblichen Patrioten, dessen Name im
Tempel der Musen, sowie im Tempel der Ehi*e ewig ghänzet,
verbunden hatte', und behauptet: .die Liebe zu diesem theuren
Freunde allein befahl mir, die Feder zu dieser Ausarbeitung
zu ergreifen. Ich hielt es für eine Pflicht, seine Asche zu
verehren, und ihm ein Denkmal zu stiften'.
Brawe, Gleim, Weisse und Kleist bilden die engere
Schule Lessing's: ein weiterer Kreis schliesst sich ihnen an
und Kleist's Cissides und Faches ist wol jenes Werk, dem der
meiste Einfluss auf den Vers zuzuschreiben ist; auf Kleist gehen
gewis Giseke undZachariae zurück, an den letzteren schliesst
sich unmittelbar Bürger an, und wenn wir auch in Oesterreich
unsern Vers verwendet finden, werden ebenfalls Kleist's viel
gelesene Werke die Uebertragung vermittelt haben.
Zweierlei muss aber hervorgehoben werden. Neben dem
einen bedeutendsten Muster, das den stumpfen Vers ohne Ab-
wechslung zur Folge hatte, wirken auch andere Vorbilder
zweifellos ein und die Theorie wird mehr berücksichtigt als
früher. Das bedeutendste Werk in dieser Beziehung, das
dann für Herder massgebend war, ist Henry Home's Elements
of Criticism, welche 1762 erschienen und von J. N. Meinhard
1763— 17GG übersetzt wurden; hauptsächlich waren es die ge-
nauen Besprechungen der Caesur, ihrer verschiedenen Arten
und Feinheiten im englischen heroischen Verse, welche die
Ausbildung unseres Versmasses im Deutschen unterstützten.
Die eingestreuten Beispiele in englischen Fünffüsslern hat aber
Meinhard nicht, wie Zarncke S. 30 angibt, in Versen,
sondern in Prosa übersetzt.
Auch darf es nicht übersehen werden, wie die bedeuten-
deren Zeitschriften den neu erscheinenden Werken meist mit
eingehender sorgfilltiger Besprechung entgegenkamen und wie
besonders die Bibliothek d. bch. W. ^ keine Gelegenheit vor-
' Scneea, ein Trauerspiel des Herrn von Kleist, in droy Aufzügen. Versi-
fiiirt von A. S. G. M. D. Altana und Lüljcck, verlegt» David Iverstn 17Ü7.
- Zu den schon erwähnten Stellen kommt noch 12, 307 f.
44*
682 Sauer.
ül)ftro'ehen Hess, auf die gute Verwendbarkeit unseres Metrums
liinzuweisen.
N. D. Giseke hatte schon 1747 in seinem gereimten Ge-
dichte Bias • lunffüssige lamben, mit vier- und sechsfüssigen
gemischt, abwechselnd stumpf und klingend verwendet; und
aus demselben Jahre stammt die gereimte Ode zum Anfange
des Winters/^ die nur aus Fünffüsslern besteht. 17G3 fallen
zwei reimlose Gedichte in unserer Versart Empfindungen eines
Bussfertigen -^ und Der fünfzehnte August. Ein Gedicht an
Daphnen; ' ersteres 150 Verse, in der Länge genau, hiatusrein;
letzteres 220 Verse, darunter zwei Sechsfüssler (S. 252 und
257), Pilatus S. 251 , diese Unschuld'; in l)eiden Gedichten
freies, aber nicht sehr kühnes Enjambement. Vier Jahre nach
seinem Tode, 1769, wurde sein Gedicht: Das Glück der
Liebe herausgegeben, das ich nicht kenne, das aber — nach
einer Probe — ebenfalls nur stumpfe Verse zeigt. Endlich
erwähnt Gärtner in der Vorrede zu den Werken (S. XIX)
eine Uebersetzung von Thomson's Eduard und Eleonora, in
reimlosen lamben, welche ungedruckt blieb.
Von Ebert sind aus früherer Zeit keine Gedichte in
unserer Versart vorhanden, obgleich er, wie seine Briefe zeigen,
an derselben grossen Antheil nahm, Erst in den Acliziger
Jahren verfasste er zwei Gedichte, in denen er den stumpfen
reimlosen lambus mit freier Caesur traditionell bewahrte: An
Jerusalem 22. November 1788 und Auf den Tod der Gräfinn
Agnes zu Stolberg 1789.'' In der Uebersetzung von Young's
Nachtgedanken behielt er die Prosa bei, obgleich der Recensent
in der Klotzischen Bibliothek (3, 638) sich gewundert hatte,
,dass er in den neueren Auflagen nicht einen Versuch gemacht
hat, wie sich Young in denen seitdem (1754 — 1769) Mode ge-
wordenen lamben ausnehmen würde'.
' Bremer Beiträge 4, 7G; Poetische Werke, heransg. v. Gärtner, 17C7,
8. 289-21)1.
2 Werke, 132 -136.
3 Ibid., 11 — 16.
* Ibid., 251—258.
"' .1. A. Ebert's Episteln uud vermischte Gedichte, 2. Tlicil, heransg. von
Eschenburg, 17i>o, S. 332-300.
üeber den fnntfüssigen lambus vor Lessing's Nathan. 683
Im Jahre 1767 gab Zacliariae uin Gedicht Olint und
^iophiouia in drei Gesäugen ' von einem Studenten am Braun-
schweiger Carolinum, Gottlob Sebastian von Lücke, heraus,
der im Jahre 1762 siebzehnjährig gestorben war. In einem im
Vorberichte abgedruckten Briete an Zachariae führt Lücke
die Gründe an, warum er diese Versart dem Hexameter vorzog
und setzt dann hinzu: ,Um nicht mit dem zu öftern Gleichhiut
des Schlusstalles zu ermüden, habe ich den Verstand nicht
gern mit dem Verse geendigt. Ich ghiubte dadurch die Har-
monie weniger zu stören, als wenn ich eilfsilbige untergemengt
hättet
Das Gedicht — 570 Verse — zeigt also lauter stumpfe
fünffüssige lamben, die in Bezug auf Länge und lUiythnuis
vollkommen correct sind; Hiatus habe ich nur an einer
Stelle gefunden : S. 16 ,ins wilde Antlitz' ; viele Synkopen
und Apokopen: 17 ,droh'nde'; ,ch'rnen'; 2S ,Märt'rerkrone';
32 ,sprüh"nde'; 5 ,Känk''; 36 ,Mus''; die richtige Betonung
^'ird manchmal verletzt: 10 ,Der Wanderer, wenn auf einmal
sein Fuss'; Enjambement ist ziemlich häutig; Trennung des
Artikels, des Adjectivs und der Präposition vom Substantiv
ist der stärkste Fall, der sich tindet': 7 ,auf den folgenden
I Grausamen Tag'; 8 ,im melancholischen | Gebüsch; 17 ,zur
Zeit des nahenden | Gewitters'; 19 ,den göttlichen ] Gedanken';
34 , gegen unsere | Gesetze'. Im Anhange stehen zwei Gedichte
An meine Heimath 49 — 50 und Am 15. Julius 1761 (53 — 55),
welche ebenfalls in reimlosen iambischen Fünffüsslern abge-
fasst sind.
Die grösste Bedeutung gewann Zachariae selbst durch
sein Heldengedicht Cortes, dessen erster und einziger Band
1766 erschien. In dem Vorberichtc dazu sagt er (S. 18): ,Die
Versart ist unter uns bereits so bekannt, dass er sie dem Hexa-
meter vorgezogen, zu dem sich der allergrösste Theil unsrer
Nation noch nicht gewöhnen will. Er hat in diesem iambischen
Silbenmasse durch die Veränderung der Abschnitte den Wohl-
klang zu erreichen gesucht, den man mit Recht in dem Mil ton-
scheu Vers bewundert. Er hat sich deshalb zur Kegel gemacht,
1 Nebst einem Anliange einiger aiideiu Gediclite. Bniunschweig.
684 Sauer.
alle seine Verse männlich zu endigen, wie solches die Eng-
länder in allen ihren heroischen Gedichten durcha-äna-ie: zu
thun pflegen'. Er meint auch, dass die männliche Endung
jSehr viel zu einer grösseren Pracht und Feierlichkeit' des
Verses beiträgt und der Recensent in der Neuen Bibl. d. seh. W.
(3, 93) stimmt ihm darin bei.
Dannehl in dem angeführten Programme S. 7 — 9 hat
den ersten Gesang des Cortes einer ausführlichen Betrachtung
unterworfen; ausser den beiden dort angeführten Sechsfüsslern
26 ,Mit einem Todtenkopf besteckt. Ein prächtiger' und 56
(nicht 36) ,Die Europäer alle, diese Handvoll Volk' habe ich
unter allen 2800 Versen nur noch einen 9 ,Der Könige des
Orients, so kam Cortes' gefunden. Hiatus wird mit ziemlich
grosser Sorgfalt vermieden, doch habe ich 10 Fälle gezählt:
8 ^unschuldige und'; 40 ,der Taurische Altar'; 66 , schnellste!
Uriel'; 68 , Sterne; Orione'; 73 ,der herrlichste. Er'; 112 ,die
neue Erde'; 147 , erwartete. Ihm'; 180 , schimmerte: als'; 202
,Gewaffnete; in'; 206 , lächelte, obgleich'. Trochäen am Anfange
des Verses scheinen in den anderen drei Gesängen häufiger
zu sein als im ersten. Anapästen kommen nicht vor; die ein-
zigen zwei Fälle sind zu emendieren 118 , ersehn' statt , ersehen';
138 ,hochmüth'ge' statt ,hoclimüthige'.
Zachariae liebt es, sehr lange Perioden zu verwenden,
die das Mass des Künstlerischen überschreiten; die längste hat
37 Zeilen: 99 ,Du schläfst mein Sohn' — 102 ,und vor dem
Feind geflohn'; 36 Zeilen: 8 , Cortes, so hiess er' — 10 , ge-
drohet ward', 135 ,Er ist gewiss' — 137 ,Und sanfterer Em-
pfindung Raum nicht lässt'; 35 Zeilen: 174 , Gefährten, Freunde!'
— 177 ,deni Streiche zu entg-ehn'; 31 Zeilen: 138 ^Dies der
hochmüthige Jüngling' — 140 ,da ich geborn ward'; 30 Zeilen:
130 jAuch sah er viel der Grossen dieser Stadt' — 132 ,Und
Demantblumeu schimmerten darin'; 26 Zeilen: 95 , Wohlan, so
geh' — 97 ,zur Oberwelt', 202 ,So gleich versammelt er' —
204 ,dir mehr vertrauen kann'; 25 Zeilen: 140 ,Und welch ein
trauriges Geschick' — 142 ,und sprach'; 23 Zeilen: bC^ , Ver-
nimm darum' — 58 ,Er sprachs voll Grimm', 93 ,0 Fürsten
dieses Staats' — 94 ,was wir sind' ; 22 Zeilen : 50 ,Indess sass
auf des Götzen goldnem Thron' — 52 , längst in sich erstickt',
121 ,Ein heiiger Hain' — 122 ,Verkündigtc die Götterkost von
Ueber den fünffüseigen lambas vor Lessing's Nathan. 685
fern', 178 ,Kaum weiss ich noch' — 179 ,wie sie es verdient';
21 Zeilen: 3 ,Cortesens Thaten' — 4 ,des Heiden Laster seh',
34 , Welch eine Sorge' — 36 ,ihn furchtbar macht', 205 , Wohin,
o Vater' — 207 /zurücke sehn': 20 Zeilen: 111 ,Eiu ewg^er l^enz'
— 112 , Wohnungen besucht'. Die kürzeren Perioden von
19 Zeilen ab finden sich öfter.
Bei solcher Länge der Perioden ist es natürlich, dass
Zachariae das Enjambement mit grosser Freiheit gebraucht;
wenn aber Dannehl behauptet, ,dass das Enjambement bei
Zachariae mit einer Kühnheit imd Eleganz behandelt ist, wie
sie in der Zeit bis auf Goethe einzig und allein Lessing
erreicht hat', so kann ich wohl zugestehen, dass er dasselbe
recht geschickt und gewandt handhabt, dass er aber in der
Kühnheit der Verwendung von Gotter, Goue und Bürger
entschieden übertroffen wird. Mit grosser Abwechslung ist
auch die Caesur verwendet, wofür Dannehl Beispiele ange-
führt hat.
In Zachariae's Nachlasse fanden sich der erste und
zweite Gesang des Cortes stellenweise verändert und verkürzt
vor; das Gedicht sollte den Titel erhalten Die Eroberung von
Mexiko; die in den hinterlassenen Schriften ' mitgetheilten
Proben der Umarbeitung weisen die gleiche Behandlung des
Verses auf; dasselbe gilt von drei kleineren Gedichten in reim-
losen Fünffüsslern, welche daselbst veröffentlicht wurden, S. 3
bis 9. An mein Jahrhundert, 153 Verse; 10 — 13 Sehnsucht
nach Einsamkeit, 93 Verse und 14 — 15 Die Schnitter. Ein
Fragment, 34 Verse. Auch der stumpfe Versschluss ist überall
festgehalten. Hingegen in den Gedichten, welche gereimten
fünffüssigen lambus zeigen, lässt er männliche und weibliche
Verse abwechseln; es sind dies die beiden Gedichte Die ]>,and-
schaft - und die Unterhaltungen mit seiner Seele;-* das erste
hat immer, das zweite häufig die Caesur nach der vierten Silbe.
Lii Jahre 1771 begann G. A. Bürger an einer Ueber-
setzung der Ilias in reimlosen fünffüssigen Jamben zuarbeiten;
i Herausgegeben von Esclienbu rg, Braimscliweig ITsi, S. '.Lj — 100;
vgl. Einleitung S. XXV.
- Poetische Schriften (Braunschweig 17C3— 17üä), 3, 186.
3 Ebenda, 5, 1(59 — 198.
686 Sauer.
die ersten Proben derselben Hess er sogleich in Klotzen's
deutscher Bibliothek (6. 1 — 41) unter dem Titel ,Gedanken
über die Beschaffenheit einer deutschen Uebersetzung- des Homer,
nebst einigen Probet'ragmenten' abdrucken. Er beruft sich in
dem Vorbericht auf Herder's IJrtheil, dass der Homer in lambou
übersetzt werden solle ' und geht S. 19 zu einer Vertheidigung
seines Verses über: ,Aber worden lamben nicht eine allzuürosse
Monotonie gegen den homerischen Hexameter haben? . . .
Für das nordische Ohr lässt sich der lambus abwechselnd aenuü-
machen. Der unsterbliche INIilton bei den Engländern und
Zachariae's Cortes bei uns geben den Beweis, dass man nicht
so iambisiren darf, dass sich mit jedem einen oder zwei Versen
der Verstand endige ; dass Caesur und Kuhepunkt immer
einerlei bleibe, sondern man muss die lamben sich so aus
einem in den andern und dritten Vers fortwälzen lassen, dass
die Declamation das Ohr mit einer wohlgefallenen poetischen
Periode fülle; deren Länge oder Kürze, männlicher oder weib-
licher Ausgang den Ton des Ganzen schon ziendich abändert'.
Hiermit haben wir eine vollständige Charakteristik des Bürger-
schen lambus im Allgemeinen; der einzelne Vers, der immer
stumpf endigt, kommt nicht in Betracht, nur die Periode als
Ganzes. Wenn er aber hinzufügt, dass man ja auch die Ab-
wechselung durch Einmischung von Anapästen und Dactylen
erhöhen kann, so müssen wir uns wundern, dass er weder in
diesen Proben, noch später zu diesem Mittel seine Zuflucht
genommen hat; 1778- noch redet ihm Voss- zu (Briefe von
und an Bürger 2, 220) ,die Grenzen des lambischen Verses
durch Eroberung einiger Ländereien des Anapästes zu ver-
meidend Bürger hält an dem streng iauibischen Gange des
Rhythmus fest.
S. 24 — 38 folgt das erste Buch der Ilias von Vers 1 bis
304; 38—41 der Anfang dos sechsten Buches, Ü5 Verse (im
Original, ()ö in der Uebersetzung). 4 vierfüssige linden sich
27 ,konimt auch vom Zeus — der kund uns thu'; 32 ,Das
völkerreiche Ilion'; ebenda ,Mir Chryseus Tochter nimmt, die
' Fragmente S. 268.
- An einer andern Stelle sagt Voss, dass der deutsclie Hexameter uiiht
einmal die Freiheiten des Pojti sehen habe (Briefe von und au Bürger
■2, GS).
üeber den fünffüssigen lambus vor Lessing's Nathan. 687
ich^; 39 ,Der Menschen lud er Jedermanne'; und ein Drei-
füssler 26 ,Von Fiirreu und von Ziegen'; ausser den zwei zu-
letzt angefüliiten Versen sind nur noch zwei klingend 31 ,ver-
schafFen'; 35 ,Scepter'; alle übrigen stumpf. 15 Fälle des
Hiatus habe ich gezählt; darunter sind auch solche, wie 35
, verkündige und'; 34 und 37 ,güttliche Achill^; die Caesur ist
natürlich frei, das Enjambement sehr stark ausgebildet; auch
s 0 wird vom Adjectiv getrennt 32 ,so | Viel Müh^
Von dieser Zeit ab arbeitet er immerfort fleissiti' au seiner
Uebersetzung, die ja ein grosses Nationalwerk werden sollte.
Am 28. October 1773 will er Fragmente derselben an Boie
schicken, aber er findet der Nachlässigkeiten noch allzuviel, die
er den Augen eines Gerstenberg's nicht vorlegen möchte
(Briefe 1, 167 f.); zwei Jahre später, am 2ö. October 1775
verspricht er ihm für das deutsche Äluseum ,ein mit nuiglichstem
Fleisse ausgearbeitetes Buch der Iliade' (Briefe 1, 241). Und
-wirklich wird der erste Band dieser Zeitschrift 1776, S. 1 — 14
mit einem Fragmente der fünften Rhapsodie eröffnet, welchem
ein , Prolog ans deutsche Publikum' voraufgeht wegen Eröffnung
einer Subscription für das fertige Werk.
Jedem einzelnen der 357 Verse merkt man die ausser-
ordentliche Sorgfalt an, die zur Feilung verwendet wurde, und
das Ganze zeigt eine ungewöhnliche rhythmische Vollendung.
Nur ein sechsfüssiger Vers ist mit unterlaufen: V. 65 ,Die
Himmelsjägerin, nicht seine Schützenkunst'; nur zweimal ist
Hiatus vorhanden 92 ,ius kalte Erz^; 352 ,das scharfe Erz";
189 ist statt , keine Erbe' zu lesen ,kein Erbe'; Synkopen und
Apokopen liebt Bürger sehr 111 ,blüh'nden'; 269 ,Eh'r fügt's
nicht besser sich'; 56 ,Durchbohret' ihm'; 146 ,so betet' er';
184 ,beid' erschlug'. Das Enjambement ist aufs Höchste aus-
gebildet, z. B. 53 ,aus | dem ackerreichen Tarneland'; 80 ,tlurch
I und durch'; 95 ,lioch | gleich einem Gott'; !*8 ,hieb | herab".
Auffallend ist die Betonung 34 ,danuils'; 112 ,als6'; 302 ,lJnd
des grossherzigen Anchises Sohn'.
Dieses Bruchstück hatte auch eine sehr grosse Wirkung; '
vor Allem war es Goethe, der in "Weimar Subscribenten
' Abfällig;, aber ganz VL-r-stäiHli-^-, avuihU; es bcurtluMlt in ili-r N. B. d. scli. W.
"22, öü'J — ü7o. Hauptsäi'lilicli tadelt der Roireuseut ilie Mouutonie, wolclio
durch lauter stumpfe Ausgänge eutsteht.
688 Sauer.
sammelte; im April 1776 sendet nun Bürger neue Pi-oben an
Wieland, welche dieser, nachdem Goethe hie und da nach
Bürg'cr's Verlang-cn eine Kleinigkeit geändert hatte, in das
Maiheft des deutschen Merkurs vS. 146 — 168 aufnahm.
Es sind 680 Verse der sechsten Rhapsodie; die ersten
02 Verse können mit der Uebersetzung desselben Gesanges in
der Klotz'schen Bibliothek verglichen werden, zeigen aber
so starke Veränderung, dass kaum eine derselben auf rein metri-
sche Gründe sich zurückführen Lässt; V. 20, 83, 85 sind wol
die Kiate weggeschafft und 39 der vierfüssige Vers nicht mehr
vorhanden; dagegen ist hier Vers 29 ein vierfüssiger, 156
sechsfüssig und sechs Hiate (118, 332, 438, 467, 481, 503) finden
sich in den übrigen Versen. 323 ist zu lesen ,behau'nem' wie
326 statt ,behauenem^ Sonst ist kein Unterschied in der Be-
handlung des Verses gegen die früheren Bruchstücke.
Bürger's Perioden gehen nicht über die Länge von 18
Zeilen hinaus und sind in dieser Hinsicht mit denen Wieland's
zu vergleichen. 18 Zeilen: V. 117—134; 16: 353—368; 15:
27—41; 14: 581—594; 13: 243—255; 12: 375—386, 653—664;
11: 106—116, 175—185, 333—343, 527-537, 546—556; in
den im deutschen Museum veröffentlichten Versen aber sind
die Perioden kürzer; die längsten zählen hier nur 9 Zeilen:
V. 44—52; 150—158; 229—237; 239-247; 249—257.
Wieland hatte Bürgern von einem Gespräche mit
Goethe Nachricht gegeben, in welchem er den lambus, ,das
echte, alte, natürliche, heroische Metrum unserer Sprache' ver-
theidigte, während Goethe den Hexameter für die Homer-
übersetzung vertrat und AVieland bat Bürger, seine Gründe
für den lambus in einem Sendschreiben an ihn oder Goethe
zu veröffentlichen. Dasselbe erschien auch wirklich im October-
heft des deutschen Merkur 1776 (S. 46 — 67) unter dem Titel:
, Bürger an einen Freund über seine teutsche Ilias', worin er
hauptsächlich darlegt, wie die Abwechselung des Verses durch
die Verwendung von kurzen und weniger kurzen, von langen
und längeren Silben erreicht wird und worin er auch einige
Pai'tien seiner Uebersetzung nach dieser Abwechselung hin
durchnimmt. Im Anschlüsse daran theilt er 79 Verse aus dem
Anfang des dritten Buches mit, und obgleich er hervorhebt,
man dürfe seine Verse nicht ängstlich scandieren, sondern man
Ueber den fünffüssigen fambus vor Lessing's Nathan. 689
müsse declamieren, wie sich's gehört, so kann ich doch nicht
umhin, den sechsfüssig-en Vers auf S. 64 hervorzuheben, der
auch dadurch merkwürdig ist, das die oft angegriffene, in einer
Anmerkung von Wieland jedoch vertheidigte Form ,o'r' für
,oder' darin vorkommt. Nach diesen neuen Proben bittet ihn
Wieland in der Uebersetzung fortzufahren: ,So wie wir solche
aus den mitgetheilten Rhapsodien kennen und ahnden, so wie
die Ilias aus Ihrem Geiste, in dem Homer sich so klar ab-
spiegelt, durch das Medium ihrer starken, kräftigen, ächt-
teutschen Heldensprache, reflectirt werden wird, wird Ihr
teutscher Homer immer verdienstlich um die Nation und
dauerndes Monument, ja classisches Buch für unsre Sprache
sein und bleiben^ (Briefe von und an Bürger 1, 355).
Bei solcher Aufmunterung arbeitete er fleissig weiter an
seiner Uebersetzung; Stolberg's hexametrische Proben, der
zwanzigste Gesang (Deutsches Museum 1, 957 — 982) veran-
lasste ihn zunächst zu dem ebendaselbst S. 1062 f. abgedruckten
Gedichte: An Friedrich Leopold Graf zu Stollborg, welches
, Fritz! Fritz!' beginnt und in demselben Versmasse wie seine
Uebersetzung abgefasst ist; dann versuchte er auch den zwanzig-
sten Gesang zu verdeutschen. Von diesem haben sich keine
Bruchstücke in seinem Nachlasse gefunden (Briefe 2, 5); wol
aber sollen andere Fragmente in die Ausgabe von Bohtz auf-
genommen worden sein, die mir nicht zugänglich ist. 30. October
1777 schickt er auf Boie's Bitte die Uebersetzung der Verse
von dem Gürtel der Venus an diesen (Briefe 2, 171). Dann
aber tritt die Arbeit an Homer mehr und mehr zurück;
25. October 1779 ist er bereits entschlossen, ihn liegen zu
lassen; ,Die lamben machen mir allzuviel Schwierigkeiten': ist
einer der Gründe, die er dafür vorbringt. In demselben Briefe
(2, 368) denkt er auch schon an eine Uebersetzung in Hexa-
metern; diese tritt nach und nach in den Vordergrund, bis sie
endlich wirklich zur Ausführung gelangt.
Hier will ich erwähnen, dass im deutschen Merkur 1778
(1, 115 — 120) ein Gedicht , Denkmal zur Ehre der Menschheit,
von einem Ungenannten eingeschickt' steht, das fünffüssige
lamben mit fj-eier Caesur, freiem Enjambement, aber mit
stumpfem Ausgange aufweist. Es zählt 14(5 Verse und be-
handelt denselben Stoflf, wie Bürge r's Lied vom braven Manne.
690 Sauer.
Obwül es eiycutlich deu Rahmen meiner Darstellunö-
überschreitet, so muss ich dennoch F. L. v. Ötolbere-'s lamben,
von denen die ersten zwüli" Gedichte im deutscheu Museum 1783
gedruckt wurden und welche gesammelt Leipzig- 1784 erschienen,
kurz berühren. Nach antikem Vorbild gebildet, sind sie von
den gleichzeitigen deutschen Versuchen ebenfalls beeinfliisst
und gerade Bürge r's Vers mag als Muster gedient haben.
Alle 1750 Verse sind in der Länge ganz genau, mit
wenigen Ausnahmen stumpf; klingend nur (üedicht o, Vers 6
,enttriefte^; 3, 45 , Stammeins'; 4, 7 ,Dem Jüngling und dem
Mann, noch hoch dem Greise^ (Deutsches Museum 1783, 1, 337
,Dem Jüngling und dem Mann, dem Greise hoch'); 5, 45 , suche';
14, 18 ,Ente'. Hiatus wird nicht beachtet; ich habe etwa 40
Fälle gezählt. Anapäste verwendet Stolberg hier nicht; der
einzige findet sich in dem Verse 3, 36 , Wiewohl -in dem
stolperndem llexaineter'; dagegen 3, 37 ,Pentam'ter'; 3, 40
,vom Thron 'rab stürzt' (Deutsches Museum 1783, 1, 194 , Penta-
meter'; ibidem ,vom Throne stürzt'); 9, 40 ist, wie im Deutschen
Museum 1783, 2, 252 steht, , Mietlinge' statt , Mietling'; 9, 137
wahrscheinlich ,angebrüllet' statt , angebrüllt' zu lesen (im
Deutschen Museum fehlt dieser Vers) ; mit schwebender Be-
tonung 9, 69 ,müh'sam'; als unregelmässige Betonung wäre
sonst noch zu verzeichnen 3, 28 ,mit Zahnarztes Lungen'
(Deutsches Museum 1783, 1, 194 ,mit des Zähnarzts Lungen');
9, 59 ,gehe zur Ameisen'; 10, 64 , Kleinmut ist Kleinmut, mein
Herr General'.
Die Caesur ist frei; das Enjambement gegenüber den
nach englischem Muster gebildeten Versen spärlich verwendet;
doch linden sich Kühnheiten, wie 4, 3 f. , umher | Lief; 12, 19 f.
,also schlecht | Geordneter'.
In seinem ebenfalls 1784 in Kopenhagen erschienenen
Trauerspiel Timoleou gebraucht er den Vers auf gleiche Weise.
Er hat mit Libegrifi' der lyrischen Stellen 1021 Verse; die
lamben sind alle fünffüssig und stumpf; klingend nur folgende
Vers 94 , stürzte'; 98 ,Tiefe'; 103 ,kniee'; 121 ,Syracusa'; 205
, Freunde'; 216 , stürzten'; 634 , Schwindel'; 787 , Rauschen'. J]r
verwendet Anapästen und zwar im Anfange nur V. 95, 116,
122, 806; in der Mitte öfter 92, 96, 98, 103, 109, 205, 687,
786. Hiatus habe ich 18mal gezählt.
Uol>pr ilon tTinffüasiijen lamliHs vnr Lessing's Nathan. 691
In seinov Uebersetzune; ,fler letzten Sccnc aus dem g;e-
bundencn Prometheus des Aescliylus'^ (Deutsches Museum 1783,
2, 120—125) finden sicli unter den 100 iambischen Versen
sechs klingende.
Die 1787 erschienenen , Schauspiele mit Chören von dem
Brüdern Christian und Friedrich Leopold Grafen zu Stol-
berg-. Erster TheiP enthalten zwei lambendramen. Das erste
jThaeseus' von Friedrich Leopold (S. 1 — 70) besteht aus 1021
Versen, die alle mit Ausnahme der Chöre stumpf und regelmässig
sind, nur Vers 563 ,Ich erwachte vom Geräusch — ' hat einen
Fuss zu wenig. Zweimal finden sich Anapäste: V. 69 ,Im zittern-
den Haupt des Greises holder Blick' und V. 106 ,]\Iit blitzendem
Schwert, gebietend wie ein Gott^ Hiatus steht 22mal. Um
die Verse stumpf zu machen, werden in der letzten Hebung
gewaltsame JNIittel angewendet: V, 462 und 474 ,Ungeheur';
913 jSteur'; 401 ,weis''. Die wenigen fünffüssigen Jamben in
,Der Säugling' (S. 407 — 456) sind stumpf.
Ganz ähnlich ist der Vers Christian's im ,Belsazer' (S. 83
bis 224), dem nur in erregten Sceuen viele Dactylen und Ana-
päste beigemischt werden; die Fünffüssler sind durchwegs stumpf
und werden es oft nur durch Apo- und Synkopen: Vers 14 jfeirt';
262 ,lang"; 269 ,eh'r' (ebenso 269 im Innern); 286 ,Erb''; 469
,sau'r'; 769 ,GräuP (198 ,Feu'r' im Innern); 1030 ,zerschell'n'
(456 jfüll'n', 787 ,umwairn' im Innern des Verses). Hiatus wird
nicht ganz vermieden, ich zählte 8 Fälle; Enjambement ganz
frei gehandhabt: Vers 357 ,aus j den Händen'; 61 f. ,Des j
Gesangs und Tanzes'; 263 f. ,wie | ein Blitz'; 510 f. , umher | zu
senden'; 687 f. ,wie | der Wurm'. Im Otanes (S. 229—384),
dessen fünffüssige lamben auch alle stumpf sind' steht sogar
V. 1162 f., Angst- Geschrei'.
Auch Ch. H. Schmid braucht in seinem Gedichte: ,Eine
Erscheinung, bei der Ankunft der Seilerischen Schauspielgesell-
schaft in Giesen' (Almanach d. d. Musen auf 1772 S. 140 bis
144) nur stumpfe Füuffüsslei', 100 an der Zahl, mit freier
Caesur und freiem Enjambement. Ein Vier- und drei Sechs-
füssler blieben stehen (S. 141 — 143). Dactylisch ist der Vers
S. 143: ,Da wir nicht danken kiinnen, so höret dann'. S. 144
,Bald eine Perl in Wiens Diadem' ist zu bessern: , Perle in'.
692 Sauer.
In den Trauerreden und (jiedicliten auf Franz den Ersten
(Wien 1765) steht auch ein Gedicht von Sonuenfels, das er
später in den neunten Band seiner Wei-ke aufnahm. Unter
den 99 stumpfen ungereimten Versen sind zwei sechsfüssig-e ;
die Caesur steht in den meisten Fällen nach der zweiten oder
dritten liebung; das Enjambement ist milde gehandhabt. Wann
das ebenfalls stumpfe Gedicht im neunten Bande seiner Werke
,An Catharina Jaquet über die Rolle der Gräfin Salisbury in
Herrn Schröders Eduard' geschrieben ist, kann ich nicht ei--
sehen.
Wol erst im Jt\Jire 1781 entstanden, aber doch in diesem
Zusammenhange zu erwähnen ist das jüngst in Westermann's
Monatsheften (Mai 1878, S. 159) veröffentlichte Gedicht von
Alxinger an Nicolai, das in 45 reimlosen stumpfen Fünf-
füsslern geschrieben ist.
Auch zwei Gedichte von Denis verdienen hier Erwäh-
nung: 1771 ,Sineds Gesicht, Kingulph dem Freunde der Geister
gewidmet', ' Es besteht aus freien Rhythmen und 30 reimlosen
Fünffüssern, die durchaus stumpf sind, obwol sich sonst in
dem Gedichte auch weiblicher Ausgang findet; dasselbe gilt
von dem ,im Herbste 1773' gedichteten , Gesang': , Auf Josephs
Reise, von Sined dem Barden', ^ dessen 20 Fünffüssler allein
durchaus stumpf sind, während die sonstigen Vei-se auch
klingend enden.
6. Herder und Eschenburg.
Als Herder die Fragmente über die neuere deutsche
Litteratur umarbeitete, fühlte er sich veranlasst, einen eigenen
Abschnitt: ,Das sogenannte Britische Versmass, für unsere
Sprache betrachtet' einzufügen, in welchem er die ihm be-
kannten Dichtungen in fünffüssigen Jamben von Kleist, Gleim,
Klopstock und Weisse einer kurzen Kritik unterwirft; den
Vers Kleist's und Gleim's lobt er ausschliesslich; dagegen
meint er, ,vielleicht mag es seyn , dass selbst Klopstock's
Salomo dies Lesbare und Deklamatorische nicht getroffen hat';
' Almaiuicli der deutschen Musen auf das Jahr 1772 (Leipzig). S. 77 — 80.
2 Derselbe auf 177b. S. 153— lüÜ.
Ueber den fünffüssigen lambus vor Lessing's Nathan. 693
für Weisse hat er nur Worte des Tadels. Er vcrtheidiüjt dann
den lambus gegenüber dem Alexandriner im Trauerspiel; ,und
Avolleu wir nicht lieber die vorg-eschlag-ene lainben wählen',
fährt er fort, ,die weit mehr Stärke, Fülle und Abwechselung
in sich schliessen, sich mehrern Denk- und Schreibarten an-
schmiegen, und ein hohes Ziel der Deklamation werden
können? Nur freilich werden sich dieselbe, je mehr sie sich
der Materie anschmiegen, je mehr auch freie Sprünge und
Cadenzen erlauben: nicht sich beständig in lamben jagen: nicht
in einerlei Caesuren verfolgen: nicht in einerlei Ausgängen auf
die Hacken treten: nicht werden sie sich in das theatralische
Silbenmass einkerkern, das Ramler in seinem Batteux
vorzeichnet, um zu hinken, wenn die Region da ist, hinken
zu sollend '
Herder hat sich auch praktisch in dieser von ihm so
warm empfohlenen Versart versucht, und zwar zunächst in einer
Reihe von Uebersetzungen aus Shakespeare, welche die form-
losen Wieland'sche verdrängen sollten, in den Jahren 1709
und 1770. Bruchstücke derselben veröffentlichte er als Einleitung
zu einzelnen Liedern aus Shakespeare im ersten Theile der
Volkslieder (Leipzig 1778) und zwar S. 14G — 151 ,Einige
Zauberlieder. Aus Shakespeare's Sturm'; 291 — 297 , Liedchen
der Desdemona'; 298 — 300 , Süsser Tod' aus Was ihr wollt;
301 — 308 Opheliens verwirrter Gesang um ihren erschlagenen
Vater; dann stehen als Epilog dieses ersten Bandes unter der
Ueberschrift Shakespeare zwei Fragmeute aus dem Kaufmann
von Venedig. Er sagt von diesen Liedern im Vorbei-ichte des
zweiten Theiles (Leipzig 1779) 28 f.: ,Sie lagen vor zehn und
mehr Jahren übersetzt da, ohne dass ich einem bessern Ueber-
setzer je damit hätte zuvor kommen oder nachbuhlen wollen'.
Aus derselben Zeit stammen auch jene Bruchstücke, welche
er im zweiten Bande der Adraestea 1801 veröffentlichte, ganz
wenige Verse aus Hamlet und umfangreichere Scenen aus
Macbeth; sechs Verse aus dem Sommernachtstraum sind in
den Anmerkungen des ersten Bandes der neuen Herdei'-
Ausgabe'^ gedruckt und endlich liegen mir durch die Güte
1 Heider's Werke (.Suphan) 2, 38.
2 Werke (Supliau) 1, 54:5.
694 Sauer.
fies TTerrn Dr. Suphan einii^e uiigcdrnckte Uebersetziing-s-
Fr.'igmente aUs Herde r's Naclilass vor, und zwar der in den
Volksliedern 1, 290 f. gedruckte Monolog Othellos vor der
Ermordung Desdemonas in abweichender Fassung, und ,Macbeth's
sclireckliche Dolchscene' (2. Act, 2. Scene). In einem Studien-
liefte der Königsberger Zeit finden sich auch einige Scenen
eines antiken Drama Fhilokles in dieser Versart ausgearbeitet, '
sind aber ungedruckt geblieben ; dagegen ist das Singspiel Brutus,
■wie ich ebenfalls aus einer gütigen IMittheilung Dr. Suphan's
entnehme, in seinem ersten Drucke für Freunde 1774 ganz in
freien Rhythmen abgefasst; erst in der späteren, 1 80ß gedruckten
Ueberarbeitung sind einzelne iambische Verse beigemischt, sowie
in den damals entstandenen, aber 1806 gedruckten Scenen des
Philoktet ; beide diese Dramen liegen also ausserhalb unserer
Betrachtung.
Die oben im Einzelnen angeführten Uebersetzungsfrag-
mente, über 350 Verse, geben uns nun ein Bild des Herder-
schen lambus, das seinen in den Fragmenten ausgesprochenen
Forderungen vollständig entspricht. Er lässt stumpfe und klin-
gende Verse abwechseln und gebraucht freie Caesur; um ,sich
nicht beständig in Tambeu zu jagen', mischt er Anapäste und
Trochäen ein; Anapäste in der Mitte z. B. Volkslieder 1, 147
jSein? in der Liift'; 149 ,in der Natur'; 297 ,und ich will';
305 , Ophelia liebe'; Anapäste im Verseingange z. B. Volks-
lieder 1, 293 ,Aber ganz'; ibid. ,Wie die arme'; Adrastea 2,
322 ,In die Luft'; 324 ,Er ist sonderbar'; Verse mit trochäischem
Rhythmus Adrastea 2, 321 ,Seid ihr Blendwerk, oder seid ihr
wirklich'; 322 ,Oder warum nehmt ihr euren Weg auf dieser';
Verse mit trochäischem Eingange: Volkslieder 1, 304 ,Aber';
Adrastea 2, 321 , edlen Gefährten'; 322 ,König'; 323 , Vater';
324 ,Wahrheiten'; 326 ,Über'; ibid. ,Euer'; 328 ,Steiget'; 329
, Unter'; Manuscr. , würden'. Sogar Dactylus im Anfange findet
sich: Volkslieder 1, 299 ,Taümelnden Zeiten'.
Da eben nur Bruchstücke vorliegen, die oft mitten im
Verse abbrechen, so kann man die Länge seiner Verse nicht
genau bestimmen : ersichtlich ist, dass er auch in zusammen-
hängender Rede zwei-, drei- und vierfüssige einstreut.
' Haym, Herder 1, 107 Aiim.
Ueber den fnnffüssigen lambns vor Lessiag's Nathan. G95
Die Fälle des Hiatus, die sieh vorfinden, will ich rasch
durchnehmen: Volkslieder 1, 147 ,weinete ins'; 292 ,So sagt
er. Also gute AemiHe' (sollte ,gut" zu lesen sein?); ibid. , Bette.
Alles^; 296 ,reute. Aber'; 297 ,Rose ich'; 298 ,dem ^Yortgelese
unsrer'; 301 , kniffe in'; 305 ,trockne auf; 306 ,zur Rache über-
reden': Adrastea 2, 315 ,Rose eines'; 320 ,alle ihr'; 322 , Winde.
— Ich'; 323 ,das grösste ist'; 326 ,neue Ehren'; 327 , Menschen-
güte um'; 328 , Zunge alles'; 311 ,für Galle, ihr Morddiener!
wo irgend ihr' (vielleicht ist ,Gair' zu lesen); Manuscr. ,lösche
aus'; , reute — aber'; , Meine Augen'.
Wie Herder mit der Sprache ringen muss, zeigt sich
in den vielen Synkopen und Apokopen, die zu fast unaus-
sprechbaren Verbindungen führen: z. B. Volkslieder 1, 147
,ein'm'; 147, 148 ,mein'm'; 149 ,ab'r' (151 findet sich in dfem
Liede der Vers ,flattr' auf Fled'rmausschwingen fein' und die
Formen ,leb'n, schweb'n'); 293 ,Mein' Mutter'; ibid. ,'n altes
Ding'; ibid. ,bitt dich' (statt ,ich'); 296 ,mein' Seel'; ibid. ,wie
'n Alabaster bild'; 297 ,überred't'; 302 ,fang'n'; 303 ,was's soll';
305 ,ein's jungen Mädchen'; ibid. ,sieb'nfach'; Adrastea 2,
320 ,'nmal'; Manuscr. ,d"halbe Welt'; jSchall'nder'; ,tret'n';
jSchau'r'; ,Feu'r'.
Das Enjambement ist ganz frei, manchmal sogar recht
kühn gehandhabt z. B. Jenen alten | Altvatersang'; , meinen |
edlen Gefährten'; ,auf dieser \ fruchtlosen Weide'; .durch |
erlaubte Kleinigkeiten'; ,an | die welke Lippe'; ,in blosse | Ein-
bildungen': jkeine | beängstenden Besuche'; ,zu voll 1 von Milch';
,so sinne | wie wir'; sogar: ,auf- | geheult'; ,Hoch auf- | steiget
dein Wunsch'; ,zu- | gekommen'.
Im klingenden Ausgange verwendet Herder auch com-
ponierte oder zwei Worte: , Grabmal; vormals; Dänmark, An-
zug; Aussicht; Wunsch sein; ruft mir; hiess nur; bist nur'.
Als im Jahre 1773 eine neue Auflage der Wieland-
schen Shakespeare - Uebersetzung nothwendig wurde und
dieser selbst die , Verbesserung aus Mangel der dazu erforder-
lichen Müsse*" ablehnte,' wurde die neue Bearbeitung Eschen-
burg übertragen; die Ausgabe erschien von 1775 bis 1777 in
1 Der deutsche Merkur 3 (1773, August) 183 f.; 5 (1774, März), 307.
SitznngBber. d. phil.-hist. Gl. XC. Bil. UI. Hft. 45
69G Sauer.
zwölf Bänden und unifasste alle 36 Dramen Shakespeare'?,
während Wieland nur 22 übersetzt hatte. In dem Vorberichte
(1, 9) schreibt er: ,P2in beträchtlicher Verlust für denjenig-en,
der den Shakespeare nur deutsch lesen kann, ist der Abgang
des Silbenmasses; denn die meisten Scenen seiner Schauspiele
sind in Versen. Den einzigen Sommernachtstraum hat Herr
Wieland mit vielem Glücke metrisch übersetzt: und eben so
wei'de ich in der Folge das Trauerspiel, Richard der Dritte,
liefern, welches ich schon beinahe vollendet hatte, ehe ich noch
diese Ausgabe der sämmtlichen Werke des Dichters übernahm
(also vor der zweiten Hälfte des Jahres 1773). Allein, das
Mühsame einer solchen Uebersetzung- ungerechnet, so wird
auch schwerlich der grössere Verlust des Eigenthümlichen und
Wörtlichen durch die Beibehaltung der äusseren Form hin-
reichend ersetzt^ Er hatte schon 1771 in seinem Versuch
über die Schauspielkunst (Klotz's Bibliothek VI, 468) ge-
legentlich Stellen aus Shakespeare in eigenen iambischen
Uebersetzungen neben Wieland'schen citiert. Auch hatte er
si,ch bereits 1769 mit einem selbstständigen Werke in unserer
Versart versucht. Er dichtete nämlich zum Geburtsfeste der
Erbprinzessin von Braunschweig .ein dramatisches Gedicht':
jComala'. ' Unter den 123 stumpfen und klingenden Versen
findet sich ein Sechsfüssler S. 199: , Geredet, als er starb, so
hat er sterbend mich'.
Im Sommernachtstraum (1, 125 — 233) 1775 erschienen,
ist die erste Scene gänzlich überarbeitet; die Verse sind alle
auf die richtige Länge gebracht, die Freiheit Wieland's in
Betreff der Verwendung des Anapästes weggeschafft; z. B.
TF(ieland) 3 ,Vier frohe Tage bringen einen andern Mond'; ,frohe'
fehlt £■( schenburg) 127; W 4 ,Mein Kind, mit Klagen über
Hermia — — tritt |*her vor, Demetrius! ~ — dieser Mann,
o Herr'; E 128 ,Mein Kind, mit Klagen über Hermia | Tritt
her, Demetrius! — — Herr, dieser Mann'; TF 5 ,Tn einem
solchen Fall der Buchstab des Gesezes', E 129 ,In einem
solchen Falle das Gesetz'. Von der zweiten Scene ab hört diese
genaue Verbesserung des Wieland'schen Textes in rein metri-
scher Beziehung auf; die vier- und sechsfüssigen Verse sind
' Almanach der deutsclieu Musen auf das Jalir 1770, S. lyi— 24U.
lieber den fünffüssigen lambus vor Leasing's Nathan. 697
mit herüber g-enoinmeii: nur der siebenfüssige WSO ,Wer hindert
dich? Ein thöriclit Herz, das ich zurücke lasse' ist zu einem
sechsfüssigen herabgesetzt E 193 ,ich lass' es hier'; dagegen
der Fünffüssler TF 06 ,Die der bankrutte Schlaf dem Kummer
soll' der Deutlichkeit wegen auf einen sechsfüssigen gebracht
E 182 , schuldig ist'; die ganz corrupten Verse W 77 sind E
190 geändert; die trochäisch beginnenden hat er beibehalten,
so E 162 =: W 40 , Andre'; dagegen eine Besserung vorge-
nommen: W 79 , Puppe? wie so?' in E 192 ,Ich Puppe? —
so?' Pjine grosse Anzahl anderer Aenderungen wurden des
Sinnes wegen gemacht.
In den anderen Dramen hat er gelegentlich eine oder die
andere Stelle, besonders die Prologe, in lamben übersetzt, ich
führe dieselben der Reihenfolge der Bände nach an: 1775 Der
Sturm (1, 95—98} IV. Act, 3. Scene, 69 Verse, 28 stumpf;
dabei die Anmerkung: ,ein allegorisches Schauspiel, welches
im Original in Reimen geschrieben ist. Ich habe es daher^
um demselben näher zu kommen, wenigstens metrisch zu über-
setzen gesucht'. Die lustigen Weiber zu Windsor V, 4 (4, 135
bis 139) 54 Verse; 1770 König Heinrich IV., zweiter Theil,
Prolog (7, 7 — 8) 41 Zeilen; dann zerstreut viele Reden Pistols,
im Ganzen 31 Verse (7, 63 f., 147, 149, 152 f. j; Leben Heinrichs
des Fünften, die Prologe vor jedem Acte, zusammen über
200 Verse (7, 161 f., 182 f., 207 f., 238—240; 285-287); ferner
viele Reden Pistols, zusammen bei 100 Versen (7, 185 f.;
188, 197, 199 f., 210 f., 224 f., 242, 288 f., 291); 1777 Leben
Heinrichs des Achten, Prolog 34 Verse (9, 7 f.); Troilus und
Cressida, Prolog, 32 Verse (11, 7 f.); Hamlet, die Rede des
Schauspielers, 06 Verse (12, 231 — 234) und das Schauspiel,
83 Verse (12, 258 — 262). Die Behandlung des Verses in diesen
Bnichstücken, ist dieselbe wie in Richard III.
Dieses Drama, 1776 gedruckt (8, 309-493) hat gegen
3800 Verse, einen zweifüssigen 331 ,Die ganze Welt! —
Pia! -—'; zwei dreifüssige: 350 , Sogleich mein edler Lord' am
Ende einer Scene, 435 ,Ich werd' es gleich vollziehn'; fünf
vierfüssige (333, 345, 372, 391, 464); 342 ist zu lesen ,Edward
dein erster Sohn, itzt Prinz von Wallis' (nach dem Druck-
fehlerverzeichniss in Band 12), 352, letzte Zeile von unten
,er füllte' hinzuzufügen, wodurch beide Verse regelmässige
4ü*
698 Sauer.
FüuflusskT wordon; 2ß seclisfüssigo. In dem Verse o-tO , Damit
mau uns zu ihm dvn Zugang nicht verwehre | Wohl bedacht!
hier hab ich ihn' ist nicht, wie das Drnckfehlerverzeichniss in
Band 12 angibt ,zu ihm' zu streichen, sondern , vermehre' zur
folgenden Zeile zu ziehen, wodurch beide Verse regelmässig
werden.
Ich habe 26 Fälle des Hiatus gezählt, von welchen 10
durch Interpunetion entschuldigt werden könnten; andererseits
finden sich Elisionen wie 383 , Verwünscht' und unriihvolle
Tage', 483 ,ein' andre Rede' und 492 ,die weiss' und rothe Kose'.
Einige Verse gegen Ende des Stückes müssen mit schwe-
bender Betonung im Versanfange gelesen werden; 443 Wüt'li rieh;
456 Gross'mutter (auch 337 ) ; 457 ,Ehlicher Freuden' ; auch sonst
sind Unregelmässigkeiten der Betonung .zu verzeichnen: 323
,Vergöune mir Mann von verbreiteter | Vergiftung'; 325 , Ur-
heber'; 336 ,du missgönnst mir'; 351 , Meerswellen'; 477 ,Der
blüt'gen Hieb' und des Tod droh'nden Krieges'; 477 ,beistehn'.
Eschen bürg gebraucht Composita und auch zwei Worte
im weiblichen Ausgange: ,341 hierherkam; 348 darbot; 389
Unkraut; 390 wichtge; 391 Scharfsinn; 421 Weltmeer; 424 Mis-
gunst; 314 schliesst er; 353 denn nicht; 370 hiess mich; 378
gekrönt Avard; 381 alt war; 438 schwieg hier; 440 Näh hier;
476 Heer gehnf; freie Caesur und freies Enjambement; die
Präposition steht öfter als letztes Wort des Verses: 358 ,um
für I Lankasters Haus zu fechten'; 436 ,mit | dem allen'; auch
die Vergleichungswörter werden gerne abgetrennt: 327 ,wie j
ein Kind'; 373 ,so ! auch ich'; 145 gleich | leblosen Steinen';
420 ,als I Verwalter'; diese beiden Fälle seien als die kühnsten
Gebrauchsweisen angeführt.
In den Siebziger Jahren versuchte Paschen bürg auch
in seinen Original -Dichtungen den fünffüssigen lambus mit
freier Caesur und freiem Enjambement zu verwenden; so 1773
(für den zwölften Januar) ,Die Wahl des Herkules, ein drama-
tisches Gedicht', welches Döbbelin in Braunschweig auf-
führte' (300 Verse, correct in der Länge; Hiatus , führte. Aber';
, wankte. yVuf!') und 1776 in dem dramatischen Gedichte Scipio
(Deutsches Museum 1, 927 — 946, 467 Verse, ein sechsfüssiger
' Chronologie des deutschen Theaters S. 324.
Ueber den tunffüssigen Iiimbus vor Lessing's Nathan. 699
939 und ein vierfüssiger 941; Hiatus rein); in demselben Jahre
1776 erschien auch seine Uebersetzung der Zayre (Ein Trauer-
spiel des Herrn v. Voltaire. Neue Uebersetzung- in lamben.
Leipzig), welche ich aber nicht kenne.
Diesen beiden Shakespeare-Uebersetzern muss ich einen
Namen anreihen, den man hier nicht erwartet: Moses Mendels-
sohn; freilich sind die von ihm übersetzten Bruchstücke sehr
gering, zeigen aber einige interessante Details. Im zweiten
Bande der Bibl. d. seh. W. 1757 steht Mendelssohn's Auf-
satz: , Betrachtungen über das Erhabene und das Naive in den
schönen Wissenschaften^ und darin 8. 243 — 244 der Monolog-
Hamlets ,Sein oder Nichtsein' bruchstückweise übersetzt
(28 Zeilen, 17 klingend); im zweiten Theile der philosophischen
Schriften, Berlin 1765, ist S. 144—145 derselbe Monolog voll-
ständiger und überarbeitet eingefügt (33 Zeilen, 16 klingend);
Mendelssohn hat die wenigen Zeilen, die natürlich freie
Caesur und freies Enjambement zeigen, gebessert: 1757 lautete
die erste Zeile ,Sein oder nicht sein, das ist die Frage'; 1761
ist die fehlende Senkung eingefügt , dieses ist die Frage'; der
Vers ,Blutdürstige Pfeile za dulden; oder' ist gebessert 1761
,Und giftige Geschoss zu dulden; oder'; in dem Verse jede
wichtige That' der Anapäst weggeschafft ,wichtge', die beiden
Hiateu ,seufzete? — Allein' und ,die grösste Unternehmung'
sind auch 1761 geblieben; der in den neu hinzugefügten Zeilen
entstandene ,Den Misbrauch der Gesetze und jedes Schalk' ist
wol zu tilgen, indem man , Gesetz'' liest, wie oben , Geschoss'.
An einer anderen Stelle dieses Aufsatzes fügt er 1761 13 Verse
aus dem zweiten Acte des Hamlet ein ,0 welch ein kriechender,
elender Sclave | muss Hamlet sein'! etc.; darunter zwei sechs-
füssige und ein dreifüssiger Vers; im weiblichen Ausgange zwei
Worte: ,was geht er sie an'. In den Zusätzen zu den Briefen
über die Empfindungen übersetzt er eine Stelle aus Shake-
speare's Richard IL, welche er 1761 im Original mittheilte,
in der zweiten Auflage der philosophischen Schriften' 1771 in
lamben: es sind 8 Zeilen, darunter ein sechsfüssiger. Ausser
1 Ich kenne nur einen Druck f)fen 1819, welclier auf dorn Titel die Be-
zeichnung hat: Wörtlich nacli der zweiten Originiilauflage. (Die Verso
stehen dort S. üO f.)
700 Sauer.
dem scheint Mendelssohn nichts in unserer Versart übersetzt
zu haben.
7. Kleine Dramatiker.
Alles was Ende der Sechzig-er und zu Beginn der Sieb-
ziger Jahre an iambischen Dramen erschien, dürfen wir an
Wcissc's viel gelesene und beliebte Dramen anknüpfen-, freilich
nicht direct, wir sahen ja schon, welche Einwirkungen auch
von anderen Seiten sich geltend machten.
Wenn aber jetzt noch immer Dramen mit nur stumpfen
Versen entstehen, so scheinen diese auf Weiss e's frühere Be-
handlung des Verses zurückzugehen.
1768 erschienen zu Nürnberg Proben dramatischer Gre-
dichte, welche ich zwar nicht kenne; von dem ersten dieser
Dramen aber, Rhynsolt und Lucia, einem Trauerspiele in fünf
Aufzügen, sagt die Recension in Klotzen's deutscher Biblio-
thek (3, 580), dass es ^in sehr holprichten Versen' geschrieben
ist, ,in reimlosen, meistens fünffüssigen lamben, in die doch
zuweilen Dactylen , ja ganze Hexameter eingemischt sind'
und ,dass der Verfasser darinnen mit aufgeblasenen Backen
die Weiss e'sche Sprache nachahmt'; ob auch das zweite
Stück Naemi und Seba, ein Trauerspiel mit Chören, in dem-
selben Versmasse geschrieben ist, geht aus der Recension nicht
hervor.
Interessant ist eine Sammlung von Dramen , welche
H. C H. V. Trautzschen (Goedeke, 641) 1772 in Leipzig
unter dem Titel , Deutsches Theater'' veröffentlichte, es ent-
hält eine Alexandrinertragödie und eine Reihe Prosastücke.
Von dem letzten derselben heisst es in der Vorrede : ,Belisar,
ein Drama, sollte in Versen, so wie es der Inhalt zu erfordern
scheint, einem zweiten Baude einverleibt werden ; allein mein
Vei'Ieger verlangte die Verstärkung des gegenwärtigen, und
ich habe dasselbe inzwischen durch die Schreibart so viel zu
heben gesucht, als dieses historische Sujet selbst über das
gemeine Leben erhaben ist'.
Sieht man das Stück näher an, so findet man, dass es
aus vollständigen fünffüssigen, fast durchwegs stumpfen Lxmben
besteht, die ohne Unterbrechung geschrieben sind; vier- und
Ueber den fünffuasigen lambus vor Lessing's Nathan. 701
sechsfüssige Verse sind beig-emischt. ^ Ich will zwei Proben
g-eben. Der Beg-inn des ersten Aufzuges S. 315 lautet:
Die ganze Nacht hat mich der Schhif geflohn —
Bei meiner Ankunft war mein Herz zu sehr
Von Freud und Traurigkeit bewegt —
Eudoxien, die meine Seele liebt,
Und deren reizend Bild mir stets zur Schlacht gefolgt,
Und meinen Äluth zu külmen Tliaten angeflammt,
Die find ich hier! allein ilir schöner Älund
Giebt mir den schrecklichen Befehl
Sie unbemerkt mir unbekannt zu sehn!
Oder aus dem Anfange des zweiten Aufzuges S. 338:
Noch liebt er mich! — allein es ist umsonst —
Tiber — auf ewig trennt uns das Geschick —
Mein Vater liegt von Ketten wund gedrückt
Dort in des Kerkers Finsternis — und dich
Erwart't vielleicht ein Thron! — Bald hat der Schmerz
Des Lebens Kraft verzehrt, alsdenn soll unbekannt
Hier meine Asche ruhn — Wo bist du hin,
Du süsser Tramu, da mir der Liebe Zaubermacht
Das grösste Glück versprach? — Er ist entflohn
Und kömmt nicht mehr zurück! — heut seh icii noch
Zum letztenmal den meine Seele liebt —
Einige Dramen^ die ich nicht kenne, seien hier erwähnt.
Das einactige Trauerspiel von J. V. v. Speckner Darius
München 1775 (Goedeke 1076) soll nach dem deutschen
Merkur (1775 II, 275) in reimlosen lamben geschrieben sein.
J. Fr. Löwen, der unter seinen Lehrgedichten einige in fünf-
füssigen gereimten lamben gedichtet hatte (Schriften 17G5 bis
176G 1, 76—101; 2, 102—106) soll nach der Chronologie des
deutschen Theaters S. 276 Voltaire's Mahomet und die
Scythen 1768 in lamben übersetzt haben; nach Joerdens
3, 424 hatte er vorher schon die Semiramis in Versen über-
setzt, und diese soll auch im Druck erschienen sein. IMöglicher
' Die Recension in Schirach's Magazin der deutschen Critik I 1, 199— "206
sagt über das Stück : ,Wir haben bemerkt, dass es in ordentlichen Versen,
die nur ohne Reime und wie Prosa geschrieben sind, abgefasset ist,
welches ein affectirtes Wesen und eine unangenehme Wirkung äussert'.
Auch in einem audern Drama findet der Recensent dieser Zeitschrift
I, 2 S. 277 eingestreute lamben, in dem Trauerspiel Tiieutomal, Hermans
und Thusneldens Sohn von W. J. E. G. Caspar son. Cassel 1771
(Goedeke 641).
702 Siiucr.
Weise ist auch die Uebersetzung- von Küineo und Julie von
d'Ozincüur 1772, welche nach der Chronologie 8. 324 in
matten Versen abgefasst war und für ein ( )riginal ausgegeben
wurde, in laniben geschrieben. Auch die Notiz aus der Berliner
Litteratur- und Theaterzeitung 1779 8. 735 , Einer unserer guten
Köpfe will einen Kampf mit Voltaire wagen, und schreibt
ein Trauerspiel in lamben — Mahomet', sei kurz erwähnt.
Michaelis dichtete ,ein Singspiel in einem Aufzuge^:
, Herkules auf dem Oeta' (aufgeführt 4. Junius 1771 zu Hannover),
welches mit Ausnahme der Gesänge aus Fünffüsslern, stumpfen
und klingenden abwechselnd besteht (150 Verse). Caesur und
Enjambement sind frei gehandhabt.
[Auch in Niemeyer's religiösen Dramen findet sich unser
Mass für den Dialog verwerthet, doch wechselt es mit Vier-
füssleru, so dass eine Betrachtung unterbleiben kann.]
Von grösserer Bedeutung sind zwei andere Versuche,
Gotter's Merope und Goue's Batilde.
1773 wurde Voltaire's Merope in einer Uebersetzung
oder besser Bearbeitung von Gotter in Weimar aufgeführt^
und erschien im folgenden Jahre in Druck;' es ist mir nur
der Druck in den Gedichten von 1788 ^ zugänglich, der nach
der Angabe der Vorrede eine , verbesserte Gestalt' aufweist;
daselbst spricht sich Gott er auch über die Art seiner Be-
arbeitung aus: ,Ich überlasse es den Kennern, meine Arbeit
mit dem Originale zu vergleichen , und die Abweichungen
selbst zu prüfen, die ich mir theils in Rücksicht auf Oeconomie,
wie z. B. bei Merope, theils und am häufigsten in Betreff
einzelner Stellen und des Ausdruckes überhaupt erlaubt habe'. ^
Merope hat beiläufig 1400 Verse, von denen etwas mehr
als die Hälfte klingend sind. In Bezug auf die Länge ist er
nicht sehr genau; es finden sich zwei Vierfüssler: S. 235 ^Ver-
muthung, häng' ihr nicht aufs erste'; 242 ,das Haus Kresphonts?
Ein Unbekannter'; und viele Sechsfüssler: 208, 212, 223, 233,
24G, 247 [2], 258, 2G4, 284, 298, 305, 315. S. 2G5 werden
» Gediolite von Friedricli Wilhelm Götter II. Baud. Gotha 1788. S. IV.
- Merope, Trsjil. in ü Aufz. (nach Voltaire). Gotha 1774. 8 (Goedeke G45).
3 II, 187—316.
•« II, Vorrede S>. XXI.
Ueber den fünftussigen laiuliuö vor Lessing's Nathan. 703
der sechslussig-e und der darauf folgende vierfüssige Vers leicht
zu regelmässig'cu Fünffüssleru gemacht, wenn man , durchbebt'
zum folgenden Verse hinübernimmt.
Die wenigen Anapäste, die sich im Innern der Verse
finden, scheinen nur auf mangelhafter Apostrophierung zu be-
ruhen, da ihnen ähnliche synkopierte Formen gegenüber stehen;
200 ,heilige Pflichten'; 215 ,Unselige Frucht'; 251 ,Im blutigen
Staub'; 253 , heiliger Schatten'; 259 , ewiger Wellen'; 268 ,ge-
liudere Mittel'; vgl. 256 ,allmächt'ger Gott'; 291 , sichrer';
193 ,Verrathner Gatte'; 194 ,Mit halberloschuem Auge'; 197
,die verhaltne Glut'; ein Anapäst lässt sich nicht weg-sehaifen :
291 ,unter reissenden Thieren'. Unreg-elmässig bleibt auch der
Vers: 259 , Trugst du das Unglück; jetzt lerne dich'; ist etwa
,jetzo' zu lesen?
Hiatus wird zu vermeiden gesucht: 191 , Frag' auf Frage' j
208 ,öfDet' ich'; 209 ,Wieg' erdrückte'; 226 ,Nam' ist'; 251
,der Gedank' an'; 258 ,Ohn' Unterlass'; 288 ,rechn' auf; 315
,Er leb'! er lebe!'; daraus erklärt sich auch die unnatürliche
Scansion in dem Verse: S. 240 ,Dem Wanderer Ruh' und Er-
quickung -boten?' Dagegen ist Hiatus stehen geblieben in
folgenden Fällen : 192 , deine Augen'; 193 ,fürchte! Eile'; 194
,röchelte; und'; ebenda ,ihre unbefleckten'; 225 ,diese Aehn-
lichkeit'; 226 ,deine Eltern'; 234 ,der Erschlagne ist'; 251
,unbekannte Arglist'; 253 , Stimme — Ach'; 269 ,Kede? und';
273 , Stütze ihres'; 290 , Schande, als'.
Eine genauere Betrachtung erfordert das Enjambement in
diesem Drama, weil es freier als in den anderen, ja freier als
bei Lessing verwendet wird; ich will die Hauptfälle rasch
durchnehmen. Subject und Prädicat getrennt, unzählige Male:
S. 227 ,Der Gedank' | erstickte jeden andern'; 245 ,Zerissen
sind I die Baude'; 258 ,bis mein betäubter Geist [ es fasst';
269 ,dess ungestümer Zuruf [ dein Opfer unterbi-ach'; das Ililfs-
verbum vom Participium: 291 , hättest du | gesehn'; 306 ,der
König ist I ermordet'; das Relativum steht am Ende des Verses:
189 ,die | der Sturm gebar'; die Conjunction steht am Ende
des Verses: 210 ,wenn | du kannst'; 263 ,bis ihn , das Schick-
sal mir entriss'; 300 ,und wenn | du ihn zu rächen mir ver-
bietest'; das Fragewort steht am Ende des Verses: 191, warum |
verzieht Arbantes?'; 258 ,wann | hat Narbas dich getäuscht?'
704 Sauer.
Für alle diese Fälle bietet jede Seite eine Reihe von Bei-
spielen. Sehr häufig wird das Attribut von seinem Sub-
stantiv getrennt: S. 194 ,ihr klagenden, j gebrochnen Stimmen';
191 , einziges, | mir noeh gerettetes, geliebtes Kind'; 248 ,allzu
rasche | Bestrafung'; 267 , Unglücklicher j Aegist'; 308 , vormals
mir getreues, | geliebtes Volk'; 218 , ewige | Verbannung'; oder
204 , Verdienst | ums Vaterland'; 205 ,der Preis | rastloser
Arbeit'; 208 ,der Weg | zum Thron'; 245 ,der Trotz | des
Göttlichen'; 246 ,eiu alter Freund | der Ihrigen'; der Artikel
■vom Substantiv: 205 ,die | Messener'; 235 ,den zerstüramelten j
verwesten Ueberrest'; 305 ,dem geschiedenen | Geliebten';
Possessiva von ihrem Substantiv: 192 ,dein | Gedächtniss'; 224
,mein unfreiwilliges | Verbrechen'; 235 , deiner schwarzen Ver-
muthung'; 237 ,sein | Verbrechen'; 263 ,sein | Gebieter'; De-
monstrativa von ihrem Substantiv: 189 , diesem stummen,
trostlosen Gram!'; 288 ,Bis zur Erfüllung dieses \ Versprechens';
Interrogativa : 242 , Welch ein | Gewimmer'; Indefinita: 198
, keinen | Beschützer'; 199 ,jede | Verirrung'; 201 ,kein | Ge-
setz'; Präpositionen von ihrem Substantiv: 190 , durch | der
Waffen Schrecken hin'; 200 ,für dich | und deinen Sohn'; 216
, durch Betrug | und Raub'; 221 ,in ferne | Einöden'; 232 , Ge-
webe von I Erdichtungen'; 235 ,aufs erste, | so zweifelhafte,
schwache Merkmal'; 261 ,zum ) Gesetz'; 276 , durch Alter und '
Erfahrung'; 288 ,zu dieser | unedeln Mummerey'; 292 ,vor dem
Geschrey, | den Thränen einer Mutter'; das Particip wird von
seiner näheren Bestimmung getrennt: 209 ,der lang | erwartete';
217 ,Von Todesschlingen [ umringt'; 231 ,in seinen Hoffnungen j
getäuscht'; 236 ,Von diesem nie | geahndeten, grausamen Schlag
betäubt'; 246, Durchbebt j von Todesschauer'; 248 ,von Opferern j
umringt'; 263 ,Vom Schmerz j betäubt'; 273 ,von Angst | be-
täubt'; 285 ,Vor Wuth | geblendet'; als wird abgetrennt: 212
, Schwankender | als Schilf; 219 ,als | der Liebe theuersten
Beweis'; die Adverbialpräpositionen werden vom Verbum los-
gerissen: 239 ,wir wandeln | vereint hinab'; 243 , führt | mich
her'; 236 ,vor den Urnen meiner Liebe hin- j geworfen'; um
wird vom Infinitiv abgetrennt: 246 ,um jedem Ungestümen
den Zutritt dieser PTalle zu verwehren'; 2S ,um ihrem Anhang :
Gewicht zu schaffen'; auch zu vom Infinitiv: nur einmal: 210
,mich zu I befreyen'.
lieber den fünffüssigen lambas vor Lessing's Nathan. 705
Auch Wiederholungen am Schlüsse und Beginn des Verses
finden sich: 300 ,Ich hätte nie, | nie einen bessern Vater mir
erbeten'; 325 ,Und hier — j hier steht Aegisth^
Im klingenden Ausgange gebraucht Gott er zeitweilig
componierte Wörter; z. B. 195 , Schutzgott'; 198 , Blutdurst';
201 ,Meineid'; 208 , Laufbahn'; 209 , Ahnherrn'; 209 ^Ehrsucht';
ebenda ,Raubsucht'; 240 ,gastfrey'; 242 ,Freystatt'; 260 ,Vor-
wand-; 277 ^anstaunt'; 288 ,beylegt'; auch zwei Worte finden
sich an dieser Versstelle verwendet z. B.: 218 ,kann es'; 241
, glaubt ihr'. Peinige abnorme Betonungen seien verzeichnet:
189 , Trostlosen'; 223 , schuldloses'; 225 , Grausames'; 233 , blut-
dürstiger'; 295 , antworte'. Caesur steht wol häutig nach der
vierten Silbe, wird aber sonst frei gehandhabt.
Ein Jahr vor dem Nathan 1778 erschien Goue's Trauer-
spiel Batilde. ' Es hat 1500 Verse, alle stumpf, mit freier
Caesur und sehr freiem Enjambement. In Bezug auf die Länge
herrscht grosse Correctheit; nur zwei vierfüssige und vier sechs-
füssige Verse finden sich: S. 97 , Verachtung, welche mehr als
Dolch'; 116 ,Wie Sturm auf Meeren seine Seele'; 48 ,Ich diese
Zärtlichkeit noch segnen, die mich nun'; ebenda , Zurück! Ver-
statte mir, was wichtiges dir. zu'; 69 ,Denn nicht als Freund
betrachten? Ja, wenn du'; 99 ,Es flössen Zähren. Himmel!
Was? Verräther! Schweig'. Hiatus wird sorgfältig vermieden ;
nur folgende zwei durch starke Interpunction entschuldigte
Fälle habe ich bemerkt: 43 , Quelle. — Ich'; 56 ,Batilde? —
Und'; weggeschafft muss er werden in dem Verse: 14 ,Ünd
welche Flamme! — Ach! ist sie, die sie schuf, wo Flamm'
zu lesen ist (vgl. 106 , Flamm' er'; 72 Stund'; 87 Bitt'). Zu
bessern wären noch einige andere Verse; 14 gehört ,und' zu
dem Verse , Willst einsam du hier seyn. — Gebeut mir und'
statt zu dem folgenden; 43 ist zu lesen: , Zu suchen. Doch du
kämest selbst. Wolan!' statt , kamst'; 120 ,Ich deiner Kronen.
— Doch was zauder' ich' statt ,zaudr''; endlich 65 ,Zu Glücke!
Gott, und sie, sind mächt'ger Trost' statt , Glück'.
An Härten fehlt es bei den vielen Synkopen und Apo-
kopen durchaus nicht: 18 ,mehrer'n'; 41 ,besser's'; 47 ,künft'gen';
1 Sammlung neuer Origiual-rftückc für das Deutsche Theater, II. Band.
Berlin und Leipzig 1778. S. 11— 12U.
706 Sauer.
ebenda ,cleiu liebeiiswürdig-'s Bild^; 55 ,So göttlicli'd Mädchen';
56 ,dein sieg'risch Bild'; ebenda ,Zu'n Sternen'; 62 ,tlieu'r';
72 ,Trau'rvolP; 73 ,g'nug'; 03 ,red'te'; 102 ,lauv't'; 118 ,läch'let';
119 jliicli'len'.
Als unreg-elmässige Betonung wäre aufzuführen: 48 und
74 ,Pällast'; 4i* und 111 ,g-rausam'; 65 , dennoch'; 84 ,waruni';
und der Vers 93 ,Mich näherte? Die Unruh, in die mich'.
Beispiele für alle Arten des Enjambements linden sich
sehr zahlreich; ich will nur die stärksten Fälle anführen; der
Artikel wird von seinem Substantiv getrennt: 29 ,die | Gewalt';
33 ,die grössere | Gewalt'; 50 ,die \ verborgne Zähre'; 55 ,den |
Monarchen'; 63 ,den j Entwurf; 64 /las j Geheimnis'; 94 ,das i
Gesetz'; 97 ,die | Verachtung'; 102 ,der | Verruchte'; ebenda
,der I Verräther'; ebenso Adjectiva, Possessiva, Demonstrativa:
34 diesen schrecklichen | Verdacht; 62 ,dein | Verdacht'; 66
,des vorigen | Beherrscher'; 67 ,dein | Verdienst'; 81 ,die
würdigste [ Beherrscherin'; 85 ,dein | Gesicht'; 119 ,Zu grau-
sames j Geschick'; die Präposition wird häutig von ihrem
Substantiv getrennt: 13 ;gegen Pomp | und Hoheit'; 18 ,zur
Gemahlin'; 22 ,für ] Ranulph'; 24 ,durch | das Mörderbeil'; 28
;VOr I der Nachstellung'; 43 ,in | entfernte Gegenden'; 45 ,von
erhabener Geburt'; 56 ,von [ der Achtung'; 60 ,auf j den Thron';
63 ,für I das Reich'; 76 ,für | dein grosses Herz und deinen
hohen Rang'; 81 ;für | dich'; 86 ,in | Pallästen'; ebenda ,von
Geschäften und | Besuch'; 93 ,von | der Flamme'; 101 ,für den
Staat I und den Monarchen'; 106 ,für | Batilden'; 114 ,für j
einander'; 117 ,für | die Neustrier und Clovis'; attributive
Substantiva werden losgelöst: 15 ,der Glanz | des Throns';
22 ,in den Schoos | der Freundschaft und der Ehre'; 30
jArchibalds | Gemahlin'; 64 ,in die Hand | Batildeus'; 71 , alles
Glück I der Erden'; 73 ,in dem Lerm ] der Schlacht'; 85 ,im
Dienst 1 des Clovis'; ebenda ,der Tumult | der Städte'; 97 ^im
Flug I zum Ruhm'; 99 ,der Gift | der falschen Klage'; 101
jVoll Zäi-tlichkeit | für Archibald'; 120 , Bewohnerin des
Aethers'; nähere Bestimmungen werden von Participien oder
Adjectiven getrennt: 20 ,Von Schmerz | zerrissen'; 65 ,werth |
von uns geliebt zu sein'; 80 ,Du lang | GeAVünschte; 81 ,in
Einsandveit und Sclavcrey | erzogen'; S6 ,ohnfern | der Stadt';
103 ^gleich | dem Pfeil'; 119 , bekannt | mit Tod und Leben';
Ueber den fünffüssigen lanihus vor Lesüing's Nathan. 707
die Advei-bialpräposition wird vom Verbmn getrennt : 33
, Schwing dich | empor'; 48 jbleib | zurück'; 107 ,wo giengst \
du liin'; zu vom Infinitiv: 22 ,za ] bewahren' (zweimal); 23
,zu I gebrauchen'; 30 ;Zu | zerbrechen'; 80 ^zu | belohnen'; die
Vergleichvmgswörter werden abgetrennt: 20 ,kein Sterblicher |
als du'; 27 ^mehr | als jener Sclaven-Stand'; 28 ,und theurer
ist sie mir | als meine Tage'; 88 ,ganz | wie mich'; 90 ,und
mehr | als dies'; 100 ,so | wie dieser Bösewicht'; 107 ,mehr [
als tausend'; 108 , glücklicher | als ich'; 110 ,wild | wie Sturm';
117 ,mehr | als sonst'; endlich so vom Adjectiv abgetrennt:
30 ,so I verwerflich'; 99 ,so | viel'.
Die Personen beginnen häufig in der ]\Iitte des Verses
zu sprechen ; manche Verse sind drei- , vier- und fünffach
getheilt; Stichomythie findet sich ähnlich wie in Brawe's
Brutus S. 42, 51, 66.
Auch die Versuche, das antike Drama in Versen wieder
zu beleben, wie dieselben durch Goldhagen und später durch
Christian Stolberg unternommen wurden, müssen hier berührt
werden. Freilich beruht ihr Vers und dessen stumpfer Aus-
gang auf Nachahmung des griechischen Senars; ganz unbeein-
flusst war derselbe von dem nach eno-lischem Muster "-ebildeten
Verse gewiss nicht, wie dies besonders das stark ausgeprägte
Enjambement beweist; Weiss e's älterer Vers für Goldhagen,
Bürger für Stolberg werden massgebend gewesen sein.
Pastor J. M. Goldhagen, der Freund Goeckingk's ver-
öffentlichte im sechsten Bande der Klotz'schen Bibliothek 1771
Theile seiner Sophokles-Uebersetzung und zwar König Oedipus
vollständig (S. 60—107; 257—290), von Oedipus auf Kolonus
(494 — 524) über 500 Verse als erste Handlung dieses Dramas.
Mehr ist meines Wissens auoli nicht erschienen. Der 1777 in
Mitau erschienene erste Band Des Sophokles Trauerspiele von
Goldhagen enthält Antigene, Philoklet, Aiax und die Trachin-
nerinnen in Prosa. Ein zweiter Band erschien nicht.
Im Ganzen liegen mit Ausnahme der Chorgesänge etwa
2000 Verse vor; jedenfalls hat er lauter stumpfe Verse beab-
sichtigt; die wenigen klingenden, die sich finden, wurden wol
übersehen, und lassen sich fast alle leicht wegschafl'en : Gl
708
Sauer.
jbefreitest^ (yg\. 90 ^gestandst'; 490 ,möchst'); 06 ,wusste';
270 , Schäfereien' (dagegen 84 ,scheu'n'-, 514 ,entweih'n'; Gl
,Ungeheur'; 289 ,eh'r'); 271 /ragte'; 275 ,Greueln' (dagegen
ibid. ,Greul, Willn'; 82 ,wiederlialln'; 295 ,NachtigallnM; 28G
jsehen'; 287 , Hände'; 494 , Freude'. Nicht wegzuschaffen sind
aber 64 ,bringst du'; 88 , Unsinn'; 103 , befleck ich'; 257
jApolh)'; 282 , Götter'; 496 , Töchter'; vielleicht ist auch der
folgende Vers klingend: 289 ,Nun von den Göttern ab. Bin
ich nicht'.
Er mischt häufig Trimeter ein, im Ganzen über 200 sechs-
füssige Verse; sie folgen häufig aufeinander (vgl. 263, 264, 265,
269, 272); ausserdem finden sich acht Vierfüssler und ein
Siebenfüssler (93).
Manche Verse lauten trochäisch an; 63 , abwesend'; 81
, aufstellet'; ibid. , scharfsichtig'; 88 , Blödsinnig'; 278 , Beistand';
281 ,Umk6mmen'; 287 ,vorstelle'; ibid. , einsam'; 508 ,Wohl-
that'; doch gebraucht er auch im Innern des Verses Betonungen
■wie 79 , unwissend': 82 , wegtreiben'; 494 ,elender'; 496 ,Göttinen'
(sehr oft). Unregelmässige Betonung findet sich ausserdem: 72
,Pällast' (oft); 84 , Wahrsagung'; 257 ,Züredüngen; 521 ,Oel-
zweige'.
Auf Vermeidung des Hiatus legt er gar kein Gewicht;
ich habe 37 Fälle desselben gezählt: nur die aus der ersten
Handlung des König Oedipus seien angeführt: 60 Variante:
,gepriesne Oedipus'; 61 , deine Ankunft'; 63 , lange über'; 64
,eine Antwort'; 66 , Felde? oder'.
Die Caesur ist frei gehandhabt; ebenso das Enjambement;
doch sind Fälle, wie die Trennung der Präposition von ihrem
Substantiv und Aehnliches seltener. Ich führe einige wenige
Beispiele au: 61 , durchs Alters Last gebeugte Krieger'; 64 ,was
bringst du | für eine Antwort'; 75 ,den göttlichen | Propheten';
84 ,gelehnt | auf einen Stab'; 92 ,zu schnell | im Urtheil'; 102
,ein höchst abscheuliches | Geschlecht'; 258 ,so widerwärtige
Empfindungen'; 266 ,bei solchen deutlichen | Anzeigen'; 281
,noch grässlicher | als alle' ; 283 ,die abscheulichste | Ver-
mischung'; 284 , welch \ Vertrau'n'; 497 ,des | Kolonus'; 500
, einige | Bejahrte'.
Einige Verse müssen gebessert werden; es ist zu schreiben:
82 jherstaminst' statt ,herstammest'; 102 ,darauf' statt , drauf;
üeber den fünffüssigen laiubus vor Lessiug's Nathan. 709
104 .sprachst' statt , sprachest'; 257 , Unruh'' statt , Unruhe';
270 , sagst' statt , sagest'; 517 ,Thebanscher' statt ,Thebanischer'.
1787 erschien Christian Stolberg's Sophokles -Ueber-
setzung in 2 Bänden. Nur zweierlei will ich hervorheben. Auch
hier sind alle Verse mit Ausschluss der lyrischen Partien stumpf
und ebenso die Verse in den jedem Drama vorausgeschickten
Prologen. Ich will die wertigen klingenden Verse verzeichnen:
Electra Vers 34 ^Heiligthume'; Oedipus 272^ ,Kinder'; Oedipus
in Kolonos 271 ,Thäter'; 327 .Was sag' ich'; 504 ,Seele';
584 , Augen', 628 , Jammer'; 648 ,Freude';. 915 ,Alter';
1065 ,rufe'; 1098 ^wiedergebe' ; 1189 ^Vaterfreude' ; 1331
, Gottes'; 1675 ,Händen'; 1690 ,tolgte' ; 1726 ,Himmel': es
scheint dieses Drama etwas flüchtiger übersetzt zu sein ; ,Anti-
gone 757 Todesgötter'; 1233 , Wange'; Die Trachinerinnen
1100 ,Wehe'; Aias 330, 333 ,wehe'; 1361 ,theile' ; Philoktet
Prolog , Jahre' ; 42 , Wunde' ; 820 ,wehe'. Als zweites erwähne
ich das nach englischem Muster ganz frei gehandhabte Enjam-
bement ; ich führe wenige Beispiele aus d(M- Electra an :
Vers 51 f. , hinab | geschmettert'; 78 f. ,dein | Geschäft'; 332 f.
,die Rächerin | des Vaters'; 405 f. ,in | die Erd'; 438 f. ,alles
was I noch mein ist' ; 508 f. ,vor | den Thüren' ; 739 f. ,voll
von Wogentrümmern'.
^o^
Sclihiss.
Was in der ganzen behandelten Periode an gereimten
fünffüssigen lamben entstanden und erschienen ist, habe ich
speciell nicht gesammelt; auf viele Gedichte mnsste ich bei
den Dichtern hinweisen, welche auch reimlose lamben hinter-
liessen. Die gereimten Verse zeigen meistens noch Abhängig-
keit von den Franzosen, absichtliches oder gewohnheitsmässiges
Einhalten der Caesur nach der vierten Silbe und Bewahrung
des einzelneu Verses als rhythmischer Einheit : also Mangel
des Enjambements; einige dieser Gedichte zeigen sich freilich
von dem englischen Verse beeinflusst. In den Siebziger Jahren
gewinnt aber die iambische Reimpoesie an Bedeutung, indem
sie den Uebergang zum reimlosen Verse Goethe's bildet, und
zwar lieo't hier Anlehnunur au die italienische Stanze zu Grunde.
710 Sauer.
Mit wenig Kunst wurde dieselbe von F. A. C. Werthes
verwendet, der im deutschen Mercur 1773 (2, S. 293 — 320)
67 Strophen aus Ariost's Rasendem RoLand veröffenthchte ;
er lässt stumpfe und klingende Verse abwechseln, mischt vier-
und sechsfüssige Verse ein und setzt die Caesur ziemlich häufig
nach der vierten Silbe.
Schon im folgenden Jahre 1774 erschienen aber Heinse's
glühende Stanzen im Anhange zur Laidion: 50 Strophen mit
je fünf klingenden Reimen. Er wollte, wie er in der Vorrede
sagt in jenen Stanzen, ,wo Personen in lyrischer Begeistrung
reden', den Abschnitt nach der vierten Silbe machen : in der
That haben drei Viertel der Verse französische Caesur.
Zarncke wies nach (Misceilaneen 211 f.), wie gerade diese
Stanzen auf Goethe gewirkt haben, und wie sich daraus die
häufige französische Caesur in Goethe's ersten nach italieni-
schem Muster gebildeten Versen erklärt, die aber erst in die
beginnenden Achtziger Jahre fallen. In seinen Jugendversuchen,
so in der verlorenen Tragödie Belsazar hatte sich Goethe,
wie ebenfalls Zarncke gezeigt hat, an J. H. Schlegel an-
geschlossen; Goethe's späterer dramatischer Vers hat sich
erst aus dem lyrischen entwickelt.
Ue'ber den fünffässigcn Iiimbus vor Lcssing's Nsithan. 711
Chronologie.
Geordnet ist so viel als möglich nach der Entstehungszeit , das Jahr des
Erscheinens dann jedesmal in Klammern beigefügt. Wo Angaben über die
Entstellungszeit fehlten, musste das betreftende Werk nach dem Jahre des
Erscheinens eingereiht werden.
1725 Bodmer Marc Anton (ungedruckt).
1734 Gottsched Gedicht an Herrn Schellhofern.
1739 Lange An den Horatz (1745).
1744 Lange An den König (174.0).
1745 Gleim Gedicht in einem Briefe an Kleist
(ungedruckt).
Lange Zwei Oden in Thirsis und Dämons
freundsch. Liedern (2. Aufl.
1749).
Lange Uebersetzung von Horazischen
Oden (ungedruckt).
Bodmer Erzähhingen aus Thomsons Jahres-
zeiten (2. Aufl. 1749).
Sulz er Uebersetzung ausThonison's Eng-
lischem (ungedruckt).
1746 Bodmer Uebersetzung aus Akenside's The
Pleasures of Imagination.
Lange Zwei Gedichte an Hirzel.
1747 Lan^e Horatzischc Oden.
Bodmer Pope's Duncias.
Bodmer Ueber Gottsched's Uebersetzung
von Bayle's Wörtcrbucli.
1748 J. E. Schlegel Congreve's Die Braut in Trauer
(17(32).
1749 Bodmer Neue critische Briefe.
1752 Wieland Erzälihingen (2. Aufl. 1702, 3.Aufl.
1770).
1754 Wieland Erinnerungen an eine Freundin
(2. Aufl. 1702, 3. Aufl. 1770).
Sitzungsber. .1. pliil.-liist. Cl. XC. Bd. III. Hft. 46
< 1 2 . Sauer.
1754 — 1750 Anonymus Der Freund. 3 Bände.
1754 — 1756 Croneg-k Der ehrliche Mann (1700).
1755 Bluufuss Versuche in der Dichtkunst.
1750 — 1757 Lessing- Kleonnis (1780).
1757 Kleist Idyllen (1758, neue Aufl. 1700,
1701, 1771, 1778).
Wielnnd Johanna Gray (1758, 2. Aufl. 1702,
3. Aufl. 1770).
Brawe Brutus (1768).
Mendelssohn Bruchstück aus Shakespeare (wie-
der gedruckt 1701, 1771).
1758 J. H. Schleg;el Thomson's Sophonisba.
Anonymus Uebersetzungen aus Pope.
Neue Probestücke aus dem Eng-
lischen.
An die Kriegsmuse (1759).
Philotas.
Cissides und Paches (neue Aufl.
1700, 1701, 1772, 1778).
Fatime (1780).
Thomson's Agamemnon und Co-
riolan.
Am 15. Julius 1701 (1707).
Bruchstücke aus Skakespeare (wie-
der gedruckt 1771).
Olint und Sophronia (1707).
An meine Heimat (1707).
Shakespeare's Sommernachts-
traum.
1703 Giseke Empfindungen eines Bussfertigen
(1707).
Giseke Der fünfzehnte August (1767).
1764 .1. IT. Schlegel Trauerspiele aus dem Englischen.
Klopstock Salomo (2. Aufl. 1700, 3. Aufl.
1771).
Gerstenberg Die Braut von Beaumont und
Fletcher.
Steffens Die Brüder.
Steffens Philotas.
Anonymus
Gleim
1759
G 1 e i m
Kleist
Lossing
1700
J. H. Schlegf
1701
Lücke
Mendelssohn
1701-1702
Lücke
vor 1702
Lücke
1702
Wieland
Ueber den fünffussigen lambus vor Lessing's Nathan. 713
Weisse Die Befreiung von Theben (2. Aufl.
1768, 3. Aufl. 1776)/
J. G. Jacobi. Poetische Versuche,
vor 17G5 Giseke Thomson's Eduard und Eleonore
(ungedrucktj.
Giseke Das Glück der Liebe (1769).
1765 Goethe Belsazar (verloren).
Sonnen fels Gedicht auf den Tod Franz des
Ersten.
1766 Weisse Atreus und Thyest (2. Aufl. 1769,
3. Aufl. 1776).
Gleim Der Tod Adams.
Zachariae Cortes (umgearbeitete Bruchstücke
1781).
Pfeffel Bruchstücke aus Savigny's Ster-
bender Socrates.
1767 — 1770 Lessing Das Horoscop (1786).
vor 1768 Löwen Voltaire's Semiramis.
1768 Anonymub Proben dramatischer Gedichte.
Bodmer Atreus und Thyest.
Löwen Voltaii'c's Mahomet (ungedruckt).
1769 Löwen Voltaire's Scytheu (ungedruckt).
Eschenburg Comala.
1769 — 1770 Herder Shakespeare-Uebersetzungen
(1778, 1801, ungedruckt).
1771—1776 Bürger llias-Uebersetzung.
1771 Goldhagen Sophokles-Uebersetzung.
Esclienburg Versuch über die Schauspielkunst.
Mendelssohn Bruchstück aus Shakespeare.
Denis Sined's Gesicht llingulph dem
Freunde der Geister gewid-
met.
C. H. Schmid EineErscheinung. Den26. August.
Michaelis Hercules auf dem Octa.
1772 Klopstock David.
Trautzschcn Belisar.
vor 1773 Eschenburg Shakespeare's Richard HI. (1776).
1773 Esclienburg Die Wahl des Hercules.
Bertuch Die Wahl des Hercules.
46*
714
Sauer.
1773 Gotter
Denis
1774 Gleim
Gleim
Gleim
Anonymus
1775 Eschen bürg
1775—1777 Eschenburg-
1775 Gleim
^peckner
1776
Eschenburg
Eschenburg
Bürger
vor 1777
Zachariae
1777
AVieland
1778
Anonymus
Goue
1778—1779 Lessing.
Vultairc's Merope (1774).
Auf Josephs Reise von Sined
dem Barden (1777).
Halladat.
Andenken an E. Ch. v. Kleist.
Der gute Mann (1777).
Palmyra.
Shakespeare's Sommernachts-
trauni nach Wieland.
Die übrigen Shakespeare-Ueber-
setzungen.
Zwei Gedichte im deutschen
Merkur.
Darius.
Scipio.
Voltaire's Zayre.
An Fr. L. Stolberg.
Drei Gedichte in seinem Nach-
lasse (1781).
Geron der Adelich.
Denkmal zur Ehre der Menschheit.
Batilde.
Nathan der Weise (1779).
Ueber deu fünifüssigen lambus vor Lessing's Nathan.
715
EEGlSTEPt.
Addison G28, 640.
Aeschylus 691.
Akenside 635.
Alxinger 692.
Ariost 710.
Batteux 693.
Bayle 636.
Berge 628 f.
Bertuch 649.
Blaufuss 661.
Bodmer 628 f., 631—643, 643, 657,
661 f., 663, 672.
Boie 687, 689.
Brandl 628 f., 632.
Brawe 642, 671 f., 681, 707.
Broekes 632.
Bürger 657, 681, 685-689, 690, 707.
Casparson 701 Anm.
Congreve 640, 642, 663.
Gramer 657.
Cronegk 6 70 f.
Dannelil 625, 684 f.
Dante 671.
Danzel 626, 674 Anm.
Denis 692.
Destouclies 659 Anm.
Döbbclin 698.
D'Ozincour 702.
DroUinger 632 f.
Dryden 640.
Ebert 674, 682.
Eschenburg 682 Anm. 5, 685 Anm. 1,
692, 695—699.
Fielding 659 Anm.
Gärtner 682.
Gerstenberg 657—659, 687.
Gisekc 667 Anm. 2, 681, 682.
Gleitn 639, 672-676, 681, 692.
Glover 653.
Goedeke 628, 659 Anm., 700, 701.
Göckingk 707.
Goethe 625,iJ71, 685,687, 688, 709, 710.
Goldhagen 707—709.
Gotter 685, 702—705.
Gottsched 625, 626—631, 636, 640,
642, 671.
Gottschedin 642.
Gouc 685, 702, 705—707.
Haacke 628.
Hagedorn 633 f., 635, 336, 657.
Hartmann 657.
Haym 694 Anm.
Heinse 671, 710.
Herder 679, 681, 686, 692—695.
Horaz 633.
Home 681.
Horuer 632.
Jacobi Joli. Georg 670 f.
Joerdens 701.
716
Sauer.
Kleist 634, 63ß, 639, 640, 672, 673,
679—682, 692.
Klopstock 631, 653—657, 675, 692.
Klotz 679, 686, 688, 696, 700, 707.
Koberstein 628, 632.
König 628, 632.
Körte 674 Anm., 680.
Krosigk 634.
Lafontaine 673.
Lange 633, 635, 673.
Lee 640.
Lessing625, 650 Anm. 1, 659, 665 Anm.
1, 667 Anm. 2, 671 f., 673 f., 679 f.,
681, 685, 703.
Löwen 701.
Lucan 630 f.
Lücke 683.
Manteuffel 626.
Mason 640.
Meier 635.
Meinhard 656, 681.
Mendelssohn 699 f.
Michaelis 702.
Miltüu 626, 6'28f., 632, 653, 672, 683,
686.
Moore 659 Anm.
Nicolai 692.
Niemeyer 702.
Opitz 629.
Otway 640.
Ozencour d' 702.
Pfeffel 659.
Plautus 659 Anm.
Pope 632 f., 634, 636 f., 686 Anm. 2.
Pröhle 674 Anm.
Pyra 633.
Q. 649 f.
Ramler 680, 693.
Rowe 640, 650.
Sauer 671.
Savigny 659.
Schellhofer 630.
Scherer 626.
Schiller 625.
Schirach 639, 701 Anm.
Schlegel Joh. Elias 642 f., 661-664.
Schlegel Joh. Heiur. 664—669, 710.
Schmid Chr. Heinr. 691.
Seckendorf 630 f.
Shakespeare 651 f., 659, 693 f., 695—
698, 699.
Sonnenfels 692.
Sophocles 707—709.
Speckner 701.
Spreng 632.
Stäudliii 657, 661 f.
Steinwelir 630.
Steffens 659—661.
Stolbcrg Clirist. 691, 707, 709.
Stolberg Friedr. Leop. 689, 090 f.
Siilzer 036, 639 Anm.
Suphau 694.
Tereiiz 059 f.
Thomson 627, 633, 639, 664, 665,
667, 682.
Trautzschen 700 f.
Voltaire 699, 701, 702.
Voss 686.
Walsh 634.
Weisse 639, 657 f., 672, 676—679,
681, 692 f., 700, 707.
Werner 658 Anm.
Werthes 710.
Wieland 626, 631, 639, 643—653,
664, 680, 688 f., 693, 695 f.
Young 637, 640, 668, 682.
Zachariae 674, 681, 682—685, 686.
Zarncke 625 f., 628, 630, 632, 639,
or.o, 664, 670, 676, 681, 710.
I
üeber den fünffüssigen lambus vor Lesrsing's Nathan. 717
Da mein Freund Dr. Sauer gegenwärtig als k. k. Reservelieutenant
in der Herzegowina weilt, besorgte ich die Correctur der vorstehenden Arbeit.
Sauer schickte mir dazu eine Reihe von Notizen, welche ich an geeig-
neter Stelle einfügte. Unmöglicli war mir dies mit längeren Auszügen aus
der Zeitschrift ,Der Freund. Auspach, Jacob Christoph Posch' 1754—1750.
3 Bände. Hier mögen auch noch folgende Bemerkungen einen Platz finden:
1. Sulzer schreibt an Gleim, Magdeburg 18. Nov. 1745 (Briefe
der Schweizer S. 28): ,Ich habe angefangen, etwas aus Thomsons Engliscliem
zu übersetzen. Es soll ein Beweis sein, dass wir ebenso kurz und nach-
drücklich schreiben können als die Engländer. Ich übersetze nicht nur Vers
auf Vers, sondern auch in derselben Versart des englischen Originals'. Diese
Uebersetzuüg scheint ungedruckt. Dasselbe gilt von einer Rani 1er 'sehen,
über die Sulzer an Gleim 28. August 1748 schreibt (a. a. O. S. 93): ,nerr
Rani 1er ist jetzt ein Freiherr . . . Weil er immer Ferien hatte, wollte er einmal
was Grosses unternehmen, und dieses ist das Einzige, was er seit fünf Wochen
zustande gebracht hat. Er hat nemlich die vier ersten Verse aus Thomson
übersetzt'. Der Grund, warum Ramlers Arbeit so langsam fortschritt, lässt
sich aus der Bemerkung Sulzers an Bodmer 4. Mai 1749 (a. a. O. S. 107)
entnehmen: , Rani 1er ist ein ewiger Ausbesserer und sieht nichts für eine
Kleinigkeit an. Ein Hiatus zweier Vocale berechtigt ihn, eine ganze Strophe
umzuschmelzen. 11 y a un grain de folie en cela'.
2. In den Unterhaltungen 3, 476—478 steht ein strophisches Gedicht
,Adonis' von einem Unbekannten. S. 478 — 482 wird dasselbe von einem
Reeensenten mit dem Originale des Bion verglichen. Der Recensent über-
setzt seinerseits Stücke daraus in fünffüssigen lamben, in welche einige sechs-
füssige eingestreut sind. Männliche und weibliche Verse mit freier Caesur
wechseln. Enjambement findet sich in den beiläufig 40 Zeilen wenig.
3. Von Lange sind zwei Gedichte in unserer Versart zu erwähnen.
An Hirzel, September 174G (S. 113f.): 31 Verse, reimlos, Länge corrcct,
23 klingend. S. 1 14 stellt ein Vers : ,Der kleine Hylas weinte bittere Thräncn'.
An Hirzel 20. October 174C> (S. 115f.): 3G Zeilen, reimlos. 19 klingend ; die
ersten zwei Verse sind stumpf, dann wechselt männliche und weibliche Endung.
4. In den Gothaischen gel. Zeitungen 1774 S. 104 steht die , kurze
Nachricht': ,Vom Herrn Rector Gold liagen soll nächstens eine Uebersetzung
des Sophokles erscheinen'. Worauf sich dies bezieht — ob vielleicht auf eine
neue Auflage — war nicht zu ermitteln.
Gerne hätte ich die Lücken ausgefüllt, die Sauer lassen musste, weil
ihm das Material nicht zugänglich war; aber ans demselben Grunde musste
auch ich davon abstehen. Das Wenige, was ich hinzufügte, machte ich ge-
legentlich durch eckige Klammern kenntlich. Das Register hielt ich für nöthig.
Eine Nachprüfung der Citate war mir natürlicli nicht möglich.
Graz, 22. October 1878.
Dr. Riehard Maria Werner.
1
BINDING SECT. ^^^2 UMT
AS Akademie der '.Wissenschaften,
142 Vienna. Philosophisch-Histo-
A53 rische PCLasse
Bd. 89-90 Sitzungsberichte , ,^
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